Das Kirchspiel Jurgaitschen - Kreisgemeinschaft Tilsit-Ragnit eV
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<strong>Das</strong> <strong>Kirchspiel</strong><br />
<strong>Jurgaitschen</strong> – Königskirch<br />
im Kreis<br />
<strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong>/Ostpreußen<br />
Teil I – Auf einen Blick –<br />
Die Geschichte des <strong>Kirchspiel</strong>bereiches und des <strong>Kirchspiel</strong>s bis<br />
zum Ende 1948 mit den Daten der ersten Ansiedlungen und der<br />
Deutung der Ortsnamen (Auszug)<br />
© 2005 Botho Eckert Bad Salzuflen<br />
( früher Skattegirren/Groschenweide)<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 1 von 26
Karte 1<br />
© 2004 Botho Eckert, Bad Salzuflen (Nachzeichnung und Verkleinerung nach den<br />
zusammengefügten Messtischblättern (1:25 000) von Heinrichswalde, <strong>Tilsit</strong>, Schillen, Königskirch und<br />
Aulenbach)<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 2 von 26
Die Verwaltungsbezirke im <strong>Kirchspiel</strong>bereich<br />
Vor der ersten Besiedlung um 1500 war der <strong>Kirchspiel</strong>bereich tiefster Urwald, der so<br />
genannte Grauden. Ab ca. 1300 beherrschte der Deutsche Orden das Gebiet mit der<br />
Komturei in <strong>Ragnit</strong>.<br />
1525 entstand aus den prussischen Gebieten<br />
Samland, Nadrauen und Schalauen<br />
der Verwaltungsbezirk Samland mit Sitz in Königsberg<br />
Aus der Komturei <strong>Ragnit</strong> bildeten sich die Hauptämter<br />
<strong>Tilsit</strong> mit den Creysen (Beritten) Thaurothenen und Argeningken, (in diesem lag<br />
der <strong>Kirchspiel</strong>bereich <strong>Jurgaitschen</strong>)<br />
<strong>Ragnit</strong><br />
und Labiau.<br />
1713 entstand die Domänenkammer Königsberg und<br />
1736 für Nadrauen und Schalauen, dem damaligen Preußisch-Lithauen, die neue<br />
Domänenkammer in Gumbinnen.<br />
1733 gab es auf der Karte von J. F. Betgen die folgenden Districte:<br />
den Memelschen<br />
den <strong>Tilsit</strong>schen mit den Amtsbezirken<br />
o Linkuhnen einschließlich Heinrichswalde<br />
o Kukernese<br />
o Balgarden (<strong>Tilsit</strong>)<br />
den <strong>Ragnit</strong>schen mit den Amtsbezirken<br />
o <strong>Ragnit</strong><br />
o Gerskulen, in dem das <strong>Kirchspiel</strong> Szillen lag.<br />
1751 entstanden die ersten ländlichen Kreise.<br />
Nadrauen und Schalauen gehörten zum Lithauischen Cammer-Departement.<br />
Es entstanden u. a. die folgenden Kreise:<br />
Gumbinnen<br />
<strong>Ragnit</strong> u. a. mit dem Domänenamt<br />
Gerskulen mit 5 Vorwerken und 70 Dörfern<br />
<strong>Tilsit</strong> u. a. mit den Domänenämtern<br />
Balgarden mit 2 Vorwerken und 102 Dörfern<br />
Heinrichswalde mit 2 Vorwerken und 25 Dörfern<br />
Linkuhnen mit 1 Vorwerk und 121 Dörfern<br />
1808 erhielten die Domänenkammern den Titel Regierung. Somit gab es ab 1809<br />
die Königlich Litauische und ab 1816 die Königlich Preußische Regierung<br />
1818 entstanden im neuen Regierungsbezirk Gumbinnen u. a. die folgenden Kreise:<br />
Insterburg Land<br />
<strong>Ragnit</strong><br />
<strong>Tilsit</strong> Land und Niederung<br />
Im Gemeindelexikon von 1888 erscheinen folgende Kreise und Amtsbezirke:<br />
<strong>Tilsit</strong> u. a. mit dem Amtsbezirk<br />
Eromeiten<br />
<strong>Ragnit</strong> u. a. mit den Amtsbezirken<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> an der Budup<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 3 von 26
Neuhof<br />
Niederung u. a. mit den Amtsbezirken<br />
Brettschneidern<br />
Kellmienen<br />
1833 entstand das neue <strong>Kirchspiel</strong> <strong>Jurgaitschen</strong><br />
1905 gab es im Regierungsbezirk Gumbinnen 14 Kreise, darunter<br />
<strong>Tilsit</strong> Stadt<br />
<strong>Tilsit</strong> Land<br />
<strong>Ragnit</strong> und<br />
Niederung<br />
1922..entstand der Landkreis <strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong> mit der Verwaltung in <strong>Tilsit</strong> u. a. mit<br />
den <strong>Kirchspiel</strong>en<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> (alle Orte kamen nun endgültig zum neuen <strong>Kirchspiel</strong>)<br />
Schillen<br />
und 1938 der Landkreis Elchniederung mit der Verwaltung in Heinrichswalde und<br />
u .a. mit den <strong>Kirchspiel</strong>en<br />
Heinrichswalde<br />
Skaisgirren/Kreuzingen<br />
1934 erhielten alle Orte neue deutsche Namen<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 4 von 26
Zusammenstellung aller Orte des <strong>Kirchspiel</strong>s mit Angaben der Ansiedlung sowie der ersten<br />
amtlichen Eintragungen<br />
Daten der<br />
Ansiedlung<br />
Ortsname alt Ortsname neu Hinweise<br />
vor 1709 Alloningken Allingen<br />
vor 1785 Alloningscher Teich kam 1888 zu Alloningken<br />
vor 1709 1764 Abud Bussen kam 1922 zu Thalszenten<br />
vor 1630 1639 Argeningken-Graudszen Argenhof<br />
1670 Birkenwalde * Gut Birkenwalde kam zu Allingen<br />
vor 1861 Böttchersdorf /Trakeningken Kam zu Birkenwalde<br />
vor 1716 1750 Budopönen Freihöfen auch Kisen genannt<br />
vor 1709 Groß Brettschneidern Brettschneidern<br />
ca. 1785-1796 Klein Brettschneidern * kam zu Brettschneidern<br />
vor 1709 Groß Dummen Ostwalde<br />
1737 Klein Dummen Klein Ostwalde * kam zu Ostwalde<br />
vor 1700 1741 Freyhoff seit 1846 Freihof * kam zu Königskirch<br />
vor 1630 Giggarn Girren<br />
vor 1709 Giggarn-Skerswethen Garnen<br />
ca. 1709-1736 Gaydwethen Geidingen<br />
ca. 1785-1796 Alt Grünheide Forst Grünheide *<br />
ca. 1785-1846 Neu Grünheide kam 1888 zu<br />
Schillupischken<br />
vor 1914 Heide* kam zu Seikwethen<br />
1623 Groß Ischdaggen Groß Roden auch Brasen genannt<br />
ca. 1796-1846 Klein Ischdaggen kam zu Kellmienen<br />
vor 1630 1741 <strong>Jurgaitschen</strong> Königskirch<br />
ca. 1785-1796 Dorf Kaukwethen Gut Raunenhof kam 1888 zu Tauern<br />
Gut Kaukwethen Gut Bartken blieb beim Krs. Niederung<br />
vor 1630 Kaukweth-Kludszen Raunenwalde * kam zu Alloningken<br />
(vor 1540)<br />
1647 Kellmienen Kellen auch Pillwellen genannt<br />
vor 1630 1654 Kermuszeiten Kermen<br />
1619 Klipszen-Rödszen Klipschen (vor 1540)<br />
vor 1630 Kluickschwethen(Klischwethen) Klischenfeld* kam 1934 zu Königskirch<br />
vor 1630 1716 Krauleiden Krauden<br />
vor 1709 Kluickschwethen Klugwettern * kam 1934 zu Neuhof<br />
vor 1709 Kattenpuppen Kattensteig * kam 1934 zu Krauden<br />
1686 Kayserau Kaiserau<br />
1687 Kühlen<br />
vor 1655 1678 Laugallen Martinsrode<br />
1619 Lieparten<br />
nach 1888 Lapienen Forst Lapienen *<br />
1648 Neuhoff Groß Neuhof<br />
......1752 Klein Neuhof kam 1922 zu Groß Neuhof<br />
1739 1773 Neuhof-Grineiten Neuhof-Grüneiten kam zu Hohenberg<br />
1754 Neuhof-Neuendorf * gehörte zu Neuhof<br />
1749 Neuhof-Hohenberg * gehörte zu Neuhof<br />
vor 1630 1716 Osznaggern Aggern<br />
vor 1616 1619 Groß Oszkinnen Groß Ossen * kam 1934 zu Lieparten<br />
1763 Klein Oszkinnen oder Klipschen Klein Ossen * kam 1934 zu Königskirch<br />
1755 Odaushöfchen * kam zu Groß Skattegirren<br />
vor 1630 Puppen wurde 1934 geteilt. Puppen<br />
A * kam zu Aggern,<br />
Puppen B * zu Königskirch<br />
vor 1630 1683 Papuschienen Paschen<br />
vor 1665 1682 Groß Skattegirren Groschenweide<br />
1725 Klein Skattegirren * gehörte zu Groß<br />
Skattegirren<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 5 von 26
1639 Schillkojen Auerfließ<br />
vor 1665 1764 Skambracken Brakenau<br />
vor 1630 Skeppetschen Ellerngrund<br />
vor 1630 Schacken-Jedwillen Feldhöhe<br />
vor 1630 1695 Schillupischken Fichtenfließ<br />
vor 1630 Schaulwethen Lichtenhöhe<br />
vor 1736 1745 Sandlauken Sandfelde<br />
vor 1709 Skardupönen Scharden auch Schaugsten genannt<br />
vor 1709 Seikwethen Ulmental vor 1796 Tarpszikinnen<br />
genannt<br />
vor 1630 Sprukinnen (Klein <strong>Jurgaitschen</strong>) Rockingen * kam 1934 zu Königskirch<br />
vor 1709 1716 Thalszenten Grünhöhe<br />
vor 1540 1639 Groß Taurothenen<br />
(Tauratheen)<br />
Tauern war ein königliches Dorf<br />
1772 Neu- bzw.Klein Taurothenen *<br />
kam zu Tauern<br />
(Schrödershöfchen)<br />
vor 1630 Turken<br />
1682 Groß Wingsnupönen Groß Wingen<br />
Klein Wingsnupönen Ortsteil von Groß Wingen<br />
vor 1709 Wersmeningken Angerbrunn<br />
vor 1615 1643 Wittgirren Berginswalde erste Rodungen um 1615<br />
