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4.3.3 Mobbing - Frieden-fragen.de

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<strong>4.3.3</strong> <strong>Mobbing</strong><br />

Grundwissen<br />

• <strong>Mobbing</strong> und Gewaltprävention ___________________________ S. 2<br />

• Was ist <strong>Mobbing</strong>? ______________________________________ S. 3<br />

• <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule __________________________________ S. 4<br />

• Formen von <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule ________________________ S. 5<br />

• <strong>Mobbing</strong>: Opfer und Täter _______________________________ S. 6<br />

• Funktionen und Ursachen von <strong>Mobbing</strong> ____________________ S. 7<br />

• Folgen von <strong>Mobbing</strong> ____________________________________ S. 9<br />

• Umgang mit <strong>Mobbing</strong> ___________________________________ S. 9<br />

• Überlegungen zur Umsetzung ____________________________ S. 11<br />

• Die Materialien im Überblick _____________________________ S. 13<br />

Materialien<br />

Für Lehrkräfte und Eltern<br />

• M 1: <strong>Mobbing</strong>-Handlungen ______________________________ S. 15<br />

• M 2: Systematik für <strong>Mobbing</strong>-Handlungen __________________ S. 16<br />

• M 3: Anzeichen für <strong>Mobbing</strong> _____________________________ S. 17<br />

• M 4: Handlungsraster für Lehrkräfte _______________________ S. 18<br />

• M 5: Wie reagieren? ___________________________________ S. 19<br />

• M 6: Handlungsmöglichkeiten für Eltern ___________________ S. 20<br />

• M 7: Hilfen für Mobber _________________________________ S. 21<br />

• M 8: Hilfen für <strong>Mobbing</strong>opfer ____________________________ S. 22<br />

Für <strong>de</strong>n Unterricht<br />

• M 9: Die Umklei<strong>de</strong>kabine _______________________________ S. 23<br />

• M 10: Das Gerücht _____________________________________ S. 24<br />

• M 11: Was ist da los? __________________________________ S. 25<br />

• M 12: Der <strong>Mobbing</strong>-Test ________________________________ S. 26<br />

• M 13: Fiese Dinge _____________________________________ S. 27<br />

• M 14: Erste Schritte bei <strong>Mobbing</strong> _________________________ S. 28<br />

Dieser Baustein beschreibt, was unter <strong>Mobbing</strong> zu vestehen ist, sowie<br />

welche Ursachen, Formen und Folgen <strong>Mobbing</strong> hat.<br />

Es wer<strong>de</strong>n Handlungsstrategien für Lehrkräfte, Eltern und Schülerinnen<br />

und Schüler aufgezeigt.<br />

Günther Gugel: Handbuch Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule.<br />

Grundlagen - Lernfel<strong>de</strong>r - Handlungsmöglichkeiten. Bausteine für die praktische Arbeit.<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.<br />

Gestaltung: Manuela Wilmsen, eyegensinn<br />

Fotos: Jan Roe<strong>de</strong>r, Gauting


Grundwissen<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

Mythen über <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Schule<br />

1. Mythos:<br />

An unserer Schule gibt es kein<br />

<strong>Mobbing</strong>.<br />

Untersuchungen zeigen, dass<br />

ein beträchtlicher Anteil <strong>de</strong>r<br />

Schüler(innen) <strong>Mobbing</strong> direkt<br />

erleben o<strong>de</strong>r <strong>Mobbing</strong>-Vorfälle<br />

beobachten, dies gilt auch bereits<br />

für die Grundschule.<br />

2. Mythos:<br />

Vielleicht kommt <strong>Mobbing</strong> vor,<br />

aber es ist harmlos.<br />

<strong>Mobbing</strong> ist nicht harmlos. Ständig<br />

wer<strong>de</strong>n Schulutensilien zerstört,<br />

Brillen weggenommen und versteckt,<br />

Bedrohungen ausgesprochen<br />

und sogar Zimmer zu Hause<br />

verwüstet. <strong>Mobbing</strong>-Opfer erleben<br />

körperliche und/o<strong>de</strong>r seelische<br />

Verletzungen und soziale Isolation.<br />

Kin<strong>de</strong>r in <strong>Mobbing</strong>-Situationen<br />

brauchen Unterstützung von<br />

außen, <strong>de</strong>nn <strong>Mobbing</strong>-Opfer können<br />

sich meist nicht mehr selbst<br />

wehren.<br />

3. Mythos:<br />

Als Lehrer(in) kann ich gegen<br />

<strong>Mobbing</strong> nichts unternehmen.<br />

Je<strong>de</strong> Lehrerin, je<strong>de</strong>r Lehrer hat<br />

Möglichkeiten zu han<strong>de</strong>ln. Schulen<br />

brauchen präventive Anti-<strong>Mobbing</strong>-Strategien<br />

und wirkungsvolle<br />

Lösungen im Umgang mit konkreten<br />

<strong>Mobbing</strong>-Vorfällen. Das gemeinsame<br />

Han<strong>de</strong>ln in <strong>de</strong>r ganzen<br />

Schule ist von größerer Wirkung<br />

als die Einzelaktion in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Klassen.<br />

Vgl. http://arbeitsblaetter.stangltaller.at/Kommunikation/<strong>Mobbing</strong>schule.shtml<br />

<strong>Mobbing</strong> und Gewaltprävention<br />

<strong>Mobbing</strong> an Schulen ist ein weit verbreitetes Phänomen und auch bereits<br />

in <strong>de</strong>r Grundschule in vielfältigen Formen anzutreffen.<br />

Dabei geht es nicht nur um <strong>Mobbing</strong> unter Schülerinnen und Schülern,<br />

son<strong>de</strong>rn auch um solches von Lehrerinnen und Lehrern gegen Schüler<br />

und von Schülern gegen Lehrer. Aber selbst <strong>Mobbing</strong> unter Lehrkräften<br />

kommt vor. Alle sind einbezogen und betroffen: als Täter, als Opfer o<strong>de</strong>r<br />

Zuschauer<br />

<strong>Mobbing</strong> berührt auf <strong>de</strong>r schulischen Ebene verschie<strong>de</strong>ne Bereiche: <strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Sicherheit <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und Lehrkräfte, <strong>de</strong>r Verantwortung für <strong>de</strong>ren<br />

physische und psychische Gesundheit, aber auch Fragen <strong>de</strong>r Qualitäts- und<br />

Effi zienzsicherung bis hin zur Schulkultur. Deshalb steht die Reduzierung<br />

schulischer Ursachen, wie Stressfaktoren, unklare Kompetenzverteilung,<br />

zu hohe o<strong>de</strong>r zu nie<strong>de</strong>re Arbeitsbelastung o<strong>de</strong>r Schaffung klarer Regelung<br />

bei Konfl ikten im Vor<strong>de</strong>rgrund.<br />

Prävention be<strong>de</strong>utet also Beseitigung von möglichen Ursachen, Sensibilisierung<br />

für das Problem sowie Bereitstellung effektiver Interventions-<br />

und Sanktionsmaßnahmen. Dies ist nur zu erreichen durch gemeinsames<br />

Han<strong>de</strong>ln. Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte, die Etablierung eines<br />

Konfl iktmanagementsystems und eine Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Schulkultur<br />

sind wichtige Elemente in diesem Prozess.<br />

Desweiteren ist es wichtig, dass klare Verhaltensregeln (in einer Schulordnung<br />

o<strong>de</strong>r in an<strong>de</strong>rer geeigneter Form) festlegen, welches Verhalten<br />

erwartet und welches unerwünscht und nicht tolerierbar ist. Hier muss<br />

ausdrücklich festgehalten wer<strong>de</strong>n, dass Diskriminierung und <strong>Mobbing</strong><br />

nicht erlaubt sind und nicht gedul<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, sowie welche Unterstützung<br />

Opfer fi n<strong>de</strong>n und mit welchen Konsequenzen Täter zu rechnen haben. Verhaltensgrundsätze<br />

müssen eingeführt und begleitet wer<strong>de</strong>n durch einen<br />

Verbund von Unterstützungs- und För<strong>de</strong>rmaßnahmen. Dabei darf nicht<br />

vergessen wer<strong>de</strong>n, dass es auch darum geht, <strong>de</strong>n Schülerinnen und Schülern<br />

zu vermitteln, sich einzumischen, <strong>Mobbing</strong>fälle aufzu<strong>de</strong>cken, Opfern<br />

beizustehen und Tätern die Unterstützung zu entziehen.<br />

2<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Was ist <strong>Mobbing</strong>?<br />

Die Schwierigkeit, <strong>Mobbing</strong>handlungen präzise zu fassen, liegt u.a. darin,<br />

dass <strong>de</strong>r Begriff <strong>Mobbing</strong> unterschiedlich <strong>de</strong>finiert wird und dass von <strong>de</strong>n<br />

Betroffenen je<strong>de</strong> Handlung als feindselig eingestuft wer<strong>de</strong>n kann, wenn<br />

sie subjektiv so empfun<strong>de</strong>n wird.<br />

<strong>Mobbing</strong> kann als systematischer und wie<strong>de</strong>rholter Angriff auf die psychische<br />

o<strong>de</strong>r physische Integrität verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>m Ziel, <strong>de</strong>n<br />

Betroffen auszugrenzen und zu isolieren. <strong>Mobbing</strong>handlungen vollziehen<br />

sich über einen längeren Zeitraum und unterschei<strong>de</strong>n sich dadurch von<br />

einmaligen Handlungen.<br />

Der Begriff <strong>Mobbing</strong><br />

Der Begriff <strong>Mobbing</strong> stammt aus <strong>de</strong>m Englischen und be<strong>de</strong>utet anpöbeln,<br />

fertigmachen (mob = Pöbel, mobbish = pöbelhaft).<br />

<strong>Mobbing</strong> ist eine Form offener und/o<strong>de</strong>r subtiler Gewalt gegen Personen<br />

