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Muster Sprachanalyse Schulaufgabe 12. Klasse - FOS-Friedberg

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Aufgabenstellungen:<br />

1. Verfassen Sie eine erweiterte Überblicksinformation!<br />

2. Stellen Sie dar, welche Absicht der Verfasser verfolgt und welche sprachlichen Mittel er<br />

dabei einsetzt!<br />

Hey Baby und ein geiles Board<br />

Ziemlich abgefahrenes Teil, dieses<br />

Brett aus der T8 Gold Edition: Drei-<br />

Fach gehärtetes Glasfieber mit extremer<br />

Schwingungs-Dämpfung, dynamisches<br />

Design und ein Shape, mit dem der<br />

Snowboarder von heute Wipeouts prak-<br />

tisch vergessen kann. Optimales Kur-<br />

nenverhalten auf Hochgeschwindigkeits-<br />

pisten. Rauf auf die Boards, rein in den<br />

Tiefschnee. Nur fliegen ist schöner. Und<br />

der absolute Clou: Die 24-Karat-Gold-<br />

Oberfläche. Kein Wunder, dass die<br />

Freaks auf der Ispo weiche Knie be-<br />

kommen.<br />

Was müssen das für ätzende Zeiten<br />

gewesen sein, als Luis Trenker und ande-<br />

re Alpen-Anbeter noch glaubten, „zwoa<br />

Brettl und a gführiger Schnää“ reichten<br />

für den Pisten-Kick aus. In völliger Ab-<br />

geschiedenheit zogen diese Naturträu-<br />

mer auf unberührten Hängen ihre Bah-<br />

nen zu Tal, legten hin und wieder mit<br />

den verbogenen Zaunlatten einen Tele-<br />

mark-Schwung ein und stoppten an<br />

jeder Kuppe, um die Bergkulisse zu<br />

genießen. Womöglich noch ein Holdrio,<br />

das aus dem Tal als Echo zurückschallt.<br />

Und dann kehrten sie in eine verlassene<br />

Hütte ein, hackten Holz und schlürften<br />

eine heiße Suppe, auf der dicke Fettau-<br />

gen schwammen. Heute dagegen: echt<br />

was los. Nach hartem Kampf im Gewühl<br />

mit dem Sechser-Doppel-Sessellift rauf<br />

zur Bergstation, das Super-Board mit<br />

dem geilen Design angeschnallt und 20<br />

Mal rauf- und runter gebolzt. Kurz vor<br />

Schluss schnell noch in Kai’s Alpen-Bi-<br />

stro, wo DJ Ötzi die Schneebar mit sein-<br />

nem neuesten Kracher beschallt. Ansto-<br />

ßen mit Prosecco und ein paar lässigen<br />

Mädels, die unterm Dauen-Anorak nur<br />

nackte Haut und ein bisschen Bikini<br />

tragen.<br />

Was, schon halb vier? Der Berg ruft,<br />

höchste Zeit, sich bei der letzten Ab-<br />

fahrt den absoluten Hype zu holen. In<br />

der letzten Steilkurve zwei Omis leicht<br />

touchiert, die deshalb eine Rolle vor-<br />

wärts in den Tiefschnee machen. Ehr-<br />

lich, ohne die Mega-Carver mit dem


gepolsterten Hyper-Carbon-Kern wären<br />

wir aufgeschmissen gewesen. Sonst<br />

hätten wir glatt den Autobahn-Stau auf<br />

der Heimfahrt verpasst. Robert Stocker<br />

(Süddeutsche Zeitung, 4.2.2003)<br />

Lösungsvorschlag <strong>Sprachanalyse</strong> zum Text „Hey Baby und ein geiles Board<br />

Dem Autor geht es darum, das Verhalten der heutigen Wintersportler zu kritisieren. Zu<br />

diesem Zweck baut er einen Gegensatz zwischen der Einstellung der Wintersportler von<br />

früher und von heute auf. Das heutige Verhalten wertet er klar ab. Es ist seiner Ansicht<br />

nach zu sehr von Hektik, Technik- und Eventorientierung geprägt. Zudem zieht er die<br />

