Neuerungen im Insiderstrafrecht - Fidfinvest Treuhand, Zug
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<strong>Neuerungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Insiderstrafrecht</strong><br />
1. Ausgangslage<br />
1.1 Bisherige Rechtslage<br />
Art. 161 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) stellt das «Ausnützen der Kenntnis vertraulicher Tatsachen» bei Vorliegen best<strong>im</strong>mter<br />
Voraussetzungen unter Strafe.<br />
Erfasst sind nur best<strong>im</strong>mte Personen, wie z. B. Mitglieder des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung oder der Revisionsstelle. Diese «Insider»<br />
dürfen sich oder einem andern keinen Vermögensvorteil verschaffen, indem sie – vereinfacht ausgedrückt – die Kenntnis einer vertraulichen<br />
Tatsache, deren Bekanntwerden den Kurs von in der Schweiz börslich oder vorbörslich gehandelten Wertschriften, Bucheffekten oder Optionen<br />
der Gesellschaft in voraussehbarer Weise erheblich beeinflussen wird, ausnützen oder einem Dritten («Tippnehmer») zur Kenntnis bringen<br />
(Ziffer 1).<br />
Auch die Tippnehmer machen sich strafbar, wenn sie die ihnen mitgeteilte vertrauliche Tatsache zur Erlangung eines Vermögensvorteils<br />
ausnützen (Ziffer 2).<br />
1.2 Die kursrelevante Tatsache<br />
Die geltende Ziffer 3 von Art. 161 StGB schränkt den Begriff der kursrelevanten vertraulichen Tatsache ein und erwähnt namentlich nur die<br />
bevorstehende Emission neuer Beteiligungsrechte oder die Unternehmensverbindung (Fusion). Die zusätzliche Erwähnung «ähnlicher<br />
Sachverhalte von vergleichbarer Tragweite» <strong>im</strong> Gesetzestext ist gemäss der bundesgerichtlichen Praxis eng auszulegen.<br />
Demnach sind lediglich strukturelle Veränderungen einer Gesellschaft, wie z. B. Spaltungen, Mehrheitsübernahmen oder Sanierungen mittels<br />
Kapitalherabsetzung, erfasst. Bisher nicht als kursrelevant gelten beispielsweise bevorstehende Gewinnwarnungen.<br />
Das Bundesgericht sieht darin eine Strafbarkeitslücke, welche jedoch nicht durch eine grosszügige Interpretation von Ziffer 3 behoben werden<br />
könne. Eine solche Ausweitung kann nur der Gesetzgeber anordnen.<br />
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2. Verschärfung von Art. 161 StGB<br />
2.1 Hintergrund<br />
Ziffer 3 von Art. 161 StGB soll nun ersatzlos gestrichen werden. Ursprünglich bildete diese Änderung Teil einer umfassenden Vorlage des<br />
Bundesrats zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung, welche auf Empfehlungen einer Task Force, der sogenannten<br />
«Groupe d’action fi nancière sur la lutte contre le blanch<strong>im</strong>ent de capitaux» (GAFI) zurückgeht:<br />
Vor dem Hintergrund der internationalen Rechtsentwicklung sollten auch die beiden Börsendelikte Insiderhandel (Art. 161 StGB) und<br />
Kursmanipulation (Art. 161bis StGB) angepasst werden. Im <strong>Zug</strong>e aktueller Ereignisse (Stichworte: Fusion Swissfirst/Bank Bellevue, mögliche<br />
Insidergeschäfte bei Pensionskassen) löste der Bundesrat die Teilrevision der Insiderstrafnorm aus dem «GAFI-Massnahmenpaket» heraus und<br />
brachte sie vorzeitig zur Behandlung.<br />
2.2 Auswirkungen<br />
Durch die ersatzlose Streichung von Ziffer 3 wird das Verbot des Ausnützens vertraulicher Tatsachen auf sämtliche kursrelevanten Tatbestände<br />
ausgedehnt. Somit kommt es in erster Linie darauf an, ob die vertrauliche Tatsache geeignet ist, den Kurs der betreffenden Effekten in<br />
voraussehbarer Weise erheblich zu beeinflussen.<br />
Als solche kursrelevanten Tatsachen dürften, analog zur Ad-hoc-Publizitätsnorm der SWX Swiss Exchange (Art. 72 Kotierungsreglement), nebst<br />
