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10 „BROT FÜR DIE WELT“ KONKRET Red Juvenil in Kolumbien 1.500 Meter über dem Meeresspiegel liegt die Großstadt Medellín im engen Aburrá-Tal. Wegen der milden Temperaturen wird sie auch die „Stadt des ewigen Frühlings“ genannt. Das soziale Klima ist dagegen rau, insbesondere in den Außenbezirken. Mittlerweile leben über 3,5 Millionen Menschen im Stadtgebiet von Medellín. Und täglich werden es mehr. Unzählige einfache Hütten wachsen immer weiter die Berghänge hoch. „Mein Stadtteil wächst stetig“, erzählt der 25-jährige Leonardo. „Täglich kommen neue Leute, die gewaltsam aus anderen Landesteilen vertrieben werden. Im Alltag spielen die Kinder ‚Räuber und Gendarm’. Wenn sie älter werden, wird dieses Spiel Realität: Sie werden zu korrupten Polizisten, Autodieben, Paramilitärs oder Guerilleros. Nur wenige sind davon ausgenommen.“ Ein Grund, warum sich Leonardo im „Red Juvenil“ (Jugendnetzwerk) in Medellín engagiert. Er ist schon seit neun Jahren dabei. „Brot für die Welt“ • Global Lernen, 20081 Aktiv und gewaltfrei In den Gruppen des „Red Juvenil“ organisieren sich Jugendliche eigenverantwortlich und selbstbestimmt. „Wir sind ein Netzwerk von Jugendlichen für Jugendliche“, sagt die 23-jährige Sandra. „Grundlage unserer Arbeit ist die aktive Gewaltfreiheit. Eine unserer wichtigsten Forderungen ist, dass die Menschenrechte und vor allem die Rechte junger Menschen respektiert werden.“ Die Devise lautet „sich einmischen“ in politischen, sozialen und kulturellen Dingen. Zuerst geschieht das in der Gruppe, dann im „Barrio“ (Stadtteil). Und letztlich mündet es in der Schaffung von Alternativen für eine von Gewalt geprägte kolumbianische Gesellschaft. Leonardo hat für sich die Konsequenz gezogen und verweigert den Kriegsdienst. Schon mit 16 hatte er sich dazu entschlossen. Ein folgenschwerer Entschluss, denn in Kolumbien gibt es kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Die jungen Männer werden für den Krieg gebraucht. Die Söhne der Oberschicht können sich freikaufen oder zumindest einen ruhigen Bürojob bei der Armee erschleichen. Die anderen müssen mit der Waffe „dienen“ und werden, wenn sie Pech haben, nach der Grundausbildung an die Front im eigenen Land geschickt. Gesellschaftliche Alternativen entwerfen Im „Red Juvenil“ hat sich Leonardo mit Gleichgesinnten in der Gruppe der Kriegsdienstverweigererzusammengefunden: „Die Verweigerung bedeutet, neue gesellschaftliche Alternativen zu entwerfen, die uns immer weiter unabhängig machen von diesem System. Wir entwickeln selbstbestimmte Lernprozesse und verweigern natürlich die Beteiligung in egal welcher Armee.“ Gandhis Philosophie der aktiven Gewaltlosigkeit ist ihr Prinzip. Mit ihren Aktionen sorgen die Jugendlichen vom Netzwerk immer wieder für Aufsehen. Antimilitarismus und Gewaltfreiheit bedeutet für sie mehr als nur das Schweigen der Waffen. „Wir sind gegen jede Form der Ausgrenzung, sei es durch Machismo, autoritäre Strukturen oder wirtschaftliche Ausbeutung,“ meint der 21jährige Jhony, der seit fünf Jahren zum „Red Juvenil“ gehört. Die 23-jährige Alejandra ist eine von mehreren jungen Frauen in der Gruppe der Kriegsdienstverweigerer: „Auch Frauen tragen eine Verantwortung, der Krieg betrifft uns ebenso. Und es geht nicht nur darum, gegen die bewaffneten Gruppen zu sein. Auch die Globalisierung und bestimmte Firmen und Produkte haben Kennzeichen von Gewalt. Wir kaufen zum Beispiel keine Produkte von Firmen, die den Krieg unterstützen.