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Symbole der Hoffnung, Boten der Angst - Deutsches Museum

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38<br />

Kultur & Technik 3/2013<br />

Mit niedlichen Comics<br />

versuchten Energiekonzerne<br />

wie die Kraftwerk Union<br />

(KWU) ihre Kunden von <strong>der</strong><br />

Harmlosigkeit <strong>der</strong> Atomenergie<br />

zu überzeugen.<br />

scheidend ist, ist die Radioaktivität und die damit verbundene<br />

ionisierende Strahlung. In vielen Abbildungen sieht<br />

man zwar auch grafische Darstellungen von Strahlen, meist<br />

aber nur in etwas dürftiger Form als gezackte Linien mit<br />

einem Richtungspfeil, <strong>der</strong> vom Atom wegführt. Es ist wohl<br />

einfacher, das Atom als Ensemble sphärischer Körper abzubilden,<br />

<strong>der</strong>en Wechselwirkungen vor<strong>der</strong>gründig mit Objekten<br />

<strong>der</strong> Alltagserfahrung zu korrespondieren scheinen, mit<br />

Billardkugeln o<strong>der</strong> Golfbällen, die nach den vertrauten Regeln<br />

<strong>der</strong> Mechanik durch unsere Lebenswelt rollen.<br />

Auch in den Werbebroschüren <strong>der</strong> Atomindustrie ist dieses<br />

Bild beliebt. Es korrespondiert dabei mit dem in diesen<br />

Kontexten bevorzugten Begriffsfeld des »Kernes«, welches ja<br />

nicht zufällig mehr Lebensnähe, Natürlichkeit und Gesundheit<br />

suggeriert als das griechische Fremdwort »Atom«. Die<br />

»Kernspaltung« ist hier in ihrer grafischen Umsetzung als<br />

Vorgang mit »greifbaren« Objekten dargestellt und damit ins<br />

Wahrnehmungsfeld <strong>der</strong> Menschen zurückgeholt. Gelegentlich<br />

folgt dann <strong>der</strong> nächste Schritt zur Anthropomorphisierung,<br />

wie etwa in einer Broschüre <strong>der</strong> Kraftwerk Union, wo<br />

die beteiligten Nuklide innerhalb <strong>der</strong> Reaktoren mit menschlichen<br />

Zügen versehen wurden und Attribute absichtsvollen<br />

Handelns an den Tag legten.<br />

Elemente <strong>der</strong> Verniedlichung, wie man sie bereits aus den<br />

50er Jahren kannte, opferten die buchstäbliche »Undurchschaubarkeit«<br />

<strong>der</strong> Sachverhalte einem pädagogischen Impuls,<br />

<strong>der</strong> freilich mit Ausblendung und Verharmlosung operierte.<br />

Ikonen <strong>der</strong> Gefahr<br />

Dabei musste den Experten in an<strong>der</strong>en Kontexten sehr wohl<br />

an einer grafisch eingängigen Darstellung von Risiken gelegen<br />

sein. Denn die Tatsache, dass man die Atome und die von<br />

radioaktiven Substanzen ausgehende Strahlung nicht sehen<br />

kann, war nicht nur ein Problem für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>der</strong> Wissenschaftler und <strong>der</strong> Industrie. Sie stellte auch eine<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung an jenen Orten dar, wo vor den Gefahren<br />

<strong>der</strong> Strahlung gewarnt werden musste, also in Produktionsstätten,<br />

Laboratorien und Kraftwerken. Schließlich können<br />

auch kleinere Dosen gesundheitsschädlich sein. Das ist beson<strong>der</strong>s<br />

tückisch, weil <strong>der</strong> Körper sie nicht spürt, wie je<strong>der</strong><br />