über längere Zeit mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r sozialen Ausgrenzung. Es kann sich<br />

dabei um verbale und/o<strong>de</strong>r physische Gewalt han<strong>de</strong>ln.<br />

<strong>Mobbing</strong> steht für alle böswilligen Handlungen, die kein an<strong>de</strong>res Ziel haben,<br />

als eine Mitschülerin o<strong>de</strong>r einen Mitschüler fertig zu machen. Dazu<br />

gehören etwa hinterhältige Anspielungen, Verleumdungen, Demütigungen,<br />

Drohungen, Quälereien o<strong>de</strong>r sexuelle Belästigungen.<br />

Annemarie Renges: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule, http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/vpmob.htm<br />

Nicht je<strong>de</strong> Schikane ist bereits <strong>Mobbing</strong><br />

<strong>Mobbing</strong> geschieht vor allem in „Zwangsgemeinschaften“, wie in <strong>de</strong>r Arbeitswelt,<br />

Schule, Ausbildungseinrichtungen o.ä., <strong>de</strong>nn diese Bereiche<br />

können nicht ohne weiteres verlassen wer<strong>de</strong>n.<br />

In freiwilligen Zusammenschlüssen wie Sportvereinen o<strong>de</strong>r Freizeitclubs<br />

taucht <strong>Mobbing</strong> weniger auf, ganz einfach <strong>de</strong>shalb, weil <strong>de</strong>rjenige, <strong>de</strong>r<br />

sich nicht akzeptiert fühlt, sich einen an<strong>de</strong>ren Verein o<strong>de</strong>r ein an<strong>de</strong>res<br />

Hobby suchen kann.<br />

Typisch für <strong>Mobbing</strong> ist, dass es sich gegen „als unterlegen empfun<strong>de</strong>ne“<br />

Einzelpersonen richtet, systematisch geschieht und über einen längeren<br />

Zeitraum andauert. Mobber sind Heckenschützen, sie gehen sehr subtil<br />

vor. <strong>Mobbing</strong>opfer befin<strong>de</strong>n sich subjektiv oft in einer ausweglosen Situation<br />

und können nur selten Hilfe mobilisieren.<br />

vgl. www.mobbing.<strong>de</strong><br />

3<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Grundwissen<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Grundwissen<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

Bullying<br />

Der Begriff „Bullying“ (engl. tyrannisieren)<br />

wird unterschiedlich<br />

interpretiert.<br />

Bullying wird öfter als Synonym<br />

für „<strong>Mobbing</strong>“ verwen<strong>de</strong>t. Insbeson<strong>de</strong>re<br />

in Großbritannien und<br />

Irland verwen<strong>de</strong>t man <strong>de</strong>n Begriff<br />

„bullying“ anstelle von „mobbing“.<br />

Bullying steht auch für ein<br />

weniger subtiles Verhalten als<br />

<strong>Mobbing</strong>, wobei körperliche Gewalt<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ren Androhung eine<br />

prominentere Rolle spielt als beim<br />

<strong>Mobbing</strong>, das eher psychologisch<br />

als physisch betrieben wird. Einige<br />

<strong>de</strong>utschsprachige Autoren verwen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Begriff „Bullying“<br />

für <strong>Mobbing</strong> unter Kin<strong>de</strong>rn und<br />

Jugendlichen in <strong>de</strong>r Schule in<br />

bewusster Abgrenzung zum <strong>Mobbing</strong>begriff.<br />

www.wikipedia.org<br />

Studien für die Schule zeigen,<br />

dass 5 – 9 % <strong>de</strong>r Schülerinnen<br />

und Schüler an<strong>de</strong>re ein- o<strong>de</strong>r<br />

mehrmals in <strong>de</strong>r Woche mobben.<br />

5 – 11 % <strong>de</strong>r Schülerinnen und<br />

Schüler sind dabei die Opfer.<br />

Vgl. Bariele Klewin / Klaus-Jürgen<br />

Tillmann: Gewaltformen in<br />

<strong>de</strong>r Schule – ein vielschichtiges<br />

Problem. In: Wilhelm Heitmeyer /<br />

Monika Schröttle (Hrsg.): Gewalt.<br />

Beschreibungen, Analysen, Prävention.<br />

Bonn 2006, S. 194.<br />

<strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule<br />

Mit <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule sind nicht die alltäglichen Schulkonfl ikte gemeint,<br />

son<strong>de</strong>rn Handlungen negativer Art, die durch eine o<strong>de</strong>r mehrere<br />

Personen gegen eine Mitschülerin o<strong>de</strong>r einen Mitschüler gerichtet sind<br />

und über einen längeren Zeitraum hinaus – ein halbes Jahr o<strong>de</strong>r länger<br />

– vorkommen.<br />

<strong>Mobbing</strong> kommt in allen Altersstufen vor<br />

– In <strong>de</strong>r Unterstufe scheint häufi ger Bullying als Ausgrenzung aufzutreten,<br />

wenn (sportlich ungeschicktere, „brav“ aussehen<strong>de</strong>) Mitschüler körperliche<br />

„Unzulänglichkeiten“ zeigen.<br />

– In <strong>de</strong>r Mittelstufe bestimmen Mo<strong>de</strong>-Normen (Markenkleidung), Verhaltensnormen<br />

im Unterricht („Streber!“) und beginnen<strong>de</strong> gegengeschlechtliche<br />

Freundschaften (Eifersucht, Rivalität) das <strong>Mobbing</strong>.<br />

– In <strong>de</strong>r Oberstufe scheint auch <strong>de</strong>r Konkurrenzdruck in Gestalt <strong>de</strong>r<br />

Punkte-Jagd eine Rolle zu spielen.<br />

– Jungen wen<strong>de</strong>n häufi ger physische Gewalt an o<strong>de</strong>r machen Mitschüler<br />

offen fertig, während Mädchen eher subtile Formen anwen<strong>de</strong>n.<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/vpmob.htm<br />

<strong>Mobbing</strong> durch Lehrkräfte<br />

In Deutschland sind körperliche Erziehungsmaßnahmen an Schulen verboten,<br />

Lehrergewalttätigkeiten gegen Schüler gibt es <strong>de</strong>nnoch. Wer „fi ese“<br />

Lehrersprüche sammelt, wird schnell fündig: „Für jeman<strong>de</strong>n wie dich müssten<br />

zweistellige Noten erfun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n!“, „Du wirst es nie lernen!“, „Wir<br />

sind hier nicht auf <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rschule!“, sind einige <strong>de</strong>r Fundstücke.<br />

Eine Studie aus <strong>de</strong>m Jahr 2002 zeigt, dass 78 % von 3.000 befragten<br />

Stu<strong>de</strong>nten aus Deutschland, Österreich und <strong>de</strong>r Schweiz in ihrer Schulzeit<br />

kränken<strong>de</strong>s Lehrerverhalten erlebt haben. Die Kränkungen waren im<br />

Durchschnitt als schwer erlebt wor<strong>de</strong>n und bei 63 % <strong>de</strong>r Betroffenen hatten<br />

sie über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten angehalten.<br />

Auch die Lehrer selbst scheinen sich <strong>de</strong>s Problems bewusst zu sein. In<br />

einer Befragung von österreichischen Lehrern im Jahr 2002 gaben 81 %<br />

<strong>de</strong>r Befragten an, dass es an ihrer Schule Kollegen gebe, die sich Schülern<br />

gegenüber kränkend verhalten. 85 % gaben an, dass sie selbst schon einmal<br />

unfair gewesen seien.<br />

Luise Dusatko: Wortgewaltige Pauker. In: Frankfurter Rundschau, 5.12.2006, S. 26.<br />

4<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Formen von <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Schule<br />

Die Form psychischer Gewalt zeigt sich im direkten <strong>Mobbing</strong> als Hänseln,<br />

Drohen, Abwerten, Beschimpfen, Herabsetzen, Bloßstellen, Schikanieren<br />

o<strong>de</strong>r im indirekten <strong>Mobbing</strong> durch Ausgrenzen, Rufschädigen,<br />

„Kaltstellen“ durch das Vorenthalten von Informationen und Beschädigen<br />

von Eigentum <strong>de</strong>r gemobbten Person u.ä. Davon unterschie<strong>de</strong>n wird das<br />

Bullying, die unter Jugendlichen praktizierte physische Gewalt, mit <strong>de</strong>r<br />

bestimmte Opfer durch ihnen überlegene Mitschüler gequält wer<strong>de</strong>n.<br />

Annemarie Renges: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule, http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/vpmob.htm<br />

<strong>Mobbing</strong> durch körperliche Gewalt<br />

Dies geschieht durch Verprügeln, Sachbeschädigung, Erpressung o<strong>de</strong>r Nötigung.<br />

Verbales <strong>Mobbing</strong><br />

Schüler wer<strong>de</strong>n wegen ihres Verhaltens, ihres Aussehens, ihres in <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong><br />

nicht up-to-date-Seins o<strong>de</strong>r ihrer Schulleistungen mit meist sehr bissigen<br />

Bemerkungen belegt. Dies geschieht auf <strong>de</strong>m Schulhof wie auch im Unterricht<br />

selbst, von Klassenkameradinnen und Klassenkamera<strong>de</strong>n genauso wie<br />

von Lehrern. Die mil<strong>de</strong>ste Metho<strong>de</strong> dieses <strong>Mobbing</strong>s ist das Lästern hinter<br />

<strong>de</strong>m Rücken, vieles geschieht aber auch direkt und laut. Äußerungen von<br />

Lehrern wie: „Aus dir wird nie etwas! Du bist so dumm wie Bohnenstroh!“<br />

gehören zu solchem verbalen <strong>Mobbing</strong> ebenso wie das Geraune und entnervte<br />

