Elektrischer Strom
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5 – Elektrische Ströme und elektrischer Widerstand<br />
Wir beginnen nach den Themen der Elektrostatik nun, uns mit bewegten Ladungen zu<br />
befassen. Dazu betrachten wir zunächst das Phänomen des elektrischen <strong>Strom</strong>es auf der<br />
makroskopischen Skala. Später befassen wir uns auch mit den mikroskopischen Vorgängen<br />
des Flusses von Elektronen in einem Draht.<br />
MnO 2 (+) Zink<br />
Elektrode()<br />
Elektrolyt<br />
Braunstein: MnO 2<br />
5.1 – Batterie<br />
Die Entdeckung der Batterie durch Luigi Galvani (17371798) hat<br />
mehr mit Anatomie als mit Elektrochemie oder Physik zu tun.<br />
Galvani stellte fest, dass Muskelkontraktion (in einem Froschbein)<br />
induziert werden konnten, wenn zwei Elektroden aus<br />
verschiedenen Metallen in das Gewebe gesteckt wurden. Dieses<br />
von Galvani “tierische Elektrizität” genannte Phänomen ist<br />
tatsächlich eine elektrochemische Reaktion. Wir betrachten dies<br />
am Beispiel der heute üblichen ZinkManganBatterie:<br />
Das Elektrolyt (in der Regel 20%iges Ammoniumchlorid) bringt die<br />
ZinkElektrode langsam in Lösung. Dies geschieht in der Form von<br />
Zn 2+ Ionen. Zwei Elektronen bleiben zurück und die ZinkElektrode<br />
lädt sich langsam negativ auf. Das Elektrolyt hingegen lädt sich<br />
langsam positiv auf.
Das positive Elektrolyt zieht nun Elektronen aus der BraunsteinElektrode ab. Diese lädt sich<br />
positiv auf. Es entwickelt sich also eine Potentialdifferenz zwischen den Elektroden.<br />
Solange die Zelle nicht mit einem Verbraucher verbunden ist, geht sehr wenig Zink in<br />
Lösung. Es stellt sich eine von der Elektrodenkombination abhängige Leerlaufspannung<br />
ein (hier ca. 1.5 V). Beim Anschluss eines Verbrauchers, d.h. beim Schließen des<br />
<strong>Strom</strong>kreises, fließen Elektronen von der Zink zur Braunsteinelektrode. Die ZinkElektrode<br />
geht verstärkt in Lösung und nach einiger Zeit ist die Batterie verbraucht.<br />
Diese Redoxreaktion in der Übersicht:<br />
2Mn 4+ 2e 2Mn 3+<br />
Zn Zn 2+ 2e <br />
Galvanische Zellen gibt es auch noch mit anderen<br />
Materialkombinationen. Die Leerlaufspannung einer Batterie<br />
mit gegebenen Elektrodenmaterialien ermittelt man jeweils<br />
aus der elektrochemischen Spannungsreihe, worauf wir<br />
nicht weiter eingehen.<br />
Die Verwendung von ZinkMangan oder ZinkKohleZellen hat vor allem ökonomische<br />
Gründe: Die Grundstoffe kommen in der Natur in großer Menge vor.
