Es war einmal ... In einem fernen Land, in einer großen ... - go2www

Fachtraining Norm EN ISO 17024 Von der Giraffe und dem Elefanten…
Es war einmal ...
In einem fernen Land, in einer großen Stadt, ...
In einer kleinen Vorstadtgemeinde am Rande der
großen Stadt Artiodact hatte eine Giraffe ein neues
Haus ganz nach ihren Vorstellungen und
Bedürfnissen gebaut. Für Giraffen war es ein
wunderbares Haus, mit turmhohen Decken und
einem hohen Eingangstor. Die weit oben
angebrachten Fenster sorgten für maximales Licht
von außen und einen guten Rundblick, gleichzeitig
schützten sie die Privatsphäre der Giraffen vor den
neugierigen Blicken der Nachbarschaft. Die engen
Flure sparten Platz, ohne dass die Bequemlichkeit
dadurch eingeschränkt wurde. Das Haus war so
perfekt geplant und gebaut, dass es mit dem jährlich
vergebenen Preis "Giraffenhaus des Jahres"
ausgezeichnet wurde. Natürlich waren die Besitzer
hierauf mächtig stolz.
Eines Tages war die Giraffe in ihrer mit allen
Schikanen ausgestatteten Schreinerwerkstatt im
Souterrain am Arbeiten. Bei einem zufälligen Blick
aus dem Fenster sah sie einen Elefanten die Straße
herunterkommen. „Den kenne ich doch“, dachte
sie. „Wir saßen doch zusammen in der
Elternbeiratssitzung. Außerdem ist er auch ein
hervorragender Schreiner. Ich werde ihn
hereinbitten und ihm meine neue Werkstatt zeigen.
Vielleicht könnten wir sogar bei manchen Projekten
zusammenarbeiten“. Also streckte die Giraffe ihren
Hals aus dem Fenster und lud den Elefanten ein.
Der Elefant war hoch erfreut. Er hatte gern mit der
Giraffe im Elternbeirat zusammengearbeitet und
freute sich darauf, sie besser kennen zu lernen.
Außerdem hatte er schon von der
Schreinerwerkstatt gehört und wollte sie sich gerne
anschauen. Erwartungsvoll ging er zur Eingangstüre
und wartete, bis man ihm aufmachte.
„Kommen Sie rein, kommen Sie rein“, sagte die
Giraffe. Aber sofort wurden sie vor ein gravierendes
Problem gestellt. Der Elefant konnte zwar seinen
Kopf durch die Tür stecken, weiter kam er aber
nicht.
„Zum Glück hatten wir für die Tür gleich
Erweiterungsmöglichkeiten vorgesehen, um meine
Werkstattausrüstung hereinschaffen zu können“,
sagte die Giraffe. „Geben Sie mir eine Minute Zeit,
dann haben wir Ihr kleines Problem gelöst“. Sie
entfernte einige Bolzen und Bretter und ließ den
Elefanten eintreten.
© Heinrich Zillner – go2www Erstellt 09.08.2011 Seite 1 von 2
Heinrich Zillner
Dipl. Bildungsmanager Norm EN ISO 17024
Die beiden Nachbarn unterhielten sich gerade
angeregt über das Schreinergeschäft, als die Frau der
Giraffe ihren Kopf zur Kellertreppe hinunterstreckte
und ihren Mann rief: „Telefon, Liebling. Dein Chef ist
am Apparat“.
„Den Anruf nehme ich besser in meinem
Arbeitszimmer entgegen“, sagte die Giraffe zum
Elefanten. „Setzen Sie sich und machen Sie es sich
bequem. Das kann eine Welle dauern“.
Der Elefant schaute sich um. Er sah ein halbfertiges
Stück auf der Drehbank in der hinteren Ecke liegen
und beschloss, es sich genauer anzusehen. Als er
jedoch durch den Durchgang, der in den hinteren
Teil der Werkstatt führte, gehen wollte, gab es ein
verdächtiges Knirschen. Er trat zurück und kratzte
sich am Kopf.
„Vielleicht gehe ich besser nach oben zur Giraffe“,
dachte er. Doch als er die Treppe hoch gehen wollte,
bemerkte er, dass die Stufen unter ihm zu krachen
begannen. So schnell er konnte sprang er herunter,
stürzte dabei aber gegen die Wand. Auch die bekam

Fachtraining Norm EN ISO 17024 Von der Giraffe und dem Elefanten…
Risse. Er war noch ganz bestürzt und benommen, als
die Giraffe die Treppe herunter kam.