Dummheit der heutigen Wintersportler ins Lächerliche.<br />

Der Autor sieht die Haltung der Wintersportler von früher in einem positiven Licht, weil<br />

Gemütlichkeit und Naturverbundenheit im Mittelpunkt des Wintersports standen. Der<br />

Autor veranschaulicht dies mit dem Bild, dass der Skifahrer früher „an jeder Kuppe<br />

[stoppte], um die Bergkulisse zu genießen“ (Z. 24-26). Darüber hinaus setzt er<br />

verschiedene sprachliche Mittel ein, um seine Absicht zu veranschaulichen, so z.B.<br />

Dialektsprache in den Zeilen 17-18: „Zwoa Brettl und a gführiger Schnää“. Mit diesem<br />

Anfang eines alten volkstümlichen Liedes wird dem Leser das Schunkeln und die<br />

Gemütlichkeit in der einfachen Hütte, aber auch die mit der Verbundenheit mit der Natur<br />

verknüpfte Besinnlichkeit bildlich dargestellt: der Einzelne ist alleine mit seinen „zwei<br />

Bretteln“ auf dem „gführigen Schnää“. Um seine Absicht zu verdeutlichen, benutzt der<br />

Autor zudem die Metapher „Alpen-Anbeter“ (Z. 17). „Anbeter“ sind normalerweise<br />

Menschen, die eine Gottheit verehren, die über ihnen steht. Dieses Bild möchte der Autor<br />

auch auf die Wintersportler früher übertragen. „Alpen-Anbeter“ bewundern statt der<br />

Gottheit die Berge, vor denen sie Ehrfurcht und Respekt haben und sie auch so<br />

„behandeln“. Sie sind überwältigt von den Schönheiten der Natur. Die gleichen<br />

Assoziationen ruft die Anspielung auf den alten Bergfilm „Der Berg ruft“ (Z. 44) mit Luis<br />

Trenker hervor. Auch die Akkumulation in den Zeilen 21-25 veranschaulicht die<br />

„Abgeschiedenheit“ (Z. 19/20) und Naturverbundenheit der Wintersportler von früher.<br />

Die Metapher „verbogene Zaunlatten“ (Z. 23) macht deutlich, dass die Skier damals<br />

relativ einfach aus Holz hergestellt wurden und nicht viel gekostet haben. Dennoch war<br />

mit ihnen ein unvergleichliches Naturerlebnis verbunden.<br />

Im Gegensatz dazu erscheint das Verhalten der vielen Wintersportler von heute in einem<br />

negativen Licht. Für den Autor ist es gekennzeichnet von Hektik, Technik- und<br />

Eventorientierung. Seiner Ansicht nach steht der „Pistenkick“ (Z. 19) im Vordergrund.<br />

Durch die Akkumulation in den Zeilen 32-36 unterstreicht er die Hektik im Wintersport<br />

von heute. Er stellt dar, wie anstrengend ein Wintersport-Massenbetrieb mit „Sechser-<br />

Doppel-Sessellift[en]“ (Z. 33) ist: Adjektive veranschaulichen, dass man nach möglichst<br />

vielen Abfahrten „schnell noch“ (Z. 37) etwas essen muss, bevor es dann „höchste Zeit“<br />

(Z. 45) ist für die letzte Abfahrt. Auch der Parallelismus in den Zeilen 9 und 10 „Rauf …,<br />

rein …“ verstärkt diesen Eindruck von Hektik.<br />

Die Technikorientierung wird veranschaulicht durch die Akkumulation in den Zeilen 2 – 5,<br />

in denen die verschiedenen technischen Details heutiger Wintersportgeräte in einer<br />

Fachsprache detailliert beschrieben werden, wie beispielsweise „dreifach gehärtetes<br />

Glasfiber“ (Z. 3) oder „optimales Kurvenverhalten“ (Z. 6). Die Fachwörter, z.B. der<br />

„gepolsterte[..] Hyper-Carbon-Kern“ (Z. 51), wirken übertrieben. Der Autor will damit die<br />

