Adalbert Stifter: „Bergkristall“ (Erzählung) (1845/1853 ... - HS Kittsee
Adalbert Stifter: „Bergkristall“ (Erzählung) (1845/1853 ... - HS Kittsee
Adalbert Stifter: „Bergkristall“ (Erzählung) (1845/1853 ... - HS Kittsee
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Erstausgabe <strong>1845</strong><br />
Ausgabe dtv-Verlag<br />
Vilsmaier-Verfilmung<br />
<strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong>: <strong>„Bergkristall“</strong> (<strong>Erzählung</strong>) (<strong>1845</strong>/<strong>1853</strong>)<br />
Inhaltsangabe:<br />
In dem Bergdorf Gschaid lebt ein Schuster, dessen Sohn von ihm<br />
das Handwerk erlernt und in der Schule zu den Besten zählt, sich<br />
jedoch auf Tanzplätzen und Kegelbahnen herumtreibt. Erst nach dem<br />
Tod seiner Eltern besinnt sich der junge Mann, übernimmt das<br />
Geschäft seines Vaters und setzt seinen Ehrgeiz darauf, die<br />
Bewohner von Gschaid und auch aus anderen Tälern mit<br />
hochwertigem Schuhwerk zu versorgen. Einen Konkurrenten hat er<br />
nicht, auch wenn der alte Tobias, den er kostenlos mit Lederflecken<br />
und Sohlenabschnitten versorgt, kaputte und abgelaufene Schuhe<br />
repariert.<br />
Der Schuster freit um die schöne Färbertochter Susanna, die bei<br />
ihren Eltern in dem Marktflecken Millsdorf auf der anderen Seite<br />
eines Bergrückens lebt. Obwohl man nur drei Stunden von Gschaid<br />
nach Millsdorf läuft – was die Bewohner als Kleinigkeit empfinden –<br />
sind die Sitten und Gewohnheiten verschieden; die Bewohner von<br />
Millsdorf sind viel wohlhabender als die von Gschaid, und es<br />
geschieht nur selten, dass jemand von dem einen Ort zum anderen<br />
geht. – Erst nach längerer Zeit überredet die Färberin ihren<br />
widerstrebenden Mann, dem Schuster von Gschaid die Tochter zur<br />
Frau zu geben.<br />
Ein Jahr nach der Eheschließung kommt Susanna mit einem Sohn<br />
nieder und einige Jahre später bringt sie eine Tochter zur Welt:<br />
Konrad und Susanna ("Sanna") heißen die beiden Kinder. Anfangs<br />
kommt die Färberin häufig nach Gschaid, um die Familie zu<br />
besuchen. Als die Kinder größer sind, dürfen sie zuerst mit der<br />
Mutter oder der Dienstmagd und später auch allein zu den<br />
Großeltern nach Millsdorf wandern. Die Färberin schickt sie jedes<br />
Mal so rechtzeitig zurück, dass sie vor der Abenddämmerung zu<br />
Hause sind.<br />
Obwohl Susanna die Frau des einheimischen Schusters ist, werden<br />
sie und ihre beiden Kinder in Gschaid als Fremde beargwöhnt.<br />
Als die Kinder am Heiligen Abend von einem Besuch bei den<br />
Großeltern in Millsdorf zurückkehren, beginnt es so stark zu<br />
schneien, dass sie die Orientierung verlieren, sich verlaufen und<br />
immer weiter auf den Berg Gars hinauf geraten. Konrad kann nicht<br />
abschätzen, wie spät es ist, weil es überall gleichmäßig grau ist. Er<br />
setzt Sanna seinen Hut auf und zieht ihr seine Pelzjacke über, damit<br />
sie nicht friert. Unversehens sind sie auf dem Gletscher, gehen in<br />
eine der blau leuchtenden Eisgrotten hinein, fürchten sich in der<br />
fremden Umgebung und kehren ins Freie zurück. Als es dunkel wird,<br />
suchen sie unter einem Felsendach Zuflucht. Sie essen die von der<br />
Großmutter eingepackten Brote und die Leckerbissen auf und halten<br />
sich mit dem Kaffee wach, den sie ihrer Mutter bringen sollten, denn<br />
Konrad erinnert sich, wie der Vater einmal erzählte, dass man in so<br />
einer Situation nicht einschlafen dürfe, sonst erfriere man wie der<br />
alte Eschenjäger, der einschlief und vier Monate tot auf einem Stein<br />
saß, bis man ihn fand.<br />
Bei Tagesanbruch brechen Konrad und Sanna wieder auf und irren<br />
weiter herum, bis sie ein Hirtenhorn hören. Da dauert es nicht mehr<br />
lang, bis sie auf den Hirten Philipp, dessen zwei Söhne und einige<br />
Bewohner von Gschaid treffen, die wie viele andere aus Gschaid und<br />
Millsdorf ausgeschwärmt sind, um die Kinder zu suchen. Der<br />
Suchtrupp bringt die Kinder zur Sideralphütte hinunter, wo sie von<br />
der Mutter empfangen werden. Auch der herbeigeeilte Vater schließt<br />
sie kurz darauf in die Arme, und beim Abstieg zum Dorf kommt<br />
ihnen der Färber entgegen, der seit der Eheschließung seiner Tochter<br />
nicht mehr in Gschaid war.
