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50<br />

unternehmer hätten "die Ausflüge auf das Gebiet des Dramas zu unterlassen" 419 . OESTERHELD, Leiter<br />

einer Bühnenvertriebsfirma, schimpfte in PFEMFERTs "Aktion", Hauptmann und Schnitzler würden üblen<br />

Filmdichtern ihr mörderisches Handwerk sanktionieren. 420 Der Kinoreformer Konrad LANGE wollte<br />

sogar die moderne Literaturgeschichte umschreiben: "Man wird sich zu entscheiden haben, ob man diejenigen<br />

noch als Dichter gelten lassen darf, die bei der Reproduktion ihrer Dichtungen auf das Wort verzichten<br />

zu können glaubten." 421<br />

Doch es gab auch Zustimmung zum Kartellvertrag. So äußerte FRED ausgerechnet in der "Schaubühne"<br />

des Kinodrama-Gegners JACOBSOHN: "... es ist kein Zweifel, daß Bühnenschriftsteller besser vorgebildet<br />

sind, Kinodramen zu machen, als das Proletariat der Literatur, das derlei bisher zusammengeflickt<br />

hat" 422 . Es werde Autoren geben, die innere Möglichkeiten für diese Tätigkeit hätten: "Talente, gar Genies<br />

können nicht verdorben werden, wenn man sie zu dem Versuch bestimmt, ihre Persönlichkeit in irgend<br />

einer Sprache - auch der Film ist eine Sprache - mitzuteilen, solange sie bewußt und strenge und gewissenhaft<br />

sowohl den Gesetzen des eignen Wesens wie der besondern Kunstform, für die sie schaffen, gehorchen."<br />

423 Und BAEUMLER, gewissermaßen ergänzend, sah eine neue Gattung von Dramatik entstehen:<br />

"Eine Dramatik, die rein auf den Elementen des mimischen Ausdrucks beruht." 424 Besser, das Volk<br />

lerne den "Fuhrmann Henschel" (das Hauptmann-Stück) im Lichtbildtheater kennen, als gar nicht.<br />

Unmittelbar vor Ratifizierung des Kartellvertrages zwischen PAGU und Bühnenschriftstellern durch eine<br />

außerordentliche Generalversammlung des Verbandes am 11. November 1912 versuchte eine konkurrierende<br />

Filmfirma noch ein Störmanöver. 425 Die Berliner Filiale der dänischen Nordisk, die "Nordische<br />

Films Co.", verschickte am 6. November ein Rundschreiben an die Schriftsteller und wies darauf hin,<br />

schon vor Monaten mit entsprechenden Vorbereitungen begonnen zu haben: "Wir sind es, die dafür G.<br />

Hauptmann, M. Halbe, H. Eulenberg, E. v. Wolzogen, A. Schnitzler, C. Rössler, C. Viebig und viele andere<br />

erste Namen gewonnen haben; durch andere Verträge sind u. a. H. v. Hofmannsthal, F. Philippi, F. v.<br />

Zobeltitz, F. Salten, J. Wassermann gebunden." 426 Die Firma biete, als eine der leistungsfähigsten auf<br />

dem Weltmarkt, den deutschen Schriftstellern eine mustergültige technische Ausführung, kostspielige Inszenierung,<br />

ein geschultes Ensemble und einen höchstmöglichen Tantiemenertrag. Das Rundschreiben<br />

schloß mit dem Hinweis: "Sollte dennoch, obwohl diese Vorteile von anderer Seite auch nicht annähernd<br />

geboten werden können, der geplante Vertrag seitens des Verbandes abgeschlossen werden, so bringen<br />

wir hierdurch ausdrücklich in Erinnerung, daß dieser die einzelnen Mitglieder nicht hindert, sich mit unserm<br />

Unternehmen in Verbindung zu setzen." 427<br />

Schon war ein heftiger Streit im Gange um "Die Priorität der Autorenfilms", wie die "Erste Internationale<br />

Film-Zeitung" ihren Bericht überschrieb und damit den Begriff aus der Taufe hob, der die Diskussionen<br />

der nächsten Zeit dominieren sollte. Offenbar im Auftrag der "Nordischen" erhielt und druckte die "Erste<br />

Internationale Film-Zeitung" eine Zuschrift von "einem bekannten Autor, der anläßlich der Autorenverträge<br />

viel genannt wird". Dieser Autor verteidigte die Priorität der "Nordischen" in bezug auf die Autorenfilm-Idee<br />

gegen die "Projektions-A.-G.-Union" ( PAGU ), die in ihrer "U.T. Z. " (wohl : Union-<br />

Theater-Zeitung) anläßlich des Kartellvertrages kräftig die Werbetrommel rührte: Sie sei "als erstes<br />

Lichtspielunternehmen auf dem Plan erschienen, um den deutschen Dichter für die Kinokunst zu gewinnen",<br />

und "der unermüdlichen Arbeit ihres Direktoriums" sei es "zu danken, wenn der deutsche Dichter<br />

von jetzt an durch die weit geöffneten Tore der Lichtspielhäuser schreitet". 428<br />

419<br />

Oskar BLUMENTHAL, Der Film auf der Anklagebank. In: Neue Freie Presse (Wien), Nr. 17217, 30.7.1912, Morgenblatt, S.<br />

1-3; Nachdruck in: Die Deutsche Bühne, Nr. 18, 25.11.1912, S. 418-421.<br />

420<br />

Erich OESTERHELD, Wie die deutschen Dramatiker Barbaren wurden. In: Die Aktion, 26.2.1913; zit. nach dem Nachdruck<br />

in: Anton KAES (Hrsg.), Kino-Debatte, a.a.O., S. 100.<br />

421<br />

Konrad LANGE, Bühne und Lichtspiel. In: Deutsche Revue (Berlin), Oktober 1913, S. 123.<br />

422<br />

W. FRED, Filmpolitik und Filmzensur. In: Die Schaubühne, Nr. 47, 21.11.1912, S. 547.<br />

423<br />

Ebenda, S. 548.<br />

424<br />

B. (Alfred BAEUMLER), Filmdramatik? In: März (München), Nr. 51, 21.12.1912, S. 484.<br />

425<br />

Siehe: KINOMASTIX, a.a.O., S. 204-205.<br />

426<br />

Rundschreiben der Nordischen Films Co. In: Hätte ich das Kino. Die Schriftsteller und der Stummfilm, Marbach a. N. 1976,<br />

S. 129.<br />

427<br />

Ebenda.<br />

428<br />

Die Priorität der Autorenfilms. In: Erste Internationale Film-Zeitung, Nr. 47, 23.11.1912, S. 43.

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