Stöhnen, wenn jemand etwas nicht versteht und es sich mehrfach<br />

erklären lässt.<br />

Das stumme <strong>Mobbing</strong><br />

Stillschweigen<strong>de</strong>s Verachten, Links-liegenlassen, Nichtbeachten bis Verachtung<br />

und Ausschluss aus <strong>de</strong>r Gemeinschaft u. ä. ist in <strong>de</strong>n Klassen und<br />

<strong>de</strong>n Kursen recht normal. Diese Form ist <strong>de</strong>mütigend und verletzend.<br />

Steffen Fliegel: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule (2000)<br />

www.wdr.<strong>de</strong>/radio/wdr2/westzeit/psychologie001108.html<br />

5<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen<br />

Zu <strong>de</strong>n aktiven und körperlichen<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen gehören<br />

– die körperliche Gewalt in unterschiedlichem<br />

Ausmaß,<br />

– die Erpressung von sogenannten<br />

Schutzgel<strong>de</strong>rn,<br />

– <strong>de</strong>r Diebstahl o<strong>de</strong>r die Beschädigung<br />

von Gegenstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s<br />

Opfers,<br />

– das Zerstören von im Unterricht<br />

erarbeiten Materialien,<br />

– das Beschädigen und Stehlen<br />

von Kleidungsstücken und Schulmaterial,<br />

– das Knuffen und Schlagen auf<br />

<strong>de</strong>m Pausenhof und in <strong>de</strong>n<br />

Gängen,<br />

– sexuelle Belästigungen.<br />

Zu <strong>de</strong>n passiven und psychischen<br />

<strong>Mobbing</strong>-Handlungen gehören<br />

– das Ausgrenzen von Schülerinnen<br />

und Schülern aus <strong>de</strong>r Schulgemeinschaft,<br />

– das Zurückhalten wichtiger<br />

Informationen,<br />

– das Auslachen,<br />

– verletzen<strong>de</strong> Bemerkungen,<br />

– ungerechtfertigte Anschuldigungen,<br />

– das Erfi n<strong>de</strong>n von Gerüchten und<br />

Geschichten über <strong>de</strong>n Betroffenen<br />

(zunächst Diskriminierungen<br />

hinter <strong>de</strong>m Rücken, später umso<br />

offener),<br />

– das Verpetzen,<br />

– die Androhung von körperlicher<br />

Gewalt,<br />

– das Ignorieren und Schnei<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Opfers (stummes <strong>Mobbing</strong>).<br />

Grundwissen<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Grundwissen<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

Merkmale <strong>de</strong>r Opfer und <strong>de</strong>r Bullies<br />

auf <strong>de</strong>r Grundlage von angelsächsischen<br />

Untersuchungen. Innenministerium<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württemberg u.a.<br />

(Hrsg.): Herausfor<strong>de</strong>rung Gewalt<br />

aus pädagogischer Sicht. Stuttgart<br />

1999, S. 26.<br />

Opfer<br />

ängstlich, ungeschickt, Min<strong>de</strong>rwertigkeitsgefühle,<br />

physisch schwach; ist gern daheim und erfreut<br />

sich guter Familienbe ziehungen; scheu, ungesellig,<br />

reagiert bei Attacken mit Schreien, kommuniziert<br />

schlecht, ...<br />

überbehütet; von <strong>de</strong>r Familie abhängig, enge Beziehungen<br />

zur Familie, aber viel mehr Familienprobleme<br />

als unauffällige Schüler ...<br />

schwach, unfähig, sich zu wehren; wenig Energie,<br />

jünger und kleiner als „Bullies“; unterdurchschnittlich<br />

attraktiv...<br />

<strong>Mobbing</strong>: Opfer und Täter<br />

Bestimmte Persönlichkeitszüge <strong>de</strong>r Opfer scheinen <strong>Mobbing</strong> zu för<strong>de</strong>rn:<br />

so können Kin<strong>de</strong>r bzw. Jugendliche betroffen sein, die ängstlich o<strong>de</strong>r<br />

überangepasst sind und ein geringes Selbstwertgefühl haben. Auch auffälliges<br />

o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rsartiges Aussehen, Ungeschicklichkeit, Hilfl osigkeit o<strong>de</strong>r<br />

geringe Frustrationstoleranz können dazu prä<strong>de</strong>stinieren. Manchmal kommen<br />

potentielle Opfer auch aus Familien mit betont gewaltsensiblen bzw.<br />

gewaltächten<strong>de</strong>n Verhaltensnormen, o<strong>de</strong>r es trifft Schüler, die beson<strong>de</strong>rs<br />

gutgläubig und vertrauensvoll auf ihre Mitschüler zugehen.<br />

Bei Schülern, die aktiv mobben, sind häufi g folgen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nzen zu beobachten:<br />

Demonstration von Stärke/Macht (häufi g körperliche, seltener<br />

geistige Überlegenheit), Steigerung <strong>de</strong>s (mangeln<strong>de</strong>n) Selbstwertgefühls,<br />

Kompensation von Schwächen, Führer-Verhalten (sie haben oft Anhänger/<br />

Mitläufer in Cliquen).<br />

Annemarie Renges: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule., http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/vpmob.htm<br />

Persönlichkeitsmerkmale<br />

Familie<br />

Physische Faktoren<br />

6<br />

Bully<br />

aggressiv gegen Eltern, Lehrer, Geschwister, Peers;<br />

nicht ängstlich, glaubt an seine Stärke; „Macho“;<br />

unabhängig, hält sich für kühn und populärer als<br />

das Opfer; glaubt, das Opfer verdiene Strafe; empfi<br />

n<strong>de</strong>t wenig Scham o<strong>de</strong>r Schuldgefühle; wenig Empathie;<br />

witzig, gut in Ausre<strong>de</strong>n ...<br />

wenig Aufsicht; wenig herzlich-empathische Beziehung<br />

zwischen Eltern und „Bully“; inkonsistente<br />

Kontrolle und Disziplinierung; vernachlässigend bis<br />

hart strafend; chaotische Familienverhältnisse; viel<br />

mehr Familienprobleme als unauffällige Schüler ...<br />

stark und robust; gut im Sport; energisch und aktiv;<br />

hohe Schmerzschwelle; älter und stärker als die<br />

Opfer; durchschnittlich attraktiv ...<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Funktionen und Ursachen von<br />

<strong>Mobbing</strong><br />

Funktionen<br />

<strong>Mobbing</strong> wird u.a. eingesetzt um folgen<strong>de</strong> Funktionen bzw. Ziele zu erreichen:<br />

Entlastung<br />

Als Entlastungsventil für Aggressionen. Diese sind schließlich in <strong>de</strong>r Schule<br />

entstan<strong>de</strong>n (z.B. wegen „blö<strong>de</strong>r“ Lehrer-Entscheidungen) und müssen<br />

auch dort entla<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n.<br />

Gemeinschaftsgefühl<br />

Zur Festigung <strong>de</strong>s Gemeinschaftsgefühls („Alle gegen einen!“, „Gemeinsam<br />

sind wir stark!“).<br />

Anerkennung<br />

<strong>Mobbing</strong> wird eingesetzt, um sich die Anerkennung zu holen, die einem<br />

zu Hause schon lange keiner mehr gibt.<br />

Macht<br />

<strong>Mobbing</strong> be<strong>de</strong>utet auch Demonstration (und Missbrauch) von Macht.<br />

Angst<br />

Die Angst, in <strong>de</strong>r Schule zu versagen, nicht ausreichend beachtet zu wer<strong>de</strong>n<br />

o<strong>de</strong>r auch selbst zu <strong>de</strong>n <strong>Mobbing</strong>-Opfern zu gehören lässt Menschen<br />

zu Tätern wer<strong>de</strong>n.<br />

Normalität<br />

Gehört <strong>Mobbing</strong> zum Alltag, wird es auch angewen<strong>de</strong>t, weil es einfach<br />

dazu gehört. Neid und Missgunst sind weit verbreitet und versuchen sich<br />

durch <strong>Mobbing</strong> Entlastung zu schaffen.<br />

Weil es zugelassen wird.<br />

<strong>Mobbing</strong> wird leicht gemacht, wenn es keine Gegenwehr gibt und wenn<br />

alle zuschauen und es tolerieren.<br />

Vgl. http://www.mobbing.gch.<strong>de</strong>/mobb/modules/news/article.php?storyid=6<br />

7<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Grundwissen<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Grundwissen<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

Ursachen<br />

Wie aus <strong>de</strong>n Untersuchungen aus <strong>de</strong>r Arbeitswelt bekannt, können auch im<br />

Schulbereich folgen<strong>de</strong> Ursachen von <strong>Mobbing</strong> benannt wer<strong>de</strong>n:<br />

Versagen <strong>de</strong>r Führungskraft<br />

<strong>Mobbing</strong> als Versagen <strong>de</strong>r Lehrkraft: Hierbei wird argumentiert, dass <strong>Mobbing</strong><br />

nur <strong>de</strong>shalb auftritt, weil Vorgesetzte mit diesem Problem nicht kompetent<br />

umgehen, mitunter sogar aktiv am <strong>Mobbing</strong>prozess beteiligt sind.<br />

Für die Schule wür<strong>de</strong> dies be<strong>de</strong>uten, dass Lehrkräfte <strong>Mobbing</strong>vorgänge<br />

sensibler wahrnehmen und darauf reagieren sollten.<br />

Gruppendynamische Aspekte<br />

Eine wichtige Rolle spielen gruppendynamische Aspekte: Eine neu zusammengewürfelte<br />

Klasse, <strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r die „Neue“ in einer Klasse, aber auch<br />

persönliche Aspekte <strong>de</strong>s Täters (Rachebedürfnis, Eifersucht, Konkurrenz<br />

etc.) bil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Motivhintergrund.<br />

