Allgemeine Qualitätsanforderungen an die ... - Schlichtungsstelle
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echt<br />
Arzt und Arzthaftung<br />
haftungsfragen<br />
Diesmal: <strong>Allgemeine</strong> <strong>Qualitäts<strong>an</strong>forderungen</strong><br />
<strong>an</strong> <strong>die</strong> ärztliche Sorgfalt<br />
Übernahme der Beh<strong>an</strong>dlung<br />
Übernimmt ein Arzt eine Beh<strong>an</strong>dlung oder eine einzelne Beh<strong>an</strong>dlungsmaßnahme,<br />
der er nach seinen persönlichen Fähig -<br />
keiten und Fachkenntnissen, seiner apparativen Ausstattung<br />
oder in seiner persönlichen Situation (zum Beispiel Erkr<strong>an</strong>kung<br />
oder Übermüdung) nicht gewachsen ist, liegt ein Übernahme -<br />
verschulden vor. Haftungsrechtlich ist der Arzt grundsätzlich<br />
nicht auf <strong>die</strong>jenigen Beh<strong>an</strong>dlungsmaßnahmen beschränkt, <strong>die</strong><br />
seinem Fachgebiet zuzuordnen sind. Beh<strong>an</strong>delt er jedoch außerhalb<br />
seines Fachgebietes, hat er den Qualitäts-St<strong>an</strong>dard der<br />
übernommenen Beh<strong>an</strong>dlungsmaßnahme zu gewährleisten.<br />
Themen der Serie im Jahresüberblick:<br />
1| Grundlagen der Arzthaftung<br />
> 2| <strong>Allgemeine</strong> <strong>Qualitäts<strong>an</strong>forderungen</strong><br />
3| Diagnostik<br />
4| Therapie<br />
5| Ver<strong>an</strong>twortlichkeiten bei Arbeitsteilung<br />
6| Anforderungen <strong>an</strong> <strong>die</strong> Kommunikation<br />
7| Aufklärung 1<br />
8| Aufklärung 2<br />
9| Dokumentation<br />
10| Der Arzthaftpflichtschaden<br />
11| Zivilprozessuale Konfliktlösung<br />
12| Norddeutsche <strong>Schlichtungsstelle</strong><br />
Berufs<strong>an</strong>fänger und Ärzte in Facharztausbildung<br />
Dieser Personenkreis muss gegenüber den eigenen Fähigkeiten<br />
besonders selbstkritisch sein und in Zweifelsfällen<br />
den Rat erfahrener Fachkollegen einholen beziehungsweise<br />
den Eingriff unterlassen Allerdings entfällt bei Fehlern<br />
ein Schuldvorwurf gegenüber dem Unerfahrenen, wenn ein<br />
zugezogener Oberarzt das Vorgehen des Anfängers billigt. 1<br />
Berufs<strong>an</strong>fänger und Ärzte in Facharztausbildung müssen<br />
gegenüber dem ihnen übergeordneten Facharzt offenbaren,<br />
wenn sie m<strong>an</strong>gels hinreichender Erfahrung Bedenken haben,<br />
einen Eingriff vorzunehmen. 2<br />
1 OLG München VersR 93, 1400<br />
2 BGH NJW 94, 2008<br />
28 niedersächsisches ärzteblatt 2 | 2011<br />
Fachkenntnisse, Fortbildung<br />
Der Arzt schuldet eine Beh<strong>an</strong>dlung, <strong>die</strong> dem jeweiligen aktuellen<br />
St<strong>an</strong>d der Medizin entspricht. Zwar muss nicht stets<br />
das neueste Beh<strong>an</strong>dlungskonzept mit stets neuester apparativer<br />
Ausstattung <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt werden. Jedoch ist <strong>die</strong> Anwendung<br />
einer Beh<strong>an</strong>dlungsmaßnahme d<strong>an</strong>n sorgfaltswidrig,<br />
wenn neue Methoden risikoärmer sind und/oder<br />
bessere Heilungsch<strong>an</strong>cen versprechen, in der medizinischen<br />
Wissenschaft im wesentlichen unumstritten sind und<br />
deshalb ausschließlich eine solche Methode von einem sorgfältigen<br />
und damit auch auf Fortbildung bedachten Arzt ver<strong>an</strong>twortet<br />
werden k<strong>an</strong>n. Um mit der Entwicklung von ärztlicher<br />
