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Stellungnahme - Freilaufkaninchen.de

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Verena Stiess, Sonnenrain 37, 72290 Loßburg<br />

An<br />

Frau Dr. Nicole Schertl<br />

Bun<strong>de</strong>sministerium für Ernährung, Landwirtschaft<br />

und Verbraucherschutz<br />

Rochusstr. 1<br />

53123 Bonn<br />

<strong>Stellungnahme</strong><br />

zum<br />

Entwurf <strong>de</strong>r Fünften Verordnung zur Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Tierschutz-<br />

Loßburg, <strong>de</strong>r 20.04.2012<br />

Nutztierhaltungsverordnung für Min<strong>de</strong>sthaltungsanfor<strong>de</strong>rungen an die Haltung von<br />

Kaninchen zu Erwerbszwecken <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sministeriums für Ernährung,<br />

Allgemeine Bemerkungen<br />

Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

Die vorgeschlagenen Regelungen versuchen, <strong>de</strong>n unterschiedlichen Interessen recht<br />

different motivierter Tierhalter als auch <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>ren Eigenarten <strong>de</strong>r Spezies<br />

Kaninchen gerecht zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Verhältnis zu an<strong>de</strong>ren Nutztierarten liegen wissenschaftliche Erkenntnisse über<br />

artgerechte Kaninchenhaltung minimal vor. Die analoge Heranziehung bewährter<br />

Haltungsmo<strong>de</strong>lle, z.B. von Schweinen, eignet sich prinzipiell nicht. Zum Beispiel ist die<br />

Intellektstruktur von Schweinen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Menschen näher, als <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Kaninchen.<br />

Schweine prägen und gestalten ihre Umwelt, leben unter natürlichen Bedingungen in<br />

Rotten, sind wan<strong>de</strong>rfreudig und durchaus wehrhaft, selbst größeren Tieren gegenüber.<br />

Kaninchen dagegen sind vom Überlebensprinzip her als möglichst unauffällige Aussitzer<br />

von Gefahrensituationen Revier gebun<strong>de</strong>ne Flucht- und Beobachtungstiere in<br />

Kombination mit einem ursprünglichen reaktiven Instinktverhalten. Kaninchen sind<br />

Familiengruppen-, als auch Einzeltiere. Kaninchen dienen in <strong>de</strong>r Nahrungskette vor<br />

allem als Beutetier, <strong>de</strong>ren Sozialgefüge im Selektionsdruck auf einer hohen<br />

Jungtiersterblichkeit und einer kontinuierlichen Abwan<strong>de</strong>rungsmöglichkeit auch zur<br />

1


Lösung innerartlicher Konflikte beruht. All dies gestaltet eine halbwegs artgerechte<br />

Haltung unter industriellen Prämissen nach wie vor äußerst schwierig bis unmöglich 1 .<br />

Bei hobbymäßiger Mast und Zucht basiert Kaninchenhaltung größtenteils in<br />

Bequemlichkeit begrün<strong>de</strong>ter Tradition unter Verdrängung moralischer und Tierschutz<br />

relevanter Aspekte.<br />

Kaninchenfleisch aus gewerblicher Massenproduktion ist bislang ein Nischenprodukt<br />

ohne wesentlichen wirtschaftlichen Stellenwert. Ist <strong>de</strong>m Verbraucher aufgefallen, als<br />

solcherart Kaninchenfleisch auf Druck von Tierschutzorganisationen über lange Zeit<br />

komplett aus <strong>de</strong>n Frischetheken und Tiefkühltruhen fast aller Supermärkte verschwand?<br />

Was wäre <strong>de</strong>mgegenüber geschehen, wenn kein Hühner- o<strong>de</strong>r Schweinefleisch in <strong>de</strong>n<br />

Lä<strong>de</strong>n mehr angeboten wor<strong>de</strong>n wäre?<br />

Die Art und Weise <strong>de</strong>r industriellen Haltung von Kaninchen zur Fleischgewinnung nagt<br />

seit vielen Jahren an <strong>de</strong>n Seelen empfindsamer Menschen. Metallroste, technisch<br />

bearbeitetes (Medizinal-) Futter, die artspezifische Lebensäußerung einschränken<strong>de</strong>n<br />

Kleinstkäfige in dunklen Hallen / Schuppen, etc. wer<strong>de</strong>n von weiten Teilen <strong>de</strong>r bewusst<br />

wahrnehmen<strong>de</strong>n Bevölkerung nicht toleriert. Nachgefragt wird in beson<strong>de</strong>rs wachsen<strong>de</strong>m<br />

Maß Bio-Kaninchenfleisch, also artgemäßes Naturfutter, Freilauf in <strong>de</strong>r Gruppe,<br />

Bo<strong>de</strong>nhaltung mit Auslauf vor allem auch im Freien.<br />

Vor diesem Hintergrund wur<strong>de</strong> im Vorfeld <strong>de</strong>s VO-Entwurfs ein Jahr lang Praxis nahes<br />

Expertenwissen aus kleinbäuerlicher Perspektive im Auftrag <strong>de</strong>s BMELV 2 erhoben. Der<br />

ausführliche Endbericht wur<strong>de</strong> am 17.01.2011 <strong>de</strong>r interessierten Fachöffentlichkeit,<br />

darunter auch gewerbliche Großmäster bzw. –züchter zugeleitet.<br />

Spezielle Bemerkungen zu …<br />

E2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft<br />

Nach Expertenschätzung erfolgt <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r Kaninchenfleischerzeugung und<br />

(Direkt-)Vermarktung im Bereich <strong>de</strong>r Hobbyhaltung und <strong>de</strong>r organisierten Rassezucht 3 .<br />