Persönlichkeitszüge<br />

Bestimmte Persönlichkeitszüge prä<strong>de</strong>stinieren Schüler und Schülerinnen<br />

zu Opfern.<br />

Gestörte Kommunikation<br />

Generell ist <strong>Mobbing</strong> ein Symptom für gestörte Kommunikation. Die Opfer<br />

wer<strong>de</strong>n isoliert, die Täter bekommen keine Rückmeldung über die Auswirkungen<br />

ihrer Schikane.<br />

8<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Folgen von <strong>Mobbing</strong><br />

<strong>Mobbing</strong> ist auch dadurch wirksam, dass die Opfer das „Problem“ erst<br />

einmal bei sich selbst suchen, und dies oft über längere Zeit. Nur selten<br />

informiert ein Schüler o<strong>de</strong>r eine Schülerin einen Lehrer o<strong>de</strong>r erzählt <strong>de</strong>n<br />

Eltern, was ihm geschieht.<br />

Fatal wirken sich die Folgen auf die gesamte Persönlichkeit aus: Zum Verlust<br />

<strong>de</strong>s Selbstvertrauens (nicht nur im Leistungsbereich) können Schlafstörungen<br />

und Konzentrationsprobleme kommen. Durch die wahrgenommene<br />

Isolierung und Einsamkeit entwickeln sich <strong>de</strong>pressive Ten<strong>de</strong>nzen<br />

und Passivität. Die Lernmotivation nimmt ab bis zu Lernunlust und Schulvermeidung.<br />

Folgen<strong>de</strong> Bereiche können betroffen sein:<br />

– Physische Schädigungen (Verletzungen).<br />

– Psychische Schädigungen (z.B. Zerstörung <strong>de</strong>s Selbstbewusstseins).<br />

– Psychosomatische Reaktionen (z.B. Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen,<br />

Alpträume, Schlafstörungen).<br />

– Sonstige Reaktionen (z.B. Unkonzentriertheit, Leistungsrückgang, Fehltage<br />

durch „Krankheitstage“ o<strong>de</strong>r Schwänzen, Rückzug aus sozialen Bezügen,<br />

Ängste, Depressionen, bis zu Suizidversuchen bzw. vollzogenem<br />

Suizid).<br />

Umgang mit <strong>Mobbing</strong><br />

Erfahrungen zeigen, dass es schwierig ist, sich in <strong>Mobbing</strong>situationen<br />

„richtig“ zu verhalten, wirksame Instrumente gegen <strong>Mobbing</strong> zu entwickeln<br />

und <strong>Mobbing</strong> vorzubeugen. Da <strong>Mobbing</strong> trotz <strong>de</strong>s massenhaften Vorkommens<br />

ein sehr individuelles Geschehen ist, müssen Verhaltens- und<br />

Vorgehensweisen immer auch einzelfallbezogen entwickelt wer<strong>de</strong>n.<br />

Individuelle Strategien<br />

Zu <strong>de</strong>n individuellen Strategien gehören:<br />

– verschie<strong>de</strong>ne Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r „Gegenwehr“, die von verbalen Kontern über<br />

zur Re<strong>de</strong> stellen, klären<strong>de</strong>n Gesprächen bis zur körperlichen Gegenwehr<br />

reichen können.<br />

– die Situation „irgendwie“ zu ertragen. Diese Betroffenen entwickeln<br />

sog. „innere“ Bewältigungsstrategien: „ignorieren <strong>de</strong>r Situation“,<br />

9<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Anzeichen für <strong>Mobbing</strong><br />

Bei Schülerinnen und Schülern<br />

können folgen<strong>de</strong> Verhaltensweisen<br />

mögliche Anzeichen für <strong>Mobbing</strong><br />

sein:<br />

– Sie wollen nicht mehr zur Schule<br />

gehen.<br />

– Sie wollen zur Schule gefahren<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

– Ihre schulische Leistung lässt<br />

nach.<br />

– Sie verlieren Geld (das Geld wird<br />

verwen<strong>de</strong>t, um die Täter zu bezahlen).<br />

– Sie können / wollen keine<br />

schlüssige Erklärung für ihr Verhalten<br />

geben.<br />

– Sie beginnen zu stottern.<br />

– Sie ziehen sich zurück.<br />

– Sie haben Alpträume.<br />

– Sie begehen einen Selbstmordversuch.<br />

Annemarie Renges: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Schule. http://www.schulberatung.<br />

bayern.<strong>de</strong>/vpmob.htm<br />

Grundwissen<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Grundwissen<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

„konzentrieren auf die Schule“ o<strong>de</strong>r „mei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Mobber“. An<strong>de</strong>re versuchen<br />

durch Leistung zu überzeugen o<strong>de</strong>r flüchten in Krankheit.<br />

– sich zurückzuziehen, soziale Situationen zu mei<strong>de</strong>n, ganz für sich zu<br />

bleiben.<br />

Unterstützung holen<br />

– Einbeziehen und Einschalten von Autoritätspersonen, wie – im schulischen<br />

Bereich – Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, die Schulleitung.<br />

– Rat suchen bei Freun<strong>de</strong>n und Bekannten.<br />

– Unterstützung suchen bei professionellen Fachleuten wie Therapeuten,<br />

Ärzten o<strong>de</strong>r Beratungsstellen.<br />

Unterstützung individueller Strategien<br />

Im schulischen Kontext wer<strong>de</strong>n individuelle Strategien unterstützt durch<br />

spezielle Lern- und Trainigsangebote, die das Ziel haben, „Kin<strong>de</strong>r stark<br />

zu machen“ und ihnen konkrete erste Verhaltensweisen vermittelt. Diese<br />

Strategien reichen jedoch nicht aus. Aus Untersuchungen in <strong>de</strong>r Arbeitswelt<br />

ist bekannt, dass sechzig Prozent <strong>de</strong>r <strong>Mobbing</strong>fälle (unter Erwachsenen)<br />

erst dadurch been<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, dass die Betroffenen freiwillig o<strong>de</strong>r<br />

gezwungen ihren Arbeitsplatz aufgeben, versetzt wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m<br />

Erwerbsleben ausschei<strong>de</strong>n. Neben individuellen Strategien und Unterstützungsprogrammen<br />

müssen <strong>de</strong>shalb vielfältige Elemente <strong>de</strong>r Prävention und<br />

Intervention auf Schulebene hinzu kommen.<br />

Regeln etablieren<br />

<strong>Mobbing</strong> darf nicht gedul<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Um dies auch klar auszurücken, sollten<br />

Regeln <strong>de</strong>s Zusammenlebens aufgestellt und formuliert wer<strong>de</strong>n. Spezielle<br />

Regeln gegen <strong>Mobbing</strong> können in einer Anti-<strong>Mobbing</strong>-Konvention<br />

festgehalten wer<strong>de</strong>n, die von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrerinnen<br />

und Lehrern ausgearbeitet, diskutiert und verabschie<strong>de</strong>t wird und<br />

für die gesamte Schule Gültigkeit hat. Dabei muss auch geregelt wer<strong>de</strong>n,<br />

was geschieht, wenn diese Regeln übertreten wer<strong>de</strong>n.<br />

Konfliktbearbeitung<br />

Gleichzeitig muss ein Instrumentarium zur Konfliktbearbeitung aufgebaut<br />

und eingeführt wer<strong>de</strong>n, das konstruktive Möglichkeiten <strong>de</strong>s Konfliktaustrages<br />

enthält. Hierzu gehören auch Schüler-Streitschlichtungs-Programme.<br />

Zivilcourage entwickeln<br />

Sich einzumischen, Opfern beizustehen und Tätern die Unterstützung zu<br />

entziehen, ist zivilcouragiertes Han<strong>de</strong>ln im bestem Sinne.<br />

10<br />

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Überlegungen zur Umsetzung<br />

Um <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule zu unterbin<strong>de</strong>n bedarf es <strong>de</strong>r Sensibilierung für<br />

das Problem und wirksamer Gegenstrategien. Ausgangspunkte sind in <strong>de</strong>r<br />

Praxis oft gravieren<strong>de</strong> Vorfälle, die nicht länger ignoriert wer<strong>de</strong>n können.<br />

Deshalb ist es wichtig, Interventionsmöglichkeiten zu kennen und langfristige<br />

Prävention anzugehen.<br />

Für Lehrkräfte und Eltern<br />

Das gemeinsame Verständnis von <strong>Mobbing</strong><br />

Ein gemeinsames Verständnis, was unter <strong>Mobbing</strong> verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n soll<br />

und in welchem Ausmaß es in <strong>de</strong>r Schule vorkommt, bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Ausgangspunkt.<br />

Dabei ist zu klären:<br />

Was sind <strong>Mobbing</strong>handlungen? Welche <strong>Mobbing</strong>handlungen kommen in <strong>de</strong>r<br />

Schule vor? Welche Anzeichen für <strong>Mobbing</strong> gibt es? (M 1 – M 3).<br />

Handlungsmöglichkeiten<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen erfor<strong>de</strong>rn von Lehrkräften ein spezifisches und konsequentes<br />

Vorgehen (M 4 – M 6). Diese Handlungsstrategien müssen erarbeitet,<br />

geübt und reflektiert wer<strong>de</strong>n (M 5).<br />

Hilfen anbieten<br />

Mobber und <strong>Mobbing</strong>opfer dürfen nicht allein gelassen wer<strong>de</strong>n (M 7,<br />

M 8).<br />

11<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Grundwissen<br />

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Grundwissen<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

Für <strong>de</strong>n Unterricht<br />

Für <strong>Mobbing</strong>handlungen sensibilisieren<br />

Schülerinnen und Schüler sollten sich mit <strong>Mobbing</strong>situationen gezielt<br />

