[2x06] Blutzoll - shilgert's neue Internetpräsenz auf Funpic.de
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
Inistra //<br />
“Interessant…”, murmelte Mary Lu, einen Text <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Bildschirm ihres Computers lesend.<br />
„Dachte ich mir doch, dass dich das interessieren wür<strong>de</strong>“, antwortete Zoe über <strong>de</strong>n kleinen<br />
Lautsprecher, <strong>de</strong>r neben <strong>de</strong>m Monitor <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Tisch stand.<br />
„Wenn das stimmt, was hier steht, könnte es sein, dass wir gera<strong>de</strong> einen ziemlich mächtigen<br />
potentiellen Verbün<strong>de</strong>ten gefun<strong>de</strong>n haben.“<br />
„Mächtiger Verbün<strong>de</strong>ter?“, kam es plötzlich von <strong>de</strong>r Tür, „das hört man doch gerne.“<br />
Mary Lu zuckte zusammen. Sie atmete tief ein und drehte ihren Stuhl um 180°, um sehen zu<br />
können wer sie da gera<strong>de</strong> so erschrocken hatte. Es war, wie konnte es auch an<strong>de</strong>rs sein, Jan, <strong>de</strong>r da<br />
grinsend im Türrahmen stand.<br />
„Weißt du, höfliche Menschen klopfen an, bevor sie einfach so hereinplatzen.“<br />
„Es war offen“, verteidigte sich Jan lachend.<br />
„Davon abgesehen, Zoe, hättest du mich nicht warnen können?“<br />
„Selbst wenn ich das könnte, die Tatsache, dass ich Teil <strong>de</strong>s Computersystems bin heißt noch<br />
lange nicht, dass ich meinen Humor verloren habe. In <strong>de</strong>r Tat fin<strong>de</strong> ich, dass ich viel humorvoller<br />
gewor<strong>de</strong>n bin, seit ich keinen Körper mehr habe.“<br />
„Da ist allerdings was dran“, kommentierte Jan, und hockte sich neben Mary Lu an ihren<br />
Schreibtisch.<br />
„Aber ihr bei<strong>de</strong>n ward gera<strong>de</strong> dabei irgendwas von sehr mächtigen Verbün<strong>de</strong>ten zu erzählen.“<br />
Mary Lu nickte.<br />
„Zoe hat in <strong>de</strong>r Datenbank einen Verweis <strong>auf</strong> einen Planeten gefun<strong>de</strong>n, <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m die Fuetron<br />
versucht haben sollen eine Rasse von Kriegern zu züchten.“<br />
„Versucht?“<br />
„Nach allem was ich in <strong>de</strong>r Datenbank fin<strong>de</strong>n konnte,“ antwortete Zoe, „verlief das Experiment<br />
nicht wie geplant und wur<strong>de</strong> <strong>auf</strong>gegeben. Es ist wahrscheinlich, dass die Kreaturen, an <strong>de</strong>nen sie<br />
experimentiert haben uns helfen wer<strong>de</strong>n als <strong>de</strong>n Fuetron.“<br />
Jan nickte.<br />
„Ich wäre auch ziemlich angepisst, wenn die an mir herumexperimentieren wür<strong>de</strong>n.“<br />
Mary Lu boxte ihn <strong>auf</strong> die Schulter.<br />
„Jan, language!“<br />
Jan lachte.<br />
„Sagt diejenige, die mein Alter Ego mit einem Vibrator bewusstlos geschlagen hat.“<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Könnten wir uns wie<strong>de</strong>r <strong>auf</strong> das Thema konzentrieren?“, kam es aus <strong>de</strong>n Lautsprechern.<br />
„Natürlich“, grinste Jan pflichtschuldigst, „also, was hast du noch herausgefun<strong>de</strong>n?“<br />
„Nicht viel. Die Informationen sind extrem spärlich. Trotz<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong> ich Captain Hedgefield gerne<br />
eine Zusammenfassung übermitteln, damit wir dieser Welt einen Besuch abstatten können.“<br />
Mary Lu und Jan nickten.<br />
„Setz unsere Namen drunter“, meinte Jan, „das sollten wir uns wirklich ansehen.“<br />
„Gut“, antwortete Zoe, „ich habe <strong>de</strong>m Captain die entsprechen<strong>de</strong>n Dokumente übermittelt.<br />
Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich habe Laura versprochen ihr dabei zu helfen ihren Computer zu<br />
reparieren.“<br />
Jan runzelte die Stirn.<br />
„Ich dachte dafür hätten wir unseren großartigen Dr. Lieb?“<br />
„Dr. Lieb ist damit beschäftigt einen seiner Server zu reparieren, <strong>de</strong>n ich… aus Versehen<br />