Es trägt also wesentlich zur Rechtssicherheit bei, wenn <strong>de</strong>r Verordnungsgeber hier eine<br />

Abgrenzung festlegt. Eine Anlage mit 25 Zucht- bzw. 50 Masttieren kann man in <strong>de</strong>r Tat<br />

1 Tierschutzprobleme in <strong>de</strong>r Kaninchenhaltung von Dr. med. vet. habil. Bodo Busch, Beitrag zur 10. Fachtagung<br />

Ethologie und Tierschutz <strong>de</strong>r Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft im April 2007 <strong>de</strong>r Tierärztlichen<br />

Vereinigung für Tierschutz (TVT)<br />

Einfluss unterschiedlicher Haltungsverfahren auf das Verhalten von Versuchs- und Fleischkaninchen von Prof.<br />

Dr. Loeffler, Dr. Birgit Drescher und Gesine SCHULZE, Institut für Tiermedizin und Tierhygiene <strong>de</strong>r<br />

Universität Hohenheim, 1. Mitteilung, Tierärztlichen Umschau 46/91, S. 471 - 478<br />

2 Wissenschaftliches Erhebungsprojekt Bio-Kaninchenhaltung in Deutschland – <strong>de</strong>rzeitige Situation und Stand<br />

<strong>de</strong>s Wissens (2009-2010) durchgeführt von <strong>de</strong>r Stiftung für Ökologie und Landwirtschaft<br />

3 schriftlicher Bericht zur Kaninchenhaltung in Deutschland von Dr. Peter Paziorek, BMELV (2007)<br />

2


nicht mehr als „Hobby“ bezeichnen. Bereits bei <strong>de</strong>r Haltung von 10 Zuchthäsinnen, die<br />

zwei Mal pro Jahr werfen, sind durchschnittlich 4 5 mit ca. 100 Jungtieren zu rechnen. Die<br />

Versorgung und Verwertung von 100 großen Kaninchen bedarf<br />

landwirtschaftsbetrieblicher Überlegungen sowie auch beson<strong>de</strong>rer<br />

Haltungseinrichtungen. Dabei sei am Ran<strong>de</strong> bemerkt, dass nach § 13 EStG von einer<br />

einkommenssteuerpflichtigen Tierhaltung o<strong>de</strong>r -zucht immer dann auszugehen ist, wenn<br />

<strong>de</strong>r Tierbestand im Verhältnis zur genutzten (bzw. zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n)<br />

landwirtschaftlichen Fläche bestimmte Größenordnungen nachhaltig übersteigt, so dass<br />

z.B. Futtermittel zugekauft o<strong>de</strong>r eine Fäkalienentsorgung betrieben wer<strong>de</strong>n muss. Für die<br />

Gewerblichkeit einer Tierhaltung kann aber nicht nur die (Nutz-) Tieranzahl an sich<br />

sprechen, son<strong>de</strong>rn auch die mit <strong>de</strong>r Tiervermehrung o<strong>de</strong>r Zucht verbun<strong>de</strong>ne<br />

Gewinnerzielungsabsicht in Verbindung mit <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Verwertung <strong>de</strong>r leben<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

toten Tiere bzw. Teile davon – unabhängig vom tatsächlich erzielten wirtschaftlichen<br />

Erfolg o<strong>de</strong>r einer Gewerbeanmeldung. Kaninchen wer<strong>de</strong>n schließlich nicht nur als<br />

Fleisch für Menschen und Tiere verkauft, son<strong>de</strong>rn auch als Zuchtexemplar sowie für <strong>de</strong>n<br />

Heimtiergebrauch.<br />

Artikel 1, Abschnitt 6<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen an das Halten von Kaninchen<br />

§ 32<br />

Allgemeinen Anfor<strong>de</strong>rungen an die Haltungseinrichtungen<br />

Die in § 32 formulierten Allgemeinen Anfor<strong>de</strong>rungen an die Haltungseinrichtungen<br />

basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen 6 und aktuellen Erfahrungswerten aus<br />

Mast, Zucht und Haltung.<br />

§ 32(2) 2<br />

Gemäß § 32(2) 2 soll isoliert gehaltenen Kaninchen Sichtkontakt zu Artgenossen gewährt<br />

wer<strong>de</strong>n. Für junge, heranwachsen<strong>de</strong> Kaninchen ist das Sehen, Hören und Riechen ihrer<br />

vertrauten Gruppe o<strong>de</strong>r notfalls irgen<strong>de</strong>ines Artgenossen immer positiv. Auch für die<br />

meisten erwachsenen Kaninchen ist es ein Zugewinn, während <strong>de</strong>r physischen Isolation<br />

noch irgen<strong>de</strong>in Kontakt zur eigenen Art zu vernehmen. Dies muss aber nicht immer so<br />

sein: Sich zu sehen und zu riechen und doch nicht körperlich austauschen zu können,<br />

kann bei Kaninchen auch Dauerstress erzeugen, und dies nicht nur zwischen<br />

gleichgeschlechtlichen rivalisieren<strong>de</strong>n Tieren. Selbst heranwachsen<strong>de</strong> Kaninchen, einmal<br />

für ein paar Tage getrennt, wer<strong>de</strong>n zu Frem<strong>de</strong>n und vertragen sich dann erst einmal nicht<br />

mehr. Erfahrungswerte aus <strong>de</strong>r Heimtierkaninchenhaltung zeigen, dass sogar zwei<br />

4 erfor<strong>de</strong>rliche Sachkenntnis und Mortalitätsrate mit einbezogen<br />

5 siehe Verluste beim Absetzen von Jungtieren vermei<strong>de</strong>n von Dr. Manfred Golze, Kaninchenzeitung 08/2012<br />