erheblichen Änderungen in der Unternehmensstruktur auch Kaufangebote, aussergewöhnliche Gewinne oder Verluste, eine aussergewöhnliche<br />
Geschäftsentwicklung, die Einführung, der Rückzug oder Rückruf bedeutender Produkte, neue Vertriebspartner und auch wichtige personelle<br />
Änderungen in Schlüsselpositionen (z. B. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung) in Betracht kommen.<br />
Damit nähert sich die Schweiz der EG-Marktmissbrauchs- Richtlinie an. Sie folgt somit der angelsächsischen Betrachtungsweise, welche trotz<br />
der traditionell liberalen Marktordnung unter dem Schlagwort der «Good Corporate Governance» auf eine stärkere Pönalisierung unredlicher<br />
Verhaltensweisen von Marktteilnehmern tendiert.<br />
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3. Bemerkungen<br />
Die Insiderstrafnorm bezweckt zum einen den Schutz des schweizerischen Kapitalmarktes bzw. das Vertrauen der Anleger und deren<br />
Chancengleichheit (System- und Individualschutz). <strong>Zug</strong>leich werden aber auch die Treue- und Loyalitätspflichten der «Insider » – z. B.<br />
Verwaltungsratsmitglieder und Geschäftsführer – gegenüber ihrem Unternehmen geschützt (Schutz der Treuepflicht).<br />
Dies wird sich auch mit der Teilrevision des Insiderartikels nicht ändern: Da der objektive Tatbestand nach wie vor einen Verstoss gegen die<br />
Treuepflicht des Insiders gegenüber seinem Unternehmen voraussetzt, wird weiterhin der Grundsatz gelten: «Ohne Vertrauensmissbrauch kein<br />
Insiderdelikt» oder, mit anderen Worten: «Niemand kann sein eigener Insider sein.»<br />
Erwirbt also ein Unternehmen <strong>im</strong> Vorfeld einer geplanten Transaktion eigene Aktien, so fällt dies weiterhin nicht unter Art. 161 StGB. Fälle wie<br />
der Aktienrückkauf der Swissfirst <strong>im</strong> Vorfeld der Fusion mit der Bank Bellevue werden also auch in Zukunft nicht vom Insiderartikel erfasst sein.<br />
4. Weitere Revisionsbestrebungen<br />
Gleichzeitig mit der Zust<strong>im</strong>mung zur Streichung der Ziffer 3 von Art. 161 StGB überwies der Nationalrat <strong>im</strong> März 2008 eine ständerätliche<br />
Motion zur Totalrevision des <strong>Insiderstrafrecht</strong>s. Mit der Motion «Wicki» wird unter anderem verlangt, vor dem Hintergrund der globalisierten<br />
Finanzmärkte die Beschränkung auf in der Schweiz kotierte Papiere fallen zu lassen, den Täterkreis besser zu definieren und die Thematik des<br />
Tippnehmers neu zu regeln. Zudem soll eine Kursmanipulation (Art. 161bis StGB) nicht nur bei Scheingeschäften, sondern auch bei «echten»<br />
Transaktionen strafbar sein.<br />
Diese Motion gab den Ausschlag dafür, dass der Bundesrat <strong>im</strong> Herbst 2007 eine Expertenkommission einsetzte, die aus Vertretern von Banken,<br />
Versicherungen, Pensionskassen und der Börse besteht. Die Expertenkommission soll die Regulierung <strong>im</strong> Bereich der Börsendelikte und des<br />
Marktmissbrauchs generell überprüfen, einen etwaigen Handlungsbedarf orten und gegebenenfalls Vorschläge unterbreiten. Die<br />
Expertenkommission dürfte dem Eidgenössischen Finanzdepartement <strong>im</strong> Herbst 2008 einen ersten Bericht zuhanden des Bundesrates<br />
unterbreiten.<br />
Ausserdem ist <strong>im</strong> Rahmen des unter Ziffer 2.1 hiervor erwähnten GAFI-Massnahmenpakets geplant, angesichts der internationalen<br />
Rechtsentwicklung – nebst verschiedenen anderen Massnahmen – die beiden Börsendelikte Insiderhandel und Kursmanipulation von Vergehen<br />
zu Verbrechen heraufzustufen und somit als Vortat zur Geldwäscherei auszugestalten.<br />
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