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Band 4 - chimaerenburg.de

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<strong>Band</strong> IV<br />

¢¡¤£¦¥¨§¨©¤¤¥<br />

o<strong>de</strong>r<br />

wie Igor <strong>de</strong>m verlorenen Ring nachjagte,<br />

von an<strong>de</strong>ren Ringjägern gejagt wur<strong>de</strong>,<br />

die Herzogin von Rauricaria kennenlernte<br />

und<br />

mit <strong>de</strong>n Gefährten gar viel Fährnisse bestand.<br />

<strong>Band</strong> IV.1


<strong>Band</strong> IV.2


Tika und immer weiter<br />

Der nächste Tag war ausgefüllt mit Besorgungen, hatten doch sowohl <strong>de</strong>r eitle<br />

Gnom, als auch die Heldinnen und natürlich auch <strong>de</strong>r Bastard vor, bei einem<br />

Empfang <strong>de</strong>r Herzogin von Rauricaria einigermaßen or<strong>de</strong>ntlich, vielleicht sogar<br />

hübsch auszusehen. Denn die Herzogin von Rauricaria war ja die ehemalige<br />

Königin von Lhorin und die Mutter <strong>de</strong>r jetzigen rechtmäßigen Königin und<br />

Schwiegermutter <strong>de</strong>s regieren<strong>de</strong>n Makors von Saas-Kwaaq. Und damit eine <strong>de</strong>r<br />

Hauptpersonen dieses ganzen unrühmlichen Bürgerkrieges. Wie sollte man einer<br />

solchen Frau gegenübertreten? Sicher nicht in zerschlissenen Klei<strong>de</strong>rn.<br />

Akara kaufte sich <strong>de</strong>shalb feines elfisches Linnen, aus <strong>de</strong>m ihr ein einfaches aber<br />

geschmackvolles Kleid zugeschnitten wur<strong>de</strong>. Am Leib war es körperbetont<br />

geschnitten ohne einengend zu sein und fiel in lockerem Schwung bis auf<br />

Knöchelhöhe. Die weiten Ärmel und <strong>de</strong>r großzügige aber nicht zu frivole Ausschnitt<br />

gefasst von feiner farblich abgestimmter thyrscher Borte. Ein feines Stück und zum<br />

Tanzen sehr geeignet, und getanzt wird auf herzoglichen Empfängen immer, durfte<br />

sie zu ihrer Freu<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Schnei<strong>de</strong>rin erfahren.<br />

Kelen begleitete sie wohl, ihr schmales Vermögen reichte aber nur für einen<br />

schlichten neuen Mantel und als das Gespräch aufs Tanzen kam, machte sie kein<br />

so glückliches Gesicht, <strong>de</strong>nn diese Kunst war ihr bisher fremd. Doch Akara bot sich<br />

an bei Gelegenheit eine Einführung zu geben.<br />

Leros und Summs erstan<strong>de</strong>n feine Westen und saubere Blusen sowie neue<br />

Le<strong>de</strong>rhosen. Der Gnom feilschte lange um einen Satz silberner Westenknöpfe und<br />

dazu passen<strong>de</strong>r Schuhschnallen. Passten doch diese Tupfen Silber beson<strong>de</strong>rs gut<br />

zu <strong>de</strong>m satten Aubergine in <strong>de</strong>m die Weste gehalten war.<br />

Der Zwerg hatte keinen Bedarf an so etwas, er kaufte sich nur eine ausreichen<strong>de</strong><br />

Menge von Stahlpolitur und Le<strong>de</strong>rwichse, „<strong>de</strong>nn was ein richtiger Zwerg ist, <strong>de</strong>r tritt<br />

in Rüstung auf.“ Und <strong>de</strong>r Bastard entschied sich für einen unauffälligen<br />

graubraunen Umhang, von <strong>de</strong>m es hoffte, daß es damit wenig auffallen wür<strong>de</strong>, und<br />

falls doch, daß es damit als Pilger durchgehen wür<strong>de</strong>.<br />

Aber etwas eitel war es doch, <strong>de</strong>nn es leistete sich nach langem Han<strong>de</strong>ln ein<br />

kleines Kästchen, das innen einen Spiegel angebracht hatte. Im Kästchen waren<br />

neben einer silbernen Bürste noch ein kleines Flakon mit Parfüm, das ihm<br />

wohlriechen<strong>de</strong> Erinnerungen an bessere Zeiten bringen sollte.<br />

Nur adäquates Schuhwerk konnte keiner <strong>de</strong>r Abenteurer so schnell fin<strong>de</strong>n, ein<br />

Schuhmacher braucht halt länger als einen Tag. Aber sie ließen sich die Adresse<br />

eines edlen Schuhmachers in Katin geben, auf daß sie dort vielleicht diese Not<br />

lin<strong>de</strong>rn konnten. Dafür hatten die sechs fast ihren gesamten Sold ausgegeben, nur<br />

was an Beute noch über war hatten sie jetzt noch an barer Münze. Aber was sollte<br />

es, schließlich waren sie jetzt auch keine Soldaten mehr, sie waren freie Bürger <strong>de</strong>r<br />

Andalanen und wür<strong>de</strong>n sicher eine Arbeit fin<strong>de</strong>n wenn es <strong>de</strong>nn nötig wäre.<br />

Am nächsten Tag wollten sie nach Katin aufbrechen, zuvor wollten sie sich jedoch<br />

beim Vogt noch verabschie<strong>de</strong>n.<br />

Dies traf sich gut, <strong>de</strong>nn er überreichte ihnen Papiere und beschrieb ihnen genau<br />

<strong>de</strong>n Weg: „Zuerst immer nach Nor<strong>de</strong>n zur Spornburg, <strong>de</strong>n Weg kennt ihr ja schon.<br />

Dort könnte ihr mit euren Begleitbriefen Einlaß und Unterkunft und Kost bekommen.<br />

Genau wie bei allen an<strong>de</strong>ren Lehnsmännern und Vögten von ganz Rauricaria, <strong>de</strong>nn<br />

ihr seid eingela<strong>de</strong>ne Gäste unserer Herzogin. Von <strong>de</strong>r Burg aus also weiter nach<br />

Nor<strong>de</strong>n immer <strong>de</strong>n Weg lang. Ihr müßt insgesamt sehr weit nach Nor<strong>de</strong>n, bis<br />

<strong>Band</strong> IV.3


Nasont. Unterwegs wer<strong>de</strong>t ihr sicher vier o<strong>de</strong>r fünfmal Rast machen müssen, o<strong>de</strong>r<br />

sogar noch öfter, ich weiß ja nicht wie gut euch das Reisen mit Maultieren<br />

bekommt.“ Der Vogt musterte hierbei <strong>de</strong>n Zwergen. „Wie <strong>de</strong>m auch sei, ihr müßt bis<br />

fast in <strong>de</strong>n Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Halbinsel um einen Paß über <strong>de</strong>n Bergrücken zu fin<strong>de</strong>n,<br />

Dieser Paß ist <strong>de</strong>r Krähenpaß, und seine Aussicht ist phantastisch. Auch die Küche<br />

<strong>de</strong>s Gasthofes auf <strong>de</strong>r Paßhöhe hat einen guten Ruf.“<br />

„Vom Krähenpaß aus müßt ihr dann wie<strong>de</strong>r nach Sü<strong>de</strong>n die Straße führt euch dann<br />

nach Katin.“<br />

„Und es gibt keinen schnelleren Weg nach Katin?“ Kelen war begierig am Hof zu<br />

erscheinen.<br />

„Doch, und zwar <strong>de</strong>r Weg Richtung Murgos, <strong>de</strong>r Hauptstadt <strong>de</strong>s Herzogtums<br />

Fallnets, unserer Fein<strong>de</strong>. Die Kämpfe sind dort etwas abgeflaut, aber ich wür<strong>de</strong><br />

mich nicht darauf verlassen.“<br />

„Aber nun zu etwas an<strong>de</strong>rem. Ihr hattet mich bei unserem letzten Gespräch nach<br />

einem flüchtigen Zauberer gefragt.“ Der Vogt sprach Leros und Summs an, die<br />

an<strong>de</strong>ren waren nicht dabei gewesen. Könnte ich noch einmal eine genaue<br />

Beschreibung <strong>de</strong>s Mannes habe?“ Kelen, die Katarrh am besten kannte beschrieb<br />

ihn in allen Einzelheiten..<br />

Der Vogt fuhr dann fort: „Nun, ich habe vor kurzer Zeit Nachricht <strong>de</strong>r Ermittlungen<br />

<strong>de</strong>r Stadtwachen bekommen. Ein Mann, auf <strong>de</strong>n eure Beschreibung paßt ist vor<br />

zwei Tagen eilends gen Nor<strong>de</strong>n geritten. Da keine Suche ausgeschrieben war, er<br />

nicht verdächtig aussah und sich als andalanischer Teilnehmer <strong>de</strong>r Schlacht gegen<br />

Marin ausweisen konnte konnte er das Stadttor passieren. Jetzt tut es mir natürlich<br />

leid euch dies erst jetzt berichten zu können, aber <strong>de</strong>r Diensthaben<strong>de</strong> hatte gestern<br />

Freischicht und trat erst heute seinen Dienst wie<strong>de</strong>r an. Aber mit etwas Glück könnt<br />

ihr in ja immer noch einholen. Ich habe mir erlaubt euch sieben Maultiere zur<br />

Verfügung zu stellen, sie sind allerdings Eigentum <strong>de</strong>r Armee und müssen in Katin<br />

zurückgegeben wer<strong>de</strong>n, als Beweis, daß ihr sie nicht gestohlen habt gilt dieser<br />

Schein hier.“ Er zeigte auf ein Dokument. „Und das ist <strong>de</strong>r Passierschein aus <strong>de</strong>r<br />

Stadt heraus, <strong>de</strong>n je<strong>de</strong> Gruppe braucht. Und hier noch ein Empfehlungsschreiben<br />

an <strong>de</strong>n Vogt von Nasont, ein guter Freund von mir...“ Der Vogt teilte noch weitere<br />

Dokumente aus, bis sie sich schließlich losreißen konnten.<br />

Sie führten die Maultier zu ihrer Unterkunft, dort belu<strong>de</strong>n sie sie mit ihrer<br />

Ausrüstung und schließlich ritten sie los. Es war zwar etwas spät gewor<strong>de</strong>n, aber<br />

sie hatten das Gefühl nicht länger säumen zu dürfen. Auf <strong>de</strong>m Weg aus <strong>de</strong>r Stadt<br />

hielt ein <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren unbekannter Händler Summs an und fragte ihn wie es <strong>de</strong>nn<br />

mit <strong>de</strong>m Han<strong>de</strong>l sei. „Nun ja,“ entgegnete <strong>de</strong>r Gnom vorsichtig.“ Wir müssen uns<br />

noch über <strong>de</strong>n Preis unterhalten, aber grundsätzlich glaube ich schon, daß ein<br />

Interesse besteht zu verkaufen. Aber wir müssen jetzt los, lei<strong>de</strong>r habe ich keine<br />

Zeitmehr, Wie<strong>de</strong>rsehen und Lebt wohl!.<br />

Der Händler rief ihm hinterher „Ihr seht ja dann meinen Cousin in Katin.“ Dann<br />

waren die sechs um eine Ecke.<br />

„Wer war <strong>de</strong>nn das?“ wollte Kelen wissen, „<strong>de</strong>r sieht ja schon eher unsympathisch<br />

aus.“ Summs räusperte sich erst ein paar mal, aber er als er dann zu Re<strong>de</strong>n<br />

anfangen wollte fiel ihm Akara ins Wort: „Das ist Herr Kolphos, er gehört zur<br />

berühmten Händlerfamilie <strong>de</strong>r Rolf aus Thyr. Ich habe ihm gestern die Rüstung aus<br />

Marin verkauft, die wir so lange mit uns herumgeschleppt hatten, er hat mir, glaube<br />

ich, einen recht guten Preis gemacht. Was Summs noch mit ihm besprochen hat<br />

weiß ich natürlich nicht, wollte er von dir auch etwas kaufen Summs?“<br />

„Na ja, es gibt noch mehr An<strong>de</strong>nken von unseren Abenteuern, die einen Händler<br />

<strong>Band</strong> IV.4


interessieren...“ gedankenverloren spielte er mit seinem Messer. „Aber ich will ihn<br />

erst einmal hinhalten, vielleicht wird <strong>de</strong>r Preis ja besser. Außer<strong>de</strong>m habe ich so ein<br />

Gefühl was diese Rüstung angeht, daß da <strong>de</strong>r Preis auch hätte besser sein<br />

können.“<br />

„Vielleicht hast du ja recht, aber sollten wir dieses scheppern<strong>de</strong> Ding etwa bis Katin<br />

schleppen?“<br />

„Scheppern<strong>de</strong>s Ding! So eine schön gearbeitete Rüstung!“ Ozirk war empört. „Und<br />

dann re<strong>de</strong>t ihr über sei<strong>de</strong>ne Elfenbän<strong>de</strong>r, als ob das eine handwerkliche<br />

Meisterleistung wäre. Ich wette, Zwerge, wenn sie sich um einen solchen Tand<br />

kümmern sollten, wür<strong>de</strong>n viel bessere Bän<strong>de</strong>r fabrizieren.“ Damit war dieses Thema<br />

aus seiner Sicht erledigt.<br />

Der erste Teil <strong>de</strong>s Weges war ihnen ja bereits bekannt, sie waren ihn ja einmal hin-<br />

und einmal zurück marschiert als die Burg belagert und erstürmt wur<strong>de</strong>n. Sie<br />

kamen an <strong>de</strong>r Burg erst am zweiten Tag ihrer neuen Reise an, <strong>de</strong>nn so schnell<br />

waren sie mit <strong>de</strong>n ungewohnten Maultieren doch nicht. Die an<strong>de</strong>ren konnten das<br />

jammrige „zu Fuß wären wir schneller gewesen“ <strong>de</strong>r Zwerges nicht mehr hören. Der<br />

Bastard hingegen jammerte nur leise vor sich hin, <strong>de</strong>nn er wußte es noch besser<br />

als die an<strong>de</strong>ren, daß er zu Fuß ganz sicher nicht schneller war.<br />

Nach einer kurzen Nacht in <strong>de</strong>n Wiesen brachen sie früh auf um im Laufe <strong>de</strong>s<br />

Vormittages die Burg zu erreichen. Dort machten sie nur eine Mittagsrast,<br />

versorgten sich mit frischer Nahrung und machten sich dann auf <strong>de</strong>n Weg zum<br />

nächsten Dorf. Auf ihre Frage, ob jemand, <strong>de</strong>r aussah wie Katarrh vor ihnen<br />

vorbeigekommen war konnte die Besatzung <strong>de</strong>r Burg nicht antworten.<br />

Erst spät in <strong>de</strong>r Nacht erreichten sie das nächste Dorf, in <strong>de</strong>m sie trotz<strong>de</strong>m vom<br />

Dorfvorsteher freundlich aufgenommen wur<strong>de</strong>n. Er konnte zwar die Schreiben nicht<br />

lesen, erkannte aber das Siegel <strong>de</strong>r Herzogin.<br />

Am nächsten Morgen erfuhren sie, daß man <strong>de</strong>n Zauberer hier hatte vorbei reiten<br />

sehen, er sah wohl etwas heruntergekommen aus, hatte aber weiterhin zwei Tage<br />

Vorsprung.<br />

„Den holen wir nie ein“ meinte Summs. „Mit unseren Maultieren gegen ein Pferd!“<br />

„Warte es ab“ entgegnete ausgerechnet Ozirk. „Wir sparen uns die Suche nach<br />

Nahrung und nach einer Unterkunft. Zu<strong>de</strong>m befin<strong>de</strong>n wir uns nicht in<br />

unfreundlichem Gebiet und müssen <strong>de</strong>shalb nicht vorsichtig sein. Außer<strong>de</strong>m sind<br />

die Maultiere im Gebirge einem Pferd überlegen!“<br />

Doch Igor ließ die Hoffnung bereits fallen. Der Ring, das Gefühl <strong>de</strong>r Macht, das es<br />

durchflutet hatte. Der Bastard hatte dabei die ganze Zeit das Gefühl, als fehle im<br />

etwas, als hätte jemand ein Stück aus seinem Inneren herausgeschnitten und<br />

weggeworfen, genauer gesagt, als wäre da noch eine hauchfeine Verbindung, dünn<br />

wie ein Spinnenfädchen, das hinter seinen Magen festgebun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n war und es<br />

jetzt nach Nor<strong>de</strong>n ziehen wür<strong>de</strong>, als ob dort das fehlen<strong>de</strong> Teil Igors wäre. Und wer<br />

weiß welche Mächte auf seinen Träger dieser Ring noch hatte. Auf Akara wohl<br />

keine Macht mehr, <strong>de</strong>nn sie war unter seinem Bann gewesen und hatte sich<br />

schließlich, wenn auch mit Hilfe lösen können. Und nach<strong>de</strong>m nun die Göttin ihre<br />

Abscheu gezeigt hatte. Aber Igor, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Ring beherrscht hatte und nicht<br />

umgekehrt... . Doch was sollte dieses Grübeln, jetzt hieß es die Meilen hinter sich<br />

bringen. Zum Glück waren sie nicht mehr in umkämpften Gebiet, <strong>de</strong>nn die Armee<br />

Marins war aus dieser Gegend schon lange wie<strong>de</strong>r abgezogen.<br />

So ritten sie <strong>de</strong>nn auf <strong>de</strong>m Pfad <strong>de</strong>r parallel zur Küste <strong>de</strong>r Halbinsel streng gen<br />

Nor<strong>de</strong>n ging.<br />

<strong>Band</strong> IV.5


Das Meer bekamen sie aber nur an wenigen Punkten zu sehen. Wohl aus Furcht<br />

vor Seeräubern hielt sich <strong>de</strong>r Weg immer ein gutes Stück im Lan<strong>de</strong>sinneren.<br />

Zur Mittagsrast hatten einige <strong>de</strong>r ungeübten Reiter große Probleme ihre steifen<br />

Glie<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n Maultieren herabzuquälen. Nachtquartier bezogen sie in einem<br />

kleinen Ort <strong>de</strong>ssen Vogt Larfarg nur über zwei Mann verfügte, die zu<strong>de</strong>m oft als<br />

Boten unterwegs waren. Erfreut über die Abwechslung gab er ihnen <strong>de</strong>n<br />

gewünschten Raum. Am nächsten Morgen zogen sie nach reichlichem Frühstück<br />

und von Segenswünschen begleitet weiter. Der Ort begann sich auch schon<br />

sichtbar von <strong>de</strong>n Verheerungen <strong>de</strong>s Krieges zu erholen. Die aus Nasont und <strong>de</strong>n<br />

Bergen zurückgekehrten Bewohnern hatten bereits neue Strohdächer auf ihre<br />

Häuser gesetzt und ein Grossteil <strong>de</strong>r Fel<strong>de</strong>r war wie<strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Pflug. Nur im<br />

Tierbestand waren noch Lücken <strong>de</strong>utlich zu erkennen und zwei Jahre Ernteausfall<br />

ließ viele verstärkt im Wald sammeln gehen um das von <strong>de</strong>r Herzogin vorgesteckte<br />

Saatgetrei<strong>de</strong> nicht angreifen zu müssen.<br />

Die nächste Nacht verbrachten sie im Freien und mancheiner von ihnen streckte die<br />

blanke Rückseite in <strong>de</strong>n kühlen<strong>de</strong>n Nachtwind.<br />

Doch weiter zogen sie und erreichten am Abend <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Tages schließlich<br />

das kleine Städtchen Mirlintir, das an <strong>de</strong>r Mündung eines Flusses <strong>de</strong>s Mirlin<br />

angelegt war. Der Fluß mün<strong>de</strong>te in eine große Bucht, einem richtigen natürlichen<br />

Hafen, an <strong>de</strong>ssen Ausgang zu bei<strong>de</strong>n Seiten Befestigungen angebracht waren um<br />

dieses kleine Zentrum <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ls und <strong>de</strong>r Wirtschaft zu schützen. Obwohl <strong>de</strong>r<br />

Abend noch nicht sehr weit fortgeschritten war machten sie beim dortigen Vogt<br />

P.F.Lei<strong>de</strong>rer eine Rast, da sie zum einen durch die schnelle Reise sehr erschöpft<br />

waren, zum an<strong>de</strong>ren hatte <strong>de</strong>r Vogt sie zu einem Jagdausflug am Abend<br />

eingela<strong>de</strong>n und Leros wollte sich diese Gelegenheit auf keinen Fall entgehen<br />

lassen.<br />

Igor und Ozirk lehnten dankend die Einladung ab, hatten doch bei<strong>de</strong> wun<strong>de</strong><br />

Hinterteile und hätten sicher wenig Gefallen an weiteren Anstrengungen.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re Igor jammerte die ganze Zeit, daß ihm sein Stummelschwänzchen<br />

weh tun wür<strong>de</strong> und es hätte noch nie so gelitten, noch nicht einmal als Sklave auf<br />

<strong>de</strong>r Galeere o<strong>de</strong>r damals als es <strong>de</strong>n Hafen ausbaggern mußte...<br />

„Du bist ja auch meist erschöpft und ohnmächtig gewesen“ versuchte Akara ihn in<br />

die Realität zurückzubringen, „und jetzt bist du frei und <strong>de</strong>in eigener Herr.“<br />

„Was weißt du <strong>de</strong>nn schon von Freiheit?“ <strong>de</strong>r Bastard war richtig wütend. „Du<br />

vergißt, daß es mir mein Herz zerreißt, es wird mir aus <strong>de</strong>r Brust gerissen und will<br />

nach Nor<strong>de</strong>n, obwohl mein Hintern kaum auf das heymliche Gemach sitzen mag.“<br />

Der Bastard jammerte also weiter, während Akara, Summs und Kelen die<br />

Gelegenheit zu einem erfrischen<strong>de</strong>n Bad nutzen. Leros hingegen nutzte wie schon<br />

gesagt dieses Angebot gerne und schoß tatsächlich einen kapitalen Bock, <strong>de</strong>n es<br />

dann auch zum Nachtmahl gab.<br />

Nach<strong>de</strong>m die Hel<strong>de</strong>n am nächsten Morgen die weitere Wegbeschreibung und<br />

einiges an Wegzehrung erhalten hatten machten sie sich bereits im Morgengrauen<br />

wie<strong>de</strong>r auf die Jagd nach <strong>de</strong>m Ringdieb.<br />

Der nächste Ort an <strong>de</strong>m sie rasteten, war von <strong>de</strong>n Kriegswirren sehr mitgenommen<br />

wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r hiesige Verwalter hauste nur in einem heruntergekommenen Bau, fast<br />

eine Hütte. Wi<strong>de</strong>rwillig machte er <strong>de</strong>n Abenteurern Platz, bewirten konnte er sie<br />

jedoch mangels Vorräten nicht, <strong>de</strong>shalb lu<strong>de</strong>n ihn die sechs zum gemeinsamen<br />

Nachtmahl ein, da sie ja noch genügend Rehbraten hatten.<br />

Die sechs wur<strong>de</strong>n in ein Zimmer einquartiert, in <strong>de</strong>nen früher wohl das Gesin<strong>de</strong><br />

gehaust hatte, jetzt fand sich nur einfaches Stroh auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n als Ruhestätte.<br />

<strong>Band</strong> IV.6


„Besser als Reiten“ knurrte Ozirk, <strong>de</strong>ssen Laune im Laufe dieses Rittes immer<br />

weiter gesunken war. Sein Gott war ihm erschienen um ihm eine Aufgabe zu<br />

geben, und während er sich <strong>de</strong>n Hintern wund rieb konnte dieser Zauberer<br />

wahrscheinlich bereits <strong>de</strong>n Krähenpaß überwin<strong>de</strong>n. Ein Versagen für <strong>de</strong>n Zwerg,<br />

<strong>de</strong>r sich <strong>de</strong>shalb unwürdig und nutzlos vorkam.<br />

Auch Akara war von ähnlichen Gefühlen geplagt und schlief ebenso wie Igor einen<br />

unruhigen Schlaf. Mitten in <strong>de</strong>r Nacht wur<strong>de</strong> Igor von einem leisen klirren<strong>de</strong>n<br />

Geräusch wach.<br />

„Was kann dies sein? fragte es sich schlaftrunken. „Scheppern die Wachen etwa<br />

mit ihren Waffen.<br />

Ach nein, wir haben ja keine Wachen aufgestellt, weil wir ja in einem Haus in einem<br />

friedlichen Gebiet nächtigen. – Keine Wachen? Was klirrt <strong>de</strong>nn dann?“ Plötzlich war<br />

es hellwach und schreckte auf. Ein Schmerz fuhr durch sein rechtes Ohr, als ob<br />

jemand an einem seiner gol<strong>de</strong>nen Ringe gezerrt hätte. Im Dunkeln erkannte er eine<br />

elfische Gestalt, die sich über ihn beugte und die Hand an das Ohr <strong>de</strong>s Bastards<br />

gelegt hatte. Mit einem Fluch fuhr es auf, mit einem Schrei schreckte <strong>de</strong>r Elf zurück,<br />

ein Messer zuckte in seiner Hand, aber er stach nicht zu son<strong>de</strong>rn flüchtete schnell<br />

aus <strong>de</strong>m Raum, so schnell, daß <strong>de</strong>r Bastard kaum Zeit hatte Alarm zu rufen o<strong>de</strong>r<br />

nach ihm zu greifen.<br />

Vom Lärm wachten die an<strong>de</strong>ren sofort auf, auch wenn sie keine Wachen aufgestellt<br />

hatten, so lagen ihre Waffen doch griffbereit. Summs und Leros waren diejenigen,<br />

die am schnellsten aufgesprungen waren, sie eilten <strong>de</strong>m flüchten<strong>de</strong>n Elfen hinterher<br />

und riefen und schrien Feuer und Mordio. Ozirk war trotz seines Panzers, in <strong>de</strong>m er<br />

wie in je<strong>de</strong>r Nacht, so auch in dieser Nacht schlief ebenfalls bereits auf <strong>de</strong>m Weg in<br />

das Dunkle <strong>de</strong>r Nacht, er drehte sich jedoch um beugte sich zu Kelen. Jene lag<br />

trotz <strong>de</strong>s Lärms weiter schlafend am Bo<strong>de</strong>n, als ob nichts geschehen wür<strong>de</strong>.<br />

„Akara!“ rief <strong>de</strong>r Schmied, „schnell komm zu Kelen, sieh doch, sie wur<strong>de</strong><br />

erstochen!“<br />

Akara war zwar bereits auf <strong>de</strong>m Sprung nach draußen, drehte jedoch sofort um.<br />

“Was ist mit Kelen? Das darf doch nicht sein!“ Tränen füllten ihre Augen. Als sie<br />

sich zur Zauberin hinunter beugte. „Nein sieh doch, Kelen lebt, sie atmet. Aber<br />

diese Wun<strong>de</strong>... Das war Gift!“<br />

„Was war Gift?“ Summs war wie<strong>de</strong>r zurückgekehrt „Ist <strong>de</strong>r Bastard verletzt?“<br />

„Nein, Kelen“ antwortete die Priesterin. „Igor sitzt nur vor Schreck gelähmt in <strong>de</strong>r<br />

Ecke, Kelen jedoch wur<strong>de</strong> nie<strong>de</strong>rgestochen und ist bewußtlos o<strong>de</strong>r in einem tiefen<br />

Schlaf.“ Leise fügte sie hinzu: „Ich hoffe, es ist nichts Schlimmeres, <strong>de</strong>nn dies geht<br />

über meine beschei<strong>de</strong>nen Fähigkeiten. Was habt ihr bei<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Nacht erkennen<br />

können?“ Ihr Blick ruhte fragend auf <strong>de</strong>m Gnom.<br />

„Also, es waren zwei Gegner, einer hatte sich hereingeschlichen, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re war<br />

draußen auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>s Dorfes bei <strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>n geblieben.<br />

Ich war kaum vor <strong>de</strong>r Tür hier, da flog mir auch schon ein Armbrustbolzen von <strong>de</strong>m<br />

Haus schräg gegenüber knapp über <strong>de</strong>n Kopf, zum Glück habe ich nur Gnomgröße.<br />

Ein ungeschickter und langer Mensch wäre vermutlich mit...“<br />

Akara verdrehte für alle sichtbar die Augen.<br />

„Nun wir also hinterher, war doch <strong>de</strong>r Elf dort zwischen <strong>de</strong>n Häusern verschwun<strong>de</strong>n<br />

wo <strong>de</strong>r Bolzen herkam. Ich muß zugeben Leros ist trotz seiner unpraktisch langen<br />

Beine ein viel besserer Läufer als ich. Vermutlich liegt das an <strong>de</strong>r bergigen Heimat.<br />

Er sprang hinter <strong>de</strong>m Haus über einen Hühnerzaun. Diesen Schreck konnte ich <strong>de</strong>n<br />

armen Tieren nicht antun, machte also die Türe auf und eilte ihm nach. Da warf er<br />

sich hinter <strong>de</strong>r Hühnerstall zu Bo<strong>de</strong>n und ich hörte einen weiteren Armbrustbolzen<br />

vorbeizischen. Da hörte ich zwei Pfer<strong>de</strong> anreiten und sah die heimtückischen<br />

<strong>Band</strong> IV.7


Attentäter davonreiten. Wir konnten ihnen nicht nachkommen, das heißt Leros rennt<br />

ihnen zumin<strong>de</strong>st ein Stück weit hinterher. Er rief mir noch zu, wir sollten von <strong>de</strong>n<br />

Spuren wegbleiben, er wür<strong>de</strong> sie sich gerne bei Licht ansehen, die armen<br />

Menschen sehen doch nichts im Dunkeln, aber wem sage ich das. Nun Leros hat<br />

ein Messer geworfen, aber wohl nieman<strong>de</strong>n getroffen und ist gegen meinen Rat<br />

hinterhergerannt. Aber ich glaube, er wird da nicht lange mithalten können. Ich<br />

schätze bevor wir wie<strong>de</strong>r eingeschlafen sind ist er wie<strong>de</strong>r da.“<br />

"Wie kannst du nur ans Schlafen <strong>de</strong>nken?" fauchte ihn <strong>de</strong>r Bastard an, sie haben<br />

mir nicht nur das Ohr fast herausgerissen und einen gol<strong>de</strong>nen Ring im Wert von<br />

400 Goldmünzen gestohlen, nein sie haben Kelen nie<strong>de</strong>rgestochen und wer weiß,<br />

was sie sonst noch machen wollten...“<br />

„Komisch ist das schon daß sie nur bei dir etwas stehlen wollten.“ Ozirk wun<strong>de</strong>rte<br />

sich laut. „Kelen lag ja direkt am Eingang, wahrscheinlich sind sie ihr einfach zu<br />

nahe gekommen, aber du lagst weit weg im Eck, da hätten sie doch an<strong>de</strong>rswo<br />

leichtere Beute fin<strong>de</strong>n können, <strong>de</strong>nn unsere Waffen haben ja auch ihren Wert und<br />

Summs hat ja auch Gold zuhauf. Und unsere Bün<strong>de</strong>ln und Säcke, die zum Teil hier<br />

vor <strong>de</strong>r Türe liegen sind noch nicht einmal durchwühlt. Es erscheint mir fast, als ob<br />

sie speziell nach dir gesucht hätten.“<br />

Summs grinste trotz <strong>de</strong>s Ernstes <strong>de</strong>r Lage: „Es stellt sich heraus, das ausgerechnet<br />

unser kleiner Bastard, <strong>de</strong>n keiner mag , die am meisten gesuchte Person auf dieser<br />

Halbinsel ist. In Tika hatten sich auch einige Menschen nach dir erkundigt, wir<br />

haben natürlich keine Auskünfte gegeben, aber wir hätten uns schon etwas mehr<br />

wun<strong>de</strong>rn sollen.“<br />

Akara hatte sich während<strong>de</strong>ssen um Kelen gekümmert und hatte schließlich aus<br />

verschie<strong>de</strong>nen Kräutern einen Priem gefaltet, <strong>de</strong>n sie <strong>de</strong>r Zauberin in <strong>de</strong>n Mund<br />

schob. „So, durch ihren Speichel wer<strong>de</strong>n sich die Wirkstoffen langsam aus <strong>de</strong>n<br />

Kräutern lösen, dann wird sie wohl wach wer<strong>de</strong>n, wenn alles so ist, wie ich es mir<br />

<strong>de</strong>nke. Von Gift habe ich ja sehr wenig Ahnung, meine Göttin, gepriesen sei sie,<br />

haßt Gifte je<strong>de</strong>r Art.“<br />

Irgendwann kam Leros zurück, gemeinsam mit Akara und <strong>de</strong>m Vogt, <strong>de</strong>r<br />

inzwischen ebenfalls herbeigeeilt war gingen sie erneut in <strong>de</strong>n Hof um die Spuren<br />

zu untersuchen.<br />

„Zwei Pfer<strong>de</strong>, eines davon ist am linken Hinterhuf schlecht beschlagen, wie man<br />

hier sieht.“ Leros <strong>de</strong>utete in <strong>de</strong>n Dreck. „Die bei<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong> und ihre Reiter sahen<br />

auffällig unauffällig aus, aber ich habe sie nur einen kurzen Moment im Mondlicht<br />

gesehen, und da habe ich natürlich wenig erkannt. Aber diese Hufspur, die könnte<br />

uns schon weiter helfen, wenn nicht zu viele an<strong>de</strong>re Spuren darüber gehen. Wir<br />

sollten uns sputen.“<br />

Was glaubst du, was wir gemacht haben, wir haben schon fertig gepackt und die<br />

Tiere gesattelt, aber noch ist Kelen nicht ganz wach, so schnell können wir nicht<br />

los.“ Akara wandte sich an <strong>de</strong>n Vogt. „Gibt es hier im Dorf nicht einen Heiler? Ja?<br />

Dann führt mich zu ihm, ich könnte seine Hilfe gebrauchen.“ Sie wur<strong>de</strong> dorthin<br />

geführt, <strong>de</strong>r Heiler konnte ihr zumin<strong>de</strong>st mit einigen Kräutern helfen und gemeinsam<br />

konnten sie Kelen schließlich aus ihrem Schlaf wecken.<br />

Bald darauf, noch vor <strong>de</strong>m Morgengrauen machten sie sich wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Weg.<br />

Sie konnten zwar im Morast <strong>de</strong>r Straße immer wie<strong>de</strong>r die Spuren <strong>de</strong>r Diebe<br />

ent<strong>de</strong>cken, doch wur<strong>de</strong> die Spur eher älter, die Diebe gewannen also Abstand, was<br />

auf Pfer<strong>de</strong>n natürlich nicht verwun<strong>de</strong>rlich war. Als die Hel<strong>de</strong>n schließlich in Nasont<br />

angekommen waren hatten die Diebe bereits fast einen Tag Vorsprung. Und<br />

<strong>Band</strong> IV.8


Katarrh, wie sie dort erfuhren, <strong>de</strong>nn er war am Stadttor gesehen wor<strong>de</strong>n, hatte<br />

sogar drei Tage Vorsprung.<br />

Daraufhin jammerte Igor wie<strong>de</strong>r mächtig, Akara und Ozirk wur<strong>de</strong>n noch<br />

verkniffener, aber was gab es dagegen zu tun?<br />

„Wir können nur hoffen, daß es uns gelingt einen schnellere Überfahrt nach Nor<strong>de</strong>n<br />

zu bekommen als <strong>de</strong>r blö<strong>de</strong> Katarrh. Immerhin sind wir Protegés <strong>de</strong>r Herzogin.“<br />

Noch war Kelen frohen Mutes. „Und was die Elfen angeht... Ich glaube in einer<br />

großen Stadt wie Katin wer<strong>de</strong>n wir da schon mehr Möglichkeiten haben. Ich bin mir<br />

sicher, wir sehen diesen Elfen bald wie<strong>de</strong>r, und dann wehe ihm.“ Und sie sollte<br />

zumin<strong>de</strong>st teilweise recht behalten.<br />

Vergeblich hofften sie auch auf die Mitfahrt auf einem nach Katin gehen<strong>de</strong>n Schiff<br />

Sir Egghart, ihr Gastgeber und <strong>de</strong>r Vogt von Nasont, mußte sie da bitter<br />

enttäuschen. Frühestens in drei Tagen erwartete er eines in Richtung Innenmeer.<br />

Lei<strong>de</strong>r mußten sie die eindrucksvolle Gastfreundschaft in <strong>de</strong>r hoch über <strong>de</strong>r Stadt<br />

sitzen<strong>de</strong>n Zita<strong>de</strong>lle schnell wie<strong>de</strong>r entsagen.<br />

Aber die Kamera<strong>de</strong>n wollten die frische Fährte ihrer Fein<strong>de</strong> weiterverfolgen, <strong>de</strong>nn<br />

wer weiß, vielleicht haben die an<strong>de</strong>ren ja auch einmal Pech.<br />

So brachen sie <strong>de</strong>nn am nächsten Morgen wie<strong>de</strong>r früh auf, das Wetter war zwar<br />

gut, aber sie wollten die Paßhöhe auf je<strong>de</strong>n Fall an diesem Tag erreichen, hatten<br />

sie doch alle keine große Lust eine Nacht im Freien im Gebirge zu verbringen. “Und<br />

ich freue mich schon auf die Herberge auf <strong>de</strong>m Paß.“ Summs hatte nur Gutes<br />

gehört. „Ich weiß aus gut informierten Kreisen, daß es dort die leckerste Küche hat.<br />