bestätigen kann, von dem schon einmal eine Röntgenaufnahme<br />

gemacht worden ist.<br />

Anfangs warnte ein magentafarbenes<br />

Kleeblatt auf<br />

blauem Grund vor <strong>der</strong> Gefahr<br />

radioaktiver Strahlung.<br />

Zum Weiterlesen:<br />

Charlotte Bigg, Jochen Hennig<br />

(Hg.), Atombil<strong>der</strong>. Ikonographie<br />

des Atoms in Wissenschaft<br />

und Öffentlichkeit des<br />

20. Jahrhun<strong>der</strong>ts, 2009.<br />

Charles Dunn, Multigenerational<br />

Warning Signs. Stanford<br />

University, http://large.stanford.edu/courses/2011/ph241<br />

/dunn2/ (14. Mai 2013)<br />

Linda Lodding, Drop it and<br />

Run! New Symbol Warns of<br />

Radiation Dangers and Aims<br />

to Save Lives, IAEA Bulletin<br />

Volume 48, 2007, No. 2, S. 70<br />

– 73, www.iaea.org/Publications/Magazines/Bulletin/Bull4<br />

82/pdfs/18RadSymbol.pdf<br />

(14. Mai 2013)<br />

Rosemary Barret, Lloyd D.<br />

Stephens, A Brief History of<br />

the International Danger Sign.<br />

In: Health Physics, May 1979,<br />

36 (5), S. 565– 571.<br />

Es galt also, eindeutige und plakative Warnsymbole zu<br />

schaffen, die mehrere Kriterien erfüllen mussten. Sie sollten<br />

überall bekannt und sofort erkannt werden, sie mussten sich<br />

eindeutig von an<strong>der</strong>en Gefahrensymbolen unterscheiden,<br />

und sie mussten jenseits <strong>der</strong> Sprachbarrieren wirksam sein.<br />

Idealerweise leuchtet ein Gefahrensymbol in kräftigen Farben<br />

und bedient sich eingängiger grafischer Mittel. Als man in<br />

<strong>der</strong> ersten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts vor allem in Europa<br />

und in den Vereinigten Staaten größere Anlagen zur Erforschung<br />

und Nutzung <strong>der</strong> Radioaktivität baute, griff man bei<br />

den Warnzeichen zunächst auf Farben und <strong>Symbole</strong> zurück,<br />

die man in <strong>der</strong> Hochspannungstechnik benutzte. Rot war seit<br />

jeher die universell eindeutige Warnfarbe gewesen, so auch<br />

im Straßenverkehr und im medizinischen Bereich, während<br />

das Blitzzeichen auf gefährliche Stromquellen hinwies. Und<br />

dennoch wurden diese vertrauten <strong>Symbole</strong> dem beson<strong>der</strong>en<br />

Gefahrencharakter <strong>der</strong> Strahlung nicht gerecht. Es mussten<br />

eindeutige Unterscheidungsmerkmale gefunden werden. Im<br />

Jahre 1946 begannen Wissenschaftler an <strong>der</strong> University of<br />

California in Berkeley über dieses Problem nachzudenken.<br />

Zunächst entwarf man ein Zeichen, das bereits die uns heute<br />

vertraute dreiblättrige Struktur mit einem Punkt in <strong>der</strong> Mitte<br />

benutzte. Allerdings war das Symbol, das »Trefoil«, in <strong>der</strong><br />

Farbe Magenta gehalten, während <strong>der</strong> Hintergrund blau gefärbt<br />

war.<br />

Der Grund für diese Farbwahl lag darin, so erinnerte sich<br />

ein beteiligter Wissenschaftler später, dass die Farbe Blau in<br />

dem dortigen Labor nur selten verwandt wurde, während<br />

Magenta vergleichsweise selten und teuer war und deshalb<br />

in an<strong>der</strong>en Kontexten kaum zur Anwendung kam. Allerdings<br />

verblasste Blau bei Anwendung unter freiem Himmel und<br />

war ja auch sonst kaum mit <strong>der</strong> Warnung vor Gefahren in<br />

Verbindung gebracht worden. Im Oak Ridge National Laboratory<br />

in Tennessee, das am Bau <strong>der</strong> Atombombe beteiligt<br />

gewesen war, hat sich daher die bis heute gängige Hintergrundfarbe<br />

Gelb durchgesetzt.<br />

Ein neues Warnsymbol<br />

In jüngster Zeit allerdings stellten Experten <strong>der</strong> Internationale<br />

Atomenergiebehörde fest, dass das Zeichen aus globaler<br />

Perspektive nicht so bekannt geworden ist, wie man angenommen<br />

hatte. In Umfragen und Untersuchungen fand man

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