5.2 – <strong>Elektrischer</strong> <strong>Strom</strong><br />
Jeder Form von elektrischem Ladungsfluss bezeichnet man als elektrischen <strong>Strom</strong> I.<br />
Für den <strong>Strom</strong>fluss durch einen Draht meint der elektrische <strong>Strom</strong> die pro Zeiteinheit dt<br />
durch den vollen Drahtquerschnitt fließende Ladungsmenge dQ:<br />
I= dQ<br />
dt<br />
Der elektrische <strong>Strom</strong> wird nach dem französischen Physiker André Ampère (17751836) in<br />
Ampere (A) gemessen: 1 A =1 C/s.<br />
Gibt es nur einen <strong>Strom</strong>pfad, d.h. keine Verzweigung, so fließt an jedem Punkt des Pfades<br />
zu jeder Zeit der gleiche <strong>Strom</strong>. Dies ist eine direkte Folge der Ladungserhaltung.<br />
Beim <strong>Strom</strong>fluss durch einen Draht zwischen den Polen einer Batterie fließen Elektronen<br />
von der Kathode (bspw. ZinkElektrode) zur Anode (bspw. KohleElektrode). Bei der<br />
Festlegung Konvention zur positiven und negativen Ladung vor rund 200 Jahren wurde noch<br />
angenommen, dass in einem Metalldraht die positiven Ladungsträger den <strong>Strom</strong> tragen. Die<br />
sogenannte technische <strong>Strom</strong>richtung, die bei der Behandlung von Leiterkreisen<br />
verwendet wird, ist also der physikalischen <strong>Strom</strong>richtung der Elektronen gerade<br />
entgegengerichtet. Der technische <strong>Strom</strong> ist aber betragsmäßig dem physikalischen <strong>Strom</strong><br />
völlig äquivalent.
5.3 – Ohmsches Gesetz<br />
Georg Simon Ohm (17871854) entdeckte, dass der <strong>Strom</strong> in einem Metalldraht dem<br />
Potentialdifferenz zwischen den Drahtenden proportional ist:<br />
I ∝V<br />
Die Stärke des <strong>Strom</strong>es wird nicht nur durch die Potentialdifferenz sondern auch durch den<br />
elektrischen Widerstand R, den der Draht dem <strong>Strom</strong>fluss entgegensetzt, bestimmt. Meist<br />
schreibt man dies als:<br />
V =R I<br />
Dies ist das Ohmsche Gesetz für den Fall, dass R nicht von der Spannung abhängt, was für<br />
Metalle erfüllt ist, nicht aber für Halbleiterdioden, Transistoren, Vakuumröhren etc.<br />
Die Einheit des elektrischen Widerstands ist das Ohm (): 1 = 1 V/A.<br />
Typische Widerstandswerte in elektrischen Schaltungen reichen von ca. 0.1 bis einige<br />
M.<br />
Das Schaltsymbol des elektrischen Widerstands ist:<br />
oder
Ein Farbcode auf den Widerständen kennzeichnet ihren Wert:<br />
1. Stelle<br />
2. Stelle<br />
Multiplikator<br />
Toleranz<br />
FarbcodeTabelle:<br />
Farbe Ziffer Multiplikator Toleranz<br />
Schwarz 0 10 0<br />
Braun 1 10 1<br />
Red 2 10 2<br />
Orange 3 10 3<br />
Gelb 4 10 4<br />
Grün 5 10 5<br />
Blau 6 10 6<br />
Violett 7 10 7<br />
Grau 8 10 8<br />
Weiss 9 10 9<br />
Gold 10 1 5 %<br />
Silber 10 2 10 %<br />
Keine Farbe 20%
5.4 – <strong>Elektrischer</strong> Widerstand<br />
Experimentell findet man, dass der Widerstand R eines Drahtes in der folgenden Weise von<br />
der Drahtgeometrie abhängt:<br />
R= l<br />
A<br />
Dabei bezeichnet l die Drahtlänge und A seinen Querschnitt.<br />
ist eine materialspezifische Größe und heisst spezifischer Widerstand. Ihre Einheit ist<br />
das Ohmmeter (m).<br />
Der spezifische Widerstand hängt von der Reinheit des Metalldrahtes, seiner<br />
Gefügestruktur# und auch von seiner Temperatur ab.<br />
Der Kehrwert des spezifischen Widerstandes ist der spezifische Leitwert :<br />
= 1<br />
<br />
hat die Einheit (m) 1 . Der Kehrwert des Widerstandes ist der Leitwert und hat die Einheit<br />
Siemens (S): 1 S = 1 1 .<br />
#) Gefügestruktur meint die Art und Dichte der Kristallite im Draht.