Fixierung auf neueste Ausstattungsmerkmale herausstellen. Weitere Hyperbeln<br />

unterstreichen diese Wirkung, z.B. in den Zeilen 33 und 34 das „Super-Board mit dem<br />

geilen Design“. Wenn man „in“ sein will, braucht man die neueste Ausrüstung. Dabei<br />

geht es neben den allerneuesten technischen Einzelheiten um das Äußere, wie der Autor<br />

mit der „24-Karat-Gold-Oberfläche“ (Z. 11) demonstriert.<br />

Durch die Verwendung der Ellipse „Heute dagegen: Echt was los“ (Z. 31/32) stellt der<br />

Autor die Eventorientierung heraus. Neben dem Wintersport will der heutige


Snowboarder beispielsweise „anstoßen mit Prosecco und ein paar lässigen Mädels“ (Z.<br />

39-41). Die gleiche Absicht hat der Verfasser, wenn er auf den Hit „Hey baby“ in der<br />

Überschrift von DJ-Ötzi anspielt, der oftmals neben anderen „neuesten Kracher[n]“ (Z.<br />

39) vor den „Alpen-Bistros“ (Z. 37) in den überfüllten Wintersportgebieten gespielt wird<br />

und damit das ganze Liftgebiet „beschallt“ (Z. 39). Durch die Verwendung der<br />

Modesprache in den Zeilen 37 und 38 „Kai’s Alpen-Bistro“ und „DJ-Ötzi“ wird<br />

verdeutlicht, dass es selbst beim Skifahren wichtig ist, den neuesten Hit zu hören und in<br />

einem modernen „Bistro“ anstatt einer einfachen Hütte zu „speisen“. Die Verwendung<br />

des Namens „Kai“, einem norddeutschen Namen, symbolisiert dabei die Abwendung von<br />

umweltverträglichem, bodenständigem Wintersport hin zu einem umweltschädigenden,<br />

kommerzialisierten und eventorientierten Massenbetrieb, der an sich nicht in die<br />

Bergregionen der Alpen passt.<br />

Der Autor belässt es nicht dabei, einen Gegensatz zwischen dem Wintersport von früher<br />

und heute aufzubauen. Er wertet nicht nur das heutige Verhalten ab. Er macht sich<br />

zudem über die jugendlichen Wintersportler lustig und stellt sie als dumm dar. Dies zeigt<br />

sich besonders an der häufigen Verwendung von Jugendsprache wie z.B. „ziemlich<br />

abgefahrenes Teil“ (Z. 1), „Rauf … Rein“ (Z. 9), „Freaks“ (Z. 13) „ätzende Zeiten (Z. 15),<br />

„echt was los“ (Z. 31/32) „Rauf- und runtergebolzt“ (Z. 36), „absoluter Hype“ (Z. 46)<br />

und „aufgeschmissen (Z. 52). Der Autor will damit hervorheben, dass sich die<br />

jugendlichen Wintersportler eine eigene Sprache geschaffen haben, um sich von älteren<br />

Skifahrern abzugrenzen. Dabei können sie sich nicht einmal mehr grammatikalisch und<br />

sprachlich richtig ausdrücken. Die Verkürzung der Sprache sollen auch die Ellipsen „Nur<br />

fliegen ist schöner“ (Z. 10), „und der absolute Clou: Die 24-Karat-Gold-Oberfläche“ (Z.<br />

11) und in Zeile 31 zeigen. Als durchgängiges, sich durch die gesamte Glosse ziehendes<br />

Stilmittel verwendet der Autor Ironie. So macht er sich in den Zeilen 52-55: „sonst<br />

hätten wir glatt den Autobahn-Stau auf der Heimfahrt verpasst“ lustig über die mit dem<br />

massenhaften Ski- und Snowboardfahren verbundene sinnlose Hektik und<br />

Umweltverschmutzung.<br />

Der Autor erreicht mit den von ihm eingesetzten sprachlichen Mitteln seine Absicht, den<br />

Leser für seine Meinung zu gewinnen. Dies gelingt ihm zum einen durch den<br />

durchgehend ironischen Ton, der das Verhalten der heutigen Wintersportler lächerlich<br />

macht. Zum anderen tragen auch die sprachliche Umsetzung und Übertreibung der mit<br />

dem heutigen Wintersport verbundenen Hektik-, Technik- und Eventorientierung dazu<br />

bei.

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