6 Anfor<strong>de</strong>rungen an eine tiergerechte Haltung von Zucht- und Mastkaninchen von Dr. med. vet. Birgit Drescher,<br />

DVG-Tagungsband <strong>de</strong>r Tagung <strong>de</strong>r Fachgruppe Tierschutzrecht und gerichtliche Tiermedizin, S. 131 – 136,<br />

1995<br />

3


verträgliche, gemischtgeschlechtliche Kaninchen durch eine räumliche Trennung ( mit<br />

Sichtkontakt) zu erbitterten Fein<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können. Wer<strong>de</strong>n Kaninchen getrennt und<br />

länger 7 voneinan<strong>de</strong>r isoliert gehalten, wird die Reintegration in die Gruppe schwierig,<br />

was mitunter dann zu schweren Verletzungen durch Rangordnungskämpfe führt. Sanfte<br />

Vergesellschaftungen, bei <strong>de</strong>nen sich die Tiere Stück für Stück langsam annähern<br />

können, bedürfen viel Zeit 8 und Freiraum, was in kommerziellen Haltungen beim besten<br />

Willen nicht vorhan<strong>de</strong>n ist. Wissenschaftliche Kaninchenversuche von Prof. Dr. Holst<br />

zeigten die Problematik noch <strong>de</strong>utlicher: Der Stressforscher ließ zwei Kaninchenrammler<br />

gegeneinan<strong>de</strong>r kämpfen und setzte danach das unterlegene Tier in einen Käfig mit großer<br />

und bester Futterauswahl, in welchen jedoch permanent <strong>de</strong>r Geruch <strong>de</strong>s Rivalen<br />

eingeleitet wur<strong>de</strong>. Innerhalb kürzester Zeit verstarb <strong>de</strong>r unterlegene Rammler ohne<br />

ersichtlichen Krankenbefund in seinem „gol<strong>de</strong>nen“ Käfig!<br />

§ 32 (3) 1<br />

Es sollte <strong>de</strong>utlicher herausgearbeitet wer<strong>de</strong>n, dass § 32 (3) 1 im Rahmen <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Tierschutzziele <strong>de</strong>s § 1 TschG die Haltung von Kaninchen auf Metallgitterbö<strong>de</strong>n<br />

verbietet (nicht bei Zuchttieren). Es wur<strong>de</strong> mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen,<br />

dass Aufstallen auf Drahtgitter wun<strong>de</strong> (Hinter-) Läufe verursacht 9 . Durch <strong>de</strong>n schlechten<br />

Auftritt wird die Bewegung <strong>de</strong>r Tiere stark eingeschränkt. Eine Verpflichtung zur<br />

Einlage von Kunststoffpads in tierschutzgesetzeswidrige Metallgitterkäfige stellt eine<br />

vorübergehen<strong>de</strong> Notlösung dar, im Interesse <strong>de</strong>r Industrie.<br />

§ 32(3) 2<br />

Nach § 32(3) 2 darf Spalten- o<strong>de</strong>r Lochbo<strong>de</strong>n 10 verlegt wer<strong>de</strong>n. Auf erhöhten Ebenen, im<br />

Jungenschlupfbereich bzw. auf allen Rückzugs- und Ruheflächen sollten keine<br />

perforierten Bö<strong>de</strong>n eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Effektiv kann <strong>de</strong>r Einsatz von Rostenbö<strong>de</strong>n auf<br />

Flächen sein, wo sich Kaninchen viel versäubern, z.B. am Fressplatz o<strong>de</strong>r im gesamten<br />

Bo<strong>de</strong>nbereich von Mastgruppen, soweit das Spaltenbo<strong>de</strong>n-Prinzip 11 auch tatsächlich<br />

funktioniert.<br />

An <strong>de</strong>r Universität Hohenheim 12 wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n 90iger Jahren sechs han<strong>de</strong>lsübliche<br />

Spaltenbö<strong>de</strong>n für Mastkaninchen getestet. Die Versuche ergaben u.a., dass sich die<br />

7<br />

länger als drei Tage z.T. schon ausreichend<br />

8<br />

mitunter Wochen und Monate<br />

9<br />

Podo<strong>de</strong>rmatitis ulcerosa in the Rabbit by Dr. Birgit Drescher and Ingrid Schlen<strong>de</strong>r-Böbbis in Veterinary Digest<br />

3/1996, page 18 - 19<br />

10<br />

auch Kunststoff-Rostenbo<strong>de</strong>n genannt<br />

11<br />

Spaltenbo<strong>de</strong>nhaltung ist für Bio-Betriebe nicht erlaubt. Bei <strong>de</strong>r konventionellen Bullen- o<strong>de</strong>r Schweinemast<br />

muss <strong>de</strong>r Tierbestand innerhalb <strong>de</strong>r Boxen so hoch sein, dass die Tiere dicht an dicht stehen und kaum ein Platz<br />

zum Liegen frei bleibt, ansonsten funktioniert das Durchtreten <strong>de</strong>s Kots nicht.<br />

12<br />

Spaltenbö<strong>de</strong>n für Mastkaninchen im Test von Dr. Birgit Drescher und Dipl. Ing. agr. Astrid Günzel, Institut<br />

für Tiermedizin und Tierhygiene <strong>de</strong>r Universität Hohenheim – DGS Magazin 12/1993 und Zuchtkaninchen in<br />

Gruppen auf Spaltenbo<strong>de</strong>n gehalten von Dr. Birgit Drescher, Fachzeitschrift Kaninchen 05/94<br />