Die sollen beson<strong>de</strong>rs gute lokale Rezepte für Bergzicklein haben, aufgrund <strong>de</strong>r<br />

Kräuter im Gebirge sollen die einen hervorragen<strong>de</strong>n Geschmack haben!“<br />

Doch zuerst mußte <strong>de</strong>r Aufstieg geschafft wer<strong>de</strong>n, und hatten sie auch Glück mit<br />

<strong>de</strong>m Wetter, so schwitzen sie doch stark. Bald war je<strong>de</strong>r weitere Schritt nach vorne<br />

ein Fuß nach oben, <strong>de</strong>r Pfad wand sich an <strong>de</strong>n Hängen entlang und wur<strong>de</strong> mit<br />

je<strong>de</strong>m Schritt steiler. Immer wie<strong>de</strong>r sahen sie an <strong>de</strong>n Hängen die Reste von<br />

Geröllawinen. Besorgt fragten sie sich, was wohl passieren wür<strong>de</strong>, wenn eine<br />

solche sie treffen wür<strong>de</strong>. O<strong>de</strong>r wenn ein Gewitter heranziehen wür<strong>de</strong>? Im Gebirge<br />

soll das ja schnell gehen. Doch sie hatten Glück, da Wetter hielt und Lawinen<br />

kamen auch nicht herunter. Nur Ozirk maulte, daß man doch unter diesem Gebirge<br />

auch ganz gut einen Tunnel bauen könnte, mit entsprechen<strong>de</strong>r Ausrüstung und<br />

einer guten Handvoll Zwerge sollte sich dies in ein bis zweihun<strong>de</strong>rt Jahren<br />

bewerkstelligen lassen. Doch die an<strong>de</strong>ren erfreuten sich an <strong>de</strong>r immer schöner<br />

wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Aussicht.<br />

Schließlich, als die Sonne schon ganz tief stand und sich die umliegen<strong>de</strong>n Wipfel<br />

rot färbten konnten sie eine dünne Rauchfahne auf <strong>de</strong>m Kamm vor sich sehen. Sie<br />

hatten fast die Paßhöhe erreicht. Ihre Schritte wur<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r behen<strong>de</strong>, ihr Mut stieg<br />

wie<strong>de</strong>r und forsch nahmen sie die letzten Meter bis zu Paßhöhe. Ein letzter Blick in<br />

<strong>de</strong>n Westen: Die Sonne war fast am Untergehen, das sanfte und warme Licht färbte<br />

Wissen und Hänge rotgol<strong>de</strong>n, die Wolken türmten sich in ganzer Pracht über <strong>de</strong>n<br />

Abendhimmel und die ersten Sterne waren im Osten schon zu sehen. Ein Windung<br />

<strong>de</strong>s Weges noch, dann war die Höhe erklommen.<br />

<strong>Band</strong> IV.9


Am Krähenpaß<br />

Als die sechs Kamera<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Krähenpass erreicht hatten, lag ihnen die ganze<br />

Landschaft <strong>de</strong>s Herzogtums zu Füßen. Hinter ihnen glühte <strong>de</strong>r ganze Anstieg im<br />

gol<strong>de</strong>nen Lichte <strong>de</strong>r Abendsonne, die als Kugel aus flüssigem Metall tief am blauen<br />

Himmel stand. Hell schien <strong>de</strong>r gewun<strong>de</strong>ne steile und steinige Pfad aus <strong>de</strong>m<br />

frühlingssatten Grün <strong>de</strong>s Bergwal<strong>de</strong>s. Ein gleißend schimmern<strong>de</strong>r Bergbach suchte<br />

sich neben <strong>de</strong>m Pfad <strong>de</strong>n Weg ins erdumspannen<strong>de</strong> Meer, das am Horizont im<br />

Gegenlicht gleich <strong>de</strong>m entfernten Glitzern von Diamanten zu erahnen war.<br />

Mit einem tiefen Seufzer wen<strong>de</strong>te sich die Gruppe <strong>de</strong>m morgenlichen Abstieg zu.<br />

Auch hier bot sich ein unwahrscheinlicher Ausblick über <strong>de</strong>n steilen Bergrücken, die<br />

bereits im Abendschatten liegen<strong>de</strong>n Täler hinunter.<br />

Einzelne aus <strong>de</strong>m Schatten ragen<strong>de</strong> Hügel erstrahlten noch im Licht <strong>de</strong>r sich<br />

neigen<strong>de</strong>n Sonne. Ein Adlerpaar zog hoch an <strong>de</strong>r Bergkante seine Kreise. Ja man<br />

meinte fast, man könne in <strong>de</strong>r Ferne bereits das silbrig glänzen<strong>de</strong> <strong>Band</strong> <strong>de</strong>s Golfes<br />

von Lhorin sehen. Doch die Hel<strong>de</strong>n zog es im Moment nicht weiter, hatte doch<br />

dieser verlassene Pass eine Herberge, die ihnen schon in Nasont wegen <strong>de</strong>r guten<br />

Küche angekündigt wor<strong>de</strong>n hatte. Ja <strong>de</strong>r Ausblick, die herrliche Luft und dann noch<br />

die Aussicht auf etwas Kräuterwein, das ergab für alle ein frohes Herz.<br />

Die Herberge war unübersehbar in die Mitte auf <strong>de</strong>n Felssattel gestellt. Der<br />

Gebäu<strong>de</strong>komplex entsprach grob einem U mit einem Hauptgebäu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Front,<br />

einem vor längerer Zeit nie<strong>de</strong>rgebrannten Anbau links davon, Stallungen im rechten<br />

Winkel zum Hauptgebäu<strong>de</strong> sowie Schuppen in einem spitzeren Winkel zum<br />

Nebengebäu<strong>de</strong>. Hinter <strong>de</strong>m Hauptgebäu<strong>de</strong> fiel das Gelän<strong>de</strong> bereits steil in eine<br />

Gebirgsklamm. Eine Mauer mit großem Tor verband <strong>de</strong>n Schuppen mit <strong>de</strong>n<br />

Stallungen und bil<strong>de</strong>te einen großen umschlossenen Hof. Neben <strong>de</strong>m Schuppen<br />

konnte man einen Zwinger sehen, in <strong>de</strong>n mehrer laut bellen<strong>de</strong> Hun<strong>de</strong> gesperrt<br />

waren, Hun<strong>de</strong> so groß wie Summs!<br />

Das Tor stand offen, ein kräftiger Mann mit wenig intelligentem Gesichtsausdruck<br />

stand darin und winkte die Reiter herein: „Hallo, ich bin Mandras <strong>de</strong>r Pfer<strong>de</strong>knecht,<br />

lasst mich euch eure Reittiere abnehmen.“ Die mü<strong>de</strong>n Abenteurer stiegen mit<br />

letztem Schwung ab und er führte die Maultiere zu <strong>de</strong>n Stallungen.<br />

„Ich kümmere mich um die Tiere, reibe sie ab, wollt ihr euere Gepäckrollen selbst<br />

abnehmen, o<strong>de</strong>r soll ich sie Euch hineintragen?" Natürlich nahm je<strong>de</strong>r seine eigene<br />

Gepäckrolle, waren doch darin die wenigen Habseligkeiten, die die Abenteurer<br />

hatten. „Ihr habt Glück, dass ihr noch vor <strong>de</strong>r Dämmerung hier ankommt, danach<br />

lassen wir das Tor nicht mehr auf, im Hof laufen dann die Hun<strong>de</strong>, und an <strong>de</strong>nen<br />

traue ich mich kaum vorbei.“<br />

„In die Gaststube geht es durch die große Türe, ihr könnt die Stube nicht verfehlen,<br />

es gibt nur die eine...“ mit diesen Worten verschwand er mit <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n<br />

Maultieren in <strong>de</strong>m Stall. Dort war das Schnauben von weiteren Tieren zu hören,<br />

Leros meinte min<strong>de</strong>stens ein richtiges Pferd zu hören.<br />

Sie klopften sich vor <strong>de</strong>n zwei ausgetretenen Steinstufen die zu <strong>de</strong>r alten<br />

verwitterten Eichentüre führten <strong>de</strong>n Staub ihres Rittes aus <strong>de</strong>n Klei<strong>de</strong>rn.<br />

Nach einem kurzen prüfen<strong>de</strong>n Blick auf die sorgfältige Schmie<strong>de</strong>arbeit <strong>de</strong>r<br />

Türbeschläge trat Ozirk an die Türe schob sie auf. Er ließ seine Blick durch <strong>de</strong>n<br />

Gastraum schweifen, <strong>de</strong>r sich ihm hinter <strong>de</strong>r Tür zeigte: Der Raum war hoch, er<br />

ging über zwei Etagen. Rechts die glattpoliert schimmern<strong>de</strong> Theke, gera<strong>de</strong>aus an<br />

<strong>de</strong>r Längswand ein grosser offener Kamin, in<strong>de</strong>m auch bereits ein kräftiges Feuer<br />

knisterte, links an <strong>de</strong>r Stirnwand eine Treppe. Sie führte auf eine Galerie die sich<br />

<strong>Band</strong> IV.10


über die ganze Längsseite bis um die ecke über die Theke zog. Kräftige<br />

Holzpfosten stützen sie in <strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>s Raumes und führten weiter bis zum im<br />

Dunkel fast verschwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Firstbalken. Im Halbdunkel waren auf <strong>de</strong>r Galerie<br />

hinter <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong>r mehrere Türen zu sehen. Recht und links neben <strong>de</strong>r Theke<br />

führten mehrere Türen in verschie<strong>de</strong>n Räumlichkeiten, einer dieser Räume war die<br />

Küche, von dort war <strong>de</strong>r verlocken<strong>de</strong> Geruch von frischen Speisen zu<br />

erschnuppern. Im Laufe <strong>de</strong>s Abends stellte sich heraus, dass die an<strong>de</strong>ren Türen in<br />

Vorrats- und an<strong>de</strong>re Nebenräume führten.<br />

In einer Ecke saßen zwei sehnige Gestalten in <strong>de</strong>n Farben <strong>de</strong>r Herzogin, an einem<br />

weiteren Tisch nahm ein einzelner Mann, offensichtlich ein Händler eine Mahlzeit zu<br />

sich. Vor ihm stand ein großer Krug mit Wein.<br />

Der Wirt stand kahlköpfig und grimmig hinter <strong>de</strong>r Theke, er wienerte ein Glas und<br />

begrüßte die neuen Gäste lauthals mit einem großen „Hallo! Willkommen in meiner<br />

beschei<strong>de</strong>n Hütte. Was darf es sein? Unterkunft? Etwas zum Essen? Wein?“ Die<br />

Hel<strong>de</strong>n bejahten je<strong>de</strong> dieser Fragen, während er sie zu einer langen Bank führte,<br />

die neben <strong>de</strong>r großen Feuerstelle im behaglichen Flackern gut poliert schimmerte.<br />

Die Männer, Frauen, Gnome, Zwerge und Bastar<strong>de</strong> ließen sich nie<strong>de</strong>r, steckten die<br />

Beine beziehungsweise die Hufe und Klauen von sich und seufzten behaglich,<br />

Diese Behaglichkeit wur<strong>de</strong> noch weiter vermehrt, als die Wirtin, eine Frau mittleren<br />

Alters mit strengem, etwas hagerem Gesicht einen Krug Wein in die Mitte stellte<br />

und sagte: „Der Willkommenstrunk geht auf das Haus! Zum Wohl die Herren, äh..<br />

Zum Wohl alle miteinan<strong>de</strong>r.“ Die Wesen nahmen ihre Becher aus <strong>de</strong>n Beuteln und<br />

gossen sich das köstlich glitzern<strong>de</strong> Naß aus <strong>de</strong>m Krug in die Becher und dann in<br />

die Kehlen. Es war zwar kein großartiger Wein, aber zusammen mit <strong>de</strong>r<br />

einzigartigen Stimmung <strong>de</strong>r Berghütte großartig genug.<br />

Anschließend fragte die Wirtin, ob es speziell Wünsche bezüglich <strong>de</strong>s Essens gebe.<br />

Ihre Köchin wäre aus West-Lhorin und hätte heute Hühnchen „Massala-Art“<br />

vorbereitet, ob das <strong>de</strong>nn recht sei.<br />

Nur Igor nuschelte, es sei doch scha<strong>de</strong> um das schöne Hühnchen, ob man es nicht<br />

auch roh bekommen könne. Die Wirtin schaute zweifelnd in sein Gesicht. Aufgrund<br />

<strong>de</strong>r tief heruntergezogenen Kapuze konnte sie natürlich nicht viel von seiner Fratze<br />

sehen, doch dass dies eher eine Schnauze <strong>de</strong>nn ein normales Gesicht war, sah sie<br />

trotz <strong>de</strong>r dämmrigen Beleuchtung und <strong>de</strong>r Schatten, in die sich Igor verkrochen<br />

hatte. Sie schrak etwas zusammen, ließ sich aber wenig Anmerken. Zumin<strong>de</strong>st<br />

<strong>de</strong>utlich weniger als alle an<strong>de</strong>ren Menschen, <strong>de</strong>nen Igor in <strong>de</strong>n letzten Tagen<br />

begegnet war.<br />

Natürlich war „Chicken-Massala“, wie die Elfen diese Spezialität nannten dann doch<br />

allen recht, und noch besser war, dass <strong>de</strong>r Wirt mit einem weitern Krug Wein<br />

ankam.<br />

„Zum Geschäft,“ meinte er. „ Die Zimmer kosten für Eure Gesellschaft viereinhalb<br />

Goldmünzen. Das Essen und das Futter für die Tiere ist dabei enthalten, Wein<br />

kostet extra und zwar 3 Silbermünzen <strong>de</strong>r Krug.“<br />

Nach etwas Murren und <strong>de</strong>m Versuch zu Han<strong>de</strong>ln einigte man sich auf eine Preis<br />

ganz in <strong>de</strong>r Nähe seiner For<strong>de</strong>rung, ließ doch <strong>de</strong>r Wille zum Han<strong>de</strong>ln mit <strong>de</strong>m<br />

zunehmen<strong>de</strong>n Duft aus <strong>de</strong>r Küche <strong>de</strong>utlich nach.<br />

Das Essen mun<strong>de</strong>te allen hervorragend, auch wenn Igor nörgelte sein Fleisch wäre<br />

verbrannt (es war noch fast blutig). Nach <strong>de</strong>m Mahl gesellten sich die übrigen Gäste<br />

an <strong>de</strong>n großen Tisch um Neuigkeiten auszutauschen. Der Händler stellte sich als<br />

„Putzun“ vor, er war in Kurzwaren unterwegs, hatte viele sei<strong>de</strong>ne Bän<strong>de</strong>r, Na<strong>de</strong>ln,<br />

<strong>Band</strong> IV.11


verschie<strong>de</strong>ne Sorten feiner Fä<strong>de</strong>n und ähnliches auf seinen zwei Maultiere gepackt.<br />

Er berichtete, er käme aus <strong>de</strong>m Sü<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>r Hauptstadt Katin. Auch auf<br />

Nachfrage von Ozirk konnte er sich nicht erinnern, dass ihm am heutigen Tage<br />

Reiter entgegen gekommen wären. Die zwei Männer <strong>de</strong>r Herzogin waren<br />

Jagdaufseher. Sie berichteten, dass es in <strong>de</strong>r letzten Zeit bedingt durch die<br />

Kriegswirren viel mehr Räuber als früher in <strong>de</strong>n Bergen gebe. Ja die Suche nach<br />

Räubern sei ihre eigentliche Hauptaufgabe in diesen unruhigen Zeiten. Doch eine<br />

so große Gruppe von Reitern mit guten Waffen sei ja vor Angriffen sicher. Auch sie<br />

hatten keine Reiter gesehen, waren allerdings ja auch nicht auf <strong>de</strong>n Straßen<br />

unterwegs gewesen. Sie versprachen <strong>de</strong>m Zwerg, dass sie sich nach verdächtigen<br />

Personen umhören wür<strong>de</strong>n, hierzu beschrieb <strong>de</strong>r Zwerg zuerst die bei<strong>de</strong>n Diebe auf<br />

<strong>de</strong>n Pfer<strong>de</strong>n, die sie die letzten drei Tage verfolgt hatten, so sei das eine Pferd<br />

schlecht beschlagen, <strong>de</strong>r eine Reiter Elf und so weiter. Anschließend beschrieb<br />

Kelen <strong>de</strong>n Zauberer Katarrh, da sie ihn am besten kannte.<br />

Doch auch die Nachfragen ergaben keine neuen Hinweise, auch das Befragen <strong>de</strong>r<br />

Wirtsleute ergab keine Neuigkeiten, unwirsch bemerkte <strong>de</strong>r Wirt, dass er keine Zeit<br />

habe auf <strong>de</strong>r Straße nach Dieben und Räubern Ausschau zu halten, und in seinem<br />

Haus wür<strong>de</strong>n nur gute Bürger, äh, nächtigen.<br />

Nach einem letzten Fluchtachtele machten sich die bei<strong>de</strong>n herzoglichen Männer<br />

unter <strong>de</strong>n Segenswünschen <strong>de</strong>r Zurückbleiben<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Weg, wollten sie<br />

doch bis Sonnenuntergang noch eine Schutzhöhle am Kamm eine Stun<strong>de</strong> nördlich<br />

von hier erreichen.<br />

Vor <strong>de</strong>r Türe dämmerte es langsam, als <strong>de</strong>r plötzlich die Hun<strong>de</strong> anschlugen. Der<br />

Wirt und seine Frau wur<strong>de</strong>n nervös, entspannten sich aber, als Mandras mit einem<br />

weiteren Gast eintrat. Dieser war in teure und gut aussehen<strong>de</strong> Reitgewän<strong>de</strong>r<br />

geklei<strong>de</strong>t und trat sofort auf die Abenteurer zu. Er stellte sich als Michel von Lind<br />

vor: „Ich bin <strong>de</strong>r Hofkämmerer <strong>de</strong>r Herzogin und auf <strong>de</strong>r Suche nach Euch.“ Er<br />

setzte sich zu ihnen, <strong>de</strong>r Wirt sprang fort und brachte schnell einen weiteren Becher<br />

Wein.<br />

„Ich habe Euch eine Nachricht: Ihr sollt in Katin direkt zum Hintereingang <strong>de</strong>s<br />

Palastes kommen, dort wer<strong>de</strong>t ihr erwartet. Die Herzogin will nicht, dass Ihr Euch<br />

vorher irgendwo ein Zimmer nehmt und etwa auffallt.“<br />

Dies ergab natürlich Proteste: „Wir, Auffallen?“ krächzte <strong>de</strong>r Bastard – „Wie, ohne<br />

Zeit für etwas Toilette o<strong>de</strong>r Einkaufsbummel?“ meinte die Klerikerin.<br />

„Nun ja, es ist ein Empfang geplant, und Ihr dient sozusagen als<br />

Überraschungsgäste. Dafür habt Ihr sicher Verständnis.“ Er erzählte anschließend<br />

noch einiges mehr über <strong>de</strong>n Palast und die geplanten Feierlichkeiten.<br />

Sowohl Igor als auch Ozirk wur<strong>de</strong> es langsam mulmig. Ein Palast mit<br />

Feierlichkeiten. Überraschungsgäste. Präsentation als Hel<strong>de</strong>n – Was hatten sie sich<br />

nur eingebrockt.<br />

Und gleichzeitig gallopierte <strong>de</strong>r Ring <strong>de</strong>r Macht immer weiter aus ihrer Reichweite,<br />

die Geschwindigkeit Katarrhs auf <strong>de</strong>m Pferd war auch ohne Feierlichkeiten zu groß<br />

um ihn einzuholen, Ozirks und Akaras Hoffnung war, dass er vielleicht am Hafen<br />

einzuholen gewesen wäre. Nun ja, vielleicht war es in Katin mit <strong>de</strong>r schützen<strong>de</strong>n<br />

Hand <strong>de</strong>r Herzogin einfacher eine Schiffspassage auf die Andalanen zu bekommen,<br />

und sie konnten so <strong>de</strong>n Rückstand wett machen.<br />

Nach<strong>de</strong>m sie mit <strong>de</strong>n übrigen Gästen noch etwas zusammen gesessen hatten,<br />

wur<strong>de</strong>n sie von <strong>de</strong>r Wirtin gefragt, ob sie ihnen die Zimmer zeigen solle. Dem<br />

<strong>Band</strong> IV.12


stimmten die sechs Reisen<strong>de</strong>n zu und wur<strong>de</strong>n schließlich auf die Galerie geführt. In<br />

<strong>de</strong>r Mitte <strong>de</strong>r Galerie waren zwei beson<strong>de</strong>rs schöne und große Zimmer mit jeweils<br />

einem Kamin, diese bot sie ihnen an.<br />

Zuerst wollten die Abenteurer dieses Angebot natürlich annehmen, dann fragte<br />

jedoch Kelen nach <strong>de</strong>r Wachreihenfolge. Da fiel allen wie<strong>de</strong>r ein, dass sie erst vor<br />

kurzen in einem scheinbar behüteten Haus bestohlen wor<strong>de</strong>n waren.<br />

Also lehnten sie das Angebot ab und baten um ein gemeinsames Zimmer. Die<br />

Wirtin zeigte sich hierüber zwar erstaunt wies dann jedoch <strong>de</strong>n Knecht an, die<br />

Strohsäcke aus <strong>de</strong>m linken in das rechte Zimmer zu schleppen.<br />

„Die Bettgestelle wer<strong>de</strong>n lei<strong>de</strong>r nicht mehr ins Zimmer passen, aber wenn Ihr<br />

unbedingt wollt, dann soll es halt dieses Zimmer sein.“ Sie ermahnte Mandras noch<br />

zwei Körbe Holz hochzutragen während sie an <strong>de</strong>r gerichteten Feuerstelle das<br />

Feuer anfachte.<br />

Die Reisen<strong>de</strong>n setzten sich noch kurz in <strong>de</strong>n Gastraum und tranken einen kleinen<br />

Ablieger während ihr Zimmer gerichtet wur<strong>de</strong>.<br />

Die Abenteurer been<strong>de</strong>ten ihre Tafel, einer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren erhob sich, schlug<br />

nochmals Wasser ab und zog sich zurück. Igor und Akara übernahmen die erste<br />

Wache.<br />

Das Zimmer in <strong>de</strong>m sie sich befan<strong>de</strong>n war zwar an sich groß, jedoch mit drei Betten<br />

und drei Strohsäcken auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n etwas überfüllt., an <strong>de</strong>r Frontseite die<br />

Eingangstür und gegenüber <strong>de</strong>r Tür ein kleines Fenster, das mit einem kräftigen<br />

und stabilen Fensterla<strong>de</strong>n verschlossen war, In <strong>de</strong>r linken Ecke war die Feuerstelle,<br />

rechts ein großer Wandschrank, in <strong>de</strong>m die Abenteurer ihre Bün<strong>de</strong>l stapelten. Leros<br />

überprüfte pflichtbewußt noch <strong>de</strong>n Fensterla<strong>de</strong>n mit seinem Riegel.<br />

Die Hel<strong>de</strong>n entledigten sich ihre Rüstungen, Ozirk natürlich nicht, legten ihre<br />

Waffen wie immer griffbereit neben ihre jeweilige Bettstatt und begaben sich einer<br />

nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren zur Ruhe. Die Schil<strong>de</strong> hatten sie zu einem großen Stapel an die<br />

Wand aufgetürmt, die Ahlspieße, so sie <strong>de</strong>nn noch welche hatten, waren unten vor<br />

<strong>de</strong>r Wirtsstube unter <strong>de</strong>m Vordach an die Wand gelehnt.<br />

Nach kurzer Zeit erfüllte das ruhige und gleichmäßige Atmen <strong>de</strong>r Schläfer <strong>de</strong>n<br />

Raum. Die Abenteurer hatten während <strong>de</strong>s Feldzuges von Fulrad viel gelernt, nicht<br />

nur immer und je<strong>de</strong>rzeit so viel wie möglich zu Essen und zu Trinken, son<strong>de</strong>rn auch<br />

je<strong>de</strong> Möglichkeit zum Schlafen zu nützen. Und er hatte ihnen wenig Möglichkeit<br />

hierzu gegeben. Doch jetzt erfüllte ihr Atmen <strong>de</strong>n Raum, einer nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren<br />

waren sie eingeschlafen, noch schnarchte keiner. Denn Schnarchen wur<strong>de</strong> unter<br />

Soldaten, die sonst im Freien auf <strong>de</strong>r Hut vor feindlichen Spähern biwakierten mit<br />

harten Tritten geahn<strong>de</strong>t.<br />

Doch da war irgen<strong>de</strong>in Rascheln zu hören, da leise, quietschen<strong>de</strong> Geräusch einer<br />

Holztür. Igor, das an <strong>de</strong>r Tür saß, dachte sich zuerst nichts dabei, wahrscheinlich<br />

war irgen<strong>de</strong>iner <strong>de</strong>r Hausbewohner zum Örtchen gegangen. Doch was war das,<br />

dieses Geräusch <strong>de</strong>s Schlafens direkt neben ihm. Akara wird doch nicht<br />

eingeschlafen sein? Es schaute zu ihr. In diesem Moment hörte er erneut das<br />

Quietschen von Holz. Doch es kam nicht von außerhalb, es kam aus <strong>de</strong>m Zimmer!<br />

Der Zauberer ließ seine Blick durch <strong>de</strong>n Raum schweifen: Die Schranktür war offen.<br />

Im dämmrigen Licht <strong>de</strong>r glimmen<strong>de</strong>n Holzkohle konnte Igor einen Schatten im<br />

Schrank sehen. Von dort war auch ein feiner, fahler Lichtschein zu sehen, <strong>de</strong>r aus<br />

<strong>de</strong>m Inneren <strong>de</strong>s Schrankes kam.<br />

„Alarm“ Igors Schrei zerschnitt die Stille, „Alarm, Mör<strong>de</strong>r im Wandschrank.“ Akara<br />

<strong>Band</strong> IV.13


schüttelte sich nur mü<strong>de</strong>, auch die an<strong>de</strong>ren sprangen nicht so schnell auf wie man<br />

das sonst von ihnen gewohnt war.<br />

Während <strong>de</strong>r Bastard mit einem Murmeln zwei magisches Geschosse neben sich<br />

erschuf, die sich auch sofort in <strong>de</strong>n Angreifer versenkten, dachte es bei sich, dass<br />

wohl ein gegnerischer Magier einen Schlafspruch gezaubert haben mußte. Doch es<br />

hatte nicht lange Zeit um nachzu<strong>de</strong>nken, neue Fein<strong>de</strong> drängten aus <strong>de</strong>m<br />

Wandschrank. Ozirk war inzwischen aufgesprungen und fuchtelte wie wild mit<br />

Hammer und Kurzschwert um sich, Summs war bereits im Nahkampf mit einem <strong>de</strong>r<br />

Meuchelmör<strong>de</strong>r, er war offensichtlich gera<strong>de</strong> noch schnell genug wach gewor<strong>de</strong>n.<br />

Doch ein Feind beugte sich mit einer glitzern<strong>de</strong>n Klinge über Leros, <strong>de</strong>r noch<br />

schlafend dalag. Hel<strong>de</strong>nhaft stürzte sich <strong>de</strong>r Bastard auf diesen feigen Feind, er<br />

versuchte zu Beißen, zu Krallen, konnte aber nur mit <strong>de</strong>r einen Klaue etwas<br />

Scha<strong>de</strong>n anrichten, kaum genug, dass <strong>de</strong>r Angreifer von ihm Notiz nahm.<br />

Doch Ozirk hatte inzwischen seinen Platz gefun<strong>de</strong>n, mit <strong>de</strong>r rechten Hand schwang<br />

er seinen Schmie<strong>de</strong>hammer und zermalmte <strong>de</strong>m Gegner Igors die Schulter,<br />

woraufhin dieser schreiend vor Schmerz umfiel. Mit <strong>de</strong>r linken Hand, in <strong>de</strong>r sich auf<br />

wun<strong>de</strong>rsame Weise nicht etwa <strong>de</strong>r übliche Dolch befand son<strong>de</strong>rn das Kurzschwert,<br />

<strong>de</strong>ssen schmale zweischneidige Klinge wie in Freu<strong>de</strong> auf das erste Blutlecken<br />

leuchtete, mit <strong>de</strong>r linken Hand also führte er einen Rückhandhieb nach Summs<br />

Gegner, welcher diesen weit zurückweichen ließ.<br />

Kelen war inzwischen aus ihrem Bett gekletterte, hüpfte auf das Bett von Leros um<br />

diesen zu wecken, <strong>de</strong>n trotz Kampflärm war jener nicht wachgewor<strong>de</strong>n. Sie rüttelte<br />

und schüttelte ihn, während er nur mü<strong>de</strong> und fast wollüstig gähnte.<br />

Im Kampf ging es inzwischen weiter. Da <strong>de</strong>r Gegner von Igor zu Bo<strong>de</strong>n gesunken<br />

war konnte sich <strong>de</strong>r Bastard zurückziehen. Ozirk und Summs kämpften weiter<br />

gegen die zwei Menschen, die noch im Raum waren. Im Schrank war die Gestalt<br />

eines weiteren Wesens zu sehen. Die Waffen klirrten, Ozirk wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

sichtlich benei<strong>de</strong>t, weil er im Plattenpanzer schlafen konnte und die an<strong>de</strong>ren nicht.<br />

Na ja, dafür stank er auch entsprechend. Aber in einer solchen Situation war dieser<br />

Panzer ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Vorteil, mit <strong>de</strong>m die Fein<strong>de</strong> scheinbar nicht gerechnet<br />

hatten.<br />

Der Kampf in <strong>de</strong>m kleinen Raum wogte kurz hin und her als es plötzlich dunkel<br />

wur<strong>de</strong>. Auch die Wesen, die sonst im Dunkel sehen konnten waren wie blind. Von<br />

Kelen war ein unterdrücktes Fluchen zu hören, „Verdammt, ich spreche ein Licht.“ –<br />

„Nein“ fauchte Igor, „es ist meine Dunkelheit, ich kann sie doch bei Bedarf<br />

aufheben“ im Dunkel waren alle Kämpfer gleichermaßen benachteiligt, das schnelle<br />

aufeinan<strong>de</strong>rschlagen von metallischen Waffen hörte abrupt auf. Plötzlich war noch<br />

ein Röcheln zu hören. Ozirk hatte irgendjeman<strong>de</strong>n getroffen.<br />

Ein unterdrücktes „Finger weg“ war von Kelen zu hören, ein lautes Klatschen sowie<br />

ein unterdrückter Fluch<br />

„Es wer<strong>de</strong> Licht“ rief da <strong>de</strong>r Bastard, die Dunkelheit wich <strong>de</strong>m Dämmerlicht <strong>de</strong>r<br />

natürlichen Nacht. Es stand nur noch ein Gegner im Raum, jener konnte sich jetzt<br />

nur noch mühsam <strong>de</strong>r schnellen Schwertschläge Summs erwehren. Schließlich<br />

sank er danie<strong>de</strong>r. Während<strong>de</strong>ssen hatte sich <strong>de</strong>r inzwischen blutüberströmte<br />

Schmied auf <strong>de</strong>n Weg zum Wandschrank gemacht: „Der Bo<strong>de</strong>n ist zur Hälfte weg<br />

und darunter ist eine Leiter. Hinterher!“ Und bevor irgen<strong>de</strong>iner <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren etwas<br />

sagen konnte kletterte <strong>de</strong>r Zwerg die Leiter hinunter. Unten war Rufen zu hören,<br />

schnell kletterte auch Summs und Kelen hinterher. Igor kam auch, war aber<br />

aufgrund seiner Behin<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>utlich langsamer beim Klettern, so dass sich<br />

<strong>Band</strong> IV.14


Leros und Akara, die inzwischen auch wach genug war, bei ihm beschwerten. Der<br />

Bastard bemerkte, daß Leros einen feuerroten Handabdruck an <strong>de</strong>r linken Backe<br />

hatte. Offenstichtlich war er auch in einen Nahkampf verwickelt gewesen.<br />

Als Igor schließlich mühsam zwei Etagen in einem engen Schacht an rutschigen<br />

Holzsprossen hinuntergeklettert war, konnte er dort zwei weitere Leichen sehen, die<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n offensichtlich kampfwütigen Halbmenschen Summs und Ozirk<br />

anzurechnen waren. Der Bastard befand sich jetzt in einem Kellerraum mit<br />

Vorräten. Eine Laterne stand auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n inmitten <strong>de</strong>s Raumes, und warf<br />

unruhige Schatten an rauhe Felswän<strong>de</strong> und das gemauerte Gewölbe. Neben <strong>de</strong>m<br />

Schacht, <strong>de</strong>n sie heruntergeklettert waren befand sich ein Brunnenschacht, <strong>de</strong>r<br />

weiter in die Tiefe führte. Eine massive, verschlossene Tür führte aus <strong>de</strong>m<br />

Kellerraum, doch an <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Wand befand sich ein Durchgang, <strong>de</strong>r<br />

offensichtlich auch einmal von einer Tür verschlossen gewesen war. Aus <strong>de</strong>m<br />

dahinterliegen<strong>de</strong>n Dunkel war Lärm, Tritte und Schrie zu hören, die drei<br />

vorrauseilen<strong>de</strong>n Hel<strong>de</strong>n waren nicht mehr zu sehen.<br />

Igor, Akara und Leros liefen, so schnell sie konnten, hinterher. Nach kurzer Zeit<br />

en<strong>de</strong>te dieser Raum an einer aufwärtsführen<strong>de</strong>n Leiter. Oben befand sich eine<br />

Falltüre, die aufgeklappt war. Durch diese Öffnung konnte man das klare Mondlicht<br />

<strong>de</strong>r friedlichen Nacht sehen. Von oben war Kampflärm zu hören, aber hier unten<br />

war vor <strong>de</strong>r Leiter ein kleines, verängstigtes Mädchen zu sehen, das sich hinter die<br />

Leiter kauerte. Es wimmerte: „Die an<strong>de</strong>ren sind oben, sie verfolgen die böse Elfin.“<br />

Sie sah <strong>de</strong>n Bastard an und schluckte kräftig. „Bitte tu mir nicht weh.“ Die Kleine,<br />

die es jetzt erstmals genauer betrachtete war starr vor Angst und blickte ihm aber<br />

trotzig in die Augen.<br />

„Welche böse Elfin?“ wollte Igor fragen, da war Leros bereits an ihm vorbeigeeilt<br />

und nach oben geklettert. Akara nahm das Mädchen in seine Arme und sprach ihm<br />

Mut zu.<br />

`Wahrscheinlich ein humanoi<strong>de</strong>r Urinstinkt`, dachte Igor. `Die Weibchen wer<strong>de</strong>n von<br />

<strong>de</strong>n kleinen ihrer Art wie bezaubert. Lei<strong>de</strong>r bin ich das einzige meiner Art.`<br />

Also kletterte <strong>de</strong>r Bastard hoch. Oben konnte er <strong>de</strong>n Hof überblicken. Keine Hun<strong>de</strong><br />

die umherrannten, aber welche, die im Zwinger eingesperrt waren. Oben war <strong>de</strong>r<br />

Bastard wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r langsamste. Sogar Summs mit seinen kurzen Stummelbeinen<br />

war wie<strong>de</strong>r schneller.<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hofes, direkt an <strong>de</strong>m Tor lag die sechste <strong>Band</strong>itenleiche. Daneben<br />

stand Ozirk, <strong>de</strong>r tief ein- und ausatmete, als ob er nach einem langen Lauf erst<br />

einmal Atem holen musste. Er blickt aus <strong>de</strong>m Tor auf <strong>de</strong>n gegenüberliegen<strong>de</strong>n<br />

Hang. Dort war in einiger Entfernung ein Kampf im Gange. Leros, <strong>de</strong>r mit seinen<br />

langen Beinen aufgeholt hatte, kämpfte gera<strong>de</strong> im Licht <strong>de</strong>s Halbmon<strong>de</strong>s gegen<br />

eine Elfin. Igor konnte gera<strong>de</strong> noch sehen, wie sie bevor Summs die Kämpfen<strong>de</strong>n<br />

erreichte unter <strong>de</strong>n Schlägen nie<strong>de</strong>rsank. Kelen war auf <strong>de</strong>m Weg zum Hang und<br />

hielt nun inne. Sie warteten unten während die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren die Leiche<br />

untersuchten und dann <strong>de</strong>n Hang herunterzogen.<br />

Gemeinsam trugen sie die Leiche zum Tor, wo sich jetzt alle sechs Abenteurer<br />

sammelten. Ozirk war zwar blutüberströmt, aber das Blut war nicht seines. Kelen<br />

und Igor waren erschöpft vom Zaubern aber ebenso wie Akara unverwun<strong>de</strong>t. Nur<br />

Summss und Leros hatten sich mehr als die üblichen Kratzer zugezogen und<br />

wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Priesterin sofort behan<strong>de</strong>lt.<br />

„Wie kamen die wohl in unseren Schrank. Und was ist das für ein Mädchen?“ Akara<br />

<strong>Band</strong> IV.15


hatte das noch immer zittern<strong>de</strong> Mädchen im Arm.<br />

„Lasst uns in die Schankstube gehen, hierfür wird mir jemand Rechenschaft<br />

ablegen“ polterte <strong>de</strong>r Zwerg. „Von wegen Hun<strong>de</strong> und Sicherheit. Eine Falle das<br />