HörsaalÜbung: Eine Lautsprecherbox soll einen Verstärker angeschlossen werden<br />
mit einem 20 m langen Kabel. Das Kabel soll maximal 0.1 Widerstand haben und aus<br />
Kupfer bestehen. Welchen Durchmesser muss es mindestens haben? Welche Spannung<br />
fällt dann über das Kabel ab?<br />
Der spezifische Widerstand der meisten Materialien hängt von der Temperatur ab. Die<br />
Ursachen dafür sind mehrere, aber ein Effekt spielt stets eine Rolle: Die thermische<br />
Bewegung der Atome nimmt mit steigender Temperatur zu. An diesen schwingenden<br />
Atomen werden die beweglichen Ladungsträger gestreut.<br />
Für Metalle gilt über einen materialspezifischen aber recht weiten Temperaturbereich in<br />
guter Näherung der folgende lineare Zusammenhang:<br />
T= 0 1T −T 0 <br />
0 ist der spezifische Widerstand bei einer Referenztemperatur T 0 (bspw. 0 °C oder 20 °C).<br />
ist der Temperaturkoeffizient des Widerstands. Für Metalle ist er (fast) immer positiv.<br />
Der Temperaturkoeffizient von Halbleitern ist in der Regel negativ. Ursache dafür ist die Tatsache, dass in Halbleitern mit sinkender<br />
Temperatur weniger freie Ladungsträger zur Verfügung stehen.
Übersicht spezifischer Widerstandswerte bei 20 °C:<br />
Material (m) (°C 1 )<br />
Metalle<br />
Silber 1.59∙10 8 0.0061<br />
Kupfer 1.68∙10 8 0.0068<br />
Gold 2.44∙10 8 0.0034<br />
Aluminium 2.65∙10 8 0.0043<br />
Wolfram 5.6∙10 8 0.0045<br />
Eisen 9.71∙10 8 0.0065<br />
Platin 10.6∙10 8 0.003927<br />
Nickelchrom 100∙10 8 0.0004 (FeNiCrLegierung)<br />
Halbleiter<br />
Graphit (360)∙10 5 0.0005<br />
Germanium (1500)∙10 3 0.05<br />
Silizium 0.160 0.07<br />
Isolatoren<br />
Glas 10 9 10 12<br />
Hartgummi 10 13 10 15
Die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands kann für die<br />
Temperaturmessung eingesetzt werden. Oftmals wird dabei Platindraht verwendet<br />
(korrosionsbeständigkeit, hoher Schmelzpunkt).<br />
5.5 – Elektrische Leistung<br />
Elektrische Energie besitzt den Vorteil der leichten Transformierbarkeit in andere<br />
Energieformen, wie Wärme (Fön, Heizstrahler etc.) oder mechanische Energie (Motoren<br />
etc.).<br />
Die Umwandlung von elektrischer Energie in Wärme bspw. bei einem stromdurchflossenen<br />
Draht, der dabei bis zur Rotglut erhitzt wird ist eine Folge des Verlustes an kinetischer<br />
Energie, die die Elektronen im Draht bei Stößen mit den schwingenden Atomen erleiden.<br />
Tatsächlich nehmen die Atome einen Teil der kinetischen Energie der Elektronen auf und<br />
schwingen selbst nun heftiger. Dies äußert sich makroskopisch als Temperaturzunahme des<br />
Materials.<br />
Die durch das elektrische Geräte umgesetzte Leistung können wir ermitteln, wenn wir uns<br />
erinnern, welche Energie umgesetzt wird, wenn sich eine Ladung dq durch eine<br />
Potentialdifferenz V bewegt: dU = Vdq. Wir dafür die Zeit dt benötigt, so ist die umgesetzte<br />
Leistung P = Vdq/dt. Nun ist dq/dt = I, so dass also gilt:<br />
P=IV
Die Einheit der Leistung ist das Watt (W): 1 W = 1 J/s = 1 VA.<br />
Die in einem Widerstand umgesetzte Leistung lässt sich auch alternativ schreiben:<br />
P=IV =I IR =I 2 R<br />
P=IV =V /R V =V 2 /R<br />
Auf der <strong>Strom</strong>rechnung wird die verbrauchte Energie, nicht die Leistung, abgerechnet. Die dafür verwendete Einheit ist in der Regel die<br />
Kilowattstunde (kWh).<br />
HörsaalÜbung: In einem typischen GewitterBlitz werden Energien von 1 GJ über<br />
Potentialdifferenzen von 5∙10 7 V in ca. 200 ms transferiert. Welche Ladung wird dabei<br />
transportiert und wie groß ist die mittlere umgesetzte Leistung während der 200 ms?<br />
HörsaalÜbung: Eine Hausfrau betreibt in ihrer Wohnung zeitgleich eine 100 W Lampe,<br />
eine 1.8 kW Heizlüfter, eine 350 W Stereoanlage und einen 1.2 kW Fön. Verkraftet das<br />
eine 10ASicherung?