vor 1709 Walseeden kam nach 1710 zu teilweise<br />
zu Laugallen<br />
Im <strong>Kirchspiel</strong>bereich gab es ursprünglich 66 Ortsnamen(Haupt- und Nebenorte). 57 davon<br />
blieben bis 1945 erhalten. Von den restlichen Ansiedlungen fiel ein Ort der Pest zum Opfer,<br />
die weiteren wurden vor 1922 anderen Dörfern zugeordnet.<br />
1939 existierten 37 Hauptorte, 18 Nebenorte und zwei Förstereien. Die neuen Ortsnamen<br />
wurden ab 1934 eingeführt.<br />
Anmerkung<br />
Die Namen der 37 Hauptorte von 1939 sind fett gedruckt. Die Nebenorte und Förstereien sind mit<br />
einem Stern (*) bezeichnet. Bei den vor 1700 entstandenen Orten sind die Jahreszahlen fett gedruckt.<br />
Die Jahreszahlen der ersten amtlichen Eintragung, z.B. Actum, sind unterstrichen.<br />
(vor 1540)= Ansiedlungen an der Arge, die bereits vor 1540 entstanden.<br />
Nachtrag:<br />
Bei der Suche nach dem Ursprung der einzelnen Orte fällt die große Namensvielfalt einiger<br />
Ansiedlungen besonders auf Karten und Schriftstücken vor 1800 auf. Einige Orte wechselten<br />
vollständig ihren Namen oder tauchen nach 1800 nicht mehr auf.<br />
Es folgen Beispiele<br />
Groschenweide = Skattigken<br />
Skatiken<br />
Skategirei<br />
Skategirrn<br />
Skatteggirren<br />
Skattegirren<br />
Ulmental = Tarpszikinnen<br />
Scheigwethen<br />
Seikwethen<br />
Groß Wingen = Wingschnupoehnen<br />
Wingsnupöhnen<br />
Wingsnupönen<br />
- ? - Forkeningken<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 6 von 26
Hinweise und Daten zur Geschichte<br />
des <strong>Kirchspiel</strong>s <strong>Jurgaitschen</strong>/Königskirch<br />
im Kreis<strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong>/Ostpreußen<br />
Vor 350 Millionen Jahren, im Zeitalter des Karbon, gab es sehr wahrscheinlich im<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich ausgedehnte Farn- und Siegelbaumwälder. Zeuge dieser Zeit ist das<br />
Erdölvorkommen bei Sandlauken und Kellmienen. Es soll sich um qualitativ hochwertiges Öl<br />
handeln.<br />
Vor 65 Millionen Jahren wuchsen im Samland ausgedehnte Kiefernwälder, Lieferanten des<br />
wertvollen Bernsteins; Funde gab es auch im Memeldelta.<br />
Um 11.000 v. Ch. sind erste Ansiedlungen im Gebiet von Pillkallen dokumentiert.<br />
Bis 8.000 v. Ch., dem Ende der Eiszeit, war Ostpreußen vom Eis bedeckt. Die Landschaft<br />
des <strong>Kirchspiel</strong>bereiches wurde durch eine Grundmoräne geprägt. Die tauenden Gletscher<br />
bildeten Wasserläufe, Seen und Sümpfe. Ablagerungen formten das Gebiet zu einer leicht<br />
welligen Landschaft. Es entstanden diverse Landsenkungen und –hebungen von der Ostsee<br />
bis zur Elchniederung.<br />
Vor ca. 4.000 v. Ch. Jahren trat eine Klimaveränderung ein. Durch die Erwärmung entstand<br />
die Vegetation des Graudenwaldes, aber auch die Tierwelt der Wisente und Auerochsen.<br />
Aus dem Norden wanderten die Fennen (Finnen) ein. Sie waren Jäger, die mit einfachen<br />
Geräten, z.B. Steinäxten, jagten und sich mit Fellen kleideten. Häuser kannten sie noch<br />
nicht.<br />
Um 2.500 v. Ch. gelangten baltische Waldbauern, die Aestii (Esten) hinzu. Sie lebten an<br />
Flussläufen und in den Küstengebieten. Sie betrieben bereits einen primitiven Ackerbau mit<br />
Emmer und Hafer und eine Viehhaltung mit Schweinen, Schafen und Ochsen.<br />
Um 1.000 v. Ch. gelangten die Veneti (llyrer, Römer) in das Samland. Sie erkundeten das<br />
Gebiet und entdeckten den Bernstein.<br />
Jäger, Waldbauern und Ilyrer vermischten sich zu den Pruteni oder Prussi (dem Wortsinn<br />
nach verständige und kluge Leute), den Altprussen, einem baltischen Volk, wie auch die<br />
Kuren und Letten. Nach der Ordenszeit wurden sie zusammen mit vielen Deutschen,<br />
Litauern und Polen zu guten Preußen.<br />
Um 300 v. Ch. gelangten die Goten in das Samland. Von ihnen erlernten die Prussen den<br />
Haus- und Ackerbau, sowie eine bessere Tierhaltung aber auch das Kriegshandwerk. Aus<br />
ihrer Sprache stammt u. a. auch der Name Wanaglauken (Wangus = halbgerodete<br />
Waldflächen).<br />
573 n. Ch. teilte der Prussenkönig Waidewutus (Vidinitus) das Prussenland unter seinen 12<br />
Söhnen auf. Davon erhielt Scalto Schalauen und Nadro Nadrauen.<br />
Graudenwald, so nannte man den Urwald zwischen Pregel und Memel. Es war ein feuchtes,<br />
teilweise sehr sumpfiges Waldgebiet mit vielen Mooren. Der Wald bestand aus Sumpfeichen,<br />
Erlen, Birken und einem dichten, dornigen Gestrüpp. An einigen höher gelegenen Stellen<br />
wuchsen wohl auch Kiefern und Heide. Ossat, Schillup, Budup und Arge waren mehr oder<br />
weniger breite Flussläufe. Modernde Altbäume, Gestrüpp, Neuwuchs sowie Tierlaute<br />
vermischt mit Wind und Sturm gaben dem Gebiet den Namen Grauden.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 7 von 26
Erste Funde im <strong>Kirchspiel</strong>bereich beweisen, dass schon um 4.000 vor Christus, also in der<br />
jüngeren Steinzeit, Menschen im Graudenwald lebten. So fand man<br />
in Neuhof ein kleines Steinbeil<br />
in Argeninken zwei Steinäxte<br />
in <strong>Jurgaitschen</strong> fand man ein Rundbeil<br />
aus der Zeit von 1800 – 800 v. Chr.<br />
Auch Tiere lebten in der Wildnis. Ein Beweis sind die gefundenen Auerochsen-Knochen in<br />
Schillkojen. Aber auch viele andere Tierarten waren zu finden u. a. Elche, Bären,<br />
Wildschweine, Wisente, Wildpferde, Wölfe und Auerhähne. In den Flussläufen gab es reiche<br />
Fischvorkommen sowie Biber und Otter. Ortsnamen der Gegend erinnern an einige<br />
Tierarten:<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> – Kollerhahnort (Auerhahn)<br />
Taurothenen – Ort im Auerochsenwald<br />
Lapienen – Fuchsort<br />
Um 900 fielen die Wikinger ins Samland ein. Sie töteten die Männer, heirateten die Frauen<br />
und wurden dann sesshaft.<br />
Ab 1273 kam der Deutsche Orden in das Land der Nadrauer und Schalauer.<br />
1275 fuhr der Vogt des Samlandes, Dietrich von Liedelau, erstmals mit einer Flotte über das<br />
Haff und auf der Memel nach Schalauen und überfiel zwei Burgen in der Höhe von <strong>Ragnit</strong>.<br />
1352 wurde Nadrauen geteilt. Der <strong>Kirchspiel</strong>bereich blieb im Hoheitsgebiet des<br />
Hochmeisters. Die Marschallstanne bei Grudszen (ein Nachbarort von Skattegirren) war<br />
dabei ein Orientierungspunkt, wohl auch auf dem 43. Ordensweg.<br />
um 1354 entstand der älteste Handelsweg durch den Grauden zwischen Insterburg,<br />
Kraupischken und <strong>Ragnit</strong>.<br />
Zur Sicherung des Ordenslandes wurden die Burgen <strong>Ragnit</strong> 1289 und <strong>Tilsit</strong> zwischen 1403<br />
und 1408 erbaut. Den Hauptschutz vor Überfällen der Litauer bildete jedoch die zwischen<br />
Pregel und Memel liegende Wildnis – ein Grund dafür, warum sie erst spät besiedelt wurde.<br />
1377 zog der Marschall Gottfried von Linden mit Herzog Albrecht von Oesterreich und einem<br />
Heer von 30.000 Mann von Königsberg über Insterburg zur Memel.<br />
Nach mehreren Schlachten, Siegesfeiern und einem Unwetter zogen sie wieder zurück nach<br />
Königsberg. <strong>Das</strong> Gros dieses Heeres zog von <strong>Ragnit</strong> durch den Grauden. Wo sie den<br />
Urwald durchquerten, ist unbekannt.<br />
1380 gelangte mit deutschen Siedlern der erste Pflug in das Ordensland. Bei der<br />
Urbarmachung der Wildnis bedeutete er ein wichtiges Hilfsmittel, benutzte man davor doch<br />
lediglich einen Haken aus Geweihen.<br />
1384 wird ein erster Weg durch den Grauden, nämlich der 43. Ordensweg beschrieben. Er<br />
führte ursprünglich durch die späteren Orte des <strong>Kirchspiel</strong>s wie Skattegirren, Wittgirren,<br />
Schaulwethen, Budopönen, Oschnaggern, Lieparten, Argeningken/Graudszen und<br />
Taurothenen sowie über die Tilse nach <strong>Ragnit</strong>.<br />
1390 und 1392 zog der englische Graf Derby von Norkitten über Schillen und von Tapiau<br />
über Mehlauken nach <strong>Ragnit</strong> an die Memel. Befahrbare Wege existierten noch nicht.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 8 von 26
Waldnutzung: Die Ausübung von Jagd, Imkerei und Fischfang im Urwald unterstand einer<br />
strengen Kontrolle des Ordens und somit der Zinspflicht. Für den Orden entwickelte sich die<br />
Wildnis zu einer reichen Einnahmequelle.<br />