Ganze. Wenn wir nicht in einem Raum geschlafen hätten. O<strong>de</strong>r keine Wache<br />

gehabt hätten.... . Ich wage es kaum, mir dies auszumalen.“<br />

Die Übrigen stimmten zu, während Leros die Tür zum Schankraum öffnete. Dort<br />

saßen <strong>de</strong>r Wirt, die Wirtin, die Köchin und <strong>de</strong>r Knecht auf Stühle gefesselt und<br />

geknebelt. Als das Mädchen dies sah riss sie sich weinend los, rief „Mammi“ und<br />

klammerte sich an die Wirtin.<br />

Akara schmunzelte. „Nun wird zumin<strong>de</strong>st einiges klar. Bin<strong>de</strong>t die Armen los.“<br />

Die Wirtin erklärte schließlich <strong>de</strong>n Abenteurern was passiert war: „Die <strong>Band</strong>iten<br />

hatten die Kleine in ihre Gewalt gebracht und sich im Keller mit ihr versteckt.. Dann<br />

wur<strong>de</strong>n sie gezwungen <strong>de</strong>n <strong>Band</strong>iten die Räumlichkeiten zu zeigen, auch die<br />

geheimen Gänge, die noch aus früheren Zeiten überdauert hatten. Und schließlich<br />

planten die <strong>Band</strong>iten diese Falle. Die Elfin warnte <strong>de</strong>n Anführer <strong>de</strong>r <strong>Band</strong>iten , Kufur<br />

war sein Name, einer von <strong>de</strong>m wir schon Schreckliche gehört haben, noch einmal<br />

vor <strong>de</strong>m als Pilger verklei<strong>de</strong>ten Monster, welcher ein mächtiger Magier sein sollte,<br />

was dieser kaum glaubte. Die Elfin hatte einen komischen Akzent, die war nicht aus<br />

<strong>de</strong>r Gegend, aber die an<strong>de</strong>ren <strong>Band</strong>iten waren sicher von hier, <strong>de</strong>n Anführer habe<br />

ich erkannt, auf <strong>de</strong>n ist in Katin eine Belohnung ausgesetzt. Ich bin ja so froh, daß<br />

<strong>de</strong>r Kleinen nichts passiert ist und dass ihr euch alle retten konntet“<br />

„Die übrigen Gäste haben von <strong>de</strong>r Falle nichts mitbekommen, weil sie erst später<br />

angekommen waren, und wir konnten doch nieman<strong>de</strong>n warnen.“<br />

In <strong>de</strong>r Tat, auch jetzt waren die übrigen Gäste nichts zu sehen, offensichtlich hatten<br />

sich sowohl <strong>de</strong>r Händler als auch Michel von Lind in ihren Zimmer eingeschlossen<br />

und beschlossen nichts vom Kampflärm zu hören.<br />

Nach<strong>de</strong>m die Leichen im Hof zusammengetragen waren und das Blut im<br />

Schlafraum notdürftig aufgewischt war, legten sich alle noch etwas hin um einen<br />

Rest Schlaf zu erhaschen. Akara kümmerte sich kurz um die Kratzer und Wun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Verletzten, Ozirk und Leros übernahmen die nächste Wache, <strong>de</strong>nn ohne Wache<br />

wollte keiner mehr bleiben.<br />

Am Morgen sahen sie sieben frische Gräber am gegenüberliegen<strong>de</strong>n Hang.<br />

Mandros <strong>de</strong>r Knecht hatte die Leichen vergraben. Nur <strong>de</strong>n Kopf <strong>de</strong>s Anführers und<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Elfin hatte er sorgfältigst abgeschnitten und in reichlich Salz in einen<br />

Wei<strong>de</strong>nkorb gelegt. „Falls es Kopfgeld gibt.“ Ihre gesamte beschei<strong>de</strong>ne Habe lag<br />

auf einem Haufen. Wenige Wertsachen, etwas Kleingeld, aber je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>Band</strong>iten<br />

hatte zehn gol<strong>de</strong>ne Auri aus Saas-Kwaaq im Beutel, ja <strong>de</strong>r Anführer sogar <strong>de</strong>ren<br />

fünfzig, und die Elfin weitere fünfundsiebzig.<br />

„Vielleicht waren letztere ja als zweite Rate nach erfülltem Auftrag gedacht“,<br />

mutmaßte Kelen.<br />

„Wir sind ganz schön was Wert gewor<strong>de</strong>n seit unserer Ankunft als armselige<br />

Ru<strong>de</strong>rsklaven hier in Lhorin“, bemerkte <strong>de</strong>r Zwerg, grinste in die Run<strong>de</strong> und warf<br />

spielerisch ein Goldstück in die Höhe.<br />

Igor schaute sich das eingeprägte Portrait genauer an. Seid <strong>de</strong>m Beginn <strong>de</strong>s<br />

Bürgerkrieg waren die Goldmünzen <strong>de</strong>s Makor von Saas-Kwaaq so etwas wie die<br />

Leitwährung in Rauricaria und darüber hinaus. Igor hatte wie die an<strong>de</strong>ren auch,<br />

einen Teil seines Sol<strong>de</strong>s bereits in solchen Auri erhalten, die hier sahen aber<br />

irgendwie frischer aus, fast wie direkt aus <strong>de</strong>r Münze.<br />

<strong>Band</strong> IV.16


Die Waffen die <strong>de</strong>r <strong>Band</strong>itenführer und die Elfin hatten waren guter Qualität. Und<br />

Kelen konnte das Zauberbuch <strong>de</strong>r Elfin an sich nehmen. „Darüber wer<strong>de</strong>n wir uns<br />

heute Abend gemeinsam her machen“ strahlte sie <strong>de</strong>n Bastard an.<br />

So hatte dieser Teil <strong>de</strong>s Abenteuers einen guten Ausgang.<br />

Am Tag nach <strong>de</strong>m Anschlag mußten sich die Abenteurer erst einmal ausruhen.<br />

Morgens in aller Frühe waren sie zwar noch unternehmungslustig gewesen, hatten<br />

ihre Beutel geschnürt und ihre Ausrüstung gerichtet, doch dabei mußten sie<br />

feststellen, daß sie lange nicht so ausgeruht waren wie sie dachten. Die Zauberer<br />

und Kleriker waren durch das Anwen<strong>de</strong>n ihrer Macht erschöpft, die Kämpfer mü<strong>de</strong><br />

vom Kämpfen und <strong>de</strong>n geschlagenen Wun<strong>de</strong>n. Also entschied man sich gegen <strong>de</strong>n<br />

Wi<strong>de</strong>rstand Igors einen Tag Pause einzulegen. Jenes zog es weiter, <strong>de</strong>nn das<br />

Gefühl <strong>de</strong>r Macht, das es kurze Zeit ausgefüllt hatte war einem Gefühl <strong>de</strong>r Leere<br />

gewichen. Nicht ganz leer, <strong>de</strong>nn es zog <strong>de</strong>n Bastard in seinem Innersten immer<br />

weiter, dorthin, wo es Katarrh und <strong>de</strong>n Ring vermutete.<br />

Kelen und Igor begannen am Abend trotz ihrer Erschöpfung das Studium <strong>de</strong>r<br />

Zaubersprüche aus <strong>de</strong>m eroberten Buch <strong>de</strong>r Elfin, doch sie mußten feststellen, daß<br />

sie für diese Sprüche einige Wochen brauchen wür<strong>de</strong>n. Obwohl ihnen manche<br />

Schriftzüge bekannt vorkamen, so erschienen doch an<strong>de</strong>re Teile <strong>de</strong>s Buches<br />

äußerst fremd und unverständlich. Sie schafften es jedoch an diesem Abend noch<br />

die Sprüche zu enträtseln, so daß sie das Buch zumin<strong>de</strong>st als Spruchrollen<br />

verwen<strong>de</strong>n konnten. Die Schrift <strong>de</strong>r Elfin war verspielt, sie benutzte einige für<br />

Menschen unübliche Ausdrücke, die auch für Igor, <strong>de</strong>r seine Grundlagen in <strong>de</strong>r<br />

Magie schließlich bei Menschen abgeschaut hatte sehr schwierig waren. Der<br />

einzige elfische Magier <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bastard kannte war <strong>de</strong>r Chimärenburger Elf<br />

Lag’avulin, mit <strong>de</strong>m er jedoch ansonsten noch nichts zu tun hatte. Er hatte ihn nur<br />

einmal vorbeistolzieren sehen, als jener irgendwelchen Käse begutachtete.<br />

„Schlaf“; „magisches Geschoss“; Magie Ent<strong>de</strong>cken“; Sprüche, die ihnen bekannt waren,<br />

und die sie auch schon benutzt hatten. „ Spiegelbild“ , „ Schild“ Sprüche, von <strong>de</strong>nen<br />

sie bisher nur gewußt hatten, daß sie existierten. Die bei<strong>de</strong>n waren ungeduldig und<br />

wißbegierig. Igor fühlte sogar einen Hauch von Rivalität mit <strong>de</strong>m<br />

Menschenweibchen aus Kilan aufglimmen, aber nach<strong>de</strong>m es intensiv mit ihr<br />

gearbeitet hatte, und sie zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Bastard etwas hinter <strong>de</strong>m Ohr gekrault hatte<br />

verging dieses Gefühl wie<strong>de</strong>r. Doch dieses Gefühl lauerte im Hintergrund ebenso<br />

wie das Flüstern <strong>de</strong>s Ringes <strong>de</strong>r Macht, <strong>de</strong>ssen Gedanken noch in seinem Kopf<br />

nachhallten.<br />

<strong>Band</strong> IV.17


Abstieg nach Katin<br />

Nach einem Tag Ruhe, <strong>de</strong>r ihnen allen an Leib und Seele gut tat, ließen sie sich<br />

doch von <strong>de</strong>n schuldbewußten Wirtsleuten aufs Feinste verwöhnen, brachen sie mit<br />

<strong>de</strong>m Sonnenaufgang gen Katin auf. Bevor sie <strong>de</strong>n Hof verließen steckte die Wirtin<br />

Akara noch einen Korb mit Wegzehrung zu. „Für Eure Hilfe“ sagte sie mit Tränen in<br />

<strong>de</strong>n Augen. Auch Kelen trug einen Korb, in ihm waren die abgeschnittenen Köpfe<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Anführer <strong>de</strong>r <strong>Band</strong>iten. Sie rochen jetzt schon etwas, weshalb sie in<br />

festes, gewachstes Tuch gepackt wur<strong>de</strong>n. Igor schockte die Zauberin in<strong>de</strong>m es<br />

fragte, ob sie für das Kopfgeld <strong>de</strong>n kompletten Kopf, „also mit Gehirn?“ brauchen<br />

wür<strong>de</strong>n. Der Menschenfrau wur<strong>de</strong> blaß um die Nase, malte sie sich doch sofort aus,<br />

wie es wäre wenn <strong>de</strong>r Bastard mir seiner langen Zunge versuchen wür<strong>de</strong> das<br />

Gehirn <strong>de</strong>r Elfin herauszulutschen. Sie konnte auch nach dieser langen Zeit immer<br />

noch nicht genau einschätzen wann Igor einen verunglückten Spaß machte und<br />

wann es solche Abscheulichkeiten ernst meinte.<br />

Der noch in <strong>de</strong>n Täler hängen<strong>de</strong> Morgennebel wur<strong>de</strong> schnell von <strong>de</strong>r aufsteigen<strong>de</strong>n<br />

Frühlingssonne vertrieben, während ihre Maultiere sich vorsichtig <strong>de</strong>n Abstieg<br />

ertasteten. Die stetig steigen<strong>de</strong> Sonne flutete die Berghänge mit gol<strong>de</strong>nem Licht.<br />

Das frische Grün <strong>de</strong>s Frühlings leuchtet kräftig. Am Tag <strong>de</strong>r Ankunft auf <strong>de</strong>m Paß<br />

hatten sie die Lanschaft nur im sanften Licht <strong>de</strong>r Abendsonne gesehen, in <strong>de</strong>ren<br />

Schatten sich die Hügel zu Füßen <strong>de</strong>s Passes im Dunkel versteckt hatten, jetzt<br />

stellten sich diese Hänge und Kanten in ihrer ganzen Pracht in <strong>de</strong>n hellen Schein.<br />

Das schmale <strong>Band</strong> <strong>de</strong>r unbefestigten Straße glänzte ebenfalls, wie eine silbrige<br />

Kette zog es die Berge hinunter. Waren es die Steine mit ihrem Quarz die so<br />

glänzten o<strong>de</strong>r war es das fröhlich plätschern<strong>de</strong> Bächlein, das am Weg entlang nach<br />

unten spru<strong>de</strong>lte? Igor konnte es nicht sagen, aber <strong>de</strong>r Bastard war von <strong>de</strong>r Aussicht<br />

überwältigt und schwelgte in <strong>de</strong>n Frühlingsfarben. Alle verharrten kurz in <strong>de</strong>m<br />

Anblick, <strong>de</strong>r sich ihnen bot, dann drängte Leros die an<strong>de</strong>ren zum Aufbruch: „Wir<br />

müssen voran, sonst schaffen wir es nicht bis zum Anbruch <strong>de</strong>r Nacht in die<br />

Hauptstadt.“ Er hatte natürlich recht, doch wan<strong>de</strong>n sich die Abenteurer nur<br />

schweren Herzens ihrem Tagwerk zu.<br />

Nach<strong>de</strong>m sie ein kurzes Stück <strong>de</strong>s Weges entlanggeritten waren kamen sie zu<br />

einem Abzweig, <strong>de</strong>r nach Nor<strong>de</strong>n führte. Leros untersuchte ihn kurz nach Spuren,<br />

er konnte jedoch im Schotter keine verräterischen Zeichen ent<strong>de</strong>cken. Also ritten<br />

sie vorsichtig weiter.<br />

Auf <strong>de</strong>m Saumpfad wechselten glatte Passagen aus nacktem Fels mit<br />

Schotterstrecken. Einzelne Randbefestigungen zeigten an, daß diese Verbindung<br />

über <strong>de</strong>n Gebirgskamm <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Regierung nicht gleichgültig war, ja sie<br />

einzelne Maßnahmen zur Instandhaltung <strong>de</strong>sselben finanzierte. Am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Weges plätscherte <strong>de</strong>r kleine Bach, aus ihm hatten sich die Wegbauer offensichtlich<br />

mit Schotter bedient. Wie sonst hätten sie <strong>de</strong>n Kies und die Steine hierherschaffen<br />

können. An einigen Stellen war <strong>de</strong>r Bach befestigt, scheinbar war hier das Ufer<br />

schon häufiger abgerutscht. Ozirk schnaubte über die scheinbar schlechte<br />

Steinarbeit, obwohl <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren nichts Negatives aufgefallen war. Summs<br />

tuschelte mit Leros, daß Zwerge, auch wenn sie Schmied seien, wohl immer über<br />

nicht zwergische Steinarbeiten lästern wür<strong>de</strong>n, das käme daher, daß in <strong>de</strong>n Köpfen<br />

<strong>de</strong>r Zwerge ebenfalls nur Steine und Kies wären, und sie <strong>de</strong>shalb nur wenig an<strong>de</strong>re<br />

Interessen hätten. Ozirk hatte diese lästerliche Re<strong>de</strong> nicht mitbekommen, sonst<br />

hätte es sicher wie<strong>de</strong>r Streit unter <strong>de</strong>n Humanoi<strong>de</strong>n gegeben.<br />

Am späten Morgen machten sie eine erste Rast um sich einem zweiten Frühstück<br />

<strong>Band</strong> IV.18


hinzugeben. Es gab marinierte Ziege, Lammkoteletts und viele an<strong>de</strong>re leckere<br />

Sachen, die die Wirtin und ihre Köchin für die Hel<strong>de</strong>n vorbereitet hatten. Dazu hatte<br />

<strong>de</strong>r Wirt einen Beutel kräftigen Rotweins gelegt, <strong>de</strong>n die Abenteurer jetzt mit<br />

frischem, klaren Gebirgswasser vermischten. Doch anstatt eine richtige Ruhepause<br />

einzulegen schreckte Leros alle auf: „Kelen, nicht bewegen!“ Die Zauberin, die sich<br />

gera<strong>de</strong> lang machen wollte erstarrte zu Stein, die übrigen griffen nach ihren Waffen.<br />

„He, halt, keine Panik!“ Der Waldläufer selbst wirkte wenig beunruhigt. „Ich meine<br />

doch nur, du sitzt neben einer Spur von Lebewesen, einer Spur, die ich gerne<br />

untersuchen wür<strong>de</strong>.“ Alle schauten nun genauer auf die Zauberin, als sie erkannten,<br />

was Leros meinte mußten fast alle grinsen, nur Kelen selbst errötete etwas<br />

verschämt. Sie hatte sich neben einen Haufen Schafsköttel gesetzt und hätte sich<br />

um ein Haar hineingelegt. Leros suchte nun <strong>de</strong>n ganzen bemoosten Hügel ab, zu<br />

<strong>de</strong>ssen Füßen sie sich nie<strong>de</strong>rgelassen hatten. Anschließend meinte er: „Etwa<br />

zwanzig Schafe, ein Hund und ein Schäfer, am ehesten ein Mensch. Sie waren vor<br />

ungefähr einem Tag hier.“<br />

Nach <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Rast verbargen sie ihre Spuren so gut es ging und machten<br />

sich wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Weg, Leros vorneweg, falls sie auf weitere Spuren stoßen<br />

sollten. Ozirk machte die Nachhut und sicherte nach hinten. Kurze Zeit später<br />

erreichten sie die Baumzone, zuerst waren nur verkrüppelte Kiefern und Eichen zu<br />

sehen, später wur<strong>de</strong> es ein lichter Wald, durch <strong>de</strong>n sie ritten. Bei einer Lichtung<br />

stießen sie auf eine Schafher<strong>de</strong> von ungefähr zwanzig Schafen, sie wur<strong>de</strong>n von<br />

einem Hund angeknurrt und konnten mit <strong>de</strong>m menschlichen Schäfer ein Paar Worte<br />

wechseln. Auf die üblichen Fragen, wie es ihm gehe, was das Wetter mache und ob<br />

er Reiter gesehen hätte berichtete er über zwei Reiter, die er am Vortage gesehen<br />

habe. Einer davon ein Elf. Ob das Pferd schlecht beschlagen sei könne er nicht<br />

einschätzen, aber was er wisse ist, das die bei<strong>de</strong>n sehr unhöflich waren und ihn fast<br />

vom Weg geschubst hätten.<br />

Die Abenteurer bedankten sich für die Auskunft, wünschten ihm noch alles Gute<br />

und machten sich mit erhöhter Vorsicht auf <strong>de</strong>n weiteren Weg.<br />

Bei <strong>de</strong>r Mittagsrast lag die Gebirgsregion schon hinter ihnen und <strong>de</strong>r Blick in die<br />

Ferne wur<strong>de</strong> bereits von <strong>de</strong>m weiten Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Golfes von Lhorin bestimmt.<br />

Die Landschaft än<strong>de</strong>rte sich erneut. Der Wald verschwand an <strong>de</strong>n Berghängen, die<br />

Straße führte immer tiefer zwischen <strong>de</strong>n Hügeln und links und rechts <strong>de</strong>s Weges<br />

gab es vereinzelte Hütten und Gehöfte. Einen Bauer trafen sie noch, <strong>de</strong>r einen Korb<br />

mit einem groben Sack trug. Summs streifte ihn mitsamt seinem Korb scheinbar<br />

aus Unachtsamkeit. Als er dabei vom Esel fiel konnte er einen Blick hinein<br />

erhaschen. In <strong>de</strong>m Sack befand sich ein kräftiger Knüppel. Er entschuldigte sich<br />

wortreich für <strong>de</strong>n Zwischenfall, Igor verdrehte über soviel Ungeschicklichkeit die<br />

Augen.<br />

Doch Kelen verwickelte <strong>de</strong>n Bauern schnell in eine Gespräch. Er hatte keine Reiter<br />

gesehen, aber er war auch erst seit zwei Stun<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Straße. Die Stadt Katin<br />

sei mit so guten Reittieren wie sie die Abenteurer hätten nur noch eine starke<br />

Stun<strong>de</strong> weg, sie wür<strong>de</strong>n sie sicher vor Beginn <strong>de</strong>r Dämmerung erreichen, und das<br />

sei auch gut so, da sie sonst Schwierigkeiten mit <strong>de</strong>n Torwachen an <strong>de</strong>r<br />

Stadtmauer hätten.<br />

Um Katin also noch vor <strong>de</strong>r Abenddämmerung zu erreichen, beschleunigten sie <strong>de</strong>n<br />

Tritt ihrer Reittiere. Frisch wie<strong>de</strong>raufgebaute Bauernkaten und in Reih und Glied<br />

stehen<strong>de</strong> Baumstümpfe zeigten, daß auch hier die Woge <strong>de</strong>s Krieges ihr<br />

Zerstörungswerk verrichtete.<br />

<strong>Band</strong> IV.19


Junge, frisch gepflanzte Schößlinge zeigten aber an, daß die Menschen die<br />

Hoffnung auf Frie<strong>de</strong>n nicht aufgaben, auch wenn es noch Jahrzehnte dauern wür<strong>de</strong><br />

bis erneut die von Olivenbäumen be<strong>de</strong>ckten Hänge in <strong>de</strong>r sanften Meeresbrise ihr<br />

silbernes Flirren zeigen wür<strong>de</strong>n, für das Katin bisher so berühmt gewesen war.<br />

Die Querung eines Hügels vor <strong>de</strong>r endgültigen Annäherung an die Stadt erlaubte<br />

einen hervorragen<strong>de</strong>n Überblick.<br />

Der Weg führte am Reltiran entlang bis zu einem Stadttor das auf einem Erdwall<br />

ganz in Holz erbaut war. Dieser Wall zog sich mit seinem Graben nach links eine<br />

Meile bis auf eine Anhöhe auf <strong>de</strong>r eine steinerner Wachturm mit Nebengebäu<strong>de</strong>n<br />

zu sehen war. Von dort eilte er direkt <strong>de</strong>n Hang hinab zum Golf. Hinter <strong>de</strong>m Wall<br />

war eine steinerne Mauer im Entstehen. Zwei vorgelagerte Inseln schufen einen<br />

natürlichen Hafen an <strong>de</strong>ssen Ufer zahlreiche Schiffe lagen. Auf <strong>de</strong>r einen Insel war<br />

<strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong> und <strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Strand gezogenen Galeeren nach zu schließen eine<br />

Marinebasis. Rechts <strong>de</strong>s Reltiran, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Stadt von einer Brücke gequert wur<strong>de</strong><br />

führte eine hohe steinerne Mauer etwa fünfhun<strong>de</strong>rt Schritt nach Sü<strong>de</strong>n bis zum<br />

herzoglichen Palastes und von dort nach Osten bis an die Küste, Ein starker<br />

Torturm markierte hier die aus Sü<strong>de</strong>n von Murgos ankommen<strong>de</strong> Straße.<br />

Vorgelagert war auf einer Höhe über <strong>de</strong>r Straße ein weiterer Wachturm. Die<br />

Wohnbebauung war in einzelnen engbebauten Quartieren organisiert, die<br />

untereinan<strong>de</strong>r einen weiten Abstand hielten. Nur in <strong>de</strong>r nördlichen Stadt und am<br />

Hafen gab es Wohnbebauung wie sie <strong>de</strong>n sechs Kamera<strong>de</strong>n aus an<strong>de</strong>ren Städten<br />

vertraut war.<br />

<strong>Band</strong> IV.20


Katin<br />

So kamen sie kurz nach <strong>de</strong>m abendlichen Schließen <strong>de</strong>r Tore am Flußtor an. Ein<br />

noch vor <strong>de</strong>m Tor stehen<strong>de</strong>r unfreundlicher Wächter fragte sie nach ihrem Namen<br />

und Begehr. Sodann verglich er die genannten Namen mit einer ihm vorliegen<strong>de</strong>n<br />

Liste, als er endlich bei <strong>de</strong>m „geheimnisvollen mächtigen Magier auf Pilgerreise“<br />

angekommen war, Igor überlegte schon ob Magie dies beschleunigen konnte, da<br />

klopfte er an das Tor hinter ihm und rief laut, „Öffnet das Tor die geheimen<br />

Überraschungsgäste für das Fest <strong>de</strong>r Herzogin sind angekommen.“<br />

Verwun<strong>de</strong>rt rieten sie durch <strong>de</strong>n hölzernen Torbau und ließen sich von einem <strong>de</strong>r<br />

Wächter <strong>de</strong>n Weg zum herzoglichen Palast erklären.<br />

Das Leben in <strong>de</strong>r Stadt zog sich wohl schon in die eigenen Wän<strong>de</strong> zurück, war<br />

doch wenig los auf <strong>de</strong>n breiten Straßen, die die einzelnen Quartiere trennten.<br />

Der Palast erschien von <strong>de</strong>r Stadtseite als massiver Qua<strong>de</strong>r bald sechs Mann hoch<br />

und mehr als fünfzig Doppelschritte lang. Ein zwölf Schritt breiter Graben trennte<br />

ihn von <strong>de</strong>r steinernen Stadtmauer und von <strong>de</strong>r Stadt. Beim Näherkommen stellten<br />

sie die Anzeichen einer langen Baugeschichte an <strong>de</strong>r ihnen zugewandten Wand<br />

fest. Die rechte Hälfte bestand aus zwei hohen Geschossen die linke aus <strong>de</strong>ren<br />

drei, aber niedrigere, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Zinnenkranz an <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong>oberkante lief durch,<br />

zwischen <strong>de</strong>n Zinnen glitzerte es hier und da metallisch. Lediglich links ragten<br />

kräftige Türme noch wohl zwei Geschosse höher. Der linke Eckturm schien <strong>de</strong>r<br />

älteste Teil <strong>de</strong>s Gebäu<strong>de</strong>s zu sein, <strong>de</strong>ssen Fassa<strong>de</strong>n von hoch angesetzten<br />

auskragen<strong>de</strong>n und neu aussehen<strong>de</strong>n Rundtürmen an <strong>de</strong>n Ecken bestrichen wer<strong>de</strong>n<br />

konnte. Der Eingang war durch die über <strong>de</strong>n wassergefüllten Graben führen<strong>de</strong><br />

Brücke <strong>de</strong>utlich gekennzeichnet.<br />

Ein wehrhafter Erker über <strong>de</strong>m stabilen Holztor ließ sie an kochen<strong>de</strong>s Wasser<br />

<strong>de</strong>nken, als ein davor stehen<strong>de</strong>r Wächter sie wie<strong>de</strong>rum nach Namen und Begehr<br />

fragte.<br />

Auch er war mit einer Liste ausgestattet und schickte dann, nach<strong>de</strong>m auch er<br />

endlich bei <strong>de</strong>m geheimnisvollen mächtigen Magier auf Pilgerreise angekommen<br />

war, nach Michel von Lind, <strong>de</strong>r die inzwischen abgestiegenen Reisen<strong>de</strong>n ins Innere<br />

<strong>de</strong>r Feste geleitete.<br />

Durch einen wohl dreizehn Schritt langen Durchgang, <strong>de</strong>r geheimnisvolle mächtige<br />

Magier auf Pilgerreise brauchte etwas mehr Humpler, vorn und hinten gesichert mit<br />

stabilem zweiflügligen Tor flankiert von Schießscharten und mit drohen<strong>de</strong>n<br />

Deckenöffnungen über ihnen, gelangten sie in <strong>de</strong>n Reiterhof.<br />

„...ist benannt nach <strong>de</strong>n links von ihnen befindlichen alten Stallungen, die neuen<br />

habt ihr ja vielleicht schon vor <strong>de</strong>m Palast auf <strong>de</strong>r rechten Seite bemerkt, und <strong>de</strong>r<br />

bronzenen Reiterstatue Remak <strong>de</strong>s Jüngeren zu Pferd. Dem Bauherrn <strong>de</strong>s<br />

Herzoghof genannten zweiten Hofes. Hier rechts durch diesen Durchgang,“<br />

erläuterte Michel von Lind.<br />

Zwei Pfer<strong>de</strong>knechte eilten herbei und nahmen <strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n die Zügel ab. Schnell<br />

griffen sie noch nach ihren Bün<strong>de</strong>ln, da ging es schon weiter.<br />

„Hier im ersten Hof ist die herzogliche Wache untergebracht, vor uns seht ihr <strong>de</strong>n<br />

Wachsaal dort könnt ihr noch ein Abendbrot bekommen. Es gibt da immer warme<br />

Küche, da ja auch Wächter rund um die Uhr im Dienst sind. Rechts und links <strong>de</strong>r<br />

Durchgänge sind die Wachstuben für die, die in Bereitschaft sind. Die<br />

Wohnquartiere sind in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Obergeschossen. Ach, wir gehen jetzt hier<br />

rechts, diese Spin<strong>de</strong>ltreppe hoch, Moment, hier im Erdgeschoss rechts durch diese<br />

Tür ist das heymliche Gemach, so es euch zwackt.<br />

Ja, die Treppe ist etwas eng, ist sie doch min<strong>de</strong>stens aus <strong>de</strong>r Zeit Remak <strong>de</strong>s<br />

<strong>Band</strong> IV.21


Älteren, aber ihr hättet euren Spieß auch durchaus unten vor <strong>de</strong>r Tür lassen<br />

können. So hier durch diese Tür kommen wir jetzt in <strong>de</strong>n ersten Anbau, dies ist <strong>de</strong>r<br />

Südliche Gästeflügel und gehört schon zum Herzoghof. Vorsicht Stufe.<br />

Dies hier ist Ferera, sie wird sich um euer Wohl kümmern und zeigt euch jetzt die<br />

Zimmer. Bis später, wir sehen uns im Wachsaal.“<br />

Die Dienerin zeigte ihnen die ersten bei<strong>de</strong>n Zimmer links vom Flur, die über eine<br />

Verbindungstür zu einan<strong>de</strong>r verfügten. Die Betten waren frisch bereitet, Handtücher<br />

Wasserkrug, Seife und Waschschüssel stan<strong>de</strong>n in je<strong>de</strong>m Raum bereit Aus <strong>de</strong>n<br />

Fenstern hatte man einen schönen Blick auf <strong>de</strong>n zweiten Hof an <strong>de</strong>ssen rechter<br />

Stirnseite mehrere Stufen zu <strong>de</strong>n verglasten Türen in <strong>de</strong>n Thronsaal führten. Der<br />

wie Ferera stolz erklärte <strong>de</strong>r größte künstlich in Stein gewölbte Raum <strong>de</strong>s<br />

westlichen Innenmeeres war.<br />

Kelen und Akara beschlossen einstimmig, daß es die Etikette erfor<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n<br />

zweiten Raum für die Frauen <strong>de</strong>r Gruppe zu reservieren.<br />

Es kamen wenig Einwän<strong>de</strong>, da alle in Gedanken beim Aben<strong>de</strong>ssen waren, nur Igor<br />

dachte bei sich, ob nicht Bastar<strong>de</strong> auch ein Anrecht auf einen Raum frei von<br />

Zwergenschnarchen haben sollten. Aber er wußte ja, die Welt, sie ist nicht gerecht,<br />

aber Hauptsache sie ist.<br />

Im Wachsaal trafen sie Helferich von Katin, <strong>de</strong>n Hauptmann <strong>de</strong>r Wache und<br />

erstatteten ihm Bericht über die Fährnisse die sie zu erdul<strong>de</strong>n gehabt hatten und<br />

<strong>de</strong>n Personen nach <strong>de</strong>nen sie auf <strong>de</strong>r Suche waren.<br />

Wegen <strong>de</strong>r Belohnung für die bei<strong>de</strong>n Köpfe die sie vom Krähenpaß her mit sich<br />

führten verwies er sie an die Stadtwache.<br />

Igor versuchte, zu seiner Überraschung vergeblich, <strong>de</strong>n Hauptmann als Freund zu<br />

gewinnen. Dieser suchte im Gegenteil mißtrauisch das Dunkel unter <strong>de</strong>s Bastards<br />

Kapuze mit seinem scharfen Blick zu durchdringen, so daß <strong>de</strong>r Bastard sich hinter<br />

Leros zurückzog.<br />

Beim Aben<strong>de</strong>ssen, ein schmackhafter und gehaltvoller Eintopf mit<br />

frischgebackenen duften<strong>de</strong>m dunklem Brot, erklärt ihnen Michel von Lind, daß sie<br />

<strong>de</strong>n morgigen Vormittag zur freien Verfügung haben wür<strong>de</strong>n, aber bitte nach <strong>de</strong>m<br />

Mittagessen sich im Nebensaal <strong>de</strong>s Tronsaals einfin<strong>de</strong>n sollten, um eine Einführung<br />

ins Zeremoniell und in die Tänze <strong>de</strong>s Hofes zu erhalten. Am Abend wäre dann die<br />

angekündigte Audienz.<br />

Diese Ankündigung löste unterschiedliche Reaktionen aus. Igor verkroch sich tief in<br />

die Kapuze, ein Tanz, er. Ein Gedanke <strong>de</strong>r auch beim Zwerg verächtliches<br />

Schnauben ob dieses elfischen Sittenverfalls auslöste. Leros war eher peinlich<br />

berührt, <strong>de</strong>nn Tanzen war nicht seine Stärke, aber er wür<strong>de</strong> schon gern mit Akara<br />

im Arm über die Tanzfläche schweben.<br />

Kelen war verlegen, hatte sie doch seit Beginn ihrer Lehrzeit bei Saramaucar<br />

keinen Tanz mehr besucht und diese Magierrobe war doch wohl etwas unpraktisch,<br />

aber sie hatte ja sonst nichts anzuziehen. Akara hatte hingegen Be<strong>de</strong>nken, ob das<br />

Kleid aus elfischem Linnen nicht im Schnitt doch etwas zu einfach war, und Schuhe,<br />

hoffentlich reicht es Morgen noch passen<strong>de</strong> Schuhe besorgen, sie seufzte tief.<br />

Summs hingegen strahlte über alle Backen. Tanzen. Ja. Das war seine Welt, war er<br />

doch zweimal hintereinan<strong>de</strong>r Tanzchampion gewor<strong>de</strong>n und beim dritten Mal da war<br />

er nur durch Betrug zu stoppen gewesen. Der Cousin Heglas war dummerweise im<br />

Preisgericht und es war ja klar wie <strong>de</strong>r stimmen wür<strong>de</strong>, hatte er doch schon mal mit<br />

seiner Schwester... aber das war eine an<strong>de</strong>re Geschichte. Schuhe, ja Schuhe, in<br />

diesen Stiefeln kann doch niemand tanzen. Die Herzogin, ja er wür<strong>de</strong> die Herzogin<br />

auffor<strong>de</strong>rn, als Ehrengast konnte sie ihm das ja schlecht abschlagen und dann war<br />

er gut im Rennen bei allen Mä<strong>de</strong>ls im Saal, ha, gut.<br />

<strong>Band</strong> IV.22


Da verdunkelte eine Gestalt die offene Tür.<br />

Ein Mann kam herein, groß, nein mehr als das, mehr wie wenn man Ozirk auf<br />

Menschengröße aufblasen wür<strong>de</strong>. Massig, aber mit fließen<strong>de</strong>n schnellen<br />

Bewegungen, die <strong>de</strong>n geübten Kämpfer verrieten unter <strong>de</strong>r nackten Haut seines<br />

bloßen Oberkörpers waren die Muskel zwar nicht zu sehen aber förmlich zu spüren.<br />

Ein breiter Gürtel, beschlagen mit run<strong>de</strong>n getrieben Metallplatten, hielt nicht nur die<br />

weiten Pumphosen oben zusammen son<strong>de</strong>rn auch einen großen Krummsäbel an<br />

seiner Hüfte. Einen Säbel <strong>de</strong>r länger war als Ozirk hoch. Sein aufmerksamer Blick<br />

schweifte durch <strong>de</strong>n Saal blieb kurz an <strong>de</strong>m im Hintergrund an seinem Tisch<br />

sitzen<strong>de</strong>n Hauptmann <strong>de</strong>r Wache hängen und untersuchte dann im Vorbeigehen<br />

die Gruppe <strong>de</strong>r Gefährten. Beim Gehen spannte sich <strong>de</strong>r Sei<strong>de</strong>nstoff seiner Hosen<br />

abwechselnd rechts und links über seinem Knackarsch.<br />

Igor sah die Weibchen sich ansehen und Kichern, Kelen errötete. Akara leckte sich<br />

die Lippen und ging ebenfalls zur Küchentheke, Nachschlag holen wie sie meinte.<br />

„Wer ist das“, fragte Igor <strong>de</strong>n Kämmerer.<br />

„Fasom, <strong>de</strong>r Eunuch, Leibwächter <strong>de</strong>r Herzogin.“<br />

Summs grinste.<br />

An <strong>de</strong>r Theke hörte man Akara lachen, dann kamen bei<strong>de</strong> her und Akara stellte vor,<br />

„Das ist <strong>de</strong>r Leibwächter <strong>de</strong>r Herzogin, Fasom..“, „<strong>de</strong>r Eununch“, platzte Summs<br />

heraus, und blickte dann verlegen zu Bo<strong>de</strong>n. Ein betretenes Schweigen stand<br />

plötzlich zwischen allen. Dann lachte Fasom, brach das Eis und begann auf<br />

Nachfragen von Summs und Akara von seiner Heimat weit im Osten, seiner<br />

Jugend, seiner Ausbildung zu erzählen.<br />

Er zeigte <strong>de</strong>m interessierten Zwerg <strong>de</strong>n einhändigen Rundhieb aufwärts mit seiner<br />