– auch im Unterricht – auseinan<strong>de</strong>rsetzen. Für <strong>Mobbing</strong>handlungen zu<br />

sensibilisieren ist ein erster Schritt (M 12, M 13).<br />

<strong>Mobbing</strong>situationen lesen lernen<br />

Zu erkennen, was in <strong>Mobbing</strong>situationen geschieht, warum Täter so han<strong>de</strong>ln,<br />

was Opfer empfin<strong>de</strong>n und was die „Unbeteiligten“ tun können, sind<br />

zentrale Lerninhalte (M 9 – M 11).<br />

Han<strong>de</strong>ln können<br />

Han<strong>de</strong>ln können setzt nicht nur ein Unrechtsempfin<strong>de</strong>n voraus, son<strong>de</strong>rn<br />

auch Kenntnisse über Handlungsmöglichkeiten. Erste Handlungsschritte<br />

sollten vermittelt wer<strong>de</strong>n (M 14).<br />

Für die gesamte Schule<br />

Übereinkünfte für gewünschtes bzw. nicht tolerierbares Verhalten sind<br />

wichtig.<br />

Sie sollten nicht nur auf Klassenebene, son<strong>de</strong>rn für die gesamte Schule<br />

verbindlich formuliert wer<strong>de</strong>n (vgl auch Baustein „Regeln etablieren“<br />

M 13).<br />

Präventionsstrategien gegen <strong>Mobbing</strong> sind eingebun<strong>de</strong>n in die Etablierung<br />

eines Konfliktmanagementsystems auf Schulebene sowie in die Befähigung<br />

zu zivilcouragiertem Han<strong>de</strong>ln.<br />

Ergänzen<strong>de</strong> Bausteine<br />

4.2.1 Konflikte konstruktiv bearbeiten<br />

4.2.4 Regeln etablieren<br />

4.3.1 Han<strong>de</strong>ln in Gewaltsituationen<br />

12<br />

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F Ü R L E H R K R Ä F T E U N D E L T E R N<br />

Die Materialien im Überblick<br />

Materialien<br />

M 1:<br />

<strong>Mobbing</strong>-Handlungen<br />

M 2:<br />

Systematik für <strong>Mobbing</strong>-Handlungen<br />

M 3:<br />

Anzeichen für <strong>Mobbing</strong><br />

M 4:<br />

Handlungsraster für<br />

Lehrkräfte<br />

M 5:<br />

Wie reagieren?<br />

M 6:<br />

Handlungsmöglichkeiten<br />

für Eltern<br />

M 7:<br />

Hilfen für Mobber<br />

Beschreibung Vorgehen<br />

M 1 benennt eine Vielzahl von<br />

<strong>Mobbing</strong>-Handlungen.<br />

Einteilung von <strong>Mobbing</strong>-Handlungen<br />

nach Leymann in fünf Kategorien.<br />

Typische Symptome, die auf <strong>Mobbing</strong><br />

hinweisen können.<br />

M 4 beschreibt ein Handlungsraster<br />

für Lehrkräfte.<br />

M 5 beschreibt einen konkreten<br />

<strong>Mobbing</strong>fall aus <strong>de</strong>r Sicht einer<br />

Mutter.<br />

M 6 zeigt in verschie<strong>de</strong>nen Stufen,<br />

wie Eltern von Opfer-Kin<strong>de</strong>rn reagieren<br />

sollten.<br />

M 7 zeigt, wie mit Mobbern konkret<br />

umgegangen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

13<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

In Kleingruppen wer<strong>de</strong>n die einzelnen<br />

Handlungen <strong>de</strong>n Kategorien<br />

„Schüler“, „Lehrer“, „Bei<strong>de</strong>“ zugeordnet.<br />

Für die einzelnen Kategorien wer<strong>de</strong>n<br />

Beispiele gefun<strong>de</strong>n.<br />

Die Handlungen von M 1 wer<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>n Kategorien zugeordnet.<br />

Die Symptome wer<strong>de</strong>n diskutiert.<br />

Es wird auf das Problem verschie<strong>de</strong>ner<br />

Ursachenstränge für diese<br />

Symptome hingewiesen.<br />

Das Raster wird <strong>de</strong>tailliert gefüllt<br />

und ergänzt. Was be<strong>de</strong>uten die<br />

einzelnen Punkte konkret?<br />

Welche Handlungsmöglichkeiten<br />

sind <strong>de</strong>nkbar, welche sind empfehlenswert?<br />

Eltern sollten über dieses Handlungsraster<br />

informiert wer<strong>de</strong>n. Das<br />

Handlungsraster sollte gemeinsam<br />

besprochen wer<strong>de</strong>n. Verän<strong>de</strong>rn sich<br />

die Empfehlungen von M 5 vor <strong>de</strong>m<br />

Hintergrund von M 6?<br />

Dieser Leitfa<strong>de</strong>n für Lehrkräfte (und<br />

Eltern) sollte als Grundlage für<br />

gemeinsam zu entwickelte Verhaltensgrundsätze<br />

gegenüber Mobbern<br />

dienen.<br />

Grundwissen<br />

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Grundwissen<br />

U N T E R R I C H T<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

Materialien Beschreibung<br />

Vorgehen<br />

M 8:<br />

Hilfen für <strong>Mobbing</strong>opfer<br />

M 9:<br />

Die Umklei<strong>de</strong>kabine<br />

M 10:<br />

Das Gerücht<br />

M 11:<br />

Was ist da los?<br />

M 12 :<br />

Der <strong>Mobbing</strong>-Test<br />

M 13 :<br />

Fiese Dinge<br />

M 14:<br />

Erste Schritte bei<br />

<strong>Mobbing</strong><br />

M 8 benennt präventive Strategien<br />

für (potenzielle) <strong>Mobbing</strong>opfer.<br />

Die Bil<strong>de</strong>rgeschichte zeigt, wie<br />

ein Junge die Schultasche einer<br />

Mitschülerin in <strong>de</strong>r Umklei<strong>de</strong>kabine<br />

auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n kippt.<br />

Die Bil<strong>de</strong>r zeigen, wie zwei Mädchen<br />

tuscheln, um dann eine Mitschülerin<br />

zu beschimpfen.<br />

Fünf Fotos zeigen typische <strong>Mobbing</strong>situationen.<br />

Der „<strong>Mobbing</strong>-Test“ benennt typische<br />

<strong>Mobbing</strong>handlungen.<br />

M 13 liefert ein Raster von A – Z.<br />

M 14 bietet Verhaltensregeln, wenn<br />

man selbst gemobbt wird, bzw.<br />

wenn man <strong>Mobbing</strong> beobachtet.<br />

14<br />

Die Punkte von M 8 stellen ein<br />

Lern- und Handlungsprogramm dar,<br />

das schrittweise verwirklicht wer<strong>de</strong>n<br />

kann.<br />

Die Kin<strong>de</strong>r schreiben zu <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn<br />

eine Geschichte. Bei <strong>de</strong>r Besprechung<br />

wird beson<strong>de</strong>rs besprochen, was<br />

das Mädchen tun könnte.<br />

Was erzählen sich die Mädchen?<br />

Und was sagen sie zu <strong>de</strong>r Mitschülerin?<br />

Die Kin<strong>de</strong>r spielen die Szenen<br />

nach.<br />

Was wird dargestellt, was kennen<br />

die Kin<strong>de</strong>r aus eigenem Erleben?<br />

Wie fühlen sie sich, wenn sie solches<br />

erleben?<br />

Die Kin<strong>de</strong>r kreuzen an, was sie<br />

schon erlebt haben. In <strong>de</strong>r Klasse<br />

wird <strong>de</strong>r Bogen ausgewertet.<br />

Die Kin<strong>de</strong>r schreiben zu je<strong>de</strong>m<br />

Buchstaben „fiese Dinge“, die <strong>Mobbing</strong>handlungen<br />

beschreiben.<br />

Wie soll mit solchen Worten in <strong>de</strong>r<br />

Klasse umgegangen wer<strong>de</strong>n?<br />

Die Verhaltensregeln wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />

Klasse vorgestellt, besprochen. Die<br />

Kin<strong>de</strong>r schreiben die Regeln ab.<br />

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M1 <strong>Mobbing</strong>-Handlungen<br />

Bloßstellung einer Person<br />

Abschätzige Gesten, abwerten<strong>de</strong> Blicke<br />

Witzeln<br />

Hinter <strong>de</strong>m Rücken schlecht re<strong>de</strong>n<br />

Beschädigen o<strong>de</strong>r zerstören von Eigentum<br />

Vor an<strong>de</strong>ren lächerlich machen<br />

Spitznamen geben und verwen<strong>de</strong>n<br />

Jeman<strong>de</strong>n permanent als dumm hinstellen<br />

Jemand wird regelmäßig übergangen<br />

Körperliche Übergriffe wie stoßen, schlagen, kneifen, plagen, ...<br />

Es wer<strong>de</strong>n An<strong>de</strong>utungen über die Eltern gemacht<br />

Jemand wird beschimpft und beleidigt<br />

Mitschüler wer<strong>de</strong>n gehin<strong>de</strong>rt, nach Hause zu gehen.<br />

Schuhe o<strong>de</strong>r Kleidungsstücke wer<strong>de</strong>n versteckt o<strong>de</strong>r zerstört<br />

Geheimnisse wer<strong>de</strong>n systematisch herumerzählt<br />

Gerüchte wer<strong>de</strong>n in Umlauf gebracht<br />

Bedrohung, Gewaltandrohung (mit und ohne Waffen)<br />

Privates wird vor die Klasse gezogen, die Intimsphäre wird verletzt<br />

Erpressung<br />

Permanent nicht zu Wort kommen lassen<br />

Ständige Kritik<br />

Eine Person wird nie gelobt<br />

Eine Person bekommt Noten, die nicht <strong>de</strong>r Leistung entsprechen<br />

Lustig machen über körperliche Eigenschaften (Nase, Frisur, ...)<br />

Übertriebene Strafen<br />

Verbale Beschimpfungen<br />

Schutz verweigern<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

15<br />

Schülerinnen und Schüler<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Lehrerinnen und Lehrer<br />

Bei<strong>de</strong> Gruppen<br />

Lehrer, Eltern<br />

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Lehrer, Eltern<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M2 Systematik für <strong>Mobbing</strong>-Handlungen<br />