Buden, Bauden nannte man die ersten Unterkünfte der Holzfäller aber auch der im Grauden<br />
lebenden Jäger, Fischer oder Beutner (Imker). Sie alle könnten während der Sommermonate<br />
solche Buden benutzt haben. Bei Budopönen handelte es sich wahrscheinlich um einen<br />
solchen Wohnplatz.<br />
Da die alten Prussen des Lesens und Schreibens unkundig waren, gibt es über ihre<br />
Ansiedlungen und Lebensweisen keine schriftlichen Überlieferungen. Erste Aufzeichnungen<br />
machten die Schreiber des Ordens. Somit bekam man auch Einblicke in das Leben der<br />
Ureinwohner, der Schalauer und Nadrauer.<br />
Durch den Orden verbesserten sich die Lebensbedingungen der Prussen erheblich.<br />
Stuter waren ortskundige Wegeführer, die den Grauden sehr gut kannten. Axtkerben an den<br />
Bäumen dienten ihnen als Wegezeichen<br />
Witinge nannte man die zum Orden übergetretenen Prussen. Sie verrichteten hauptsächlich<br />
in der Wildnis einen für den Orden wichtigen Wehrdienst. Sie waren gute Reiter, Krieger,<br />
Kundschafter und Bauern und erhielten für ihre Dienste einige Huben Land zu besonderen<br />
Rechten.<br />
Erste Wege, wahrscheinlich Reitpfade, durch den Grauden im <strong>Kirchspiel</strong>bereich waren der<br />
43. Ordensweg über Schillupischken sowie der Weg über Schillkojen und Sandlauken. Es ist<br />
zu vermuten, dass die ersten Ansiedlungen an den Bachübergängen sowie an höher<br />
gelegenen Stellen entstanden, die gute Aussichtspunkte darstellten. Weitere erste Orte<br />
könnten die der Heubauern an den Rast- und Futterplätzen für Mensch und Tier in der<br />
Wildnis gewesen sein.<br />
1398 und 1405 wurde von Pestepidemien berichtet.<br />
1401 trafen sich der Hochmeister des Deutschen Ordens und der Großfürst von Litauen,<br />
Witowd in Insterburg.<br />
Um 1404 wurde an der Tilse (Tilßelle), dort wo das etwa um 1289 erbaute Schalauerhaus<br />
(Burg) stand, von den Ordensleuten eine Burg gebaut. Es war die Zeit der ersten<br />
Ansiedlungen an Memel und Tilse. Die Bauleute wohnten in <strong>Ragnit</strong>.<br />
1427 zog der erste Marschall aus <strong>Ragnit</strong> mit hunderten von Hilfskräften von Königsberg<br />
kommend über Schirrau nach <strong>Ragnit</strong>. Vermutlich war es der Weg über Kellmienen,<br />
Schillkojen und Sandlauken. Die Reisegeschwindigkeit betrug ca. 5 km am Tag. Um durch<br />
den Grauden zu gelangen, mussten Buschwerk und Bäume beseitigt werden. Flussläufe und<br />
Sumpfgebiete konnten nur mit Brücken aus Knüppeldämmen überquert werden.<br />
1448 zog derselbe Marschall nochmals durch den Grauden, dieses Mal aber von <strong>Ragnit</strong><br />
nach Königsberg und vermutlich auf dem gleichen Wege.<br />
Der Urwald bot eine reiche Nahrungsquelle für Beutner (Imker), die den guten<br />
Waldbienenhonig ernteten. Jäger stellten Wildpferden, Hirschen, Wildschweinen und<br />
anderen Wildtieren nach. Die Fischer fanden reichlich Nahrung durch Hechte, Forellen usw.,<br />
die sie in den zahlreichen Flussläufen fingen. Aschbrenner gewannen die damals wertvolle<br />
Pottasche durch Abbrennen des Waldes.<br />
<strong>Das</strong> Land war allgemein flach, jedoch gab es an der Arge bis zu 25 m hohe Steilwände. Die<br />
Laukne hatte sogar bis zu 30 m tiefe Stellen.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 9 von 26
1470 wurde für die Arge das erste Fischereirecht verliehen. Der genaue Ort sowie der<br />
Pächter sind nicht erwähnt.<br />
1504 erhielt der Kaufmann Jörg Kromer aus Königsberg vom Amt Insterburg 100.000 ha<br />
Wildnis bis an die Budup zum Holzeinschlag. Aufgrund der schlechten Wegeverhältnisse soll<br />
der Einschlag nur gering gewesen sein.<br />
Ab 1504 finden sich erste Aufzeichnungen über die Siedlungstätigkeiten in einem Hausbuch<br />
von <strong>Ragnit</strong>. Orte aus dem <strong>Kirchspiel</strong>bereich sind dort nicht erwähnt. Zum Orden<br />
übergetretene Prussen und Litauer siedelten sich als Erste in der Nähe der Burgen, an den<br />
Flussläufen sowie an den Hauptwegen durch die Wildnis an. Deutsche Siedler gab es zur<br />
damaligen Zeit nur wenige. Unter den Siedlern waren auch die als Witinge bezeichneten<br />
Wehrbauern. Insgesamt gesehen, war das Siedlungsaufkommen jedoch gering.<br />
Bis zur Einführung des Kulmer Rechtes bestand noch die alt gewohnte ländliche Verfassung.<br />
Der Wert des Landes wurde nach Ochsen und den darauf wohnenden Personen festgesetzt.<br />
So bestand:<br />
der kleinste Landwert aus zwei Ochsen mit einer Person,<br />
ein Zins, eine Wirtschaftsgemeinschaft aus<br />
zwei Ochsen und drei Personen. Sie wurde auch eine Familie genannt.<br />
Brot, so nannte man die Glieder eines Zinses.<br />
Es waren die direkten Familienmitglieder, also die Frauen und Kinder.<br />
Bender, so nannte man die fremden Mitglieder eines Zinses.<br />
1525 endete die Ordenszeit. Herzog Albrecht und mit ihm fast ganz Ostpreußen trat zum<br />
evangelischen Glauben über, ebenso die im Ordensland lebenden Litauer.<br />
1540 werden im Türkensteuerregister des Amtes <strong>Tilsit</strong> die ersten Ansiedlungen in<br />
Tauothenen und an der Arge genannt. Vermutlich handelt es sich um Kaukwethen, Klipszen-<br />
Rödszen, Argeningken-Graudszen und Oszkinnen. Es gab 8 Withe in Taurothenen und 5 an<br />
der Arge.<br />
Ab 1548 erschien die Bibel auch in litauischer Sprache.<br />
Während dieser Zeit begann der Handel zwischen <strong>Tilsit</strong> und Tauroggen.<br />
1552 erhielt der Flecken <strong>Tilsit</strong> das Stadtrecht. Außer Prussen und Lithauern lebten 200<br />
Deutsche im Ort. Den Hauptverkehrsweg bildete damals der Wasserweg über die Gilge und<br />
das Haff. Einzige Landverbindung nach Königsberg war der Weg über <strong>Ragnit</strong> und Insterburg.<br />
Durch den Grauden über Schillupischken bzw. Schillkojen führten nur schmale Pfade.<br />
Die ersten Hausbauten auf dem Lande waren Blockhäuser aus Baumstämmen. Die Küche<br />
(schwarzes Loch genannt) bestand aus einem Raum mit direktem Rauchabzug über dem<br />
Herd. Die einzelnen Orte waren in geschlossener Bauweise angelegt. Die Häuser und die<br />
dazugehörigen Äcker zäunte man zum Schutz gegen wilde Tiere ein.<br />
1572 wurde von den ersten Rodungen an einer nicht näher bezeichneten Stelle am<br />
Argefluss berichtet. <strong>Das</strong> Holz aus der Wildnis nutzte man hauptsächlich als Brennholz für<br />
die Stadt Königsberg. <strong>Das</strong> Nutzholz kam vorwiegend aus Schamaiten.<br />
<strong>Das</strong> Vorhaben, einen Weg durch die Wildnis von <strong>Tilsit</strong> nach Labiau zu bauen, unterband<br />
Herzog Albrecht aus Sicherheitsgründen.<br />
1595 wurde von einem regen Handel mit Haselnüssen, Honig und Talg berichtet. Aber auch<br />
Hanf, Flachs und Roggen wuchsen im <strong>Tilsit</strong>er Gebiet.<br />
1602 brach im Königsberger Gebiet die Pest aus<br />
Um 1615 rodete ein Mann namens Bergin den Wald von Wittgirren. Eine Berahmung erhielt<br />
sein Sohn, der Wildniswart Heinrich Bergin im Jahre 1643.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 10 von 26
1619 wurden in Klipschen-Rödßen von Kurfürst Johann Sigismund an den Wachtmeister<br />
Gabriel Nimmerjahn 7 Huben zu Kölmischem Recht verliehen. Einige Huben davon erhielt er<br />
in Lieparten.<br />
1619, am 23. Februar erhielt der Leutnant Morejau ein Privileg über 7 Hufen Land für sein<br />
neues Gut in Oschkinnen zu Kölmischem Recht. Außerdem bekam er das Schankrecht.<br />
Doch der Krug wurde nicht gebaut!<br />
1623 erhielt der Rußer Fischmeister (Name nicht bekannt) 2 Hufen Dienstland in<br />
Ischdaggen, das ihm 1670 von dem aus Trumpeiten (Kaukehmen) stammenden Christoph<br />
Ginnunttis abgekauft wurde.<br />
Etwa 1630 existierte wohl bereits eine Wegeverbindung von <strong>Tilsit</strong> über Schillupischken nach<br />
Labiau, die spätere Königsberger Landstraße. Erste Ansiedlungen vor 1630 entstanden<br />
vornehmlich im Verlauf dieses ursprünglichen 43. Ordensweges.<br />
1630 erfolgte die erste amtliche Eintragung von Argeningken-Graudszen und Taurothenen.<br />
Ein Friedrich Flubach bekleidete das Amt des ersten Dorfschulzen in beiden Orten.<br />
Um 1630 entstand die erste Karte von Schillen – Szillen und Umgebung. Auf dieser Karte<br />
sind auch einige Orte aus dem <strong>Kirchspiel</strong>bereich aufgeführt. Zu den sieben bereits<br />
