Fachbeitrag Tesch.pdf - DLR
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darzustellen, was den Riesling unter den<br />
Weißweinen der Welt als herausragend<br />
kennzeichnet. Mit „Riesling Unplugged“<br />
setze ich mich konsequent von den hyperfruchtigen<br />
Rieslingen unserer Zeit ab,<br />
deren Geschmacksbild mit Restsüße in Form von unvergorenem<br />
Zucker gestaltet wird. Ganz anders der „Riesling<br />
Unplugged“: Gestützt von einer kultivierten Säure,<br />
bringt dieser Wein das markante Fruchtspiel des Rieslings<br />
mit Kraft, Würze und aromatischer Frische zum Klingen.<br />
Von den besten Lagen produziere ich jeweils nur noch<br />
einen einzigen, ebenfalls trockenen Riesling. Fünf Weine<br />
sind es insgesamt, und jedem von ihnen ist eine eigene<br />
Farbe zugeordnet: Grün dem „Löhrer Berg“, Gelb der<br />
„Krone“, Blau dem „Königsschild“, Sandsteinrot dem<br />
„Kartäuser“; Feuerrot dem „Remigiusberg“. Dieser Farbkanon<br />
bietet den Weintrinkern ein klares und leicht verständliches<br />
Orientierungssystem in Bezug auf Erkennbarkeit,<br />
Herkunft und Geschmacksspektrum meiner<br />
Lagenrieslinge, das von weich und samtig bis durchdringend<br />
und energisch reicht.<br />
Mit dem Jahrgang 2005 habe ich auch den Naturkorken<br />
in den Ruhestand versetzt. Seitdem gibt es bei<br />
mir nur noch Flaschen mit Drehverschluss. Der durch<br />
muffige Korken verursachte Ausschuss muss heutzutage<br />
Mit dem Jahrgang 2005<br />
habe ich den Naturkorken<br />
in den Ruhestand<br />
versetzt.<br />
“<br />
Neuer Wein in alten Schläuchen? Ganz im Gegenteil!<br />
Martin <strong>Tesch</strong> hat die Weinszene revolutioniert:<br />
Er reduzierte sein Angebot und ordnete jedem Wein eine<br />
Farbe zu. Klarer und eindeutiger geht es nicht.<br />
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nicht mehr sein – es gibt mittlerweile<br />
technisch perfekte und ästhetisch einwandfreie<br />
Alternativen.<br />
Reaktionen der Weinszene<br />
Diese Eingriffe in das Gefüge meines Weingutes sind<br />
nicht ohne Folgen geblieben. Viele Kunden haben sich<br />
irritiert abgewendet, weil sie die Modifikationen in Darstellung<br />
und Kommunikation als Affront gegen ihre eigenen<br />
Überzeugungen ansahen. Weintrinker sind eine sehr<br />
sensible Klientel, die mit dem Kauf von Weinen bei<br />
„ihrem Winzer“ quasi auch ein Recht auf Unveränderlichkeit<br />
erwerben.<br />
Die Reaktionen auf die eingeführten Innovationen fielen<br />
trotz einfühlsamer Kommunikation im Vorfeld unerwartet<br />
drastisch aus. Rund 40 % der Stammkundschaft<br />
haben sich während und nach der Umbruchphase von<br />
uns abgewendet, weil wir nicht mehr alles so machten,<br />
wie sie es von „ihrem Winzer“ erwarteten. Auf unsere<br />
Abkehr vom restsüßen Wein haben die Kunden noch<br />
nachvollziehbar enttäuscht reagiert, auf den Drehverschluss<br />
sachlich bis ablehnend. Besonders auffallend<br />
jedoch waren die aggressiven Briefe und Kommentare zu<br />
den von uns verwendeten Anglizismen. Das ist die eine,<br />
schmerzliche Seite der Geschichte. Andererseits sind