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schieren." 377 Im "Kinematograph" durfte HARTMANN gleich in zwei Nummern dem Bühnenautor Fulda<br />

negative Kommentare zu dessen Stücken und positive Urteile über das Kinodrama vorhalten. 378<br />

Derlei Urteile konnte man zu dieser Zeit einer der zahlreichen Kino-Umfragen von Fachpresse und Tageszeitungen<br />

entnehmen: Die "Erste Internationale Film-Zeitung" ließ schon im Frühjahr 1911 Schriftsteller<br />

sich zur "Programmfrage" äußern (Max Dessoir, Tovote, Ewers, Konrad Alberti u.a.) 379 und fragte<br />

ein Jahr später: "Ist das Kinematographen-Drama ein Kunstwerk?" 380 . Die Wiener Tageszeitung "Zeit"<br />

brachte Ostern 1912 eine Rundfrage über die "Gefahren und Vorteile des Kinos" (Altenberg, Wedekind,<br />

Carl Hagemann, Emanuel Reicher, Berta von Suttner, u.a.) 381 . Die "Frankfurter Zeitung" eröffnete ihre<br />

Befragung "Vom Werte und Unwerte des Kinos" am 10. Mai 1912 mit einem einleitenden Feuilleton, das<br />

sich meist an die von FULDA vorgegebene Linie hielt: "Das künstlerisch vervollkommnete Kino kann im<br />

besten Fall eine der Pantomime ähnliche, vom verfeinerten Kunstgeschmack zu würdigende Kunstform<br />

sein." 382 Ende Mai nahmen dann neben anderen Oskar Bie, Friedrich Freksa, Helene Lange, Maeterlinck<br />

und Walter Rathenau zu den von der Einführung aufgeworfenen Problemen Stellung. 383 Im Herbst 1912<br />

berichtete die Filmfachpresse von einer Umfrage des "Figaro" bei französischen Bühnenautoren. 384 Dann<br />

war die "Erste Internationale Film-Zeitung" wieder an der Reihe: Diesmal fragte sie Schriftsteller, Theaterkritiker<br />

und Chefredakteure, ob "die Gleichstellung der Lichtbild-Bühnen mit den wirklichen Theatern<br />

in Bezug auf kritische Besprechung zweckmäßig wäre und ob durch die öffentliche Kritik in der Tagesjournalistik<br />

ein Einfluß auf den Besuch der Kino-Bühnen denkbar ist" 385 ? Es ging also um die Kunstkritik<br />

des Films, die zu diesem Zeitpunkt noch von keiner deutschen Tageszeitung und Kulturzeitschrift betrieben<br />

wurde; die angesprochenen Feuilletonchefs und Chefredakteure der Tagespresse reagierten demzufolge<br />

auch einhellig negativ. Brachten diese Umfragen 386 kaum neue Argumente im Streit zwischen Theater<br />

und Kino, legten sie oft nur die Ahnungslosigkeit der antwortenden "Berühmtheit" oder deren materielle<br />

Interessen bloß, so hatten sie letztlich doch positive Folgen für das Kino, weil sie eine Anzahl von<br />

Meinungsführern veranlaßten, Stellung zu beziehen, also das neue Medium insoweit bereits ernstzunehmen.<br />

Indes, der Kampf der Theaterverbände gegen das Kino ging weiter. Nachdem zuvor mehrfach in den<br />

Verbandsblättern auf die "Gefahren" des Kinos auch für die Bühnenschauspieler hingewiesen worden<br />

war, 387 verboten im Mai 1912 die Berliner Theaterleiter den bei ihnen engagierten Schauspielern die<br />

Mitwirkung bei Filmaufnahmen. Arthur MELLINI, Chefredakteur der "Lichtbild-Bühne" konterte lakonisch:<br />

"Berlin hat über 2000 engagementslose Schauspieler, die gern vor dem Kurbelkasten arbeiten." 388<br />

Die bedeutenden Bühnenkünstler - wie Fritzi Massary, Giampietro und Pallenberg, die gerade von einer<br />

Filmfirma für eine Serie von Aufnahmen verpflichtet worden waren 389 - würden das Verbot gar nicht beachten<br />

und dennoch nicht entlassen. Nur den kleinen und mittleren Schauspielern würde der Nebenverdienst<br />

entzogen, was sie letztenendes zur Flucht vom Theater zum Kino treibe. Selbst ein Kinoreformer<br />

377 H. FELLNER, An Herrn Dr. Ludwig Fulda, an den Vorsitzenden der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehöriger, und an<br />

die Herren Direktoren Dr. Otto Brahm und Victor Barnowsky. In: Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 31, 3.8.1912, S. 19.<br />

378 Emil HARTMANN, Die Leinwand, die die Welt bedeutet! In: Der Kinematograph, Nr. 284, 5.6.1912 und Nr. 285, 12.6.1912.<br />

379 Diese Umfrage erwähnt Fedor von ZOBELTITZ (Film-Literatur, a.a.O.). Den Jahrgang 1911 der "Ersten Internationalen<br />

Film-Zeitung" konnte der Verfasser nicht einsehen.<br />

380 Ist das Kinematographen-Drama ein Kunstwerk? In: Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 16, 20.4.1912, S. 13-14.<br />

381 Einen zusammenfassenden Bericht über die Umfrage gibt: Rudolf HUPPERT, Ansichten über das Kino. In: Der<br />

Kinematograph, Nr. 278, 24.4.1912.<br />

382 Vom Werte und Unwerte des Kinos. In: Frankfurter Zeitung, Nr. 129, 10.5.1912, Erstes Morgenblatt, S. 2.<br />

383 "Vom Werte und Unwerte des Kinos". In: Frankfurter Zeitung, Nr. 148, 30.5.1912, Erstes Morgenblatt, S. 1-3 und Nr. 149,<br />

31.5.1912, Erstes Morgenblatt, S. 1-3.<br />

384 Der Kinematograph im Urteil französischer Bühnen-Autoren. In: Der Kinematograph, Nr. 298, 11.9.1912; Kinorundfrage des<br />

"Figaro". In: Bild und Film (M.Gladbach), Nr. 11/12, 1912/13, S. 268-269.<br />

385 Soll das Filmdrama kritisiert werden? In: Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 42, 19.10.1912, S. 21-30.<br />

386 Siehe auch: Das Kino im Urteil bekannter Zeitgenossen. In: Der Kinematograph, Nr. 300, 25.9.1912.<br />

387 Die Schauspieler und der "Kientopp". In: Die Deutsche Bühne, Nr. 2, 25.1.1912, S. 17-18; Max MARX, Wir Schauspieler<br />

und der Kientopp. In: Der Neue Weg (Berlin), Nr. 5, 3.2.1912, S. 149-150; Rudolf KLEIN-ROHDEN, Die Bühnenangehörigen<br />

und der Kientopp. In: Der Neue Weg, Nr. 15, 13.4.1912, S. 494-495; Alfons FELLNER, Die Kinofrage. Ist der Theaterdirektor<br />

berechtigt, dem Schauspieler die Mitwirkung an Kino-Aufnahmen zu untersagen? In: Die Deutsche Bühne, Nr. 8, 25.4.1912, S.<br />

117-119.<br />

388 A. M. (= Arthur MELLINI), Das Berliner Schauspieler-Verbot ist da. In: Lichtbild-Bühne, Nr. 20, 18.5.1912, S. 5.<br />

389 Nach: Max MARX, Zur Kino-Frage. Ein paar Worte an den Deutschen Bühnenverein. In: Die Schaubühne, Nr. 20, 16.5.1912,<br />

S. 578.

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