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„Sag mir, was für ein Menschenbild Du hast und ich sag Dir, wer Du ...

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Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

<strong>„Sag</strong> <strong>mir</strong>, <strong>was</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong><br />

<strong>Menschenbild</strong> <strong>Du</strong> <strong>hast</strong><br />

<strong>und</strong><br />

<strong>ich</strong> <strong>sag</strong> <strong>Dir</strong>, <strong>wer</strong> <strong>Du</strong> bist!“<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

Literaturempfehlungen<br />

Quensel, St.: Akzeptanz <strong>und</strong> Abstinenz – zwei auf<strong>ein</strong>ander<br />

angewiesene drogenpolitische Lager. In: Akzeptanz Nr. 1/1998, S. 4-8<br />

Kemmesies, U.: Zwischen „Akzeptanztheorem“ <strong>und</strong> „Akzeptanzkrise“ –<br />

essayistische Randnotizen. In: Akzeptanz Nr. 1/1997, S. 34-37<br />

Lochmann, R.: Drogenentzug als „Totale Institution“. In: Akzeptanz Nr.<br />

1/1999, 7. Jahrgang, S. 43-49<br />

Kappeler, M.: Zum Verhältnis von Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz in der<br />

professionellen Drogenhilfe. in: Akzeptanz 2/1997<br />

Schäffer, D.: Druckräume aus der S<strong>ich</strong>t der Nutzer/innen“. In:<br />

Akzeptanz Nr. 1/2000, 8. Jahrgang, S. 28-28<br />

Pfannkuch, H.: Suchtkliniken <strong>und</strong> Hausordnungen – <strong>ein</strong>ige<br />

Anmerkungen zu <strong>ein</strong>er problematischen Beziehung. In: Sucht 43(2)<br />

1997, S. 130-137<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

Beziehungskonstellationen<br />

in der Sozialarbeit:<br />

=<br />

Fast immer Asymmetrie!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Ursprüngl<strong>ich</strong> <strong>für</strong>:<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Sozialarbeit<br />

Die ursprüngl<strong>ich</strong>e Bedeutung des Begriffs „Klient“?<br />

Höriger Halbfreier im Dienst <strong>ein</strong>es<br />

altrömischen Patriziers.<br />

Jemand, der von <strong>ein</strong>em Rechtsanwalt<br />

beraten oder vertreten wird.<br />

Was heißt „Klient“ in der Sozialarbeit?<br />

Jemand, der von <strong>ein</strong>em Sozialarbeiter<br />

beraten oder vertreten wird.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Sozialarbeit<br />

Warum hat Helfen immer auch mit Macht zu tun?<br />

Es gibt <strong>ein</strong> gewisses Maß der Unfreiheit des Klienten = <strong>ein</strong>e<br />

Situation, die nötigt, Hilfe zur Lösung s<strong>ein</strong>er Probleme zu suchen.<br />

Es gibt diverse Abhängigkeiten:<br />

Das Wohlergehen des Klienten ist bedeutend vom Urteil <strong>und</strong><br />

Engagement des Sozialarbeiters abhängig.<br />

Der Klient erlebt s<strong>ich</strong> selbst als hilfebedürftig <strong>und</strong> abhängig =<br />

Verletzungen des Selbst<strong>wer</strong>tgefühls <strong>und</strong> Entwicklung von<br />

Abwehrmechanismen zu deren Kompensation.<br />

Der Klient erlebt s<strong>ich</strong> selbst in <strong>ein</strong>er untergeordneten Position<br />

= Aggressionen gegen Sozialarbeiter.<br />

Bitte um Hilfe ist n<strong>ich</strong>t unbedingte Bejahung der Betreuung!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Sozialarbeit<br />

In welcher Position befinden s<strong>ich</strong><br />

Professionelle <strong>und</strong> Betroffene?<br />

Unterschiedl<strong>ich</strong>e Wissensverteilung =<br />

Unterschiedl<strong>ich</strong>e Informations- u.<br />

Handlungsmögl<strong>ich</strong>keiten.<br />

Sozialarbeiter ist befugt zur Diagnosestellung<br />

u. Hilfeplanung = Aktives Eingreifen.<br />

Funktionsspezifische Kompetenz der<br />

Sozialarbeiter = können Entscheidungen<br />

über Art u. Weise der Interaktionen,<br />

Sanktionen bzw. Gewähren o. Vorenthalten<br />

von Vergünstigungen treffen.<br />

Expertenmacht<br />

Definitionsmacht<br />

Steuerungsmacht<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

„Das Symbol der Knappheit ist der Zaun. Der<br />

Zaun kann der Aussperrung ebenso dienen wie<br />

der Einsperrung. Besitzmacht sperrt aus,<br />

diagnostische Macht sperrt <strong>ein</strong>.<br />

Besitzmacht beruht darauf, dass anderen der<br />

Zugang <strong>und</strong> Zugriff zu lebensw<strong>ich</strong>tigen<br />

Gr<strong>und</strong>stoffen <strong>und</strong> Geräten <strong>und</strong> zu<br />

