Fortpflanzung der Pflanzen
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Fortpflanzung der Pflanzen
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<strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong><br />
Die <strong>Pflanzen</strong> sind im Allgemeinen in <strong>der</strong> Lage, sich lokal auszubreiten und ihren Standort<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger dicht zu besiedeln. Sie können sich auch über große Entfernungen<br />
verbreiten und so neue Standorte einnehmen. Meistens erfolgt die lokale Ausbreitung durch<br />
vegetative Vermehrung, das heißt durch ungeschlechtliche <strong>Fortpflanzung</strong>, während die<br />
Verbreitung über spezialisierte Organe, z.B. Sporen, Samen o<strong>der</strong> Früchte erfolgt, die durch<br />
geschlechtliche <strong>Fortpflanzung</strong> entstehen. Der Transport <strong>der</strong> Samen über große Entfernungen<br />
wird durch Wind, Wasser o<strong>der</strong> Tiere bewerkstelligt.<br />
Die geschlechtliche <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> Blütenpflanzen<br />
Die geschlechtliche <strong>Fortpflanzung</strong>, d.h. die Bildung eines neuen Individuums aus einer durch<br />
Verschmelzung von männlichen und weiblichen <strong>Fortpflanzung</strong>szellen entstandenen Eizelle,<br />
existiert bei allen <strong>Pflanzen</strong>. Diese werden übrigens Embryophyten genannt (griech.<br />
embryon = Embryo, phyta = <strong>Pflanzen</strong>), um die Tatsache zum Ausdruck zu bringen, dass bei<br />
<strong>der</strong> geschlechtlichen <strong>Fortpflanzung</strong> eine neue Pflanze aus <strong>der</strong> Entwicklung eines Embryos<br />
entsteht. Die Einzelheiten <strong>der</strong> geschlechtlichen <strong>Fortpflanzung</strong> sind jedoch bei den<br />
verschiedenen <strong>Pflanzen</strong>gruppen unterschiedlich; dies spiegelt die evolutionäre Geschichte<br />
dieser Lebewesen wi<strong>der</strong>. Wir berücksichtigen hier nur die geschlechtliche <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong><br />
Blütenpflanzen.<br />
Die Blütenpflanzen o<strong>der</strong> Spermatophyten (griech. sperma = Samen, phyton = Pflanze)<br />
zeichnen sich – wie ihr Name andeutet – durch die Bildung von Samen in <strong>der</strong><br />
geschlechtlichen <strong>Fortpflanzung</strong> aus. Im Gegensatz zu Moosen und Farnen erfolgt die<br />
Verbreitung dieser <strong>Pflanzen</strong> nicht durch Sporen son<strong>der</strong>n durch Samen. Der Samen existiert in<br />
keiner an<strong>der</strong>en <strong>Pflanzen</strong>gruppe und seine "Erfindung" stellte eine wichtige evolutionäre<br />
Innovation dar. Sie erklärt den Erfolg dieser <strong>Pflanzen</strong> im Laufe <strong>der</strong> geologischen Zeitalter.<br />
Die Spermatophyten umfassen alle Bäume, Sträucher und krautigen <strong>Pflanzen</strong> mit Blüten. Man<br />
teilt sie in Nacktsamer (Gymnospermen) und Bedecktsamer (Angiospermen) ein.<br />
Gymnospermen (griech. gymnos = nackt, sperma = Samen) sind holzige mehrjährige<br />
<strong>Pflanzen</strong> (Bäume, Sträucher und Lianen), die sich durch ihre nackten Samen auszeichnen.<br />
Nackt bedeutet, dass sie nicht in eine Frucht eingeschlossen sind.<br />
Die Angiospermen (griech. angeion = Gefäß, Behälter, sperma = Samen) sind die echten<br />
Blütenpflanzen. Sie besitzen eine geschlossene Samenanlage, die sich in einem spezialisierten<br />
Organ, dem so genannten Karpell (o<strong>der</strong> Fruchtblatt), befindet. Die Gesamtheit <strong>der</strong><br />