überlastet haben könnte während er dabei war mich mit Aufgaben zu überschütten. Also dann, bis<br />
später.“<br />
Ein Symbol <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Bildschirm zeigte an, dass die Verbindung been<strong>de</strong>t war.<br />
„Ganz ehrlich, so hatte ich mir einen sprechen<strong>de</strong>n Computer nicht vorgestellt“, meinte Mary Lu<br />
mit freundlichem Spott in <strong>de</strong>r Stimme.<br />
„Davon abgesehen, dass Zoe eigentlich nach wie vor ein Mensch ist, nur ohne Körper, wäre es dir<br />
vielleicht lieber mit HAL aus <strong>de</strong>r Space Odyssee zu sprechen?“<br />
„Da hast du auch wie<strong>de</strong>r recht.“<br />
Damit entschuldigte sich Mary Lu, die eine <strong>neue</strong> Mitarbeiterin einweisen musste, eine<br />
schüchterne Japanerin, was wie<strong>de</strong>rum Jan daran erinnerte, dass er noch ein paar Diagnosen am<br />
Albagan zu checken hatte.<br />
Inistra // Der nächste Tag<br />
Der Captain hatte gar nicht erst großartig überzeugt wer<strong>de</strong>n müssen <strong>de</strong>n Planeten zu besuchen.<br />
Schon früh am Morgen hatten sie sich wie<strong>de</strong>r einmal in ihre „Ausgehuniform“ geworfen, wie Jan<br />
scherzhaft bemerkte, also tarnfarbene Kampfanzüge samt Helm und schweren, gelän<strong>de</strong>gängigen<br />
Schuhen, dazu MP-5s für die Militärs und eine Glock für die Wissenschaftler. Jan trug zu<strong>de</strong>m seine<br />
Wurfsterne und Mary Lu ein langes Messer am Gürtel. Auch Sergej war wie<strong>de</strong>r mit von <strong>de</strong>r Partie,<br />
<strong>de</strong>r vermutlich genetischen Experimente. Die Marines wur<strong>de</strong>n wie gewohnt von Sergeant Rainy<br />
Charleston angeführt.<br />
Zoe hatte gera<strong>de</strong> das Albagan unter Strom gesetzt, als <strong>de</strong>r Captain die Halle betrat.<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Nanu, wollen Sie etwa auch mit, Captain?“, fragte Mary Lu über das sich steigern<strong>de</strong> Summen <strong>de</strong>r<br />
Projektoren hinweg. Hedgefield schüttelte <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Nein, sobald Sie alle weg sind muss ich für einen kurzen diplomatischen Besuch nach Aiwa<br />
Amzama. Keine Ahnung was die schon wie<strong>de</strong>r haben.“<br />
„Aber ich dachte, Sie hätten Angst davor gefangen genommen zu wer<strong>de</strong>n?“, fragte Jan spitz und<br />
mit hochgezogenen Augenbrauen. Hedgefield schüttelte lächeln <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Ich habe einen Trip überlebt, ich glaube damit ist die Gefahr gebannt.“<br />
Er schien glänzen<strong>de</strong>r Laune zu sein. Jan wollte gera<strong>de</strong> noch einen spitzen Kommentar abgeben, da<br />
unterbrach ihn Zoe mit <strong>de</strong>r Information, die Verbindung sei erfolgreich hergestellt. Also hob Jan nur<br />
kurz die Hand zur Verabschiedung, und gemeinsam traten sie in die schimmern<strong>de</strong> blaue Kugel.<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite erwartete sie tiefste Nacht. Ein schmaler Streifen Mond stand am Himmel,<br />
als sie aus <strong>de</strong>r Kugel heraustraten, die einen Steinkreis erleuchtete, das Albagan umgebend. Als die<br />
Kugel erlosch sahen sie, dass überall Fackeln <strong>auf</strong>gestellt waren, die <strong>de</strong>n Ort in ein mystisches Licht<br />
tauchten.<br />
„Warum kommt mir hier alles so bekannt vor?“, fragte Jan nach einem skeptischen Blick umher.<br />
„Die Anordnung <strong>de</strong>r Steine… sie wirkt wie ein keltischer Steinkreis“, antwortete Mary Lu, während<br />
die Marines Position bezogen.<br />
„Wie das Stonehenge, o<strong>de</strong>r?“<br />
Mary Lu schüttelte <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Das Stonehenge ist wesentlich älter. Auch wenn die Ähnlichkeit nicht von <strong>de</strong>r Hand zu weisen<br />
ist…“<br />
In <strong>de</strong>m Moment erschien eine schlanke, hochgewachsene Figur im schwachen Schein <strong>de</strong>r Fackeln.<br />
Sofort richteten sich fünf scharfe MP-5s <strong>auf</strong> die Silhouette. Der Frem<strong>de</strong> blieb stehen und hob die<br />