Manche <strong>Mobbing</strong>-Handlungen sind für sich genom-<br />

men eher harmlos. Eine erdrücken<strong>de</strong> Gewalt entwickeln<br />

solche Handlungen erst, wenn sie systematisch<br />

ausgeübt wer<strong>de</strong>n.<br />

An<strong>de</strong>re <strong>Mobbing</strong>-Handlungen sind schon für sich<br />

ein massiver Angriff auf die persönliche Wür<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />

die berufliche I<strong>de</strong>ntität.<br />

Eine einmalige „Strafaktion“ ist noch kein <strong>Mobbing</strong>.<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

16<br />

Der <strong>Mobbing</strong>-Forscher Leymann teilt <strong>Mobbing</strong>-<br />

Handlungen in fünf Bereiche ein:<br />

1. Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen,<br />

u.a.:<br />

– Man wird ständig unterbrochen.<br />

– Ständige Kritik an <strong>de</strong>r Arbeit.<br />

– Telefonterror.<br />

2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen:<br />

– Man spricht nicht mehr mit <strong>de</strong>m/<strong>de</strong>r Betroffenen.<br />

– Man lässt sich nicht ansprechen.<br />

– Man wird „wie Luft“ behan<strong>de</strong>lt.<br />

3. Auswirkungen auf das soziale Ansehen:<br />

– Man macht sich über das Privatleben lustig.<br />

– Man macht sich über die Nationalität lustig.<br />

– Sexuelle Annäherungen o<strong>de</strong>r verbale sexuelle<br />

Angebote.<br />

4. Angriffe auf die Qualität <strong>de</strong>r Berufs- und<br />

Lebenssituation:<br />

– Man weist <strong>de</strong>m Betroffenen keine Arbeitsauf-<br />

gaben zu.<br />

– Man gibt ihm sinnlose Arbeitsaufgaben.<br />

– Man gibt ihm „kränken<strong>de</strong>“ Arbeitsaufgaben.<br />

5. Angriffe auf die Gesundheit:<br />

– Zwang zu gesundheitsschädlichen Arbeiten.<br />

– Androhung körperlicher Gewalt.<br />

– Körperliche Misshandlung.<br />

– Sexuelle Übergriffe.<br />

www.dgb-mobbing.<strong>de</strong><br />

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M3 Anzeichen für <strong>Mobbing</strong><br />

17<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Bei Schülerinnen und Schülern können folgen<strong>de</strong> Verhaltensweisen Anzeichen für mögliches<br />

<strong>Mobbing</strong> sein:<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

– Sie wollen nicht mehr zur Schule gehen.<br />

– Sie wollen zur Schule gefahren wer<strong>de</strong>n.<br />

– Ihre schulische Leistung lässt nach.<br />

– Sie verlieren Geld (das Geld wird verwen<strong>de</strong>t, um die Täter zu bezahlen).<br />

– Sie können / wollen keine schlüssige Erklärung für ihr Verhalten geben.<br />

– Sie beginnen zu stottern.<br />

– Sie ziehen sich zurück.<br />

– Sie haben Alpträume.<br />

– Sie begehen einen Selbstmordversuch.<br />

Annemarie Renges: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule, Starnberg o.J., http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/vpmob.htm<br />

Folgen<strong>de</strong> psychosomatischen Beschwer<strong>de</strong>n bei <strong>Mobbing</strong>-Opfern können gleichzeitig Indikatoren für<br />

<strong>Mobbing</strong> sein:<br />

– Konzentrationsschwierigkeiten,<br />

– Nie<strong>de</strong>rgeschlagenheit,<br />

– Gereiztheit,<br />

– Gefühle <strong>de</strong>r Unsicherheit,<br />

– Übersensibilität,<br />

– Alpträume,<br />

– Magenschmerzen,<br />

– Übelkeit,<br />

– Appetitlosigkeit,<br />

– Kontaktarmut,<br />

– Erschreckenssymptome wie Druck auf <strong>de</strong>r Brust,<br />

– Schweißausbrüche,<br />

– Schmerzen <strong>de</strong>s Rückens, <strong>de</strong>s Nackens und <strong>de</strong>r Muskeln,<br />

– Schlafstörungen.<br />

Vgl. Fliegel, Steffen (2000). <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r Schule., www: http://www.wdr.<strong>de</strong>/radio/wdr2/westzeit/psychologie001108.html (01-04-07)<br />

Lehrer, Eltern<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Lehrer, Eltern<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M4 Handlungsraster für Lehrkräfte<br />

Nicht ignorieren, nicht bagatellisieren<br />

Wenn in einer Schule ein Konsens zwischen allen<br />

Beteiligten besteht, dass es sich bei <strong>Mobbing</strong> um<br />

Gewaltausübung han<strong>de</strong>lt, wer<strong>de</strong>n Aussenstehen<strong>de</strong><br />

solche Prozesse sensibler wahrnehmen und klarer<br />

reagieren.<br />

Stellung beziehen<br />

Wo immer <strong>Mobbing</strong> bekannt o<strong>de</strong>r offensichtlich<br />

wird, sollten Lehrkräfte einen klaren Standpunkt<br />

beziehen und versuchen, zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>n „zusehen<strong>de</strong>n“<br />

Mitschülern, möglichst aber auch <strong>de</strong>n Tätern<br />

einen Perspektivenwechsel zu ermöglichen und ihnen<br />

die psychischen Folgen für die Opfer in einer<br />

solchen Situation klar zu machen.<br />

Gespräche mit <strong>de</strong>m Täter<br />

Wenn ein <strong>Mobbing</strong>fall bekannt wird, sollte ein<br />

Gespräch mit <strong>de</strong>m/<strong>de</strong>n Täter/n stattfin<strong>de</strong>n. Dabei<br />

muss <strong>de</strong>utlich wer<strong>de</strong>n, dass <strong>Mobbing</strong> nicht toleriert<br />

wird.<br />

Gespräche mit <strong>de</strong>m Opfer<br />

Gespräche mit <strong>de</strong>m Opfer ermöglichen, die Angst<br />

und Bedrohung aufzufangen und <strong>Mobbing</strong> nicht zu<br />

verheimlichen o<strong>de</strong>r zu verbergen. Opferschutz ist<br />

dabei wichtig.<br />

Klassengespräch<br />

Schüler ermutigen, über <strong>Mobbing</strong>-Vorfälle zu sprechen.<br />

Klassengespräche brechen <strong>de</strong>n Bann <strong>de</strong>r<br />

Heimlichkeit und können dazu beitragen Konflikte<br />

zu klären, gemeinsam Verhaltensregeln zu entwickeln<br />

bzw. bestehen<strong>de</strong> zu reflektieren. Dabei wird<br />

beson<strong>de</strong>rs das Potential <strong>de</strong>r sich positiv verhalten<strong>de</strong>n<br />

Schülerinnen und Schüler genutzt.<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

18<br />

Lehrerkonferenz informieren<br />

<strong>Mobbing</strong>fälle sollten in Lehrerkonferenzen benannt<br />

und aufgegriffen wer<strong>de</strong>n. Bei schwierigen Fällen<br />

sollte Beratung von außen (z.B. durch <strong>de</strong>n schulpsychologischen<br />

Dienst) eingeholt wer<strong>de</strong>n.<br />

Elterngespräche suchen<br />

Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Grundschule ist es wichtig, die Eltern<br />

frühzeitig einzuschalten und sich über die Wahrnehmung<br />

von Warnsignalen auszutauschen und<br />

Handlungsstrategien abzusprechen.<br />

Paten-/Mentorenprogramme<br />

Patenschaften zwischen älteren und jüngeren Schülerinnen<br />

und Schülern schaffen ein kommunikatives<br />

Umfeld, in <strong>de</strong>m <strong>Mobbing</strong> schnell wahrgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n kann und Paten als Unterstützer fungieren<br />

können.<br />

Konsequenzen durchsetzen<br />

Wer <strong>Mobbing</strong> begeht, muss mit Konsequenzen seines<br />

Han<strong>de</strong>ln konfrontiert wer<strong>de</strong>n. Hierzu zählen<br />

u.a. eine Entschuldigung beim Opfer sowie die<br />

Wie<strong>de</strong>rgutmachung von Schä<strong>de</strong>n.<br />

Arbeits<strong>fragen</strong><br />

– Was be<strong>de</strong>uten die einzelnen Punkte konkret?<br />

– Welche Punkte sind beson<strong>de</strong>rs wichtig?<br />

– Was sollte ergänzt wer<strong>de</strong>n?<br />

– Wie kann ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen<br />

erreicht wer<strong>de</strong>n?<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


M5 Wie reagieren?<br />

Mein Sohn ist 8 Jahre alt und kommt im Herbst<br />

in die 3. Klasse. Seit April dieses Jahres wird er<br />

von einem Mitschüler, einem ehemaligen Freund,<br />

gemobbt. Das Kind beschimpft meinen Sohn („du<br />

bist blöd, du bist dumm, du bist feige“, usw.),<br />

macht abfällige Bemerkungen über sein Aussehen<br />

o<strong>de</strong>r seine Kleidung, auch über seine Arbeit im<br />

Kunstunterricht („das sieht voll Sch... aus, ey“). Er<br />

versucht meinem Sohn die wenige Freun<strong>de</strong>, die er<br />

hat, wegzunehmen. Er sagt z.B. Du darfst entwe<strong>de</strong>r<br />

mit mir befreun<strong>de</strong>t sein o<strong>de</strong>r mit ihm. Dieses<br />

Kind hat mit einem an<strong>de</strong>ren meinem Sohn auf <strong>de</strong>m<br />