Samenanlagen wird als Fruchtknoten (Ovar) bezeichnet. Nach <strong>der</strong> Befruchtung wandeln sich<br />
die Samenanlagen in Samen um und befinden sich in einer Frucht, die durch Umwandlung<br />
des Fruchtknotens entsteht.<br />
Blüten und Früchte (Schöllkraut)<br />
Bei den Nacktsamern, wie beispielsweise bei den Nadelbäumen, sind die<br />
<strong>Fortpflanzung</strong>sorgane einfache "Blüten", die so genannten Zapfen. Die weiblichen kleinen<br />
Zapfen bestehen aus einer Achse, die die Schuppen trägt, an denen zwei nackte Samenanlagen<br />
1 <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> / Natur und Umwelt
efestigt sind. Nackt bedeutet, dass sich die Samenanlagen im Gegensatz zu denen <strong>der</strong><br />
Bedecktsamer nicht in einem Karpell befinden. Die männlichen Zapfen sind ähnlich<br />
aufgebaut; sie haben auch eine Achse, die die Schuppen trägt. Jede Schuppe enthält zwei<br />
Pollensäckchen, in denen sich <strong>der</strong> Pollen ausbildet; sie entsprechen den Staubgefäßen <strong>der</strong><br />
Blütenpflanzen. Wenn <strong>der</strong> Pollen reif ist, befreit er sich aus den Pollensäckchen; zwei<br />
Luftsäcke an jedem Pollenkorn erleichtern den Transport durch den Wind.<br />
Die Blüte <strong>der</strong> Bedecktsamer<br />
Die Blüten <strong>der</strong> Bedecktsamer sind meistens Zwitter, das heißt sie enthalten sowohl männliche<br />
als auch weibliche Organe. Aber es gibt auch <strong>Pflanzen</strong>arten, bei denen die Geschlechter<br />
getrennt sind, d.h. manche <strong>Pflanzen</strong> haben männliche und an<strong>der</strong>e weibliche Blüten.<br />
Im Gegensatz zu den einfachen Blüten <strong>der</strong> Nadelbäume und an<strong>der</strong>er Nacktsamer enthalten die<br />
Blüten <strong>der</strong> Bedecktsamer vier verschiedene Blütenbestandteile: zwei sterile, die Kelchblätter<br />
und die Blütenblätter, die zwei fruchtbare Bestandteile umgeben, die männlichen Staubgefäße<br />
und den weiblichen Stempel, die die <strong>Fortpflanzung</strong>szellen produzieren. Anzahl, Stellung und<br />
Form <strong>der</strong> verschiedenen Blütenteile sind charakteristisch für jede Art von Blütenpflanzen und<br />
werden in den Bestimmungsschlüsseln zur Identifikation <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> verwendet.<br />
Aufbau einer Kirschblüte<br />
Einige <strong>Pflanzen</strong>arten haben Blüten, bei denen bestimmte Teile fehlen. In diesem Fall spricht<br />
man von unvollständigen Blüten. Das ist zum Beispiel bei den Blüten <strong>der</strong> Eiche o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Buche <strong>der</strong> Fall, die keine Blütenblätter haben.<br />
Bei vielen <strong>Pflanzen</strong> bilden die Blüten einen Blütenstand, das heißt, dass mehrere Blüten mehr<br />
o<strong>der</strong> weniger dicht am Ende eines Stiels zusammen stehen, <strong>der</strong> dann Blütenschaft genannt<br />
wird. Das ist zum Beispiel bei Margeriten und Sonnenblumen <strong>der</strong> Fall. Was in <strong>der</strong><br />
Umgangssprache allgemein als "Blüte" bezeichnet wird, entspricht bei diesen <strong>Pflanzen</strong> in<br />
Wirklichkeit zahlreichen kleinen Blüten, die dicht gedrängt auf einem einzigen Blütenboden<br />
angeordnet sind. Da die Blüten am Rand jeweils ein einziges Blütenblatt haben, während dies<br />
bei den inneren Blüten fehlt, entsteht <strong>der</strong> Eindruck, dass es sich bei dem Blütenstand um eine<br />