Kunst und Wissenschaft Schritt halten zu können,<br />
ist der Arzt verpflichtet, im Bereich der Hum<strong>an</strong>medizin wegen<br />
des Gewichts der im Rahmen seiner Tätigkeit möglicherweise<br />
betroffenen Rechtsgüter sich bis <strong>an</strong> <strong>die</strong> Grenze<br />
des Zumutbaren über <strong>die</strong> Erkenntnisse und Erfahrungen in<br />
der Wissenschaft unterrichtet zu halten. 3 Hierzu bedarf es<br />
in der Regel des regelmäßigen Lesens einschlägiger Fachzeitschriften<br />
auf demjenigen medizinischen Gebiet, auf welchem<br />
der Arzt praktiziert.<br />
Zwar verl<strong>an</strong>gt <strong>die</strong> Rechtsprechung von einem Arzt nicht<br />
in jedem Fall, dass er alle medizinischen Veröffentlichungen<br />
sofort kennt und beachtet. 4 Allerdings wird das<br />
regelmäßige Lesen einschlägiger Fachzeitschriften auf<br />
dem entsprechenden Gebiet gefordert. Spezialveröffentlichungen<br />
über Kongresse muss der „normale“ Facharzt<br />
nicht kennen, da <strong>die</strong>se Beiträge nur in geringer Auflage<br />
erscheinen beziehungsweise sich nur <strong>an</strong> Spezialisten,<br />
nicht aber <strong>an</strong> den niedergelassenen Praktiker wenden. 5<br />
Von Ärzten, <strong>die</strong> sich mit der Beh<strong>an</strong>dlung einer bestimmten<br />
Kr<strong>an</strong>kheit befassen, ist zusätzlich auch <strong>die</strong> Lektüre von<br />
solchen Zeitschriften zu fordern, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Beh<strong>an</strong>dlung<br />
<strong>die</strong>ser Kr<strong>an</strong>kheit und deren Risiken berichten. 6 Bei der Anwendung<br />
neuer, noch nicht allgemein eingeführter Methoden<br />
wird vom Facharzt über <strong>die</strong> Lektüre der einschlägigen<br />
inländischen Fachzeitschriften hinaus auch <strong>die</strong> Berücksichtigung<br />
des methodisch spezifischen internatio-<br />
3 BGH VersR 77, 546<br />
4 OLG Düsseldorf VersR 85, 478<br />
5 OLG München, VersR 00,890<br />
6 BGH VersR 82, 147
nalen Schrifttums erwartet. 7 Von Allgemeinmedizinern<br />
wird <strong>die</strong> Lektüre von ausländischen Fachzeitschriften<br />
nicht verl<strong>an</strong>gt.<br />
Wirtschaftlichkeit und Sorgfalt<br />
Wenn Sorgfalts<strong>an</strong>forderungen mit Maßnahmen der Kostendämpfung<br />
im Gesundheitswesen kolli<strong>die</strong>ren können,<br />
wird der Arzt durch <strong>die</strong> Folgen der Budgetierung, Deckelung<br />
oder Fallpauschalen von der Haftung für <strong>die</strong> erforderliche<br />
Sorgfalt im Einzelfall nicht generell befreit. Zwar<br />
hat der Arzt <strong>die</strong> Beschränkungen durch <strong>die</strong> sozialgesetzlichen<br />
Vorgaben zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche<br />
Schutz der Gesundheit erzwingt jedoch stets einen<br />
Normalst<strong>an</strong>dard der Sorgfalt zur Erhaltung der Gesundheit,<br />
zur Kontrolle der Schmerzen und zur Wiederherstellung<br />
des Kr<strong>an</strong>ken. Die Grenze zur Sorgfaltspflichtverletzung ist<br />
hier unscharf, sie ist jedenfalls spätestens d<strong>an</strong>n überschritten,<br />
wenn das Unterlassen der Beh<strong>an</strong>dlung einen groben<br />
Beh<strong>an</strong>dlungsfehler darstellen würde. Insoweit setzen<br />
sich <strong>die</strong> medizinischen Notwendigkeiten zur Erhaltung der<br />
grundgesetzlich geschützten Gesundheit gegenüber der Sozialgesetzgebung<br />
durch. Der Arzt sollte ihnen Folge leisten. 8<br />
Eine St<strong>an</strong>dardunterschreitung aus Kostengründen darf<br />