Hän<strong>de</strong> bis <strong>auf</strong> etwa die Höhe seiner Schultern.<br />
„Ihr könnt euer Waffen senken, ich stelle keine Gefahr für euch dar“, begrüßte er die Gruppe in<br />
einem hart klingen<strong>de</strong>n Chibigo-Dialekt. Die Soldaten sahen zögernd zu Charleston hinüber. Der kniff<br />
für einen Moment die Lippen zusammen, dann befahl er die Waffen zu senken.<br />
„Wir stellen ebenfalls keine Gefahr dar“, antwortete Mary Lu, als die Waffen gesenkt waren.<br />
„Wir haben lediglich ein paar… schlechte Erfahrungen gesammelt.“<br />
Der Frem<strong>de</strong> senkte seine Hän<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r und lachte leise.<br />
„Ja,“ sagte er, „ das kann ich verstehen.“<br />
Dann trat er mit leichten Schritten in <strong>de</strong>n Lichtschein <strong>de</strong>r Fackeln. Er war groß, min<strong>de</strong>stens zwei<br />
Meter, wenn nicht mehr, und hatte muskulöse Extremitäten. An <strong>de</strong>n Fingerknöcheln befan<strong>de</strong>n sich<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
kleine, wie Dornen aussehen<strong>de</strong> Krallen. In tiefen Höhlen liegend besaßen die Augen eine riesige Iris<br />
aber anscheinend keine Regenbogenhaut. Die Haut selbst war bleich und von feinen Falten<br />
durchzogen. Gehüllt in einen langen schwarzen Mantel machte er trotz aller Beteuerungen einen<br />
gefährlichen Eindruck.<br />
„Mein Name ist Gatorr, und ich heiße euch herzlich willkommen <strong>auf</strong> Aiwa Vampiris.“<br />
Jan kniff die Augen zusammen.<br />
„Vampiris? Wie in… ein Vampir?“<br />
Gatorr lächelte nachsichtig.<br />
„Ich sehe, ihr habt von unserer Rasse gehört.“<br />
„Ja, aber ich dachte immer das wären nur… Geschichten.“<br />
„Eigentlich“, warf Mary Lu ein, „macht es durchaus Sinn: Eine mystische Rasse von Wesen, die nur<br />
zu bestimmten Zeiten überhaupt in Erscheinung tritt, vornehmlich an Halloween, o<strong>de</strong>r besser gesagt<br />
<strong>de</strong>m alten keltischen Fest <strong>de</strong>s Samhain, an <strong>de</strong>m die Grenze zwischen <strong>de</strong>n Welten <strong>de</strong>r Leben<strong>de</strong>n und<br />
<strong>de</strong>r Toten geöffnet wird. Eine Grenze die geöffnet wird, ein Tor zu einer an<strong>de</strong>ren Welt.“<br />
Sie <strong>de</strong>utete <strong>auf</strong> das Albagan hinter ihnen.<br />
„Das hier könnte <strong>de</strong>r Ursprung dieses Teils <strong>de</strong>r Legen<strong>de</strong> sein.“<br />
Gatorr lächelte.<br />
„Ihr stammt von <strong>de</strong>r Blou Aiwa, <strong>de</strong>r ursprünglichen Heimstatt unser aller Vorfahren, nicht wahr?“<br />
Mary Lu nickte.<br />
„Vor vielen hun<strong>de</strong>rt Jahren hat es in <strong>de</strong>r Tat einen solchen Fall gegeben. Wir wollten <strong>de</strong>n Planeten<br />
besuchen, von <strong>de</strong>m unser genetischer Ursprung stammt. Aber wir waren nicht son<strong>de</strong>rlich<br />
willkommen, man versuchte uns mit allen Mitteln vom Antlitz eures Planeten zu vertilgen. Es liegt<br />
nahe, dass sich solche Geschichten über die Generationen fortsetzen.“<br />
„Also trinkt ihr wirklich Blut?“, erstaunte sich Jan, noch bevor Mary Lu etwas Passen<strong>de</strong>res hätte<br />
sagen könne. Gatorr sah ein wenig indigniert in die Run<strong>de</strong>. Dann seufzte er und präsentierte seine<br />
überaus spitzen Eckzähne.<br />
„Ja, wir trinken Blut. Aber seid unbesorgt, ihr seid nicht in Gefahr. In <strong>de</strong>r Tat wür<strong>de</strong> ich euch gerne<br />
in das Anwesen meiner Familie einla<strong>de</strong>n, es ist ein Festmahl heute. Unterwegs wer<strong>de</strong> ich euch ein<br />
wenig die Zusammenhänge unseres Volkes erklären, wenn ihr nichts dagegen habt.“<br />
„Gerne doch“, antwortete Mary Lu schnell, bevor jeman<strong>de</strong>m noch eine an<strong>de</strong>re unpassen<strong>de</strong> Frage<br />
einfallen konnte.<br />
„Ursprünglich war das alles hier ein Experiment <strong>de</strong>r Fuetron. Sie hatten bereits erfolgreich ein<br />