bestehenden Orten kamen auf der Karte 15 neue hinzu.<br />
Um 1638 gab es im Bereich <strong>Tilsit</strong> große Schafzuchten (Schäfferey)<br />
1639 erhielt ein Martin Möller vom Kurfürsten Georg Wilhelm in Argeningken 3 Hufen sowie<br />
1 Hufe schlechtes Land in Schillkojen und die Kruggerechtigkeit.<br />
1639 bestanden erste Krüge in Schillkojen und Schillupischken. <strong>Das</strong> königliche Privileg<br />
erhielten diese und einige weitere jedoch erst nach 1700:<br />
Schillupischken ab 1738<br />
Schillkojen ab 1740<br />
Klein Dummen 1740<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> ab 1742<br />
Lieparten ab 1749<br />
Klipschen-Rödszen ab 1764<br />
1645 erfolgte eine Berahmung zu Lieparten.<br />
1647 erhielt ein gewisser von Kellen eine Berahmung in Kellmienen.<br />
1648 wurde für Neuhof im Amt Insterburg ein Siedlungsprivileg erteilt. Weitere Ortsteile<br />
entstanden: 1749 Hohenberg und Neuendorf, 1750 Klein Neuhof und um 1739 Grüneiten.<br />
1654 erfolgte in Kermuscheiten für Andreas Schulz eine Landverschreibung<br />
1656 und 1657 verwüsteten verheerende Tartarenüberfälle das Land. Der <strong>Kirchspiel</strong>bereich<br />
blieb dagegen verschont.<br />
1663 kaufte der Bürgermeister zu <strong>Tilsit</strong> 2 Hufen Land in Argeningken-Graudszen.<br />
1664 wurden drei Wege von <strong>Tilsit</strong> nach Süden beschrieben über Kraupischken nach<br />
Insterburg (ältester Ordensweg), über Schillen nach Insterburg und über Argeningken nach<br />
Labiau (wahrscheinlich über Schillupischken). Vom Herbst bis zum Frühjahr waren alle<br />
Wege sehr schlecht befahrbar, die litauischen Wege sogar nur unter Lebensgefahr.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 11 von 26
1665 gab es nach einer Karte des Kreises <strong>Ragnit</strong> u.a. Ansiedlungen in Schatiken<br />
(Skattegirren), Laugallen und Schamaken(Skambraken).<br />
1670 erhielt Gustav Fleischmann eine Berahmung in Birkenwalde.<br />
1673 wurde Wittgirren in einer Amtsrechnung über 4 Huben für den ersten Siedler genannt.<br />
1678 erhielt der Wildnisbereiter Martin Blaurock eine Berahmung über 5 Huben und 20<br />
Morgen in Laugallen.<br />
1678/79 hatten die Schweden <strong>Tilsit</strong> besetzt. Die preußischen Verteidiger zogen sich im<br />
September 1678 nach Schillkojen zurück, um die Wegeverbindung nach Mehlauken zu<br />
sichern. Sie bekamen Unterstützung vom Großen Kurfürsten. Im Januar 1679 eilte er mit der<br />
Infanterie auf Schlitten über das Haff und mit der Reiterei von Mehlauken über Schillkojen<br />
nach Splitter, wo es zum Kampf kam.<br />
1679 erhielt der Besitzer des Gutes Oschkinnen, der Holzschreiber Ulrich Sambländicher,<br />
eine Verschreibung für eine Ansiedlung in Neuhoff. In Abstimmung mit den Regimentsräten<br />
nahm er das bestehende Schankrecht mit zum neuen Gut.<br />
1680 gab in Klipschen-Rößden die Witwe des seligen Landschöppen Johann Bettikerke,<br />
geb. Blaurock, 5 Hufen Triftenland für 1.500 Mark an einen Herrn Fleischmann ab.<br />
1683 erfolgte eine Berahmung in Papuschienen.<br />
1695 existierte bereits ein Amtsbauer in Schillupischken: Paul Arnoldi erhielt einen<br />
Berahmungsvertrag (Siedlungsvertrag) über 4 Huben 24 Morgen 250 Ruthen durch den<br />
Wildnisbereiter Martin Blaurock.<br />
Berahmungen waren die ersten Sielungsverträge, die zwischen den Forstleuten, teilweise<br />
auch Jägern, und den Siedlern abgeschlossen wurden.<br />
Wildnisbereiter waren Forstleute, die für die Ansiedlung in der Wildnis, für die Waldrodung<br />
und für die Ordnung in ihrem Beritt (Bezirk, den sie umreiten konnten) zuständig waren. Sie<br />
hatten die Berechtigung, Berahmungsverträge abzuschließen.<br />
Die ersten Dörfer waren geschlossene Ansiedlungen von mehreren Bauernhöfen. Die<br />
Bauern betrieben die Dreifelderwirtschaft und hatten die Äcker und Dörfer mit Flechtzäunen<br />
aus Holz geschützt. Die Tore blieben immer geschlossen. Jeder Hof bestand aus Wohnhaus,<br />
Stall und Scheune.<br />
Schatullsiedlungen waren Ansiedlungen in der Wildnis, von denen der Pachtzins in die<br />
fürstliche Kasse (Schatulle) gezahlt werden musste.<br />
Zwischen 1617 und 1697 erfolgte der Ausbau der Gilge.<br />
1699 entstand die erste Reitpostverbindung von <strong>Tilsit</strong> über <strong>Ragnit</strong> und Insterburg.<br />
Um 1700 bestand bereits die Verbindung der späteren Skaisgirrer Landstraße von<br />
<strong>Tilsit</strong> über Schillkojen nach Wehlau.<br />
Ab 1700 fuhren die ersten Postkutschen. Ob sie auch durch den <strong>Kirchspiel</strong>bereich fuhren,<br />
ist nicht bekannt.<br />
Zwischen 1678 und 1745 entstanden neun Schatulldörfer mit insgesamt 55 Huben und 13<br />
Morgen = 928 ha. Es handelte sich um die Orte:<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 12 von 26
1678 Laugallen und Birkenwalde<br />
1682 Skattegirren<br />
1686 Kayserau<br />
1687 Kellmienen, Kühlen und Ischdaggen<br />
1699 Wingsnupönen<br />
1745 Sandlauken<br />
Landmesser, Forstleute etc. erhielten die Berahmungen. Doch die ersten Wirthe waren<br />
hauptsächlich lithauische Bauern, die auf fürstlichem Grund freier leben konnten als unter<br />
dem Adel in Lithauen.<br />
1708 gab es im <strong>Kirchspiel</strong>bereich 32 Orte zuzüglich der 8 zwischen 1678 und 1687<br />
berahmten Schatullorte.<br />
Ohne die Schatullorte wirtschafteten 199 Bauernfamilien auf 172 Huben. Die Bauern waren<br />
überwiegend lithauische Siedler.<br />
1708/1709 war der Winter so kalt, dass die Wintersaat auf den Feldern erfror.<br />
1709/10 wütete auch im <strong>Kirchspiel</strong>bereich die Pest in voller Stärke. Von den im Amtsbereich<br />
Balgarden erfassten 44 Orten waren alleine im Bereich <strong>Jurgaitschen</strong> 23 Orte hart betroffen.<br />
1710 In dem damaligen von 9 Bauernfamilien bewohnten Ort Schillupischken gab es eine<br />
Poststation.<br />
Der 43. Ordensweg diente nun auch als Postweg. In einem Beritt von Taurothenen von<br />
1716 wird berichtet: <strong>Das</strong> Dorf lieget an der Landt-Straße und muß gleich anderen die nöthige<br />
Postfuhren geben. Es gab reitende und fahrende Postverbindungen.<br />
Von <strong>Tilsit</strong> nach Königsberg bestanden durch den Grauden die Wegeverbindungen: über<br />
Schillen nach Insterburg, über <strong>Jurgaitschen</strong> nach Skaisgirren und über Sandlauken nach<br />
Skaisgirren.<br />
Am 11. Oktober 1711 erfolgte durch den Landschöppen Friedrich Haupt aus <strong>Tilsit</strong> eine<br />
Aufstellung über die Folgen der Pest. Der Bericht ist erschreckend. Von den 32 Orten (ohne<br />
Schatullorte) waren:<br />
7 total ausgestorben<br />
4 über 90 % ausgestorben<br />
18 über 50 % ausgestorben<br />
3 bis zu 50 % und weniger ausgestorben.<br />
Von den 199 Bauernfamilien starben 158 aus. Hinzugerechnet werden müssen noch die<br />
Knechte, Mägde und Hirthen. Von den bewirtschafteten Huben Land waren nach dem<br />
großen Sterben ca. 80 % total verwildert.<br />
Nach der Pest wurde von König Friedrich Wilhelm I. ein großes Siedlungsprogramm zur<br />
Neuansiedlung erlassen. Es kamen Siedler aus Thüringen, Nassau, der Schweiz und<br />
Lithauen ins Land. Alle erhielten eine großzügige Grundausstattung an Boden (ca. 1 – 2<br />
Huben), Besatzvieh, Saaten und Hofwehr (Arbeitsgerät). Bereits im Jahre 1711 lebten im<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich zahlreiche neue deutsche Siedler und besonders viele lithauische Siedler.<br />
Vor 1716 gab es bereits Ansiedlungen in Budopönen, auch Kisen genannt.<br />
1716 lag der Ort Schillupischken an der Großen Königsberger landstraße. Die Einwohner<br />
mussten den durchziehenden Soldaten Rast gewähren.<br />
Nach 1722 ließ der König Friedrich Wilhelm I. Kirchen und Schulen erbauen. Der Kantor war<br />
gleichzeitig auch Lehrer. Ursprünglich hatte der Pfarrer für Sicherheit, Ordnung und den<br />
Steuereinzug zu sorgen. Zu seiner Unterstützung wurden die Dorfschulzen eingesetzt.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 13 von 26
1723 wurde berichtet, dass im November dieses Jahres im Amtsbereich <strong>Tilsit</strong> 8 Ochsen und<br />
2 Milchkühe von Bären getötet wurden.<br />
1724 erhielt Johann Baltrusch eine Verschreibung über das köllmische Gütchen<br />
Argeningken/Graudszen.<br />