Waffe und <strong>de</strong>r Kämmerer <strong>de</strong>utete an, daß <strong>de</strong>r Eunuch ferner ungeschlagener<br />

Meister im Faustkampf sei, eine Tatsache die Igor bei diesen Tof<strong>de</strong>ckel von<br />

Han<strong>de</strong>n auch durchaus logisch vorkam.<br />

Irgendwie gerieten sie dann wie zufällig auf das vielfältige Gebiet körperlicher<br />

Beziehungen, ein Gebiet <strong>de</strong>m Igor auch reichliches aka<strong>de</strong>mische Interesse<br />

entgegenbrachte, bestimmte dies doch weitgehend das gesellschafliche Verhalten<br />

in humanoi<strong>de</strong>n Gruppen. Fasziniert erfuhr <strong>de</strong>r Bastard, daß auch Fasom hier we<strong>de</strong>r<br />

Erfahrung noch Begehren kannte, selbstverständlich waren ihm auch die<br />

physischen und psychischen Randbedingungen bekannt aber das wars dann auch.<br />

Kelen traute sich nicht am Gespräch teilzunehmen hatte sie doch das gefühl ihre<br />

Wangen wür<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>smal entflammen wenn <strong>de</strong>r Blick aus Fasom weichen und<br />

tiefen braunen Augen <strong>de</strong>n ihren traf. Akara hingegen begann ob <strong>de</strong>r Prahlerei <strong>de</strong>s<br />

Gnoms und Leros auf <strong>de</strong>r einen und <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mischen Überheblichkeit von Igor<br />

und Fason auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite die Ruhe zu verlieren.<br />

Schließlich stand sie auf, stand hinter <strong>de</strong>n Eunuch, nahm seinen bis auf einen<br />

langen Zopf glattrasierten Kopf in die Hän<strong>de</strong> und rief <strong>de</strong>n Segen ihrer Göttin herab.<br />

Überrascht schien sich <strong>de</strong>r Blick <strong>de</strong>s Eunuchen nach innen zu kehren. Leros<br />

flüsterte Summs etwas offensichtliches Anzügliches zu, <strong>de</strong>nn dieser lachte und<br />

Kelen senkte verschämt <strong>de</strong>n Kopf. Akara schüttelte ihr wie elektrisiert sprühen<strong>de</strong>s<br />

Haar und meinte zu Michel von Lind, <strong>de</strong>r Tag sei nun doch lang gewesen, und sie<br />

ziehe sich nun zurück. Worauf Fasom <strong>de</strong>r eben wie<strong>de</strong>r aufschauen<strong>de</strong>n Kelen fest in<br />

die Augen blickt und sie fragte ob sie schon nach ihren Maultieren geschaut hätte.<br />

Ihr Verneinen und sein sie an <strong>de</strong>r Hand nehmen und sein Geleit anbieten war fast<br />

wie eins. Beim Aufstehen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n bemerkten die Sitzengebliebenen, das da in<br />

diesen Pumphosen nun etwas mitschwang. Mit offenem Mund sahen die<br />

Zurückbleiben<strong>de</strong>n wie die aussen warten<strong>de</strong> Akara sich auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite<br />

Fasoms einhakte und die Gruppe in Richtung Spin<strong>de</strong>ltreppe quer über <strong>de</strong>n Hof<br />

<strong>Band</strong> IV.23


steuert.<br />

Leros wollte aufstehen, doch <strong>de</strong>r Zwerg legte ihm die Hand schwer auf die Schulter,<br />

„Besser nicht.“<br />

Igor sah von seinem Platz aus noch, wie Akara, Kelen und Fasom <strong>de</strong>n Vortritt<br />

lassend, an letzterem mit kräftigem Griff die Spannkraft seiner Hinterbacken testete.<br />

Er gab diese Beobachtung nun <strong>de</strong>nn aber doch nicht an die an<strong>de</strong>ren weiter.<br />

So saßen <strong>de</strong>nn die an<strong>de</strong>ren noch einige Zeit am Tisch, tranken ihr Bier bis <strong>de</strong>r<br />

Zwerg sich hochstemmte, und angab er müsse noch seine Rüstung für <strong>de</strong>n<br />

morgigen Tag richten. Der Kämmerer verabschie<strong>de</strong>te sich ebenfalls, während<br />

Summs sich auf <strong>de</strong>r Suche nach einem Nachtisch und vielleicht einem<br />

Schlummertrunk auf <strong>de</strong>n Weg in die Küche machte.<br />

Igor und Leros traten gemeinsam durch die breite Tür <strong>de</strong>s Wachlokals in <strong>de</strong>n Hof<br />

über <strong>de</strong>m sich inzwischen <strong>de</strong>r klare Nachthimmel spannte. Laternen rechts und<br />

links <strong>de</strong>r Durchgänge und <strong>de</strong>r Tür durch die sie eben geschritten waren,<br />

verbreiteten einen warmen Schein über die hellgrauen Natursteinwän<strong>de</strong>.<br />

Mit <strong>de</strong>n Worten, „Komm wir sehn uns noch ein bißchen um“, stieß Igor <strong>de</strong>m<br />

Waldläufer in die Rippen und die bei<strong>de</strong>n steuerten auf <strong>de</strong>n Durchgang in <strong>de</strong>n<br />

Herzoghof zu.<br />

In <strong>de</strong>m nur an <strong>de</strong>n En<strong>de</strong>n von einfallen<strong>de</strong>m Laternenlich erhellten Durchgang<br />

hallten Igors Humpel-Schlurfer unangenehm wie<strong>de</strong>r, während <strong>de</strong>s Leros Schritte<br />

kaum zu hören waren.<br />

Der Herzoghof war ebenfalls von Laternen erleuchtet, die durch ihr Schattenspiel<br />

die von Säulenvorlagen geglie<strong>de</strong>rte Fassa<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Thronsaals effektvoll belebten.<br />

Auf <strong>de</strong>ren vorgelagerten breite Stufen schlen<strong>de</strong>rten die bei<strong>de</strong>n nun zu. Von rechts<br />

oben erklang von einem Fensterla<strong>de</strong>n gedämpft das rythmische Stöhnen einer<br />

Frau, untermalt von <strong>de</strong>m hellen Quietschen eines hölzernen Bettgestells und <strong>de</strong>m<br />

dunklen Lachen einer zweiten Frauenstimme.<br />

Leros senkte <strong>de</strong>primiert <strong>de</strong>n Kopf, während sie auf <strong>de</strong>n breiten Stufen aus<br />

gol<strong>de</strong>nem Sandstein aus Rakhan Platz nahmen.<br />

So saßen sie eine ganze Zeitlang schweigend nebeneinan<strong>de</strong>r, konnte doch Igor<br />

kaum aus einem auch nur irgendwie gearteten Erfahrungsschatz in Herzensdingen<br />

schöpfen.<br />

So versuchte er durch <strong>de</strong>n Lichtschein <strong>de</strong>r Wandlaternen die Sternbil<strong>de</strong>r am<br />

Nachthimmel zu erkennen.<br />

Da bewegte sich hinter ihnen leise <strong>de</strong>r Türriegel und die Türe vor <strong>de</strong>r sie saßen<br />

öffnete sich, bei<strong>de</strong> drehten ihre Köpfe und sahen eine schlanke Frau mittleren<br />

Alters in schlichtem Gewand, das lange dunkle schon mit einzelnen grauen<br />

Strähnen durchsetzte Haar hinten mit einem bunten <strong>Band</strong> zusammengefaßt. Sie<br />

schloß die Tür sorgfältig hinter sich und begrüßte die neugierigen Gefährten in<strong>de</strong>m<br />

sie sich als Rhaia vorstellte. Schnell waren sie auseinan<strong>de</strong>rgerutscht und sie setzte<br />

sich wie selbstverständlich zwischen die bei<strong>de</strong>n, die sich nun ebenfalls vorstellten<br />

und über ihre gezielten Nachfragen etwas erstaunt waren, es konnte wohl hier im<br />

Palast o<strong>de</strong>r gar in <strong>de</strong>r ganzen Stadt kaum etwas vertraulich bleiben. Aber dies<br />

hatten sie als geheime Überraschungsgäste ja schon am Stadttor erlebt, eine<br />

Geschichte über die sie alle herzlich lachten als Leros sie zum Besten gab. Er<br />

zeigte sich fasziniert von ihren mit braunen Sprenkeln durchsetzten blauen Augen<br />

und <strong>de</strong>n Lachfältchen um die Augen die nur von <strong>de</strong>m beim Lachen und Schmunzeln<br />

auftreten<strong>de</strong>n Grübchen am Kinn noch übertroffen wur<strong>de</strong>. Als er ihr sagte wie sehr er<br />

die Herzogin ob ihrer attraktiven Dienerin bewun<strong>de</strong>rte, löste dies ein weitere<br />

Lächeln und ein beschei<strong>de</strong>nes Abwehren aus.<br />

Igor beobachtete die bei<strong>de</strong>n interessiert von <strong>de</strong>r Seite, wie schnell doch die<br />

<strong>Band</strong> IV.24


menschlichen Männchen sich von einem auf das an<strong>de</strong>re Weibchen einstellen<br />

konnten. Dies hier war eher schlank und sportlich schmal gebaut, die Zitzen waren<br />

dazu passend kleiner als die Akaras, ihre Spitzen zeichneten sich aber unter<br />

seinem seitlichen Blick vorteilhaft unter <strong>de</strong>m dünnen Kleid ab. Etwa auch elfisches<br />

Linnen? So sicher war er sich nicht. Ihre Beine und Arme waren von häufigem<br />

Aufenthalt im Freien gleichmäßig gebräunt, und von reichlicher Bewegung auch gut<br />

trainiert. Ihre Hän<strong>de</strong> und Finger sahen allerdings sehr gepflegt aus, we<strong>de</strong>r Risse<br />

noch Schrun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r eingerissene Fingernägel, einige ältere schon verheilte<br />

Narben be<strong>de</strong>ckten die Unterarme.<br />

Nun hatte er in Gedanken einen Teil <strong>de</strong>r Unterhaltung verpaßt, was ihm peinlich<br />

war, da alle ihn ansahen und eine Antwort auf eine Frage erwarteten die er nicht<br />

gehört hatte. Leros fragte, wohl nochmals, ob er <strong>de</strong>n nun mitkomme, erleichtert<br />

nickte er. Und schloß sich <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n humpelnd an.<br />

Die bei<strong>de</strong>n eilten fast voraus, so kam es <strong>de</strong>m Bastard zumin<strong>de</strong>st vor. Mühelos hielt<br />

sie mit <strong>de</strong>m Waldläufer Schritt. Was bei ihm kraftvolles Auftreten war, war bei ihr<br />

eher als leichtfüßiges Ausschreiten zu beschreiben. Igor konnte, als er das<br />

Bewegungsspiel ihres Rückens so beobachtete, schon nachvollziehen, daß die<br />

anmutige Bewegung bei <strong>de</strong>r Menschenweibchen für ihre Männchen ein wichtiger<br />

Bewertungsfaktor darstellt.<br />

Sie führte die Gruppe durch einen schmaleren Durchgang auf <strong>de</strong>r rechten Seite und<br />

öffnete an seinem En<strong>de</strong> vorsichtig eine hohe Tür, warf einen Blick hindurch und<br />

winkte dann <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n ihr zu folgen.<br />

Sie stan<strong>de</strong>n in einem weiteren Hof, <strong>de</strong>m Gartenhof wie sie erklärte. Rechts war <strong>de</strong>r<br />

Gartensaal und darüber dort wo noch Licht brannte waren die Privatgemächer <strong>de</strong>r<br />

Herzogin. Ja, sie arbeitet oft bis in die Nacht.<br />

Das jenseitige En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Hofes war durch eine zinnengekrönte Umfassungsmauer<br />

in Höhe <strong>de</strong>r Gebäu<strong>de</strong> begrenzt. Am Fuß waren Türen eingelassen, Abstellräume<br />

wie sie erklärte.<br />

Zur Mitte <strong>de</strong>r linken Seite führte eine breite Freitreppe zu einem kleineren Gebäu<strong>de</strong><br />

aus Holz und weißem Putz das mittig auf einer die ganze Seite entlang laufen<strong>de</strong>n<br />

Mauer saß. Hinter <strong>de</strong>r Mauer waren Bäume zu sehen. Büsche und blühen<strong>de</strong><br />

Rankgewächse hingen von ihr herunter in <strong>de</strong>n Hof. Auf <strong>de</strong>m Weg zur Treppe, <strong>de</strong>n<br />

sie ganz an <strong>de</strong>r Wand entlang nahmen, kamen sie an mehreren Statuen von<br />

Vorgängern <strong>de</strong>r jetzigen Herzogin vorbei, zu <strong>de</strong>nen sie jeweils fachkundigen und<br />

scharfen Kommentar abgab.<br />

Sie stiegen die Treppe hinauf und Rhaia schob vorsichtig eine <strong>de</strong>r Türen auf. Sie<br />

folgten ihr und waren in einem Raum <strong>de</strong>r sechs Schritt breit war und mit seinen acht<br />

Schritt über die ganze Gebäu<strong>de</strong>tiefe ging. Gegenüber konnten sie bereits durch<br />

eine offene Schiebetüre in einen von verstecktem Licht beleuchteten Garten<br />

schauen. Sie querten <strong>de</strong>n Raum über <strong>de</strong>n hellen fast weißen Holzfußbo<strong>de</strong>n und<br />

setzten sich vor die Schiebetüre auf eine breite überdachte Holzveranda. Vor ihnen<br />

zeigte sich ein überraschen<strong>de</strong>s Landschaftspanorama. Zwei weiße kiesbe<strong>de</strong>ckte<br />

Wege führten durch einen Garten <strong>de</strong>r so groß war wie <strong>de</strong>r erste Hof mit seinen<br />

umgeben<strong>de</strong>n Gebäu<strong>de</strong>n. Die begrenzen<strong>de</strong> Mauer war nur zu erahnen, war sie doch<br />

geschickt durch das im hinteren Bereich ansteigend Gelän<strong>de</strong> und die sich<br />

verdichten<strong>de</strong> Bepflanzung ver<strong>de</strong>ckt, vielleicht war ja auch mit Rankpflanzen noch<br />

nachgeholfen wor<strong>de</strong>n.<br />

Ein vielfältig geglie<strong>de</strong>rter Teich spiegelte die vom Licht <strong>de</strong>r drei wohlversteckten<br />

Laternen herausgehobenen Bäume. Zwei Holzbrücken führten die Wege über<br />

schmale Stellen <strong>de</strong>s Teiches. Linker Hand plätscherte ein kleiner Bach aus <strong>de</strong>r<br />

höheren Ecke <strong>de</strong>s Gartens in Richtung Teich und hohe Gräser wiegten sich sanft<br />

<strong>Band</strong> IV.25


aschelnd im von <strong>de</strong>n Bergen auf die See hinaus streben<strong>de</strong>n Wind.<br />

Sprachlos saßen die zwei Besucher auf <strong>de</strong>m Holzbo<strong>de</strong>n, und spürten die Ruhe und<br />

Sammlung die von diesem Ort ausging.<br />

Dies sei <strong>de</strong>r Beitrag <strong>de</strong>r Herzogin zu diesem Palast erklärte Rhaia. Und freute sich<br />

als bei<strong>de</strong> ihrer Bewun<strong>de</strong>rung Ausdruck verliehen. Sie erzählte, daß Wagenladungen<br />

mit Pflanzen von <strong>de</strong>n hier tätigen elfischen Künstlern aus Lindor herangekarrt<br />

wur<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Bach über ein von <strong>de</strong>r Windmühle auf <strong>de</strong>m Turm gefülltes Bassin<br />

auf <strong>de</strong>m Dach gespeist wird.<br />

Dann erzählte Leros noch einige ihrer Abenteuer, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Beginn mit <strong>de</strong>m<br />

weißen Volk unter <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> fand sie faszinierend und zitierte Teile aus <strong>de</strong>n<br />

“Dreizehn Schiffen von Regios“, die so merkwürdig wie<strong>de</strong>r Realität wur<strong>de</strong>n.<br />

Zürnend Gott erschüttert Felsen Feste<br />

Glut gleißt rot in Spalten tief<br />

Frevel, Kertos Werk es rief<br />

Speiend Asche färbt Weg und Bau in grau.<br />

Flüchtend Mensch in Grotten groß<br />

Furcht füllt eisig Herzen ganz<br />

Lo<strong>de</strong>rnd Lohe lädt zum Tanz<br />

Zitternd Aug erkennt <strong>de</strong>r Felsen Fall<br />

Igor bemerkte während sein Blick sich im Garten verloren hatte eine Kraft in ihrer<br />

Stimme die auf Ausbildung hin<strong>de</strong>utete und stellte fest das auch ihre in<br />

schmalriemigen Sandalen gefaßten Füße sehr gepflegt waren.<br />

So verpaßte er <strong>de</strong>n Beginn von Leros Erläuterung zu <strong>de</strong>m Ring <strong>de</strong>r Macht und ihre<br />

Erlebnisse damit. Als nun bei<strong>de</strong> ihn anblickten versuchte er vergeblich Ausflüchte<br />

zu erfin<strong>de</strong>n und erzählte schließlich vom Ring aus seiner Sicht. Und wie er ihn<br />

verloren hatte. Seine Geschichte ließ einiges aus und er hoffte nur, daß Leros nicht<br />

allzuviel meinte ergänzen zu müssen.<br />

Aber das Gespräch wandte sich <strong>de</strong>m Thema zu, wer wohl alles ein Interesse am<br />

Ring haben könnte. Das tiefe Wissen, das aus <strong>de</strong>n Äußerungen Rhaias aufblitzte<br />

verfestigte <strong>de</strong>n Verdacht <strong>de</strong>s Bastards, <strong>de</strong>n dieser schon länger hegte. Rhaia war<br />

niemand an<strong>de</strong>rs als die Herzogin Rhianon selbst.<br />

Als er dies versteckt an<strong>de</strong>utete lächelte sie ihm verschwörerisch zu.<br />

Und zitierte <strong>de</strong>n hochelfischen Dichter G´Ershik:<br />

We are actors, as I foretold you,<br />

Were all spirits, and are melted into air.<br />

Into thin air.<br />

We are such stuff, as dreams are ma<strong>de</strong> of,<br />

And our little life is roun<strong>de</strong>d,<br />

With a sleep.<br />

Und Schlaf war es, zu <strong>de</strong>m sie nun die bei<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Gartenhof geleitete.<br />

Auf Leros Frage, <strong>de</strong>r Igors versteckte An<strong>de</strong>utung nicht bemerkt o<strong>de</strong>r nicht<br />

verstan<strong>de</strong>n hatte, ob sie <strong>de</strong>n morgen Abend auch bei <strong>de</strong>m Empfang anwesend sei,<br />

antwortete sie mit einem verschmitzten Lächeln um die Augen, das schon, aber gut<br />

versteckt, er müßte sich schon anstrengen sie zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Wie <strong>de</strong>r Bastard ihm nun seine Ent<strong>de</strong>ckung mitteilte, konnte er dies nicht glauben<br />

<strong>Band</strong> IV.26


und es entspann sich ein längeres Streitgespräch ob dieser Vermutung.<br />

Nach<strong>de</strong>m sich bei<strong>de</strong> im heymlichen Gemach am Fuß <strong>de</strong>r Spin<strong>de</strong>ltreppe noch<br />

erleichtert hatten, gingen sie hoch, Igor in <strong>de</strong>r Hoffnung, daß Fasom nicht jetzt<br />

Leros begegnete.<br />

Aber sie erreichten ihr Zimmer ohne Zwischenfall, und fan<strong>de</strong>n darin <strong>de</strong>n Zwerg<br />

nach Schmie<strong>de</strong>nrauch riechend und leise vor sich hin schnarchend.<br />

Auf <strong>de</strong>m Bett neben <strong>de</strong>m Fenster saß Summs und nähte im Schein einer Laterne<br />

die Knöpfe seiner Weste neu an, neben ihm auf <strong>de</strong>m Bett eine fast ganz leer<br />

gegessene Küchenplatte auf <strong>de</strong>r noch einige wenige verstreute Käsestücke und<br />

Stücke kalten Bratens lagen. Ein Krug Wein stand auf <strong>de</strong>m Schemel unter <strong>de</strong>m<br />

Fenster und als er die bei<strong>de</strong>n eintreten sah, hob er grüßend seinen Becher und<br />

schlürfte ihn genußvoll leer.<br />

„Ich glaube Ferera mag mich“, hob er an zu erzählen und klopfte stolz auf seinen<br />

Bauch. Die bei<strong>de</strong>n setzten sich auf das Bett gegenüber, und gaben ihr Erlebniss<br />

zum Besten und danach gab ihnen <strong>de</strong>r Gnom ausführlich Auskunft bezüglich Akara,<br />

Kelen und Fasom, ob sie es nun wissen wollten o<strong>de</strong>r nicht.<br />

„Also lei<strong>de</strong>r war ich ja zunächst in <strong>de</strong>r Küche und kam sicher erst eine gute Stun<strong>de</strong><br />

später hier hoch, mit <strong>de</strong>r Küche muß man sich ja gut stellen, da darf man nichts<br />

übereilen und ich kann euch sagen morgen gibt es ein Buffet, wow, also zum<br />

Beispiel dieser marinierte Schwertfisch o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bergkäse aus Rak-han, und dann<br />

<strong>de</strong>r Wein.“ Er schnalzte genießerisch mit <strong>de</strong>r Zunge und goß sich noch einen<br />

Schluck Wein ein.<br />

„Was ist nun mit Akara“, wollte <strong>de</strong>r Waldläufer wissen.<br />

„Nun, als ich hier eintraf waren sie nebenan noch voll zu Gange, ich nahm alle drei<br />

Stimmen wahr, aber es war schon Akara die <strong>de</strong>n Ton angab, sie gab <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren oft Anweisungen, die die dann wie am Gestöhne zu erkennen war, äußerst<br />

bereitwillig und freudig ausführten.<br />

Also dieser Fasom ist beinahe so ausdauernd wie mancher Gnom <strong>de</strong>n ich kenne.<br />

Und die haben Sachen ausprobiert bei <strong>de</strong>nen sogar ich rot wür<strong>de</strong>.“<br />

Leros gab sich entsetzt ob <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>utung, das <strong>de</strong>r Gnom etwa heimlich zugeschaut<br />

haben könnte, hätte aber doch gerne noch mehr über diese entsetzlichen Sachen<br />

erfahren, aber Summs war recht zugeknöpft, zierte sich und murmelte etwas von<br />

„Privatsphäre“ und „Vertraulichkeit“.<br />

Er ließ nur soviel raus, daß Kelen sich irgendwann erschöpft zurückzog, während<br />

die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren noch bis kurz vor <strong>de</strong>r Ankunft <strong>de</strong>s Zwerges sich lustig weiter<br />

vergnügten.<br />

Fasom war übrigends recht wacklig auf <strong>de</strong>n Beinen als er das Nachbarzimmer<br />

verließ, ja je<strong>de</strong>s Gnomkind hätte ihn umwerfen können, merkte er süffisant an.<br />

Während seiner Erzählung hatte Igor die Platte leergeputzt während Leros <strong>de</strong>n<br />

Krug Wein austrank.<br />

Gestärkt und beinahe voll informiert begaben sich nun auch diese drei zur Ruhe.<br />

<strong>Band</strong> IV.27


Der Tag <strong>de</strong>s Festes<br />

Der Morgen begann mit Ferera die frisches Wasser und Handtücher brachte.<br />

Gespannt erwarteten sie die Türöffnung zum Nachbarzimmer. Schließlich öffnete<br />

eine noch reichlich verwuschelte Akara, sie wußte ja was die vier zu sehen<br />

erwarteten, im knappen Hemd die Verbindungstüre, räkelte sich <strong>de</strong>monstrativ und<br />

entblößte so die heftigen Knutschflecken am oberen En<strong>de</strong> ihrer wohlgeformten<br />

Beine.<br />

„Habt ihr noch frische Handtücher“, fragte sie mit unschuldiger Stimme.<br />

„Na klar“, entgegnete <strong>de</strong>r Gnom großzügig und als Mann von Welt und sprang mit<br />

<strong>de</strong>m frischen Stapel zu ihr. „Ah, ihr riecht heute aufregend gut nach freier Wildbahn,<br />

Gnädigste.“<br />

Akara lachte und meinte, daß ihr Vormittag wohl in einem Bad in <strong>de</strong>r Stadt<br />

stattfin<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, und Kelen wür<strong>de</strong> wohl auch mit kommen. Diese hielt sich aber<br />

verschämt außer Sicht.<br />

Beim kräftigen Frühstück tauschten sie ihre jeweiligen Morgenprogramme aus.<br />

Ozirk plante im verrufensten Viertel <strong>de</strong>r Stadt die einzige Zwergenkneipe<br />

aufzusuchen neugierig gewor<strong>de</strong>n schlossen sich Igor und Leros an, wohingegen die<br />

Mä<strong>de</strong>ls vor <strong>de</strong>m Einkaufen gerne das beste Bad aufsuchen wür<strong>de</strong>n. Alle hatten vor<br />

sich unauffällig nach <strong>de</strong>n von ihnen Gesuchten zu erkundigen.<br />

Niemand fragte Summs, was <strong>de</strong>nn seine Wünsche seien so beschloß er <strong>de</strong>n Korb<br />

mit <strong>de</strong>n Köpfen bei <strong>de</strong>r Stadtwache vorbeizubringen und die auf Kufur ausgesetzte<br />

Belohnung zu kassieren.<br />

So ließen es sich die einen <strong>de</strong>nn im warmen Wasser wohl sein und die an<strong>de</strong>ren<br />

machten sich auf in Richtung Hafen, <strong>de</strong>r Gnom hingegen fand sich auf <strong>de</strong>r Wache<br />

wie<strong>de</strong>r.<br />

Dort traf er <strong>de</strong>n diensthaben<strong>de</strong>n Sergeant <strong>de</strong>r Wache an, <strong>de</strong>r sich sofort bereit<br />

erklärte ihm zuzuhören und unter eifrigem Fe<strong>de</strong>rkiel anspitzen und Tintespritzen<br />

begann ein Protokoll aufzunehmen. Summs erläuterte erst unter vielen<br />

Zwischenfragen die Erlebnisse im Gasthof am Krähenpaß und nannte verschie<strong>de</strong>ne<br />

Zeugen wie Michel von Lind. Dann versuchte er ihm <strong>de</strong>utlich zu machen, daß er<br />

ihm nun erstens nicht <strong>de</strong>n Korb son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>sselben verkaufen wolle, nein,<br />

auch nicht direkt verkaufen, mehr eintauschen. Weil dieser von ihm also <strong>de</strong>m<br />

Sergeant, nein eher von <strong>de</strong>r Stadt, respective <strong>de</strong>r Herzogin gesucht wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>.<br />

Als kurz gesagt, <strong>de</strong>r Hauptmann Helferich hätte ihn hergeschickt die ausgesetzte<br />

Belohnung abzuholen.<br />

Der Sergeant i<strong>de</strong>ntifizierte <strong>de</strong>n Kopf anhand einer kleinen Zeichnung und holte aus<br />

einer schweren Truhe ein Säckchen mit Münzen und zählte zehn grosse Zehnerauri<br />

auf <strong>de</strong>n Tresen. Für die Elfin könne er lei<strong>de</strong>r nichts geben, da sie nicht gesucht<br />

wür<strong>de</strong>, aber ihr Kopf wür<strong>de</strong> ebenfalls aufgesteckt und vielleicht wür<strong>de</strong> sich ja<br />

jemand mel<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r sie kennt. Und jetzt hätte er noch eine Frage warum wur<strong>de</strong><br />

bei<strong>de</strong>n Köpfen das Gehirn ausgesaugt, und von wem. Summs schüttelte sich und<br />

täuschte Unwissenheit vor, nahm sich aber vor mit Igor ein ernstes Wort zu<br />

wechseln.<br />

Zufrie<strong>de</strong>n ging er weiter um <strong>de</strong>m abendlichen Fest gemäße Schuhe einzukaufen,<br />

solche mit hohen Sohlen und passend zu <strong>de</strong>n silbernen Schnallen die er bereits in<br />

Tika erstan<strong>de</strong>n hatte.<br />

Igor hingegen humpelte mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren zu Hafen, <strong>de</strong>m größten und<br />

umtriebigsten <strong>de</strong>n er bisher zu Gesicht bekommen hatte.<br />

<strong>Band</strong> IV.28


Der allmorgendliche Fischmarkt ging gera<strong>de</strong> schon <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> entgegen. Daneben<br />

wur<strong>de</strong> an einem <strong>de</strong>r ins Hafenbecken reichen<strong>de</strong>n Stege ein großer dreimastiger<br />

Han<strong>de</strong>lsfahrer aus Thyr entla<strong>de</strong>n.<br />

Eine Kogge verließ soeben schwer bela<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Hafen. Was sie gela<strong>de</strong>n haben<br />

könnte zeigte <strong>de</strong>r Karren, <strong>de</strong>r von zwei Lehrlingen unter Aufsicht ihres Meisters zum<br />

Anlegesteg gezogen wur<strong>de</strong>. Kisten mit Töpferwaren in <strong>de</strong>r bekannten schwarzroten<br />

Glasur und mit <strong>de</strong>m traditionellen Streifenmuster Rauricarias wie sie im<br />

ganzen Innenmeer anzutreffen waren.<br />

Weiter nördlich im Hafenrund stan<strong>de</strong>n die langen Reihen <strong>de</strong>r Fischernetze vor <strong>de</strong>n<br />

Booten am hellen flachen Strand und ihre Besitzer waren eifrig mit Ausbessern<br />

beschäftigt.<br />

Die Häuser waren schon reichlich schäbig gewor<strong>de</strong>n, da sahen sie an einem eine<br />

Krücke hängen, dies war also „<strong>de</strong>r einbeinige Zwerg".<br />

Innen waren die in Kneipen mit solcher Lage üblichen verdächtigen, zwielichtigen<br />

und heruntergekommenen Gestalten zu sehen. Unüblich nur <strong>de</strong>r äußerst hohe<br />

Zwergenanteil die einen Großteil <strong>de</strong>s Lokals in Beschlag nahmen und ihre lustigen<br />

Lie<strong>de</strong>r grölten.<br />

Die Neuankömmlinge überbrückten die peinliche Stille die bei ihrem Eintreten<br />

entstan<strong>de</strong>n war durch forsches an die Theke treten und lautes Zwergenschnaps<br />

bestellen, doppelten natürlich.<br />

Auf ein kurzes „Hau weg <strong>de</strong>n Dreck“ kippten sie ihn hinunter, räusperten sich und<br />

verlangten äußerst professionell eine neue Run<strong>de</strong>, da mußte Igor hörbar<br />

Schlicksen. Peinlich.<br />

Hinten kicherte ein Zwerg. An<strong>de</strong>re murmelten empört.<br />

Ozirk straffte sich und begann schon nach seinem Streihammer zu tasten, da<br />

suchte Leros mit seiner ganzen weltmännischen Erfahrung die Aufmerksamkeit an<br />

sich zu reißen, beugte sich zum Wirt und fragte: „Sagt an, habt ihr zur eurem<br />

hervorragen<strong>de</strong>n Getränk auch lecker gegrillten Fisch zu Essen.“ Man hätte eine<br />

Steckna<strong>de</strong>l fallen hören können. Und Igor erinnerte sich nun wie<strong>de</strong>r an die<br />

Erzählung Michel von Linds, daß <strong>de</strong>r Wirt sein Bein an einen Hai verloren haben<br />

soll, was die Erwähnung von Fisch ungefähr so erfolgreich machte wie Witze über<br />

Bärtige.<br />

Selbiger begann bereits rot anzulaufen und hinter ihnen klirrten bedrohlich die<br />

Kettenhem<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r sie beobachten<strong>de</strong>n Zwerge.<br />

Leros versuchte es mit einem, „na das ist doch hier ne Hafenkneipe, o<strong>de</strong>r,“ zu<br />

überspielen was ihm aber nicht gelang, ja die Luft eher noch verdickte.<br />

„Anstatt dich hier aufzupumpen solltest du aus unseren Bechern lieber die Luft<br />

rauslassen, und zwar hurtig, sonst gibt es hier ein paar Krüppel mehr“, fuhr <strong>de</strong>r<br />

ungeduldige Ozirk <strong>de</strong>n Wirt an. Krüppel, ja, das war das an<strong>de</strong>re Wort, das wie Igor<br />

noch wußte, besser nicht in dieser Kneipe fallen sollte.<br />

Ein Blick zur Seite zeigte ihm, daß etliche <strong>de</strong>r zwergischen Gäste sich bereits von<br />

ihren Bänken erhoben hatten, mancher bereits mit einer gefährlich glitzern<strong>de</strong>n Axt<br />

in <strong>de</strong>r Hand.<br />

Laut in die gefährliche Stille hinein seufzend zog <strong>de</strong>r Bastard nun die<br />

Aufmersamkeit auf sich und begann mit wohlmodulierten Worten auf <strong>de</strong>n Wirt<br />

einzuwirken. Die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n waren schnell vergessen als er von <strong>de</strong>n Gefahren<br />

weiter Wan<strong>de</strong>rungen sprach, von wil<strong>de</strong>n Gebirgen, reißen<strong>de</strong>n Strömen, lauern<strong>de</strong>n<br />

Orks, frem<strong>de</strong>n Städten und Einsamkeit. Aber als er dann von Stellen sprach an<br />

<strong>de</strong>nen auch <strong>de</strong>r Reisen<strong>de</strong> unter Gleichgesinnten mutige und aufrechte Kamera<strong>de</strong>n<br />

ja Freun<strong>de</strong> treffen kann und wohl behütet rasten kann, da spürten alle ein Gefühl<br />

<strong>de</strong>r Verbun<strong>de</strong>nheit, ja <strong>de</strong>r Rührung ob so viel Einfühlsvermögen und <strong>de</strong>r Wirt meinte<br />

<strong>Band</strong> IV.29


unter Tränen, „ja ihr seid schon recht, nur <strong>de</strong>r Mensch, aber gut ,er gehört zu euch,<br />

kommt setzt euch“.<br />

Er führte sie an <strong>de</strong>n ersten Tisch <strong>de</strong>ssen Zwerge etwas zusammen rutschten um<br />

<strong>de</strong>n Ankömmlingen Platz zumachen, einer in glänzen<strong>de</strong>m Kettenpanzer <strong>de</strong>r eben<br />

seine Streitaxt wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Tisch legte, begann sofort Ozirk nach Herkunft und<br />

Beruf auszufragen.<br />

Nach<strong>de</strong>m seine Neugier<strong>de</strong> befriedigt war. Wollte auch Ozirk wissen mit wem er es<br />

zu tun hatte. Nun sein Name sei Tarik Eisenfresser Großcousin Zorcs <strong>de</strong>s Wirtes<br />

hier antwortete er ausschweifend. Auf die Frage nach <strong>de</strong>m Beruf war zunächst nur<br />

ein Exkurs über wirtschaftliche Nischen zu erhalten, dann auf stärkeres Nachfragen<br />

erfuhren sie das sein Beruf etwas mit <strong>de</strong>r Bekleidungsindustrie zu tun hatte. Erst auf<br />

Ozirks <strong>de</strong>utliches Insistieren kam die leise Auskunft er sei Spitzenklöppler. Aber<br />

einer <strong>de</strong>r Besten.<br />

Leros sah auf die martialische Ausstaffierung <strong>de</strong>s Tarik Eisenfresser und dann auf<br />

Ozirks Gesichtsausdruck und mußte sich schon kräftig auf die Lippe beißen um<br />

nicht loszuprusten.<br />

Nach einer kleinen Schamfrist machten sich <strong>de</strong>nn auch Leros und Igor auf <strong>de</strong>n Weg<br />

um noch auf <strong>de</strong>m Markt Informationen zu beschaffen. Igor spürte auch, daß drei,<br />

o<strong>de</strong>r vier, doppelte Zwergenschnäpse mehr als genug waren.<br />

Ozirk verhockte etwas, wie dies in Zwergenkreise genannt wird, und hätte beinahe<br />

die Zeit zum Aufbruch versäumt. Eilig unter vielem Schulterklopfen machte er sich<br />

schließlich auf <strong>de</strong>n Weg zurück zur Tanzstun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Palast.<br />

Sein Kopf schummerte schon etwas als die frische Seeluft ihn traf, aber Zwerge<br />

haben ja einen niedrigeren Schwerpunkt als Menschen und fallen bekanntlich<br />

<strong>de</strong>shalb nicht so leicht um.<br />

Nach <strong>de</strong>r Brücke sah er in einer Seitengasse vier großgewachsene stabil gebaute<br />

Männer zwei kleinere am Bo<strong>de</strong>n liegend verprügeln und auf sie eintreten. Sein<br />

angeborener Gerechtigkeitsinn und <strong>de</strong>r Zwergen ureigene Fairneßgedanke ging mit<br />

<strong>de</strong>m im Gehirn kreisen<strong>de</strong>n Zwergenschnaps eine innige Verbindung ein und mit<br />

