09.10.2013 Aufrufe

Hoch hinaus - aber sicher - Bergpunkt

Hoch hinaus - aber sicher - Bergpunkt

Hoch hinaus - aber sicher - Bergpunkt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

know-how:hochtouren know-how:hochtouren<br />

muss bei der Planung sorgfältig geklärt werden. Man<br />

muss sich im Voraus klar sein, unter welchen Umständen<br />

man ihn überschreiten darf.<br />

6. Lernen durch Refl exion: Eine bewusste Auswertung der<br />

Tour und ein Vergleich der tatsächlich angetroffenen<br />

Verhältnisse mit den Annahmen aus der Tourenplanung<br />

helfen uns, Erkenntnisse zu gewinnen, wie wir<br />

ein nächstes Mal noch <strong>sicher</strong>er unterwegs sein können.<br />

Wir stellen uns Fragen wie: «Wo war es gefährlich?»,<br />

«Was hat uns heute besonders überrascht?», «Wurden<br />

die wichtigen Entscheide richtig gefällt?» oder «Was<br />

wollen wir uns merken?».<br />

Unfallstatistik als Urteilsbasis<br />

Aufgrund von Unfallstatistiken lässt sich beurteilen, wo<br />

die bedeutenden Gefah-renherde lauern. Man weiss also,<br />

worauf man sich in der Gefahrenbeurteilung (und in der<br />

Ausbildung dazu) besonders konzentrieren muss. Die Statistiken<br />

zeigen, dass ein Absturz in 70 Prozent der Fälle<br />

die Todesursache bei Unfällen auf Som-merhochtouren<br />

ist. Alle anderen Gefahren (Steinschlag, Erschöpfung,<br />

Blitzschlag, Wechtenbruch, Abseilunfall, Spaltensturz,<br />

Eisschlag, etc.) führen nur in seltenen Fällen zu Unfällen<br />

mit tödlichem Ausgang. In der Schweiz sterben jährlich<br />

rund 20 Personen infolge Absturz. Bei den Absturzopfern<br />

im Sommer sind rund zu einem Drittel Alleingänger, zu<br />

einem Drittel sind sie mit Partner unterwegs <strong>aber</strong> nicht angeseilt<br />

und zu nur einem Drittel angeseilt. Interessant für<br />

die Unfallprävention: Das Spaltensturzrisiko im Sommer<br />

ist dank dem konsequenten Anseilen gering.<br />

Die <strong>sicher</strong>e Spur ist manchmal nicht oben auf dem Grat wo es<br />