lebensdienl<strong>ich</strong>en Tätigkeiten verwehrt wird <strong>und</strong><br />

dass sie nach dem Maß der Erfüllung ihrer<br />

Bedingungen Versorgung zuteilt.<br />

Diagnostische Macht definiert das Normale<br />

verbindl<strong>ich</strong>, überwacht s<strong>ein</strong>e Einhaltung <strong>und</strong><br />

bedient entsprechende Bedürfnisse.“<br />

(Gronemeyer 1988, S. 67)<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

Das Besondere an den<br />

<strong>Menschenbild</strong>ern in der<br />

Drogenarbeit<br />

=<br />

„Klageunfähigkeit der<br />

Klienten“<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Klageunfähige Position von Drogenkonsumenten<br />

Welche w<strong>ich</strong>tigen Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

prägen die traditionelle Drogenhilfe?<br />

Rezidive Krankheit mit phasenweisem Verlauf.<br />

Eine Abhängigkeit geht immer mit <strong>ein</strong>em Verlust der Persönl<strong>ich</strong>keit<br />

<strong>ein</strong>her (Persönl<strong>ich</strong>keitsdepravation).<br />

Mangelnde Krankheits<strong>ein</strong>s<strong>ich</strong>t.<br />

Mangelnde Motivation, <strong>ein</strong>e Behandlung durchzustehen.<br />

Therapieresistenz = Erst wenn der Leidensdruck groß genug, besteht<br />

Auss<strong>ich</strong>t auf <strong>ein</strong>en erfolgre<strong>ich</strong>en Abschluss <strong>ein</strong>er Behandlung.<br />

Abstinenz ist die <strong>ein</strong>zige Mögl<strong>ich</strong>keit, Drogenprobleme zum Stillstand<br />

zu bringen.<br />

Der Ausstieg aus der Abhängigkeit gelingt nur durch professionelle<br />

Therapie.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Klageunfähige Position von Drogenkonsumenten<br />

Die Folgen der traditionellen<br />

Gr<strong>und</strong>annahmen der Drogenhilfe<br />

o Verweigern von Inklusions- u.<br />

Partizipationsansprüchen !<br />

o Klage- <strong>und</strong> Kritikunfähigkeit!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

Was ist gem<strong>ein</strong>t mit „Persönl<strong>ich</strong>keitsdepravation“?<br />

Wesensveränderungen durch Drogenkonsum wie:<br />

„Ausschließl<strong>ich</strong>e Konzentration auf Droge.“<br />

„Bedürfnisbefriedigung nur noch über Drogen.“<br />

„Loslösen aus normalen sozialen Bezügen; soziale<br />

Verpfl<strong>ich</strong>tungen <strong>wer</strong>den nur noch beschränkt erfüllt,<br />

Vernachlässigung anderer Leistungsaspekte.“<br />

„Rückzug auf die eigene Person <strong>und</strong> Lockerung der Bindung<br />

an soziale Normen, schließl<strong>ich</strong> deren zunehmender<br />

Bedeutungsverlust <strong>für</strong> den Konsumenten.“<br />

„Zunehmende Störungen des sozialen Verhaltens.“<br />

„Verlernen von sozialen, emotionalen <strong>und</strong> kognitiven<br />

Fähigkeiten.“<br />

„Mangelnde Pflege <strong>und</strong> Verlust anderer Interessen.“<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

Fragen an das Konzept „Persönl<strong>ich</strong>keitsdepravation“?<br />

Wieweit sind diese Veränderungen nachweisbar?<br />

Sind diese direkt auf Drogen zurückzuführen oder alten<br />

bestimmte Züge auch vorher schon?<br />

Gelten sie allgem<strong>ein</strong> <strong>für</strong> alle oder <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Extremgruppe?<br />

„Depravation der Persönl<strong>ich</strong>keit“ als Leitidee <strong>für</strong> die<br />

