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Die Rechtsstellung gleichgeschlecht- licher Lebensgemeinschaften

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Forschunpsiournal NSB, Jp. 13, Heft 4, 2000 3<br />

Editorial<br />

chim Meisner (General-Anzeiger, 9.10.00: 1)<br />

bezeichnete das Antidiskriminierungsgesetz zur<br />

Homo-Ehe als „Anti-Ehe- und Familiengesetz.<br />

Das geht ans Wesen des christlichen Menschenbildes.<br />

Wenn die CDU da fällt, dann sollte sie<br />

das ,C ablegen". CDU-Politiker-so der Kölner<br />

Kirchenfürst - berufen sich „mitunter auf ein<br />

nebulöses christliches Menschenbild (...), das<br />

sich nicht mehr am christlichen Gottesbild orientiert."<br />

Ähnliches war aus Rom im Streit um eine Homosexuellen-Parade<br />

(World Gay Pride) im Sommer<br />

dieses Jahres zu vernehmen. Von Regierungsseite<br />

(Giuliano Amato) hieß es, diese sei<br />

„nicht opportun" und kollidiere mit dem Heiligen<br />

Jahr. <strong>Die</strong> italienische Bischofskonferenz<br />

sah grundsätz<strong>licher</strong>e Bedenken, da Freiheit<br />

nicht „mit Verwirrung und Vernebelung der<br />

Gewissen", so Erzbischof Angelo Comastro,<br />

gleich bedeutend sei (Süddeutsche Zeitung,<br />

27728. Mai 2000: 6).<br />

Im Alltagssprachgebrauch wird das Abnorme'<br />

in diskriminierender Weise transportiert,<br />

beispielsweise indem man sich über ,Mannsweiber',<br />

,Schwuchteln' und ,Tunten' lustig<br />

macht. Einer immer noch verbreiteten Position<br />

zufolge sind schwule HlV-Infizierte ja schließlich<br />

selbst daran schuld. Da wundert es nicht,<br />

wenn Eltern nach wie vor mit Entsetzen feststellen:<br />

,Mein Kind ist homosexuell'.<br />

Nicht zuletzt aus gemeinsam geteilten Unrechtserfahrungen<br />

heraus hat sich innerhalb dieser<br />

,sexuellen Minderheit' jedoch ein der Diskriminierung<br />

und Repression trotzendes Selbstbewusstsein,<br />

eine eigene kollektive Identität entwickelt<br />

(siehe auch Stürmer/Simon in diesem<br />

Heft). Im Zuge einer Selbstwahrnehmung als<br />

ausgegrenzte ,Quasi-Ethnie' werden Beschimpfungen<br />

durch die ,straight', von heterosexuellen<br />

Norm vorgaben geprägte Mehrheitzur Selbstetikettierung<br />

verwendet und damit gegen diese<br />

gewendet. ,Anders sein' wird zur Qualität, zur<br />

Konterkarierung des Mainstreams im Sinne soziokultureller<br />

Gleichschaltung.<br />

Abgesang auf eine Bewegung?<br />

<strong>Die</strong> Schwulenbewegung blickt auf eine mittlerweile<br />

100-jährige Geschichte zurück (siehe<br />

auch Beck in diesem Heft). Neuen Aufschwung<br />

erhielt sie Ende der 60er Jahre. <strong>Die</strong> Geburt der<br />

neuen Schwulen- und Lesbenbewegung kann<br />

auf Juni 1969 datiert werden. Damals gerieten<br />

im New Yorker Stonewall Inn in der Christopher<br />

Street Szenemitglieder aufgrund abnormer'<br />

Geschlechter(ver)kleidung in Konflikt<br />

mit Ordnungshütern (siehe hierzu auch Holzleithner<br />

in diesem Heft).<br />

Den deutschen ,Sonderweg' markierten bezüglich<br />

der Rahmenbedingungen die - vor<br />

allem rechtlichen - Nachwirkungen des NS-<br />

Regimes: Der von den Nazis verschärfte §175<br />

(§175,175aNr.4RStGB) war in der Bundesrepublik<br />

bis 1969 unverändert in Kraft (bis 1957<br />

in der DDR; siehe auch Kleres in diesem Heft).<br />

Zwischen 1950 und 1965 wurden in der Bundesrepublik<br />

ebenso viele Prozesse gegen Homosexuelle<br />

geführt - etwa 100.000 mit 44.231<br />

Verurteilungen - wie im NS-Staat (Lau 2000).<br />

Eine rechtliche Rehabilitierung der Opfer der<br />

Homosexuellenverfolgung im Nationalsozialismus<br />

steht noch aus. 2<br />

1998 wurde zwar vom<br />

Deutschen Bundestag ein Gesetz zur Aufhebung<br />

nationalsozialistischer Unrechtsurteile<br />

in der Strafrechtspflege verabschiedet. <strong>Die</strong> konservative<br />

Mehrheit verhinderte jedoch, dass<br />

hiermit auch Urteile gemäß der berüchtigten<br />

Schwulenparagraphen berücksichtigt wurden. 3<br />

In der Bundesrepublik waren lesbische Aktivistinnen<br />

und schwule Aktivisten der ersten Stunde<br />

vorwiegend dem links-alternativen Spektrum<br />

zuzurechnen (zu der Situation in der DDR<br />

siehe Kleres in diesem Heft). Da sich viele<br />

lesbische Aktivistinnen unter dem Dach feministischer<br />

Kritik gegen die vorherrschenden<br />

Verhältnisse formierten, beäugten sie schwule<br />

Männer aufgrund einer eher an Lebensstil orientierten,<br />

politisch diffuseren Position misstrauisch.<br />

<strong>Die</strong>se Kluft scheint bis heute nicht

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