<strong>de</strong>m lauten Ruf „Feiglinge“ stürzte er sich auf die vier Prügler. Zwei <strong>de</strong>r vier<br />

wen<strong>de</strong>ten sich sofort ihm zu und er sah sich in ein Gefecht mit erfahrenen<br />

durchtrainierten Kämpfern verwickelt, was sein Hirn schnell ernüchterte. Den ersten<br />

erwischte er schnell zweimal mit seinem Streithammer, was diesen mit trotz leichter<br />

Panzerung zerschmettertem Brustkorb zu Bo<strong>de</strong>n stürzen ließ. Der zweite fügte<br />

hingegen ihm eine Schnittverletzung über <strong>de</strong>n Augen zu, so daß das herabrinnen<strong>de</strong><br />

Blut ihn behin<strong>de</strong>rte und er im folgen<strong>de</strong>n Schlagabtausch keine so gute Figur<br />

machte. Doch schwer verwun<strong>de</strong>t wich <strong>de</strong>r Gegner zurück und floh mit seinen<br />

bei<strong>de</strong>n Kumpanen die schmale Gasse hinunter.<br />

Schwer atmend stütze er sich auf seinen Streitkolben, die ganze linke Schulter<br />

brannte wie Feuer und sein Kopf dröhnte noch immer wie ein Amboß. Er wollte <strong>de</strong>n<br />

bei<strong>de</strong>n Verprügelten aufhelfen, da sah er wie die nicht auf ihn warteten, son<strong>de</strong>rn<br />

sich schnell davon machten. Ein Elf und ein Mensch, bei<strong>de</strong> unauffällig zwielichtig.<br />

Er stöhnte vor geistigem Schmerz auf und sah sich <strong>de</strong>n am Bo<strong>de</strong>n Liegen<strong>de</strong>n an.<br />

Er lag in einer großen Lache Blut, die Nase im Staub <strong>de</strong>r Gasse. In seinem Genick<br />

war <strong>de</strong>utlich das eintätowierte Siegel <strong>de</strong>s Makors zu erkennen.<br />

„Verfluchte Elfenscheiße, da bin ich in was reingetreten,“ murmelte er und wollte<br />

eben wie<strong>de</strong>r auf die Straße zurück, da sah er zwei Seeleute herankommen die <strong>de</strong>n<br />

Kämpfern von eben verdammt ähnlich sahen, er zuckte zurück und warf einen Blick<br />

in die an<strong>de</strong>re Richtung, Auch von dort nahten zwei Seeleute ganz offensichtich<br />

unter <strong>de</strong>m Kommando eines dritten besser geklei<strong>de</strong>ten stehend.<br />

<strong>Band</strong> IV.30


Er hastete zurück und drückte sich in einen <strong>de</strong>r vielen tiefen Hauseingänge von<br />

<strong>de</strong>nen immer mehrere Türen abgingen. Von dort konnte er sehen wie die<br />

Ankömmlinge unter <strong>de</strong>m fachkundigen Kommando <strong>de</strong>s besser geklei<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n<br />

Toten in eine großes Stück Segeltuch einschlugen die Kampf- und Blutspuren<br />

verwischten und ruhig davongingen.<br />

Er wartete nur noch kurz und eilte dann zum Palast.<br />

Dort platzte er in eine Tanzstun<strong>de</strong>, wie sie Michel von Lind wohl noch nicht erlebt<br />

hatte. Summs war mit Begeisterung dabei und hatte wirklich keine Schwierigkeiten<br />

die am Hofe üblichen Tänze zu meistern. Leros gab sich wohl Mühe, hatte aber<br />

<strong>de</strong>utlich Mühe unter ihm und seiner Partnerin noch Platz für <strong>de</strong>ren Füße zu lassen.<br />

Kelen trat immer wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Saum ihrer Robe, o<strong>de</strong>r mit ihren Stiefeln auf die<br />

Füße ihres Partners. Akara machte ihre Sache ganz gut nur wenn es darum ging<br />

sich vom Partner führen zu lassen gab es regelmäßig Probleme. Am Schlimmsten<br />

aber war es mit Igor, sein Humpel-Schlurf, Humpel-Schlurf ließ sich einfach in kein<br />

musikalisches Schema pressen.<br />

Und nun kam zu allem Überfluß noch ein blutüberströmter Zwerg hereingestolpert.<br />

Schnell waren die vormals Tanzen<strong>de</strong>n um <strong>de</strong>n Zwerg versammelt. Akara versorgte<br />

seine Wun<strong>de</strong>n während er seine Erlebnisse zu Besten gab.<br />

Es dauerte <strong>de</strong>n halben Nachmittag bis <strong>de</strong>r Unterricht weitergehen konnte. Neben<br />

Tanzen wur<strong>de</strong>n sie nun auch noch über die korrekte Anre<strong>de</strong> vieler <strong>de</strong>r Ehrengäste<br />

aufgeklärt.<br />

Vor <strong>de</strong>m Palast wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Zwischenzeit Zelte und Bu<strong>de</strong>n aufgestellt, gab es<br />

doch für alle Stadtbewohner einen Anteil am Feiern.<br />

Fässer wur<strong>de</strong> hergerollt und Grillfeuer geschürt, Feuerschlucker und Jongleure<br />

fan<strong>de</strong>n sich ein.<br />

Bei einbrechen<strong>de</strong>r Dunkelheit erleuchteten Fackeln auf <strong>de</strong>n Zinnen die ganze<br />

Umgebung <strong>de</strong>s Palastes.<br />

Von ihrem Übungsraum aus hatten sie einen hervorragen<strong>de</strong>n Blick auf die nach und<br />

nach im Herzoghof eintreffen<strong>de</strong>n Gäste. Der Kämmerer hatte sie verlassen, aber<br />

Ferera zu ihnen geschickt, die ihnen erläuterte wer alles eingetroffen war.<br />

Da war die Ortsprominenz wie Marcos von Jarid mit seiner Gattin Helga <strong>de</strong>nen wohl<br />

je<strong>de</strong>s fünfte Haus in <strong>de</strong>r Stadt gehörte, er trug Marineuniform, da er auch Kapitän<br />

einer <strong>de</strong>r Kriegsgaleeren Katins war, ebenso wie Timo von Hefta <strong>de</strong>ssen Gattin<br />

Mirinda einen <strong>de</strong>r größten Landbesitze mit in die Ehe brachte, Sandor von Garan<br />

war wohl <strong>de</strong>r älteste <strong>de</strong>r Anwesen<strong>de</strong>n und wur<strong>de</strong> von seinem Sohn Rufus gestützt,<br />

auch <strong>de</strong>r, übrigens unverheiratet, in <strong>de</strong>r schicken Kapitänsuniform.<br />

Tionte war <strong>de</strong>r Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r mächtigen Handwerkergil<strong>de</strong>, seine Gattin Übiane<br />

übertraf alle im Thema Frisurgestaltung, aber alles falsch wie man so munkelt.<br />

Die Schil<strong>de</strong>rung plätschrte so weiter, Leros fiel noch Fina die Tochter Gilinas <strong>de</strong>r<br />

Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Webergil<strong>de</strong> ins Auge. Die an<strong>de</strong>ren merkten erst wie<strong>de</strong>r auf als<br />

Admiral Haman von Tika <strong>de</strong>r Befehlshaber <strong>de</strong>r Rauricarischen Marine mit Gattin<br />

Rachel von Lhor gemeinsam mit Admiral Eigand von Regios <strong>de</strong>m Bru<strong>de</strong>r König<br />

Berengars eintraf. Hatte letzterer doch seine Geliebte Kalfrina dabei, eine Elfin die<br />

sich mit selbstbewußter Noblesse bewegte.<br />

Aus Thyr war <strong>de</strong>r untersetzte Kolphos aus <strong>de</strong>m Hause Rolf anwesend mit Gattin<br />

Gunara und einem finster blicken<strong>de</strong>m Leibwächter namens Karas.<br />

Als Konkurrentin war seit zwei Wochen die leicht aber teuer geklei<strong>de</strong>te Carina von<br />

Limur in Katin eingetroffen, das Haus Limur versuchte bisher vergeblich die<br />

<strong>Band</strong> IV.31


lukrativen Kriegsgeschäfte an sich zu ziehen.<br />

Man sagt sie auf Bewährung hierher geschickt wor<strong>de</strong>n nach<strong>de</strong>m sie sich in Thyr<br />

stark daneben benommen hatte. Ihr Begleiter Rorik trug nicht nur die Gewandung<br />

eines Gladiators er soll auch ihr Geliebter sein, ein Skandal.<br />

Nun ertönte im Reiterhof eine Fanfare und eine Reihe von zehn fackeltragen<strong>de</strong>n<br />

Soldaten in <strong>de</strong>korativen Spangenpanzern betrat <strong>de</strong>n Hof und stellte sich in einer<br />

Reihe auf. Dann erschien seine Eminenz Nafis von Tarsinsir <strong>de</strong>r Botschafter von<br />

Saas-Kwaaq, ein wohlbeleibter und leutselig in die Run<strong>de</strong> nickend und lächeln<strong>de</strong>r<br />

Mann in weitem Schwarz, hinter <strong>de</strong>m mit aufmerksamen Blicken Comandante<br />

Fedor, <strong>de</strong>r Chef seiner Leibwache schritt.<br />

„Heilige Elfenscheiße“ stieß Ozirk aus, „<strong>de</strong>r war nach <strong>de</strong>m Überfall <strong>de</strong>r Anführer <strong>de</strong>s<br />

Reinigungskommandos.“ Betroffen sahen sich die Gefährten an, da erklang von<br />

innen ein Gong.<br />

Die im Hof Versammelten strömten die Stufen hinauf in <strong>de</strong>n Saal. Igor sah oben auf<br />

<strong>de</strong>m Dach Wachen die Position wechseln.<br />

Durch die Verbindungstür zum Thronsaal waren laute Stimmen zu hören, Re<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>n gehalten, es wur<strong>de</strong> applaudiert. Schließlich öffnete sich die Tür und die<br />

nervösen Kamera<strong>de</strong>n betraten <strong>de</strong>n wohlgefüllten Saal. Er war wohl zwanzig Schritt<br />

breit und fünfzig lang, die Höhe war schwierig zu schätzen, verlor sich das Licht<br />

trotz <strong>de</strong>r Reihen Leuchter an <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Höhe, aber er nahm sicher alle<br />

drei Geschosse ein. An seiner rechten Stirnseite war ein Mosaik eingelassen,<br />

welches das ganze Innenmeer mit seinen Län<strong>de</strong>rn, Städten und Gebirgen zeigte.<br />

Die Längsseite <strong>de</strong>n Eingängen gegenüber war durch Pfeilervorlagen geglie<strong>de</strong>rt wie<br />

die <strong>de</strong>r Türen gegenüber nur waren hier im unteren Bereich Wandteppiche mit<br />

Szenen <strong>de</strong>r rauricarischen Geschichte aufgehängt. Darüber war eine Reihe run<strong>de</strong>r<br />

Fenster. Igor erkannte auch Dachoberlichter über <strong>de</strong>s Raumes Mitte, ganz<br />

offensichtlich waren dort auch Wächter stationiert. Die linke Stirnseite war durch<br />

<strong>de</strong>n Thron <strong>de</strong>r Herzogin bestimmt auf <strong>de</strong>n sie sich nun zu bewegten, neugierig<br />

gemustert von <strong>de</strong>n wohl sicher zweihun<strong>de</strong>rt Gästen. Leros blickte sich aufmerksam<br />

um ob er Rhaia irgendwo ent<strong>de</strong>cken konnte.<br />

Beim Näherkommen sahen sie in <strong>de</strong>r nahe <strong>de</strong>m Thron stehen<strong>de</strong>n Gruppe aus<br />

Saas-Kwaaq Fedor etwas <strong>de</strong>m Botschafter ins Ohr flüstern und bei<strong>de</strong>r Blicke ruhten<br />

auf <strong>de</strong>m Zwerg, <strong>de</strong>ssen rechte Hand <strong>de</strong>n Knauf seines Streithammers umkrampfte.<br />

Rechts vom Thron stand Helfrich als Hauptmann <strong>de</strong>r Wache, links etwas<br />

zurückgesetzt <strong>de</strong>r Hofmagier Gresler Daregbos. Sie selbst stan<strong>de</strong>n in leichtem<br />

Bogen vor <strong>de</strong>m zweistufigen Po<strong>de</strong>st, auf <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Thron stand. Und nach kurzen<br />

einleiten<strong>de</strong>n Worten <strong>de</strong>s Hofkämmerers über Krieg, Kameradschaft, Einsatz <strong>de</strong>s<br />

Lebens und Belohnung ergriff die Herzogin selbst das Wort, bedankte sich bei all<br />

<strong>de</strong>nen die für ihre gerechte Sache Partei ergriffen haben und stellvertretend für alle<br />

die ihr Leben dafür einsetze wolle sie nun diese hier auszeichnen. So trat <strong>de</strong>nn ein<br />

Diener vor und hielt ihr ein Kästchen hin, aus <strong>de</strong>m sie für Kelen einen schön<br />

gearbeiteten silbernen Dolch entnahm, <strong>de</strong>r wie eingefangenes Mondlicht zu<br />

leuchten schien.<br />

Leros erhielt vier meisterlich gearbeitete und mit Magie belegte Pfeile, und als er sie<br />

entgegen nahm war auch ihm klar, daß die feierlich geklei<strong>de</strong>te und geschmückte<br />

Herzogin Rhianon und Rhaia ein und die gleich Person waren.<br />

Auch Akara erhielt einen Dolch <strong>de</strong>m beson<strong>de</strong>re Kräfte gegen Untote zugeschrieben<br />

wur<strong>de</strong>n. Ozirk erfreute sich eine wahrhaft ehrwürdige Streitaxt in Hän<strong>de</strong>n halten zu<br />

dürfen und Igor sah glücklich auf eine Spruchrolle, 25 Blatt feinstes Thyrsche<br />

Pergament und elfische Tusche aus Lindor.<br />

Sums schließlich trug stolz die prächtige silberne Kette mit <strong>de</strong>m großen Aquamarin<br />

<strong>Band</strong> IV.32


die hervorragend zu seinen Westenknöpfen und Schuhschnallen paßte.<br />

Ein großer Beifall erhob sich. Als dieser verklungen war, trugen Diener <strong>de</strong>s Kolphos<br />

von Thyr einen menschengroßen verhüllten Gegenstand herein. Kolphos selbst<br />

ergriff das Wort und erklärte dies als Geschenk für die Herzogin zum An<strong>de</strong>nken an<br />

<strong>de</strong>n Sieg über Marin. Er zog das Tuch herunter, und darunter kam eine<br />

hervorragend erhaltene Rüstung eines Kriegerpriesters <strong>de</strong>s Ares emaros zum<br />

Vorschein. Rot lackiert <strong>de</strong>r Lamellenpanzer zusammengehalten von weißen<br />

Bän<strong>de</strong>rn, rot <strong>de</strong>r Helm mit seinen Stierhörnern und rot <strong>de</strong>r Umhang mit <strong>de</strong>m<br />

Stierkopf auf <strong>de</strong>m Rücken.<br />

Ein anerkennen<strong>de</strong>s Murmeln erfüllte <strong>de</strong>n Raum nur Carina von Limur stieß<br />

zischend die Luft aus. Da hatte also die Konkurrenz wie<strong>de</strong>r gezeigt, wer hier wie<br />

punktet.<br />

Die Gefährten sahen sich an, war das nicht die Rüstung die sie Ra<strong>de</strong>gar von Thy<br />

verkauft hatten, wohl etwas zu preiswert wie sich jetzt herausstellte.<br />

Nach gesetzten Dankesworten begab sich die ganze Festgesellschaft in <strong>de</strong>n<br />

Gartenhof an <strong>de</strong>ssen Schmalseite das schon von vielen ersehnte buffet aufgebaut<br />

war. Im angrenzen<strong>de</strong>n Gartensaal begannen sechs Musiker Tanzweisen<br />

anzustimmen und tatsächlich schaffte Summs es sich seinen Herzenswunsch zu<br />

erfüllen. Er legte <strong>de</strong>n ersten Tanz mit <strong>de</strong>r Herzogin aufs Parkett. Wenn er aus<br />

Etikette auch kurz war, so nutzte er <strong>de</strong>n Prominenzvorteil doch in <strong>de</strong>r Folge noch<br />

weidlich aus.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re sein fünf Lie<strong>de</strong>r langes Tanzen mit Carina, bei <strong>de</strong>m er alle Register<br />

seines Könnens mit dieser gleichwertigen Partenerin zog, ließ ob <strong>de</strong>m engen<br />

Umschlingen bei einem <strong>de</strong>r zur Zeit so beliebten elfischen Liebestänze einige Gäste<br />

mißbilligend <strong>de</strong>n Kopf schütteln.<br />

Leros sah sich plötzlich von hinten angezischt, es war dieser Rorik <strong>de</strong>r Leibwächter<br />

Carinas, <strong>de</strong>r mit eifersüchtiger Miene ihm <strong>de</strong>utlich machte, sein kleiner Freund solle<br />

vorsichtig sein was die Lage seiner Hän<strong>de</strong> und seiner Nase anging.<br />

Stolz stand <strong>de</strong>r Zwerg die Hän<strong>de</strong> auf die Streitaxt gestützt am Ran<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Tanzfläche und beobachtete Akara, die wirklich keine schlechte Figur machte, und<br />

reichlich Auffor<strong>de</strong>rungen zum Tanzen erhielt.<br />

Auch Kelen wur<strong>de</strong> mehrmals über das Parkett geschoben und schaffte es ihr<br />

Stolpern in Grenzen zu halten. Leros hingegen war die Lust nach aufs Tanzen nach<br />

<strong>de</strong>m Gespräch mit Rorik vergangen, er wandte sich erfolgreich <strong>de</strong>m Buffet zu und<br />

fand die Schil<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Gnoms nicht übertrieben.<br />

Igor hatte sich ebenfalls einige Häppchen genommen, lei<strong>de</strong>r fast alles vom<br />

Herdfeuer <strong>de</strong>r Küche verdorbenes Fleisch, und stand nun in einer Ecke <strong>de</strong>s Hofes<br />

die große Schar <strong>de</strong>r essen<strong>de</strong>n, trinken<strong>de</strong>n und scherzen<strong>de</strong>n Gäste überblickend.<br />

Da ertönte von hinten ein leises Räuspern, und eine leise Stimme sprach ihn mit<br />

leicht spöttischem Unterton an. „So, ihr seid also <strong>de</strong>r geheimnisvolle, mächtige<br />

Zauberer auf Pilgerreise.“ Igor drehte sich um und sah <strong>de</strong>n weißhaarigen<br />

Hofzauberer Gresler Daregbos in die Augen. „Ihr solltet <strong>de</strong>m Ring auf <strong>de</strong>n Fersen<br />

bleiben, <strong>de</strong>nn solch mächt´ge Magie sollte nicht in die Hän<strong>de</strong> ehrgeiziger Fürsten<br />

fallen. Nur wir Eingeweihte wissen, vielleicht, damit umzugehen, und ihr wart<br />

dasjenige, welches ihn am längsten getragen habt.“<br />

Er klopfte Igor mit seiner runzligen Hand kräftig auf die Schulter und verabschie<strong>de</strong>te<br />

sich mit <strong>de</strong>n Worten, „Ihr macht das schon, bald kommt mein Auftritt, ich geh schon<br />

mal aufs Dach. Wir sehn uns morgen.“<br />

In einer Tanzpause trat an <strong>de</strong>n inzwischen reichlich rotbäckigen Gnom, <strong>de</strong>r sich mit<br />

einem Glas kühlen Weißwein erfrischte, Kolphos, <strong>de</strong>r Vertreter <strong>de</strong>r Familie Rolf.<br />

„Nun, habt ihr euch <strong>de</strong>n Preis nochmals durch <strong>de</strong>n Kopf gehen lassen?“ Es dauerte<br />

<strong>Band</strong> IV.33


einige Zeit bis Summs seine Gedanken vom Tanzen auf die Familie Rolf umgelenkt<br />

hatte. Aber natürlich, das Gespräch mit Ra<strong>de</strong>gar in Tika.<br />

Mit tiefbetrübter Miene zog er <strong>de</strong>n Kolphos etwas weiter ins Dunkel, weg von <strong>de</strong>n<br />

möglichen Lauschern, und flüsterte ihm zu: „Ich hatte die restliche Gruppe bereits<br />

von <strong>de</strong>m Verkauf <strong>de</strong>s besprochenen Gegenstan<strong>de</strong>s überzeugt, da wur<strong>de</strong> er uns auf<br />

<strong>de</strong>m Weg hierher entwen<strong>de</strong>t. Aber wir sind <strong>de</strong>m Dieb hart auf <strong>de</strong>n Fersen vielleicht<br />

ist er o<strong>de</strong>r sein Auftraggeber sogar hier und wenn unsere Absprache noch gilt so<br />

komme ich bald wie<strong>de</strong>r auf euch zu.“<br />

Er schaute sich verstohlen um, „wir sollten uns jetzt trennen bevor wir zu sehr<br />

auffallen, <strong>de</strong>r Botschafter hat soeben zu uns herüber geschaut. Wartet kurz, damit<br />

wir nicht zusammen wie<strong>de</strong>r im Hellen auftauchen.“<br />

Interessiert beobachtete Ozirk das Wie<strong>de</strong>rauftauchen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n, da wur<strong>de</strong> seine<br />

Aufmerksamkeit von <strong>de</strong>m an ihn herantreten<strong>de</strong>n Fedor abgelenkt.<br />

„Ihr seid ein wackerer Kämfper und eurer Rasse wahrhaft würdig. Aber erkennt<br />

wann <strong>de</strong>r Einsatz zu hoch wird, sonst könntet ihr alles verlieren, insbeson<strong>de</strong>rs eure<br />

Freun<strong>de</strong>.“ Und Ozirk folgte seinem Blick über die Tanzfläche zu Akara die sich<br />

angeregt mit einem jungen Marineoffizier unterhielt.<br />

Igor war an die Mitte <strong>de</strong>r großen Freitreppe getreten und beobachtete interessiert<br />

die im Dunkeln kaum zu erahnen<strong>de</strong>n Bewegungen auf <strong>de</strong>m Dach. Da marschierten<br />

die Musiker aus <strong>de</strong>m Saal in <strong>de</strong>n Hof und zogen die Gäste hinter sich her.<br />

Im Hof angekommen spielten sie einen Tusch und auf einen Schlag löschten die<br />

Diener die Laternen und Fackeln im Hof. Nach einem kurzen Murmeln trat<br />

erwartungsvolle Stille ein. Da war hinter <strong>de</strong>n nun schwarzen Zinnen auf <strong>de</strong>m Dach<br />

<strong>de</strong>r Privatgemächer ein rotes Glühen zusehen, das sich immer mehr verstärkte, es<br />

hob sich oben auf die Zinnen und lief dann von Zinne zu Zinne springend rechts<br />

und links um <strong>de</strong>n Innenhof bis es die zwei <strong>de</strong>n Betrachtern zugewandten Türme <strong>de</strong>s<br />

Reiterhofs erreichte. Es rannte die Kante <strong>de</strong>r Türme hoch, än<strong>de</strong>rte dabei seine<br />

Farbe über orange in gelb und dann in grün. Von <strong>de</strong>n Turmen<strong>de</strong>n stiegen sodann<br />

Fontänen von Lichtschauern in <strong>de</strong>n schwarzen Nachthimmel. Und dies war nur <strong>de</strong>r<br />

Anfang. Zu <strong>de</strong>n Klängen <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r einsetzen<strong>de</strong>n Musik erhellten immer neue<br />

Lichtkompositionen die Gesichter <strong>de</strong>r faszinierten Zuschauer.<br />

Igor versuchte sich vorzustellen, wie dies alles wohl von Gresler Daregbos<br />

erschaffen wur<strong>de</strong>, aber es ging weit über seinen Erfahrungshorizont. So beschloß<br />

es ihn am Morgen unbedingt aufzusuchen.<br />

Mit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Feuerwerks war auch das Festen<strong>de</strong> gekommen, im Lichte <strong>de</strong>r<br />

wie<strong>de</strong>r entzün<strong>de</strong>ten Laternen begannen sich die Gäste von <strong>de</strong>r Herzogin zu<br />

verabschie<strong>de</strong>n um sich außen vor <strong>de</strong>m Palast unter die gewöhnlichen Bürger zu<br />

mischen. Denn dort war das Volksfest noch voll in Gange. Auch die sechs<br />

Gefährten beschlossen noch einmal durch die quirlige Menge zu schlen<strong>de</strong>rn.<br />

Am Zwergenschnapsstand trafen sie, wie könnte es auch an<strong>de</strong>rs sein, Tarik<br />

Eisenfresser und <strong>de</strong>r einbeinige Zorc hatte seinen Platz an <strong>de</strong>r Kneipentheke mit<br />

diesem Stand vertauscht. „In <strong>de</strong>r Kneipe wär eh nix los“, meinte er achselzuckend<br />

und lud die Gruppe auf eine Run<strong>de</strong> ein. „Na dann gieß mal sechs Becher voll“<br />

entgegnete <strong>de</strong>r Zwerg, Akara schaute sich um, wo waren <strong>de</strong>nn Igor und Leros, ach<br />

am Gürtelstand, aber mit wem re<strong>de</strong>ten sie da. Eine schlanke Frau mit langen,<br />

hinten gefaßten Haaren stand da mit <strong>de</strong>m Rücken zu ihr. Ach, und über <strong>de</strong>n Stand<br />

erhaschte sie einen Blick auf Fasom <strong>de</strong>r offensichtlich auch die Gruppe an diesem<br />

Stand beobachtet. Leros und Igor waren wie fixiert auf diese Frau, etwas ärgerlich<br />

<strong>Band</strong> IV.34


trat Akara auf die drei zu und wollte eben mit einer spitzen Bemerkung in dieses<br />

Gespräch platzen, da trat Igor aufmerksam einen Schritt zurück und meinte mit <strong>de</strong>r<br />

Hand zu <strong>de</strong>r verblüfften Jüngerin Aphrodites zeigend, „Rhianon, darf ich euch Akara<br />

vorstellen.“ Akara sah sich Aug und Aug mit <strong>de</strong>r Herzogin und murmelte etwas von,<br />

„Zwergenschnaps, Zorc gibt ne Rund Zwergenschnaps aus.“<br />

Als sie ihre Fassung wie<strong>de</strong>rgewonnen hatte, war sie von <strong>de</strong>r Herzogin schon zu<br />

Zorcs Stand geführt wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r sich beeilte, auch seiner Herzogin einen Becher<br />

einzuschenken.<br />

Es war ja kein Geheimnis, daß sie es liebte, sich ab und an unters Volk zu mischen<br />

und dabei keine große Aufmerksamkeit verlangte, nur eben die, die die Höflichkeit<br />

einer Frau gebietet. Dies wur<strong>de</strong> ihr im Allgemeinen auch von Ortsfrem<strong>de</strong>n gewährt,<br />

dafür trugen schon anwesen<strong>de</strong> Bürger aus Katin o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r im Hintergrund wachen<strong>de</strong><br />

Fasom Sorge.<br />

So schlen<strong>de</strong>rte die Gruppe noch etwas über <strong>de</strong>n Markt, versuchte sich <strong>de</strong>n eh<br />

schon vollen Magen noch etwas mit klebrigem Süßkram zu ver<strong>de</strong>rben.<br />

Als sie wie<strong>de</strong>r am zwergenumlagerten Schnapsstand ankamen verabschie<strong>de</strong>te sich<br />

die Herzogin und auch unsre Abenteurer wankten nach einem letzten Ablieger<br />

erschöpft in Richtung Bett.<br />

<strong>Band</strong> IV.35


Ermittlungen<br />

Der Morgen sah die Gefährten in zwei Gruppen auf Erkundigungen ausziehen.<br />

Igor und Kelen beschlossen <strong>de</strong>m Hofmagier Daregbos Gresler einen Besuch<br />

abzustatten, <strong>de</strong>n wenn jemand etwas über die elfische Magierin vom Krähenpaß<br />

wissen konnte dann doch wohl er.<br />

Die an<strong>de</strong>rn machten sich auf <strong>de</strong>n Weg Informationen über diesen undankbaren<br />

Menschen und <strong>de</strong>n Elfen zu sammeln, die Ozirk unter Einsatz seines Lebens vor<br />

Fedors Männern gerettet hatte. Aber niemand konnte o<strong>de</strong>r wollte etwas wissen. So<br />

verwies sie die Stadtwache an <strong>de</strong>n elfischen Kunsthandwerker Firanze Loran<strong>de</strong>lon<br />

<strong>de</strong>ssen e<strong>de</strong>l ausgestatteter La<strong>de</strong>n allerdings kein Hinweis auf zwielichtige<br />

Geschäfte zuließ, aber immerhin erhielten sie <strong>de</strong>n Tip, so sie etwas zweifelhafter<br />

Herkunft suchen wür<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n wollten doch bei Lafin <strong>de</strong>m Unschuldigen im<br />

Brückenviertel vorbeizuschauen.<br />

Eine an <strong>de</strong>r Hauswand angebrachte alte Galionsfigur führte sie leicht zu diesem<br />

La<strong>de</strong>n. Der wohlbeleibte Lafin kam auch, kaum das er die Türglocke vernahm, aus<br />

<strong>de</strong>m Nachbarraum zu ihnen geeilt.<br />

Keiner <strong>de</strong>r Ringe, die er zum Verkauf bereithielt entsprach <strong>de</strong>n gestohlenen<br />

gol<strong>de</strong>nen Igors o<strong>de</strong>r gar <strong>de</strong>m Ring <strong>de</strong>r Macht. Und auf Akaras Fragen meinte er,<br />

<strong>de</strong>r Mensch sei ihm unbekannt, <strong>de</strong>n Elfen, ja an <strong>de</strong>n könne er sich erinnern.<br />

Nein er wisse nicht wo dieser wohne, aber - vielen Dank, wäre aber nicht nötig<br />

gewesen - sie könnten es ja im „Roten Drachen“ im Rilaras-Viertel versuchen, aber<br />

bitte nicht auf ihn berufen, er will nichts gesagt haben.<br />

Ach ja, <strong>de</strong>r Kopf dieser Elfin, <strong>de</strong>r ist ja schon Stadtgespräch, Nein er wisse nicht wie<br />

sie heißt, aber er meine sie schon hier als Kun<strong>de</strong> gehabt zu haben, im Auftrag <strong>de</strong>s<br />

Hofmagiers.<br />

Die vier schauten sich, an <strong>de</strong>r Zwerg schnaubte verächtlich das Wort „Magier“ aus,<br />

und sie machten sich auf ihre Freun<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n Klauen <strong>de</strong>s Magiers zu retten.<br />

Der Bastard war schnurstracks zum Wohnturm Daregbos Greslers gegangen, nun,<br />

Kelen war gegangen, er war gehumpel-schlurft.<br />

Den Turm und das große Nebengebäu<strong>de</strong> war ihnen schon bei <strong>de</strong>r Annäherung an<br />

Katin aufgefallen, stand er doch prominent auf <strong>de</strong>m Hügel nördlich <strong>de</strong>r bebauten<br />

Fläche und <strong>de</strong>r Wall machte hier einen Knick hin zum Meer.<br />

Zur Stadt hin umschloss ein hohe Mauer einen Innenhof. An das Tor darin klopften<br />

sie nun tapfer an. Nach kurzer Zeit öffnete ein behelmter Wächter im Kettenhemd<br />

die kleine Klappe in Kopfhöhe und musterte die Warten<strong>de</strong>n kritisch, auf Kelens Bitte<br />

sie doch zu Daregbos Gresler vorzulassen, bat er sie doch zu warten, schloß die<br />

Klappe und die zwei aufmersamen Lauscher hörten ihn einige Schritte zur Seite<br />

machen. Dann war wie<strong>de</strong>r Stille.<br />

Nach einiger Zeit öffnete er das Tor und bat die bei<strong>de</strong>n doch einzutreten, <strong>de</strong>r<br />

Meister wür<strong>de</strong> sie empfangen.<br />

Sie sahen im Innenhof auf <strong>de</strong>r rechten Seite einen Pfer<strong>de</strong>stall <strong>de</strong>r nicht über die<br />

Umfassungsmauer hinausragte, links ging eine hölzerne Treppe ein Geschoß hoch<br />

zum Eingang in das Nebengebäu<strong>de</strong>. Der Turm nahm die ganze hintere Stirnseite<br />

ein, ein Eingang konnte Igor nicht ent<strong>de</strong>cken, allerdings waren Nebengebäu<strong>de</strong> und<br />

Turm aneinan<strong>de</strong>rgebaut und so konnte <strong>de</strong>r Zugang ja über dieses erfolgen.<br />

Sie folgtem <strong>de</strong>m Wächter die Treppe empor und in einen großen Aufenthalts und<br />

Speisesaal, in <strong>de</strong>m drei an<strong>de</strong>re Bewaffnete ein spätes Frühstück einnahmen. Die<br />

drei dort aufgestellte Tische mögen Platz für wohl zwölf bis achtzehn Personen<br />

bieten, <strong>de</strong>r Saal hätte sicher auch <strong>de</strong>r doppelten Menge Raum geboten.<br />

<strong>Band</strong> IV.36


Auf <strong>de</strong>s Wächters Geheiß setzten sie sich an einen <strong>de</strong>r leeren Tische und eine<br />

Dienerin brachte frisches Weißbrot mit gealzener Butter und fragte ob sie gerne<br />

etwas zu trinken hätten. Igor gab sich mit Wasser zufrie<strong>de</strong>n, und versuchte aus <strong>de</strong>n<br />

Anwesen<strong>de</strong>n etwas über <strong>de</strong>n Hofmagier zu erfragen, aber alle gaben sich wortkarg<br />

und die Dienerin meinte nur, er wer<strong>de</strong> schon kommen und alle Fragen beantworten.<br />

So wandte sich auch Igor <strong>de</strong>m Weißbrot zu und drehte ein Stück nach<strong>de</strong>nklich in<br />

seinen Hän<strong>de</strong>n. Kelen schmeckte es mit <strong>de</strong>r Butter offensichtlich vorzüglich, Igor<br />

hingegen konnte die Umwege <strong>de</strong>r Menschen nicht so recht verstehen. Da wur<strong>de</strong>n<br />

Tiere gehalten, gefüttert, gemolken, die Milch im Butterfass zu Butter verdickt, diese<br />

dann gesalzen und auf Brot gestrichen, das wie<strong>de</strong>rum im Jahr zuvor auf von Tieren<br />

gepflügtem Feld als Saatgut ausgestreut wor<strong>de</strong>n war, ein halbes Jahr wur<strong>de</strong> um die<br />

Ernte gezittert, dann geerntet, gemahlen, zum Teig vermengt und schließlich<br />

gebacken. Wäre es da nicht viel einfacher direkt aus diesen Tieren schmackhafte<br />

Stücke herauszubeißen?<br />

So hing er <strong>de</strong>nn seinen Gedanken nach, als plötzlich eine wohltönen<strong>de</strong> Stimme<br />

hinter ihm einen Guten Appetit wünschte, und <strong>de</strong>r ihm ja wohlbekannte Hofmagier<br />

sich zu ihnen setzte.<br />

Noch während dieser sich zurechtsetzte warf <strong>de</strong>r Bastard seine Bezauberung über<br />

ihn.<br />

Der Magier räusperte sich blickte interessiert zu Igor hinüber und bat die bei<strong>de</strong>n,<br />

nun doch zu fragen, was sie auch immer auf <strong>de</strong>m Herzen hätten.<br />

Sie unterhielten sich über die Andalanen und die Magier dort, die er natürlich alle<br />

zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>m Namen nach kannte, auch Saramaucar war ihm kein Unbekannter<br />

und Kelens Einschätzung von Ehrgeiz und <strong>de</strong>m Wunsch nach Macht zerfressen sei<br />

konnte er nur seufzend beipflichten.<br />

Der Ring war natürlich das Hauptthema und <strong>de</strong>r Magier bat bei<strong>de</strong> noch einmal ihn<br />

nicht in die Händ ehrgeiziger A<strong>de</strong>liger fallen zu lassen. Denn so wünschenswert<br />

Hilfe für die Sache <strong>de</strong>r Herzogin auch sei, er glaube nicht, daß sie <strong>de</strong>r Versuchung<br />

<strong>de</strong>s Ringes wie<strong>de</strong>rstehen könne und dann sei es um die Herzogin geschehen, die<br />

wir alle kennen und schätzen. Er selbst könnte ihn zwar in Verwahrung nehmen,<br />

aber ob er <strong>de</strong>r Versuchung sicher sei, wer könne dies schon von sich behaupten.<br />

Die bei<strong>de</strong>n waren beeindruckt ob <strong>de</strong>r weisen Fürsorge und <strong>de</strong>r tiefen Einsicht die er<br />

so beschei<strong>de</strong>n verkörperte. Igor dachte bei sich, ja wenn doch alle Magier so sein<br />

könnten, es dachte mit Grausen an seine Kindheit zurück.<br />

Er benei<strong>de</strong>te sie nicht um ihre Aufgabe <strong>de</strong>m Ring nachzujagen, aber offensichtlich<br />

hatte das Schicksal ihnen diese Aufgabe zugedacht. Sie senkten betreten ihre<br />

Köpfe. Er hoffe das die Spruchrolle, die er Igor durch die Herzogin hat zukommen<br />

lassen bei <strong>de</strong>r weiteren Suche von Nutzen ist.<br />

Igor frug nach dieser Elfenmagierin die <strong>de</strong>n Überfall am Krähenpaß angeführt hatte.<br />