„Was, um Himmels willen, ist denn hier passiert?“
fragte sie voller Erstaunen.
„Ich hatte versucht, es mir bequem zu machen“,
antwortete der Elefant. Die Giraffe sah sich um. „In
der Tat, jetzt sehe ich das Problem. Der Durchgang
ist zu eng. Wir müssen Sie schlanker bekommen.
Hier in der Nähe gibt es ein Fitnessstudio. Nach
einigen Wochen Training dürften wir Sie auf die
richtige Größe heruntertrainiert haben“.
„Vielleicht“, sagte der Elefant wenig überzeugt.
„Und außerdem ist die Treppe zu schwach für Ihr
Gewicht“, fuhr die Giraffe fort. „Wenn Sie abends
noch in die Ballettstunde gehen, bekommen Sie Ihr
Gewicht bestimmt in den Griff. Ich würde mich
Die „Normalen“ und die „Anderen“
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Heinrich Zillner
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wirklich darüber freuen, ich habe Sie sehr gerne
hier“.
„Kann sein“, sagte der Elefant. „Aber ehrlich gesagt
bin ich mir nicht sicher, ob ein für eine Giraffe
entworfenes Haus je für einen Elefanten passen
wird, außer es würden einige tiefgreifende
Umbaumaßnahmen vorgenommen“.
Wir kennen alle den Spruch „ein Bild ist mehr wert
als tausend Worte“. Aber eine bilderreiche
Geschichte wie die Fabel kann doppelt so viel wert
sein. Mit der Fabel von der Giraffe und dem
Elefanten lässt sich die Dynamik von Diversity
deutlich zu machen: Was sie bedeutet, wie sie
funktioniert, wie wir früher mit ihr umgingen und
warum unsere Anstrengungen so oft im Sande
verlaufen.
In dieser Geschichte stellen der Elefant und die Giraffe eine Diversity-Zusammensetzung dar, die für jede Art von
menschlichem Miteinander steht, bei dem Individuen aufeinandertreffen, die sich in einigen Punkten
unterscheiden, in anderen ähnlich sind. In dieser kollektiven Zusammensetzung liegt wahre Diversity.
Das ist ein kritischer Ansatz, der unser überkommenes Bild von Diversity in Frage stellt: dass es nämlich in jeder
Situation, jedem Unternehmen" jeder Gesellschaft die „Einen“, ?die ? „Normalen“, gibt und dann noch die
„Anderen“ ? die, die sich in irgendeiner Weise (üblicherweise durch ihr Geschlecht , Rasse oder Einschränkung)
unterscheiden. In dieser traditionellen Sichtweise werden nur die „Anderen“ als Diversity gesehen.
Sobald wir aber beginnen, Diversity als kollektive Zusammensetzung zu akzeptieren, die sich sowohl aus den
„Normalen“ als auch den „Anderen“ zusammensetzt, wird offenkundig, dass sich Diversity nicht auf Rasse oder
Geschlecht oder sonstige Gegensatzpaare beschränkt, sondern dass es eine komplexe, sich ständig erneuernde
Mischung von Eigenschaften, Verhaltensweisen und Talenten darstellt.
Die Giraffe und der Elefant stellen eine Diversity Zusammensetzung der tierischen Natur dar. In einigen
grundsätzlichen Dingen sind sie sich ähnlich: sie leben im gleichen Wohnviertel haben die gleichen Interessen
(Schreinern, Mitarbeit im Elternbeirat) und den beiderseitigen Wunsch, sich näher kennen zu lernen. In anderen
einschneidenden Dingen wiederum ? Größe, Gewicht, Figur sind sie sehr verschieden.
Und diese Unterschiedlichkeit erweist sich in ihrem Fall auch als ihr Ruin.
In unserer Geschichte stellt die Giraffe den Vertreter der Hauptgruppe dar, der "normalen" Leute. Es ist ihr Haus,
ihr Entwurf, ihr Gesetz. Sie trägt die Verantwortung. Der Elefant repräsentiert die „Anderen“. Er wird herzlich
eingeladen und aufs freundlichste willkommen geheißen. Dennoch bleibt er im Haus der Giraffe ein Außenseiter
und wird es immer bleiben. Das Haus war nicht für Elefanten konzipiert worden.