Projekt Niederwildhegegemeinschaft - Kreisjägerschaft Meiningen ...
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P r o j e k t<br />
der Südthüringischen <strong>Niederwildhegegemeinschaft</strong>en<br />
Herpfgrund Herpf<br />
und<br />
Hennebergerland Hermannsfeld<br />
<strong>Kreisjägerschaft</strong> <strong>Meiningen</strong><br />
Thema: „Natur erhalten – Lebensraum gestalten“<br />
Einleitung<br />
Es ist eine bedauerliche Tatsache, dass trotz eifriger Bemühungen die Anzahlen<br />
bestimmter Charaktertiere unserer Heimat immer mehr abnehmen, so dass bei einigen<br />
kaum eine Aussicht auf Rettung ihrer Art zu bestehen scheint.<br />
Die Ursache des zahlenmäßigen Rückganges dieser bestimmten freilebenden Kreaturen<br />
zu ergründen, bewegt naturverbundene Menschen aus privaten und beruflichen<br />
Bereichen.<br />
Alle bisher durchgeführten Untersuchungen, erlassenen Bestimmungen und ergriffenen<br />
Initiativen von Behörden, Naturschutz- und Landesjagdverbänden, Kreisjäger- und<br />
Hegegemeinschaften bis hin zum einzelnen Mitstreiter führten territorial zu sehr<br />
unterschiedlichen Ergebnissen. Flächendeckende Erfolge zur Stabilisierung bzw.<br />
Erhöhung der Bestände bei Feldhase, Rebhuhn, dem seit Jahren eingebürgerten „Fasan“<br />
sowie dem Wildkaninchen konnten bisher allerdings nicht erreicht werden. Auch der<br />
Eintrag in die „Rote Liste“ hilft den bedrohten Tieren nicht.<br />
Meine seit Jahren getätigten Beobachtungen und gesammelten Erfahrungen in der<br />
Vorderrhön, dem Werratal, dem Grabfeld und dem Erfurter Becken enden mit dem<br />
Ergebnis:<br />
Die menschlichen Einwirkungen auf die Lebensräume der heimischen<br />
Wildtiere und Kleinvögel geben Anlass zu ernsthafteren Überlegungen<br />
und Anstrengungen als bisher, um diese Tiere zu schützen.<br />
Erwogene Vorstellungen bestimmter Kreise, die Jagdausbildung dahingehend zu ändern,<br />
dass verschiedene Wildtiere unter Schutz gestellt oder die Jagdzeiten eingeschränkt<br />
werden sollen, sind Stückwerk und helfen der Tierwelt nicht. Dazu möchte ich Beispiele<br />
aus den Niederwaldhegegemeinschaften Herpfgrund und Henneberger Land aus<br />
Thüringen nennen:
Zur Charakteristik der Hegegemeinschaften<br />
Die Gesamtjagdfläche beträgt ca. 9.200 ha. Sie erstreckt sich von der Vorderrhön zur<br />
Werra über Teile des Grabfeldes bis an die Landesgrenze Bayerns.<br />
- 50 % der Jagdfläche ist Feldflur und wird landwirtschaftlich intensiv genutzt<br />
(vorrangiger Anbau von Halmfrüchten auf Schlaggrößen bis 60 ha).<br />
- 49 % der Fläche ist Waldbestand; vorherrschend sind Mischlaubbestände.<br />
- 1 % der Jagdfläche bilden Trockenrasen und Wasserflächen.<br />
- Die Höhenlage über NN variiert zwischen 250 m und 750 m.<br />
- Das rauhe Klima der Rhön erstreckt sich über das Territorium beider<br />
Hegegemeinschaften.<br />
- Die Hauptwildart, das Rehwild, wird bewirtschaftet im Dreijahresrhythmus.<br />
Beispiel Nr. 1: Bejagung<br />
Der Faktor Jagd als Ursache für die heute zahlenmäßig geringen Bestände scheidet mit<br />
der Begründung aus, dass Rebhühner im Jahr 1968, Hasen und Fasane 1991/1992<br />
letztmalig bejagt wurden.<br />
Beispiel Nr. 2: Witterungsbedingungen<br />
Schneereiche Winter mit langen Frostperioden bewirkten zwischen 1960 und 1977 eine<br />
(zahlenmäßige) natürliche Auslese unter den genannten Niederwildarten. Trotzdem lag<br />
der Hasenbesatz in diesem Zeitraum bei ca. 10 Stück auf 100 ha Jagdfläche. Heutige<br />
Zählungen ermitteln einen Bestand von 0,8 bis 1 Stück auf 100 ha desselben Gebietes;<br />
trotz bedeutend milderen Temperaturen. Diese wenigen Tiere kommen ausschließlich an<br />
der Wald-Feldkante vor. Ähnlich verhält es sich mit den Rebhühnern. Vereinzelt geringe<br />
Ketten bevölkern noch vorhandene Heckenstreifen. In den offenen ausgeräumten Fluren<br />
gibt es weder Hasen noch Feldhühner. Diese durch die Landwirtschaft intensiv<br />
bewirtschafteten Flächen (Ernte – sofortige Bodenbearbeitung – Wiederbestellung)<br />
bieten weder dem Niederwild noch der Vogelwelt den entsprechenden Lebensraum.<br />
Beispiel Nr. 3: Kleinvogelwelt<br />
Diese negativen Erscheinungen des gestörten Lebensraumes zeigen sich auch besonders<br />
in der Vogelwelt. Die kleinen Singvogelarten sind davon am stärksten betroffen.<br />
Darunter zählen besonders:<br />
- die Körnerfresser: Grünling, Stieglitz, Zeisig, Gold- und Grauammer, Hänfling,<br />
Girlitz<br />
- die Segler: Mehl- und Rauchschwalbe, Mauersegler<br />
- die Insektenfresser: Nachtigall, Spötter, Garten- und Sperbergrasmücke,<br />
die Drosseln und Lerchen sowie das Meisenvolk,<br />
um nur einige zu nennen.