Ab 1730 erfolgte die erste Einrichtung von Landschulen, vermutlich auch im<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich.<br />
1732 kamen Salzburger Siedler auch in den <strong>Kirchspiel</strong>bereich, so u .a. nach<br />
Klipschen – 1 Familie<br />
Schacken – 1 Familie<br />
Schillupischken – 2 Familien und 2 ledige Männer<br />
Skattegirren – 1 Familie<br />
In den folgenden Jahren verstärkte sich der Zustrom der Salzburger. Im Allgemeinen<br />
entwickelten sie sich zu tüchtigen Bauern.<br />
1736 entstanden die Schulen in Groß-Dummen (ab 1894 zweiklassig), Giggarn, Lieparten,<br />
Seikwethen und Skardupönen (ab 1905 zweiklassig). Bis zum Schulneubau fand der<br />
Unterricht in angemieteten Räumen statt.<br />
Aus den damaligen Creysen Thaurothenen und Argeningken wurden von insgesamt 88<br />
wehrfähigen jungen Männern 51 aus 23 Orten des <strong>Kirchspiel</strong>bereichs erfasst.<br />
Um 1736 war das Siedlungswerk weitestgehend mit Erfolg beendet. Auch im<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich hatte man mit großer Anstrengung die Folgen der Pest überwunden. Nach<br />
einer Erfassung von 1736 ergab sich folgendes Bild über die Bauern der verschiedensten<br />
Nationalitäten. So wirtschafteten in:<br />
10 Orten 21 deutsche Wirthe auf 21 Huben,<br />
von denen 7 Wirthe schlecht wirtschafteten,<br />
31 Orten 104 lithauische Wirthe auf 101 Huben,<br />
von denen 25 Wirthe schlecht wirtschafteten.<br />
Eine weitere Aufstellung über Cöllmer und Erbfrey-Bauern aus dem Jahre 1742 ergab:<br />
In 6 Orten wirtschafteten 14 Cöllmer auf 25 Huben<br />
in 6 Orten wirtschafteten 22 Chatoul-Cöllmer auf 42 Huben und 14 Morgen<br />
in 8 Orten wirtschafteten 32 Erbfrey-Bauern auf 33 Huben und 7 Morgen.<br />
Von den ursprünglich 32 Orten wurde nach Ausbruch der Pest ein Ort ausgelöscht. Bis 1742<br />
kamen sieben Orte hinzu. Einschließlich der 8 Schatullorte gab es nun im <strong>Kirchspiel</strong>bereich<br />
45 Orte bzw. Ortsteile.<br />
1737 wurde Klein Dummen erstmals vermessen<br />
1739 gab es in Schillkojen die erste Schmiede. Weitere waren<br />
ab 1764 in Schillkojen und Klipschen-Rödszen<br />
1769 in Lieparten und<br />
1782 in <strong>Jurgaitschen</strong><br />
Bis zum Aufkommen der ersten Schmieden gab es noch den Puffwagen, einen Wagen mit<br />
Holzrädern und den Holzpflug.<br />
Ab 1741 gab es in Schillkojen eine Försterei.<br />
1741 fand in <strong>Jurgaitschen</strong> eine Verschreibung für die Wirthe Erzberger und Szimkus im Amt<br />
<strong>Tilsit</strong> statt. Bei Wolfsjagden mussten sie Vorspann für die Kutschen der allerhöchsten<br />
Landesherrschaften leisten<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 14 von 26
Um 1742 wirtschafteten, einschließlich der Schatullorte, 193 Wirthe auf 223 Huben und 11<br />
Morgen = 3.740 ha. Gegenüber 1709 gab es nun einen Wirth und 2 Huben und 6 Morgen<br />
weniger.<br />
1752 und 1763 arbeiteten in <strong>Jurgaitschen</strong> die ersten beiden Windmühlen für 65 Orte der<br />
Umgebung. Aus dem <strong>Kirchspiel</strong>bereich gehörten 38 Orte dazu.<br />
1757 Während des Rückzuges der Russen aus Ostpreußen im September/Oktober lagen<br />
preußische Verbände zunächst in Aulowöhnen und ab dem 24. September in<br />
Schillupischken in Bereitschaft. Kämpfe fanden nicht statt. In einzelnen Orten soll es Brände<br />
gegeben haben. Über die sechsjährige Russenzeit liegen keine Berichte vom<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich oder von Übergriffen auf die Bevölkerung im <strong>Tilsit</strong>er Gebiet vor.<br />
1764 verpflichtete sich Albins Stanullis von den 4 wüsten Huben im Dorf Argeningken-<br />
Graudszen eine Hube zu bebauen.<br />
1764 erhielt Christian Sommerfeld in Abud Bussen die Hälfte der zwei Hufen, die bisher<br />
Friedrich Laurin bewirtschaftet hatte.<br />
1765 meldete sich der Köllmer Heinrich Elwert zur Urbarmachung des wüsten Landes in<br />
Skambracken.<br />
1766 ergab eine Zählung in 47 Orten des <strong>Kirchspiel</strong>bereiches 1823 Einwohner. Davon<br />
waren 818 Kinder und Jugendliche, 1005 Erwachsene und 59 Alte, abgelebte Leute über 60<br />
Jahre.<br />
1766 gab es im <strong>Kirchspiel</strong>bereich u. a.<br />
4 Dorfschulen, eine Müllerin, einen Zimmermann, einen Radmacher, einen Schneider, 3<br />
Schmiede und 4 Aschemeister.<br />
Pottaschenbrenner, Aschemeister gab es noch um 1766. Sie brannten Wälder ab und<br />
lieferten schlechte Asche, Budenasche, Weidasche und Pottasche. Pottasche entstand<br />
durch Wässern und Eindampfen. Asche war im Altertum ein bewährtes Reinigungsmittel.<br />
Nach 1759 löste Soda die Pottasche ab.<br />
Beritt, Wirth oder Schulze: Sie hatten die Aufgaben des späteren Ortsvorstehers bzw.<br />
Bürgermeisters zu erfüllen. Die Bezeichnung Beritt führte vom Reiten her, da damals die<br />
Orte nur zu Fuß oder zu Pferde zu erreichen waren (Beritt = Bezirk).<br />
1774 erhielt Argeningken-Graudszen eine Schule.<br />
1777/1778 lebten in den größten Orten<br />
Neuhof 87 Personen auf 13 Höfen<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> 81 Personen auf 8 Höfen<br />
Groß und Klein Wingsnupönen 73 Personen auf 12 Höfen<br />
Schillupischken 68 Personen auf 10 Höfen<br />
Um 1778 stiftete König Friedrich II. 5 Huben und 10 Morgen Land zur Errichtung einer<br />
Kirche mit Pfarrei in <strong>Jurgaitschen</strong>, Möglicherweise war das sein Dank für die Aufbauleistung<br />
nach dem großen Leiden der Pest.<br />
1779 erhielten mehrere Eigenkäthner im Dorf Argeningken-Graudszen Land-<br />
Verschreibungen.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 15 von 26
Eigenkäthner waren Kleinstsiedler auf eigenem Grund. Sie besaßen Kontrakte und konnten<br />
ihren Acker vererben bzw. verkaufen. Die Grundstücke hatten die Größe von nur wenigen<br />
Ruten Land.<br />
1779 wurden in Neu- bzw. Klein Taurothenen-Schröderhoff dem Steuereinnehmer Gottfried<br />
Schröder vier Huben zum Erstellen von Hofgebäuden und zur Ansiedlung von zwei<br />
litauischen Familien überlassen.<br />
1782 erhielt <strong>Jurgaitschen</strong> eine Ölmühle. Der Ort lag an der großen Landstraße von Memel<br />
nach Königsberg.<br />
1783 erfolgte eine erste gründliche Bestandsaufnahme der Orte. Im Actum und in der<br />
Praetationstabelle wurden die Orte beschrieben und die Bewohner erfasst. In 51 Orten gab<br />
es 364 Höfe, einschließlich der Eigenkäthner, mit insgesamt 1077 Huben = 8.259 ha.<br />
Es gab u. a. 8 Dorfschulzen, einen Müller, einen Tischler, 2 Schneider, 5 Schmiede, einen<br />
Schuster, einen Maurer.<br />
Hube, Hufe war die ursprüngliche Bezeichnung für einen Hof ohne Größenangabe.<br />
Innerhalb eines Dorfes waren die Hofgrößen identisch, jedoch von Dorf zu Dorf sehr<br />
unterschiedlich.<br />
Erst später entstanden daraus die Flächenhufen mit Namen wie Kulmer Hufe, Magdeburger<br />
Hufe, Waldhufe etc.<br />
1783 nannte man die Straße von <strong>Tilsit</strong> über Schillkojen nach Wehlau Skaisgirrer<br />
Landstraße.<br />
1783 hielten die Bauern des <strong>Kirchspiel</strong>s lt. Actum rd. 1.500 Pferde und rd. 1.000 Kühe.<br />
1783 lässt sich die Entwicklung im <strong>Kirchspiel</strong>bereich an dem Dorf Oszkinnen gut verfolgen.<br />
So gab es 1619 nur einen Bauern,<br />
1742 bereits zwei Bauern und<br />
1783 vier Bauern auf rd. 15 Huben Magdeburger Maß.<br />
1785 gab es das Litthauische Cammer-Departement u. a. mit den Domänenämtern<br />
Gerskullen<br />
Balgarden<br />
Heinrichswalde<br />
Aus allen drei Ämtern setzte sich das 1833 gegründete <strong>Kirchspiel</strong> <strong>Jurgaitschen</strong> zusammen.<br />
In den damaligen 50 Orten des <strong>Kirchspiel</strong>bereiches gab es 383 Feuerstellen. Sie gehörten<br />
zu den <strong>Kirchspiel</strong>en <strong>Tilsit</strong>, Heinrichswalde und Schillen und unterstanden alle dem König.<br />
1789 wurde vom ersten Kartoffelanbau im <strong>Tilsit</strong>er Bereich berichtet, zunächst allerdings nur<br />
in den Gärten.<br />
Zwischen 1796 und 1802 entstand die Karte „Alt Preußen“ von Schroetter mit allen<br />
Ortsnamen.<br />
Zwischen 1799 und 1818 endete der Scharwerksdienst der Domänenbauern sowie die<br />
Gutsuntertänigkeit bei den Privatbauern gegenüber dem Adel. Danach trat ein<br />
wirtrschaftlicher Aufschwung ein.<br />
