Download E-book kostenlos - Yasmin Verschure
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nichts verrückt und hast mir phantastisch geholfen in dem Prozess des Loslassens und<br />
der Vergebung.<br />
Dann entdeckte ich, einige Zeit nach meinem Geburtstag, dass ein ansehnlicher<br />
Alkoholvorrat im Schrank verschwunden war. Und ich wusste im selben Moment mit<br />
überraschender Klarheit, dass du Alkoholiker warst. Und ich dachte: Wie dumm, das<br />
hätte ich als Sozialarbeiterin doch sofort erkennen müssen, schließlich hatte ich in<br />
meiner Arbeit auch schon mal mit einem zu tun!<br />
Ich war nicht böse, nicht enttäuscht, es war allein eine Tatsache die ich feststellte. Ich<br />
sprach darüber. Du sagtest, dass es nicht so schlimm war und dabei blieb es. Wir<br />
genossen ebenso viel wie vorher. Aber eines morgens kam ich herunter und du warst<br />
verschwunden. Nicht einmal einen Brief hattest du hinterlassen. All mein letztes Geld<br />
hattest du mitgenommen. Das Haus fühlte sich seltsam und leer an ohne deine<br />
Fröhlichkeit und deinen Humor.<br />
Ein paar Wochen später bekam ich einen Brief in dem du schriebst, dass das Leben für<br />
dich ohne mich keinen Sinn hatte und du die Absicht hättest dich umzubringen. Ich<br />
glaube, dass ich bis zu dem Moment keinen Augenblick daran dachte, dass du in mich<br />
verliebt sein könntest! Du machtest es mir schon sehr schwer. Denn ich befand mich<br />
noch in dem Prozess, in dem ich die Verantwortlichkeit von anderen auf meine<br />
Schultern nahm. Das hatte ich mein Leben lang gemacht, warum wäre ich sonst<br />
Sozialarbeiterin geworden?<br />
Nach einem inneren Streit mit mir selbst änderte ich meine Meinung und suchte dich<br />
auf. Du warst wieder in einem Kloster, zwar in einem anderen, denn du hattest das<br />
letzte Mal nicht bezahlt. Ich wollte dich nicht länger in meinem Haus haben, aber war<br />
bereit gemeinsam mit dir nach einer Lösung zu suchen. Du kamst zu mir nach Hause<br />
und wir suchten nach Möglichkeiten, das wurde letztendlich ein Heim für Obdachlose.<br />
Aber du musstest selbst den Schritt unternehmen, du musstest anrufen. Und das tatest<br />
du, woraufhin ich dich noch am gleichen Abend dort hin brachte.<br />
Es war schmerzhaft für mich dich dort zu hinterlassen, aber ich hatte keine andere<br />
Wahl. Schon schnell warst du auch da “die Sonne im Haus“. Ein Vater zu dem die<br />
jüngeren kamen und bei ihm um Rat fragten. Ein Lichtlein durch die Offenheit und<br />
Unbefangenheit. Du wurdest verantwortlich gemacht für die Küche, was du<br />
hervorragend gemeistert hast. Ab und zu kam ich dich besuchen und ich blieb zum<br />
Essen. Ich fühlte mich zu Hause zwischen dem, was wir häufig den Ausschuss der<br />
Gesellschaft nennen......<br />
Auch da bist du nicht lang geblieben. Du musstest frei sein und herumziehen, wie die<br />
Sadhus in Indien. Ich verlor dich eine zeitlang aus den Augen, bis du mich<br />
enthusiastisch anriefst. Du hattest Geld und wolltest mich im schicksten Restaurant<br />
des Dorfes zum Essen einladen. Aber erst hast du alle Kaugummiautomaten leer<br />
gemacht und meine Hände vollgestopft mit Plastikringen usw. Und ich genoss wieder<br />
in vollen Zügen.<br />
Du hattest mir im Restaurant eine Menge zu erzählen was du auch nicht allzu leise<br />
getan hast. Bescheidenheit war nun mal nicht deine stärkste Seite. Ich merkte wohl,<br />
dass sich das Pärchen hinter uns daran ärgerte, aber mich störte es nicht. Als du,<br />
während des Rauchens einer selbstgedrehten Zigarette, lauthals verkündet hast, dass<br />
dies die perfekte Situation wäre um ein Taxi kommen zu lassen, konnte ich mich nicht<br />
mehr beherrschen. Ich kugelte mich vor Lachen, wir waren zehn Minuten Fußmarsch<br />
von meinem Haus entfernt.<br />
Die Frau hinter uns ging auf die Toilette, aber für ihren Mann war es der Tropfen der<br />
den Eimer überlaufen ließ. Er feuerte eine Schimpfkannonade auf “das Gesindel des<br />
Sozialbeistandes“ ab, durch die ich mich übrigens nicht angesprochen fühlte. Du auch<br />
<strong>Yasmin</strong> <strong>Verschure</strong> 76/166 Met een open Hart