Gestaltung von Hilfeangeboten:<br />

Bürdet den Betroffenen <strong>ein</strong> sch<strong>wer</strong>es Stigma auf.<br />

Verkompliziert die Entwicklung von Helfer-Klient-Beziehungen.<br />

Rechtfertigt auf der Helferseite Misstrauen, autoritäres Handeln<br />

<strong>und</strong> repressive Handlungskonzepte.<br />

Muss auch als Labeling mit <strong>ein</strong>em medizinischem<br />

Diagnosebegriff verstanden <strong>wer</strong>den<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Defizitmodelle<br />

Drogenkonsum gilt als Indiz<br />

<strong>für</strong>/verursacht durch Defizite des<br />

Drogenkonsumenten:<br />

Persönl<strong>ich</strong>e Defizite,<br />

Defizite im sozialen Umfeld,<br />

Defizite in der Sozialisation,<br />

u. ä.<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

Wie wird Drogenkonsum in der traditionellen Praxis gedeutet?<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

„Defizitäre“ <strong>Menschenbild</strong>er <strong>und</strong> Konsequenzen <strong>für</strong> die Praxis?<br />

Defizitäre Persönl<strong>ich</strong>keit<br />

Abstinenz als Gr<strong>und</strong>ziel.<br />

Entwicklung von<br />

Bewältigungskompetenzen =<br />

psycho-therapeutische<br />

Konzepte.<br />

Nachholende Sozialisation.<br />

Defizitäres soziales Umfeld<br />

Monopolistische, bipolare „Therapiediktatur“,<br />

Lebensstilvorgaben,<br />

Stationäre Langzeittherapie.<br />

Trennung von Wohnort u.<br />

sozialem Netz<strong>wer</strong>k.<br />

Kontrolle aller sozialer<br />

Beziehungen.<br />

Kaum Mitentscheidungsrechte <strong>für</strong> Klienten.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Verlaufsmodelle<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

Wie wird Drogenkonsum in der traditionellen Praxis gedeutet?<br />

Dramatischer Verlauf von Beginn an = Konsum sei<br />

<strong>ein</strong> stetig fortschreitender Prozess ohne<br />

Haltepunkte.<br />

Automatismen, z. B. als gedachte Drogenkarriere.<br />

Kontrollverlust = dieser beschränke s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t all<strong>ein</strong><br />

auf den Umgang mit der Substanz, sondern wird auf<br />

den gesamten Lebensstil übertragen.<br />

Totaler Abstinenzverlust.<br />

Konsum sei immer mit sozialer Desintegration <strong>und</strong><br />

Verelendung verb<strong>und</strong>en.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Linear<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

Wie <strong>wer</strong>den Verlaufsmodelle verstanden?<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsdefizit<br />

Soziale Probleme<br />

Abhängigkeit<br />

Therapie<br />

Abstinenz<br />

Opfertheorie<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Linear<br />

Mechanisch<br />

Individuumszentriert<br />

Statisch<br />

Opfertheorie<br />

Kritik am traditionellen Drogenhilfesystem: <strong>Menschenbild</strong>er<br />

Konsequenzen von Verlaufsmodellen?<br />

Variabilität von Ein- u. Ausstiegsverläufen,<br />

deren Motive u. das Etablieren kontrollierter<br />

Drogenkonsumformen ignoriert.<br />

„Abstinenz“ als abstraktes<br />

Heilungsideal = alles gut ist.<br />

Moderierende, Setting-spezifische<br />

Einflussgrößen übersehen.<br />

Notwendigkeit von Therapie vs.<br />

ohne professionelle Hilfe.<br />

Subjektrolle geleugnet.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Das Verb<strong>und</strong>system: Stationäre Langzeittherapie<br />

Drogentherapie <strong>und</strong> der erstrebte<br />

„Neuaufbau“ der Persönl<strong>ich</strong>keit?<br />

„Die solchen Techniken innewohnenden Vorstellungen<br />

<strong>ein</strong>er grenzenlosen Machbarkeit“, näml<strong>ich</strong> des<br />

gr<strong>und</strong>legenden Neuaufbaus der Persönl<strong>ich</strong>keit oder<br />

zumindest <strong>ein</strong>er tiefgreifenden Veränderung zeugt von<br />

<strong>ein</strong>er hybriden Gottes- oder Omnipotenzphantasie.“<br />

Böllinger, Fietzek, Stöver, 1995, S.114<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Traditionelle Drogenarbeit: „Helfender" Zwang<br />

