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Aktuelle Rechtsprechung zum selbständigen Beweisverfahren

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<strong>Aktuelle</strong> <strong>Rechtsprechung</strong><br />

<strong>zum</strong> <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong><br />

62. Ausgabe, Oktober 2006<br />

Die „Reihe Recht“ wird vom Fachinstitut Gebäude-Klima e.V. in Zusammenarbeit mit der<br />

Rechtsanwaltskanzlei Schlawien Naab herausgegeben. Die Schriften sind exklusiv und ausschließlich<br />

für die Mitglieder des Fachinstitutes Gebäude-Klima e.V. bestimmt, eine weitere<br />

Verwendung kann nur mit Genehmigung der Herausgeber erfolgen. Weitere Informationen können<br />

beim jeweiligen Autor der Anwaltskanzlei eingeholt werden. Die „Reihe Recht“ wird in den<br />

Internetseiten des Fachinstitutes Gebäude-Klima e.V. archiviert.<br />

Fachinstitut Gebäude-Klima e.V., Danziger Straße 20, 74321 Bietigheim-Bissingen<br />

Telefon: 07142/5 44 98, Fax: 612 98; E-mail: info@fgk.de, Internet: www.fgk.de R<br />

eihe Recht


<strong>Aktuelle</strong> <strong>Rechtsprechung</strong> <strong>zum</strong> <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong><br />

Das selbständige <strong>Beweisverfahren</strong> hat sich in der Baubranche als Mittel zur zügigen Beweissicherung<br />

und Prozessvermeidung bewährt. Es muss nicht erst ein Rechtsstreit anhängig gemacht<br />

werden, in dem nach Klageerhebung, Vorverfahren, Klageerwiderung und Güteverhandlung ggf.<br />

ein Beweisbeschluss ergeht. Vielmehr wird vom Gericht auf Vorschlag des Antragstellers in der<br />

Regel zügig ein Sachverständiger bestellt, der die Bauleistung begutachtet. Das Gutachten kann<br />

in einem späteren Gerichtsverfahren verwertet werden und vermeidet die nochmalige gerichtliche<br />

Beweisaufnahme. Dadurch unterscheidet es sich von einem Privatgutachten. Vielfach einigen sich<br />

die Parteien bereits aufgrund des Beweisergebnisses, so dass ein Prozess vermieden wird.<br />

Das <strong>Beweisverfahren</strong> kann auch ohne anwaltlichen Beistand betrieben werden. Jedoch sind bei<br />

Antragstellung und Durchführung des Verfahrens verschiedene rechtliche Aspekte zu beachten,<br />

damit das Verfahren <strong>zum</strong> Erfolg führen kann. Einige der in diesem Jahr ergangenen Urteile werden<br />

im Folgenden kurz dargestellt:<br />

1. Verspäteter Antrag zur Gutachtenergänzung<br />

Das selbständige <strong>Beweisverfahren</strong> endet im Regelfall mit der Übersendung des Gutachtens an die<br />

Beteiligten. Das Gericht kann aber den Beteiligten eine Frist zur Stellungnahme setzen und auch<br />

die Beteiligten können von sich aus innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen gegen<br />

das Gutachten vorbringen oder Anträge auf Ergänzung des Gutachtens stellen (BGH, Urteil<br />

vom 20.02.2002, NJW 2002, 1640).<br />

Mit der Frage, wann der Antrag eines Beteiligten nicht mehr innerhalb eines angemessenen Zeitraums<br />

gestellt wurde, hat sich das OLG Koblenz in seinem Beschluss vom 03.04.2006, Az.: 5 W<br />

200/06, befasst.<br />

In dem zu entscheidenden Fall ist der Antragsgegner zweieinhalb Monate untätig geblieben, nachdem<br />

ihm das Gutachten übersandt worden ist. Ihm wurde vom Gericht eine Frist zur Stellungnahme<br />

gesetzt, die er verstreichen ließ. Der Antragsgegner wollte das Gutachten noch einmal durch<br />

ein Privatgutachten prüfen lassen - zweieinhalb Monate später stellte er dann einen Antrag auf<br />

mündliche Erörterung des Gutachtens. Der Antrag wurde durch das Gericht wegen Verspätung<br />

zurückgewiesen.<br />

Tipp:<br />

Sollten Einwendungen gegen das Gutachten im <strong>Beweisverfahren</strong> bestehen, so sollte stets<br />

innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist Stellung genommen werden. Ist dies nicht möglich,<br />

da bspw. ein weiteres Gutachten eingeholt werden soll, ist zu empfehlen, bei Gericht<br />

eine großzügige Fristverlängerung zu beantragen.<br />

2. Kosten des <strong>Beweisverfahren</strong>s<br />

In dem vom OLG Karlsruhe in seinem Beschluss vom 27.04.2006, Az.: 7 W 18/06 zu entscheidenden<br />

Fall hat der Bauherr ein selbständiges <strong>Beweisverfahren</strong> beantragt. Er beanstandete Undichtigkeiten<br />

der von ihm beauftragten Blechnerarbeiten und wollte durch ein Gutachten die Ursache der<br />

Undichtigkeiten und die Verantwortlichkeit der am Bau beteiligten Unternehmer prüfen lassen.<br />

Nachdem das Gutachten erstellt worden war, hat der planende und überwachende Architekt die<br />

Kosten der Mängelbeseitigung ersetzt. Der Bauherr sah damit die Angelegenheit für erledigt an.<br />

Nach der Übersendung des Gutachtens und eventueller Stellungnahmen durch die Beteiligten endet<br />

das <strong>Beweisverfahren</strong>. Für die Frage der Kostentragung sieht das Gesetz aber vor, dass das