Nachhauseweg aufgelauert und ihn über die Straße<br />

vor ein fahren<strong>de</strong>s Auto gejagt (das habe ich selber<br />

gesehen). Mein Sohn hat keine Probleme mit an<strong>de</strong>ren<br />

Schüler, eben nur mit diesem Jungen. Ich habe<br />

ihm schon gesagt, er soll <strong>de</strong>n einfach ignorieren,<br />

aber er sagt, dass dieses Kind ihn so provoziert bis<br />

er darauf reagieren „muss“. Gespräche mit <strong>de</strong>n Eltern<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s und mit <strong>de</strong>r Klassenlehrerin blieben<br />

erfolglos. Die Eltern bestreiten alles und weisen die<br />

Schuld auf meinen Sohn zurück, die Lehrerin sagt,<br />

sie wür<strong>de</strong> versuchen, das im Auge zu behalten. Ich<br />

habe ähnliche Erlebnisse in meiner Schulzeit gemacht,<br />

und ich weiß genau, wie sowas einem wehtun<br />

kann. Ich bin fix und fertig und weiß nicht<br />

weiter. Wer kann mir was dazu sagen?<br />

Danke und viele Grüße von P.<br />

http://forum.gofeminin.<strong>de</strong>/forum/matern2/__f1695_matern2-<br />

<strong>Mobbing</strong>-in-<strong>de</strong>r-Grundschule.html<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

19<br />

Was wür<strong>de</strong>n Sie <strong>de</strong>r Mutter raten?<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Was halten Sie von <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Vorschlägen<br />

an<strong>de</strong>rer Eltern?<br />

– Lei<strong>de</strong>r hilft <strong>de</strong>r Rat „ignorieren“ überhaupt nichts!<br />

Eher wür<strong>de</strong> es helfen, wenn Dein Sohn dieses<br />

kleine Stinktier mal so richtig nach Strich und<br />

Fa<strong>de</strong>n vermöbeln wür<strong>de</strong>.<br />

– Ganz ehrlich, ich wür<strong>de</strong> das Kind von dieser Schule<br />

nehmen. Es lohnt sich zu kämpfen aber nicht<br />

um je<strong>de</strong>n Preis. Und wenn Dein Sohn die Schule<br />

wechselt, ist er kein Verlierer o<strong>de</strong>r Schwächling,<br />

son<strong>de</strong>rn ein Gewinner.<br />

– Ich glaube nicht, dass es hilft, die Schule zu<br />

wechseln, <strong>de</strong>nn dann läuft er nur weg. Auf <strong>de</strong>r<br />

neuen Schule gibt es dann vielleicht wie<strong>de</strong>r so<br />

einen Jungen und dann?<br />

– Lass Dein Kind in Kin<strong>de</strong>rkarate gehen, o<strong>de</strong>r besser<br />

noch ins Wing-Tsun. Gehe am besten gleich mit,<br />

Deinem Selbstvertrauen wird es danach besser<br />

gehen.<br />

Lehrer, Eltern<br />

©2007, Institut für <strong>Frie<strong>de</strong>n</strong>spädagogik Tübingen e.V.–WSD Pro Child e.V.


Lehrer, Eltern<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M6 Handlungsmöglichkeiten für Eltern<br />

Wie Eltern von Opfer-Kin<strong>de</strong>rn reagieren sollten<br />

Mögliche Warnsignale bemerken: Weinerlichkeit<br />

nach <strong>de</strong>r Schule, Bauch- o<strong>de</strong>r Kopfschmerzen am<br />

Morgen, Schlaflosigkeit. Ein Kind kann mit diesen<br />

Symptomen seine Lern- und Versagensängste ebenso<br />

ausdrücken wie die Tatsache, dass es gemobbt<br />

wird.<br />

Wenn Eltern Warnsignale bemerken, sollten sie ihrem<br />

Kind signalisieren, dass sie immer (!) Zeit für<br />

ein Gespräch haben. Ruhig und zugewandt sein,<br />

<strong>de</strong>m Kind aber kein Gespräch aufzwingen.<br />

Wenn das Kind sich <strong>de</strong>n Eltern anvertraut, Stärke<br />

zeigen: ruhig, konzentriert und unaufgeregt zuhören.<br />

Zunächst mit Trost und Verständnis reagieren –<br />

keine Besserwisserei. Belehren<strong>de</strong> Sätze erschüttern<br />

das Vertrauen und verletzen das ohnehin beeinträchtigte<br />

Selbstbewusstsein <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s.<br />

Sofort han<strong>de</strong>ln. Das notwendige Telefonat mit <strong>de</strong>r<br />

Lehrerin kann auch ohne lange Absprache mit <strong>de</strong>m<br />

vielleicht abwesen<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Elternteil erfolgen<br />

und sollte im Beisein <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s geführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Lehrergespräch besonnen, aber unmissverständlich<br />

<strong>de</strong>utlich machen, dass man sich als Eltern dafür<br />

verantwortlich fühlt, dass diese Art <strong>de</strong>r Gewalt sofort<br />

abgestellt wird. Ein Gespräch mit <strong>de</strong>r Schulleitung<br />

ist pure Selbstverständlichkeit und sollte auch<br />

so vorgetragen wer<strong>de</strong>n. Anschließend entschei<strong>de</strong>n,<br />

ob das Kind am nächsten Tag in die Schule geht.<br />

Den Gang zur Polizei nicht scheuen. Bei ernsthaften<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

20<br />

gewalttätigen Vorfällen sollte er bei <strong>de</strong>r Schulleitung<br />

eingefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.<br />

Vermei<strong>de</strong>n, dass das Familiengespräch unendlich<br />

um das Gewaltthema kreist. Statt<strong>de</strong>ssen ist es die<br />

Aufgabe <strong>de</strong>r Eltern, <strong>de</strong>utlich zu machen, dass eben<br />

diese Gewalt keine Chance hat. Unter <strong>de</strong>m Schutz<br />

<strong>de</strong>r elterlichen Entschlossenheit lassen sich betroffene<br />

Kin<strong>de</strong>r gerne auf an<strong>de</strong>re Themen ein. Dies gehört<br />

zu <strong>de</strong>n Selbstheilungskräften, über die je<strong>de</strong>s<br />

Kind verfügt.<br />

TV Hören und Sehen 16/2006, S. 115.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Lehrer mobbt?<br />

Bei Problemen mit <strong>de</strong>r Lehrerin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Lehrer<br />

sollten Sie ruhig um ein persönliches Gespräch bitten.<br />

Vor <strong>de</strong>m Gespräch ist es ratsam, Beweise für<br />

das ungerechte Verhalten zu sammeln.<br />

Notieren Sie sich die Sprüche und suchen Sie sich<br />

Mitschülerinnen und Mitschüler als Zeugen.<br />

Lässt die Lehrerin / <strong>de</strong>r Lehrer nicht mit sich re<strong>de</strong>n,<br />

wen<strong>de</strong>n Sie sich an die Schulleitung.<br />

Ist dies ergebnislos, kann die Schulaufsichtsbehör<strong>de</strong><br />

auf die Lehrerin / <strong>de</strong>n Lehrer einwirken.<br />

Wenn alles nichts hilft, kann ein Anwalt zum Recht<br />

verhelfen.<br />

Vgl. Frankfurter Rundschau, 5.12.2006, S. 26.<br />

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M7 Hilfen für Mobber<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

Man kann einem Mobber helfen …<br />

– in<strong>de</strong>m man ruhig bleibt.<br />

– in<strong>de</strong>m man Fakten herausfin<strong>de</strong>t.<br />

– in<strong>de</strong>m man mit ihm re<strong>de</strong>t, um herauszufin<strong>de</strong>n, ob<br />

er durch irgend etwas beson<strong>de</strong>rs gereizt wur<strong>de</strong><br />

o<strong>de</strong>r selbst gemobbt wur<strong>de</strong> und als Reaktion um<br />

sich schlägt.<br />

– in<strong>de</strong>m geprüft wird, ob er erkennt, dass er an<strong>de</strong>re<br />

tyrannisiert und verletzt; manchmal wissen Schülerinnen<br />

und Schüler nicht, wie sich ihre Handlungen<br />

auf an<strong>de</strong>re auswirken.<br />

– in<strong>de</strong>m man mit seinen Eltern spricht und ihnen<br />

vorschlägt, mit <strong>de</strong>r Schule zusammenzuarbeiten,<br />

um die beste Metho<strong>de</strong> herauszufin<strong>de</strong>n, ihrem<br />

Kind zu helfen.<br />

– in<strong>de</strong>m man mit <strong>de</strong>n Eltern <strong>de</strong>s Opfers spricht und,<br />

wenn möglich, die Dinge richtig stellt.<br />

– in<strong>de</strong>m man einen Verstärkerplan für <strong>de</strong>n Mobber<br />

anlegt, um gutes Verhalten zu belohnen und ihm<br />

so zu helfen, sein soziales Verhalten zu verän<strong>de</strong>rn.<br />

– in<strong>de</strong>m man ihm <strong>de</strong>utlich macht, dass man ihm<br />

eine Chance gibt.<br />

– in<strong>de</strong>m man ihm die Möglichkeit <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rgutmachung<br />

gibt.<br />

– in<strong>de</strong>m man es ihm zur Auflage macht, sich bei<br />

<strong>de</strong>m Opfer zu entschuldigen.<br />

– in<strong>de</strong>m seine Eltern notfalls Beratungsstellen o<strong>de</strong>r<br />

professionelle Hilfe aufsuchen, wenn er nach einer<br />

gewissen Zeit nicht reagiert.<br />

Vgl. Siegrun Boiger / Jens Müller-Kent: <strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Grundschule, www.ekbo.<strong>de</strong>/Dateien/bildungswerk_mobbing.<strong>de</strong><br />

21<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Lehrer, Eltern<br />

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Lehrer, Eltern<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M8 Hilfen für <strong>Mobbing</strong>opfer<br />