“ Öffentliche Kriegsdienstverweigerung Mit vier anderen jungen Männern hat Jhony vor der Kaserne in Medellín öffentlich seine Kriegsdienstverweigerung erklärt: „Ich fühle mich als Teil der großen Mehrheit der Bevölkerung, und wir haben diesen absurden Krieg satt. Wir wollen nicht mehr die Waffen gegen uns erheben und die Ungerechtigkeiten hinnehmen, die dieses System der Ungleichheit schafft. Deshalb verweigere ich aus Gewissensgründen den Militärdienst.“ Mit phantasievollen Aktionen gelingt es „Red Juvenil“ in die Presse zu kommen. So auch bei einer Mahnwache aus Solidarität mit der Friedensge- meinde von San José zum Gedenken an die Opfer des Massakers von 2005, als die Armee acht Männer, Frauen und Kinder ermordet hatte. Still sitzen die Jugendlichen mit weißen Masken und Kerzen im Kreis auf einem öffentlichen Platz in Medellín. Aus bunten Steinen mit den Namen der Ermordeten errichten sie ein kleines Mahnmal. Andere malen mit weißer Farbe die Konturen menschlicher Körper auf das Straßenpflaster. Die Aktionen und Demonstrationen haben es in sich: Mal sind sie andächtig und ruhig, mal bunt, laut und peppig. Ausdruckstark müssen sie sein und die Menschen berühren, alle Sinne ansprechen. So macht es den Jugendlichen selbst am meisten Spaß. Ein erster Schritt Im „Red Juvenil“ lernen die Jugendlichen Toleranz, Selbstbestimmung und Gewaltfreiheit kennen. Und: nicht den Mut zu verlieren und an den eigenen Träumen festzuhalten. So wie Leonardo: „Ich träume davon, dass in meiner Stadt und meinem Land alle Menschen lernen, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich der Strukturen bewusst werden, die sie unterdrücken. Dass sie die Entschlossenheit entwickeln, sich von niemand anderem sagen zu lassen, was für sie gut oder schlecht ist, sondern die Zügel ihres Schicksals selbst in die Hand nehmen.“ Das „Red Juvenil“ wird von „Brot für die Welt“ seit 1999 durch Zuschüsse, Beratung, Unterstützung bei Jugendaustausch und Lobbyarbeit unterstützt. Weitere Infos www.brotfuerdiewelt.de (Rubrik Projekt, Sonderprogramm Kolumbien)
Nachrichten Jahrestagung in Berlin Seit 1990 gibt es den bundesweiten Arbeitskreis Pädagogik. Dieser Arbeitskreis ist ein lockerer Zusammenschluss von Lehrerinnen und Lehrern aller Fachrichtungen sowie anderen Multiplikatoren aus den unterschiedlichstenBildungsbereichen, die in enger Kooperation mit „Brot für die Welt“ Unterrichtsmaterial erarbeiten. Der Arbeitskreis wird von „Brot für die Welt“ finanziert. Er arbeitet eng zusammen mit dem Institut für Friedenspädagogik in Tübingen. Eine gute Möglichkeit den Arbeitskreis kennen zu lernen sind Fachtagungen, die der Arbeitskreis in Abständen anbietet. Impressum: GLOBAL LERNEN, Service für Lehrerinnen und Lehrer 14. Jahrgang, Nr. 1, 2008 Herausgeber: Aktion „Brot für die Welt“ in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Pädagogik und dem Institut für Friedenspädagogik Tübingen e. V. © Aktion „Brot für die Welt“ Erscheint drei Mal jährlich Redaktion: Uli Jäger, Monica Davis, Günther Gugel ISSN 0948-7425 Gestaltung: Studio für Mediendesign, Christoph Lang, Rottenburg Druck: Deile Tübingen Bildnachweis: picture-alliance/ dpa: S. 3; Uli Reinhardt; S. 5, 8; „Red Juvenil“: S. 10, 12; Surimages: S. 1; Jochen Schüller: S. 9; teenage gangs: S. 7; Zeichnung Seite 4: Justicia y Paz (Hrsg.): Siempre soñabamos (Wir haben immer geträumt) … Kinder erzählen die Geschichte der gewaltsamen Vertreibung und der Rückkehr in ihr Dorf. Geschichte der Friedensgemeinde am Cacarica-Fluss. Die nächste Tagung wird vom 28. 11. bis 30. 11. 2008 in Berlin stattfinden. Thema: „Es ist genug für alle da. Menschenrechte und zukunftsfähiges Deutschland.