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Klaus Rohr: 'Warum ich mich für Balintgruppen engagiere.....'

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unbewußten Bedürfnisse zu werten, treten wir in einen ganz neuen Dialog. Der<br />

Patient ist dann n<strong>ich</strong>t mehr nur ein Träger von Symptomen, die beseitigt werden<br />

müssten, sondern wird ein Partner, mit dem wir uns auf einer ganzheitl<strong>ich</strong>eren<br />

Ebene verständigen. Diagnostisch und therapeutisch wird die Beziehung neu und<br />

auss<strong>ich</strong>tsre<strong>ich</strong>er.<br />

Die Seminarien von Balint waren <strong>für</strong> die Teilnehmer geradezu dramatische<br />

Erlebnisse. Weil die Gefühle des Arztes n<strong>ich</strong>t Störfaktoren, sondern wesentl<strong>ich</strong>e<br />

diagnostische und therapeutische Befunde waren, blieben wir n<strong>ich</strong>t mehr nur<br />

medizinische Experten oder Fachleute <strong>für</strong> pathophysiologische Störungen, sondern<br />

wir wurden zu Partnern im Gespräch mit dem Patienten. Balint öffnete uns die S<strong>ich</strong>t<br />

auf den Arzt als eines der w<strong>ich</strong>tigsten Medikamente, ein Medikament, dessen<br />

Pharmakologie, Dosierung, Toxizität und Nebenwirkungen allerdings noch<br />

weitgehend unerforscht seien.<br />

<strong>Balintgruppen</strong> in der Schweiz<br />

.......der Arzt darf n<strong>ich</strong>t nur von der Universität gebildet sein.....<br />

Die Impulse, die von diesen Demonstrationen ausgingen, weckten den Wunsch<br />

nach mehr "<strong>Balintgruppen</strong>". Aus der damaligen psychosomatischen Studienwoche<br />

mit Vorträgen wurde eine seminaristische Woche mit <strong>Balintgruppen</strong>. Nach dem Tod<br />

von Balint führte die von ihm eingeführte Leitergruppe die Arbeit weiter. Wir<br />

erlebten, dass s<strong>ich</strong> das von Balint angeregte Vorgehen auch in unseren Händen<br />

bewährte und dass die Konzentration auf das Geschehen in der Arzt-<br />

Patientenbeziehung auch ohne die Intuition des grossen Meisters<br />

Verständismögl<strong>ich</strong>keiten und Zugänge <strong>für</strong> die Probleme der Patienten öffnete .<br />

Die Anregungen wirkten in der ganzen Schweiz. Viele Ärzte suchten die<br />

Mögl<strong>ich</strong>keit, ihre Arbeit und ihre Beziehungen zu den Patienten in <strong>Balintgruppen</strong> zu<br />

reflektieren. In ungezählten Gruppengesprächen habe <strong>ich</strong> erlebt, wie aus einem<br />

Fall, einem Problem, einer vertrackten und manchmal enttäuschenden Beziehung<br />

s<strong>ich</strong> eine lebendigere - keineswegs immer le<strong>ich</strong>tere - aber fruchtbarere Beziehung<br />

herausschält. Viele <strong>Balintgruppen</strong>diskussionen gle<strong>ich</strong>en dem Erleben des<br />

Photographen in der Dunkelkammer, der immer wieder überrascht aus einem<br />

verschwommenen Bild klare Konturen hervortreten sieht. Was der Arzt zuerst als<br />

rätselhafte Gesch<strong>ich</strong>te erlebt, ein "Fall", ohne verständl<strong>ich</strong>e Kommunikation,<br />

gewinnt im Verlauf der gemeinsamen Überlegungen klarere Umrisse. Im<br />

Resonanzraum der Gruppe werden die emotionalen Botschaften verständl<strong>ich</strong>er und<br />

die darin verborgenen Bedürfnisse deutl<strong>ich</strong>er. So findet der Arzt die Sprache, die<br />

der Patient versteht, und weil sie einander verstehen, kann der Arzt besser helfen<br />

und lässt s<strong>ich</strong> der Patient besser helfen.<br />

Das heisst konkret, dass es im Alltag der ärztl<strong>ich</strong>en Praxis - zum Beispiel bei<br />

funktionellen Störungen - oft mögl<strong>ich</strong> wird, den Weg der naturwissenschaftl<strong>ich</strong>en<br />

Somatisation mit immer weiter getriebenen und bemühten, oft nutzlosen,<br />

gelegentl<strong>ich</strong> schädl<strong>ich</strong>en, s<strong>ich</strong>er immer kostspieligen Untersuchungen zu<br />

vermeiden. So wird das menschl<strong>ich</strong>e Leiden mit seinen Ängsten angesprochen, weil<br />

der Arzt mehr den Kranken als die Krankheit behandelt.<br />

Bei chronisch erkrankten Patienten hilft das Erspüren und Erkennen<br />

unausgesprochener Sorgen und Ängste. Denn so gewinnt der Arzt Mitarbeit und<br />

Compliance des Kranken und verbessert seinen Einfluss auf den Verlauf der<br />

Krankheit.<br />

Bei der Behandlung des unheilbar Kranken stellt s<strong>ich</strong> immer wieder die Frage nach<br />

Umgang mit der Aufklärung, nach der Rolle des Arztes, der n<strong>ich</strong>t mehr Heiler,<br />

sondern Begleiter ist. Wohl glückl<strong>ich</strong> der Arzt, der s<strong>ich</strong> spontan auf seine Intuition

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