einfache Blüte handelt.<br />
Die Bestäubung<br />
Die Bestäubung ist <strong>der</strong> Vorgang, bei dem Pollenkörner von einer Blüte zur an<strong>der</strong>en<br />
transportiert werden, was die Zusammenführung <strong>der</strong> <strong>Fortpflanzung</strong>szellen und die<br />
Befruchtung ermöglicht. Die Mechanismen <strong>der</strong> Bestäubung sind je nach <strong>Pflanzen</strong>art<br />
unterschiedlich. Die Bestäubung erfolgt durch den Wind o<strong>der</strong> durch Tiere, insbeson<strong>der</strong>e durch<br />
Insekten. Sie werden vor allem durch die Farben, die Düfte o<strong>der</strong> den Nektar <strong>der</strong> Blüten<br />
angezogen. Der Nektar ist eine Flüssigkeit, die von spezialisierten Drüsen einiger Blüten<br />
erzeugt wird. Wenn die Insekten an den <strong>Pflanzen</strong> Nektar sammeln, haftet sich <strong>der</strong> Pollen an<br />
ihrem Körper fest und kann so zu an<strong>der</strong>en Blüten übertragen werden. Auf diese Weise tragen<br />
rund 100 000 verschiedene Tierarten zur geschlechtlichen <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> Blütenpflanzen<br />
bei und über zwei Drittel <strong>der</strong> Kulturpflanzen sind zur Bestäubung auf Tiere angewiesen.<br />
An dem hinteren Bein <strong>der</strong> Biene klebt ein Pollenklümpchen.<br />
2 <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> / Natur und Umwelt
Die Befruchtung<br />
Die Befruchtung ist die Bildung einer Eizelle, die aus <strong>der</strong> Verschmelzung männlicher und<br />
weiblicher <strong>Fortpflanzung</strong>szellen entsteht. Sie erfolgt im Anschluss an die Bestäubung, wenn<br />
die Pollenkörner auf <strong>der</strong> Narbe am Ende des Stempels abgestreift wurden. Die Pollenkörner<br />
haften an <strong>der</strong> Narbe, da diese von klebrigen Papillen überzogen ist. Sobald das Pollenkorn an<br />
<strong>der</strong> Narbe haftet, keimt es, indem es den so genannten Pollenschlauch bildet, <strong>der</strong> durch das<br />
Gewebe des Stempels bis zum Fruchtknoten mit den Samenanlagen wächst. Durch den<br />
Pollenschlauch ist die Befruchtung <strong>der</strong> Samenpflanzen im Gegensatz zu <strong>der</strong> von Moosen und<br />
Farnen nicht von einer wässrigen Umgebung abhängig.<br />
Ein Pollenschlauch (durch Epifluoreszenz weiß hervorgehoben) transportiert die männlichen<br />
<strong>Fortpflanzung</strong>szellen zur Samenanlage (rot)<br />
(Quelle: banque nationale de photos en SVT)<br />
Früchte und Gemüse<br />
In <strong>der</strong> Botanik haben die Begriffe Frucht und Gemüse eine präzise Bedeutung. Als Frucht<br />
wird das Organ bezeichnet, das durch die Umwandlung des Fruchtknotens nach <strong>der</strong><br />
Befruchtung entsteht und die Samen enthält. Als Gemüse o<strong>der</strong> Hülse wird die aufspringende<br />
trockene Frucht (die sich öffnet, wenn sie reif ist, um die Samen freizugeben) einiger<br />
<strong>Pflanzen</strong>arten bezeichnet, beson<strong>der</strong>s die Frucht <strong>der</strong> Schmetterlingsblütler (o<strong>der</strong><br />
Hülsenfrüchtler o<strong>der</strong> Leguminosen), zu denen Saubohnen, grüne Bohnen und Erbsen gehören.<br />
Die Hülse ist ein Gemüse im botanischen Sinn.<br />
In <strong>der</strong> Umgangssprache wird eine an<strong>der</strong>e Einteilung gemacht. Bei Lebensmitteln spricht man<br />
von Gemüse, um unterschiedslos verschiedene <strong>Pflanzen</strong>organe zu bezeichnen, die allgemein<br />