Des Magiers Miene fiel in sich zusammen, er sah sehr unglücklich aus, ja, er kenne<br />

sie wohl, war seine Antwort. Sie habe einige Zeit bei ihm studiert und er hatte große<br />

Hoffnungen in sie gesetzt, machte sie doch schnelle Fortschritte und war für eine<br />

Elfin sehr ernsthaft bei <strong>de</strong>r Sache. Im Nachhinein meinte er, daß sie nicht nur bei<br />

<strong>de</strong>r Altersangabe im Aufnahmegespräch etwas geschummelt habe. Nun je<strong>de</strong>nfalls,<br />

als die Nachricht von <strong>de</strong>m wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>nen Ring <strong>de</strong>r Macht die Run<strong>de</strong> machte,<br />

sei sie eines Nachts verschwun<strong>de</strong>n, und eine Geldbörse noch dazu.<br />

So fühle er sich ihnen gegenüber schuldig und habe sich gefreut daß <strong>de</strong>r Anschlag<br />

nicht Erfolg hatte.<br />

Sollten sie in Gefahr kommen, so böte er ihnen hiermit seine Hilfe an, und er reichte<br />

Igor einen kleinen geschnitzten und bunt bemalten Holzstab. Mit <strong>de</strong>m Zerbrechen<br />

<strong>Band</strong> IV.37


<strong>de</strong>s Stabes wür<strong>de</strong> er ihnen zu Hilfe kommen, <strong>de</strong>nn er stün<strong>de</strong> ja tief in ihrer Schuld.<br />

Sodann verabschie<strong>de</strong>t er die bei<strong>de</strong>n herzlich unter <strong>de</strong>r Saaltüre, klopfte Igor<br />

fürsorglich leicht auf die Schulter, murmelte, wie schwer es <strong>de</strong>nn gera<strong>de</strong> ein<br />

Bastard in dieser menschlichen Gesellschaft habe, und wünschte ihnen alles Gute<br />

auf ihrem weiteren Weg. So machten sie sich auf <strong>de</strong>n Rückweg in die Stadt.<br />

Aus dieser sahen sie vier Gestalten auf sie zu eilen.<br />

Ihre vier Freun<strong>de</strong> gaben sich sehr besorgt ob ihres Besuches bei Daregbos Gresler.<br />

Ein Sorge, die sie bereitwillig zu zerstreuen versuchten, was ihnen bei allen außer<br />

<strong>de</strong>m Zwerg auch sehr gut gelang. Diesem klangen die Lobeshymnen auf <strong>de</strong>n<br />

väterlichen Freund in Magierrobe doch etwas zu hoch gestapelt, aber auch er<br />

mußte ,wenn auch wie<strong>de</strong>rwillig, zugestehen, daß schließlich die Herzogin ihn zum<br />

Hofmagier bestellt hatte. Also konnte er ja kein schlechter Mensch sein.<br />

<strong>Band</strong> IV.38


Zum roten Drachen<br />

Die sechs gingen sodann gemeinsam zum roten Drachen. Diesmal wollten sie<br />

sichere Informationen bekommen o<strong>de</strong>r vielleicht sogar die bei<strong>de</strong>n Diebe fassen. Sie<br />

folgten <strong>de</strong>r Wegbeschreibung, die sie vom Hehler erhalten hatten und kamen<br />

schließlich in <strong>de</strong>m beschriebenen Viertel an. Sie betraten das Viertel unter einem<br />

Durchgang hindurch. Die eng aneinan<strong>de</strong>r gebauten Gebäu<strong>de</strong> waren zum Teil mit<br />

Balkonen verziert, Wäscheleinen hingen über die Gasse, im zweiten und dritten<br />

Geschoß waren sogar zum Teil kleine Brücken zwischen <strong>de</strong>r einen und <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

Seite <strong>de</strong>r Straße. Nach wenigen Gebäu<strong>de</strong>n kamen sie an einen düsteren Platz, von<br />

<strong>de</strong>m aus einige, teils engere, teils weitere dunkle Gassen abgingen. Kleine<br />

schmutzige Kin<strong>de</strong>r kamen angelaufen und bettelten um Kupfermünzen. Leros<br />

schnauzte ein Kind an, das ihn zu sehr bedrängte, Igor gab ihm jedoch gutwillig<br />

eine halbe Kupfermünze, die es noch in <strong>de</strong>r Tasche fand, und bekam so <strong>de</strong>n<br />

weiteren Weg gezeigt.<br />

Waffenklirrend in ihren Rüstungen, aber ohne Schil<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Fernwaffen, auch ohne<br />

ihre ach so heißgeliebten Ahlspieße überquerte die Gruppe <strong>de</strong>n Platz wie<br />

empfohlen, ging durch eine weitere Gasse, von dort bogen sie rechts ab und<br />

stan<strong>de</strong>n in einer engen Sackgasse. Hier konnten sie das Wirtshausschild <strong>de</strong>s roten<br />

Drachens bereits sehen: Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Gasse hing eine rot bemalter Drachenkopf,<br />

zumin<strong>de</strong>st sollte dieser Kopf einen Drachenkopf darstellen. Igor meinte verächtlich,<br />

daß dieser Kopf mehr einer Ziege o<strong>de</strong>r einer Ei<strong>de</strong>chse ähneln wür<strong>de</strong>, als einem<br />

wahren Drachen, war Igor doch das einzige ihrer Gruppe, das jemals einen<br />

lebendigen Drachen gesehen hatte. Summs hatte zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r “toten Chimäre”<br />

in Chimärenburg schon einmal einen ausgestopften Drachenkopf gesehen.<br />

Durch die enge Gasse schritten sie zur Gaststätte, Ozirk trat als erster in <strong>de</strong>n<br />

dunklen und ungemütlichen Schankraum. Als seine Augen sich an das trübe Licht<br />

gewöhnt hatten, und das geht schnell bei Zwergen, konnte er im Eck eine Gruppe<br />

von Menschen sehen, die bei einem Kartenspiel und etlichen Humpen Bier<br />

beieinan<strong>de</strong>r saßen. Der Wirt stand hinter einer langen Theke und wienerte ein Glas,<br />

scheinbar das einzige, <strong>de</strong>nn die übrigen Becher, die herumstan<strong>de</strong>n waren aus Ton.<br />

Von <strong>de</strong>m Schankraum aus führten links und rechts je eine Türe hinaus, zwei<br />

Fenster an <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Wand ließen etwas trübes Licht ein.<br />

“Einen Krug Bier für sechs” rief <strong>de</strong>r Zwerg, als er fragend angeschaut wur<strong>de</strong>. Der<br />

Wirt eilte herbei, feu<strong>de</strong>lte mit einem feuchten dreckigen Tuch über einen Tisch.<br />

Danach schaute sowohl die Oberfläche <strong>de</strong>s Tisches als auch das Tuch nicht<br />

vertrauenerwecken<strong>de</strong>r aus.<br />

Der Wirt fragte: “Einen Krug für sechs?”<br />

Igor antwortete: “Stimmt, bring zwei Krüge, wenn das Bier gut ist.”<br />

Es war zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>s Wirtes gut genug, <strong>de</strong>nn er brachte sechs<br />

Becher, goß aus <strong>de</strong>m Krug allen sechsen ein, ging anschließend <strong>de</strong>n Krug erneut<br />

füllen und brachte ihn zum Tisch.<br />

“Sagt an, Herr Wirt,” sprach da Ozirk, “wir suchen eine Freund, <strong>de</strong>n wir aus einem<br />

gemeinsamen Kampf gegen Verbrecher kennen. Er soll bei euch bekannt sein.” Der<br />

Zwerg beschrieb <strong>de</strong>n Elfen. “Es soll euer Scha<strong>de</strong>n nicht sein, wenn ihr ihn kennt.”<br />

“Es könnte schon sein, daß dieser Elf einmal hier war,” gab <strong>de</strong>r Wirt vorsichtig an.<br />

Igor gab ihm schnell und ungesehen zehn Goldmünzen in die unauffällige geöffnete<br />

Hand, woraufhin <strong>de</strong>r Wirt eine Run<strong>de</strong> Schnapsstumpen brachte. Sieben Stumpen<br />

um genau zu sein. Er setzte sich zu <strong>de</strong>n Abenteurern, goß die sieben kleine Becher<br />

<strong>Band</strong> IV.39


voll und stieß mit <strong>de</strong>n Gästen an. “Zum Wohl” alle kippten <strong>de</strong>n Schnaps hinunter.<br />

“Feuerbrand,” merkte <strong>de</strong>r Wirt auf das heiser Keuchen Kelens an und goß eine<br />

zweite Run<strong>de</strong> ein. “Also, dieser Freund von Euch, <strong>de</strong>r wohnt hier. Sein Zimmer ist<br />

im Zweiten Stock, das erste auf <strong>de</strong>r rechten Seite. Ihr kommt durch das<br />

Hinterzimmer zur Treppe,” Er <strong>de</strong>utete zu einer Tür.<br />

“Es wäre schon schön, wenn wir unseren Freund überraschen könnten” Igor grinste<br />

schauerlich.<br />

“Ja,” Summs schloß sich an, “laßt ihn uns doch gleich besuchen, das wird ihn sicher<br />

freuen”<br />

Sie stan<strong>de</strong>n alle auf und gingen durch <strong>de</strong>n Raum auf die Tür zu. Befrem<strong>de</strong>t<br />

schauten die Kartenspieler auf. Von ihrem Tisch konnte man durch eines <strong>de</strong>r<br />

Fenster in <strong>de</strong>n Hinterhof blicken. Die Aussicht war nicht erquickend.<br />

Der Wirt rief hinterher: “Falls das Bettzeug nicht ausreichen sollte, mel<strong>de</strong>t Euch<br />

einfach bei mir.” Die Kartenspieler wandten sich wie<strong>de</strong>r ihrem Spiel zu, während die<br />

Gruppe ins Hinterzimmer verschwand. Hier stan<strong>de</strong>n einige Tische und Bänke<br />

herum, einige Stühle aufeinan<strong>de</strong>r gestapelt, offensichtlich nicht allzu häufig benutzt.<br />

Eine enge Treppe führte im hinteren Winkel steil nach oben, machte dabei eine<br />

Biegung um 90°. Vorsichtig folgten die Hel<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m vorausgehen<strong>de</strong>n Summs. Igor,<br />

<strong>de</strong>r auf Treppen und Stiegen immer etwas langsamer und ungeschickter war ging<br />

als letztes, nicht daß es wie<strong>de</strong>r hinfiel und die “Überraschung” zunichte machte.<br />

Im ersten Geschoß zeigte sich ein schmaler Flur, von <strong>de</strong>m aus mehrere Türen in<br />

Gästezimmer führten. Eine Treppe führte weiter nach oben, sie war noch enger und<br />

steiler als die erste Treppe. Vorsichtig und lautlos schlich Summs die Treppe hinauf,<br />

Leros folgte ihm. Hierbei quietschten drei Stufen, als das Holz ächzend unter<br />

seinem Gewicht etwas nachgab. Kelen merkte sich die Stellen und konnte lautlos<br />

hinaufsteigen. Auch <strong>de</strong>r Zwerg folgte, er bewegte sich recht leise, für seine<br />

Verhältnisse versteht sich. Als er oben war schaute er kurz Summs und Kelen an<br />

Summs nickte ihm zu, <strong>de</strong>r Gnom hatte die Türe untersucht und konnte sie nicht von<br />

außen öffnen. Ozirk gab <strong>de</strong>r Tür eine kräftigen Tritt, sie flog auf, <strong>de</strong>r Türriegel flog<br />

zusammen mit seiner Halterung weit in das Zimmer hinein.<br />

Der Raum war leer. Ein zerwühltes Bett stand an einem En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zimmers, ein<br />

Schrank im Eck. Ein Fensterla<strong>de</strong>n stand offen. Ozirk eilte hin und schaute hinaus<br />

während er Kommandos gab: “Summs, schau unter <strong>de</strong>m Bett, Leros einen Blick in<br />

<strong>de</strong>n Schrank!” Der Zwerg stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute zum<br />

Fenster hinunter. Das Seil das rechts <strong>de</strong>s Fensters vom Dach herabhing war lang<br />

genug um auf da unter ihnen liegend Nachbargebä<strong>de</strong> zu reichen “Mist, ein Seil führt<br />

hinunter. Der ist weg!” Ein Meer von Flachdächern mit Dachgärten, Stegen,<br />

Winkeln, kleine Brücken war von hier oben zu sehen, aber kein flüchten<strong>de</strong>r Elf.<br />

“Schaut her, was ich gefun<strong>de</strong>n habe,” Leros zeigte eine Mantel mit vielen Taschen.<br />

“Und hier, ein komisches Rohr mit Glaslinsen vorne und hinten, keine Ahnung, was<br />

das ist.” Er zeigte eine dicken, schwarzen Stab mit Verzierungen.<br />

Igor zog heftig die Luft ein: “Das ist ein Fernrohr, so etwas ist extrem teuer, kostet<br />

min<strong>de</strong>stens tausend Goldmünzen! Ozirk schau einmal durch das Rohr.”<br />

Der Zwerg tat dies grummelnd “So ein Unsinn, durch ein Rohr gucken, ich sehe<br />

kaum etwas, alles ist verschwommen, da wird einem ja schwin<strong>de</strong>lig. Oh, ich sehe<br />

das Dach gegenüber es erscheint viel näher als sonst, das ist ja verrückt, ist das<br />

Magie?”<br />

“Nein” erklärte <strong>de</strong>r Bastard, sich an eine Lehrbuch seiner Jugend erinnernd, “das<br />

hat etwas mit diesen buckligen Glaslinsen zu tun, sie holen alles was man dadurch<br />

sieht näher heran, alles scheint größer zu sein als es in Wirklichkeit ist. Je<strong>de</strong>r sollte<br />

einmal durchschauen.”<br />

<strong>Band</strong> IV.40


Während dies alle taten, und kräftig damit herumalberten, grübelte <strong>de</strong>r Bastard vor<br />

sich hin. “Ob man damit auch kleine, sonst kaum sichtbare Dinge besser sehen<br />

kann, es also wie eine starke Lupe wirkt. Ich wer<strong>de</strong> das ausprobieren, wenn es<br />

klappt wer<strong>de</strong> ich die Vorrichtung `Makroskop` nennen.”<br />

Nach<strong>de</strong>m die Neugier befriedigte war und alles an<strong>de</strong>re im Raum untersucht war<br />

schauten sich die sechs an. “Was tun?”<br />

Igor setzte sich auf das Bett, gähnte und sagte “Warten, <strong>de</strong>r kommt wie<strong>de</strong>r, er will<br />

doch sein teueres Gerät wie<strong>de</strong>rhaben. Und seine Ausrüstung.” Denn sie hatten<br />

auch gutes Diebeswerkzeug gefun<strong>de</strong>n. Summs überlegte sich kurz, ob ihm die<br />

Dietriche, die Drähte und Zangen etwas brachten, entschied dann aber, daß er mit<br />

seinem eigene Werkzeug besser zurecht kommen wür<strong>de</strong>, es war für die kleineren<br />

Gnomenhän<strong>de</strong> besser geeignet.<br />

Also warteten die sechs erstmal. Sie machten es sich soweit gemütlich wie sie<br />

konnten, doch es kam kein Besuch für <strong>de</strong>n Elfen o<strong>de</strong>r etwa <strong>de</strong>r Elf selbst. Nach<br />

einigen Stun<strong>de</strong>n kamen schwere Tritte die Treppe hinauf, die Tür öffnete sich, doch<br />

die Abenteurer ließen ihre Waffen wie<strong>de</strong>r sinken als <strong>de</strong>r Wirt eintrat.<br />

“Habt Ihr gefun<strong>de</strong>n , was Ihr sucht?” fragte er scheinheilig.<br />

Igor antwortete: “Nein, unsere Freund ist scheinbar unterwegs, wir warten noch<br />

etwas auf ihn.”<br />

Der Wirt musterte die bis an die Zähne bewaffneten Humanoi<strong>de</strong>n: “Nun gut, ihr<br />

scheint ihn zu kennen. Wie ist <strong>de</strong>nn dieser Riegel kaputt gegangen?”<br />

Der Zwerg räusperte sich: “Nun ja, im Überschwang <strong>de</strong>r Gefühle...”<br />

Doch auch nach weiterem Warten kam <strong>de</strong>r Elf nicht zurück. Schließlich entschie<strong>de</strong>n<br />

sich die sechs sich aufzuteilen, da sie noch zusammen mit Helferich, <strong>de</strong>m Anführer<br />

<strong>de</strong>r Wache <strong>de</strong>n Turm <strong>de</strong>s Hato, <strong>de</strong>s Grün<strong>de</strong>rs von Katin anschauen wollten. In <strong>de</strong>r<br />

Hoffnung, daß sie dort noch einen Hinweis auf einen <strong>de</strong>r verlorenen Ringe fin<strong>de</strong>n<br />

konnten.<br />

Während also Kelen, Leros und Ozirk zurückblieben und warteten, machten Igor,<br />

Summs und Akara sich auf <strong>de</strong>n Weg zurück zum Schloß. Zuerst die knarren<strong>de</strong>n<br />

Stiegen hinunter, dann durch die Sackgasse zurück auf die normale Gasse, von<br />

dort auf <strong>de</strong>n kleinen Platz. Mitten auf <strong>de</strong>m Platz fiel ihnen auf, daß jetzt keine Kin<strong>de</strong>r<br />

mehr hier spielten, genauer gesagt, daß bis auf 4 vierschrötige Gestalten überhaupt<br />

niemand mehr auf <strong>de</strong>m Platz war.<br />

Einer <strong>de</strong>r Vier <strong>de</strong>utete auf Igor und rief: “Sie sind es, schnappt sie Euch!” und die<br />

Schläger rannten auf Igor und seine Freun<strong>de</strong> zu.<br />

Akara murmelte einen Spruch, eine gleißen<strong>de</strong>s Licht blen<strong>de</strong>te einen <strong>de</strong>r Vieren,<br />

auch Igor, <strong>de</strong>m ganz mulmig wur<strong>de</strong>, blen<strong>de</strong>te einen Angreifer mit einem magischen<br />

Lichtspruch.<br />

Dann waren die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren jedoch da, Akara und Summs waren sofort im<br />

Nahkampf und es zeigte sich schnell, daß diese Schläger Profis waren. Sie hatten<br />

jeweils einen eisenbeschlagenen kräftigen Stock in <strong>de</strong>r einen und einen Dolch in<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Hand und wirbelten ihre Waffen in tödlicher Lässigkeit. Während die<br />

drei um Hilfe riefen zog sich Igor sich etwas zurück, schließlich wollte es noch<br />

weiter zaubern. Da fuhr ihm ein stechen<strong>de</strong>r Schmerz in <strong>de</strong>n Rücken. Stöhnend griff<br />

es nach hinten: Blut sickerte aus einer Wun<strong>de</strong> und es spürte im Fallen <strong>de</strong>n kurzen<br />

Stummel und die Fie<strong>de</strong>rung eines Armbrustbolzen.<br />

Sich im Schatten tot stellen war etwas , was <strong>de</strong>r Bastard gut konnte, so wogte <strong>de</strong>r<br />

Kampf an ihm vorbei. Es konnte von seiner Stelle aus sehen, daß in einer engen<br />

<strong>Band</strong> IV.41


Seitengasse <strong>de</strong>r Elf sich ans Nachla<strong>de</strong>n machte, während Akara schließlich unter<br />

<strong>de</strong>n Hieben nie<strong>de</strong>rging. Sie blutete aus mehreren Wun<strong>de</strong>n und ihr Kopf war<br />

zerschlagen und aufgequollen. Summs kämpfte weiter tapfer gegen seinen Feind<br />

während <strong>de</strong>r zweite Schurke auf ihn zukam. Nun hatte sich Igor von <strong>de</strong>m Schock<br />

<strong>de</strong>s Geschosses erholt, es konnte sich wie<strong>de</strong>r konzentrieren und erschuf zwei<br />

magische Geschosse, die von ihm aus in Summs Gegner zischten. Den ersten<br />

magischen Pfeil steckte <strong>de</strong>r Verbrecher noch weg, <strong>de</strong>r zweite fällte ihn jedoch. Er<br />

fiel zu Bo<strong>de</strong>n.<br />

Die zwei geblen<strong>de</strong>ten Schläger mischten sich nicht in <strong>de</strong>n Kampf ein, schien es<br />

doch für sie zu gefährlich sie hatten nach hinten fühlend sich an die Hauswand<br />

zurückgezogen, <strong>de</strong>r Vierte, <strong>de</strong>r Akara nie<strong>de</strong>rgeschlagen hatte, wandte sich jetzt<br />

<strong>de</strong>m Gnom zu, scheinbar hatte er Igors Zauberei nicht bemerkt. Während also <strong>de</strong>r<br />

kleine Summs gegen <strong>de</strong>n großen Messerstecher kämpfte schlich sich Igor von<br />

hinten an, sprang und riß <strong>de</strong>n Feind um. Die bei<strong>de</strong>n am Bo<strong>de</strong>n liegen<strong>de</strong>n<br />

versuchten sich gegenseitig <strong>de</strong>n Hals zuzudrücken, Igors Feind war zwar kräftiger,<br />

doch die Klauen und Krallen <strong>de</strong>s Bastards waren schärfer als die Fingernägel <strong>de</strong>s<br />

Menschen. Wie verfluchte <strong>de</strong>r Bastard seinen Schöpfer, daß es seinen Kiefer nicht<br />

weiter öffnen konnte um gefährlicher Wun<strong>de</strong>n als nur kleine Kratzer zuzufügen.<br />

Summs wankte benommen, auch ohne Gegner. Während er in seiner Erschöpfung<br />

kurz überlegte, was er tun sollte, traf ihn ein tödlicher Armbrustbolzen. Blutend sank<br />

er darnie<strong>de</strong>r. Igor erkannte, dies war keine Täuschung, nein, <strong>de</strong>r Gnom lag wirklich<br />

im Sterben. Winselnd bat es daraufhin um Gna<strong>de</strong>, es bettelte <strong>de</strong>n Kämpfer mit <strong>de</strong>m<br />

es umschlungen am Bo<strong>de</strong>n lag an, daß er ihn doch verschone. Der<br />

Armbrustschütze trat näher, tatsächlich, es war <strong>de</strong>r vermißte Elf. Um Gna<strong>de</strong><br />

heischend kroch <strong>de</strong>r Bastard zu seine Füßen herum, er möge doch Gna<strong>de</strong> haben,<br />

damit <strong>de</strong>r Zauberer seine sterben<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n beistehen konnte. “Ich wer<strong>de</strong> auch<br />

die Blendung <strong>de</strong>ines Kamera<strong>de</strong>n aufheben, als Zeichen meines guten Willens”<br />

Und er tat dies unter <strong>de</strong>m mißtrauischen Blick <strong>de</strong>s Kämpfers.<br />

“Nun gut,” sagte <strong>de</strong>r Elf anschließend, “Gib mir alles was du an wertvollen<br />

Gegenstän<strong>de</strong>n hast, dann will ich vielleicht gnädig sein.”<br />

Und <strong>de</strong>r Elf nahm sich alles Wertvolle, die bei<strong>de</strong>n Spruchrollen, natürlich sein<br />

eigenes Fernrohr, die Phiole mit Spinnengift, die Igor noch aus <strong>de</strong>m Labyrinth<br />

unterhalb <strong>de</strong>s Magierturms im Nor<strong>de</strong>n hatte, und lei<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>n konzentrierten<br />

Heiltrank, in <strong>de</strong>m noch zwei Portionen waren. Und <strong>de</strong>r Bastard hatte so gehofft, daß<br />

er mit diesen Heiltränken seine Freun<strong>de</strong>n hätte helfen können. Doch auf sein<br />

Winseln lachte <strong>de</strong>r Elf nur hämisch und winkte seinen Häschern zu. Jene nahmen<br />

ihren Kumpan auf, ob verwun<strong>de</strong>t o<strong>de</strong>r tot konnte <strong>de</strong>r Bastard nicht erkennen und<br />

verschwan<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Seitengasse.<br />

Nun eilte <strong>de</strong>r Bastard zu <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n liegen<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n. Zuerst verband es ihre<br />

blutigen Wun<strong>de</strong>n, so daß sie nicht noch mehr Blut verlieren wür<strong>de</strong>n, dann rannte es<br />

so schnell es konnte zum Roten Drachen zurück. Dort alarmierte es die drei<br />

übrigen, die auf sein Rufen schneller die Treppen herunter gerannt kamen, als es<br />

<strong>de</strong>r hinken<strong>de</strong> Bastard je geschafft hätte hoch zu stolpern.<br />

Kelen rief: “Ich habe noch einen Heiltrank, vielleicht gelingt es mir Akara zu retten,<br />

dann kann sie vielleicht <strong>de</strong>n Gnom retten.“<br />

Die drei rannten auf <strong>de</strong>n kleinen Platz, während <strong>de</strong>r weinen<strong>de</strong>, fluchen<strong>de</strong> Igor<br />

hinterher humpelte.<br />

Wenn es nur <strong>de</strong>n Ring gehabt hätte. Mit dieser Macht wären die Angreifer nicht<br />

fertig gewor<strong>de</strong>n, auch nicht <strong>de</strong>r arrogante Elf. Mit diesen Gedanken wankte <strong>de</strong>r<br />

<strong>Band</strong> IV.42


Zauberer benommen und kurzatmig auf <strong>de</strong>n Platz. Dort hatte Kelen bereits<br />

begonnen <strong>de</strong>r Priesterin <strong>de</strong>n retten<strong>de</strong>n Trank einzuflößen. Akara erwachte aus ihrer<br />

Bewußtlosigkeit. Sie erklärte, es ginge ihr wie<strong>de</strong>r ganz gut, aber die Wun<strong>de</strong>n und<br />

das vorherige Beschwören hätten sie zu sehr geschwächt. Nun kroch sie zu<br />

Summs. “Oh je, ob meine Kräfte ausreichen?” Während alle zur Göttin beteten, rief<br />

Akara <strong>de</strong>ren Segen und Kraft auf <strong>de</strong>n Gnom herab. Schließlich wich die gräßliche<br />

Blässe aus <strong>de</strong>m Gesicht ihres Freun<strong>de</strong>s, er war gerettet.<br />

Anschließend schleiften die drei Unverletzten die drei Verletzten zum Tempel <strong>de</strong>s<br />

Paian <strong>de</strong>m Gott <strong>de</strong>r Heilkunst, <strong>de</strong>r ja an<strong>de</strong>rswo von <strong>de</strong>r zugegebenermaßen<br />

attraktiveren Aphrodite verdrängt wor<strong>de</strong>n war, aber als Stadtgott hier in Katin noch<br />

erhalten geblieben war. Aphrodite hatte in seinem Tempel nur einen Schrein, doch<br />

die Abenteurer waren in keiner Situation, die ein Herumstreiten und Herumrechten<br />

möglich gemacht hätte. Doch genau so sahen es auch die Priester <strong>de</strong>s Paian, die<br />

die verletzten Hel<strong>de</strong>n fast aus <strong>de</strong>m Tempel jagten: „Da könnte ja je<strong>de</strong>r nach einer<br />

Prügelei kommen!“ „Wir hätten viel zu tun, wenn wir alle Verbrecher heilen<br />

wür<strong>de</strong>n...“ Igor tat es sehr leid um seine Goldmünze, die er am Vortag gespen<strong>de</strong>t<br />

hatte, hätte es doch für diesen Beistand auch eine halbe Kupfermünze getan, <strong>de</strong>nn<br />

die Gassenjungen im Viertel ihrer Schan<strong>de</strong> waren eine ebenso große Hilfe<br />

gewesen.<br />

Nach einem kurzen Gebet vor <strong>de</strong>m Schrein <strong>de</strong>r Aphrodite, <strong>de</strong>nn das war ihnen<br />

erlaubt wor<strong>de</strong>n zogen sich die sechs also zurück. Igor schwor für sich, daß er<br />

diesem Gott keine weitere Ehrerbietung erbringen wür<strong>de</strong>, Ozirk schäumte vor Wut<br />

ob <strong>de</strong>r Beleidigungen, Akara war am Weinen, weil ihrer Göttin Unrecht getan wur<strong>de</strong>,<br />

Als <strong>de</strong>r Bastard und seine Freun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Tempel wie<strong>de</strong>r humpelnd verließ (diesmal<br />

humpelte Igor nicht alleine) schaute es noch einmal kurz zurück: „Tempel <strong>de</strong>r Liebe!<br />

Hm, Kerno<strong>de</strong>s Ring <strong>de</strong>r Liebe, von Hato zuletzt getragen, Hato, <strong>de</strong>r diese Stadt<br />

o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st doch diesen Palast hier grün<strong>de</strong>te, von <strong>de</strong>m viele Familien <strong>de</strong>s<br />

Innenmeeres abstammen... . Irgend etwas hängt hier zusammen, irgend etwas<br />

stinkt zum Himmel, ich weiß nur nicht genau was.“<br />

Die sechs gingen weiter, schlichen und humpelten zum Palast zurück. Dort wur<strong>de</strong>n<br />

sie von einem Boten <strong>de</strong>s Hauptmannes Helferich empfangen, <strong>de</strong>r sie zu sich bitten<br />

ließ.<br />

Der Hauptmann stauchte sie erstmal kräftig zusammen, und hielt ihnen eine<br />

Standpauke, die überall im Wachsaal zu hören war. Da ging es um Rabauken,<br />

Unruhestifter, wildgewor<strong>de</strong>ne Barbaren, ja sogar von Berserker war die Re<strong>de</strong>. Igor<br />

hatte Mühe sich an die alle zu erinnern, vor allem da es ja zum En<strong>de</strong> hin eher am<br />

Bo<strong>de</strong>n lag, getreten und ausgeplün<strong>de</strong>rt. Endlich ging ihm auf, daß hier nicht ihre<br />

Gegner gemeint waren, son<strong>de</strong>rn sie selbst. Verwun<strong>de</strong>rt schaute er die an<strong>de</strong>ren an<br />

<strong>de</strong>ren Mienen Empörung und im Falle <strong>de</strong>s Zwerges auch Streitlust zeigten, da<br />

spürte es <strong>de</strong>n erwartungsvollen Blick Helferichs auf sich und erinnerte sich an seine<br />

Jugend. Es wußte was nun erwartet wur<strong>de</strong>, und so antwortete es, „Ja, Herr“.<br />

Manch einer <strong>de</strong>r Wachen konnte sich ein scha<strong>de</strong>nfrohes Grinsen nicht verkneifen,<br />

wenn sie auch versuchten dies ihren Hauptmann nicht sehen zu lassen.<br />

Danach trat er mit ihnen vor die Tür und erklärte ihnen in leiserem Ton, daß sie es<br />

doch besser unterließen auf eigene Faust in heiklen sicherheitsrelevanten<br />

Angelegenheiten herumzupfuschen. Der Elf wäre jetzt sicher abgetaucht und er<br />

müsse nun sehen wie und ob er ihn wie<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>.<br />

<strong>Band</strong> IV.43


Dann wur<strong>de</strong> er versöhnlicher und ließ sie mit einem <strong>de</strong>r wachfreien Soldaten als<br />

Führer durch die alten Keller streifen.<br />

Aber was immer sie hier für Vorstellungen hatten, sie wur<strong>de</strong>n entäuscht. Keine<br />

geheimen Gänge o<strong>de</strong>r versteckte Türen. Enttäuscht kamen sie wie<strong>de</strong>r ans<br />

Tageslicht.<br />

Im Hof wur<strong>de</strong>n sie bereits von Helferich erwartet, <strong>de</strong>r ihnen Grüße von <strong>de</strong>r Herzogin<br />

mitteilen ließ und die Abfahrt eines Han<strong>de</strong>lsschiffes in Richtung <strong>de</strong>r Andalanen für<br />

<strong>de</strong>n morgigen Vormittag ankündigte. Sechs Plätze für die Überfahrt nach Regios<br />

seien bereits reserviert und bezahlt. Verwun<strong>de</strong>rt sahen sich die Gefährten an und<br />

als er Igor im Namen <strong>de</strong>r Herzogin eine Schriftrolle zum Abschied schenkte,<br />

bedankte dieser sich artig und alle verließen schnell <strong>de</strong>n Reiterhof in Richtung ihrer<br />

Stammkneipe.<br />

Unterwegs schauten sie bei <strong>de</strong>r nach Helferichs Auskunft zuständigen Stadtwache<br />

vorbei. Beim anwesen<strong>de</strong>n Sergeant <strong>de</strong>r Wache gaben <strong>de</strong>n Vorfall zu Protokoll. Drei<br />

Becher Tee und vier weggespitzte Fe<strong>de</strong>rn später ließen sie <strong>de</strong>n Elf vom äußerst<br />

schreibgewandten Sergeaten, <strong>de</strong>r natürlich nichts für die merkwürdig ausländischen<br />

Namen <strong>de</strong>r hier anwesen<strong>de</strong>n Zeugen konnte, zur Fandung ausschreiben.<br />

Dort untersuchte Igor, während die an<strong>de</strong>ren noch über die morgendliche Abfahrt<br />

<strong>de</strong>battierten, die Rolle. Ein ihm unbekannter Zauber, <strong>de</strong>r das Fin<strong>de</strong>n von<br />

Gegenstän<strong>de</strong>r ermöglichte, ein wirklich schönes Abschiedsgeschenk das <strong>de</strong>n Tag<br />

doch versöhnlicher ausklingen ließ, als es selbst noch vor wenigen Stun<strong>de</strong>n<br />

gefürchtet hatte.<br />

Natürlich war dies nicht <strong>de</strong>r Ausklang, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>n veranstalteten die Zwerge in ihrer<br />

Stammkneipe zu Ehren <strong>de</strong>r neugewonnenen und nun schei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>.<br />

<strong>Band</strong> IV.44


Katarrh<br />

Ein günstiger Wind ließ <strong>de</strong>n Thyrschen Han<strong>de</strong>lsfahrer <strong>de</strong>s Hauses Limur unter<br />

seinem erfahrenen Kapitäm Milaros die Strecke nach Port Bluhna an <strong>de</strong>r Nordspitze<br />

Rauricarias an einem Tag zurücklegen.<br />

Igor hatte trotz<strong>de</strong>m ausreichend Zeit seinen Magen kräftig umzustülpen, obschon<br />

es auf einer an<strong>de</strong>ren Ebene natürlich faszinierend war, wieviel ein humanoi<strong>de</strong>s<br />

Wesen ohne Frühstück von sich zu geben vermag.<br />

Nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r dreimastige Holk im Hafen unterhalb Kap Nor festgemacht hatte,<br />

gingen die sechs Passagiere an Land und suchten <strong>de</strong>n Vogt auf, um auch ihm die<br />

Frage nach <strong>de</strong>m immer noch flüchtigen Katarh zu stelln. Viel Hoffnung hatten sie<br />

nicht, waren doch seit <strong>de</strong>r letzten positiven Auskunft schon etliche Tage vergangen,<br />

so daß hier allenfalls eine kalte Spur zu erwarten war. Doch ein ob ihres Fragens<br />

erstaunter Sir Terenit von Nasont teilte <strong>de</strong>n überraschten Besuchern mit, <strong>de</strong>r<br />

Gesuchte läge schon seit Tagen todkrank in seinem Gästezimmer. Geschickt bot<br />

sich Akara als helfen<strong>de</strong> Heilerin an.<br />

Beim Besuch am Krankenbett stellten sie schnell fest, daß <strong>de</strong>r hinterhältige Magier<br />

Opfer eines offensichtlich ebenfalls hinterhältigen Angriffes gewor<strong>de</strong>n war und<br />

natürlich war vom Ring keine Spur mehr zu fin<strong>de</strong>n.<br />

Das Gestammel <strong>de</strong>s Darnie<strong>de</strong>rliegen<strong>de</strong>n war wirr, aber er sprach von zwei<br />

Angreifern und einer Lähmung und Schmerzen.<br />

Ja, einer <strong>de</strong>r Angreifer war ein Elf.<br />

„Wir müßen zurück nach Katin“, stellte <strong>de</strong>r Bastard emotionslos fest und ohne<br />

Diskussion war dies beschlossene Sache.<br />

Bereits in zwei Tagen wur<strong>de</strong> ein Schiff aus Tika erwartet, daß nach Katin<br />

weiterfahren wür<strong>de</strong>, so gaben sie ihrem Kapitän Bescheid, und holten ihr Gepäck<br />

an Land.<br />

Akara nahm sich unter <strong>de</strong>m Protest Igors und <strong>de</strong>m Kopfschütteln <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>s<br />

Kranken an und unter ihren fähigen Hän<strong>de</strong>nerholte er sich sichtbar, wenn auch an<br />

eine Reisefähigkeit noch nicht zu <strong>de</strong>nken war.<br />

Der Vogt versprach <strong>de</strong>n verräterischen Magier, sobald er transportfähig sei, unter<br />

scharfer Bewachung gen Katin zu schicken.<br />

So verbrachten sie zwei Tage hier im Nor<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Halbinsel in <strong>de</strong>nen Igor und Kelen<br />

sich in ihre Spruchbücher vergruben.<br />

Die Rückfahrt nach Katin nahm einen Tag mehr in Anspruch musste das Schiff<br />

doch einen großen Bogen hinaus in <strong>de</strong>n Golf schlagen um trotz <strong>de</strong>s ungünstigen<br />