5.6 – Wechselstrom<br />
Die Verbindung der Pole einer Batterie mit einem Verbraucher führt zur Ausbildung eines<br />
Gleichstromes (DC: direct current), d.h. der <strong>Strom</strong> fließt in einer Richtung. Ein<br />
Wechselstrom (AC: alternating current) hingegen ändert die Richtung periodisch; meist in<br />
harmonischer (“SinusForm”) Form. Technische Ströme sind meist Wechselströme und ihre<br />
Erzeugung wird uns später noch beschäftigen. Vorab schon einige einfache<br />
Zusammenhänge.<br />
Ein Generator erzeugt eine sinusförmigen Wechselspannung:<br />
V =V 0 sin2ft =V 0 sint <br />
Die Spannung oszilliert zwischen den<br />
Extremwerten V 0 und V 0 . In unserem<br />
<strong>Strom</strong>netz geschieht das mit 50 Hz, im<br />
amerikanischen Netz mit 60 Hz.<br />
In einem Widerstand R erzeugt diese<br />
Wechselspannung einen Wechselstrom mit<br />
dem Maximalwert I 0 = V 0 /R:<br />
I=I 0 sint
Der mittlere <strong>Strom</strong> durch den Widerstand ist null. Dennoch wird im Widerstand elektrische<br />
Leistung umgesetzt (so funktioniert schließlich ein Fön!), denn es gilt:<br />
2 2<br />
P t =I t V t =I 0Rsin<br />
t <br />
Im zeitlichen Mittel (gemittelt über eine Periodendauer T = 1/f) ergibt das für die Leistung:<br />
P=∫ 0<br />
T<br />
2 2 1<br />
I 0sin<br />
t dt =<br />
2 I 2<br />
0R<br />
Wir können die Leistung natürlich auch als P = V2 /R schreiben, so dass entsprechend auch<br />
gilt:<br />
P= 1<br />
2<br />
V 0<br />
2 R<br />
Wir führen nun die Effektivwerte für die Spannung und den <strong>Strom</strong> wie folgt ein:<br />
V eff= V =V 0/2=0.707V 0<br />
I eff= I =I 0/2=0.707I 0
Offensichtlich können wir dann die mittlere Leistung auch so schreiben:<br />
2 2 P=V eff/R=I<br />
effR=V<br />
effI eff<br />
Ein Gleichstrom der <strong>Strom</strong>stärke I eff erzeugt also dieselbe Leistung wie ein sinusförmiger<br />
Wechselstrom mit Maximalwert I 0 . Analoges gilt für die Spannung. Deshalb wird in der Regel<br />
auch der Effektivwert für Spannung und <strong>Strom</strong> angegeben.<br />
Die Angabe von 240 V für den Haushaltsstrom in Europa bezieht sich also auf den Effektivwert. Der Maximalwert des <strong>Strom</strong>es ist<br />
demnach 1.414∙240 V = 340 V.<br />
5.7 – Mikroskopische Beschreibung des elektrischen <strong>Strom</strong>es<br />
Der <strong>Strom</strong>fluss in Metallen wird von den Elektronen getragen, in Flüssigkeiten sind es die<br />
Ionen. Wie sieht das im Detail aus?<br />
Wenn zwischen den Enden eines Drahtes eine Spannung angelegt wird, so resultiert in<br />
seinem Inneren ein elektrisches Feld parallel zur Drahtoberfläche. Das ist nicht im<br />
Widerspruch zum Ergebnis E = 0 in Metallen im elektrostatischen Fall, denn wir betrachten<br />
jetzt Ladungstransportprozesse.