Volk von Dienern herangezüchtet, und wollten nun <strong>neue</strong> Krieger erschaffen, um noch mehr Planeten<br />
unter ihr Joch zwänge n zu können. Aus alten Aufzeichnungen konnten wir entnehmen, dass ihr Ziel<br />
ein Wesen war, welches ihre Schöpfer an Blutrünstigkeit noch übertreffen sollte, und je<strong>de</strong>n Gegner<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
binnen kürzester Zeit nie<strong>de</strong>rringen konnte. Sie kombinierten daher das Erbgut ihrer Diener mit <strong>de</strong>m<br />
verschie<strong>de</strong>ner an<strong>de</strong>rer Lebewesen, unter an<strong>de</strong>rem einer bestimmten Fle<strong>de</strong>rmausart. Getrieben vom<br />
Durst nach Blut sollten unsere Vorfahren die Fein<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fuetron nie<strong>de</strong>rmetzeln.“<br />
„Ich nehme an, irgendwas hat nicht so funktioniert wie gedacht?“, sprach Jan in die<br />
be<strong>de</strong>utungsschwangere Pause, die Gatorr eingelegt hatte.<br />
„In <strong>de</strong>r Tat. Anfangs muss alles planmäßig gel<strong>auf</strong>en sein, bereits nach wenigen Jahren hatte man<br />
Hybri<strong>de</strong> gezüchtet, die sich unter an<strong>de</strong>rem vom Blut an<strong>de</strong>rer Lebewesen ernährten. Die ersten<br />
Vampire waren geboren. Und doch sollten unsere Vorfahren niemals die lebendigen Waffen wer<strong>de</strong>n,<br />
die ihre Schöpfer so gerne gesehen hätten. Die unzähligen Experimente hatten zahlreiche<br />
Nebeneffekte, positive, wie extrem langes Leben, wie negative, unter an<strong>de</strong>rem eine große Zahl an<br />
allergischen Reaktionen. Aber vor allem haben die grausamen Versuche ein Verlangen nach Ruhe in<br />
unseren Köpfen verankert.“<br />
„Das genaue Gegenteil also von <strong>de</strong>m, was die Fuetron eigentlich wollten“, bemerkte Mary Lu,<br />
während sie über einen Kiesweg eine kleine Anhöhe hochstiegen. Gatorr nickte.<br />
„Das Experiment wur<strong>de</strong> eingestellt und unsere Vorfahren sich selbst überlassen. Seither leben wir<br />
in Frie<strong>de</strong>n hier und versuchen unser Wissen über die Vorgänge <strong>de</strong>s Universums zu mehren.“<br />
„Dann haben wir ja etwas gemeinsam, wir sind ebenfalls Forscher“, lächelte Mary Lu. Gatorr<br />
nickte abermals.<br />
„Es ist lange her, dass uns zum letzten Mal Frem<strong>de</strong> besucht haben. Die An<strong>de</strong>ren wer<strong>de</strong>n<br />
hocherfreut sein“, sagte Gatorr, während sie <strong>de</strong>n höchsten Punkt <strong>de</strong>s kleinen Hügels erklommen.<br />
Gatorr blieb stehen und <strong>de</strong>utete <strong>auf</strong> ein hell erleuchtetes Gebäu<strong>de</strong> etwa 100 Meter entfernt.<br />
„Das ist das Anwesen meiner Familie. Wir wer<strong>de</strong>n gera<strong>de</strong> rechtzeitig zum Fest <strong>de</strong>r Karminesflüsse<br />
eintreffen.“<br />
„Was ist das für ein Fest?“, fragte Jan, als sie sich wie<strong>de</strong>r in Bewegung setzten.<br />
„Es ist schwer zu erklären. Es wird am besten sein, wenn ihr es selbst seht.“<br />
Schweigend marschierten sie <strong>auf</strong> das in leicht orangenes Licht getauchte Anwesen aus hellem<br />
Fels.<br />
„Bin ich eigentlich <strong>de</strong>r einzige“, wisperte Jan Mary Lu zu, „<strong>de</strong>r nicht ganz glücklich damit ist sich zu<br />
einem Fest zu begeben, das von Vampiren ausgerichtet wird? Was wenn <strong>de</strong>nen einfällt uns zum<br />
Hauptgang zu machen?“<br />
„Möglich wäre es, aber ich glaube nicht, dass das passieren wird.“<br />
„Und was macht dich so sicher?“<br />
Mary Lu zuckte mit <strong>de</strong>n Schultern.<br />
„Weibliche Intuition?“<br />
Jan grummelte etwas Unverständliches und schwieg. Kurze Zeit später hatten sie das Anwesen<br />
erreicht. Gatorr öffnete eine schwere Holztür und bat sie in einen reich verzierten Eingangsraum. Im<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Gegensatz zu <strong>de</strong>n kunstvollen bildhauerischen Arbeiten <strong>auf</strong> Inistra war das Innen<strong>de</strong>kor hier<br />