4


Kaninchen auf Bö<strong>de</strong>n mit möglichst ebener Auftrittsfläche und einer möglichst geringen<br />

Spaltenbreite am wohlsten fühlten 13 .<br />

Für die Selbstreinigung von Kaninchen-Lochbö<strong>de</strong>n 14 ist zum Glück die Besatzdichte<br />

weniger entschei<strong>de</strong>nd. Durch eine wellenförmige Oberfläche kullern die Köttel sofort<br />

hinein, auch Urin kann sich nicht stauen, da <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n an keiner Stelle ebene Flächen<br />

(also Stege) aufweist. Insofern sehen wir keinerlei Wi<strong>de</strong>rspruch zwischen <strong>de</strong>n<br />

Zielsetzungen von § 32(2)1 und § 32(3) 2.<br />

§ 32(4)<br />

Die in § 32(4) beschriebene erhöhte Ebene wur<strong>de</strong> bereits in vielen Käfigen eingebaut.<br />

Die erhöhten Flächen haben sich in <strong>de</strong>n letzten Jahren bei allen Formen <strong>de</strong>r Käfighaltung<br />

bewährt. Durch die Liegebretter entsteht nicht nur mehr Flächen- und Bewegungsangebot<br />

auf gleicher Bo<strong>de</strong>nfläche, son<strong>de</strong>rn das Po<strong>de</strong>st kann notdürftig auch <strong>de</strong>m Rückzug dienen.<br />

Die Bo<strong>de</strong>nfläche <strong>de</strong>r erhöhten Ebene muss eigentlich gar nicht perforiert sein, <strong>de</strong>nn die<br />

Praxis hat gezeigt, dass solche Ruhe-, Aussichtsplätze sauber und trocken bleiben.<br />

§ 32(5) (6)<br />

Kaninchen sind für Atemwegserkrankungen wesentlich anfälliger als an<strong>de</strong>re Nutztiere. In<br />

Deutschland wur<strong>de</strong>n mangels rechtsverbindlicher Vorgaben sogar Anlagen ohne Fenster<br />

und ohne ausreichen<strong>de</strong> Entlüftung in Betrieb genommen. Ein niedrigerer Ammoniak-,<br />

Kohlendioxid-Gehalt kann bei <strong>de</strong>r hier skizzierten Bo<strong>de</strong>nhaltung auf <strong>de</strong>n höher<br />

gelegenen Ruhe-, Liege- bzw. Nestplätzen erreicht wer<strong>de</strong>n. Am Bo<strong>de</strong>n an sich wird bei<br />

je<strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nhaltung in geschlossenen Räumen mehr o<strong>de</strong>r weniger Fäkaliengeruch<br />

entstehen, je nach <strong>de</strong>m wie oft <strong>de</strong>r Halter nachstreut, ausmistet o<strong>de</strong>r für kontinuierlichen<br />

Wegtransport auf technischem Weg sorgt. Die Verpflichtung gem. § 32(5) (6) scheint in<br />

industriellen Anlagen (mit Entsorgungsband, Entlüftung) in <strong>de</strong>r vorgeschlagenen Form<br />

leichter zu erfüllen als z.B. in vielen Buchten, Ställen o<strong>de</strong>r Heimtierkäfigen.<br />

§ 33<br />

Beson<strong>de</strong>re Anfor<strong>de</strong>rungen an Haltungseinrichtungen für Mastkaninchen<br />

§ 33 (2)<br />

Nach dieser Regelung dürfen vier heranwachsen<strong>de</strong> Tiere auf 6000 Quadratzentimetern<br />

gehalten wer<strong>de</strong>n. In einem solchen Fall bleibt kaum mehr Lebensraum für das einzelne<br />

Tier, je größer die Kaninchen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>sto enger wird es. Eine Regelung nach Gewicht<br />

pro m² Stallfläche, wie bei <strong>de</strong>r Geflügelmast, erscheint auch nicht passend. Eventuell<br />

könnte man eine Min<strong>de</strong>sttieranzahl (ein Dutzend?) bei dieser Form <strong>de</strong>r Gruppenhaltung<br />

13 Spaltenbö<strong>de</strong>n mit geringerer Lochbreite wur<strong>de</strong>n nicht getestet<br />

14 Weitere Informationen auf Anfrage<br />

5


vorgeben. Das könnte jedoch wie<strong>de</strong>rum die Sterblichkeit erhöhen, <strong>de</strong>nn Jungtiere aus<br />

unterschiedlichen Würfen sind zusammen gehalten anfälliger für Stress und Krankheiten.<br />

§ 33 (3)<br />

Aus <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>n-Mastgruppenhaltung in <strong>de</strong>r Schweiz wissen wir, dass Verletzungen durch<br />

innerartliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen gegen En<strong>de</strong> einer Mastphase zu befürchten sind.<br />

§ 33 (3) schlägt vor, durch entsprechen<strong>de</strong> Strukturierung ohne Sackgassen ein Umfeld zu<br />

schaffen, in welchem ein Tier <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren aus <strong>de</strong>m Weg bzw. „aus <strong>de</strong>n Augen“ hoppeln<br />

kann. Erkenntnisse aus <strong>de</strong>r Biokaninchenhaltung 15 16 haben jedoch gezeigt, dass erhöhte<br />

Ebenen, Höhlensurrogate und Versteckmöglichkeiten gestressten Kaninchen zwar<br />

zeitweise Ruhe verschaffen und gemoppte Tiere z.B. durch Sprung in die Höhe auf ein<br />

Po<strong>de</strong>st o<strong>de</strong>r in ein Sicht geschütztes Versteck ansatzweise ihren Fluchtinstinkt umsetzen,<br />

für <strong>de</strong>n Moment einem Artgenossen ausweichen können. Ob durch allerart<br />