Wir führen zunächst eine mikroskopische Größe ein, die uns diesen Ladungstransport<br />
ortsabhängig beschreibt – die <strong>Strom</strong>dichte j<br />
j = I<br />
A<br />
Sie bezeichnet den <strong>Strom</strong>, der senkrecht durch einen Drahtquerschnitt A an einer<br />
gegebenen Stelle r fließt. Wir können diesen Ausdruck nach I auflösen und den allgemeinen<br />
Fall zulassen, dass die <strong>Strom</strong>dichte mit dem Ort variiert. Wir erhalten dann:<br />
I=∫ j⋅d A<br />
Das Integral ist ein Flächenintegral und das Skalarprodukt sorgt dafür, dass nur die<br />
<strong>Strom</strong>dichtebeiträge senkrecht zum Flächenelement dA zum <strong>Strom</strong> beitragen.<br />
Die Richtung von j ist parallel zum elektrischen Feld, wenn die bewegte Ladung positiv ist.<br />
Sie ist antiparallel zum elektrischen Feld, wenn die bewegte Ladung negativ ist.<br />
Wir diskutieren hier hier nicht die Möglichkeit, dass <strong>Strom</strong>dichte und elektrisches Feld schiefwinklig zueinander sein können. Dies kann in<br />
elektrisch anisotropen Kristallen entlang bestimmter Richtungen vorkommen. Die spezifische Leitfähigkeit und der spezifische Widerstand<br />
sind nämlich eigentlich symmetrische Tensoren 2. Stufe und nicht einfach skalar.
Der Ladungstransport aufgrund eines elektrischen Feldes in einem Draht ist, mikroskopisch<br />
betrachtet, eine Driftbewegung der Elektronen. Diese Drift ist der ungeordneten<br />
Elektronenbewegung überlagert und stellt sich als stationäre Bewegung ein, sobald das<br />
elektrische Feld eingeschaltet wird. Die Driftgeschwindigkeit v d ist in der Regel viel kleiner<br />
als die momentanen Geschwindigkeiten der ungeordneten Bewegung.<br />
Die ungeordnete Bewegung erfolgt mit der FermiGeschwindigkeit, welche typisch im Bereich von 0.51% der Lichtgeschwindigkeit liegt.<br />
Wie hängen v d und der makroskopische <strong>Strom</strong> I zusammen?<br />
v d<br />
L = v d t<br />
A<br />
In der Zeit t werden die Elektronen im Mittel eine<br />
Strecke L = v d t aufgrund ihrer Driftbewegung<br />
zurücklegen. Bei einem Drahtquerschnitt mit Fläche A<br />
werden also die Elektronen im Volumenelement V<br />
V =A L=A v d t<br />
transportiert. In diesem Volumenelement ist die Ladungsmenge Q = V vorhanden, wenn<br />
die Ladungsdichte angibt. Es fließt also ein <strong>Strom</strong> I der Größe<br />
I= Q<br />
t<br />
= V<br />
t = A v d
Dieser <strong>Strom</strong> hat für Elektronen ein negatives Vorzeichen, denn dann ist die Ladungsdichte<br />
mit der Anzahldichte n der Elektronen.<br />
=−n e<br />
Die <strong>Strom</strong>dichte können wir natürlich auch gleich angeben als j = I/A = v d bzw. in<br />
vektorieller Form:<br />
j =−n e <br />
v d<br />
Dieser Ausdruck gilt in allgemeiner Form für alle Arten des Ladungstransports, wenn wir für<br />
n die Anzahldichte der Ladung einsetzen und für e die pro Ladungsträger transportierte<br />
Ladung q. Geht es mehrere verschieden Typen von Ladungsträgern, wie bspw. in einer<br />
wässrigen Salzlösung, so gilt ganz allgemein:<br />
j =∑ i n i q i<br />
HörsaalÜbung: Durch einen Kupferdraht mit 3,2 mm Durchmesser fließt ein <strong>Strom</strong> von<br />
5 A. Wie groß ist die <strong>Strom</strong>dichte im Draht? Welche Driftgeschwindigkeit haben die<br />
Elektronen unter der Annahme, sie hätten die Masse von freien Elektronen und jedes Cu<br />