1807: Auf der Flucht vor den Franzosen zogen am 18. Juni die Russen über Schillupischken,<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> und Taurothenen und die Preußen über Kellmienen, Schillkojen und<br />
Sandlauken durch den <strong>Kirchspiel</strong>bereich. Eine von den Russen geplante Schlacht an der<br />
Schillup wurde aufgrund der Übermacht der Franzosen abgeblasen.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 16 von 26
1807 Am 19.Juni zog Napoleon über Kellmienen nach <strong>Tilsit</strong>.<br />
In Raukotienen bauten die Franzosen für 25.000 Soldaten ein Lager. Alles Material<br />
besorgten sie sich in der Umgebung. Viele Orte, es ist anzunehmen auch im<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich, wurden geplündert. Von den Höfen holten sie Gebäudeteile, Türen,<br />
Fenster und Möbel. Besonders zu leiden hatten die großen, gut eingerichteten Bauern. <strong>Das</strong><br />
Getreide wurde zum Schmücken des Lagers vom Halm abgeschnitten.<br />
Den Bauern wurde eine weitere Belastung aufgebürdet, denn der Domänenzins pro Hufe<br />
verdoppelte sich bei fallenden Preisen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Nach 1815<br />
zahlte der Staat eine Kriegsentschädigung.<br />
1811/12 und 1816 waren schlechte Ertragsjahre. 1811 und 1812 war die Ernte besonders<br />
schlecht, und 1816 verursachte die starke Nässe große Ausfälle in den Viehbeständen.<br />
Im Juni 1812 zogen wieder französische Soldaten von Mehlauken kommend durch das<br />
<strong>Kirchspiel</strong>. Die Bauern mussten Pferdewagen für den Zug nach Moskau stellen, von denen<br />
viele nicht wieder zurück kamen.<br />
Am 31. Dezember 1812 zogen die Franzosen nach dem Brand in Moskau von <strong>Tilsit</strong> nach<br />
Königsberg ab. Weil die Preußen sich mit den Russen verbündet hatten, zogen die<br />
Franzosen fluchtartig bei einsetzendem Tauwetter von <strong>Tilsit</strong> über Schillupischken nach<br />
Skaisgirren, während die Russen sie vergeblich in Schillen erwarteten.<br />
1816: Ab diesem Jahr wurde in <strong>Tilsit</strong> das erste „<strong>Tilsit</strong>er gemeinnützige Wochenblatt“<br />
herausgegeben.<br />
1818 stürzte der Kirchturm in Schillen infolge eines starken Sturmes (man vermutete ein<br />
Erdbeben) ein. Auch in der Umgebung gab es beträchtliche Schäden. Tausende von<br />
Gebäuden wurden zerstört, aber auch einige Tausend Tiere kamen dabei um. Über den<br />
<strong>Kirchspiel</strong>bereich liegen darüber keine Angaben vor.<br />
Ab 1821 erfolgte die Separation.<br />
Ursprünglich wurden die Felder eines Dorfes gemeinschaftlich bewirtschaftet. Jeder Wirth<br />
besaß jedoch sein eigenes Haus auf einer bestimmten Fläche der Dorfgemeinschaft. Durch<br />
die Separation erhielt jeder Wirth sein eigenes Land, dass er nun selbstverantwortlich<br />
bewirtschaften konnte. Er musste dazu aber neue Wirtschaftsgebäude auf seinem Land<br />
bauen. So entstanden die verstreut liegenden Einzelhöfe, die auch für das <strong>Kirchspiel</strong> typisch<br />
waren. Die vorher gut gepflegte Dorfgemeinschaft ging teilweise verloren. Die Kosten je Hof<br />
(Wohnhaus, Stall und Scheune) betrugen rd. 100 Taler.<br />
1821: Bis zur Separation gab es noch eine größere Anzahl von Scharwerksdiensten, wie<br />
Fuhrdienste, Holzfällen, Schafe scheren und Wiesen bearbeiten, was teilweise bezahlt<br />
wurde.<br />
Gute Einnahmen wurden dadurch erzielt, dass u. a. Getreide nach Königsberg und<br />
Feldsteine nach <strong>Tilsit</strong> transportiert wurden.<br />
1827 brachte eine sehr schlechte Getreideernte.<br />
1828: Ab diesem Jahr entstand in <strong>Jurgaitschen</strong> ein Remontemarkt, eine Ankaufstelle für<br />
Armeepferde. Dreijährige Pferde wurden aufgekauft und etwa ein Jahr lang für den Dienst in<br />
der Armee ausgebildet.<br />
1829 erfolgte der Straßenausbau von <strong>Tilsit</strong> über Sandlauken, Schillkojen, Kellmienen nach<br />
Skaisgirren. Davor waren die Wege nur in den trockenen Sommermonaten gut befahrbar.<br />
Bei starkem Regen im Herbst, Winter und Frühjahr entstanden durch die schweren<br />
Ackerwagen oft tiefe und nasse Fahrspuren.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 17 von 26
1833 entstand das neue <strong>Kirchspiel</strong> <strong>Jurgaitschen</strong> durch den Zusammenschluss von<br />
7 Orten aus dem Kreis <strong>Tilsit</strong><br />
27 Orten aus dem Kreis <strong>Ragnit</strong> mit zuzüglich 6 Wohnplätzen<br />
20 Orten aus dem Kreis Heinrichswalde mit zuzüglich einem Wohnplatz<br />
Insgesamt gab es 61 Ortschaften einschließlich der 7 Wohnplätze, die Teile der<br />
Gemeindeeinheiten darstellten.<br />
1834 entstand die Schule in Neuhof-Hohenberg.<br />
Um 1837 gab es in Kellmienen eine Poststation<br />
Am 1. Juni 1841 erfolgte in Gegenwart von König Friedrich Wilhelm IV. die<br />
Grundsteinlegung zum Neubau der Kirche und somit die Gründung der Parochie in<br />
<strong>Jurgaitschen</strong>.<br />
1844/45 herrschte ein sehr kalter und langer Winter. Noch im Mai lag die Temperatur bei<br />
minus 24° R = 30°C.<br />
Am 10. Juni 1845 wurde die Kirche in <strong>Jurgaitschen</strong> in Gegenwart des Königs eingeweiht.<br />
Anwesend waren 21 Geistliche einschließlich des Landessuperintendenten von Preußen,<br />
sowie 40 Lehrer der Nachbarkirchspiele, die die Einweihung mit Gesang begleiteten.<br />
Die in Form einer Basilika erbaute Kirche hatte keinen Turm. Dieser sollte zu späterer Zeit an<br />
gesonderter Stelle errichtet werden. Der damalige Neubau einschließlich des Pfarr- und<br />
Präzentorgehöftes kostete 27.020 Thaler.<br />
1846 wurde die Schule in <strong>Jurgaitschen</strong> (ab 1889 zweiklassig) gebaut.<br />
1846 entstanden erste Kreiskarten für militärische Zwecke. Auf diesen Karten waren 55 Orte<br />
des <strong>Kirchspiel</strong>s aufgeführt.<br />
1854 entstanden die Schulen in Ischdaggen (ab 1885 zweiklassig), Papuschienen und<br />
Schillupischken<br />
1861 entstanden die ersten Messtischblätter im Kreis <strong>Tilsit</strong>.<br />
1868 gab es im Kreis <strong>Tilsit</strong> infolge Missernte eine große Hungersnot.<br />
Um 1871 erhielt <strong>Jurgaitschen</strong> eine Poststelle.<br />
Am 1. Juni 1875 wurde die erste Eisenbahnstrecke von <strong>Tilsit</strong> nach Insterburg eingeweiht<br />
mit dem Bahnhof Argeningken-Graudßen im <strong>Kirchspiel</strong>. Aber auch Schillen wurde für viele<br />
Orte der Umgebung ein günstig zu erreichender Bahnhof. Mit der Eisenbahn verbesserte<br />
sich der Warentransport für die Landgemeinden ganz wesentlich. Bis dahin wurden die<br />
ländlichen Erzeugnisse mit dem Ackerwagen nach <strong>Tilsit</strong> gefahren, um dann mit dem Schiff<br />
weiter transportiert zu werden.<br />
Am 1. Dezember 1885 wurde eine Volkszählung in der gesamten Provinz Ostpreußen<br />
durchgeführt. Zum <strong>Kirchspiel</strong> gehörten 61 Orte mit 1.210 Haushaltungen und 6.127<br />
Personen. Die Gesamtfläche betrug 9.621 ha. Bewirtschaftet wurden 8.308 ha Acker-,<br />
Wiesen- und Waldflächen. Zur Kirchengemeinde gehörten damals noch vier weitere Orte aus<br />
den Nachbargemeinden.<br />
Der überwiegende Teil der Bevölkerung war evangelisch. Es gab aber auch 30 Katholiken,<br />
21 Juden und 70 Christen anderer Konfessionen.<br />
1886 erfolgte der Ausbau der Straße von Schillen nach <strong>Jurgaitschen</strong> und Sandlauken.<br />
Damit war die wichtigste Verbindung nach <strong>Tilsit</strong> erstellt, und der 43. Ordensweg wurde zur<br />
Nebenstrecke.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 18 von 26
Zwischen 1881 und 1908 wurden Regenmessungen in Schillupischken und Giggarn<br />
durchgeführt, die 560 mm Niederschlag im Jahr ergaben.<br />
1888 wurde der Gutsbesitzer Büchler aus Kaukwethen-Raunenwalde zur Wahl ins<br />
Abgeordnetenhaus der freisinnigen Partei vorgeschlagen und mit 198 von 465 Stimmen<br />
gewählt. Raunenwalde kam zu Bartken im <strong>Kirchspiel</strong> Argeningken.<br />
Interessant ist ein Polizeibericht aus dem Jahre 1888. So wurde u. a. der Landwirt<br />
Christian Pichler aus <strong>Jurgaitschen</strong> zu 20 Mark Strafe oder drei Tagen Haft verurteilt, falls er<br />
nicht den Anbau seiner Scheune, der anstatt 40 m Grenzabstand nur 17 m aufwies,<br />