hauptsächlich in Holz gehalten, kunstvoll geschnitzte und bemalte Figuren und Muster zogen sich an<br />
Säulen hoch bis zur Decke.<br />
„Hier entlang“, bat Gatorr und zeigte <strong>auf</strong> ein Portal aus dunklem Holz, von <strong>de</strong>m aus eine Treppe<br />
nach oben sichtbar war. Aus <strong>de</strong>m Durchgang ertönte leise Musik, die <strong>de</strong>m Anschein nach von<br />
Trommeln und Blasinstrumente dominiert wur<strong>de</strong>. Darüber hinweg hörte man Leute re<strong>de</strong>n.<br />
„Klingt wirklich nach Fest“, kommentierte Charleston.<br />
„Jetzt fangen Sie nicht auch noch mit <strong>de</strong>m Horror-Fantasien an“, beschied ihn Mary Lu.<br />
Leicht nervös bestiegen sie die Treppe. Jans Hand wan<strong>de</strong>rte unwillkürlich zu <strong>de</strong>r Tasche mit <strong>de</strong>n<br />
Wurfsternen, die an seinem Gürtel baumelte und auch Charlestons Griff um das Endstück seiner MP5<br />
wur<strong>de</strong> fester.<br />
Dann traten sie in <strong>de</strong>n Festsaal ein, <strong>de</strong>r sich als langgezogener Raum entpuppte, reich verziert von<br />
Fackeln und an<strong>de</strong>ren Leuchten kunstvoll ausgeleuchtet. In <strong>de</strong>r Mitte war ein langer Tisch platziert<br />
wor<strong>de</strong>n, an <strong>de</strong>m min<strong>de</strong>stens dreißig Leute saßen, vermutlich alles Vampire. Am Kopfen<strong>de</strong> stan<strong>de</strong>n<br />
<strong>auf</strong> einem kleinen Po<strong>de</strong>st eine Handvoll Musiker, die <strong>auf</strong> kleinen Trommeln und länglichen<br />
Holzblasinstrumenten spielten. Soweit machte alles einen friedlichen Eindruck. Doch dann glitt Jans<br />
Blick <strong>auf</strong> das an<strong>de</strong>re Kopfen<strong>de</strong>, und mit einem Mal lief es ihm eiskalt <strong>de</strong>n Rücken hinab.<br />
Ebenso kunstvoll angeleuchtet wie die Dekoration saßen <strong>auf</strong> einem run<strong>de</strong>n hockerartigen Stuhl<br />
zwei Menschen, gehüllt in schwarze Kleidung, die <strong>de</strong>n Nackenbereich prominent frei ließ. Fast<br />
regungslos saßen die bei<strong>de</strong>n da, ein Mann und eine Frau, und blickten in <strong>de</strong>n Raum hinein.<br />
In <strong>de</strong>m Moment setzte die Musik mit einem erstaunten, schiefen Ton aus, die Gespräche<br />
verstummten und alle blickten zu ihnen hinüber.<br />
Jan sah nur aus <strong>de</strong>m Augenwinkel, wie Charleston seine MP-5 zog.<br />
„Keine Bewegung“, brüllte er, „Finger weg von <strong>de</strong>n Menschen!“<br />
Jan war starr vor Schreck.<br />
„Sergeant“, wisperte Mary Lu von hinten, „möchten Sie mir erzählen, was zur Hölle Sie hier<br />
veranstalten?“<br />
„Ich improvisiere“, wisperte Charleston zurück, „und ich wer<strong>de</strong> unter keinen Umstän<strong>de</strong>n tatenlos<br />
hier stehen, während diese Blutsauger hier zwei fellow humans opfern!“<br />
Für einen Moment schwiegen alle, die Nerven wie Saiten gespannt, und die Frage schien nur bei<br />
wem sie zuerst reißen wür<strong>de</strong>n. Da erhob sich mit einem Mal einer <strong>de</strong>r Menschen, hob die Hän<strong>de</strong> und<br />
lächelte.<br />
„Ich glaube,“ sprach er leise und bedächtig, „hier liegt ein großes Missverständnis vor. Das<br />
Karminesfest hat eine sehr alte Tradition und hat nichts mit Gewalt o<strong>de</strong>r tödlichen Opfern zu tun. Wir<br />
geben lediglich einen kleinen Teil unseres Blutes, um das Überleben <strong>de</strong>r Vampire zu sichern. Es ist<br />
eine symbiotische Beziehung, keine Unterdrückung, auch wenn es vielleicht <strong>de</strong>n Anschein erwecken<br />
mag.“<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
Charleston zuckte leicht.<br />
„Und wer sagt mir, dass das sie dir das nicht vorher ins Ohr geflüstert haben?“<br />
Einer <strong>de</strong>r Vampire erhob sich.<br />
„Das wer<strong>de</strong>n Sie uns schon glauben müssen. Allerdings wür<strong>de</strong> ich im Gegenzug dann auch ganz<br />