Atom stelle ein Elektron als Leitungselektron zur Verfügung?<br />
v<br />
i<br />
<br />
d
Die Driftgeschwindigkeit ist also sehr gering. Das einzelne Elektron braucht viele Minuten<br />
um ein Drahtstück von nur 10 cm Länge zu “durchdriften”.<br />
Das hat allerdings nichts damit zu tun, wie schnell der <strong>Strom</strong> anfängt zu fließen, wenn man einen Lichtschalter betätigt. Das geht mit<br />
nahezu Lichtgeschwindigkeit, denn die Leitung kann man sich als mit Elektronen gefüllte Röhre vorstellen. Bei Anlegen eines “Druckes”<br />
(=Spannung) fließen nahezu instantan Elektronen aus der “Röhre” heraus.<br />
Wir können auch das Ohmsche Gesetz mikroskopisch formulieren. Dazu verwenden wir<br />
R= L<br />
A<br />
I=jA V =EL<br />
Es folgt daraus aus dem Zusammenhang V = IR sofort<br />
und damit vektoriell<br />
L<br />
E L= jA = j L j =E /= E<br />
A<br />
j = E = 1<br />
<br />
HörsaalÜbung: Welches elektrische Feld herrscht im Innern des CuDrahtes im letzten<br />
Beispiel? Cu hat bei Raumtemperatur einen spezifischen Widerstand von 1,7 µcm.<br />
Welches Feld herrscht im Vergleich dazu in einem Plattenkondensator, wie wir ihn in<br />
der Vorlesung gesehen haben?<br />
E
5.8 – Supraleitung<br />
Bei sehr tiefen Temperaturen fällt der elektrische Widerstand vieler einfacher Metalle und<br />
Legierungen auf unmessbar kleine Werte ab. Man nennt dieses Phänomen Supraleitung.<br />
Entdeckt wurde es 1911 an Quecksilber (Hg) durch Heike Kammerling Onnes (18531926)<br />
in Leiden. Supraleitung tritt unter einer für jedes supraleitende Material wohldefinierten<br />
Temperatur ein, der sogenannten Sprungtemperatur T C . Im thermodynamischen Sinn ist<br />
dies eine kritische Temperatur, d.h. eine Temperatur, die einen Phasenübergang 2.<br />
Ordnung kennzeichnet. Supraleitung ist eine unter Metallen sehr häufig auftretende<br />
Eigenschaft.
Mittlerweile ist mit der Klasse der sogenannten HochT C Supraleiter (HTSL) auch der<br />
Temperaturbereich, in dem Supraleitung beobachtet wird, erheblich erweitert worden. Die<br />
höchsten Sprungtemperaturen erreicht man mit Verbindungen des Typs HgBaCuO<br />
max (T = 133 K). Einer breiten Anwendung der HTSL stehen Probleme bei der Bearbeitung<br />
C<br />
dieser keramische Materialien entgegen. Dazu kommen Probleme aufgrund der<br />
intrinsischen Eigenschaften der Supraleitungsphase selbst: diese ist sehr empfindlich gegen<br />
Punktdefekte und thermische Fluktuationen.<br />
Seit wenigen Jahren kennt man auch einen metallischen “HTSL”: MgB 2 . Diese einfache<br />
Verbindung mit T C = 40 K ist schon seit über 50 Jahren bekannt; allerdings wurde ihre<br />
Supraleitung erst kürzlich entdeckt. Als Metall lässt sich MgB 2 sehr viel besser bearbeiten.<br />
Welcher Mechanismus verursacht die Supraleitung? Bei nahezu allen Supraleitern ist dies<br />
eine subtile anziehende Wechselwirkung, die sich zwischen Paaren von Leitungselektronen<br />
in großem Abstand voneinander ausbildet, aufgrund einer Polarisation des Gitters der<br />
positiven Ionenrümpfe. Dies ist die sogenannte ElektronPhononKopplung.<br />
Seit 1999 gibt es auch ein Beispiel eines Supraleiters (UPd 2 Al 3 ), das mit ziemlicher<br />
Sicherheit auf einen magnetischen Wechselwirkungsprozess zurückgeführt werden muss.<br />
Die Suche nach weiteren Beispielen, vor allem auf Gebiet der HTSL, ist intensiv im Gange.
