Rede des Bürgermeisters
Rede des Bürgermeisters
Rede des Bürgermeisters
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Am Donnerstag fand um 19°° die Sitzung <strong>des</strong> Rates statt, in der vom Rat die abschließende Entscheidung<br />
über die Ansiedlung <strong>des</strong> Biomasseheizkraftwerkes zu treffen war. Zuvor war ja am 20.Januar im Rahmen<br />
einer Bürgerbefragung von den Ottersberg Bürgerinnen und Bürgern abgestimmt worden. Dabei hatten 52,2<br />
% (3.021 Stimmen) gegen den Bau gestimmt und 47,8 % ( 2.767) für den Bau.<br />
Bürgermeister Horst Hofmann hat dazu anliegende <strong>Rede</strong> im Rat gehalten:<br />
„Eben haben wir das Ergebnis der Bürgerbefragung entgegen genommen. Eine knappe Mehrheit hat mit<br />
Nein gestimmt. Eine Beteiligung von 60 % ist dabei sicher bemerkenswert.<br />
Das Ergebnis einer Bürgerbefragung, die hier im Mai 2012 von einer Mehrheit im Rat beschlossen wurde.<br />
Von den 17 Ratskollegen, die damals dafür gestimmt haben, waren die Meisten mit der Absicht dafür, den<br />
Bürger in dieser Frage mitzunehmen.<br />
Mitzunehmen in einer Entscheidung, die wir hier im Rat zu treffen haben.<br />
Zudem eine Entscheidung, die nach heutigem Stand von 25 Ratskolleginnen und Kollegen geteilt und mit<br />
Herzblut getragen wird oder zumin<strong>des</strong>t wurde.<br />
Heute muss ich allerdings feststellen, dass das Mitnehmen der Bürgerinnen und Bürger nicht geklappt hat.<br />
Wir, die 25 Überzeugten, haben es trotz wochenlangem, intensivem, beherztem und vor allem ehrlichen<br />
Einsatz nicht geschafft, zu überzeugen.<br />
Aber warum nicht? Die Antwort ist gar nicht so schwer. Wir haben gegen emotionales Gift angekämpft, nicht<br />
zuletzt gestreut von Ratskollegen.<br />
Es wird in der Werbung und auch sonst gerne verwendet, die Tatsache nämlich, dass der Mensch nur mit<br />
wenigen Anteilen aus rationalem Denken seine Entscheidungen trifft. Der Hauptanteil ist emotional vom<br />
Unterbewusstsein gesteuert.<br />
Und wenn durch Aussagen wie, „der Wald und die Bäume sind in Gefahr“, Angst ausgelöst wird, dann haben<br />
alle Argumente keine Bedeutung mehr. Die Angst überwiegt.<br />
Ich gebe zu, dass ich auch überlegt habe, mit diesem Instrument zu spielen, aber möglicherweise bin ich<br />
dazu zu fair.<br />
Wenn Sie jetzt fragen, welche Ängste hätte ich denn wohl in Spiel bringen können, darf ich Ihnen sagen,<br />
dass die Gefährdung <strong>des</strong> Standortes Ottersberg als Wirtschaftsstandort auf dem Spiel steht. Ich hätte<br />
anbringen können, dass Stromausfälle vermieden werden können in Ottersberg, auch die Gefahr für mehrere<br />
hundert Arbeitsplätze hängt an dieser Entscheidung.<br />
Aber wir haben positiv argumentiert, wir sichern die Arbeitsplätze, wir tun was für den Klimaschutz, für die<br />
Energiewende, für die Wirtschaftskraft. Alles Positiv.<br />
Aber im Ergebnis müssen wir feststellen, dass das negative Gift gesessen hat.<br />
Und das habe nicht nur ich festgestellt, ich bin sicher, dass haben die meisten hier im Ratssaal so<br />
wahrgenommen. ---<br />
Mit dieser Bürgerbefragung haben wir die riesige Verantwortung, die in dieser Entscheidung liegt, einfach<br />
weitergegeben an die Bürger. Da war falsch und viele Bürger haben mir das auch so gesagt. Daher denke<br />
ich, wir können unsere Bürger in dieser Verantwortung nicht belassen. Auch wenn ich dann sicher oft und<br />
verständlicherweise gefragt werde, warum fragt ihr uns dann erst?<br />
Wenn die Folgen dieses Ergebnisses faktisch zum Tragen kommen, werde ich nicht sagen, das haben ja die<br />
Bürger so entschieden. Nein – wir haben die Verantwortung zu tragen, wenn jetzt als direkte Folge z.B. der<br />
Kreiselbau nicht mehr von Buss unterstützt wird und somit die erste wirtschaftliche Folge zu spüren ist.<br />
Dann werde ich nicht sagen, dass hat der Bürger entschieden, - Nein, den Schuh müssen sich andere<br />
anziehen.<br />
In kurzen Worten:<br />
Mit dieser Art der Mitnahme unserer Bürgerinnen und Bürger ist ein Riesenfehler begangen worden und den<br />
müssen wir heute anerkennen und den Schaden daraus begrenzen.<br />
Soweit meine Ausführungen zur Bürgerbefragung.<br />
Nach der Beratung über das „Wie“ komme ich nun zum Schaden, zur Auswirkung der Bürgerbefragung.<br />
Kurz zusammengefasst:<br />
Das Vertrauen, das Ottersberger Unternehmen, hier in erster Linie Buss und Brüning, in einen Rat, in eine<br />
Gemeinde setzen konnten, ist zerstört und nach ersten Reaktionen vermute ich, dass wir heute nicht mehr<br />
über das Kraftwerk abstimmen, sondern nur noch über Schadensbegrenzung.