nicht eintreten. 9<br />
Apparative Ausstattung<br />
Der Arzt hat generell <strong>die</strong> nach dem St<strong>an</strong>d der medizinischen<br />
Wissenschaft für <strong>die</strong> Beh<strong>an</strong>dlung erforderlichen<br />
technischen Dienstmittel und Apparaturen vorzuhalten<br />
und zu verwenden. Hierbei gestaltet sich das Schritthalten<br />
der Praxis schon aus Kostengründen weitaus schwieriger<br />
als bei bloßer Anwendung neuer geistiger Erkenntnisse.<br />
Deshalb k<strong>an</strong>n es für eine gewisse Überg<strong>an</strong>gszeit gestattet<br />
sein, mit älteren, bis dahin bewährten apparativen<br />
Methoden zu arbeiten, sofern <strong>die</strong>s nicht schon wegen der<br />
Möglichkeit, den Patienten in eine besser ausgestattete<br />
Einrichtung zu überweisen, unver<strong>an</strong>twortlich sein sollte. 10<br />
Die Anforderungen <strong>an</strong> <strong>die</strong> apparative Grundausstattung<br />
Der in der jeweiligen Versorgungsebene zu gewährleistende<br />
allgemeine Qualitäts-St<strong>an</strong>dard der Beh<strong>an</strong>dlungsabläufe<br />
ist durch geeignete Vorkehrungen sicherzustellen.<br />
Dies betrifft insbesondere <strong>die</strong> Bereiche<br />
der Fortbildung, der apparativen Ausstattung, der Gerätesicherheit<br />
und der Geräte<strong>an</strong>wendung.<br />
7 BGH VersR 91, 469<br />
8 Deutsch, Ressourcenbeschränkung und Haftungsmaßstab im Medizinrecht,<br />
VersR 98, 261<br />
9 Laufs/ Kern, H<strong>an</strong>dbuch des Arztrechts, Verlag C.H. Beck. 4. Aufl. 2010, S.<br />
1230<br />
10 BGH VersR 88, 179<br />
Arzt und Arzthaftung recht<br />
orientieren sich <strong>an</strong> den vorauszusetzenden Beh<strong>an</strong>dlungsbedingungen<br />
der jeweiligen stationären Versorgungsstufe<br />
des Kr<strong>an</strong>kenhauses. 11<br />
Unzureichende apparative Ausstattung<br />
Stehen dem Arzt keine ausreichenden apparativen Bedingungen<br />
für eine st<strong>an</strong>dardgemäße Beh<strong>an</strong>dlung zur Verfügung,<br />
d<strong>an</strong>n ist der Patient von vornherein in ein <strong>an</strong>deres<br />
Kr<strong>an</strong>kenhaus zu überweisen, das nach seiner personellen<br />
und apparativen Ausstattung <strong>die</strong>sen St<strong>an</strong>dard gewährleistet.<br />
Das Unterlassen <strong>die</strong>ser Maßnahme ist ein Beh<strong>an</strong>dlungsfehler<br />
in Form des Übernahmeverschuldens.<br />
Grenzwertige apparative Ausstattung<br />
Ist der zu fordernde medizinische Beh<strong>an</strong>dlungsst<strong>an</strong>dard<br />
trotz einer als dürftig einzustufenden Ausstattung des<br />
Kr<strong>an</strong>kenhauses gerade noch gewahrt, ist aber im konkreten<br />
Fall <strong>die</strong> apparative Ausstattung für <strong>die</strong> kontrollierte Führung<br />
der Therapie von besonderem Gewicht, stellt <strong>die</strong>s einen<br />
Umst<strong>an</strong>d dar, der für <strong>die</strong> Entscheidung des Patienten,<br />
ob er sich in <strong>die</strong>sem Kr<strong>an</strong>kenhaus beh<strong>an</strong>deln lassen sollte<br />
oder besser ein <strong>an</strong>deres, vielleicht sogar auf <strong>die</strong> Beh<strong>an</strong>dlung<br />
seiner Erkr<strong>an</strong>kung spezialisiertes Kr<strong>an</strong>kenhaus aufsuchen<br />
sollte, von erheblicher Bedeutung ist, so dass er darüber informiert<br />
werden muss. 12<br />
Beratungsumf<strong>an</strong>g bei Ausstattungsdefiziten<br />