Strukturierung in einem Stall, einer Buchte o<strong>de</strong>r einem größeren Gehege die Eskalation<br />

eines Konflikts zwischen rivalisieren<strong>de</strong>n Tieren vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann, ist fraglich.<br />

Denn selbst in Freilandhaltung 17 o<strong>de</strong>r großzügiger Stallhaltung mit Auslauf ins Freie<br />

verfolgen sich pubertieren<strong>de</strong> gleichgeschlechtliche Kaninchen über weite Strecken,<br />

immer wie<strong>de</strong>r, und kämpfen dabei bis aufs Blut.<br />

§ 33 (3)<br />

Es ist zu prüfen, ob diese Regelung praktikabel und sinnig ist, <strong>de</strong>nn die Gruppen bei<br />

Mastkaninchen umfassen nicht selten 40 o<strong>de</strong>r auch 70 Tiere. Aus praktischer<br />

Beobachtung gibt es bei kontinuierlicher Wasserversorgung keinerlei Konflikte an <strong>de</strong>n<br />

Tränkestellen.<br />

§ 34<br />

Beson<strong>de</strong>re Anfor<strong>de</strong>rungen an Haltungseinrichtungen für Zuchtkaninchen<br />

§ 34 (4)<br />

Es erscheint uns ehrlich, bei <strong>de</strong>r Berechnung <strong>de</strong>s Min<strong>de</strong>stplatzangebots gemäß § 34 (4)<br />

die Nestkammer getrennt von <strong>de</strong>r zur Verfügung stehen<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>nfläche zu sehen, da<br />

keine Häsin <strong>de</strong>n Nestraum zweckentfrem<strong>de</strong>t nutzen sollte.<br />

15 Bo<strong>de</strong>n-Gruppen-Haltung von Mastkaninchen – eine tiergerechte Alternative zum Käfig von Frau Dr. Birgit<br />

Drescher, Institut für Tiermedizin und Tierhygiene <strong>de</strong>r Universität Hohenheim, in <strong>de</strong>r Fachzeitschrift Kaninchen<br />

11/93, S. 12,13<br />

16 Grundlagen <strong>de</strong>r Bio-Kaninchenhaltung von Susanne Mergili im Rahmen <strong>de</strong>s Seminars Neue Wege in <strong>de</strong>r<br />

Tierhaltung – Bio-Kaninchenhaltung am 29.05.2008 in Fulda, veranstaltet von <strong>de</strong>r Stiftung für Ökologie und<br />

Umweltschutz (SÖL)<br />

17 Dokumentation <strong>de</strong>s Projekts „Kaninchen ins Freiland“ von Hans-Georg Kessler für kagfreiland, die<br />

schweizerische Nutztierschutzorganisation, Mai 2007<br />

6


Die Tierart gerechte Jungenaufzucht erfor<strong>de</strong>rt bei Kaninchen einerseits freien Zugang <strong>de</strong>r<br />

Mutter zum Nest, an<strong>de</strong>rerseits muss die Haltungseinrichtung so beschaffen sein, dass die<br />

Häsin vom Nest und dann auch von <strong>de</strong>n flügge wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Saugern möglichst weit<br />

Abstand nehmen kann. In freier Natur verschließt die Häsin ihre Satzröhre immer wie<strong>de</strong>r,<br />

besucht die Nesthocker innerhalb <strong>de</strong>r ersten 14 Tage nur alle 24 Stun<strong>de</strong>n für wenige<br />

Minuten. Es ist unstrittig: die Nestlinge sollen (aus Häsinnen-Empfin<strong>de</strong>n) unent<strong>de</strong>ckt<br />

bleiben, es warm haben und nicht zu früh herauskrabbeln o<strong>de</strong>r unbeabsichtigt<br />

herausgeschleppt wer<strong>de</strong>n. Hauskaninchenhäsinnen verhalten sich immer noch so wie ihre<br />

wil<strong>de</strong>n Vorfahren 18 . Eine Zugangsvorrichtung, eine Schwelle und die Verdunkelung <strong>de</strong>r<br />

Nestkammer haben sich in <strong>de</strong>r Praxis bewährt. Wie das im Einzelnen am besten realisiert<br />

wird, sollte <strong>de</strong>r Züchter vor Ort entschei<strong>de</strong>n. Bil<strong>de</strong>r und Skizzen bewährter<br />

Praxisbeispiele wären hilfreich.<br />

§ 34 (6)<br />

Sicherlich muss <strong>de</strong>m höheren Wasserbedarf <strong>de</strong>r Häsin während <strong>de</strong>r Säugezeit gerecht<br />

wer<strong>de</strong>n, aber ob diese Regelung in <strong>de</strong>r Gruppenhaltung von Häsinnen notwendig bzw.<br />

praktikabel ist, erscheint fraglich. Praktischen Beobachtungen zu Folge gibt es keinerlei<br />

Konflikte an <strong>de</strong>n Tränkestellen, auch nicht bei einer Gruppengröße von 6 Zuchthäsinnen<br />

mit Jungtieren.<br />

§ 35<br />

Allgemeine Anfor<strong>de</strong>rungen an das Halten von Kaninchen<br />

§ 35(1) 1<br />

Es sollte näher erläutert wer<strong>de</strong>n, welche Hölzer für Kaninchen „geeignet“ sind, z.B.<br />

durch <strong>de</strong>n Zusatz „ frische Zweige von Wei<strong>de</strong>, Haselnuss, Buche, Kiefer, Tanne, etc. mit<br />

Rin<strong>de</strong>“.<br />

Wildkaninchen sowie im Freiland gehaltene Hauskaninchen zeigen uns, dass sie einen<br />