Win<strong>de</strong>s Katin ansteuern zu können.<br />

Die Zeit an Bord nutzten die Freun<strong>de</strong> um nochmals alle am Ring interessierten<br />

Gruppen durchzugehen und so kristallisierten sich schließlich einige<br />

Hauptverdächtige heraus.<br />

Da war ihr alter Bekannter <strong>de</strong>r Elf und sein unauffälliger Freund, die ja wohl <strong>de</strong>n<br />

Ring von Katarh gewonnen haben. Nur wenn sie ihn haben, warum treiben sie sich<br />

noch in Katin herum?<br />

O<strong>de</strong>r war er doch im Besitz <strong>de</strong>s Gesandschaft von Saas-Kwaaq? Ozirk hat<br />

schließlich <strong>de</strong>n Überfall <strong>de</strong>ren Soldaten auf die zwei Diebe miterlebt.<br />

Vielleicht, dachte Igor bei sich, war er auch schon lange im Besitz <strong>de</strong>r Herzogin,<br />

und all dies ist ein von Helferich gekonnt inzeniertes Manöver um die an<strong>de</strong>ren<br />

Parteien darüber im Unklaren zu lassen.<br />

<strong>Band</strong> IV.45


„Smoke on the water“<br />

Wie<strong>de</strong>r in Katin führte <strong>de</strong>r erste Weg die sechs erneut zum Hauptmann. Seine<br />

Pokermiene schien bei ihrem Anblick noch undurchdringlicher zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Er hörte sich die Geschichte vom Auffin<strong>de</strong>n Katarhs und <strong>de</strong>ssen wie<strong>de</strong>rgegebenen<br />

Bericht vom Überfall an. Finster blickte er von seinem dicken und eng<br />

beschriebenen Buch auf und legte seine Fe<strong>de</strong>r gefährlich langsam beiseite als<br />

Ozirk laut wur<strong>de</strong> und endlich Auskunft über <strong>de</strong>n Verbleib <strong>de</strong>s Elfen verlangte.<br />

Mit leiser Stimme, die allerdings schnell <strong>de</strong>n poltern<strong>de</strong>n Zwerg zur Raison brachte<br />

ermahnte er sie, nun doch zivilisiertes Verhalten an <strong>de</strong>n Tag zu legen und diese<br />

Selbst- und Lynchjustiz sein zu lassen. Außer<strong>de</strong>m, während sie sechs noch <strong>de</strong>m<br />

Ring nachjagten seien an<strong>de</strong>re möglicherweise schon ans Ziel gekommen.<br />

Elektrisiert blickten alle auf.<br />

Der Botschafter von Saas-Kwaaq bereite schließlich schon etwas sehr<br />

selbstzufrie<strong>de</strong>n seine Rückreise nach Saas-Kwaaq vor, und seine Männer hatten<br />

mehr als das eine auch von Ozirk so unauffällig beobachtete Treffen mit <strong>de</strong>m<br />

fraglichen Elf und seinem Freund.<br />

Etwas verwirrt entließ er sie.<br />

Lange zerbrachen sie sich noch beim guten Wein <strong>de</strong>s Vorjahres und reichlich<br />

Zwergenschnaps ihre Köpfe über das weitere Vorgehen. Wie sie von ihrer<br />

zwergischen Nachbarschaft erfuhren wird dieses Jahr lei<strong>de</strong>r die Weinernte südlich<br />

Katins wegen <strong>de</strong>n Kriegsverwüstungen wohl völlig ausfallen. So war schon in <strong>de</strong>n<br />

Wochen ihrer Anwesenheit ein leichter Preisanstieg feststellbar.<br />

Sollten sie wirklich versuchen in das im Hafen liegen<strong>de</strong> Staatschiff <strong>de</strong>s Botschafters<br />

von Saas-Kwaaq einzudringen und wenn, dann wie. Und was beabsichtigte<br />

Helferich mit seinen Hinweisen auf <strong>de</strong>n Botschafter. War ihm zu trauen? Wohl<br />

kaum.<br />

Am nächsten Morgen beobachteten sie abwechselnd das eindrucksvolle<br />

Staatsschiff. Es lag etwas abseits nördlich <strong>de</strong>s Fischerstran<strong>de</strong>s im Hafenbecken vor<br />

Anker. Ein seitlich angelaschtes Beiboot diente zum Verkehr von und zu <strong>de</strong>r Stadt.<br />

Bis zum Mittag hatten sie eine Systematik im Wachwechsel festgestellt. Auf Vor-<br />

und Achter<strong>de</strong>ck waren immer jeweils eine Doppelwache auf Posten, Insgesamt war<br />

sicher mit zwanzig Soldaten und min<strong>de</strong>stens nochmal soviel Matrosen zu rechnen.<br />

Ein harter Brocken. Hier war wohl nur mit zeitgleicher Ablenkungsaktion ein<br />

erfolgreiches Anbordschleichen möglich.<br />

Aus Beobachtungen und unauffälliger Befragung von Lieferanten hatten sie<br />

erfahren, daß die Kabine <strong>de</strong>s Botschafters sich ganz hinten im Achterkastell befand.<br />

Dort waren auch <strong>de</strong>r Kapitän, seine Deckoffiziere und Fedor untergebracht.<br />

Im Vorschiff schliefen die Soldaten und die Matrosen. Ru<strong>de</strong>rsklaven waren keine an<br />

Bord, sie waren an Land in <strong>de</strong>r Marinebasis von Katin.<br />

Das Schiff wur<strong>de</strong> von Bug und Heckanker in Position gehalten. An <strong>de</strong>ren Tauen war<br />

ein an Bord klettern möglich, sofern die Wachen ausreichend abgelenkt, o<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>rweitig ausgeschaltet wur<strong>de</strong>n.<br />

Schnell wur<strong>de</strong> so ein Plan geschmie<strong>de</strong>t und das nötige Boot gegen reichlich Gold<br />

organisiert. Zuviel Gold wie <strong>de</strong>r Zwerg meinte.<br />

Verwun<strong>de</strong>rt sahen daher die Wachen gegen Mitternacht ein Fischerboot mit zwei<br />

Frauen in hochgeschnürten le<strong>de</strong>rnen Leibchen auf ihr Schiff zukommen. Vorn und<br />

hinten war das Boot mit Segeltuch abge<strong>de</strong>ckt. Bald entwickelte sich ein angeregtes<br />

<strong>Band</strong> IV.46


Hin- und Herrufen, das schließlich immer mehr Seeleute an Deck lockte, bis<br />

letztendlich <strong>de</strong>r Kapitän an Deck trat und gebieterisch Ruhe verlangte. Kelen<br />

versuchte neben ihrer etwas unbeholfenen Anmache <strong>de</strong>n Kapitän auch mit ihrer<br />

Magie zu bezaubern. Doch als er sie unter <strong>de</strong>m entäuschten Gejohle <strong>de</strong>r komplett<br />

an Deck versammelten Mannschaft auffor<strong>de</strong>rte, wie<strong>de</strong>r an Land zurück zu ru<strong>de</strong>rn<br />

war ihr klar, das dies ein vergeblicher Versuch gewesen war.<br />

Igor, <strong>de</strong>r unter <strong>de</strong>m Segeltuch im Heck lag, war das Scheitern ihrer Geheimaktion<br />

schon beim Beginn <strong>de</strong>s Gejohles klargewor<strong>de</strong>n. Trotz<strong>de</strong>m mußte es und Ozirk noch<br />

versteckt bleiben bis sich das Boot mit einem Knirschen wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Strand<br />

schob.<br />

Nach<strong>de</strong>m sie sich erneut beraten hatten, kamen sie überein in drei Stun<strong>de</strong>n einen<br />

neuen Versuch mit geän<strong>de</strong>rter Taktik zu wagen.<br />

Sie näherten sich <strong>de</strong>m Schiff diesmal von vorn und ein Schlafspruch setzte gleich<br />

die Wachen auf <strong>de</strong>m Vor<strong>de</strong>rkastell außer Gefecht und auch für die Achtern war ein<br />

Spruch bereitgehalten wor<strong>de</strong>n. Die Schnelligkeit und Stille dieses Vorgehens<br />

bestärkte Igor in seiner Meinung von <strong>de</strong>r Überlegenheit <strong>de</strong>r Magie.<br />

Geschwind eilten Summs, Kelen und Leros an Bord und verteilten das mitgebrachte<br />

Lampenöl auf Deck. Kelen, die beste Schwimmerin, schickte die an<strong>de</strong>ren ins Boot<br />

und Richtung Land. Sie selbst zün<strong>de</strong>te das Öl an und ließ sich vorsichtig ins<br />

Wasser auf <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Land abgewandten Seite.<br />

Während Leros, Ozirk und Akara mit aller Kraft auf <strong>de</strong>n Strand zusteuerten,<br />

beobachtete Igor aufmerksam das Schiff. Zunächst war noch nichts von einem<br />

Brand zu sehen, dann reflektierte das aufgespannte Sonnensegel die hinter <strong>de</strong>r<br />

Reling züngeln<strong>de</strong>n Flammen. Als sie kurz vor <strong>de</strong>m Strand waren, tasteten die<br />

ersten Flämmchen sich am Tauwerk empor. Mit <strong>de</strong>m vom Boot auf <strong>de</strong>n Strand<br />

springen<strong>de</strong>n Leros ging das von tagelangem Sonnenschein ausgedörrte<br />

Sonnensegel über <strong>de</strong>m Ru<strong>de</strong>r<strong>de</strong>ck schließlich mit einem Schlag in Flammen auf.<br />

Nun waren auch die ersten Alarmschrei von Bord zu hören. Das an <strong>de</strong>r Rahe <strong>de</strong>s<br />

Hauptmastes angeschlagenen aufgereffte Segel begann nun auch vom unteren<br />

En<strong>de</strong> her <strong>de</strong>n Flammen zum Opfer zu fallen. Die ersten Stadtbewohner kamen zum<br />

Strand geeilt, Boote wur<strong>de</strong>n ins Wasser geschoben und geschickt verteilten sich die<br />

Freun<strong>de</strong> auf verschie<strong>de</strong>ne Boote, um nicht gar zu sehr aufzufallen. Akara hingegen<br />

eilte am Ufer entlang um <strong>de</strong>r ans dunkle Land schwimmen<strong>de</strong>n Magierin ihren<br />

trockenen Mantel zu bringen.<br />

An Bord war die Brandbekämpfung inzwischen voll im Gange. Als Kriegsschiff hatte<br />

es ja ausreichend spezialbehan<strong>de</strong>lten Sand an Bord um gegnerische<br />

Brandgeschosse löschen zu können und doch waren Soldaten und Matrosen froh<br />

als Hilfe vom Land kam, so war es doch möglich die von <strong>de</strong>r unter lautem Getöse<br />

herabstürzen<strong>de</strong>n Rahe Verwun<strong>de</strong>ten schnell außer Gefahr bringen zu können.<br />

Trotz dieser Verluste waren jetzt immer noch genügend Hän<strong>de</strong> an Bord um <strong>de</strong>n<br />

Brand unter Kontrolle zu bringen. Daher drückten sich Summs, Leros und Ozirk<br />

schnell durch die offenstehen<strong>de</strong> Tür ins Achterkastell.<br />

Von <strong>de</strong>m kurzen Gang gingen vier Türen in kleinere Kabinen ab. Zum Teil stan<strong>de</strong>n<br />

sie offen und machten einen Blick ins Innere möglich. Doch die ungebetenen<br />

Besucher eilten weiter zu <strong>de</strong>r Tür am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Gangs. Es war für Summs ein<br />

leichtes das Schloß zu überwin<strong>de</strong>n und so traten die ersten bei<strong>de</strong>n ein, während<br />

Ozirk vor <strong>de</strong>r Türe Wache stand. Die Kabine war durch einen großen Samtvorhang<br />

in <strong>de</strong>r Mitte geteilt. Die erste Hälfte wur<strong>de</strong> von einem großen Tisch beherrscht, über<br />

<strong>de</strong>m eine Sturmlaterne an einem Decksbalken hing. Sechs Stühle stan<strong>de</strong>n um <strong>de</strong>n<br />

Tisch. Hinter <strong>de</strong>m Vorhang stand ein großes Bett mit sei<strong>de</strong>nem Überwurf an <strong>de</strong>n<br />

<strong>Band</strong> IV.47


Bordwän<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>n vergitterten Fenstern waren Truhen auf die sich die bei<strong>de</strong>n<br />

stürzten.<br />

„Klamotten, Klamotten, Dolch, Klamotten“, murmelte <strong>de</strong>r Gnom beim Durchstöbern.<br />

„Verdammte Elfenkacke, so ein Ring ist verflixt klein.“ Er hielt inne, ließ Leros<br />

weitersuchen und begann das Bett abzutasten. Auch nichts.<br />

Da öffnete Ozirk die Tür und zischte: „Schnell, kommt schon, die Zeit läuft uns<br />

davon. Verzweifelt eilten die bei<strong>de</strong>n zur Tür zurück, da fiel Summs Blick auf <strong>de</strong>n<br />

Tisch. Eine Schubla<strong>de</strong>. Verschlossen. Aber doch kein Hin<strong>de</strong>rnis für einen<br />

geschickten Gnom! Auf. Ein Dolch, ein Schal, ein Buch, Schreibpapier, Tinte, da,<br />

ein elfenbeinernes Kästchen. Aufgemacht, ah-ja, auf rotem Samt ein eiserner Ring.<br />

Mit triumphieren<strong>de</strong>m Blick steckte er es unter sein Wams und eilte zur Tür hinaus.<br />

Außen an <strong>de</strong>ck hatte die Brandbekämpfung bereits <strong>de</strong>utliche Fortschritte gemacht.<br />

Die gemischte Mannschaft von Land- und Schiffbewohner zerhackte glimmen<strong>de</strong>s<br />

Tau und kokeln<strong>de</strong>s Holz, um es über Bord zu werfen. Bald war alles vorbei und mit<br />

<strong>de</strong>m ersten Streifen <strong>de</strong>s Morgengrauens wur<strong>de</strong>n die Helfer verabschie<strong>de</strong>t und das<br />

angeschlagene Schiff zur Marinestation verholt.<br />

Der Botschafter und sein Gefolge wur<strong>de</strong> von Helferich am Strand erwartet und<br />

Richtung Herzogspalast geleitet.<br />

<strong>Band</strong> IV.48


Ringe<br />

Zum Glück niemand außer Akara erwartete die ans Land geschwommene Kelen.<br />

Bei<strong>de</strong> stahlen sich unauffällig in ihre Mäntel gehüllt zurück in ihre Schlafquartiere.<br />

Einige Zeit später trafen auch die an<strong>de</strong>ren ein.<br />

Gemeinsam berieten sie auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n sitzend über <strong>de</strong>n zwischen ihnen in<br />

seinem offenen Kästchen liegen<strong>de</strong>n Ring.<br />

Gespannt blickten sie <strong>de</strong>n Bastard an, <strong>de</strong>r nach kurzer Untersuchung das<br />

Vorhan<strong>de</strong>nsein einer magischen Aura bestätigte. Auch Akara fand ihre Erwartung<br />

bezüglich böser Strömungen bestätigt.<br />

Dann blickten sie einan<strong>de</strong>r an, bis Igor sagte, ich probiers und ihn an <strong>de</strong>n Finger<br />

steckte.<br />

Doch vergeblich erwartete er das ihm so bekannte und auch irgendwie ersehnte<br />

Gefühl <strong>de</strong>r Macht.<br />

Nichts, Leere. Verwirrt blickte er in die fragen<strong>de</strong>n Gesichter <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>ren.<br />

„Er ist es nicht“, flüsterte <strong>de</strong>r Bastard und Tränen schoßen in seine Augen. Seine<br />

Klaue zuckte zum Finger und er versucht <strong>de</strong>n Ring abzuziehen um ihn voll<br />

Enttäuschung wegzuwerfen, doch <strong>de</strong>r Ring ließ sich nicht mehr abnehmen. Wie<br />

angewachsen klebte er an <strong>de</strong>m Finger. Auch die Versuche mit kaltem Wasser,<br />

Seife, Fä<strong>de</strong>n und Gnomenspucke waren erfolglos, und die Axttechnik <strong>de</strong>s Zwerges<br />

war nun wirklich nicht nach Igors Geschmack<br />

Nach weiterer Beratung über die morgigen Möglichkeiten legten sie sich schlafen, in<br />

einer Nacht, die nun wirklich kurz gewor<strong>de</strong>n war. Igor schlief wenig, und das<br />

Wenige wur<strong>de</strong> von unangenehmen Träumen gestört, die mit diesem ungewollten<br />

Ring zusammenhingen.<br />

Kurz vor Mittag nahm die ganze Gruppe ein ausgiebiges verspätetes Frühstück ein<br />

und trennte sich dann. Igor beschloß nochmal alle seine Kenntnisse bezüglich<br />

Magie auf <strong>de</strong>n Ring anzuwen<strong>de</strong>n. Doch vergeblich, neue Erkenntnisse konnte es<br />

ihm nicht entlocken. Der falsche Ring schien <strong>de</strong>n verzweifelten Bastard verhöhnen<br />

zu wollen.<br />

Leros ging mit Kelen in Richtung Liegeplatz Marinehafen, während die an<strong>de</strong>ren im<br />

Hafen und Stadt auf die Jagd nach Information waren.<br />

Doch die die Marinestation war bereits weit außerhalb auf <strong>de</strong>r Halbinsel durch<br />

Posten abgesperrt. Leros fragte, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Doppelposten <strong>de</strong>n Durchgang<br />

verwehrte, diesen nach Neuigkeiten und vor allem was wohl <strong>de</strong>r Grund für <strong>de</strong>n<br />

Brand war.<br />

„Nun“, antwortete dieser. „Das ist doch sonnenklar. Das waren Agenten <strong>de</strong>s<br />

Geheimdienstes von <strong>de</strong>m Ursupator Henog. Die haben das Schiff unseres<br />

Verbün<strong>de</strong>ten angesteckt um die zum Abzug zu bewegen und uns so die Mittel für<br />

die weitere Kriegsführung zu entziehen.“<br />

„Quatsch“, mischte sich da sein Kamerad ein. „Die haben das selbst angesteckt.<br />

Kuck nicht so ungläubig. Die ganze Zeit hat die Herzogin versucht sich die<br />

Mischpoke von Saas-Kwaaq vom Leib zu halten und nun? Wo wohnen sie jetzt? Im<br />

Herzogspalast. Ihr wer<strong>de</strong>t schon sehen, das wird gar nicht lang dauern, dann ist sie<br />

völlig ihrem ver<strong>de</strong>rbten Einfluß ausgeliefert. Ach was soll dann nur aus Rauricaria<br />

wer<strong>de</strong>n?“<br />

„Was ist <strong>de</strong>nn hier los?“, ertönte da eine dunkle, befehlsgewohnte Stimme hinter<br />

ihnen. Der wachhaben<strong>de</strong> Sergeant kam auf seinem Rundgang eben vorbei und<br />

hatte die letzten Sätze mitbekommen. „Da macht euch mal keine Sorgen. Die<br />

Herzogin fällt schon nicht auf die gefönten Froschfresser rein. Außer<strong>de</strong>m verzählt<br />

<strong>Band</strong> IV.49


ihr wie<strong>de</strong>r nur Quatsch und das auch noch Zivilisten. Die glauben doch alles und<br />

erzählen das auch noch weiter. So entstehen Gerüchte. Laßt euch nur von einem<br />

alten Soldaten gesagt sein, das riecht nach einem elfischen Anschlag. Heimlich und<br />

gemein eben. Grins nicht. Laß dir mal erklären. Wer beteiligt sich nicht am Krieg?<br />

Bei wem gibt es we<strong>de</strong>r Tote noch zerstörte Häuser und Fel<strong>de</strong>r? Wer lauert in <strong>de</strong>n<br />

tiefen undurchdringlichen Wäl<strong>de</strong>rn? Wer beliefert alle Beteiligten mit Waren? Wer<br />

kämpft am liebsten aus <strong>de</strong>m Hintzerhalt und ganz gern mit Magie?<br />

Die Antwort ist immer und überall: Elfen!<br />

Sie stiften Unfrie<strong>de</strong>n, sähen Krieg und sind hinterher Gewinner, da es wegen ihres<br />

Einmischens nur Verlierer gibt“.<br />

„Und nun geht weiter, hier gibt es nichts zu sehen“<br />

So war es auch. Um je<strong>de</strong> Menge verwirren<strong>de</strong> Informationen reicher machten sich<br />

die bei<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Rückweg.<br />

In <strong>de</strong>r Zwischenzeit hatte Akara <strong>de</strong>n Hafenmeister abgepaßt und ihm die Frage<br />

nach <strong>de</strong>m Brand gestellt. Da er sie vom Fest bei <strong>de</strong>r Herzogin noch kannte, wur<strong>de</strong><br />

er schnell vertraulich, flüsterte er ihr ins Ohr: „Meiner Meinung nach ließ Helferich<br />

<strong>de</strong>n Brand legen. Ja, schaut nicht so verstört. Überlegt doch mal, wenn ihr ein Schiff<br />

verbrennen wolltet wür<strong>de</strong>t ihr einfach so ein bischen Öl auf Deck schütten? Nein,<br />

natürlich nicht. Schiffe brennt man unter <strong>de</strong>ck an. Da dauert es länger bis es<br />

bemerkt wird und die Schä<strong>de</strong>n sind dann auch viel schwerwiegen<strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Brand<br />

ist viel schwieriger zu bekämpfen. Aber Ihr habt <strong>de</strong>n Hauptmann doch auch schon<br />

erlebt. Niemand weiß, was er wirklich <strong>de</strong>nkt und wen er alles in <strong>de</strong>r Hand hat. Nicht,<br />

daß ich ihn kritisieren wollte, er wird schon seine sicher guten Grün<strong>de</strong> haben.<br />

Sicher hat er die ganze Zeit versucht Informationen über die Saas-Kwaaqer zu<br />

erhalten. Aber wohl ohne Erfolg solange die an Bord ihres Schiffes waren. Und habt<br />

ihr bemerkt wie er schon auf die vom brennen<strong>de</strong>n Schiff Flüchten<strong>de</strong>n am Strand<br />

wartete um sie in <strong>de</strong>n Palast zu lotsen. Die konnten das ja auch schlecht ablehnen<br />

und so ganz nebenbei hat er sie auch noch von ihrer Mannschaft getrennt, die jetzt<br />

auf <strong>de</strong>r Marinebasis wohnen.“<br />

„Und außer<strong>de</strong>m – hey ihr da, entschuldigt mich jetzt bitte, ihr da öffnet doch mal<br />

doch mal die Kiste.“ Der Hafenmeister ließ sich <strong>de</strong>n Inhalt einer Kiste ausbreiten<br />

bevor sie an Bord <strong>de</strong>r thyrschen Kogge gebracht wer<strong>de</strong>n konnte. Es han<strong>de</strong>lte sich<br />

aber nur um die im weiten Rund <strong>de</strong>s Innenmeeres so beliebten katinschen<br />

handbemalten Gartenelfen aus Ton in reichlich Stroh eingepackt.<br />

Akara trollte sich davon. Auf <strong>de</strong>m Rückweg zur Zwergenkneipe traf sie Summs. Er<br />

erzählte ihr stolz, was er auf <strong>de</strong>m Markt von mehreren Händlern gehört hatte.<br />

„Stell Dir vor Akara“, sagte er lachend, „<strong>de</strong>r Brand <strong>de</strong>r Staatsschiffes von Saas-<br />

Kwaaq ist ein thyrsches Komplott. Ja kuck nicht so verwun<strong>de</strong>rt, ist doch ganz klar.<br />

Schau, <strong>de</strong>r Makor von Saas-Kwaaq hat in seiner neuen Werft so an die zehn große<br />

Schiffe bauen lassen, von <strong>de</strong>nen dies hier eines war. Diese Schiffe sind natürlich<br />

eine Gefahr für die Seeherrschaft von Thyr. Und ist es nicht verdächtig, daß gera<strong>de</strong><br />

jetzt zwei Vertreter <strong>de</strong>r führen<strong>de</strong>n Familien aus Thyr hier anwesend sind.“<br />

Jetzt mußte auch Akara grinsen, „Na die eine Vertreterin hast du ja durchaus schon<br />

kenengelernt.“<br />

„Eben“, entgegnete <strong>de</strong>r Gnom und rieb sich genießerisch die Nase. Verträumt<br />

blickte er nach unten auf die große gelbe Rose im Knopfloch seiner<br />

geschmackvollen samtenen Jacke.<br />

Bei ihrer Ankunft in <strong>de</strong>r Kneipe wur<strong>de</strong>n sie bereits gespannt von <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

erwartet, die ihnen mitteilten, daß ihre Zimmer in <strong>de</strong>r Abwesenheit durchwühlt<br />

<strong>Band</strong> IV.50


wur<strong>de</strong>n und die Beschreibung <strong>de</strong>s Mannes <strong>de</strong>r sich vorher im Gastraum vergeblich<br />

nach ihnen erkundigt hatte, paßte genau auf <strong>de</strong>n Kumpel dieses verflixten Elfen.<br />

„Verdammte Elfenscheisse“, begann Ozirk wie<strong>de</strong>r zu fluchen und wandte sich an<br />

<strong>de</strong>n Wirt.<br />

„Laßt alle wissen, ich zahle diese fünf Auri hier <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r uns Nachricht bringt wo<br />

<strong>de</strong>r Elf o<strong>de</strong>r sein Kumpel ihr Quartier haben.“ Der Wirt nickte be<strong>de</strong>utsam und wog<br />

die Münzen nach<strong>de</strong>nklich in <strong>de</strong>r Hand. Er schlug Ozirk auf die Schulter und<br />

humpelte zur Küchentür, aus <strong>de</strong>r interessierte Gesichter auf die Hand mit <strong>de</strong>n<br />

Münzen und <strong>de</strong>n merkwürdigen Inselzwerg schauten, <strong>de</strong>r freiwillig sich von gutem<br />

Gold trennte.<br />

„Was steht ihr hier herum, lauft los und erzählt es euren Freun<strong>de</strong>n, aber in einer<br />

Stun<strong>de</strong> seid ihr wie<strong>de</strong>r da“, hörte man ihn aus <strong>de</strong>r Küche rufen.<br />

Mit einer Platte gegrillter Häppchen und einem Krug Zwergenschnaps kam er unter<br />

<strong>de</strong>n beifälligen Rufen <strong>de</strong>r ganzen Gruppe zurück in die Schankstube.<br />

Nach diesem zweiten Frühstück o<strong>de</strong>r sollte man besser verspätetes Mittagsmahl<br />

sagen, ging es auf die Einladung eines Boten erneut zu Helferich. Diesmal mit mehr<br />

als gemischten Gefühlen.<br />

Fast wie schuldbewusste Schüler traten sie vor <strong>de</strong>n Tisch <strong>de</strong>s Hauptmanns.<br />

Er blickt auf und musterte Kelen lang und intensiv, bis sie verlegen zu Bo<strong>de</strong>n<br />

schauen musste. Dann wan<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>r Blick über die Gruppe bis zu Igor. Dieser hatte<br />

das Gefühl, daß dieser Mensch sein Gesicht durch das Dunkel <strong>de</strong>r Kapuze sehen<br />

konnte, ja, daß sein Blick sich tief durch die Augen brannte, bis in die geheimsten<br />

Gedanken. Der Bastard schüttelte sich und Helferich blickt auf und sprach: „Ihr seid<br />

morgen Abend Gäste bei <strong>de</strong>r Herzogin. Es gibt ein mehrgängiges Essen zu Ehren<br />

<strong>de</strong>s Botschafters von Saas-Kwaaq und seiner glücklichen Errettung. Beginn zur<br />

zehnten Stun<strong>de</strong>.“<br />

Er senkte <strong>de</strong>n Blick wie<strong>de</strong>r auf sein Buch in <strong>de</strong>m er sich Notizen machte. Die<br />

Gefährten blickten sich an. Und warteten.<br />

Da flüsterte <strong>de</strong>r Hauptmann ohne aufzuschauen: „Danke ihr könnt gehen. Ich <strong>de</strong>nke<br />

Daregbos Gresler erwartet euch schon.“<br />

Die sechs drehten sich um und gingen verstört Richtung Tür. Da hörten sie <strong>de</strong>n<br />

Hauptmann noch anmerken: „Ach, Kelen.“ Sie drehte sich um und wur<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r<br />

vom Blick <strong>de</strong>s Sitzen<strong>de</strong>n festgehalten. „Kelen, kommt bitte mit trockenem<br />

Untergewand, die Herzogin haßt Wasserflecken auf ihren Holzbö<strong>de</strong>n.“<br />

Im Hof angekommen prustete Summs los. „Das war ein Scherz. Der erste <strong>de</strong>n er<br />

gemacht hat.“<br />

„Ja, auf meine Kosten“, meinte die Zauberin.<br />

Igor wun<strong>de</strong>rte sich, wie dieser Mensch doch offenbar alle Fä<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Hand hielt,<br />

<strong>de</strong>nn natürlich nun mussten sie zu Daregbos Gresler, wer konnt ihm mit diesem<br />

Ring <strong>de</strong>nn sonst schon weiterhelfen.<br />

Daregbos Gresler schien sie schon zu erwarten, <strong>de</strong>nn die Torwache seines<br />

Anwesens hieß sie ihm zu folgen. Sie warteten nur kurze Zeit, dann teleportierte<br />

sich <strong>de</strong>r Hofmagier ebenfalls in <strong>de</strong>n Saal, <strong>de</strong>n zumin<strong>de</strong>st Igor und Kelen noch vom<br />

letzten Mal her kannten. Herzlich begrüßte er die sechs Freun<strong>de</strong> und nahm sich<br />

dann <strong>de</strong>s ihm geschil<strong>de</strong>rten Problems an.<br />

Nach <strong>de</strong>m Wirken einiger Zauber aus <strong>de</strong>m Erkenntniskreis, bat er sie doch<br />

mitzukommen und teleportierte die ganze Gruppe in einen Raum im Turm <strong>de</strong>r<br />

offensichtlich für Versuche benutzt wur<strong>de</strong>. Sie stan<strong>de</strong>n um eien großen Tisch<br />

<strong>de</strong>ssen Platte aus einem einzigen Stück harten schwarzen vulkanischem Gestein<br />

<strong>Band</strong> IV.51


zu sein schien. Von seinem ob <strong>de</strong>r vielen Besucher etwas verschüchtert wirken<strong>de</strong>m<br />

Gehilfen ließ er sich nacheinan<strong>de</strong>r zwei Bücher reichen, murmelte kopfschüttelnd in<br />

seinen Bart. Dann ließ er sich eine Spruchrolle und ein kleines Kästchen bringen,<br />

memorierte geübt <strong>de</strong>n dort nie<strong>de</strong>rgeschriebenen Spruch und klopft dabei mit einem<br />

aus <strong>de</strong>m Kästchen genommenen kleinen Silberhammer gegen <strong>de</strong>n Ring.<br />

Auf sein Nicken konnte Igor ihn abziehen. Nun lag er klein und harmlos auf <strong>de</strong>m<br />

Tisch vor ihnen.<br />

Wie <strong>de</strong>r Magier ihnen erklärte, waren zwei Zauber auf <strong>de</strong>n Ring gelegt wor<strong>de</strong>n, als<br />

erstes <strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r das Abziehen verhin<strong>de</strong>rte und als zweites ein Alarmzauber, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m<br />

Erschaffer auf Kommando <strong>de</strong>n Ort <strong>de</strong>s Ringes verrät.<br />

Nach kurzer Beratung gaben sie <strong>de</strong>m Wunsch Daregbos Greslers nach, und<br />

überließen ihm <strong>de</strong>n Ring für weitere Versuche. Wollte er doch herausfin<strong>de</strong>n, ob er<br />

eine Spur zurück zu <strong>de</strong>m Erschaffer <strong>de</strong>s Ringes aufspüren könne.<br />

Ferner schlug er vor eine Kopie dieses Rings anzufertigen, also genauer gesagt<br />

eine Kopie <strong>de</strong>r Kopie <strong>de</strong>s machtvollen Ringes <strong>de</strong>n Igor so vermißte.<br />

Die neue Kopie sollte <strong>de</strong>n Träger warnen, wenn <strong>de</strong>r Erschaffer <strong>de</strong>r alten Kopie<br />

versuchen sollte <strong>de</strong>n Alarmzauber auszulösen.<br />

Der Hofmagier ließ sich hierzu von seinen Gehilfen erst einen Ring bringen <strong>de</strong>n er<br />

mit einem ausgefeilten Verwandlungszauber in eine äußerliche Kopie <strong>de</strong>s<br />

Ausgangsringes verwan<strong>de</strong>lte, dann belegte er ihn mit einem auf <strong>de</strong>n dort<br />

verwen<strong>de</strong>ten Alarmzauber abgestimmten eigenen Alarmzauber.<br />

Dieser wird nach seiner Aussage ein leichtes Kribbeln im Finger verursachen.<br />

Überschwenglich bedankte sich die Gruppe bei diesem so hilfsbereiten und<br />

mächtigen Magier. Beschei<strong>de</strong>n wehrte dieser ab und bemerkte wie<br />

selbstverständlich für ihn diese Hilfe doch war. Er teleportierte sich mit ihnen noch<br />

in <strong>de</strong>n Hof, ja begleitete sie noch bis zur Tür und wünschte ihnen einen schönen<br />

Nachmittag und einen anregen<strong>de</strong>n Abend morgen in <strong>de</strong>r Gesellschaft <strong>de</strong>r Herzogin.<br />

Tief beeindruckt von <strong>de</strong>r Person und <strong>de</strong>m Wissen <strong>de</strong>s Magiers traten sie <strong>de</strong>n<br />

Rückweg an. Hier hatten sie nun aber wirklich einen uneigennützigen und ehrlichen<br />

Freund gefun<strong>de</strong>n. Nur Igor bewahrte sich eine kräftige Spur Mißtrauen, nicht nur<br />

das dies bastar<strong>de</strong>igen wäre, auch seine prägen<strong>de</strong>n Jugen<strong>de</strong>rfahrungen bezüglich<br />

mächtiger Magier ließen ihn keinesfalls in die Vertrauenseligkeit <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

einstimmen, aber auch er mußte <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren zustimmen, daß sie von diesem doch<br />

so mächtigen Manne bisher nur Gutes erfahren hatten.<br />

Der Abend sah Leros, Akara und Summs auf <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>m ihnen<br />

empfohlenen Restaurant durch die Stadt in Richtung Herzogspalast schlen<strong>de</strong>rn. Die<br />

Magier bevorzugten <strong>de</strong>n Abend zum Studium zu nutzen, wohingegen Ozirk sich in<br />

<strong>de</strong>r Zwergengesellschaft ausreichend wohl fühlte. Den drei Nachtschwärmern stand<br />

heute <strong>de</strong>r Sinn nach höheren Genüssen, sollte doch das Gol<strong>de</strong>ne Lamm die beste<br />

Küche <strong>de</strong>r Stadt haben. So erzählte <strong>de</strong>r Gnom bereits auf <strong>de</strong>m Weg von<br />

kulinarischen Gaumenkitzlern die er in an<strong>de</strong>ren Städten kennengelernt hatte. Leros<br />

war wie<strong>de</strong>r einmal beeindruckt, ob <strong>de</strong>r weltmännischen Art <strong>de</strong>s vielgereisten<br />

Gnoms. Akara konnte hingegen ein Grinsen nur mühsam unterdrücken.<br />

Das vergol<strong>de</strong>te im Abendwind leicht schaukeln<strong>de</strong> Lamm an <strong>de</strong>r Hauswand zeigte<br />

ihnen von weitem ihr Ziel an.<br />

Die Eintreten<strong>de</strong>n waren überwältigt ob <strong>de</strong>r gewählten Ausstattung <strong>de</strong>s Lokals.<br />

Rechts eine lange Theke aus dunklen poliertem Holz hinter <strong>de</strong>r ein Angestellter in<br />

weissem Hemd und roter Weste eifrig ein Glas polierte, davor mehrere hohe<br />

<strong>Band</strong> IV.52


hölzerne Schemel mit rotem Le<strong>de</strong>rbezug von <strong>de</strong>nen zwei besetzt waren.<br />

Gera<strong>de</strong>aus die Hauptfläche in <strong>de</strong>nen Tische unterschiedlicher Größe stan<strong>de</strong>n, zum<br />

Teil besetzt, zumTeil auf Besucher wartend. Der Gnom grüßte die Gäste die ihren<br />

Blick im zuwandten, einige kamen ihm auch bekannt vor, vielleicht vom Empfang<br />

bei <strong>de</strong>r Herzogin. Ja und da erblickten seine Augen auch Carina von Limur und<br />

ihren Exgladiator Rorik, sie hatte ihn ebenfalls erkannt und winkte herüber, worauf<br />

sich eine Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit ihrem Begleiter anschloß.<br />

Von <strong>de</strong>m Geschehen abgelenkt hatte nicht mitbekommen, daß Akara sich bei <strong>de</strong>m<br />

an sie herantreten<strong>de</strong>n Ober für eine <strong>de</strong>r linker Hand liegen<strong>de</strong>n Wandnischen<br />

entschie<strong>de</strong>n hatte. Eilig schritt er seinen Freun<strong>de</strong>n hinterher. Die Nische war ein<br />

vorne abgeschnittenes Oval mit umlaufen<strong>de</strong>r Sitzbank und hätte wohl auch sechs<br />