Zwangstherapie: Konsequenzen <strong>für</strong> Klienten<br />

Bekommt Recht u. Fähigkeit zur freien Willensentscheidung<br />

abgesprochen.<br />

Ist bestimmter Gr<strong>und</strong>rechte beraubt (z. B. Datenschutz, ärztl<strong>ich</strong>e<br />

Schweigepfl<strong>ich</strong>t).<br />

Erlebt Behandler als mit der Macht des Strafrechts <strong>und</strong> all s<strong>ein</strong>en<br />

Drohungen ausgestattet.<br />

Nimmt ärztl<strong>ich</strong>e <strong>und</strong> psychosoziale Leistungen n<strong>ich</strong>t freiwillig in<br />

Anspruch = wirkt n<strong>ich</strong>t aktiv mit.<br />

Muss therapeutisch unerwünschte Entwicklungen verheiml<strong>ich</strong>en,<br />

so dass k<strong>ein</strong>e angemessene Hilfe <strong>ein</strong>gefordert <strong>wer</strong>den kann.<br />

Kann in der Therapie n<strong>ich</strong>t angstfrei offen s<strong>ein</strong>.<br />

Erfährt negative Konsequenzen, wenn er Therapie aufkündigen<br />

oder lösen möchte.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Traditionelle Drogenarbeit: „Helfender" Zwang<br />

Zwangstherapie: Konsequenzen <strong>für</strong> die Behandler?<br />

Enge Verflechtung mit <strong>und</strong> Gängelung durch die Justiz.<br />

Therapeutische Beziehung wesentl<strong>ich</strong> durch Kontrolle u. Sanktion<br />

geprägt, andere Aspekte u. eigentl<strong>ich</strong>e Behandlung von N<strong>ich</strong>tbeachtung<br />

bedroht.<br />

Es kann k<strong>ein</strong>e „echte“, d. h. auf Vertrauen gegründete, therapeutische<br />

Beziehung entstehen.<br />

Erzwingt <strong>ein</strong>e, <strong>für</strong> alle geltende, strikte Kontrolle, unabhängig von<br />

vorhandener differenzierter Vertrauenswürdigkeit des Einzelnen = zwingt<br />

zu Entmündigung u. Misstrauen.<br />

<strong>Du</strong>rch Verheiml<strong>ich</strong>ung treten schlechter zu kontrollierende Situationen <strong>ein</strong>;<br />

notwendige Betreuungsarbeit kann n<strong>ich</strong>t geleistet <strong>wer</strong>den = erzwungene<br />

N<strong>ich</strong>tthematisierung von Problemen.<br />

Individuelle Gestaltung der Behandlung nach Voraussetzungen,<br />

Entwicklungsfortschritten u. biographischen Gegebenheiten gering.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er <strong>und</strong> deren<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> die Praxis<br />

Traditionelles Suchtmodell impliziert:<br />

Die Annahme <strong>ein</strong>er Störung beim<br />

Konsumenten sowie dessen<br />

Lasterhaftigkeit, Bedrohl<strong>ich</strong>keit,<br />

Gefährl<strong>ich</strong>keit = Definitionsmacht<br />

Eine Behandlungsbedürftigkeit/notwendigkeit<br />

= Handlungsmacht<br />

Die Notwendigkeit therapeutischer<br />

Interventionen = Steuerungsmacht mit<br />

<strong>ein</strong>er „Wir-wissen-<strong>was</strong>-gut-<strong>für</strong>-D<strong>ich</strong>-ist-<br />

Mentalität.“<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der traditionellen Drogenarbeit<br />

Die Beziehungen zwischen<br />

Sozialarbeiter u. Drogenkonsument<br />

Zugewandtes Helfen = Hierarchische Beziehung in Form <strong>ein</strong>er<br />

„Einbahnstraße“.<br />

Asymmetrisch = Entscheidung über Art u. Umfang der gewährten<br />

Hilfe bleibt bei Professionellen.<br />

Zurückweisen von Hilfe durch Betroffene wird n<strong>ich</strong>t akzeptiert =<br />

abge<strong>wer</strong>tet als „Unfähigkeit, Hilfe anzunehmen“.<br />

Demütigung sind strukturell angelegt = Dienst kann <strong>ein</strong>seitig<br />

entzogen <strong>wer</strong>den, verweist Betroffenen in demütigende Haltung u.<br />

