Deutsche Jesuiten in Japan - DIJ
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Harald Fuess<br />
Jahre 1859 teilgenommen hatten (Ballhatchet 2003: 39–40). Trotz der alten<br />
historischen Verb<strong>in</strong>dung der <strong>Jesuiten</strong> mit <strong>Japan</strong> kam auch nach der Neugründung<br />
der Gesellschaft im Jahre 1814 ke<strong>in</strong>er ihrer Vertreter noch im<br />
Laufe des 19. Jahrhunderts <strong>in</strong> das Inselreich zurück.<br />
Erst zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhunderts unternahmen <strong>Jesuiten</strong> erneut den<br />
Versuch, dort Fuß zu fassen. Seit der Taishō-Zeit (1912–1926) und bis <strong>in</strong><br />
die 1960er Jahre sollten dann wegen ihrer großen Anzahl und damit verbundenen<br />
Besetzung von Führungspositionen deutsche <strong>Jesuiten</strong> <strong>in</strong> <strong>Japan</strong><br />
e<strong>in</strong>e herausragende Rolle spielen. Der vorliegende Beitrag beschreibt die<br />
historische Rolle der <strong>Jesuiten</strong> als Kulturträger und Kulturvermittler im 20.<br />
Jahrhundert anhand publizierter Quellensammlungen aus dem Archiv<br />
der Sophia-Universität, sowie der Schriften und der mündlichen Aussagen<br />
deutscher <strong>Jesuiten</strong>. Hierbei steht die Sophia-Universität als erstes und<br />
wichtigstes Missionsprojekt der <strong>Jesuiten</strong> <strong>in</strong> <strong>Japan</strong> im Zentrum der Untersuchung.<br />
Die Geschichte der <strong>Jesuiten</strong> wird dabei vor dem wechselhaften<br />
H<strong>in</strong>tergrund der deutsch-japanischen Beziehungen thematisiert.<br />
Der Ursprung Deutschlands als Sprach- und Kulturnation mag mehrere<br />
Jahrhunderte zurückliegen, als moderne Staatsnation entstand<br />
Deutschland jedoch erst mit der Reichsgründung von 1871. Die Errichtung<br />
e<strong>in</strong>es deutschen Kaiserreichs unter Führung des protestantisch geprägten<br />
Königreichs Preußen begrüßte e<strong>in</strong>e überwältigende Mehrheit der<br />
deutschen Bevölkerung; die katholische Kirche verhielt sich dabei eher<br />
zurückhaltend. In den folgenden Jahren beschränkte Reichskanzler Bismarck<br />
die Aktivitäten der katholischen Kirche im Reichsgebiet durch e<strong>in</strong>e<br />
als Kulturkampf bekannt gewordene Politik. Neben dem Konflikt zwischen<br />
e<strong>in</strong>em protestantisch geprägten deutschen Nationalismus und dem<br />
universalistischen Machtanspruch der katholischen Kirche, g<strong>in</strong>g es <strong>in</strong> der<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung auch um die Frage, <strong>in</strong>wieweit die katholische Kirche<br />
sich <strong>in</strong> Parteipolitik und öffentlichen Angelegenheiten engagieren sollte,<br />
etwa politisch durch die Unterstützung der Zentrumspartei, oder gesellschaftlich<br />
durch e<strong>in</strong>e katholische Kontrolle des Alltagslebens, die sich<br />
auch z. B. im E<strong>in</strong>fluss der katholischen Kirche auf das Schulwesen zeigte.<br />
Im Laufe des Kulturkampfs führte der Staat die Zivilehe e<strong>in</strong>, hob Klöster<br />
auf und erließ Vorschriften für die <strong>in</strong>nere Organisation der Kirche. Der<br />
starke Widerstand der katholischen Rhe<strong>in</strong>prov<strong>in</strong>zen und Süddeutschlands<br />
jedoch führte im Jahr 1887 zu e<strong>in</strong>em Kompromiss des Kaiserreichs<br />
mit dem Papst (Hartmann 2001: 95–100, Nipperdey 1998: 364–381, Meyers<br />
2001: 279).<br />
Die <strong>Jesuiten</strong>, die der Staat als <strong>in</strong>tellektuelle Vorkämpfer des Katholizismus<br />
empfunden hatte, trafen der Kulturkampf und se<strong>in</strong>e Auswirkungen<br />
besonders hart. Das <strong>Jesuiten</strong>gesetz des Jahres 1872, das Aktivitäten der<br />
<strong>Jesuiten</strong> im Kaiserreich verbot, wurde zwar 1904 abgeschwächt, jedoch<br />
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