Großteil ihrer Zeit mit <strong>de</strong>r Nahrungssuche und <strong>de</strong>r Futterselektion verbringen. Außerhalb<br />

<strong>de</strong>r Vegetationsphase beknabbern Kaninchen gerne Teile von bestimmten Büschen,<br />

Laub- und Na<strong>de</strong>lbäumen 19 . Hierbei haben es die Nager vor allem auf Triebe, junge, noch<br />

weiche Na<strong>de</strong>ln, soweit noch schmackhaft auch Laub sowie auf die Rin<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Pflanzen<br />

abgesehen. Die abgestorbene, äußere Rin<strong>de</strong>nschicht (Borke) lösen (Wild) Kaninchen<br />

aber nur ab, um an die darunter liegen<strong>de</strong>, nährstoffreiche, Wasser leiten<strong>de</strong>, helle<br />

Cambiumschicht zu gelangen. Trotz allem bleiben Gehölze eine Art „Notnahrung“,<br />

solange kein frisches Wiesengrün o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re (Frisch-)Kost zur Verfügung steht.<br />

Ausgetrocknete Hölzer sind für Kaninchen uninteressant. Mast- und Zuchtkaninchen<br />

haben meist keine Futterwahl, zu<strong>de</strong>m kaum Beschäftigung o<strong>de</strong>r sonstige Anregungen.<br />

18 Was kann <strong>de</strong>r Züchter von <strong>de</strong>n Wildkaninchen lernen? von Dr. med. vet. habil. Bodo Busch,<br />

Kaninchenzeitung 01/2009, Oertel & Spörer Verlag<br />

19 nähere Informationen auf Anfrage<br />

7


Wenn Hauskaninchen han<strong>de</strong>lsübliche, brottrockene Hölzer bzw. Holzteile in o<strong>de</strong>r an<br />

ihren Ställen benagen, ist dies eher Indiz für Unterbeschäftigung in Form von<br />

stereotypischem Verhalten. Die aktuelle wissenschaftliche Arbeit von Caroline Lang 20<br />

bestätigt, dass z.B. trockene Fichtenhölzer innerhalb von Mast- und Zuchtkäfigen von<br />

<strong>de</strong>n Insassen als „Knabberspaß“ kaum Beachtung fan<strong>de</strong>n.<br />

Aus gesundheitlicher Sicht ist das Anbieten von Heu, Stroh und frischen Zweigen<br />

unserer Meinung nach begrüßenswert. Für die Befürchtungen seitens <strong>de</strong>r Lobby <strong>de</strong>r<br />

Kaninchenmastindustrie, dass durch grob strukturiertes Naturfutter anscheinend das<br />

Risiko <strong>de</strong>r Einschleppung von Kokzidien und RHD erhöht wür<strong>de</strong>, existieren keine<br />

belastbaren Fakten. Virusnerkrankungen wie Myxomatose und RHD wer<strong>de</strong>n durch<br />

stechen<strong>de</strong> und blutsaugen<strong>de</strong> Insekten übertragen. Versuche zur Einführung <strong>de</strong>r<br />

Myxomatose in England und Australien schlugen z. B. anfangs fehl, weil die Überträger<br />

<strong>de</strong>r Krankheiten wie Mücken und Flöhe in <strong>de</strong>n jeweiligen Gebieten fehlten 21, 22 . Fast alle<br />

Kaninchen tragen Kokzidien in sich, das zeigt auch die Untersuchungen von Lang 23 .<br />

Deren krankhafte Vermehrung wird u.a. erst durch Stress, ein schlechtes Immunsystem<br />

o<strong>de</strong>r ungeeignetes Futter geför<strong>de</strong>rt. Beschäftigungsintensives Naturfutter (Heu, Stroh,<br />

Geäst) baut Stress ab. Die in <strong>de</strong>r Mast und Zucht vielfach verfütterten Pellets bestehen<br />

übrigens auch aus natürlichen Futterbestandteilen, welche lei<strong>de</strong>r klein gemahlen sind,<br />

was die eigentliche Ursache von Darmerkrankungen ist. 24 Insofern müsste die<br />

Futtermittelindustrie ebenfalls <strong>de</strong>n Nachweis erbringen, dass ihre Futtermittel frei von<br />

Krankheitserregern sind. Unter <strong>de</strong>r Leitung von Prof. Hoy wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>rzeit gepresste<br />

Futterblöcke aus Raufutter getestet, für die dann die gleichen Be<strong>de</strong>nken gelten müssten.<br />

Das Angebot von strukturiertem Raufutter wird im Übrigen auch von <strong>de</strong>r WSRA<br />

befürwortet 25 .<br />

§ 35(1) 2<br />

Das Gebot <strong>de</strong>r Gruppenhaltung in § 35(1) 2 halten wir für einen geeigneten<br />

Lösungsansatz. Kaninchen sind in erster Linie Gruppentiere mit einem ausgeprägten<br />

Sozialverhalten und in ihrer gesamten, bewegungsfreudigen Aktivität stark von <strong>de</strong>r<br />

20 unter Leitung von Prof. Steffen Hoy (Universitär Gießen), 2009<br />

21 Lockley, R. M. (1973): The private life of the rabbit: an account of the life history and social behaviour of the<br />

wild rabbit. London: Corgi Books. ISBN 0-552-09212-6<br />

22 Williams, K.; Parer, I.; Coman, B.; Burley, J.; Braysher, M. (1995): Managing Vertebrate Pests: Rabbits.<br />

Canberra: Australian Government Publishing Service. ISBN 0-644-29623-2<br />

23 Lang, C. (2009): Klinische und ethologische Untersuchungen zur Haltung wachsen<strong>de</strong>r Kaninchen. Justus-<br />