innerhalb von 8 Tagen entfernen würde.<br />
Nächtliche Ruhestörer durch Musik und Gesang wurden streng bestraft.<br />
Um 1890/91 wurden die Rentenguts- und Arbeiterrentengesetze erlassen. Mit diesen<br />
Gesetzen wollte man die Landflucht drosseln und die bäuerliche Ansiedlung fördern. Die<br />
neuen Wirthe erhielten einen Kredit zum Hoferwerb, den sie je nach Zinssatz im Laufe von<br />
50 bis 60 Jahren zurückzahlen konnten.<br />
Einige Jahre später gründete man die ländlichen Arbeiterrentenstellen zu ähnlichen<br />
Bedingungen. So entstanden neue Bauernhöfe und zahlreiche kleine Arbeiteransiedlungen.<br />
Die Menschen wirtschafteten teilweise auf eigener Scholle. Den Hauptverdienst fanden sie<br />
jedoch als Arbeiter auf den größeren Höfen und im Forst.<br />
Höchstwahrscheinlich sind durch diese Förderung auch viele dieser Ansiedlungen im<br />
<strong>Kirchspiel</strong> entstanden.<br />
1891 entstand eine neue Landgemeindeordnung, die den Dorfschulzen durch den<br />
Gemeindevorsteher bzw. Bürgermeister ersetzte. Ihm zugeordnet waren Schöffe und<br />
Kassenwart. Übergeordnet war der Amtsvorsteher mit Sitz im <strong>Kirchspiel</strong>ort <strong>Jurgaitschen</strong>.<br />
Am 1. Juni 1894 wurde die direkte Bahnverbindung von <strong>Tilsit</strong> nach Königsberg über<br />
Wilhelmsbruch und Skaisgirren eröffnet. Somit hatte das <strong>Kirchspiel</strong> drei günstig zu<br />
erreichende Bahnstationen.<br />
Eine wesentliche Verbesserung brachte die Gründung von Wasser- und Bodenverbänden<br />
mit der damit verbundenen Bachregulierung und Ackerdrainage. Die Erträge konnten mit<br />
einer zusätzlich gezielten Düngung erheblich gesteigert werden.<br />
Folgende Verbände wurden gegründet:<br />
1895/99 Wasserverband Klein Taurothenen mit Birkenwalde, Kaukwethen-<br />
Kludßen und Groß-Taurothenen<br />
1897/99 Drainageverband Wittgirren<br />
1905/06 Drainageverband Seikwethen mit Brettschneidern und Sandlauken<br />
1910 Wasser- und Bodenverband Thalßenten mit Abbudbussau<br />
1911 Wasser- und Bodenverband <strong>Jurgaitschen</strong> mit Giggarn-Skerswethen;<br />
Skeppetschen und Schillupischken<br />
1908/11 Wassergenossenschaft Groß Skattegirren mit Schillupischken<br />
Ab 1900 entstanden Wirtschaftsberatungsstellen in Argeningken-Graudßen und<br />
<strong>Jurgaitschen</strong>. Ackerbau und Tierhaltung bekamen dadurch einen Aufschwung. Die<br />
Einführung von Herdbuchvieh und der Anbau von Kleefutter auf dem Acker erhöhte die<br />
Milchproduktion.<br />
Um 1900 entstand in Schillupischken die erste Molkerei. Insgesamt gab es bis 1936<br />
6 Molkereien. Doch nur Fichtenfließ blieb als Großmolkerei bestehen.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 19 von 26
Um die Jahrhundertwende fand ein wirtschaftlicher Aufschwung statt. Auf den Höfen<br />
erbaute man Stallungen, Scheunen und neue Wohnhäuser. Auch modernere Ackergeräte<br />
wurden angeschafft.<br />
In vielen Orten entstanden neue landwirtschaftliche Siedlungen.<br />
Anstatt der bis dahin bestehenden Lehmhütten oder einfachen Holzhäuser konnten nun dank<br />
der neuen Baumaterialien massive Stallungen und Wohnhäuser gebaut werden.<br />
1905 entstand die Schule in Skambraken. Bis zum Schulneubau 1909 fand der Unterricht in<br />
angemieteten Räumen statt.<br />
1909 entstand die Schule in Skattegirren. Bis zum Schulneubau 1938 wurde in einem<br />
angemieteten Wohnhaus unterrichtet.<br />
1910 entstand die Schule in Schillkojen, ab 1930 zweiklassig.<br />
Ab 1913 gab es in <strong>Jurgaitschen</strong> die Freiwillige Feuerwehr und den Frauenverein des DRK.<br />
1914 zogen russische Soldaten durch das <strong>Kirchspiel</strong>. Zu kriegerischen Handlungen kam es<br />
jedoch nicht.<br />
Für die Landwirtschaft brachte der Krieg einen großen Einbruch. Die Folgen waren noch<br />
lange zu spüren. Viele arme Menschen klopften damals in ihrer Not an die Türen, um zu<br />
überleben.<br />
1915 standen in 20 Orten des <strong>Kirchspiel</strong>s 24 Windmühlen. Je 2 Mühlen waren in<br />
<strong>Jurgaitschen</strong>, Dummen, Schillkojen und Kellmienen.<br />
1922 brachte die Elektrizität wesentliche Erleichterungen in den Haushalten und auf den<br />
Höfen. So konnten durch Elektromotoren die arbeitsaufwendigen Rosswerke, die als Antrieb<br />
für viele Maschinen durch Pferdekraft gedient hatten, stillgelegt werden. Elektrische Lampen<br />
mit Glühbirnen ersetzten nun die Karbidlampen.<br />
1922 kam das <strong>Kirchspiel</strong> <strong>Jurgaitschen</strong> im Rahmen einer kommunalen Neuordnung zum neu<br />
gebildeten Kreis Tislit-<strong>Ragnit</strong>.<br />
1922/23 erhielt <strong>Jurgaitschen</strong> eine Zweigstelle der Kreissparkasse.<br />
Ab 1922 wurde das Gendarmerieamt <strong>Jurgaitschen</strong> durch weitere Gendarmerieposten in<br />
Schillupischken, Auerfließ und Argenhof verstärkt.<br />
1923 entstand der erste Kraftpostverkehr von <strong>Tilsit</strong> nach Sandlauken, <strong>Jurgaitschen</strong> sowie<br />
nach Schillkojen. Neben den Postsendungen konnten nun auch Personen befördert werden.<br />
Besonders für die Fahrschüler des <strong>Kirchspiel</strong>s war es eine wesentliche Erleichterung. Fast<br />
von der Haustür aus fuhr man nun nach <strong>Tilsit</strong> zur höheren Schule.<br />
Sowohl mit der Eisenbahn als auch mit dem Bus wurde das Reisen bequemer. Vorher<br />
konnte man nur mit Kutsche oder Reitpferd voran kommen. Der praktische Arzt aus <strong>Tilsit</strong><br />
oder aus einem anderen größeren Ort (in <strong>Jurgaitschen</strong> gab es keinen praktischen Arzt)<br />
konnte nun schneller zu den Patienten gelangen. <strong>Das</strong>selbe galt auch umgekehrt.<br />
Ab 1926 gab es Fortbildungsschulen in <strong>Jurgaitschen</strong> und Schillupischken.<br />
1927 wurden im <strong>Kirchspiel</strong> 904 Ansiedlungen gezählt: Höfe, Insthäuser und Geschäfte sowie<br />
eine Kirche, ein Bahnhof, zwei Bahnwärterhäuschen und zwei Förstereien.<br />
1932 wurde in Sandlauken eine Landpoststelle eingerichtet.<br />
1932 erfolgte ein weiterer Ausbau von wichtigen Straßenverbindungen. So entstand die<br />
neue Kiesstraße von Schillen über Schillupischken nach Kayserau.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 20 von 26
1934 wurden die urtümlich klingenden Ortsnamen durch neue deutschen Namen ersetzt. So<br />
wurde aus <strong>Jurgaitschen</strong> Königskirch, wahrscheinlich weil der König den Ort nach der<br />
Pestzeit so großzügig gefördert hatte.<br />
1936 arbeiteten im <strong>Kirchspiel</strong> 17 Schmieden, davon je zwei in Königskirch und Neuhof.<br />
1939 fand eine weitere Volkszählung statt. Durch eine Gemeindereform gehörten nun zum<br />
<strong>Kirchspiel</strong> 37 Orte und 2 Förstereien einschließlich der 18 Ortsteile, die ursprünglich<br />
selbständige Orte gewesen waren. Insgesamt bewirtschafteten ca. 800 Bauernfamilien rd.<br />
9.000 ha Fläche.<br />
Es hatten 11 Bauernhöfe mehr als 100 ha<br />
27 Bauernhöfe 50 – 100 ha<br />
67 Bauernhöfe 25 – 50 ha<br />
ca. 700 Bauernhöfe weniger als 25 ha.<br />
Die meisten Bauern gab es in Ostwalde. Hier bewirtschafteten 82 Bauern 365 ha. Dagegen<br />
gab in Berginswalde nur zwei Bauern mit rd. 100 ha.<br />
Insgesamt zählte man im <strong>Kirchspiel</strong> rd. 5.000 Menschen.<br />
1940 erscheinen in einem Adressbuch nur noch 5 Mühlenbesitzer. Windmühlen gab es<br />
allerdings nicht mehr.<br />
Die meisten Orte des <strong>Kirchspiel</strong>s bestanden nur aus landwirtschaftlichen Betrieben. Zu<br />
größeren Einkäufen wurde nach <strong>Tilsit</strong> oder Insterburg gefahren. Doch gab es die wichtigsten<br />
Geschäfte, Händler und Handwerksbetriebe in Königskirch und einige wenige in den Orten<br />
Argenhof, Auerfließ, Fichtenfließ, Grosswingen, Kellen, Ostwalde, Martinsrode und Ulmental.<br />
1944: Aus militärischen Gründen wurde das Kreisgebiet im Oktober und November von den<br />
Bewohnern geräumt. Auch die Kühe wurden fortgetrieben.<br />
1945 endete die ca. 450-jährige Geschichte des <strong>Kirchspiel</strong>bereiches <strong>Jurgaitschen</strong> und des<br />
späteren <strong>Kirchspiel</strong>s Königskirch. Mitte Januar besetzten es die Russen.<br />
Von der Urwildnis über eine fruchtbare Bauernansiedlung ist heute eine Kultursteppe übrig<br />