Man kann <strong>de</strong>n Opfern helfen ...<br />

– in<strong>de</strong>m man mit allen Schülern gemeinsam eine<br />

Liste mit Sätzen erstellt, die sich ausdrücklich<br />

gegen das <strong>Mobbing</strong> richten und im Klassenraum<br />

(bzw. überall in <strong>de</strong>r Schule) aushängt.<br />

– in<strong>de</strong>m man bedrohliche <strong>Mobbing</strong>situationen im<br />

Rollenspiel nachspielen lässt und übt, ruhig aber<br />

entschlossen zu reagieren.<br />

– in<strong>de</strong>m man übt, in <strong>de</strong>n Spiegel zu sehen und mit<br />

klarer Stimme zu sagen „Nein“ o<strong>de</strong>r „Lass mich in<br />

Ruhe“. Der Täter, <strong>de</strong>r nach Zeichen von Schwäche<br />

sucht, erhält so eine entschlossene Abfuhr.<br />

– in<strong>de</strong>m man übt, ganz bewusst aufrecht, gera<strong>de</strong><br />

und selbstsicher zu gehen, anstatt gebückt, unsicher<br />

und ängstlich. Bei <strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Opfer<br />

spielt die Körpersprache eine wesentliche Rolle.<br />

Sie signalisiert: „Ich bin schwach und kann mich<br />

nicht wehren“.<br />

– in<strong>de</strong>m man Humor einsetzt: es ist schwieriger,<br />

einen Schüler zu mobben, <strong>de</strong>r sich weigert das<br />

<strong>Mobbing</strong> ernst zu nehmen.<br />

– in<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Opfern rät, wenn möglich in<br />

Gruppen mit mehreren Kin<strong>de</strong>rn, bzw. in <strong>de</strong>r Nähe<br />

von Paten zu bleiben.<br />

– in<strong>de</strong>m man ihnen versichert, dass das <strong>Mobbing</strong><br />

nicht ihre Schuld ist.<br />

– in<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Schülern sagt, dass man sie mag.<br />

Gemobbte Kin<strong>de</strong>r fühlen sich oft ungeliebt.<br />

– in<strong>de</strong>m man ihnen hilft schlechte Angewohnheiten,<br />

die zum <strong>Mobbing</strong> geführt haben, abzulegen<br />

(wie z.B. in <strong>de</strong>r Nase bohren, angeben, petzen,<br />

an<strong>de</strong>ren Schülern Sachen wegnehmen o<strong>de</strong>r diese<br />

absichtlich vom Tisch zu stoßen).<br />

– in<strong>de</strong>m ihre Stärken ausgebaut wer<strong>de</strong>n. Man sollte<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

22<br />

<strong>de</strong>n betroffenen Schülern Aufgaben in <strong>de</strong>r Klasse<br />

übertragen, die ihr Ansehen aufwerten und <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren zeigen: „Ich kann etwas beson<strong>de</strong>rs gut“<br />

(z.B. <strong>de</strong>n Vi<strong>de</strong>orecor<strong>de</strong>r bedienen).<br />

Vgl. Siegrun Boiger / Jens Müller-Kent:<strong>Mobbing</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Grundschule. www.ekbo.<strong>de</strong>/Dateien/bildungswerk_mobbing.<strong>de</strong><br />

Das <strong>Mobbing</strong> – Tagebuch<br />

Ein <strong>Mobbing</strong>-Tagebuch kann hilfreich sein um festzuhalten,<br />

was genau passiert ist:<br />

– Was ist geschehen?<br />

– Wann ist es passiert?<br />

– Worum ging es?<br />

– Warum kam es zu <strong>de</strong>m Konflikt?<br />

– Wer hat sich wie verhalten?<br />

– Wer hat was gesagt?<br />

– Gab es irgendwelche beson<strong>de</strong>ren Umstän<strong>de</strong>?<br />

– Wie habe ich mich dabei gefühlt?<br />

– Wie habe ich mich verhalten? Hätte ich mich<br />

auch an<strong>de</strong>rs verhalten können?<br />

– Gab es jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r mir geholfen, mich unterstützt<br />

hat?<br />

– Gibt es Zeugen o<strong>de</strong>r Beweise?<br />

– War da jemand, <strong>de</strong>r nicht geholfen hat?<br />

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M9 Die Umklei<strong>de</strong>kabine<br />

Schreibe zu <strong>de</strong>n Bil<strong>de</strong>rn eine Geschichte.<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

23<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Was ist passiert?, Warum ist es passiert?, Wie fühlt sich das Mädchen?,<br />

Was könnte sie tun?<br />

Unterricht<br />

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Unterricht<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M10 Das Gerücht<br />

Was sagt Clara zu Sandra<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

24<br />

Was sagen die drei<br />

Mädchen wohl zu<br />

Larissa<br />

Wie könnte die Geschichte weitergehen<br />

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M11 Was ist da los?<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

25<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Beschreibe, was auf <strong>de</strong>n<br />

Bil<strong>de</strong>rn geschieht:<br />

Hast Du selbst schon ähnliches erlebt? Wie ging es Dir dabei?<br />

Unterricht<br />

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Unterricht<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M12 Der <strong>Mobbing</strong>-Test<br />

Hast Du dies schon erlebt?<br />

Du wirst von Deinen Mitschülern zu Geburts-<br />

tagsfeiern o<strong>de</strong>r Festen eingela<strong>de</strong>n.<br />

Du erhältst komische Telefonanrufe.<br />

Die Mitschüler verstummen, wenn Du <strong>de</strong>n Raum<br />

betrittst.<br />

Man lacht über Dich.<br />

Man spricht nicht mehr mit Dir.<br />

Du wirst ständig kritisiert.<br />

Man verbreitet Gerüchte über Dich.<br />

Man imitiert Dich, Deinen Gang, Deine Stimme,<br />

Man gibt Dir Aufgaben, die für Dich viel zu<br />

schwierig sind.<br />

Du hast keine Freu<strong>de</strong> mehr an <strong>de</strong>r Schule.<br />

Du warst in letzter Zeit öfter krank.<br />

Du gehst nicht zu Klassenfesten o<strong>de</strong>r sonstigen<br />

freiwilligen Veranstaltungen <strong>de</strong>r Schule.<br />

Dir wur<strong>de</strong> schon einmal körperliche Gewalt an-<br />

gedroht.<br />

Deine persönlichen Dinge wer<strong>de</strong>n beschädigt<br />

(Schulranzen, Bücher, Mäppchen, Fahrrad ...).<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

26<br />

nie selten oft<br />

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M13 Fiese Dinge<br />

27<br />

4 . 3 . 3 M O B B I N G<br />

Fin<strong>de</strong>n fiese Worte, die <strong>Mobbing</strong>handlungen beschreiben und jeweils mit<br />

einem Buchstaben <strong>de</strong>s ABC anfangen:<br />

A<br />

B<br />

C<br />

D<br />

E<br />

F<br />

G<br />

H<br />

I<br />

J<br />

K<br />

L<br />

M<br />

N<br />

O<br />

P<br />

Q<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

R<br />

S<br />

T<br />

U<br />

V<br />

W<br />

X<br />

Y<br />

Z<br />

M<br />

O<br />

B<br />

B<br />

I<br />

N<br />

G<br />

Unterricht<br />

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Unterricht<br />

4 . L E R N F E L D E R U N D A N S A T Z P U N K T E 4 . 3 I N G E W A L T S I T U A T I O N E N H A N D E L N<br />

M14 Erste Schritte bei <strong>Mobbing</strong><br />

Wenn Du <strong>Mobbing</strong> selbst erlebst<br />

1. Nicht schweigen<br />

Behalte das, was geschieht nicht für Dich. Re<strong>de</strong> mit Deinen Eltern, Deinem Lehrer / Deiner<br />

Lehrerin o<strong>de</strong>r Freun<strong>de</strong>n darüber.<br />

2. Sage <strong>de</strong>utlich, was Du willst<br />

Sage klar und <strong>de</strong>utlich, dass das unerwünschte Verhalten unterlassen wer<strong>de</strong>n soll.<br />

3. Merke Dir<br />

Merke Dir, wer die Vorfälle noch beobachtet hat.<br />

4. Mache Dinge, die Dir Spass machen<br />

<strong>Mobbing</strong> bringt Dich in Bedrängnis, macht Dich lustlos o<strong>de</strong>r gestresst. Schaue, dass Du<br />

Dinge tun kannst, die Dir Spass machen und die Du gerne tust.<br />

4. Suche Dir Unterstützung<br />

Suche Dir Unterstützung bei Verbün<strong>de</strong>ten in Deiner Klasse o<strong>de</strong>r auch in an<strong>de</strong>ren Klassen.<br />

5. Suche Dir Freun<strong>de</strong><br />

Suche Dir Freun<strong>de</strong> bzw. pflege Deine Freundschaften. Freun<strong>de</strong> sind wichtig, damit Du Dich<br />

wohl fühlen kannst und in Kontakt mit an<strong>de</strong>ren bist.<br />

Wenn Du <strong>Mobbing</strong> beobachtest<br />

1. Informiere an<strong>de</strong>re<br />

Auch wenn Du <strong>Mobbing</strong> bei an<strong>de</strong>ren beobachtest, solltest Du dies unbedingt Deinen<br />

Eltern o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Lehrer / <strong>de</strong>r Lehrerin sagen.<br />

2. Sprich an<strong>de</strong>re an<br />

Sprich an<strong>de</strong>re Schülerinnen und Schüler auf das Problem an. Du bist <strong>de</strong>shalb keine<br />

„Petze“, <strong>de</strong>nn wenn niemand etwas sagt, än<strong>de</strong>rt sich nichts.<br />

3. Sage <strong>de</strong>utlich, was Du <strong>de</strong>nkst<br />

Sage klar und <strong>de</strong>utlich, dass das unerwünschte Verhalten unterlassen wer<strong>de</strong>n soll.<br />

4. Merke Dir<br />

Merke Dir, wer die Vorfälle noch beobachet hat.<br />

Handbuch – Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Grundschule<br />

28<br />

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