als herzhafte Beilage verzehrt werden. Dabei kann es sich um Stängel (Porree, Fenchel),<br />
Blätter (Spinat, Kohl, Salat), Früchte (Tomaten, grüne Bohnen, Zucchini, Auberginen),<br />
Samen (Erbsen, weiße Bohnen), Wurzeln (Karotten), Knospen (Spargel), Blütenstände<br />
(Blumenkohl) usw. handeln, während mit dem Begriff Frucht in <strong>der</strong> Umgangssprache einfach<br />
die Früchte mit einem süßen Geschmack bezeichnet werden, die im Allgemeinen als<br />
Nachspeise verzehrt werden. Aber nicht alle Früchte im botanischen Sinn sind süß (z.B. grüne<br />
Bohnen, Zucchini, Auberginen) und so darf die botanische Bedeutung des Begriffs Frucht<br />
nicht mit <strong>der</strong> umgangssprachlichen gleichgestellt werden.<br />
Der Samen<br />
Der Samen, das charakteristische Organ <strong>der</strong> sexuellen <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> Blütenpflanzen, ist<br />
das Ergebnis <strong>der</strong> doppelten Befruchtung einer Samenanlage durch ein Pollenkorn, bei <strong>der</strong><br />
einerseits eine Zygote entsteht, aus <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Embryo entwickelt, und an<strong>der</strong>erseits ein<br />
Nährgewebe, das Endosperm. Die Samen, die in <strong>der</strong> Regel am Ende des Sommers freigesetzt<br />
werden, erlauben die Verbreitung <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> über größere Entfernungen und das<br />
überdauern <strong>der</strong> ungünstigen Jahreszeit.<br />
Typischerweise enthalten alle Samen einen Embryo und Nährstoffe, die zusammen in eine<br />
o<strong>der</strong> mehrere Samenhäute eingebettet sind.<br />
Ein Embryo besteht aus einem Keimling, <strong>der</strong> je nach Blütenpflanzengruppe ein, zwei o<strong>der</strong><br />
mehrere Keimblätter trägt. Der Keimling selbst besteht aus einer Keimwurzel, aus <strong>der</strong> die<br />
3 <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> / Natur und Umwelt
Wurzel entsteht, einem Keimstängel als Ausgangspunkt des Stängels, an dem sich das o<strong>der</strong><br />
die Keimblätter befinden, und einer Endknospe, die als Keimknospe bezeichnet wird. Die<br />
Keimblätter sind beson<strong>der</strong>e Blätter, die in den Samen angelegt werden.<br />
Einzelheiten des Keimlings des Bohnensamens<br />
<strong>Pflanzen</strong>, <strong>der</strong>en Samen nur ein Keimblatt enthalten, werden einkeimblättrige <strong>Pflanzen</strong> o<strong>der</strong><br />
Monokotyledonen genannt und zeichnen sich auch durch parallele Blatta<strong>der</strong>n aus. Dazu<br />
gehören z.B. die Gräser (Weizen, Mais, Reis) und die Liliengewächse (Lilie, Tulpe).<br />
Irisbeet<br />
Iris gehören zu den einkeimblättrigen <strong>Pflanzen</strong>. Ihre Blatta<strong>der</strong>n verlaufen parallel.<br />
<strong>Pflanzen</strong>, <strong>der</strong>en Samen zwei Keimblätter enthalten, werden zweikeimblättrige <strong>Pflanzen</strong> o<strong>der</strong><br />
Dikotyledonen genannt und haben verzweigte Blatta<strong>der</strong>n. Sie sind die artenreichste Gruppe.<br />
Löwenzahn, Weiße Taubnessel, Hahnenfuß usw.<br />
Die zweikeimblättrigen <strong>Pflanzen</strong> sind die artenreichste Gruppe. Ihre Blatta<strong>der</strong>n sind<br />
verzweigt.<br />
Bei den Nacktsamern, z.B. den Nadelbäumen, enthält <strong>der</strong> Samen mehr als zwei Keimblätter.<br />
In gemäßigten Klimazonen können die Samen den Winter überdauern; sie sind gegen Kälte,<br />
Trockenheit und hohe Feuchtigkeit resistent. Die Resistenz <strong>der</strong> Samen hängt im Wesentlichen<br />