Vilsmaier-Verfilmung<br />
Vilsmaier-Verfilmung<br />
Original-Text<br />
Hörbuch<br />
Flim-Trailer (Youtube)<br />
Verfilmung<br />
…Aufgrund dieses Ereignisses werden Susanna, Konrad und Sanna<br />
in Gschaid als Einheimische aufgenommen.<br />
Buchbesprechung:<br />
<strong>Stifter</strong> beginnt die <strong>Erzählung</strong> mit einer Betrachtung über das<br />
Weihnachtsfest (Seiten 3 bis 6). Dann folgt eine zehnseitige<br />
Landschaftsbeschreibung (Seiten 6 bis 16), bevor er die<br />
Hauptfiguren vorstellt (Seiten 16 bis 29). Erst auf Seite 29, also fast<br />
in der Hälfte des Büchleins, beginnt die eigentliche Geschichte von<br />
den zwei Kindern, die sich am Heiligen Abend verlaufen und die<br />
Nacht im Schutz eines Felsdachs verbringen, bis sie am anderen Tag<br />
gerettet werden.<br />
Angeregt wurde <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong> zu der <strong>Erzählung</strong> während eines<br />
zweitägigen Aufenthalts <strong>1845</strong> am Hallstädter See, als er mit<br />
Friedrich Simony trotz des Regenwetters im Echerntal wanderte und<br />
dort auf zwei Kinder traf, die erzählten, dass sie sich an einem<br />
Felsenüberhang untergestellt hatten. Beim Weitergehen berichtete<br />
Simony dem Schriftsteller von einer Gletscherhöhle auf dem Karls-<br />
Eisfeld, und als er ihm am zweiten Tag das Gemälde einer Eishöhle<br />
zeigte, sagte <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong>: "Ich habe mir jetzt das Kinderpaar von<br />
gestern in diesen blauen Eisdom versetzt gedacht; welch ein<br />
Gegensatz wäre dies liebliche, aufknospende, frisch pulsierende<br />
Menschenleben zu der grauenhaft prächtigen, starren, todeskalten<br />
Umrahmung!" http://www.dieterwunderlich.de/<strong>Stifter</strong>_bergkristall.htm#cont<br />
http://gutenberg.spiegel.de/buch/214/1<br />
http://www.youtube.com/watch?v=6bD5GcwozvY<br />
http://www.moviemaze.de/media/trailer/2457,15,2865,bergkristall.ht<br />
ml<br />
Joseph Vilsmaier 2004<br />
<strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong>…<br />
…wurde am 23. Oktober 1805 in Oberplan –<br />
einer Ortschaft<br />
im Böhmerwald (heute: Horní Planá /<br />
Tschechische Republik an der Moldau) – als Sohn<br />
eines Leinwebers und Flachshändlers geboren. Er<br />
war zwölf, als sein Vater starb. Kurze Zeit sorgte<br />
er für seine Mutter und die Geschwister, dann<br />
besuchte er das Gynmnasium im Benediktinerstift<br />
Kremsmünster. Nach dem Abitur begann er 1826<br />
in Wien mit einem Jurastudium, das er allerdings<br />
nach vier Semestern abbrach. Das mathematische<br />
und naturwissenschaftliche Studium, das er<br />
anfing, beendete er ebensowenig, denn er zog es<br />
vor, zu schreiben und zu zeichnen. Nach der<br />
Eheschließung mit der Modistin Amalie Mohaupt<br />
(1837) schlug er sich einige Jahre als Hauslehrer<br />
durch. Unter anderem unterrichtete er einen Sohn<br />
Metternichs in Physik und Mathematik.
<strong>Stifter</strong><br />
<strong>Stifter</strong>s Geburtshaus<br />
Weil Friedrich Hebbel ihm vorgeworfen hatte, seine Figuren<br />
und Themen seien unbedeutend, formulierte <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong><br />
in der Vorrede zu "Bunte Steine" das "sanfte Gesetz": Nicht<br />
im Sensationellen liege das, was Natur und Menschen erhält,<br />
sondern im langsamen Wachsen und stetigen Werden.<br />
<strong>Stifter</strong>, zeitlebens Pädagoge, wollte seine Werke nicht nur als<br />
Dichtungen, sondern auch als "sittliche Offenbarungen"<br />
gewertet sehen. Diese enge Verbindung zwischen Ethik und<br />
Ästhetik bedingt einen Verzicht auf das Wirkliche und das<br />
Besondere. <strong>Stifter</strong>s abstrahierende Erzählweise, seine<br />
hermetische Kunst können sein Wissen um die Bedrohung<br />
von Harmonie und Reinheit des menschlichen Lebens nicht<br />
verbergen. (Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Band 5<br />
(Dortmund 1989), S. 2750)<br />
1848 wurde <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong> in die Frankfurter<br />
Nationalversammlung in der Paulskirche gewählt. Nach dem<br />
Scheitern der Revolution zog er nach Linz, wo er 1850 zum<br />
Schulrat ernannt wurde. <strong>1853</strong> bestellte ihn die "Kommission<br />
zur Erforschung und Erhaltung der Kunst und historischen<br />
Denkmale" zum Konservator für Oberösterreich.<br />
1858 starb <strong>Stifter</strong>s Mutter, und seine Pflegetochter Juliane<br />
nahm sich das Leben.<br />
Unheilbar krank ließ <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong> sich 1865 in den<br />
Ruhestand versetzen.<br />
Zwei Tage nach einem Selbstmordversuch – er schnitt sich<br />
mit dem Rasiermesser in den Hals – starb <strong>Adalbert</strong> <strong>Stifter</strong> am<br />
28. Januar 1868.<br />
Oberplan an der Moldau