Ohne die Gesamtheit der negativen Ursachen ihres Lebensraumes zu benennen, rangieren<br />
vordringlich der Nahrungsmangel, das Fehlen von geeigneten Nistgelegenheiten sowie<br />
hoher Beutegreiferdruck. Schon allein diese drei Faktoren beeinträchtigen das<br />
Brutgeschehen und die Jungenaufzucht wesentlich.<br />
Ich möchte mit meinen Ausführungen keine jagdpolitischen Veränderungen anstreben,<br />
sondern Anstöße zum Handeln erwirken! Oder doch?!<br />
1. Methoden der Verwirklichung<br />
Bildung eines Arbeitskreises 2003 unter Leitung der Hegegemeinschaft mit Vertretern:<br />
- der Umwelt- und der unteren Jagdbehörde des Landkreises Schmalkalden-<strong>Meiningen</strong>,<br />
- der zuständigen Jagdgenossenschaften und Forstämter,<br />
- des Kreisbauernverbandes und der landwirtschaftlichen Betriebe,<br />
- der Arbeitsgruppe Niederwild des Landesjagdverbandes Thüringen und<br />
- interessierten Personen aus der Bevölkerung.<br />
2. Öffentlichkeitsarbeit<br />
Vorstellung und Erklärung der inhaltlichen Schwerpunkte:<br />
- in der Homepage der <strong>Kreisjägerschaft</strong> <strong>Meiningen</strong> e.V. unter www.kjs-meiningen.de<br />
- an Schulen, ortsüblichen Aushängen, der Presse, im Lehrrevier (Fasanerie)<br />
Hermannsfeld, am Objekt I Flussaue Herpf,<br />
- in der Jahreshauptversammlung der <strong>Kreisjägerschaft</strong> <strong>Meiningen</strong> e.V. und des<br />
Thüringer Landesjagdverbandes e.V.<br />
- in den Fachzeitschriften „Unsere Jagd“ sowie „Thüringer Jäger“.<br />
3. Landschaftsgestaltung und Lebensraumerhaltung<br />
durch:<br />
- Ackerrandstreifen – mehrjährige Brache mit Flächenvernetzungen<br />
- Streuobstflächenbepflanzung und Pflege<br />
- Erhaltung von Wildlandflächen, Feldwegen, Vorflutern, Remisen und Schilfflächen<br />
- Bereitstellung geeigneter Flächen in der Wald- und Feldflur zur Anlage von<br />
Wildäckern<br />
- Ausweisung und Pflege von Wanderwegen für Spaziergänger mit Hunden<br />
(Hundespielwiesen)<br />
- Schaffung kleiner Wasserrückhaltebecken (Laichbecken für Amphibien),<br />
Vogeltränken<br />
- Ausweisung von Reiterwegen<br />
- Anbau früchtetragender Bäume und Sträucher.
