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pet show | Cornelia Renz / DE

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Galerie | Anita Beckers | Frankfurt<br />

<strong>pet</strong> <strong>show</strong> | <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong> / <strong>DE</strong><br />

Eröffnung: 16.04.2010, ab 19 Uhr<br />

Ausstellungsdauer: 17.04 – 29.05. 2010<br />

„Fantasien, die nicht aufgehen“, Text von Ludwig Seyfarth<br />

Die Motive, die <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong> mit in Filzstifte gefüllten, selbstgemischten Pigmentfarben akribisch<br />

auf großformatige Acrylglasplatten aufträgt, könnten aus Träumen der Künstlerin stammen. Das<br />

wäre eine Erklärung, die wir nicht nachprüfen können, anders als die Herkunft der seltsamen<br />

Mischwesen, die ihre Bilder immer wieder bevölkern, aus einem Arsenal hybrider Gestalten der<br />

Kunstgeschichte, das von Bosch und Bruegel bis zu den Radierungen Goyas oder Max Ernsts’<br />

Collagebearbeitungen von Bildromanen des 19. Jahrhunderts reicht.<br />

Auch <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong>’ Bilder sind Collagen, oder, besser gesagt: Sie basieren auf Collagen. Die<br />

komplexen Szenerien werden zunächst analog und digital zusammengebastelt, bevor sie die<br />

Künstlerin, in feine Lineaturen und Schraffuren übersetzt, ins Großformat überträgt.<br />

Die „grafische“ Struktur lässt die Bilder weniger wie Gemälde denn wie große farbige Zeichnungen<br />

oder Drucke erscheinen. An das Druckverfahren mit mehreren Farbplatten erinnert das<br />

ungewöhnliche Vorgehen, das Motiv auf verschiedene transparente Scheiben zu verteilen, die dann<br />

hintereinander montiert werden und zusammen das vollständige Bild ergeben.<br />

Diese Vielschichtigkeit im direkten Wortsinn korrespondiert mit der Komplexität der Darstellung. Die<br />

Bilder sind so detailreich, dass man vieles und vielleicht das Wichtigste erst nach längerem<br />

Hinsehen entdeckt. Und sowohl die Machart als auch die dargestellten Figuren entziehen sich<br />

kategorisierbarer Eindeutigkeit. Kindlich erscheinende Wesen sind bei eindeutig sexuellen<br />

Handlungen zu sehen, Menschliches mischt sich mit Tierischem, die Grenze zwischen Kindheit und<br />

Erwachsenenalter und auch die zwischen den Geschlechtern scheint fließend, trotz der Dominanz<br />

weiblicher Gestalten. Und der Titel der Ausstellung spielt mit der Doppeldeutigkeit des englischen<br />

„<strong>pet</strong>(ting)“: sowohl niedliches Spieltier als auch sexuelles Spiel.<br />

Es ist eine Welt der Phantasie, die gleichwohl nicht in die Kategorie passt, in die das Phantastische<br />

heute vornehmlich verortet wird. „Fantasy“ als Genre des Films und bei Computerspielen lebt von<br />

der Vermengung historischer Zitate mit Science Fiction, aber ist in der Regel eine vergrößerte<br />

Kinderwelt, gereinigt von Ambivalenzen, von sexuellen und anderen geheimen Phantasien, die<br />

schon im viktorianischen Zeitalter unter der prüden Oberfläche verborgen blieben.<br />

Frankenallee 74 | 60327 Frankfurt am Main | Telefon 069-739009-67 | Telefax 069-739009-68<br />

E-Mail: info@galerie-beckers.de | Homepage: www.galerie-beckers.de | USt-ID Nr.: <strong>DE</strong> 201132309


Galerie | Anita Beckers | Frankfurt<br />

Was sozial nicht sanktioniert ist, taucht eher in kleinformatigen Zeichnungen und Drucken auf als in<br />

der „offiziellen“ Malerei. Eine Tradition, in der das Nicht-Kategorisierbare, Vermischte und dem<br />

rationalen Verstand Widersprechende immer schon einen Platz fand, ist die Groteske, die sich seit<br />

der Antike zunächst in ornamentalen Randzonen entwickelte.<br />

Deutlich grotesk ist bei <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong>’ Bildern nicht nur die fast ornamentale Verbindung und<br />

Verquickung der Bildelemente, sondern auch die Körperauffassung. Die Betonung der<br />

Körperöffnungen und –ausscheidungen gegenüber der idealen Geschlossenheit der Körpergrenzen<br />

entspricht der Charakteristik des grotesken Leibes, wie sie der russische Literaturwissenschaftler<br />

Michail Bachtin Mitte des 20. Jahrhunderts beschrieb.<br />

Das Ausschweifende, das man mit der Groteske verbindet, wird bei <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong> jedoch von der<br />

akribischen Genauigkeit des Vorgehens konterkariert. Die Künstlerin ist von der Exaktheit<br />

wissenschaftlicher Darstellungen fasziniert, vor allem Illustrationen aus dem frühen 20. Jahrhundert<br />

gehören zu den direkten Inspirationsquellen.<br />

Die Orientierung an der Genauigkeit der Illustration, ins Gemäldeformat vergrößert, ist auch<br />

bewusster Gegenentwurf zu einem männlich-gestischen Malereikonzept: Ambivalenz und<br />

Vielschichtigkeit statt „großer Wurf“. Die Dekonstruktion des Mythos der spontanen Eingebung,<br />

heute von vielen der interessantesten Malerinnen und Maler betrieben, erfolgt auch bei <strong>Cornelia</strong><br />

<strong>Renz</strong> in origineller und humorvoller Weise. Aber auch dies ist nur ein Aspekt ihrer facettenreichen<br />

Kunst, die in keiner ihrer möglichen Lesarten wirklich aufgeht.<br />

Kurzbiographie<br />

Geboren 1966 in Kaufbeuren/Bayern, studierte <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong> an der Hochschule für Grafik und<br />

Buchkunst, Leipzig. Sie lebt und arbeitet in Berlin. 2001 gewann sie den „Marion-Ermer-Preis“ und<br />

2005 den „Förderpreis Bildende Kunst” der Schering-Stiftung. Ihre Arbeiten waren u. a. in<br />

Einzelausstellungen in der Galerie Anita Beckers (2007), bei Goff & Rosenthal (2006) New York und<br />

in den Gruppenausstellungen „Opening“ im MoMu/CZ und im XV. Rohkunstbau „Drei Farben – Rot”<br />

(2008) in der Villa Kellermann Potsdam zusehen. <strong>Cornelia</strong> <strong>Renz</strong> ist in vielen privaten und öffentlichen<br />

Sammlungen in Deutschland, Großbritannien, USA, Brasilien und Japan vertreten.<br />

Öffnungszeiten der Galerie Anita Beckers:<br />

Di – Fr 11 – 18 Uhr · Sa 11 – 14 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

Frankenallee 74 | 60327 Frankfurt am Main | Telefon 069-739009-67 | Telefax 069-739009-68<br />

E-Mail: info@galerie-beckers.de | Homepage: www.galerie-beckers.de | USt-ID Nr.: <strong>DE</strong> 201132309

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