“ Informationen bei: u.hildebrand@brotfuerdiewelt.de „Kolumbien – so grausam schön“ Das südamerikanische Kolumbien ist ein Land voller Gegensätze. Bürgerkrieg, Drogen und Gewalt stehen auf der einen Seite, eine herrliche Landschaft, eine vielfältige Kultur und engagierte Menschen auf der anderen. Es ist beeindruckend, wie viele Menschen sich in einem Land mit einer derart langen Leidensgeschichte für ihren Traum von einer besseren Gesellschaft einsetzen. In der Broschüre werden einige dieser Menschen vorgestellt, Projektpartner von „Brot für die Welt“. Ihrem Anliegen will die Broschüre Gehör verschaffen. Denn ihr Engagement macht Mut und gibt Hoffnung auf eine friedliche und gerechte Zukunft in Kolumbien. Einsatz: Multiplikatoren, Gemeindekreise, Aktionsgruppen, Aushang und Schriftentisch, Sekundarstufen I und II, Jugendkreise und Jugendliche, Erwachsenenbildung. Broschüre, Format: DIN A4, 28 S., farbig; Art.Nr.: 114302010; Preis: 2,00 EUR (inkl. MwSt.) Projekte 2008/2009 Das Magazin beschreibt die Arbeit von Projektpartnern der Spendenkonto von „Brot für die Welt“ Ev. Darlehensgenossenschaft Kiel, Konto-Nr.: 500 500 BLZ: 210 602 37 Aktionszeitung Fair Play for Fair Life 2008 Mit der Aktionszeitung „Fair Play for Fair Life“ 2008 wirbt „Brot für die Welt” nachdrücklich für das Fair Play- Gebot des Sports und für gerechtere Spielregeln im Zusammenleben der Menschen weltweit. Die attraktive, farbenfroh und jugendgerecht aufgemachte Zeitung widmet sich dem Thema Fußball, aber vor allem den Olympischen Spielen in Peking. Thematisiert wird die Menschenrechtsproblematik in China, das Problem unwürdiger Arbeitsbedingungen und die Kinderarbeit. Im Mittelpunkt stehen interessante Reportagen über Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika, die von „Brot für die Welt“ gefördert werden und in deren Mittel- Aktion „Brot für die Welt“. Es stellt Projekte zu den Themen Ernährung, Klimaschutz, Fairer Handel, HIV/Aids und Menschenrechte vor. Unter anderem informiert das Magazin über ländliche Entwicklungsprojekte in Angola, Papua Neuguinea und Ecuador, über ein Projekt zum Schutz von Waldgebieten im Kongo und über ein Projekt zum Fairen Handel auf den Philippinen. Einsatz: Multiplikatoren, Gemeindekreise, Aktionsgruppen, Aushang & Schriftentisch, Sekundarstufen I und II, NACHRICHTEN punkt der Sport steht. So erfahren die Leserinnen und Leser Neuigkeiten über das Projekt „Fußball für das Leben“ in Costa Rica und Jugendliche berichten von ihrem Alltag. Bekannte Persönlichkeiten aus Sport und Medien nehmen zu den Projekten und dem Motto „Fair Play for Fair Life“ Stellung. So schreibt der Sportjournalist und Moderator Gerhard Delling: „Es ist wichtig, dass Einrichtungen wie das evangelische Hilfswerk ,Brot für die Welt‘ solche Projekte fördern. Besonders freut es mich, dass unter dem Motto ,Fair Play for Fair Life’ über diese lebenswichtigen Aspekte des Sports berichtet wird und somit viele Menschen die Möglichkeit haben, sich zu informieren. Der vorliegenden Zeitung, an der sich auch der Deutsche Olympische Sportbund beteiligt, wünsche ich vor allem viele jugendliche Leserinnen und Leser!“ Format: 315 x 470 mm, 16 Seiten, farbig; Art.Nr.: 112105120; Preis: kostenlos Bezug: siehe unten Jugendkreise und Jugendliche, Erwachsenenbildung, Redaktion Gemeindebrief. Format: Format DIN A 4, 64 Seiten, farbig; Art.Nr.: 114101018; Preis: kostenlos. Bezug der Boschüren: Diakonisches Werk der EKD e. V.; „Brot für die Welt“; Zentraler Vertrieb; Karlsruher Str. 11; 70771 LeinfeldenEchterdingen; Tel.Nr.: 07119021650; FaxNr.: 07117977502; EMail: vertrieb@diakonie.de „Brot für die Welt“ • Global Lernen, 20081 11
Seite 1 und 2: Das Thema: Jugend und Gewalt Inhalt
Seite 3 und 4: PRAXIS. ZUM HERAUSNEHMEN UND KOPIER
Seite 5 und 6: Jugend zwischen Krieg und Frieden I
Seite 7 und 8: INFO: ZUR DISKUSSION Jugendgewalt w
Seite 9: Friedensgemeinden in Kolumbien „I

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