4. Maßnahme zur Stabilisierung und Erhöhung der Niederwildarten<br />
„Hase, Rebhuhn und Fasan sowie der Kleinvögel“<br />
- Bau von Brut- und Aufzuchtvolieren<br />
- Schaffung geeigneter raubwildfreier Auswilderungsgehege<br />
- in den Wintermonaten flächendeckende Futterbereitstellung mit schilfüberdachten<br />
Fütterungen an günstigen Standorten<br />
- regelmäßiger Erfahrungsaustausch mit <strong>Niederwildhegegemeinschaft</strong>en<br />
- Erhaltung von Todholzbeständen<br />
- Bau künstlicher Nisthilfen mit Schülern<br />
- Schutz der Wohnburgen, speziell der roten Waldameise<br />
- Anlage von Huderplätzen für Birkwild, Fasan und Rebhuhn<br />
5. Minimierung der Beutegreifer<br />
- Durchführung eines Fallensteller-Lehrgangs<br />
- Bereitstellung von Kunstbauen und Lebendfanggeräten<br />
- Organisation von Raubwildjagden<br />
- Dezimierung der Gelegediebe Krähe und Elster<br />
6. Arbeitsplatzbereitstellung für Personen über gemeinnützige Tätigkeiten<br />
- Bereits 2005 wurde begonnen, in Zusammenarbeit mit dem „NEUEN ARBEIT<br />
THÜRINGEN e.V. die Umsetzung der im <strong>Projekt</strong> „Natur erhalten – Lebensraum<br />
gestalten“ geplanten Maßnahmen zu realisieren.<br />
- Bau von Volieren<br />
- Futterbereitstellung für Aufzucht der Jungtiere und deren Betreuung<br />
- Erweiterung der Lebensräume in beiden Objekten.
Stand der Realisierung<br />
Wie im <strong>Projekt</strong> vorgesehen, wurden im Bereich der NWHG „Henneberger Land“<br />
Volieren speziell für den Fasan errichtet. Als Standort wurde das Territorium der<br />
ehemaligen „herzoglichen Fasanerie Hermannsfeld“ gewählt. Durch gute<br />
Aufzuchtergebnisse konnte 2006 mit der Auswilderung begonnen werden.<br />
Als Vorsitzender der Interessengemeinschaft möchte ich zum Objekt I der NWHG<br />
„Herpfgrund“ Flussaue Herpf folgendes anmerken:<br />
Eine ehemalige sanierte Mülldeponie wurde mit einem Wildschutzzaun umfriedet. Diese<br />
Fläche von ca. 2,90 ha hat, wie auf dem Foto ersichtlich, Baumbestand, Wasser- und<br />
Schilfflächen und ist größtenteils mit Wildkräutern bewachsen. In den darauf errichteten,<br />
abgeteilten, jedoch mit Zwischentüren verbundenen acht Volieren haben wir im Jahr<br />
2005 auf 184 m² Fläche mit Rebhühnern begonnen.<br />
Dabei mussten wir folgende Feststellungen wahrnehmen:<br />
1. Das monogam lebende Feldhuhn verpaart sich nicht mit seinen Geschwistern. Das<br />
bedeutet: Befindet sich eine Kette Hühner im Revier, betreibt nur das Alpha- bzw.<br />
Mutterpaar das Brutgeschäft.<br />
2. Mit dem Beginn der Balz werden die Hennen äußerst aggressiv. Unser Versuch, zwei<br />
verschiedene Hähne mit einer Henne zu verpaaren, blieb trotz starken Balzgehabes<br />
der Hähne erfolglos. Mit einem fremden Hahn aus einer anderen Blutlinie vollzog<br />
sich innerhalb von zwölf Minuten die Verlobung.<br />
3. Die durch Drahtgeflecht abgetrennten Buchten mit je einem Brutpaar besetzt,<br />
hinderten die Hennen nicht an ihrem zänkischen Gehabe mit der Nachbarin durch den<br />
Zaun. 40 cm hohe Sichtblenden beendeten die Zwistigkeiten. Die Tiere verhielten<br />
sich erst danach ruhig.<br />
4. Vor der Eiablage haben wir Vorsorge zum Nestbau getroffen. Ausgestochene<br />
Rasenstücke mit viel überhängendem Altgras wurden hufeisenförmig<br />
zusammengesetzt, dazwischen eine Nistmulde mit dem Handrücken vertieft und<br />
etwas trockenem Gras gepolstert, was von den Hennen angenommen wurde.<br />
Verstreut liegende Eier brachten wir ebenfalls in diese Nester.<br />
Die ersten Gelege von sieben Paaren brachten 142 Eier. Davon wurden 132 Eier in<br />
der Maschine bebrütet. Ergebnis: 65 Küken und keine Glucke!<br />
In einem geschützten warmen Raum von 100 x 150 cm wurde ein einzelner Rebhahn<br />
als Amme zugegeben. Nach zehn Minuten huderte dieser Hahn die Küken. Nachts<br />
wärmten wir die Küken zusätzlich mit einer Rotlichtlampe, da der Hahn nicht alle<br />
Küken bedecken konnte. Das Nachgelege wurde den Hennen belassen und von ihnen<br />
bebrütet. Bei drei Gelegen schlüpften 32 Küken.