Liebig-Universität Gießen. VVB Laufersweiler. Diss.<br />

25 WRSA (2009): Leitlinien <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Gruppe <strong>de</strong>r World Rabbit Science Association (WRSA) und <strong>de</strong>s<br />

DLG-Ausschusses für Kaninchenzucht und -haltung zu Min<strong>de</strong>ststandards bei <strong>de</strong>r Haltung von Hauskaninchen<br />

(novelliert) http://statictypo3.dlg.org/fileadmin/downloads/fachinfos/kaninchen/Leitlinien-Kaninchen2009.pdf<br />

8


körperlichen Interaktion mit Artgenossen abhängig. Eine Gruppenhaltung bietet <strong>de</strong>m<br />

einzelnen Tier generell mehr Lebensäußerungs- und Bewegungsspielraum (<br />

Omnibuseffekt) - in großen Mastbetrieben 26 ebenso wie in familiärer Stallgruppenhaltung<br />

auf <strong>de</strong>m Bauerhof. Eine bestimmte bzw. DIE optimale Gruppengröße im Verhältnis zum<br />

Flächenangebot kann aufgrund sehr unterschiedlicher Haltungseinrichtungen ( Käfig,<br />

Stallanlage mit Auslauf, auch ins Freie) und Erfahrungen nicht vorgeschrieben wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Untersuchung 27 zur Gruppengröße und zum Flächenbedarf in <strong>de</strong>r<br />

Mastkaninchenhaltung von Prof. Steffen Hoy (Institut für Tierzucht und Haustiergenetik<br />

an <strong>de</strong>r Justus-Liebig-Universität Gießen) blieben m.W. ergebnislos. Frühere<br />

wissenschaftliche Untersuchungen 28 sowie praktische Erfahrungswerte 29 zeigten, was<br />

geht und vor allem, was nicht geht. Es wäre hilfreich, in Form einer Anlage mögliche<br />

Gruppenkonstellationen und maximale Gruppengrößen, soweit als möglich, zu<br />

skizzieren, wie<br />

• Häsin mit ihrem jungem Nachwuchs (bis zum Absetzen) im strukturierten<br />

Gehege o<strong>de</strong>r Stall<br />

• Gruppenhaltung von Häsinnen mitsamt <strong>de</strong>r Jungtiere bis zu <strong>de</strong>ren Schlachtreife<br />

im Freiland mit Höhlenzugang (ohne Umstallen dauerhaft alle immer im selben<br />

Revier)<br />

• Gruppenhaltung verschie<strong>de</strong>ner Häsin(nen) mit kastriertem, älterem Rammler (in<br />

<strong>de</strong>ssen Revier)<br />

• Gemischtgeschlechtliche Gruppenhaltung von Wurfgeschwistern<br />

wenn Jungtiere am Ort ihrer Geburtsstätte bis Einsetzen <strong>de</strong>r Geschlechtsreife<br />

verbleiben dürfen<br />

• Großgruppenhaltung von geschlechtlich getrennten Mastkaninchen<br />

(Umstallen <strong>de</strong>r Rammler in Einzelhaltung gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mastphase!)<br />

• familiäre Gruppenhaltung (bei adäquatem Platzangebot möglich mit<br />

bis zu 5 verwandten Häsinnen, mit Rammler im Einzelfall sogar mit bis zu 11<br />

Häsinnen, Abwan<strong>de</strong>rungsmöglichkeit erfor<strong>de</strong>rlich)<br />

Kaninchen haben von Natur aus als stark territorial bezogene, auf üppige Fortpflanzung<br />

ausgelegte Gruppentiere ein überdurchschnittlich ausgeprägtes Aggressionsverhalten<br />

26<br />

Bo<strong>de</strong>n-Gruppen-Haltung von Mastkaninchen – eine tiergerechte Alternative zum Käfig von Dr. Birgit<br />

Drescher, Institut für Tiermedizin und Tierhygiene <strong>de</strong>r Universität Hohenheim, in <strong>de</strong>r Fachzeitschrift Kaninchen<br />

11/93, S. 12,13<br />

27<br />

Freilandhaltung von Kaninchen unter Verhaltens- und Gesundheitsaspekten von Prof. Dr. Steffen Hoy<br />

(Universität Gießen)<br />

28<br />

Untersuchungen zur Optimierung <strong>de</strong>r Gruppengröße bei Mastkaninchen in Gruppenhaltung auf<br />

Kunststoffrosten von Birgit Drescher und J. Reiter, Berl. Münch. Tierärztl. Wschr. 109/96, S. 304 – 308<br />

29 Kaninchenhaltung auf BIO SUISSE Betrieben von Res Schmutz, Forschungsinstitut für biologischen Landbau<br />

(FiBL), 5070 Frick, Schweiz, 2004<br />

9


untereinan<strong>de</strong>r. Durch Selektion auf Fruchtbarkeit und Potenz hat man dieses Verhalten in<br />

vielen Fällen noch verstärkt; an<strong>de</strong>re ursprüngliche Bedürfnisse und<br />

Sozialverhaltensweisen wur<strong>de</strong>n dagegen durch die tradierte systematische<br />

Isolationshaltung bei <strong>de</strong>r Zucht unterdrückt.<br />

§ 35(1) 2 Einzelhaltung ausnahmsweise zulässig.<br />

Bei <strong>de</strong>r Gruppenhaltung pubertieren<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r erwachsener Tiere wird je<strong>de</strong>r Tierbetreuer<br />

trotz aller Fürsorglichkeit selbst bei einem für Haustierhaltungen guten Platzangebot<br />

immer wie<strong>de</strong>r vor die leidige Pflicht gestellt wer<strong>de</strong>n, im Notfall einzelne Tiere aus <strong>de</strong>r<br />