gerne wissen, wer Sie sind und warum Sie hier in unser Fest hereinplatzen!“<br />
Mary Lu hob beschwichtigend die Hän<strong>de</strong>.<br />
„Wir sind Forscher einer Expedition nach Inistra. Wir sind hier, weil wir nach Verbün<strong>de</strong>ten im<br />
Kampf gegen die Fuetron suchen.“<br />
„In<strong>de</strong>m Sie in einen hochtraditionellen Festakt einbrechen, die Gäste mit Waffen bedrohen und<br />
die Ehrengäste entführen wollen? Ich weiß ja nicht, wie diese Dinge da geregelt wer<strong>de</strong>n wo Sie<br />
herkommen, aber hier sieht man diese Dinge nicht beson<strong>de</strong>rs gerne.“<br />
„Wir bitten um Verzeihung,“ schaltete sich nun Jan ein und <strong>de</strong>utete eine Verbeugung an.<br />
„Sie müssen wissen, da wo wir herkommen existiert die Rasse <strong>de</strong>r Vampire nur in Mythen und<br />
Sagen, und, so leid mir das tut, sie sind nicht beson<strong>de</strong>rs schmeichelhaft. Es entspricht sozusagen <strong>de</strong>m<br />
Klischee, das wir gewohnt sind, dass wenn man zwei Menschen und eine Gruppe Vampire sieht, man<br />
sofort an Entführung, Mord und <strong>de</strong>rgleichen <strong>de</strong>nkt.“<br />
Der Vampir schnaubte.<br />
„Und wo kommt ihr her?“<br />
„Ursprünglich stammen wir von Blou Aiwa.“<br />
Ein leichtes Raunen ging durch <strong>de</strong>n Saal.<br />
„Blou Aiwa sagt ihr? Und ihr okkupiert zurzeit die Stadt Inistra?“<br />
Jan und Mary Lu nickten simultan.<br />
Die Vampire tuschelten kurz. Dann erhob sich ein sehr alt aussehen<strong>de</strong>r Vampir.<br />
„Mein Name ist Termok. Ich bin mit über 800 Jahren <strong>de</strong>r Älteste meines Clans. Ich bin gewillt euer<br />
Anliegen <strong>de</strong>m Rat vorzutragen, doch zunächst müsst ihr eine Prüfung bestehen, die die<br />
Rechtschaffenheit eurerseits <strong>auf</strong> die Probe stellen wird. Zwei von euch wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Prüfung<br />
unterzogen, und zwar du und du.“<br />
Er <strong>de</strong>utete <strong>auf</strong> Jan und Mary Lu. Dann zeigte er <strong>auf</strong> die Menschenfrau.<br />
„Du wirst sie bis zum Allianztempel führen, und danach hierher zurückkehren. Die Festlichkeiten<br />
wer<strong>de</strong>n solange unterbrochen. Die an<strong>de</strong>ren Teilnehmer <strong>de</strong>r Expedition sind frei darin sich im<br />
Untergeschoss <strong>auf</strong>zuhalten o<strong>de</strong>r zu ihrer Welt zurückzukehren. Ich habe gesprochen.“<br />
Damit setzte er sich wie<strong>de</strong>r hin. Die Frau in<strong>de</strong>s erhob sich von ihrem Hocker und hob die Hand,<br />
wohl zum Gruß, und legte sie <strong>auf</strong> ihre Schulter.<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Mein Name ist Mean<strong>de</strong>r. Bitte folgt mir.“<br />
Sie lächelte und ging zur Tür. Jan und Mary Lu warfen sich einen kurzen Blick zu, dann folgten sie<br />
ihr.<br />
„Viel Glück“, brachte Charleston noch heraus, dann waren die bei<strong>de</strong>n die Treppe hinab<br />
verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Draußen war es kühl gewor<strong>de</strong>n, als Mean<strong>de</strong>r, Mary Lu und Jan aus <strong>de</strong>r Tür traten.<br />
„Ihr fragt euch sicher, was es mit all<strong>de</strong>m <strong>auf</strong> sich hat“, lächelte Mean<strong>de</strong>r freundlich und <strong>de</strong>utete<br />
mit Hand einmal um sie herum. Jan nickte.<br />
„Es ist… ungewohnt, ja.“<br />
Mean<strong>de</strong>r lachte glockenhell.<br />
„Ja, ich kann mir vorstellen, dass es das für euch ist. Soll ich euch ein wenig… erhellen?“<br />
„Gerne. Die Grobfassung <strong>de</strong>r Vampirhistorie haben wir zwar schon von Gatorr bekommen, aber<br />
alles an<strong>de</strong>re hat er verschwiegen.“<br />
Mean<strong>de</strong>r lächelte.<br />
„Es ist eigentlich gar nicht so kompliziert. Die Fuetron haben hier nicht nur die Vampire<br />
angesie<strong>de</strong>lt, son<strong>de</strong>rn auch eine kleine Kolonie Chibigo. Sie sollten <strong>de</strong>n Vampiren als Nahrungsquelle<br />