Kükenfütterung – ein wichtiger Faktor in der Volierenaufzucht<br />
In den ersten acht Tagen verabreichten wir diesen Wollknäuln hartgekochte Eier,<br />
Magermilchquark, junge feingeschnittene Schafgarbe, Ameiseneier und dazu<br />
Kükenaufzuchtsfutter in flachen Schalen. Nach einer Woche verfütterten wir dazu noch<br />
Mehlwürmer. Der Hahn zeigte den Küken die Nahrungsaufnahme „väterlich“.<br />
Nach zwei Wochen kamen die Halbbeflogenen samt ihrem Vater in eine große Voliere.<br />
Hinzufügen muss ich noch, dass ab dem zweiten Tag zusätzlich zum Futter feiner Kies<br />
angenommen wurde.<br />
Wichtig ist das Vorhandensein von Huderkästen in den Volieren. Das Badematerial<br />
haben wir aus 2/3 sandiger Erde und 1/3 Buchensägemehl, vermischt mit Branntkalk,<br />
zubereitet und alle zwei Wochen erneuert. Um eine starke Verkotung in den Volieren zu<br />
vermeiden, wurde im 14-tägigen Wechsel Weizenspreu eingestreut. Getränkt wurde mit<br />
sauberem zwei Tage altem Wasser.<br />
Im Monat Juni wurde dem Trinkwasser ein Anthelminthikum beigemischt und drei Tage<br />
angeboten. Die Jungtiere entwickelten sich sehr gut.<br />
Ohne sichtbare Krankheitssymptome verendeten binnen zwei Wochen ca. 40 Stück der<br />
gut halbwüchsigen, maschinenerbrüteten Jungtiere. Die jüngeren naturgebrüteten Küken<br />
nebenan blieben verschont.<br />
Was war passiert?<br />
Um 08:00 Uhr früh waren alle noch ohne irgend ein Anzeichen von Krankheit. Zwei<br />
Stunden später waren bereits vier Küken verendet. Ich verständigte sofort den<br />
Amtstierarzt und unseren Veterinär. Wir standen vor einem Rätsel!<br />
Daraufhin eingeleitete Maßnahmen:<br />
- Umtrieb in eine mit Ameisensäure desinfizierte Voliere<br />
- Desinfektion und Fugatwechsel in der Bisherigen<br />
- Einsatz von Antibiotika im Tränkwasser mit dem Ergebnis: Das Sterben wurde sofort<br />
gestoppt.<br />
Was war die Ursache?<br />
Laut vorliegender Befunde des „Thüringer Landesamtes für Lebensmittelsicherheit und<br />
Verbraucherschutz Langensalza“ lautete die Diagnose:<br />
Bakteriologische, mykologische und parasitäre Mischinfektion.<br />
Trotz dieses schockierenden Schadens waren wir erleichtert, dass die Tiere nicht an der<br />
damals grassierenden Vogelgrippe erkrankt waren.
Hinweise zur Auswilderung!<br />
Die Vorhaben, das Rebhuhn und den Fasan in den heimischen Fluren wieder<br />
einzubürgern und die Bestände zu erhalten, bedarf umfangreichen Vorbereitungen.<br />
Die Gestaltung des Lebensraumes ist die Grundvoraussetzung.<br />
Folgende Faktoren seien hierzu genannt:<br />
- Dezimierung der Beutegreifer auf Hegegemeinschaftsebene;<br />
- Auswählen von geeigneten Biotopen;<br />
- Auswilderung nicht nach dem Gießkannenprinzip vornehmen;<br />
- den Zeitpunkt der Freilassung rechtzeitig vor der Balz wählen;<br />
- keine verwandten Tiere, sondern blutsfremde in die Natur entlassen.<br />
- Zur Eingewöhnung eine Auswilderungsvoliere mit reichlich Futter verwenden;<br />
möglichst eine Woche lang.<br />
Noch eine Bemerkung zu unserem Vorhaben!<br />
Wir überwintern unseren Bestand in zwei miteinander verbundenen Volieren von 200 m².<br />
Warum?<br />
Wir beugen damit den Verlusten in den Revieren über die Wintermonate vor. Im<br />
Frühjahr kommen kräftige, gesunde Tiere in ihren neuen Lebensraum.<br />
Ich vertrete den Standpunkt, dass wir unter Mithilfe aller Jagdausübenden unserer<br />
Hegegemeinschaften die Zielstellung erreichen und gehe davon aus, dass sich damit<br />
auch die Besätze der Feldhasen stabilisieren.<br />
Sollte ich mit meinen Erläuterungen Anstöße zum Handeln geweckt haben, wünsche ich<br />
Weidmanns Heil und stehe für weitere Auskünfte unter Tel.-Nr. 03 69 43 / 6 38 42 oder<br />
Mobil: 01 75 / 9 82 14 68 gerne zu Verfügung.<br />
Hans-Otto Hess<br />
Neuer Weg 3<br />
98617 Herpf