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Fürbitte Mariens wurden nicht einmal<br />
erwähnt. Das gläubige Volk machte<br />
gegen die Anordnungen von oben<br />
Eingaben, die abgelehnt wurden, und<br />
hielt in gläubigem Trotz unter marianischem<br />
Vorzeichen an seinem Frömmigkeitsstil<br />
fest. Es wahrte damit den<br />
Anknüpfungspunkt, damit etwa ab<br />
der Mitte des 19. Jahrhunderts, im<br />
Zusammenhang mit der Definition<br />
der Unbefleckten Empfängnis, das<br />
katholische Glaubensleben zu neuer<br />
Blüte gelangte. 18 Dieser Umschwung<br />
in Deutschland in den vierziger Jahren<br />
stand unter starkem französischem<br />
Einfluss. Die Verfolgung während<br />
der Französischen Revolution – sie<br />
war neben der diokletianischen und<br />
stalinistischen die härteste Christenverfolgung<br />
der Kirchengeschichte 19<br />
mit Hunderttausenden von Märtyrern<br />
– zeigte auch die Kraft marianischer<br />
Glaubenshaltung; denn die durch<br />
Ludwig Maria Grignion von Montfort<br />
und seinen Orden missionierten<br />
Christen und Priester erwiesen sich<br />
gegen den Geist der Aufklärung als<br />
immun. 20<br />
Nach Oswald und Scheeben war<br />
die marianisch gesinnte Volksfrömmigkeit<br />
der Theologie voraus (was<br />
sich auch dadurch belegen lässt,<br />
dass m. W. nur ein einziger deutscher<br />
Theologe ein positives Gutachten<br />
vor 1854 zur Definition der Unbefleckten<br />
Empfängnis abgegeben hat:<br />
A. Berlage 21 ), doch bedürfe diese<br />
Frömmigkeit einer theologischen<br />
Auffrischung, die gefehlt hat, weil<br />
Priester und Laien nie an die Thematik<br />
herangeführt wurden.<br />
Auch heute begegnet man nicht<br />
selten einer tiefen marianischen<br />
Frömmigkeit, die einer theologischen<br />
Auffrischung bedarf, oft im<br />
Zusammenhang mit Marienerscheinungen<br />
oder mit Visionärsliteratur.<br />
Angesichts der Turbulenzen in<br />
Theologie und Kirche igeln sie sich<br />
in eine private Mariologie ein, verschließen<br />
sich aber den Möglichkeiten,<br />
die in einem marianisch geprägten<br />
Glaubensweg liegen. Ein solcher<br />
Rückzug ins Marianische verhindert<br />
die Fruchtbarkeit, die in der marianischen<br />
Frömmigkeit im Hinblick auf<br />
die tiefere und kräftigere Christusgläubigkeit<br />
liegt. Deshalb gilt auch<br />
heute die Erkenntnis von Oswald und<br />
Scheeben, dass die Frömmigkeit der<br />
Theologie bedarf. q<br />
UNO-Frauenkonferenz:<br />
Eintreten für die wirklichen<br />
Belange der Frau<br />
Über die Aufgaben der Vatikan-Vertreterin –<br />
Ein Interview mti Mary Ann Glendon<br />
NEW YORK, 8. März <strong>2005</strong> (ZENIT.org)<br />
In der zweiten Sitzungswoche des UNO-Ausschusses<br />
„Peking+10“ über den Status der Frau ist<br />
den Vertretern der Mitgliedsstaaten diesen Montag<br />
der Standpunkt des Heiligen Stuhls präsentiert<br />
worden, dessen Abordnung von Mary Ann Glendon<br />
angeführt wird. Bereits 1995 vertrat sie den Heiligen<br />
Stuhl auf der UNO-Frauenkonferenz in Peking.<br />
Im Interview mit ZENIT erklärt die Professorin<br />
für Jura an der Harvard University unter ande- Mary Ann Glendon<br />
rem, warum die Kirche – jene Einrichtung, die das<br />
größte private Gesundheits- und Bildungssystem auf der ganzen Welt<br />
unterhält – mit vollem Recht und großer Autorität über die Belange der<br />
Frau sprechen kann. Sie betont, dass die Förderung und Gleichstellung<br />
der Frau nicht auf Kosten der Familie gehen darf und zeigt außerdem,<br />
weshalb die meisten UNO-Dokumente zum Thema Frau nicht ausdrücklich<br />
oder zumindest nicht nur auf die tatsächlichen Anliegen der<br />
Frau eingehen.<br />
Was werden Sie auf dieser 49. UNO-<br />
Sitzung sagen?<br />
Glendon: Ich werde auf die Fragen<br />
eingehen, die der für Frauenfragen<br />
zuständige Ausschuss der Vereinten<br />
Nationen den Konferenzteilnehmern<br />
gestellt hat. Wir wollen zeigen, wie<br />
sich die Lage der Frau seit Peking<br />
1995 entwickelt hat. So wird der Heilige<br />
Stuhl auf die neuen Herausforderungen<br />
aufmerksam machen können,<br />
die in den letzten zehn Jahren entstanden<br />
sind: neue Formen der Armut und<br />
neue Bedrohungen für die Würde des<br />
Menschen (…).<br />
Ich werde jene Anliegen wiederholen,<br />
die wir schon vor zehn Jahren<br />
angesprochen haben, als uns der Heilige<br />
Vater aufforderte, in Peking eine<br />
ganz konkrete Sache zu tun. Er sagte<br />
zu uns: Bemüht euch, für jene einzutreten,<br />
die sich bei den Mächtigen<br />
kein Gehör verschaffen können. Und<br />
ich werde darlegen, dass der Heilige<br />
Stuhl sich in einer einzigartigen Position<br />
befindet, um sich zu erlauben,<br />
genau das zu tun. Denn schließlich<br />
gibt es über 300.000 katholische<br />
Gesundheits-, Bildungs- und Hilfsorganisationen,<br />
die hauptsächlich den<br />
ärmsten Menschen der Welt dienen.<br />
Täglich ist die Kirche Zeugin von der<br />
Mühsal von Migranten, Flüchtlingen,<br />
Kriegsopfern und solchen Menschen,<br />
denen die grundlegende Nahrung oder<br />
Hygiene fehlt.<br />
Wir werden zu einer kulturellen<br />
Umgestaltung aufrufen, denn Fürsorge<br />
und das Entgegenbringen von<br />
Respekt gehören zu den wichtigsten<br />
Formen menschlicher Arbeit. Die<br />
Umgestaltung der Arbeitswelt muss<br />
so vor sich gehen, dass die Sicherheit<br />
für die Frau und ihre Förderung größer<br />
wird, ohne dass dabei das Familienleben<br />
auf der Strecke bleibt.<br />
Wie hat sich die Situation für die<br />
Frau zehn Jahre nach der Pekinger<br />
Frauenkonferenz gewandelt? Hat<br />
es Fortschritte oder Rückschritte<br />
gegeben?<br />
Glendon: Sowohl als auch. In vielen<br />
Teilen der Welt hat es für Frauen im<br />
Bereich Bildung und Beschäftigung<br />
Fortschritte gegeben, wenngleich die<br />
172 DER FELS 6/<strong>2005</strong>