Die ärztliche Beratungs- und Hinweispflicht erstreckt sich<br />
nicht auf eine Aufklärung darüber, dass m<strong>an</strong>gels optimaler<br />
Ausstattung nicht <strong>die</strong> modernsten Methoden <strong>an</strong>gewendet<br />
werden können oder in <strong>an</strong>deren Kr<strong>an</strong>kenhäusern gegebenenfalls<br />
modernere Apparaturen zur Verfügung stehen,<br />
wenn und soweit der St<strong>an</strong>dard guter ärztlicher Beh<strong>an</strong>dlung<br />
gewährleistet ist und eine <strong>an</strong>derweitige Beh<strong>an</strong>dlung<br />
in Ansehung der konkreten Umstände des Falls nicht<br />
dringend geboten erscheint. Eine derart weitgehende Hinweispflicht<br />
ist insbesondere d<strong>an</strong>n abzulehnen, wenn eine<br />
St<strong>an</strong>dardbeh<strong>an</strong>dlung, <strong>die</strong> vielfach erprobt worden ist und<br />
sich in der Praxis l<strong>an</strong>gjährig bewährt hat, <strong>an</strong>wendbar ist<br />
und auch <strong>an</strong>gewendet wird. 13<br />
Geräte<strong>an</strong>wendung<br />
Bei Einsatz von technischer Apparatur gilt, dass sich der<br />
Arzt als technisch und naturwissenschaftlich aufgeschlossener<br />
Mensch über <strong>die</strong> mit der Anwendung eines Geräts für<br />
11 Geiß/ Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Auflage 2009, Verlag C.H. Beck,<br />
S. 62<br />
12 BGH VersR 89, 851<br />
13 OLG Köln VersR 99, 847<br />
2 | 2011 niedersächsisches ärzteblatt<br />
29<br />
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echt<br />
den Patienten verbundenen Risiken vertraut machen<br />
muss. 14<br />
Der Arzt hat funktionsfähiges medizinisch-technisches Gerät<br />
für <strong>die</strong> Beh<strong>an</strong>dlung zur Verfügung zu stellen. Die Kontrollpflichten<br />
gehen über <strong>die</strong> in § 11 MedGV vorgeschriebenen<br />
sicherheitstechnischen Kontrollen hinaus. So ist zum<br />
Beispiel vor jedem operativen Eingriff das Intubationsgerät<br />
optisch zu kontrollieren. 15 D<strong>an</strong>eben besteht selbstverständlich<br />
<strong>die</strong> Verpflichtung des Arztes, <strong>die</strong> medizinischen<br />
Geräte regelmäßig warten und prüfen zu lassen. 9<br />
14 BGH VersR 91, 1289<br />
15 OLG Hamm VersR 80, 585<br />
Kasuistik<br />
Arzt und Arzthaftung<br />
Bei einem sechs Wochen alten weiblichen Säugling hatte <strong>die</strong><br />
Kinderärztin einen einseitigen Leistenbruch mit Verdacht auf<br />
ausgetretenes Ovar festgestellt und das Kind sofort einer größe -<br />
ren chirurgischen Klinik überwiesen. Der Leistenbruch war<br />
klinisch und sonographisch durch <strong>die</strong> Klinik bestätigt worden.<br />
Der Bruchsackinhalt war irreponibel. Inkarzerationszeichen<br />
best<strong>an</strong>den nicht. Acht Tage später war <strong>die</strong> Operation<br />
– wie durch <strong>die</strong> Klinik gepl<strong>an</strong>t – vorgenommen worden.<br />
Es f<strong>an</strong>d sich ein indirekter Leistenbruch mit einem Bruchsackinhalt,<br />
den m<strong>an</strong> für das Ovar hielt. Der Bruchsackinhalt<br />
wurde reponiert, <strong>an</strong>schließend wurden Bruchsack und Bruchpforte<br />
versorgt. Sechs Tage nach dem Eingriff erfolgte wegen<br />
einer Schwellung im Operationsgebiet eine Wiedervorstellung<br />
des Kindes in der Klinik. Klinisch und sonographisch<br />
wurde ein Leistenbruchrezidiv mit Verdacht eines erneuten<br />
Ovaraustritts diagnostiziert. Da m<strong>an</strong> keine Inkarzerationszeichen<br />