geblieben. Im Jahre 2003 waren nur noch zwei Orte <strong>Jurgaitschen</strong> und Schillkojen zu<br />
erkennen.<br />
1948 wurden die letzten noch im <strong>Kirchspiel</strong> lebenden Deutschen von den Russen<br />
ausgewiesen.<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 21 von 26
Karte 2<br />
Grundlage: Karte des Deutschen Reiches – Topographische Karte 1:100 000 Kreiskarte <strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong><br />
aus dem Jahre 1940 zu beziehen bei.<br />
Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, 60598 Frankfurt am Main.<br />
Internet: http://www.bkg.bund.de<br />
Ergänzung: Botho Eckert mit Hinweisen und Bildern (Privat)<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 22 von 26
Die alten Ortsnamen im <strong>Kirchspiel</strong><br />
Namen können einen Hinweis auf die Ursprünglichkeit der Landschaft vermitteln,<br />
besonders dann, wenn so wie bei den alten Prussen und Litauern viele Dinge aus<br />
der Natur wie Tiere, Pflanzen usw. in die Ortsnamen einflossen. Ob die Namen nun<br />
einen prussischen oder litauischen Ursprung haben, ist aufgrund der geringen<br />
sprachlichen Unterschiede nur selten zu erkennen. Auch die Schreibweise der<br />
Namen ist sehr unterschiedlich, musste man sich doch ursprünglich nur auf das<br />
Gehör verlassen. Erst ab der Ordenszeit gab es Veränderungen.<br />
Auch wenn die Deutung nicht vollständig sein kann, so ist es doch möglich, einen<br />
Eindruck von der damaligen Zeit zu gewinnen. Als Hilfsmittel wurden verwendet:<br />
Lithauisch – deutsches Wörterbuch<br />
von Friedrich Kurschat 1883<br />
Littauischer Namensschatz<br />
von Vilius Kalvaitis 1910<br />
Herkunft der Sprache der Prußen<br />
von Lotte Kilian 1980<br />
Erste Ortsnamen Namensdeutung Namen nach 1934<br />
Alloningken Ansiedlung mit dem Recht<br />
zum Bierbrauen<br />
Allingen<br />
Alboudbussen Königliches Gut kam 1922 zu Thalszenten<br />
Argeningken-Graudszen Ansiedlung an einem<br />
rauschenden Bach<br />
Budupönen Hütten- bzw. Budenort an der<br />
Budup (am Bachübergang)<br />
Brettschneidern<br />
(Groß- und Klein-)<br />
Dummen<br />
(Groß- und Klein-)<br />
Nach dem ersten Siedler<br />
Brettschneider<br />
Siedlung in einem Gebiet mit<br />
Rauchschwalbenvorkommen<br />
Argenhof<br />
Freihöfen<br />
Brettschneidern<br />
Ostwalde<br />
Freyhoff Ein erbfreier Siedler Freihof<br />
Grünheide Ort in der Heide<br />
(Fichtenwald)<br />
Giggarn Ansiedlung im Walde Girren<br />
Gaydwethen Ort der Hähne<br />
(Hühnerhaltung)<br />
Ischdaggen<br />
(Groß- und Klein-)<br />
Ansiedlung nach einer Brandrodung<br />
(Klein Ischdaggen)<br />
gehörte zu Kellmienen)<br />
<strong>Jurgaitschen</strong> Ort der Kollerhähne<br />
(Auerhahn), evtl. auch nach<br />
dem ersten Siedler Georg<br />
Försterei Grünheide<br />
Geidingen<br />
Groß Roden<br />
Königskirch<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 23 von 26
Kaukwethen-Kludszen Ort der lauten Hunde und<br />
Hühner<br />
Kaukwethen Ort der lauten Hunde<br />
(vermutlich Wachhunde)<br />
Kellmienen Stubbenort (die Siedler mussten<br />
erst die Stubben roden<br />
Kermuszeiten Ansiedlung in einer Knoblauchgegend<br />
(Bärlauch)<br />
Klipszen-Rödschen Ansiedlung in unebenem Ge-<br />
lände mit vielen Wildrosen<br />
Klischwethen<br />
(Kluikschwethen<br />
Ansiedlung mit vielen Wegen<br />
in der Wildnis<br />
Kluikschwethen Ansiedlung mit vielen Wegen<br />
(Irrwege)<br />
Krauleiden Ansiedlung in einer Krähen-<br />
gegend<br />
Kattenpuppen Ansiedlung in der Palm-<br />
kätzchengegend (Weiden-<br />
kätzchen)<br />
Kayserau Namen nach dem ersten<br />
Siedler Kayser<br />
Kühlen Ansiedlung der Getreide-<br />
bauern<br />
Raunenwalde<br />
Gut Tauern<br />
Kellen<br />
Kermen<br />
Klipschen<br />
Klischenfeld (Klischen)<br />
Klugwettern<br />
Krauden<br />
Kattensteig<br />
Kaiserau<br />
Kühlen<br />
Laugallen Ansiedlung am Feldende Martinsrode<br />
Lieparten Der Lindenort Lieparten<br />
Oschnaggern Der Eschenort Aggern<br />
Oskinnen<br />
(Groß- und Klein-)<br />
Ort mit vielen Ziegen<br />
(Ziegenhaltung)<br />
Odaushöfchen Nach dem ersten Siedler<br />
Odau<br />
Papuschienen Ansiedlung am Fichten-<br />
walde<br />
Puppen Ort der schönen Weiden-<br />
knospen (Salweiden)<br />
Skattegirren<br />
(Groß- und Klein-)<br />
Nach dem ersten Siedler<br />
Christoph Groschen-<br />
Groschenwalde -<br />
Schillkojen Groschenwalde<br />
Ansiedlung am Rande der<br />
Heide<br />
Skambracken Nach dem ersten Siedler<br />
Skambrack<br />
Skeppetschen Ansiedlung von Flachs-<br />
wirthen (von Flachs kämmen)<br />
Ossen<br />
Gut Odaushöfchen<br />
Paschen<br />
Puppen<br />
Groschenweide<br />
Auerfließ<br />
Brakenau<br />
Ellerngrund<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 24 von 26
Schacken-Jedwillen Der Wacholderort<br />
(Sadebaum)<br />
Schillupischken Die Anwohner am<br />
Heidefluss<br />
Schaulwethen Der sonnige Ort<br />
(auf dem Hügel)<br />
Sandlauken Ansiedlung auf einem<br />
sandigen Acker<br />
Feldhöhe<br />
Fichtenfließ<br />
Lichtenhöhe<br />
Sandfelde<br />
Skardupönen Ort der vielen Elstern Scharden<br />
Seikwethen Ansiedlung im Bachtal<br />
(Argetal)<br />
Sprokinnen Ort des Knospensprießens<br />
(Frühlingsort)<br />
Skerswethen<br />
(Giggarn)<br />
Ulmental<br />
Rockingen<br />
Der Rüsterort Garnen<br />
Thalszenten Der große Ort Grünhöhe<br />
Taurothenen<br />
(Groß- und Klein-)<br />
Ansiedlung bei den<br />
Auerochsen<br />
Tauern<br />
Turken Der Pferdeort Turken<br />
Wingsnupönen Ansiedlung am Bachbogen<br />
(Schillup und Budup)<br />
Grosswingen<br />
Wersmeningken Ansiedlung an der Quelle Angerbrunn<br />
Wittgirren Ansiedlung mitten im Walde Berginswalde<br />
Walseeden/Walheden Ansiedlung eines Gutes kam 1712 zu Laugallen<br />
Lapienen Ort der Füchse Försterei Lapienen<br />
Deutung der Gewässernamen<br />
Arge vermutlich der rauschende<br />
Bach/ Grenzfluss zur Wildnis<br />
Budup Der Bach an den Buden<br />
(Hütten)<br />
Schillup Der Bach durch das<br />
Heidegebiet (Fichtenwald)<br />
Ossat Der Bach durch die<br />
Ziegenweiden/-Orte<br />
Arge<br />
Auerbach<br />
Fichtenfließ<br />
Krummfließ<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 25 von 26
Ableitung einiger Namen nach der Eindeutschung von 1934<br />
Königskirch nach König Wilhelm I., dem Kirchenstifter<br />
Martinsrode nach dem ersten Siedler Martin Blaurock<br />
Auerfließ nach der umbenannten Budup in Auerbach<br />
Ellerngrund nach dem Ellernwald (Erlen)<br />
Feldhöhe nach der höchsten Anhöhe im <strong>Kirchspiel</strong><br />
Fichtenfließ nach der umbenannten Schillup in Fichtenfließ<br />
Lichtenhöhe nach der erhöhten Lage des Ortes und des fehlenden<br />
Waldes<br />
Ulmental nach dem Ulmenbestand im Ort<br />
Grünhöhe wohl nach der erhöhten Lage des Ortes<br />
und den vielen Wiesen<br />
Birkenwalde wohl nach den schönen Birkenwäldern und -Wegen<br />
Freihöfen wohl nach dem erbfreien Wirth<br />
Ostwalde wohl nach dem auf der Ostseite des Waldes von<br />
Schlecken gelegenen Ort<br />
Groschenweide nach dem ersten Siedler Christoph Groschen<br />
Berginswalde nach dem ersten Siedler Heinrich Bergin<br />
Kellen nach dem ersten Siedler von Kellen<br />
Autor : © 2005 Botho Eckert Bad Salzuflen ( früher Skattegirren/Groschenweide)<br />
Fotos: privat und Kreisarchiv <strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong> e.v.<br />
Anmerkung:<br />
Die gesamte <strong>Kirchspiel</strong>geschichte<br />
Teil I = Kurzfassung<br />
Teil II = Fakten<br />
Teil III = Erinnerungen (folgt 2007/2008)<br />
Teil IV = Untergang<br />
ist bzw. kommt in folgende Archive<br />
• Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin-Dahlem<br />
• Martin-Opitz-Bibliothek, Herne<br />
• Ostpreußisches Landesmuseum, Lüneburg<br />
• Salzburger Verein e.V., Bielefeld<br />
• Stadtarchiv Bad Salzuflen<br />
• Heimatstube der <strong>Kreisgemeinschaft</strong> <strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong> e.V. in Preetz<br />
© 2007 <strong>Kreisgemeinschaft</strong> <strong>Tilsit</strong>-<strong>Ragnit</strong> e.V.<br />
http://www.tilsit-ragnit.de<br />
Erstausfertigung: 25.03.2007<br />
letzte Änderung am 02.05.2012<br />
<strong>Kirchspiel</strong> Königskirch (<strong>Jurgaitschen</strong>) Teil I Seite 26 von 26