Der Vertrauensverlust begann in der Einwohnerversammlung, in der wir zugelassen haben, - ich nehme mich<br />
da nicht aus, dass unsere Unternehmer, aber auch Herr Schubert nicht mit uns im Podium saßen, sondern<br />
auf der Anklagebank!<br />
Fast alle auf dieser Bank wollten eine innovative, zeitgemäße und nachhaltige Entwicklung für Buss und<br />
Ottersberg. Passend in die Diskussion über die Energiewende und den Klimawandel.<br />
Die Unternehmer und auch die vier Befürworter aus dem Rat wurden „angeklagt“, die intensiv zu spürende<br />
Intoleranz und gar Ablehnung, vorgetragen von ganz wenigen, war teilweise unerträglich.<br />
Auch wenn die Stimmung zum Ende deutlich gezeigt hat, das es viele positive Sichtweisen gab, sind neun<br />
Damen und Herren von der „Anklagebank“ mit diesem unangenehmen Gefühl aus der Versammlung<br />
gegangen.<br />
Mit dem Ergebnis vom Sonntagabend kann jetzt kein Unternehmer in Ottersberg, kein möglicher neuer<br />
Investor oder ansiedlungswilliger Betrieb mehr sicher sein, dass Entscheidungen getroffen werden.<br />
Bei den beteiligten Firmen ist gar der Eindruck entstanden, dass die Ottersberger Bürger gegen die<br />
Unternehmen abgestimmt haben!!<br />
Stellen Sie sich das vor! Zwei der wichtigsten Arbeitgeber in Ottersberg sitzen in ihrem Büro und fühlen sich<br />
abgelehnt von der Heimatgemeinde !!!<br />
Was ist das für ein Ergebnis, was für ein Signal!<br />
Und da kann mir keiner sagen, dass muss doch ein Bürger vorher ahnen!!! -- Hätten wir da auch mit<br />
Ängsten agieren sollen??<br />
Durch diesen Ausgang schliddern wir in eine wirtschaftliche Katastrophe für Ottersberg, mit Folgen für die<br />
gesamte Entwicklung!<br />
Mit meinen Äußerungen zur Bürgerbefragung selbst und mit der Feststellung dieses Ergebnisses, geht es<br />
heute nur noch um Schadensbegrenzung.<br />
Das Kraftwerk werden wir auch mit einem „Ja“ nicht mehr retten. So realistisch müssen wir sein.<br />
Aber wenn sich der Rat heute nicht entschlossen zeigt, habe ich es schwer, den Flecken Ottersberg als<br />
verlässlichen Partner für die Wirtschaft zu vertreten.<br />
Heute „Ja“ zu sagen, bedeutet für die eine Betrachtung, wir hören nicht auf den Bürger, wir ignorieren eine<br />
von uns eingeforderte Antwort, - auch wenn das Nein die Wirkung, nämlich Verhinderung <strong>des</strong> BMHKW<br />
gezeigt hat.<br />
Für mich bedeutet ein „Ja“ jedoch zum Einen, wir korrigieren die falsche Entscheidung, den Bürger in dieser<br />
schweren Frage die Verantwortung zu überlassen, die haben wir zu übernehmen!<br />
Und zum Anderen senden wir ein Signal an die Wirtschaft:<br />
wir treffen auch schwere Entscheidungen! Wir gestehen Fehler ein und wir brauchen Eure Arbeitsplätze und<br />
Wirtschaftskraft.<br />
Heute, am wohl schwärzesten Tag meiner Ratsmitgliedschaft haben wir zu wählen zwischen Pest und<br />
Cholera.<br />
Was das Kraftwerk angeht, liegt das Kind vermutlich schon im Brunnen.<br />
Aber wenn wir heute „Nein“ sagen, dann legen wir auch noch den Deckel auf den Brunnen und dann wird es<br />
ganz dunkel.<br />
Ich entscheide heute, wie auch sonst, nicht gegen meine Überzeugung und für Ottersberg!!!“<br />
Das Abstimmungsergebnis lautete dann:<br />
15 Stimmen für den Bau <strong>des</strong> Kraftwerkes, 10 Stimmen dagegen und zwei Stimmen Enthaltung.<br />
Ottersberg. 25.01.2013