dienen. Doch nach<strong>de</strong>m das Experiment <strong>de</strong>r Fuetron gescheitert war, verbün<strong>de</strong>ten sich die Vampire<br />
mit meinen Vorfahren. Sie gaben uns Bildung, beschützten uns vor Fein<strong>de</strong>n und halfen unserer<br />
Zivilisation sich zu entwickeln. Im Gegenzug gaben wir unser Blut, was die Vampire am Leben hielt.<br />
Über die Jahrhun<strong>de</strong>rte entwickelte sich so eine Symbiose. Die Vampire sind inzwischen in <strong>de</strong>r Lage<br />
einen Großteil <strong>de</strong>s Blutes, welches sie benötigen zu synthetisieren, aber einmal im Jahr geben wir<br />
<strong>de</strong>nnoch einen kleinen Teil unseres Blutes. Es ist für uns nicht gefährlich und wir tun es gerne.“<br />
Jan lachte, auch aus Erleichterung.<br />
„Und wir dachten, ihr wärt in Lebensgefahr.“<br />
Mean<strong>de</strong>r schüttelte <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Überhaupt nicht. Es tut nicht einmal beson<strong>de</strong>rs weh.“<br />
„Und dieser Test“, schaltete sich Mary Lu ein, „was hat es damit <strong>auf</strong> sich?“<br />
Mean<strong>de</strong>r zögerte einen Moment lang.<br />
„Ich weiß es nicht genau“, gab sie zu, „ <strong>de</strong>r Allianztempel verfügt über zahleiche Katakomben und<br />
uralte Höhlen über die nur die Allianzhüter bescheid wissen. Normalerweise wachen sie darüber,<br />
dass unsere Völker ihre Allianzen einhalten, nicht nur untereinan<strong>de</strong>r son<strong>de</strong>rn heute vor allem auch<br />
die mit an<strong>de</strong>ren Völkern. Was es aber mit dieser Prüfung <strong>auf</strong> sich hat weiß ich nicht, tut mir leid.“<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
Mary Lu stellte noch ein paar Fragen und kurze Zeit später fan<strong>de</strong>n sie sich einer gewaltigen<br />
Pyrami<strong>de</strong> gegenüber.<br />
„Hier ist es“, sagte Mean<strong>de</strong>r ehrfürchtig und <strong>de</strong>utete <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n Tempel. Wie <strong>auf</strong> Kommando traten<br />
zwei Männer in purpurnen Roben <strong>auf</strong> sie zu und legten die Hand zum Gruß <strong>auf</strong> die Schulter.<br />
„Willkommen im Allianztempel. Wie können wir euch behilflich sein?“<br />
Mean<strong>de</strong>r grüßte ebenfalls, und auch Mary Lu und Jan versuchten die Geste zu imitieren.<br />
„Diese bei<strong>de</strong>n“, erklärte Mean<strong>de</strong>r und klang dabei wie beim Aussagen eines Gedichts, „kommen<br />
von weit her und wünschen eine Allianz mit unserem Völkerbund. Termok <strong>de</strong>r Alte entsen<strong>de</strong>t seine<br />
Grüße und bittet für diese bei<strong>de</strong>n die Prüfung.“<br />
Die bei<strong>de</strong>n berobten Männer nickten weise.<br />
„So soll es sein. Folgt uns in das Innere <strong>de</strong>s Tempels.“<br />
Mean<strong>de</strong>r verabschie<strong>de</strong>te sich, dann folgten die bei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Tempelhütern in einen aus grobem<br />
Stein gehauenen Gang. Fackeln erleuchteten <strong>de</strong>n Weg, <strong>de</strong>r wie ein alter Minenschacht wirkte. Kurze<br />
Zeit später stan<strong>de</strong>n sie vor einer schweren Dielentür.<br />
„Hinter dieser Tür erwartet euch die Prüfung, die über Wohl o<strong>de</strong>r Wehe dieser Allianz<br />
entschei<strong>de</strong>t. Seit ihr rein in Geist und Seele, rechtschaffend in Gedanke und Tat und mutig allem was<br />
ihr tut, so soll unserer Allianz nichts im Wege stehen.“<br />
Der eine <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Robenträger, <strong>de</strong>r diese Worte gesprochen hatte verneigte sich und ging, hoch<br />
erhobenen Hauptes, zurück <strong>de</strong>n Gang entlang.<br />
„Solltet ihr aber“, hob <strong>de</strong>r Verbleiben<strong>de</strong> an, „diese Voraussetzungen nicht erfüllen, so ist nunmehr<br />
<strong>de</strong>r letzte Moment, in <strong>de</strong>m ihr euch entschei<strong>de</strong>n könnt umzukehren.“<br />
Für einen Moment sahen sich Jan und Mary Lu in die Augen.<br />
