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Die Form der Paradoxie

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werden, die sich aufdecken läßt. 1 <strong>Die</strong> <strong>Paradoxie</strong> hat somit und seltsamerweise die<br />

<strong>Form</strong> einer <strong>Paradoxie</strong>. Aber das ist vermutlich nicht alles, was zum Thema des<br />

Paradoxen gesagt, obwohl es nur vorläufig gesagt werden kann.<br />

Aus dem Vorangegangenen ergibt sich eine erste Arbeitshypothese: Nur<br />

<strong>Paradoxie</strong>n sind paradox. Nur <strong>Paradoxie</strong>n und keine an<strong>der</strong>en Aussagen,<br />

Kommunikationen o<strong>der</strong> Weltsachverhalte gelten für totale Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

innerhalb <strong>der</strong> Logik, die eine <strong>Paradoxie</strong> provoziert hat, 2 also unter den<br />

beson<strong>der</strong>en, einschränkenden Bedingungen dieser Logik. Unter an<strong>der</strong>en,<br />

erweiterten, sozialen Bedingungen verlieren die <strong>Paradoxie</strong>n ihre Antinomie. Sie<br />

verwandeln sich dann blitzschnell in sinnhafte Aussagen, über die sich<br />

anschließend lange nachdenken, etwas sagen und trefflich streiten läßt.<br />

Daraus folgt unter an<strong>der</strong>em, daß Kommunikation nicht paradox sein kann. In <strong>der</strong><br />

Kommunikation, genauer gesagt, auf ihrer Oberfläche, in Gesprächen o<strong>der</strong> an<br />

For<strong>der</strong>ungen können <strong>Paradoxie</strong>n erscheinen, sie können sich in Texten tummeln<br />

o<strong>der</strong> in den Werken wimmeln, sie können formuliert und verstanden werden, aber<br />

die Kommunikation kann nicht selbst die <strong>Form</strong> sogenannter paradoxer<br />

Kommunikation annehmen, denn die Axiome jener Logik, die ein Paradox<br />

entstehen läßt, gelten nicht für Kommunikation. Im Gegenteil, die logischen<br />

Bedingungen, die in den Äußerungen, in den utterances unterstellt werden, gelten<br />

nur für diese Äußerungen. <strong>Die</strong>se einschränkenden Bedingungen kann ein an<strong>der</strong>er<br />

Beobachter o<strong>der</strong> ein an<strong>der</strong>es System aber nicht vollständig übernehmen, weil<br />

dieser an<strong>der</strong>e Beobachter o<strong>der</strong> dieses an<strong>der</strong>e System unter an<strong>der</strong>en Bedingungen<br />

ihrer Möglichkeit stehen, und sich diese beiden nicht mehr als an<strong>der</strong>er Beobachter<br />

o<strong>der</strong> als an<strong>der</strong>es System beobachten und differenzieren ließen, wenn sie unter<br />

denselben Bedingungen ständen. Jedes System ‚ist‘ jedoch, o<strong>der</strong> besser: jedes<br />

‚System‘ repräsentiert (als ein Wort, das die folgende Differenz umkreist und<br />

beschreibt, mithin als Metapher) 3 eine beson<strong>der</strong>e Differenz von System und<br />

Umwelt, eine einzigartige Differenz zeitlicher und sinndeterminieren<strong>der</strong><br />

Bedingungen.<br />

<strong>Die</strong> Operativität <strong>der</strong> Kommunikation ist von <strong>Paradoxie</strong>n nicht betroffen. Das läßt<br />

sich kommunikationstheoretisch begründen, denn während Kommunikation<br />

operiert, finden sich <strong>Paradoxie</strong>n nur auf <strong>der</strong> Projektionsfläche <strong>der</strong> mündlichen<br />

o<strong>der</strong> schriftlichen Äußerungen. Eine <strong>Paradoxie</strong> wird ausgesprochen o<strong>der</strong><br />

beschrieben, eine Darstellung kann sich in performativen Wi<strong>der</strong>sprüchen<br />

inszenieren, 4 und doch ist kein Anschluß an diese Äußerungen gezwungen, ja<br />

1<br />

Wir referieren die Sinndimensionen und weitere Begriffe <strong>der</strong> Systemtheorie Niklas Luhmanns (1984, 112 et<br />

passim). Vgl. für die <strong>Paradoxie</strong>/Entparadoxierung-Unterscheidung mit vielen Anwendungsbeispielen<br />

Luhmann 1990, 93ff. et passim.<br />

2<br />

In grammatikalisch subjektiver und objektiver Bedeutung.<br />

3<br />

Vgl. hierzu Fuchs 2001.<br />

4<br />

Das „Folge mir nicht!“ etwa (o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e paradoxale For<strong>der</strong>ungen) impliziert sinnhafte, soziale und<br />

3

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