Personen Platz geboten. Die Sitzkissen waren natürlich farblich passend zu <strong>de</strong>m<br />

auf <strong>de</strong>m Tisch liegen<strong>de</strong>n Tuch und <strong>de</strong>m niedrigen Blumengesteck. Ein vierarmiger<br />

kerzenbestückter Leuchter spen<strong>de</strong>te reichliches aber angenehmes Licht.<br />

Ein schwerer roter Vorhang machte es möglich die Nische auch von <strong>de</strong>m Gastraum<br />

abzutrennen.<br />

Bei <strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Weine und Speisen war <strong>de</strong>r Gnom wie<strong>de</strong>r ganz in seinem<br />

Element. Das wichtigste war natürlich sich nicht beeindrucken zu lassen und über<br />

die Abwesenheit von Preisangaben nicht zu stolpern. Natürlich war <strong>de</strong>r ihm<br />

empfohlene Wein nicht gut genug, aber bald war diese Hür<strong>de</strong> doch genommen und<br />

auch in <strong>de</strong>r Speisenfolge schaffte er es dann schließlich sich mit <strong>de</strong>m Ober zu<br />

verständigen. Dieser kam bald wie<strong>de</strong>r mit einem silbernen Weinkrug, einem Satz<br />

Gläser und frischgebackenem Brot zurück. Angeregt unterhielten sich die drei über<br />

ihre jüngsten Erlebnisse. Der erste Gang mit kräftiger Fischsuppe lenkte das<br />

Gespräch wie selbstverständlich auf ihre Reisen zur See. Der kleine Zwischengang<br />

mit kandierten Pinienkernen auf sahnigem Feigenmuss wies bereits auf <strong>de</strong>n<br />

kommen<strong>de</strong>n Wildgang. Die Stücke von einjahrigen Wildschweinen waren so wie<br />

angekündigt, innen ganz zart unter knuspriger Honigkruste. Ein kräftiger Rotwein<br />

run<strong>de</strong>te gekonnt das Geschmackserlebnis ab. Ein kleiner fast gefrorener<br />

Limonentrink mit reichlich Alkohol darin bereitete dann auf das leicht in<br />

Orangensosse gegarte Geflügel vor. Wohlig seufzte <strong>de</strong>r Gnom und ließ <strong>de</strong>n danach<br />

gereichten klaren Tresterbrand die Kehle hinabrollen. Dann zog er sein Wams<br />

zurecht und machte sich auf <strong>de</strong>n Weg zum heymlichen Gemach. Unterwegs hatte<br />

er wie<strong>de</strong>r tiefen Blickkontakt zu Carina, sie lächelte ihm zu und fuhr genießerisch<br />

mit <strong>de</strong>r Zunge über ihre vollen Lippen, bevor sie genußvoll einen Löffel Sahnecreme<br />

ausschleckte. Freundlich lächelnd aber innerlich <strong>de</strong>n Kopf schüttelnd stieg er die<br />

Treppe ins Untergeschoß hinab. Dort mußte er sich in <strong>de</strong>r unsicheren Beleuchtung<br />

kurz orientieren ging dann <strong>de</strong>n Gang entlang an mehreren Türen vorbei und fand<br />

schließlich die durch ein ausgeschnittenes Männchen gekennzeichnete Türe.<br />

Dahinter war eine Waschschüssel mit einem Krug Wasser und einem kleinen aber<br />

echten Spiegel an <strong>de</strong>r Wand, <strong>de</strong>r gesuchte Lokus war hinter einer Brettertür. Er<br />

nestelte eben bereits an seinem Gürtel und langte an <strong>de</strong>n Griff <strong>de</strong>r Tür, da fiel die<br />

hinter ihm liegen<strong>de</strong> laut ins Schloß und zwei Hän<strong>de</strong> griffen nach ihm.<br />

Er drehte sich um und wur<strong>de</strong> von Carina an ihren von leichter Sei<strong>de</strong> nur<br />

unzureichend be<strong>de</strong>ckten Körper gepreßt. Sie flüsterte mit heiserer Stimme wie sehr<br />

sie auf diesen Moment gewartet hat. Da hatte auch Summs seine Überraschung<br />

überwun<strong>de</strong>n und ließ seine geübten Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>s kunstvoll<br />

überschlagenen Sei<strong>de</strong>ntuches folgen, bis er mit einer Hand mit kleinen Kreisen <strong>de</strong>m<br />

Verlauf ihrer Wirbel folgen konnte. Wohingegen die an<strong>de</strong>re einer kleinen<br />

Flaumfe<strong>de</strong>r gleich die Innenseite ihrer mit feinen hellen Härchen besetzten<br />

Oberschenkel erkun<strong>de</strong>te. Er spürte wie ihre Knie zu Zittern begannen und sie ihn<br />

<strong>Band</strong> IV.53


mit einem Stöhnen an sich preßte. Inzwischen hatte sein Harndrang einem an<strong>de</strong>ren<br />

Drang Raum gegeben, was von <strong>de</strong>n suchen<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n Carinas aufs freudigste<br />

begrüßt wur<strong>de</strong>.<br />

Akara und Leros hatten durch das Auftragen <strong>de</strong>r Gemüseterrine a´la Soled, mit<br />

reichlich Schafskäse und Auberginen nicht mitbekommen, daß Carina ihrem kleinen<br />

Freund gefolgt war. So zeigten sie sich verwun<strong>de</strong>rt, daß er auch beim<br />

Zwischengang aus Olivenbrot mit gesalzener Butter nicht zurückwar. Erst <strong>de</strong>r<br />

gefüllte Octopus sah Summs wie<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Tisch treten. Irgendwie hatte er in <strong>de</strong>n<br />

Knien einen etwas weichen Gang und hievte sich mit hörbarem Aufseufzen auf das<br />

Polster hoch. Die bei<strong>de</strong>n schauten ihn fragend an doch er zuckte nur mit <strong>de</strong>n<br />

Achseln, grinste verschwörerisch und machte sich über das leckere Meeresgetier<br />

her.<br />

Mit einer Auswahl an Süßem neigte sich die Speisenfolge nun auch <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> zu,<br />

da setzte sich Carina mit einem Krug feinsten thyrschen Weins und freundlichem<br />

Lächeln zu ihnen. Schnell drehte sich das Gespräch um Akara und die Göttin<br />

Aphrodite. Zu <strong>de</strong>r Carina, wie sie bekannte, auch starke Affinität verspürte. Summs<br />

verspürte eher ihre Zehen seinen Unterleib massieren.<br />

Die seinen waren lei<strong>de</strong>r zu kurz um unter <strong>de</strong>m Tisch durchzureichen, so musste er<br />

sich begnügen ihre schlanke Fessel mit seinen Fingerspitzen zu liebkosen.<br />

Der Ober brachte eine Platte mit verschie<strong>de</strong>nen Käsesorten <strong>de</strong>r Region und fragte<br />

ob auch alle zufrie<strong>de</strong>n seien, allgemeines sattes Nicken war die Antwort, nur Carina<br />

ließ sich vernehmen, daß ein bißchen was doch wohl immer noch ginge und<br />

lächelte <strong>de</strong>n Gnom verführerisch an. Worauf Akara nun doch bemerkte, daß hier<br />

etwas im Busch war und fragte wie es <strong>de</strong>nn um die bei<strong>de</strong>n stehe, worauf Summs<br />

leicht errötend etwas von „na so zwei zu sieben“ mumelte und Carina ergänzte, „ich<br />

arbeite noch daran“.<br />

Alle lachten, auch Leros <strong>de</strong>r nicht so genau wußte um was es ging.<br />

Sie wies dann die drei daraufhin, daß hier <strong>de</strong>r Botschafter von Saas-Kwaaq öfters<br />

speiste. Worauf Summs beim anschließen<strong>de</strong>n Begleichen <strong>de</strong>r Rechnung von<br />

horren<strong>de</strong>n zweiundfünfzig Auri, dies verschlug Leros buchstäblich die Sprache, <strong>de</strong>n<br />

Ober bat, ihm doch Bescheid zu geben so <strong>de</strong>r Botschafter hier speisen wür<strong>de</strong>, da er<br />

diesen so gerne kennenlernen wür<strong>de</strong>.<br />

Satt und Matt machte sich die Gruppe mit einem grummeln<strong>de</strong>n und angetrunkenen<br />

Leibwächter im Schlepptau auf <strong>de</strong>n Weg und selbstverständlich brachten sie Carina<br />

noch bis an die Tüpr ihres angemieteten Hauses.<br />

Nach herzlicher Verabschiedung wankten sie dann heimwärts ihren warten<strong>de</strong>n<br />

Strohsäcken entgegen.<br />

Als sie zum Frühstück in <strong>de</strong>r Zwergenkneipe einliefen, wartete <strong>de</strong>r Wirt bereits<br />

höchst aufgeregt auf sie.<br />

„Wir haben ihn“, rief er ihnen entgegenhumpelnd aus. „Er ist im Südtorviertel in <strong>de</strong>r<br />

´Karawane´abgestiegen.“<br />

„Na dann laßt uns mal ausgiebig frühstücken“, gab <strong>de</strong>r Gnom in Erinnerung an die<br />

bei Fulrad gelernte Lektionen zurück. „Und erzählt uns dabei was ihr und eure<br />

Informanten herausgefun<strong>de</strong>n habt.“<br />

Verwun<strong>de</strong>rt über diese zurückhalten<strong>de</strong> Reaktion ließ <strong>de</strong>r Wirt das Frühstück<br />

hereinbringen und setzte sich dann zu ihnen. So erfuhren sie, daß bereits gestern<br />

abend eine erste Spur aufgenommen wor<strong>de</strong>n war und heute morgen wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Kumpel <strong>de</strong>s Elfen tatsächlich gesehen, wie er nach einigen Besorgungen auf <strong>de</strong>m<br />

Markt wie<strong>de</strong>r in sein Quartier zurückging.<br />

„Na dann packen wir das doch an“, meinte mit überlegener Miene Summs und<br />

<strong>Band</strong> IV.54


stand seinen Teller zurückschiebend gemächlich auf.<br />

„Gut“, meinte Leros. „fünf Minuten Ausrüstung holen, dann wie<strong>de</strong>r hier zum<br />

Abmarsch.“ Alle brachen auf, alle? Nein, Igor blieb nach<strong>de</strong>nklich sitzen. Hatte es<br />

doch bereits seine Sprüche memoriert. So ganz sicher war sich <strong>de</strong>r Bastard auch<br />

nicht mehr ob diese Aktion wirklich etwas bringen wür<strong>de</strong>, immerhin war doch<br />

offensichtlich bereits <strong>de</strong>r Botschafter von Saas-Kwaaq im Besitz <strong>de</strong>s Rings und<br />

Helferich sah einem Kampf in <strong>de</strong>r Stadt sicher nicht gern.<br />

Seufzend stemmte er sich an <strong>de</strong>r Tischplatte hoch als die an<strong>de</strong>ren lärmend und<br />

Waffenscheppernd von ihrem Quartier zurückkamen.<br />

Gemeinsam machten sie sich auf <strong>de</strong>n Weg zum Südtor, wobei sie natürlich<br />

versuchten unauffällig auszusehen. Immerhin, Schil<strong>de</strong>r und Spieße hatten sie<br />

zuhause gelassen. Die „Karawane“ lag an <strong>de</strong>r Hauptstrasse die vom Südtor in<br />

Richtung Brücke führte. Wie in Katin üblich zeigte sie zur Strasse nur eine<br />

abweisen<strong>de</strong> Fassa<strong>de</strong> mit wenigen Fensteröffnungen in <strong>de</strong>n oberen Geschoßen. Der<br />

Eingang war vom Innenhof aus, im breiten Durchgang in <strong>de</strong>nselben war ein kleiner<br />

Nebeneingang, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Geklepper aus <strong>de</strong>m danebenliegen<strong>de</strong>n vergitterten Fenster<br />

nach zu urteilen wohl in die Küche führte. Im Hintergebäu<strong>de</strong> waren Stallungen, die<br />

aber nur teilweise belegt waren. Igor <strong>de</strong>r Mühe hatte <strong>de</strong>n ihrem Ziel<br />

entgegenstreben<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>n zu folgen, wollte eben um eine Taktik nachfragen,<br />

da meinte Leros: „Also auf greifen wir uns das Schwein“, und betrat als erster die<br />

Gaststube, hinter ihm drängten sich schon Summs und Ozirk. Summs rief eben<br />

nach ganz hinten <strong>de</strong>utend, „Da ist er“, da war <strong>de</strong>r Mensch auch schon<br />

aufgesprungen und riß die Tür hinter sich auf. „Halt, stehenbleiben“, rief Leros und<br />

eilte quer durch <strong>de</strong>n Raum in Richtung Tür, gefolgt von <strong>de</strong>r ganzen Mannschaft.<br />

Der Wirt, <strong>de</strong>r zunächst meinte, gegen diese frem<strong>de</strong>n Randalierer einschreiten zu<br />

müssen, gab dieses Vorhaben spätestens bei Igor auf, <strong>de</strong>r wie üblich als letzter<br />

durch die Tür humpelte.<br />

Leros riß die Tür auf, das gezogenen Schwert in <strong>de</strong>r Hand, da sah er einen<br />

Wurfdolch auf sich zu fliegen. Sein Ausweichversuch en<strong>de</strong>te an <strong>de</strong>m hinter ihm<br />

heran drängeln<strong>de</strong>n Ozirk. Erstaunt sah er <strong>de</strong>n Dolch in seinem instinktiv zur Abwehr<br />

erhobenem Unterarm stecken und fühlte eine Taubheit <strong>de</strong>n Arm hoch klettern. Er<br />

taumelte nach vorne, sein Schwert war ihm zu schwer und fiel klirrend zu Bo<strong>de</strong>n, da<br />

gaben auch die schwergewor<strong>de</strong>nen Beine nach, und er sackte wie ein leerer Sack<br />

in sich zusammen. Die Spitze eines zweiten Dolches scharrte mit einem<br />

unangenehmen Geräusch über Ozirks Brustpanzer, da hatte auch Summs mit<br />

einem Wurf geantwortet. Ein Schrei zwischen Schmerz und Wut war die Antwort<br />

und die Gestalt verschwand die Treppe nach oben. Hinterher. Leichtfüßig sprang<br />

<strong>de</strong>r Gnom die steile Holzstiege hinauf gefolgt vom Zwerg und Kelen, Akara kniete<br />

besorgt bei Leros nie<strong>de</strong>r, winkte dann aber <strong>de</strong>n sie fragend anblicken<strong>de</strong>n Bastard<br />

weiter.<br />

Humpel-schlurf, Treppen, Humpel-Schlurf, dachte dieser, Humpel-Schlurf<br />

Verfolgungsjagd auf Treppen, Humpel-Schlurf, meine Spezialität! Humpel-Schlurf!<br />

Oben schaute Summs vorsichtig aus <strong>de</strong>m Treppenloch, doch <strong>de</strong>r Gegner war<br />

schon weitergerannt, ja schon auf <strong>de</strong>m nächsten Lauf ins nächste Geschoß, <strong>de</strong>r<br />

Gnom verfluchte seine kurzen Beine. Im Flur auf <strong>de</strong>m Weg zur Treppe überholte<br />

Kelen <strong>de</strong>n schweratmen<strong>de</strong>n Zwerg und war nun kurz hinter <strong>de</strong>m Gnom. Dieser<br />

machte oben wie<strong>de</strong>r langsamer, sah aber in diesem Flur die Tür an <strong>de</strong>ssen En<strong>de</strong><br />

zuschlagen. Er eilte darauf zu, die Magierin hinter ihm, er stieß die Tür auf, da flog<br />

von einer auf <strong>de</strong>m Tisch montierten Armbrust ein Bolzen auf ihn zu. Der Tisch war<br />

vor das offenstehen<strong>de</strong> Fenster geschoben. Er spürt <strong>de</strong>n Lufthauch als dieser<br />

Bolzen über ihn hinwegzischte und sich Putzspritzer versprühend in die Wand<br />

<strong>Band</strong> IV.55


hinter ihm bohrte. Nicht schon wie<strong>de</strong>r entkommen, dachte er noch als er zum<br />

Fenster eilte an <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vorhang sich in <strong>de</strong>r Morgenbrise leicht bauschte. Er zog<br />

einen Dolch um diesen vielleicht hinter einem Flüchten<strong>de</strong>n herwerfen zu können.<br />

Kelen die eben zu ihrem Glück nicht direkt hinter ihm gestan<strong>de</strong>n hatte, folgte ihm in<br />

<strong>de</strong>n Raum, da hörte sie ein leises Geräusch hinter sich, hinter <strong>de</strong>r offenen Türe.<br />

„Eine Falle durchzuckte es ihr Gehirn und sie versucht sich zur Seite zu werfen, da<br />

sah sie auch schon aus <strong>de</strong>n Augenwinkeln ein blitzen<strong>de</strong>s Schwert auf sich<br />

herunterrasen und ein furchtbarer Schmerz durchzuckte ihre linke Schulter. Mit<br />

einem lauten Schrei fiel sie zu Bo<strong>de</strong>n. Summs wirbelte herum und ließ <strong>de</strong>n<br />

bereitgehaltenen Dolch auf <strong>de</strong>n Angreifer zufliegen. Dessen Ausweichversuch war<br />

bei <strong>de</strong>r kurzen Entfernung und <strong>de</strong>r Enge <strong>de</strong>s Raumes vergeblich. Sein lautes<br />

Fluchen hallte von <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r, dann krachten das Kurzschwert <strong>de</strong>s Gnom<br />

und das Langschwert <strong>de</strong>s Menschen aneinan<strong>de</strong>r. Wohl war dieser geübt mit seinem<br />

Schwert aber wie Summs schnell merkte nicht gegen kleinere Gegner. So schaftte<br />

er es <strong>de</strong>ssen Abwehr zweimal zu unterlaufen und ihm schmerzhafte Wun<strong>de</strong>n<br />

beizufügen. Vielleicht hätte es Ozirks Auftauchen gar nicht bedurft, doch Summs<br />

war schon froh als er ihn hammerschwingend angreifen sah. Schnell war nun <strong>de</strong>r<br />

Kampf zu En<strong>de</strong> und die bei<strong>de</strong>n kümmerten sich besorgt um Kelen. Sie riefen nach<br />

Akara, die eilig die Treppe heraufgerannt kam und sich besorgt um Kelens schwere<br />

Wun<strong>de</strong>n kümmerte.<br />

„Arme Kelen“, murmelte sie. „Immer trifft es dich“. Der hohe Bluverlust machte sie<br />

wirklich besorgt aber mit <strong>de</strong>r Hilfe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren schaffte sie es <strong>de</strong>n Zustand<br />

zu stabilisieren, so daß Zeit gegeben war die Aphrodite um die Gunst <strong>de</strong>s Heilens<br />

zu bitten.<br />

Bis die vom Wirt alarmierte Stadtwache eintraf hatten Igor und Summs bereits mit<br />

geübter Routine die Leiche und <strong>de</strong>n Raum geplün<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r Gnom bevorzugte<br />

allerdings <strong>de</strong>n Ausdruck „aktive nachhaltige Beobachtung“. Angeblich eine elfische<br />

Technik wie er <strong>de</strong>r kritischen Akara versuchte zu erklären, diese wür<strong>de</strong>n das ein<br />

„sustainable active scanning“ nennen, so behauptete er zumin<strong>de</strong>st. Auch wenn dies<br />

<strong>de</strong>m um Kelen besorgten Zwerg nur ein verächtliches Schnauben entlockte.<br />

Akara hatte inzwischen erkannt, daß auch Kelen wie Leros zusätzlich zu <strong>de</strong>r<br />

ernsten Wun<strong>de</strong> noch von <strong>de</strong>r Wirkung eines lähmen<strong>de</strong>n Blutgiftes auf <strong>de</strong>r Waffe<br />

betroffen war. Diese Information ließ die bei<strong>de</strong>n Stöbern<strong>de</strong>n sehr viel vorsichtiger<br />

mit <strong>de</strong>n vielen Wurfpfeilen und sonstigen Waffen <strong>de</strong>s Toten umgehen.<br />

Schnell hatte <strong>de</strong>r Bastard festgestellt, daß zwei magische Gegenstän<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>n<br />

Besitztümmern waren. Ein kleiner silberner Ring mit <strong>de</strong>r Rune <strong>de</strong>s Schützens und<br />

<strong>de</strong>r Dolch <strong>de</strong>s Mannes <strong>de</strong>n er in einer reichgeschmückten Schei<strong>de</strong> noch am Gürtel<br />

trug. Ein kleiner Salbentiegel und ein Flakon mit klarer aber unangenehm stechend<br />

riechen<strong>de</strong>r Flüssigkeit gaben Rätsel auf. Gegengift? Nun vielleicht, das wür<strong>de</strong>n sie<br />

ein an<strong>de</strong>rmal klären. Schnell fan<strong>de</strong>n auch das schwarze Sei<strong>de</strong>nseil mit Klapphaken,<br />

das elfische Diebeswerkzeug (<strong>de</strong>s wie<strong>de</strong>r verpassten Elfen?) im zweiten Bün<strong>de</strong>l<br />

und die bei<strong>de</strong>n Tarnponchos Abnehmer. Und natürlich wur<strong>de</strong> auch das durch das<br />

Ableben <strong>de</strong>s Besitzers immobilisierte Bargeld schnell in <strong>de</strong>n örtlichen<br />

Wirschaftskreislauf rückgeführt.<br />

Von <strong>de</strong>r reichlich eingetroffenen Stadtwache wur<strong>de</strong>n sie aufs Wachlokal geleitet.<br />

Der diensthaben<strong>de</strong> Sergeant erklärte, daß er <strong>de</strong>n schon wie<strong>de</strong>r randalieren<strong>de</strong>n<br />

E<strong>de</strong>lzuckerpüppchen <strong>de</strong>r Herzogin gegenüber natürlich nie <strong>de</strong>n Ausdruck<br />

„abführen“ gebrauchen wür<strong>de</strong>.<br />

Igor saß still in <strong>de</strong>r Ecke auf <strong>de</strong>r Bank und beteiligte sich nicht am allgemeinen<br />

<strong>Band</strong> IV.56


Palaver und <strong>de</strong>m lautstarken Aussagen aufnehmen. Es fühlte sich so leer und die<br />

gera<strong>de</strong> stattgefun<strong>de</strong>n Aktion verstärkte dieses Gefühl nur noch. Denn die gewählte<br />

Vorgehensweise kam ihm so im Nachhinein nicht gera<strong>de</strong> sehr professionell vor.<br />

Wie<strong>de</strong>r war viel Glück notwendig, daß sie nicht einen <strong>de</strong>r Gefährten begraben<br />

mußten. Es seufzte, hoffentlich ist nicht irgendwann alles Glück aufgebraucht.<br />

Als nun Helferich auftauchte und diese Angelegenheit als eine <strong>de</strong>r nationalen<br />

Sicherheit bezeichnete und sie von <strong>de</strong>r harten Wartebank erlöste, bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />

Verwun<strong>de</strong>ten war die Lähmung nun auch schon abgeklungen, fühlte sich <strong>de</strong>r<br />

Wachhaben<strong>de</strong> in seiner gefassten Meinung natürlich mehr als bestätigt.<br />

Der Hauptmann verzichtete darauf ihnen eine Szene zu machen aber er schickte<br />

sie in ihre Kneipe und wenn sie vor <strong>de</strong>m Abholen am Abend noch einmal die Nase<br />

raustecken sollten gäbe er persönlich ihnen eine drauf.<br />

<strong>Band</strong> IV.57


Das Bankett<br />

Am Abend kamen zwei herzogliche Wachen um die ganz in Festtagsdress<br />

gewan<strong>de</strong>te Gruppe abzuholen.<br />

Gehorsam folgten sie ihnen zum Palast, zu Helferich, und diesem in <strong>de</strong>n Thronsaal,<br />

in <strong>de</strong>m schon eine größere Menschenmenge in lockerem Gespräch beisammen<br />

stan<strong>de</strong>n.<br />

Viele bekannte Gesichter schauten ihnen entgegen, Grüße wur<strong>de</strong>n gewechselt, und<br />

schnell hatten sie ein Glas gekühlten Weißwein in <strong>de</strong>r Hand als gelungener Aperitif<br />

an diesem warmen Frühsommerabend. Schnell stellten sie fest, daß <strong>de</strong>r Brand<br />

noch immer Gesprächsthema war, hart gefolgt von dieser Messerstecherei mit<br />

To<strong>de</strong>sfolge am Südtor und <strong>de</strong>r neuen Frisur <strong>de</strong>r Herzogin. Diese soll angeblich<br />

nach <strong>de</strong>r <strong>de</strong>rzeitigen Hofmo<strong>de</strong> in Saas-Kwaaq gerichtet sein.<br />

Die Herzogin erschien nach einiger Zeit mit <strong>de</strong>m überaus gutgelaunten Botschafter<br />

am Arm und <strong>de</strong>n sich angeregt unterhalten<strong>de</strong>n Michel von Lind und Fedor im<br />

Schlepptau.<br />

„Na toll“, dachte <strong>de</strong>r Bastard, „dicke Freun<strong>de</strong> sind sie wohl schon. Hoffentlich<br />

wer<strong>de</strong>n die Schiffsbrandstifter nicht auf <strong>de</strong>m Altar dieser Freundschaft geopfert.“<br />

Es bemerkte, daß Daregbos Gresler nicht anwesend war, dies verwun<strong>de</strong>rte ihn<br />

doch sehr, aber als seine dunkelgewohnten Augen in <strong>de</strong>r Schwärze <strong>de</strong>s<br />

Dachoberlichtes eine Bewegung warnahm, war klar wo dieser sein könnte.<br />

Die Gesellschaft nahm ihre mit Platzkärtchen gekennzeichneten Plätze ein. Die <strong>de</strong>r<br />

Gefährten lagen, ihrer Wichtigkeit angemessen, eher an <strong>de</strong>n unteren En<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Uförmigen<br />

Tafel.<br />

Nach<strong>de</strong>m alle saßen und mit Getränken versehen waren gab die Herzogin <strong>de</strong>n<br />

Anlaß <strong>de</strong>s Essens bekannt. Alle tranken auf das Wohl <strong>de</strong>r Gesandschaft. Der<br />

Botschafter bedankte sich für die herzliche Gastfreundschaft und die tatkräftige<br />

Hilfe vieler Bürger beim Löschen. Dies löste Applaus und reichliche Zuprosten aus.<br />

Dann wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r erste Gang aufgetragen. Nach diesem gab es eine Pause in <strong>de</strong>r<br />

alle aufstan<strong>de</strong>n, sich an einem seitlichen Tische ein Getränk nahmen und reichlich<br />

Neuigkeiten austauschten. Während<strong>de</strong>ssen wur<strong>de</strong>n neue Teller aufgetragen und<br />

neuer zum nächsten Gang passen<strong>de</strong>r Wein ausgeschenkt.<br />

Da spürte Igor ein Kribbeln an seinem Ringfinger, jemand versuchte also<br />

herauszubekommen, ob <strong>de</strong>r Dieb <strong>de</strong>s gefälschten Ringes anwesend war.<br />

Unauffällig schlen<strong>de</strong>rte es zu Akara hinüber, die mit Michel von Lind im Gespräch<br />

war. Dabei suchte es mit seinen Augen die Umstehen<strong>de</strong>n nach verdächtigen<br />

Personen ab, aber ohne Erfolg. Nun vielleicht war <strong>de</strong>r Hofmagier mit <strong>de</strong>m Blick von<br />

oben erfolgreicher.<br />

Nach<strong>de</strong>m es Akara aus <strong>de</strong>n Klauen Michels erlöst hatte, berieten sie sich wann<br />

<strong>de</strong>nn wohl ein geeigneter Zeitpunkt für einen Diebstahlversuch sein könnte.<br />

Sie einigten sich auf die vorletzte Unterbrechung <strong>de</strong>r Gangfolge. Vorher war<br />

herauszufin<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r Botschafter <strong>de</strong>n fraglichen Ring am Finger hatte.<br />

Sie trennten sich und schlen<strong>de</strong>rten in unterschiedliche Richtungen davon um <strong>de</strong>n<br />

An<strong>de</strong>ren Bescheid zu geben.<br />

So hatten sie, außer vielleicht <strong>de</strong>m Gnom, kaum <strong>de</strong>n Nerv das Essen wirklich zu<br />

genießen. Dieser war inzwischen auch von Carina ent<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n. Sie hatte ihn<br />

auch bereits auf die Stufen vor <strong>de</strong>n Saal gezogen und reagierte auf die Ankunft <strong>de</strong>s<br />

Bastards mehr als ungehalten, zum Glück wur<strong>de</strong> zum nächsten Gang gela<strong>de</strong>n.<br />

Kelen brachte bei <strong>de</strong>r nächsten Pause die Nachricht, daß <strong>de</strong>r Botschafter zwei<br />

Ringe trüge. So bereitete Summs sich dann auf die Aktion vor. Igor kam diesmal<br />

nicht in Frage, da doch <strong>de</strong>r Verdacht sicher gleich auf ihn gefallen wäre.<br />

<strong>Band</strong> IV.58


So ließ Akara sich vom Botschafter scherzend in <strong>de</strong>n Arm nehmen und <strong>de</strong>r Gnom<br />

tauschte <strong>de</strong>n an seiner rechten Hand befindlichen Ring gekonnt gegen einen<br />

mitgebrachten aus, dann schlen<strong>de</strong>rte er zu Ozik und drückte ihn diesem in die<br />

Hand. Unauffällig musterte dieser ihn im Schein einer Wandlampe, ein schmaler<br />

gol<strong>de</strong>ner Ring lag in seiner kräftigen Schmie<strong>de</strong>hand.<br />

Aufmerksam beobachtete er die Gesellschaft, und sah <strong>de</strong>n Botschafter mit Fedor<br />

heftige Worte austauschen. Hat er <strong>de</strong>n Diebstahl schon bemerkt?<br />

Sein schweifen<strong>de</strong>r Blick sah von <strong>de</strong>n Gruppenmitglie<strong>de</strong>rn mehr als nervöse Blicke.<br />

Dies war nicht einfach ein Diebstahl, son<strong>de</strong>rn ein höchst kompromittieren<strong>de</strong>r<br />

politischer Zwischenfall. Sollte <strong>de</strong>r Botschafter jetzt und hier öffentlich Anklage<br />

erheben und er mit <strong>de</strong>m Ring angetroffen wer<strong>de</strong>n, wür<strong>de</strong>n wohl keine vergangenen<br />

Verdienste seinen Hals retten. Prüfend wog er <strong>de</strong>n Ring in <strong>de</strong>r Hand, da dieser wohl<br />

nicht <strong>de</strong>r Gesuchte war, war es das Risiko nicht wert. So ergriff er die Gelegenheit<br />

eines Blickkontakts mit <strong>de</strong>r Herzogin, ging gemessenen Schrittes auf sie zu, und<br />

bedankte sich in steifer Zwergensitte mit holprigem Handkuß bei ihr für diese<br />

Einladung. Dabei ließ er gekonnt <strong>de</strong>n Ring in ihrer Hand zurück. Ein kurzer<br />

Blickkontakt zeigte ihm an, daß sie <strong>de</strong>n Sinn verstan<strong>de</strong>n hatte und laut versicherte<br />

sie ihn ihrer Gunst.<br />

Der Abend ging in <strong>de</strong>utlich gespannterer Athmosphäre zuen<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn die Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Gesandschaft waren zunehmend unruhig und kurz angebun<strong>de</strong>n, doch zu einem<br />

förmlichen Eklat kam es nicht.<br />

Zurück in ihrem Quartier war die Gruppe sich schnell einig, daß dies wohl nicht <strong>de</strong>r<br />

gesuchte Ring gewesen sein könnte, obwohl niemand ihn angesteckt hatte. Diese<br />

fehlen<strong>de</strong> letzte Gewißheit machte Igor schon schwer zu schaffen. Doch es mußte<br />

zugeben, daß die Reaktion <strong>de</strong>s Botschafters doch sicher <strong>de</strong>utlicher hätte sein<br />

müßen, wenn dies <strong>de</strong>r Ring <strong>de</strong>r Macht gewesen wäre und dann war <strong>de</strong>r Ring ja<br />

auch gol<strong>de</strong>n und nicht aus schwarzem Eisen.<br />

Am nächsten Tag wur<strong>de</strong>n sie wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Palast bestellt.<br />

Seufzend und unsicher machten sie sich auf <strong>de</strong>n Weg. Helferich, na klar, er wür<strong>de</strong><br />

sie also erneut zusammenstauchen, wahrscheinlich waren auch wie<strong>de</strong>r Plätze auf<br />

einem Schiff nach Nor<strong>de</strong>n gebucht um sie loszuwer<strong>de</strong>n.<br />

Überrascht waren sie <strong>de</strong>shalb als sie im Thronsaal vom versammelten Thronrat und<br />

einer Ehrengar<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Palastwache in Para<strong>de</strong>ausrüstung erwartet wur<strong>de</strong>n.<br />

Igor schoß es noch durch <strong>de</strong>n Kopf, entwe<strong>de</strong>r passe dies zu einer Verurteilung<br />

o<strong>de</strong>r... .<br />

Da hob Michel von Lind an zu sprechen und las eine Verlautbarung <strong>de</strong>r Herzogin<br />

vor, nach <strong>de</strong>r die hier Anwesen<strong>de</strong>n Ozirk Hammerstyrka, Leros und Kelen von<br />

Kilan, Summs und Igor von Chimärenburg sowie Akara die Priesterin <strong>de</strong>r Aphrodite<br />

in <strong>de</strong>n A<strong>de</strong>lsstand erhoben wur<strong>de</strong>n. Verbun<strong>de</strong>n mit einer einmaligen Zuwendung<br />

von einhun<strong>de</strong>rt Auri sowie einer jährlichen Rente von weitern fünfzig Auri,<br />

auszuzahlen zum Frühjahrsbeginn in Katin.<br />

Wie betäubt ließ <strong>de</strong>r Bastard die Zeremonie über sich ergehen. „Der Ring“, schrie<br />

es in ihm, er war es doch gewesen. So nah, und jetzt wie<strong>de</strong>r unerreichbar.<br />

Akara fand als erste die Sprache wie<strong>de</strong>r und versuchte verzweifelt die Herzogin vor<br />

<strong>de</strong>r von ihr selbst erfahrenen Gefahr durch <strong>de</strong>n Ring zu warnen.<br />

Doch diese, die jetzt selbst das Wort ergriff, erläuterte, wie sie <strong>de</strong>n Ring als Mittel<br />

zum Beendigen dieses unseligen Krieges verwen<strong>de</strong>n wolle. Davon ließ sie sich<br />

auch we<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>n dargelegten Einwän<strong>de</strong>n Akaras noch von <strong>de</strong>m Gepolter Ozirks<br />

abbringen.<br />

<strong>Band</strong> IV.59


Dem Zwerg wur<strong>de</strong> klar, daß hinter <strong>de</strong>r verbindlichen freundlichen Rhianon eine<br />

an<strong>de</strong>re stählern klingen<strong>de</strong> Herzogin stand. Eine Kämpferin für ihr Recht, ihre<br />

Familie und ihr Land. Und diese konnte niemand überzeugen eine, wie sie meinte<br />

kriegsentschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Waffe aus <strong>de</strong>r Hand zu geben. Mehr als einmal berief sie sich<br />

darauf, als Herzogin von Rauricaria ihren Stammbaum direkt auf Hato<br />

zurückverfolgen zu können und somit gewissermaßen die rechtmäßige Trägerin zu<br />

sein. Allerdings zeigte sie ein <strong>de</strong>utlich vorsichtiges Handhaben <strong>de</strong>s Ringes, so trug<br />

sie ihn auch jetzt nicht am Finger. Und sie versprach Akara ihn nicht leichtfertig<br />

einzusetzen. Im Laufe <strong>de</strong>r Ausein<strong>de</strong>rsetzung wur<strong>de</strong> sie aber zunehmend verärgert<br />

über die vielen Wenns und Abers <strong>de</strong>r so huldvoll Ausgezeichneten und schließlich<br />

entließ sie sie mit einem Wink. Da trat Ozirk vor sie, beugte sein Knie und rief<br />

Mahal an und schwor im Angesicht all dieser Zeugen, daß er auch weiter <strong>de</strong>n<br />

Auftrag Mahals auszuführen ge<strong>de</strong>nke, aber nichts <strong>de</strong>sto trotz sich dieser<br />

Auszeichnung würdig erweisen wolle und sie, die Herzogin vor allen Gefahren<br />

beschützen wer<strong>de</strong>.<br />

Dann taumelten die gnädig Entlassenen sestürzt, sprach- und auch hilflos aus <strong>de</strong>m<br />

Saal. Den innerlich gebrochenen Bastard mußten sie dabei beinahe schleifen. So<br />

zerstört hatten sie ihn noch nie gesehen.<br />

„Wir müssen sie vor sich und <strong>de</strong>m Ring schützen“, meinte <strong>de</strong>r Zwerg nochmals und<br />

schlug dabei seine geballte Rechte in die Linke.<br />

„Vielleicht sollten wir hier und in ihrer Nähe bleiben“, gab Akara ihm recht.<br />

Von Sir Igor kam nur Gestammel und unterdrücktes Schluchzen.<br />

<strong>Band</strong> IV.60

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