mit ihrem stark ausgetrockneten Zustand, <strong>der</strong> die Samenruhe ermöglicht, und ihren<br />
Samenschalen, die eine verfrühte Wasseraufnahme verhin<strong>der</strong>n, zusammen.<br />
Saat, Korn und Samen<br />
Es ist nicht immer <strong>der</strong> Samen im eigentlichen Sinne, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Aussaat eine neue Pflanze<br />
hervorbringen kann. Bei manchen <strong>Pflanzen</strong>, wie beispielsweise den Gräsern (Weizen, Mais,<br />
Reis) entspricht das Korn in Wirklichkeit einer Nussfrucht (Achäne), <strong>der</strong>en Hülle mit den<br />
Samenschalen verwachsen ist, so dass sie schwer zu unterscheiden sind.<br />
Im Allgemeinen bezeichnet man mit Saat das Korn, aus dem nach <strong>der</strong> Aussaat eine neue<br />
Pflanze entstehen kann, egal, ob es sich dabei um einen Samen o<strong>der</strong> eine Frucht handelt. So<br />
sind Saaten von Bohnen, Linsen, Saubohnen, Melonen, Kürbis, Apfel usw. Samen, während<br />
Saaten von Gräsern (Mais, Reis, Weizen) Nussfrüchte sind, die als Getreidefrüchte o<strong>der</strong><br />
Karyopsen bezeichnet werden. Es ist allerdings festzuhalten, dass die Reiskörner des<br />
Lebensmittelhandels Karyopsen sind, <strong>der</strong>en äußere Hüllen (Kleie) entfernt wurden, die aber<br />
so nicht keimen können (polierter Reis). Nur ungeschälter Reis (Vollkornreis) kann keimen.<br />
Die ungeschlechtliche <strong>Fortpflanzung</strong> o<strong>der</strong> vegetative<br />
Vermehrung<br />
4 <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> / Natur und Umwelt
Die vegetative Vermehrung ist eine Art <strong>der</strong> <strong>Fortpflanzung</strong>, bei <strong>der</strong> sich aus einem Teil des<br />
Vegetationskörpers (Teil <strong>der</strong> Pflanze, <strong>der</strong> nicht <strong>der</strong> geschlechtlichen <strong>Fortpflanzung</strong> dient), d.h.<br />
aus <strong>der</strong> Wurzel, dem Stängel o<strong>der</strong> einem Blatt eine neue Pflanze entwickeln kann. Da bei <strong>der</strong><br />
vegetativen Vermehrung kein geschlechtliches Phänomen auftritt, ist die neue Pflanze mit <strong>der</strong><br />
Mutterpflanze genetisch identisch. Ein Organismus, <strong>der</strong> mit dem Mutterorganismus genetisch<br />
identisch ist, wird Klon genannt. Die Fähigkeit <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong>, sich ungeschlechtlich durch<br />
vegetative Vermehrung fortzupflanzen, ist auf die große Plastizität <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong>gewebe<br />
zurückzuführen. Die <strong>Pflanzen</strong>zellen selbst können sich entdifferenzieren, bevor sie sich<br />
vermehren und einen Verband undifferenzierter Zellen, den so genannten Kallus, bilden, aus<br />
dem eine vollständige Pflanze entstehen kann.<br />
Die vegetative Vermehrung ermöglicht es gewissen <strong>Pflanzen</strong> (hier: Dach-Hauswurz), ihr<br />
Substrat zu überwuchern.<br />
Die natürliche vegetative Vermehrung kann von den verschiedensten Organen ausgehen. Es<br />
kann sich um unterirdische Teile wie Rhizome (Iris, Quecke), Zwiebeln (Tulpe, Knoblauch,<br />
Porree), Knollen (Kartoffeln) o<strong>der</strong> Wurzeln (Flie<strong>der</strong>, Himbeerstrauch) handeln.<br />
Bildung neuer Triebe durch die vegetative Vermehrung an einer Kartoffelknolle<br />
Im letzten Fall spricht man von Wurzeltrieben. Es kann sich auch um oberirdische Organe wie<br />