f<strong>an</strong>d, wurde der Termin für <strong>die</strong> notwendige Rezidivoperation<br />
zu einem weiteren vier Tage später gelegenen Zeitpunkt<br />
vereinbart. Bei der d<strong>an</strong>n vorgenommenen Operation<br />
lag kein Rezidiv vor, sondern ein direkter Leistenbruch. Im<br />
Bruchsack f<strong>an</strong>d sich hämorrhagisch infarziertes Gewebe, das<br />
<strong>die</strong> Chirurgen für Reste des Ovars hielten und resezierten.<br />
Im weiteren unkomplizierten Verlauf wurde noch eine abdominelle<br />
Sonographie durchgeführt, bei der – für <strong>die</strong> Operateure<br />
überraschend – zwei normal konfigurierte und lokalisierte<br />
Ovarien gesehen wurden. Die Histologie des bei der<br />
Zweitoperation entnommenen Materials hatte wegen der Infarzierung<br />
keine genaue Gewebsdifferenzierung erlaubt,<br />
30 niedersächsisches ärzteblatt 2 | 2011<br />
Autor:<br />
Rechts<strong>an</strong>walt Joh<strong>an</strong>n Neu<br />
Geschäftsführer<br />
<strong>Schlichtungsstelle</strong> für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen<br />
Ärztekammern<br />
H<strong>an</strong>s-Böckler-Allee 3<br />
30173 H<strong>an</strong>nover<br />
Tel.: (05 11) 3 80 24 16 oder 24 20<br />
Fax: (05 11) 3 80 24 06<br />
E-Mail: info@schlichtungsstelle.de<br />
www.schlichtungsstelle.de<br />
von fall zu fall<br />
Aus der Fallsammlung der Norddeutschen <strong>Schlichtungsstelle</strong><br />
Diesmal: Irreponibler Leistenbruch beim Mädchen – fehlerhaft<br />
verzögerte Operation<br />
sondern lediglich den Verdacht auf eine Fremdkörperreaktion<br />
ergeben. Die Eltern des Säuglings werfen den Ärzten der<br />
in Anspruch genommenen Klinik vor, <strong>die</strong> beiden Operationen<br />
fehlerhaft zu spät vorgenommen zu haben. Insbesondere<br />
wäre es durch <strong>die</strong> Verzögerung der Zweitoperation zum<br />
Verlust des „Ovars“ gekommen. Vermutet wird auch eine<br />
nicht fachgerecht vorgenommene Erstoperation, <strong>die</strong> deshalb<br />
einen zweiten Eingriff erforderlich gemacht habe. Wartezeiten<br />
und Zweiteingriff wären für Kind und Eltern sehr belastend<br />
gewesen. Die Chirurgen der Klinik wiesen den Vorwurf<br />
fehlerhaften Vorgehens zurück. Da Inkarzerationen klinisch<br />
und sonographisch nicht vorgelegen hätten, wäre auch bei<br />
Irreponibilität des „Ovars“ keine Indikation zu einem früheren<br />
Operationstermin gesehen worden. Die Eingriffe seien<br />
elektiv acht Tage beziehungsweise vier Tage nach der Indikationsstellung<br />
fachgerecht durchgeführt worden. Bei dem<br />
Zweiteingriff h<strong>an</strong>dele es sich nicht um ein Rezidiv sondern<br />
um einen zweiten (direkten) Leistenbruch.<br />
Gutachten<br />
Der von der <strong>Schlichtungsstelle</strong> beauftragte kinderchirurgische<br />
Gutachter stellte fest, dass es sich bei einem irreponiblen<br />
Leistenbruch um einen symptomatischen Bruch h<strong>an</strong>delt.<br />
Ein solcher müsse frühzeitig elektiv in einem Zeitrahmen von<br />
24 bis 48 Stunden operativ beh<strong>an</strong>delt werden. Die zeitliche<br />
Verzögerung der bei dem Säugling durchgeführten Operationen<br />
sei fehlerhaft gewesen. Ein Gesundheitsschaden für<br />
das kleine Mädchen sei jedoch nicht entst<strong>an</strong>den, da es sich<br />
bei dem im Rahmen der Zweitoperation resezierten Gewebe<br />
nicht um das Ovar des Kindes geh<strong>an</strong>delt habe. Welcher Art<br />