Gericht, soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren, den Antragsteller nach dem <strong>Beweisverfahren</strong><br />

unter Fristsetzung auffordert, Klage in der Hauptsache zu erheben. Folgt der Antragsteller<br />

dem nicht, so hat er die Kosten für das <strong>Beweisverfahren</strong> allein zu tragen.<br />

Im vorliegenden Fall reagierte der Bauherr nicht auf die Frist des Gerichts, da er seine Mängelbeseitigungskosten<br />

vom Architekten ersetzt bekommen hatte. Daraufhin wurden ihm die Kosten,<br />

insbesondere die Anwaltskosten, der am <strong>Beweisverfahren</strong> beteiligten Unternehmen auferlegt.<br />

Das im <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong> erstellte Gutachten kann dazu führen, dass die Forderungen<br />

des Antragstellers erfüllt werden (z.B. der Werklohn wird gezahlt, die Mängel werden beseitigt).<br />

Auch in diesem Fall hat der Antragsteller grundsätzlich die Verfahrenskosten zu tragen, wenn<br />

er auf Aufforderung des Gerichts keine Klage in der Hauptsache erhebt.<br />

Tipp:<br />

Der Antragsteller kann diese Kostenlast dadurch verhindern, dass er mit dem Antragsgegner<br />

im <strong>Beweisverfahren</strong> eine Vereinbarung über die Kosten schließt oder die Beteiligten<br />

des <strong>Beweisverfahren</strong>, die Sache übereinstimmend für erledigt erklären.<br />

Hat der Antragsteller dies versäumt, so bleibt ihm nur die Möglichkeit, Klage auf Feststellung<br />

zu erheben, dass der Antragsgegner zur Beseitigung der Mängel bzw. zur Übernahme<br />

der Mangelbeseitigungskosten verpflichtet war (so auch BGH Beschluss vom 01.07.2004,<br />

NJW-RR 2004, 1580).<br />

3. Kostenersatz auch bei Unterliegen<br />

Die Entscheidung des BGH vom 09.02.2006, Az.: VII ZB 59/05 hatte ebenfalls die Kosten des<br />

<strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong>s <strong>zum</strong> Gegenstand:<br />

Der Unternehmer hatte den Auftrag, eine Heizungsanlage im Wohnhaus des Auftraggebers einzubauen.<br />

Der Auftraggeber stellte erhebliche Mängel an der Werkleistung fest und beantragte die<br />

Durchführung eines <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong>s. Der bestellte Sachverständige bestätigte<br />

das Vorliegen eines Teils der Mängel und bezifferte die Mängelbeseitigungskosten statt auf<br />

5.000,00 EUR, wie vom Auftraggeber angenommen, nur auf 555,00 EUR. Der Unternehmer weigerte<br />

sich, diese Mangelbeseitigungskosten zu tragen, so dass der Auftraggeber Klage vor dem<br />

Amtsgericht auf Zahlung der 555,00 EUR erhob. Der Unternehmer wurde zur Zahlung von 70%<br />

der Klagesumme verurteilt.<br />

Im <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong> wurde um wesentlich höhere Mängelbeseitigungskosten<br />

(5.000,00 EUR) gestritten als im späteren Klageverfahren. Der Unternehmer hatte dadurch im <strong>Beweisverfahren</strong><br />

höhere Kosten, insbesondere Anwaltsgebühren. Er stellte deshalb den Antrag,<br />

dass diese Mehrkosten vom Auftraggeber zu tragen seien, da dieser das <strong>Beweisverfahren</strong> beantragt<br />

hatte. Der BGH hat festgestellt, dass dem Antragsteller des <strong>Beweisverfahren</strong>s die Mehrkosten<br />

auferlegt werden können, die über den späteren Prozessgegenstand hinausgegangen sind.<br />

Der Auftraggeber hatte zwar den Prozess (hier: zu 70%) gewonnen, musste aber die Mehrkosten<br />

des Unternehmers für das selbständige <strong>Beweisverfahren</strong> übernehmen (so auch OLG Brandenburg,<br />

Urteil vom 02.08.2006, Az.: 4 U 25/06).<br />

Tipp:<br />

Wird also vom Auftraggeber ein selbständiges <strong>Beweisverfahren</strong> eingeleitet und führt er<br />

danach einen Prozess über einen geringeren Streitgegenstand, so sollte der Unternehmer<br />

den Ersatz der überschießenden Kosten des <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong>s geltend machen.


4. Erforderlichkeit des <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong>s<br />

Bei einem <strong>selbständigen</strong> <strong>Beweisverfahren</strong> muss der Antragsteller darlegen und glaubhaft machen,<br />

dass das Verfahren erforderlich ist, um einen Verlust der Beweismittel oder eine erschwerte Benutzung<br />

zu verhindern. Dies gilt aber nur dann, wenn der Antragsgegner dem <strong>Beweisverfahren</strong><br />

nicht zustimmt. Das OLG Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 18.01.2006, Az.: 12 W 2/06<br />

festgestellt, dass das <strong>Beweisverfahren</strong> unzulässig ist, wenn der Antragsteller dessen Notwendigkeit<br />

nicht darlegen kann.<br />

Ergebnis:<br />

Wenn die Gegenseite sich gegen ein <strong>Beweisverfahren</strong> sperrt, muss dargelegt werden, dass<br />

bei weiterem Zuwarten das Beweismittel nicht mehr verwendet werden kann. Als Gründe<br />

können angeführt werden, dass der Bauablauf erheblich verzögert würde oder ein Objekt<br />

nicht vermietet werden könne, wenn man das reguläre Verfahren abwarten müsse.<br />

Rechtsanwältin Gesine Meißner,<br />

SNP Schlawien Naab Partnerschaft<br />

Berlin

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