Zwang zu Wohlverhalten.<br />

Distanz = Überlegenheit der Professionellen, wechselseitige<br />

Annäherung unterbleibt.<br />

Als bezahlte Dienstleistung abges<strong>ich</strong>ert = die Rolle ist institutionell,<br />

der Lebensunterhalt materiell, die Selbstverwirkl<strong>ich</strong>ung ideell<br />

ges<strong>ich</strong>ert.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

Das Überwinden des Missverhältnisses<br />

zwischen Hilfe- <strong>und</strong><br />

Unterstützungsbedürfnissen von<br />

Drogenkonsumenten <strong>und</strong> deren<br />

Inanspruchnahmeverhalten muss mit <strong>ein</strong>er<br />

Veränderung der<br />

<strong>Menschenbild</strong>er <strong>und</strong> Wahrnehmungsmuster<br />

zu Drogenkonsumierenden in der<br />

Drogenhilfe beginnen!!!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Leitideen moderner professioneller Sozialer Arbeit<br />

Wie haben s<strong>ich</strong> Leitfiguren des Denkens in der<br />

modernen Sozialarbeit allgem<strong>ein</strong> entwickelt?<br />

Positive Definition der Ressourcen (Salutogenese) statt<br />

Defizits<strong>ich</strong>t (Pathogenese).<br />

Die ganze Person, n<strong>ich</strong>t die <strong>ein</strong>zelne Funktion (Zersplitterung,<br />

kl<strong>ein</strong>e Beobachtungs<strong>ein</strong>heit, Reduktionismen) wahrnehmen.<br />

N<strong>ich</strong>t Reparatur-Mentalität, sondern Mitarbeit des Betroffenen<br />

initiieren.<br />

Beraten versus Anordnen.<br />

Persönl<strong>ich</strong>e Hilfe versus bürokratische Dienstleistung.<br />

Beachten ethischer Grenzen.<br />

Aus<strong>ein</strong>andersetzen mit u. Abwehren von Kontrollbedürfnissen der<br />

Gesellschaft.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Leitideen moderner professioneller Sozialer Arbeit<br />

Akzeptierende Drogenarbeit<br />

=<br />

Übernahme der<br />

Modernisierungen in der<br />

Sozialen Arbeit auch <strong>für</strong> das<br />

Drogenhilfesystem!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Leitideen akzeptierender Drogenarbeit<br />

Missverständnisse zu den Leitideen<br />

akzeptierender Drogenarbeit (I):<br />

Akzeptanz von Drogenkonsum, aber n<strong>ich</strong>t von Drogenproblemen<br />

oder problematischen Formen von Abhängigkeit/Sucht.<br />

Bedeutet n<strong>ich</strong>t Verz<strong>ich</strong>t auf Abstinenz = wird als selbstgewählte<br />

Form <strong>ein</strong>es Umgangs mit Drogenproblemen akzeptiert!<br />

Ist n<strong>ich</strong>t anforderungslos im Sinne, es würden k<strong>ein</strong>e<br />

Anforderungen an die Klienten gestellt, sondern Normalisierung,<br />

um Klientelisierung/Infantilisierung oder Übernahme von<br />

Opferhaltungen durch die Drogenkonsumenten zu vermeiden.<br />

Sie ist n<strong>ich</strong>t <strong>ein</strong>e Zurücknahme der Professionalität, im Sinne der<br />

Laisierung des Umgangs mit den Klienten <strong>und</strong> des Verflachens in<br />

den Alltagshandlungen, sondern das Entwickeln <strong>ein</strong>es<br />

eigenständigen Selbstverständnisses <strong>und</strong> Berufsbildes von<br />

Drogensozialarbeitern.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Leitideen akzeptierender Drogenarbeit<br />

Missverständnisse zu den Leitideen<br />

akzeptierender Drogenarbeit (II):<br />

Die Unterschiede zwischen den Lebenswelten von<br />

Professionellen <strong>und</strong> der Drogenkonsumenten <strong>wer</strong>den n<strong>ich</strong>t in<br />

Form von Gle<strong>ich</strong>macherei oder Verschmelzung geleugnet ,<br />

sondern klar benannt <strong>und</strong> bearbeitet = akzeptiert.<br />

Es wird n<strong>ich</strong>t re-agiert im Sinne <strong>ein</strong>es „Wünsche-Erfüllers“, der<br />

sofort <strong>und</strong> auf alle Wünsche <strong>ein</strong>geht, sondern es wird agiert, im<br />

Sinne von Aushandlungsprozessen beim Gewähren von Hilfe <strong>und</strong><br />