5.9 – Gefährdung durch “<strong>Strom</strong>schlag”<br />
Die biologische “Wirksamkeit” eines <strong>Strom</strong>flusses durch den menschlichen Körper hängt von<br />
mehreren Faktoren ab:<br />
● Größe des <strong>Strom</strong>es<br />
● Dauer des <strong>Strom</strong>flusses<br />
● Körperteil, durch den der <strong>Strom</strong> fließt<br />
Schließen wir zunächst einen <strong>Strom</strong>fluss direkt durchs Herz aus:<br />
Fühlbar wird ein <strong>Strom</strong>, wenn er um die 1 mA groß ist. Einige wenige mA rufen schon<br />
Schmerzen hervor, können aber eine gesunde Person nicht ernsthaft verletzen.<br />
Ab ca. 10 mA kann der <strong>Strom</strong> einen Muskelkrampf auslösen. Ein Loslassen der<br />
spannungsführende Teile ist dann schwierig oder unmöglich und es wird sehr gefährlich. Es<br />
kann zur Lähmung des Atemsystems kommen; HerzLungenWiederbelebung kann hier<br />
erfolgreich sein (nach Trennung von <strong>Strom</strong>netz natürlich!).<br />
Wenn Ströme über 70 mA durch den Körper fließen genügt der durchs Herz fließende Anteil,<br />
um ein Vorhofflimmern auszulösen. Dauert dies länger an kommt es zum Herzstillstand.<br />
Beenden lässt sich ein Vorhofflimmern nur schwer (bspw. mit einem Defibrillator).<br />
Die Größe des <strong>Strom</strong>es wird vom Körperwiderstand und dem Übergangswiderstand in den<br />
Körper bestimmt. Der effektive Widerstand zwischen zwei gegenüberliegende Punkten des<br />
Körpers gemessen bei trockener Haut liegt bei 101000 k. Bei feuchter Haut kann das<br />
unter 1 k fallen.
In unserem <strong>Strom</strong>netz würde bei einer “gut geerdeten” Person mit einem derart geringen<br />
Widerstand schon ein <strong>Strom</strong> von 240 mA fließen ( 240V/1000). Das ist fast immer tödlich.<br />
Der Sinn der Erdung von elektrischen Geräten ist gerade, zu verhindern, dass im Falle einer<br />
defekten Isolierung eines spannungsführenden Teiles ein großer Anteil des <strong>Strom</strong>es bei<br />
Berührung über den Körper abfließen kann.<br />
Abschließend noch ein Vergleich der Wirksamkeit von Gleich und Wechselströmen. Das<br />
menschliche Körpergeweben hat kapazitive Anteile. Ein Ersatzschaltbild des Körpers ist<br />
deshalb eine Parallelschaltung eines Widerstandes mit einem Kondensator. Der<br />
Kondensator blockiert bei Gleichspannung, sobald er aufgeladen ist, einen möglichen<br />
<strong>Strom</strong>pfad. Nicht so bei Wechselspannung, wie wir später noch sehen werden.<br />
Wechselströme sind deshalb vergleichsweise gefährlicher als Gleichströme.