fl ach ist.<br />

98|outdoor guide|sommer|07<br />

Voraussichtlicher Bruchverlauf<br />

Möglicher Bruchverlauf<br />

die <strong>sicher</strong>e Spur<br />

Lawinen und Eisschlag<br />

In der Schweiz sterben jährlich rund 25 Personen in Lawinen.<br />

In den Monaten Juni bis Oktober ereignet sich<br />

im Durchschnitt ein tödlicher Lawinenunfall. In steilem<br />

Gelände genügt eine kleine Lawine, um eine Seilschaft<br />

mitzureissen. Eisschlag entsteht bei Gletschern, die über<br />

Geländebrüche vorstossen und dann abbrechen. Der Abbruch<br />

von Eis aus diesen Hängegletschern unterliegt nicht<br />

tageszeitlichen Schwankungen, sondern hat mit dem Vorstoss<br />

des Eises zu tun. Die Sturzbahn des Eises muss abgeschätzt<br />

und möglichst gemieden werden. Ist ein Verzicht<br />

nicht möglich, so soll wenigstens die Aufenthaltsdauer<br />

im Gefahrenbereich reduziert werden. Es hilft auch, einen<br />

Fluchtweg im Kopf zu haben. Anzeichen für besonders gefährdete<br />

Eisschlagzonen sind frisches Eis im Ablagerungsbereich<br />

und besonders schief hängende Eistürme.<br />

Natürlicher und ausgelöster Steinschlag<br />

Steinschlag entsteht entweder spontan durch Wärme, die<br />

angefrorene Steine ausschmilzt (natürlicher Steinschlag),<br />

oder er wird durch Alpinisten – manchmal auch durch<br />

Tiere – ausgelöst. Selten fällt nur ein einziger Stein herunter,<br />

und danach herrscht wieder für längere Zeit Ruhe.<br />

Wirkt Wärme – insbesondere durch Son-neneinstrahlung<br />

– ein, so schmelzen Steine in Zonen mit brüchigem Gestein<br />

oder in Eisfeldern los. Diese Phasen dauern dann<br />

bis zur nächsten Abkühlung, wenn eine Wand zum Beispiel<br />

wieder in den Schatten tritt. Während der Schneeschmelze<br />

im Frühsommer und bei grosser Ausaperung<br />

Die Tour ist so zu planen, dass man nicht in ein Gewitter kommt.<br />

Sollte man trotzdem von einem Gewitter überrascht werden,<br />

exponierte Stellen verlassen und besonders gut <strong>sicher</strong>n.<br />

14 15<br />

tritt Steinschlag häufi ger auf. Auch im <strong>Hoch</strong>sommer, bei<br />

längeren Wärmeperioden mit sehr hoher Nullgradgrenze,<br />

taut der sonst dauernd gefrorene Boden (Permafrost) auf.<br />

Dann können auch grössere Steinlawinen abgehen. Generell<br />

für Steinschlag verdächtig sind Regionen, wo fri-sche<br />

Steinschlagspuren (zum Beispiel Steine im Schnee) sichtbar<br />

sind, kombinier-tes Gelände (Fels mit Schnee und Eis<br />

durchsetzt), das Wärme, insbesondere Sonneneinstrahlung<br />

abbekommt, Couloirs, die als Trichter wirken und damit<br />

Steine aus einem grösseren Einzugsgebiet sammeln.<br />

Bei übereinander kletternden Bergsteigern besteht auch<br />

bei grösster Sorgfalt die Gefahr, dass Steine losgetreten<br />

werden. Deshalb muss versucht werden, die Route möglichst<br />

nicht unterhalb anderer Personen anzulegen. In<br />

Flanken besteht die Möglichkeit, sich versetzt fortzubewegen.<br />

In Couloirs und Rinnen ist das nicht möglich. Wenn<br />

solche Stellen nicht einzeln begangen werden können, ist<br />

es sinn-voll, möglichst nahe beieinander zu gehen. Dadurch<br />

haben allenfalls losgetretene Steine noch kein allzu<br />

grosses Tempo, die Sturzbahn ist noch klar, und es kann<br />

besser ausgewichen werden.<br />

Wechtenbruch<br />

Wechtenabbrüche mit Todesfolgen sind im Winter deutlich<br />

häufi ger als im Sommer. Das hat damit zu tun, dass<br />

die Wechten im Sommer durch die wiederholte Wärme-<br />

und Kälteeinwirkung viel tragfähiger sind als im Winter.<br />

Nichtsdestotrotz darf eine Wechte nie betreten werden. Bei<br />

einem Schneegrat muss man immer solange davon ausgehen,<br />

dass er eine Wechte hat, bis man sich vom Gegenteil<br />

überzeugen konnte.<br />