Unterstützung = Akzeptanz der Drogenkonsumenten als<br />

autonome, selbstverantwortl<strong>ich</strong>e Persönl<strong>ich</strong>keiten.<br />

Sie ist n<strong>ich</strong>t grenzenlos im Sinne der kritiklosen<br />

Übernahme/Aneignung des Fremden.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Akzeptierende Drogenarbeit: Gr<strong>und</strong>ideen<br />

Gr<strong>und</strong>ideen<br />

Normalisierend = Drogenprobleme <strong>wer</strong>den als ges<strong>und</strong>heitl<strong>ich</strong>e<br />

Probleme gesehen, n<strong>ich</strong>t als Stigma <strong>ein</strong>er Person.<br />

Akzeptierend = Integration u. zufriedenstellender<br />

Lebensstil auch ohne Abstinenzgebot mögl<strong>ich</strong>.<br />

Subjektorientiert = Drogenkonsumenten sind n<strong>ich</strong>t generell<br />

"behandlungsbedürftig" u. handlungsunfähig, sondern<br />

verfügen häufig noch über großes Repertoire an<br />

Selbststeuerungsfähigkeiten u. Verhaltensalternativen.<br />

Emanzipatorisch = das Selbstbestimmungsrecht der<br />

Konsumenten ist zu respektieren.<br />

Selbstgestaltung mit u. ohne Drogengebrauch<br />

statt Zwangskorrektur!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

„Besucher“<br />

„Nutzer“<br />

„K<strong>und</strong>en“<br />

„Süchtige“<br />

<strong>Menschenbild</strong>er in der Drogenarbeit<br />

Welche alternativen Begriffe zu "Klientel"<br />

gibt es gegenwärtig im Drogenhilfesystem?<br />

„Drogengebraucher“<br />

Immer sind mit diesen<br />

neuen Begriffen auch<br />

neue<br />

Missverständnisse<br />

verb<strong>und</strong>en!!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

Akzeptanz:<br />

Menschl<strong>ich</strong>e Gefährtenschaft = n<strong>ich</strong>t <strong>Du</strong>ldung, sondern<br />

Achtung.<br />

Eine den Mitmenschen annehmende, <strong>wer</strong>tschätzende Haltung,<br />

die dem Gegenüber Eigenwilligkeit <strong>und</strong> Eigenständigkeit<br />

zugesteht.<br />

Selbstverständl<strong>ich</strong>e, n<strong>ich</strong>t erst erbetene <strong>und</strong> erkämpfte<br />

Gle<strong>ich</strong>berechtigung.<br />

Das Fremde aus s<strong>ein</strong>em eigenen Wesen heraus <strong>ein</strong>fühlen <strong>und</strong><br />

vor diesen Bezugspunkten verstehen lernen.<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

Akzeptanz steht <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e<br />

Gr<strong>und</strong>haltung <strong>und</strong> den Bezug<br />

auf <strong>ein</strong> <strong>Menschenbild</strong>!!!<br />

Deshalb ist es irritierend von<br />

„akzeptanzorientierter Drogenarbeit“<br />

zu sprechen!!!<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

Seminardiskussion<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz<br />

Zu den Begriffen:<br />

Akzeptanz<br />

Toleranz<br />

Intoleranz<br />

Positive Toleranz<br />

Negative Toleranz<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch


Drogen-<br />

arbeit<br />

Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz in der Drogenarbeit<br />

Toleranz in der Drogenarbeit:<br />

Geist der zugewandten <strong>und</strong> helfenden <strong>Du</strong>ldsamkeit, der aus der<br />

ges<strong>ich</strong>erten Position der ungebrochenen Über<strong>ein</strong>stimmung mit<br />

der Dominanz-Kultur hervorgeht.<br />

Drogenkonsum wird mit dem Gestus der Überlegenheit <strong>und</strong><br />

aufgeklärten Humanität als Irrtum gestattet, zugebilligt <strong>und</strong><br />

beurteilt.<br />

Non-konformer Lebensstil wird mit Gelassenheit <strong>und</strong> der<br />

Überzeugung vom <strong>und</strong> der Orientierung auf „r<strong>ich</strong>tiges“ Leben<br />

begleitet.<br />

Überlegenheitsposition = k<strong>ein</strong>e Annäherung an das Fremde<br />

notwendig, eigene Positionen können konserviert <strong>wer</strong>den.<br />

Paternalistische Geste<br />

Prof. Dr. G<strong>und</strong>ula Barsch

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