Gruppe zu nehmen und diese (zeitweise) isoliert zu halten.<br />

Auch die Häsinnen, die eine Woche vor <strong>de</strong>m Werfen stehen bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Säugezeit<br />

sollten in aller Regel bei beschränktem Platzangebot separiert wer<strong>de</strong>n, um während<br />

dieser Phase extrem hohe Jungtierverluste zu vermei<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re wenn mehrere<br />

Häsinnen in dasselbe Nest werfen, wer<strong>de</strong>n die Jungen nicht ausreichend gesäugt und die<br />

Jungtiere verhungern. Dies ist sicher nicht im Sinne <strong>de</strong>s Tierschutzes. Eine solche<br />

Regelung ist nur sinnvoll, wenn je<strong>de</strong> Häsin nur zu ihrem Nestkasten einen alleinigen<br />

Zugang hat. Bettina Hüttig-Reusch 30 hat für dieses Problem eine einfache Lösung<br />

gefun<strong>de</strong>n und praktiziert ihre Form <strong>de</strong>r Freilaufgruppenhaltung von Häsinnen erfolgreich<br />

seit nunmehr 15 Jahren.<br />

So ist also fürsorglich und konsequent, wenn nach § 35(1) 2 Kaninchen ausnahmsweise<br />

einzeln, isoliert von ihren Artgenossen, gehalten wer<strong>de</strong>n dürfen, soweit gesundheitliche<br />

o<strong>de</strong>r verhaltensbedingte Grün<strong>de</strong> dies erfor<strong>de</strong>rn.<br />

Um die Notsituation 31 einzelner kranker, verletzter bzw. hoch gestresster Tiere in großen<br />

Gruppen und hoher Besatzdichte bemerken zu können, sollte je<strong>de</strong>s Gruppen-Abteil einen<br />

Abwan<strong>de</strong>rungsplatz 32 aufweisen o<strong>de</strong>r es kann eine portionierte Fütterung von<br />

Frischkost 33 (morgens und abends) eingeführt wer<strong>de</strong>n. Dabei kann <strong>de</strong>r Betreuer ohne<br />

unverhältnismäßig großen Mehraufwand sichten, ob alle Tiere gesund und verträglich<br />

sind. Kaninchen mit beschäftigungsintensivem (Frisch-) Futter zeigen sich übrigens<br />

insgesamt entspannter und friedlicher. Ihr Verhalten hängt offensichtlich von <strong>de</strong>r<br />

Futtervariante 34 ab!<br />

§ 36<br />

30<br />

Mehr dazu unter http://www.freilaufkaninchen.<strong>de</strong>/biokaninchen1i.html<br />

31<br />

Die betroffenen Tiere kauern, verharren reglos, wirken apathisch, verkriechen sich in einer Ecke, nehmen<br />

Abstand von ihren Artgenossen und stellen auch die Futteraufnahme ein.<br />

32<br />

Bil<strong>de</strong>r, Praxisbeispiele auf Anfrage<br />

33<br />

z.B. Rüben, Hackfrüchte<br />

34<br />

Verhalten hängt von <strong>de</strong>r Futtervariante ab von Prof. Dr. Steffen Hoy, DGS-Magazin 49/08, Ulmer Verlag<br />

10


Grundsätzlich muss man zur Haltung und Ernährung von Zucht- und Mastkaninchen<br />

feststellen, das jahrzehntelang ohne Rücksicht auf die Tiere gewirtschaftet wur<strong>de</strong>. Dass<br />

heute Vertreter von Organisationen, die selbst immer wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Tierschutz<br />

verweisen, je<strong>de</strong> Verbesserung als das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kaninchenhaltung darstellen, ist scha<strong>de</strong>,<br />

aber vorhersehbar. Die Fachbeiträge von so genannten Experten beruhen eigentlich<br />

immer auf <strong>de</strong>m status quo, <strong>de</strong>r bisher existiert. Überprüft und untersucht wird jeweils<br />

immer nur, inwieweit ein Untersuchungsziel das Befin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Tiere nicht verschlechtert.<br />

In <strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r zitierten Arbeit von C. Lang (2009) musste z. B. <strong>de</strong>r Vorversuch<br />

abgebrochen wer<strong>de</strong>n, weil die ad-libitum-Fütterung von Pellets zu unverhältnismäßig<br />

hohen Verlusten führte. Trotz<strong>de</strong>m behaupten Experten nach wie vor, dass Pellets kein<br />

Problemfutter wären. Insofern ist es fraglich, wie Experten aus <strong>de</strong>r Lobby <strong>de</strong>r<br />

Futtermittel- und Mastindustrie überhaupt Aufklärung und sachliche Darstellung wollen.<br />

Die Haltung von Kaninchen in <strong>de</strong>r heutigen Form ist ohne hohe Verluste nicht möglich,<br />

weil die Tiere dafür einfach nicht gemacht sind. Wenn man bestimmte Darstellungen <strong>de</strong>r<br />

Experten über Kaninchen liest, muss man sich oft wirklich fragen, ob sie jemals ein<br />

Kaninchen in <strong>de</strong>ssen natürlichen Lebensraum beobachtet haben, wie recht eindrücklich<br />

unter www.freilaufkaninchen.<strong>de</strong> dargestellt. Weitere Informationen können angefor<strong>de</strong>rt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Die <strong>Stellungnahme</strong> wur<strong>de</strong> eingereicht von<br />

11

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