Manchmal ist es schwierig zu sehen, ob der Grat eine<br />

Wechte hat und wie breit diese ist. Da hilft es, den Grat<br />

bereits vorher genau anzuschauen und sich die heiklen<br />

Stellen zu merken. Das kann geschehen, bevor man den<br />

Grat betritt, wenn der Grat sich krümmt oder an Stellen,<br />

wo keine Wechte ist und man zuoberst auf dem Grat stehen<br />

kann. Am besten tut man das an Orten, wo Steine aus<br />

dem Schnee schauen und man ganz <strong>sicher</strong> sein kann, dass<br />

sich dort keine Wechte befi ndet (siehe Grafi k 14).<br />

Schlechtes Wetter<br />

Hinter vielen Bergunfällen, die als Abstürze oder Lawinenabgänge<br />

in die Statistik eingehen, steht als Ur-Ursache der<br />

Einfl uss von schlechtem Wetter. Fortbewegung, Pausen,<br />

Kommunikation, Kartenlesen etc. können dadurch stark<br />

erschwert oder unmöglich sein. Regen, Wind und Kälte<br />

beanspruchen den Körper und die Psyche, und eine Erholung<br />

während der Pausen ist nicht möglich. An eine Rettung<br />

per Helikopter ist oft nicht mehr zu denken. Kommt<br />

noch Nebel dazu, so verschärft sich die Situation zusätz-<br />

lich. Man kann sich leicht verirren, und die Gefahren lassen<br />

sich weniger gut einschätzen. Achtung: Bei Sturm und<br />

Kälte muss eine Tour besonders defensiv ausgewählt und<br />

sehr gut geplant sein (kurze, leichte Tour auswählen und<br />

evt. Marschkroki machen, evt. GPS programmieren, ...).<br />

Gewitter entstehen vor allem im Sommer, bei fl acher<br />

Druckverteilung am Nachmittag, am Abend oder beim<br />

Durchzug einer Kaltfront. Schnee und Nässe infolge des<br />

Gewitters verunmöglichen oder verlangsamen das Vorwärtskommen,<br />

weil die Steine glitschig werden. Das Absturzrisiko<br />

erhöht sich massiv. In einer aktiven Kaltfront<br />

kann innerhalb wenigen Minuten recht viel Schnee oder<br />

Graupel fallen.<br />

Wenn der Blitz einschlägt<br />

Dazu kommt das Risiko, vom Blitz getroffen zu werden. An<br />

exponierten Orten auf Graten und Spitzen ist es besonders<br />

gross. In Gewittern können auch grosse Stromspannungen<br />

am Boden entstehen, an denen man sich elektrisieren und<br />

un-kontrolliert stürzen kann. An Orten mit Absturzgefahr<br />

empfi ehlt es sich deshalb, besonders gut zu <strong>sicher</strong>n. Ist<br />

man auf einem Grat oder an einem Klettersteig un-terwegs,<br />

sollte man sich vom Grat oder den Drahtseilen entfernen<br />

und dabei möglichst alle Metallteile (Pickel, Steigeisen)<br />

weglegen. In Kauerstellung – möglichst auf einem<br />

Rucksack oder Seil – wartet man auf den Abzug des Gewitters<br />

(siehe Grafi k 15).<br />

Gewitter sind oft gut vorhersehbar. Im Wetterbericht wird<br />

davor gewarnt. Bei Wärmegewittern kann während des Tages<br />

die Bildung der Cumuluswolken verfolgt werden. Stossen<br />

sie an die Tropopause auf ca. 8000 Metern, dann gehen<br />

sie oben in die Breite (sog. Ambossbildung) und Gewitter<br />

entstehen. Kaltfronten kommen meist von Westen. Mit<br />

freier Sicht nach Westen kann man die Gefahr erkennen.<br />

Wird jemand vom Blitz getroffen, kann er das Bewusstsein<br />

verlieren, Verbrennungen oder einen Herzstillstand erleiden.<br />

Ein Bewusstloser ohne Atmung muss sofort reanimiert<br />

werden.<br />

✽<br />

Elf <strong>Hoch</strong>tourenvorschläge<br />

Lust auf <strong>Hoch</strong>touren bekommen? Der outdoor guide hat in<br />

der Sommerausgabe 2006 elf der schönsten <strong>Hoch</strong>touren<br />

der Schweiz mit allen zur Umsetzung nötigen Informationen<br />

vorgestellt. Die Ausgabe kann unter www.outdoor-guide.ch<br />

oder per Telefon 071 755 66 55 noch nachbestellt werden.<br />

outdoor guide|sommer|07|99

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!