ie ein Wirbel - feireiss
ie ein Wirbel - feireiss
ie ein Wirbel - feireiss
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HAUS & GARTEN KÜCHENGÄRTEN<br />
W<br />
<strong>ie</strong> <strong>ein</strong> <strong>Wirbel</strong>wind<br />
saust Viktoria<br />
von dem<br />
Bussche durch<br />
d<strong>ie</strong> blühende<br />
Parklandschaft.<br />
Schnuppert h<strong>ie</strong>r an <strong>ein</strong>er Blüte, zupft dort<br />
<strong>ein</strong> trockenes Blatt ab. Es ist nicht <strong>ein</strong>fach,<br />
mit ihr Schritt zu halten. Dann stürmt s<strong>ie</strong><br />
zu <strong>ein</strong>em Beet und beginnt mit bloßen<br />
Händen, in der Erde zu buddeln. „Schauen<br />
S<strong>ie</strong> mal“, ruft s<strong>ie</strong> begeistert, „<strong>ein</strong>e Vitelotte!“<br />
D<strong>ie</strong> Vitelotte ist k<strong>ein</strong>e seltene<br />
Blume, sondern <strong>ein</strong>e seltene Kartoel,<br />
auch Trüelkartoel genannt. Und s<strong>ie</strong> ist<br />
nur <strong>ein</strong>e der zahlreichen kulinarischen<br />
Kostbarkeiten im Küchengarten von<br />
Schloss Ippenburg.<br />
Immer mehr Menschen krempeln d<strong>ie</strong><br />
Ärmel hoch, um Kartoeln, Rüben oder<br />
Pastinaken aus dem Boden zu holen. Und<br />
immer mehr Bücher erklären, w<strong>ie</strong> man<br />
zum Selbstversorger wird. Darunter auch<br />
Viktoria von dem Bussches Bildband „Ich<br />
träume von <strong>ein</strong>em Küchengarten“, der<br />
d<strong>ie</strong>sen Monat ersch<strong>ein</strong>t (s<strong>ie</strong>he Seite 57).<br />
Doch was ist eigentlich <strong>ein</strong> Küchengarten?<br />
Eine Art Parad<strong>ie</strong>s, w<strong>ie</strong> d<strong>ie</strong> Perser ihre<br />
Gärten schon vor unserer Zeitrechnung<br />
Erfüllt sich <strong>ein</strong>en<br />
Kindheitstraum<br />
Viktoria von dem<br />
Bussche im Küchengarten<br />
von Schloss<br />
Ippenburg. Rechts:<br />
Toskanischer Palmkohl<br />
mit Currykraut<br />
und Tagetes.<br />
nannten, in denen W<strong>ein</strong>, Obst und Gemüse<br />
wucherten. Aus d<strong>ie</strong>sen „Parad<strong>ie</strong>sen“<br />
entwickelten sich unsere Pfarr-, Bauern-<br />
und auch Küchengärten. Typisch ist d<strong>ie</strong><br />
symmetrische Anlage der Wege, weil man<br />
so am besten d<strong>ie</strong> Beete erreichen kann.<br />
Zum Pflanzen-Kanon <strong>ein</strong>es Küchengartens<br />
gehören klassische Kräuter w<strong>ie</strong><br />
Dill und Petersil<strong>ie</strong>, Rosmarin und Minze,<br />
Gemüse von Artischocke bis Zucchini und<br />
natürlich Obst: Rhabarber zum Beisp<strong>ie</strong>l<br />
und Beeren. Doch nichts muss, alles kann.<br />
Bis auf <strong>ein</strong>s: K<strong>ein</strong> Küchengarten ohne Blütenpracht.<br />
Borretsch, Ringelblumen oder<br />
Dahl<strong>ie</strong>n schmücken d<strong>ie</strong> Beete, halten<br />
Schädlinge ab und schmecken als Salatzugabe<br />
sommerlich frisch.<br />
Pasta mit eigenen Tomaten<br />
Wollte man früher unbedingt <strong>ein</strong>en romantischen<br />
Rosengarten haben, wird nun<br />
Platz für Salat und Rüben reserv<strong>ie</strong>rt. Sogar<br />
Michelle Obama ist unter d<strong>ie</strong> Küchengärtnerinnen<br />
gegangen. Zusammen mit <strong>ein</strong>er<br />
Gruppe von Schülern grub d<strong>ie</strong> First Lady<br />
100 Quadratmeter Rasen am Weißen Haus<br />
um und pflanzte dort mehr als 50 versch<strong>ie</strong>dene<br />
Gemüsesorten. Ein Signal gegen Fast<br />
Food und für soziale Verantwortung. Denn<br />
d<strong>ie</strong> Ernte wird zwar teilweise im Reg<strong>ie</strong>rungsgebäude<br />
verarbeitet, kommt aber<br />
größtenteils Bedürftigen zugute.<br />
D<strong>ie</strong> Sehnsucht, sich s<strong>ein</strong> eigenes Parad<strong>ie</strong>s<br />
zu schaen, hat längst auch d<strong>ie</strong> Großstädte<br />
erobert. Wer k<strong>ein</strong>en Garten hat,<br />
z<strong>ie</strong>ht auf dem Balkon oder der Dachterrasse<br />
Tomaten, Bohnen und Kapuzinerkresse.<br />
In Berlin-Kreuzberg – eher für<br />
Maikrawalle als für ländliche Idylle bekannt<br />
– verwandelte <strong>ein</strong>e Anwohnerinitiative<br />
<strong>ein</strong>e heruntergekommene 6000<br />
Quadratmeter große Brachfläche in <strong>ein</strong>e<br />
ökologische Landwirtschaft: den Prinzessinnengarten.<br />
D<strong>ie</strong> Pflanzen werden in<br />
recycelten Bäckerkisten, Reissäcken und<br />
Tetrapaks angebaut. Das macht den Garten<br />
mobil und den Anbau auf vers<strong>ie</strong>gelten<br />
Flächen möglich.<br />
Das Glück sch<strong>ein</strong>t also nicht nur auf<br />
der W<strong>ie</strong>se zu l<strong>ie</strong>gen, sondern auch zwischen<br />
Kohl und Koriander. Es ist aber<br />
auch <strong>ein</strong> tolles Gefühl, wenn man für das<br />
Abendessen mit Freunden d<strong>ie</strong> Pastasoße<br />
aus eigenen Tomaten kocht. Mit den Kindern<br />
für den Nachtisch Erdbeeren pflückt.<br />
Oder ihnen dabei zuschaut, w<strong>ie</strong> s<strong>ie</strong> den<br />
selbst gezogenen Salat ganz freiwillig und<br />
mit Begeisterung essen.<br />
„Schon beim Flan<strong>ie</strong>ren<br />
durch den Garten soll<br />
<strong>ein</strong>em das Wasser im<br />
Mund zusammenlaufen.“<br />
VIKTORIA VON DEM BUSSCHE<br />
FOTO: JOSEF BIEKER (2)<br />
FOTO: GARY ROGERS<br />
Unter der Glocke<br />
Melonenzucht war<br />
<strong>ein</strong>es der bel<strong>ie</strong>btesten<br />
Hobbys von<br />
Königen und Adligen<br />
im 17. Jahrhundert.<br />
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