Stängel, Blätter o<strong>der</strong> sogar Blüten handeln. So bildet die Erdbeerpflanze waagerechte<br />
Ausläufer, die Stolonen o<strong>der</strong> Kriechsprossen, aus, an denen sich neue <strong>Pflanzen</strong> entwickeln,<br />
die selbstständige <strong>Pflanzen</strong> werden, wenn die Stolonen absterben. Wenn ein Brombeerzweig<br />
den Boden berührt, bilden sich zunächst Wurzeln und dann ein Stängel aus, und es entsteht<br />
eine neue Pflanze.<br />
Die künstliche vegetative Vermehrung wird nicht nur in <strong>der</strong> Landwirtschaft, son<strong>der</strong>n auch im<br />
Labor ausgenutzt, um Nahrungs- und Zierpflanzen zu vermehren und zu verbreiten.<br />
Bei <strong>der</strong> Vermehrung durch Stecklinge wird eine Pflanze dadurch vermehrt, dass ein Organ<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Teil eines Organs isoliert und ins Wasser gestellt o<strong>der</strong> in die Erde gesteckt wird.<br />
Sobald sich Wurzeln ausgebildet haben, entsteht eine neue Pflanze. Es können Präparate mit<br />
pflanzlichen Hormonen verwendet werden, um die Stecklingsvermehrung zu erleichtern. Die<br />
künstliche Stecklingsvermehrung kann bei einer großen Anzahl von Arten durchgeführt<br />
werden; man verwendet entwe<strong>der</strong> Stängel (Geranie, Korbweide, Rose, Weide,<br />
Johannisbeerbusch, Olean<strong>der</strong>, Forsythie, Yucca usw.) o<strong>der</strong> Blätter (Begonie,<br />
Usambaraveilchen). Einige Arten können jedoch nicht durch Stecklinge vermehrt werden.<br />
Die Vermehrung durch Absenker kann bei einigen Arten (z.B. Wein o<strong>der</strong> Nelke) erzwungen<br />
werden, indem ein Stängel, <strong>der</strong> sich noch an <strong>der</strong> Pflanze befindet, in die Erde eingegraben<br />
wird. Wenn sich Wurzeln und später ein neuer Stängel ausbilden, trennt man die neue Pflanze<br />
von <strong>der</strong> Mutterpflanze.<br />
Das Pfropfen wird hauptsächlich zur Vermehrung von Obstbäumen verwendet. Dabei wird<br />
ein Zweig o<strong>der</strong> eine Knospe (Pfröpfling) mit einem Baum o<strong>der</strong> Busch einer nahe verwandten<br />
Art o<strong>der</strong> einer robusteren Art (Pfropfunterlage) so zusammengefügt, dass sich die Gewebe <strong>der</strong><br />
beiden <strong>Pflanzen</strong> berühren, bis sich Verbindungen zwischen ihren Leitbündeln aufbauen. Diese<br />
5 <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> / Natur und Umwelt
Methode ermöglicht es, eine interessante Pflanze, die beispielsweise große Früchte produziert,<br />
zu vermehren und gleichzeitig die Eigenschaften <strong>der</strong> Pfropfunterlage, z.B. die Kräftigkeit<br />
o<strong>der</strong> Resistenz, auszunutzen. So vermehrt man manche Birnensorten, indem man ihre äste auf<br />
den Stamm eines Quittenbaums pfropft.<br />
Neben diesen Methoden, die schon seit langen Zeiten bekannt sind, ist es heute möglich,<br />
<strong>Pflanzen</strong> beinahe unendlich durch Mikrostecklinge und in vitro-Kulturen zu vermehren.<br />
Dadurch können große Mengen von <strong>Pflanzen</strong> aus einigen von <strong>der</strong> Mutterpflanze isolierten<br />
Zellen herangezogen werden. So kann man aus Teilen eines einzigen<br />
Usambaraveilchenblattes in vitro über 3 Millionen identische <strong>Pflanzen</strong> in einem Jahr<br />
produzieren, wohingegen man mit <strong>der</strong> klassischen Stecklingsvermehrung nur 675 Exemplare<br />
erzielt.<br />
6 <strong>Fortpflanzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Pflanzen</strong> / Natur und Umwelt