„Wir wer<strong>de</strong>n nicht umkehren“, erklärte Jan mit fester Stimme.<br />
„Nun <strong>de</strong>nn“, sprach <strong>de</strong>r Robenträger und öffnete die schwere Tür. Muffige Luft stieg ihnen<br />
entgegen, als Jan und Mary Lu durch <strong>de</strong>n Durchgang traten. Mit einem lauten Knall schloss sich die<br />
Tür hinter ihnen wie<strong>de</strong>r.<br />
„Was haben wir uns da wie<strong>de</strong>r eingebrockt…“, murmelte Jan.<br />
Mary Lu nickte. Die bei<strong>de</strong>n blickten in einen dunklen Gang, <strong>de</strong>r nur stellenweise von Fackeln<br />
erhellt war. Es war feucht und roch modrig, an manchen Stellen tropfte Wasser von <strong>de</strong>r Decke und<br />
traf mit einem leisen Plitsch <strong>auf</strong> kleine Pfützen <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n.<br />
„Irgendwie erinnert mich das ganz böse an die Nekropole unter Inistra“, kommentierte Mary Lu.<br />
„Trotz<strong>de</strong>m wird uns kaum etwas an<strong>de</strong>res übrig bleiben, als weiterzugehen“, antwortete Jan, „ich<br />
glaube kaum, dass die diese Tür für uns noch mal öffnen.“<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
So gingen sie schweigend <strong>de</strong>n Gang hinab, wichen größeren Pfützen aus und versuchten sich<br />
ansonsten mit ihren Taschenlampen zu behelfen.<br />
Nach einigen Minuten erreichten sie eine Weggabelung. Der Weg, <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m sie gekommen waren<br />
spaltete sich in drei weitere Gänge, die alle gleich aussahen, und noch dazu genauso wie <strong>de</strong>rjenige<br />
aus <strong>de</strong>m sie gekommen waren.<br />
„Was haben wir <strong>de</strong>nn hier?“, murmelte Mary Lu, mehr zu sich selbst, und leuchtete <strong>auf</strong> eine<br />
korrodierte Metallplatte über einer <strong>de</strong>r Türen.<br />
„Eine Inschrift“ flüsterte Jan. Er leuchtete ein wenig umher.<br />
„Je<strong>de</strong>r Gang trägt eine.“<br />
Mary Lu nickte.<br />
„Der erste Test?“, wun<strong>de</strong>rte sich Jan.<br />
„Wahrscheinlich. Also <strong>de</strong>r ganz linke Gang trägt die Überschrift Im Offensichtlichen liegt die<br />
Antwort, <strong>de</strong>r mittlere sagt Im Verborgenen liegt die Antwort und <strong>de</strong>r rechte Im Hinterfragten liegt<br />
die Antwort.“<br />
„Was ist <strong>de</strong>nn das bitte für ein Test?“<br />
Mary Lu legte <strong>de</strong>n Kopf schief.<br />
„Vermutlich führt uns nur <strong>de</strong>r richtige Spruch weiter. Also… Im Offensichtlichen liegt die Antwort.<br />
Das ist <strong>de</strong>r genaue Gegensatz zu Im Verborgenen liegt die Antwort.“<br />
„Was wie<strong>de</strong>rum <strong>de</strong>r Hinterfragten Antwort sehr nahekommt.“<br />
Mary Lu schnippte mit <strong>de</strong>n Fingern.<br />
„Klar. Es ist nicht nur die Antwort, die man mit Hinterfragen erhält, son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r Aufruf die<br />
Antwort zu hinterfragen, einer <strong>de</strong>r Grundsätze <strong>de</strong>r Wissenschaft.“<br />
„Also ganz rechts?“<br />
Mary Lu nickte.<br />
„Ich bin mir ziemlich sicher.“<br />
„Na dann. Und wenn’s falsch ist dann holt uns alle <strong>de</strong>r Teufel.“<br />
Vorsichtig betraten sie <strong>de</strong>n Gang. Nach ein paar Schritten hielten sie inne und horchten, doch<br />
nichts tat sich.<br />
„Scheint als hätten wir <strong>de</strong>n richtigen erwischt…“, murmelte Jan. Mary Lu nickte, und sie setzten<br />
ihren Weg fort. Wenig später erreichten sie eine <strong>neue</strong> Weggabelung.<br />
„Noch eine?“, stieß Jan entgeistert hervor.<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Ja, noch eine. Freu dich doch, diesmal sind es nur zwei Wege, Nichts ist wie es scheint und Nichts<br />
bleibt wie es ist.“<br />
Jan verzog die Mundwinkel und dachte nach.<br />
„Nichts bleibt wies es ist,“ murmelte er, „also alles verän<strong>de</strong>rt sich. Wäre das nicht <strong>de</strong>r logische<br />
Schluss aus <strong>de</strong>m Hinterfragen <strong>de</strong>r Antwort von vorhin?“<br />
Mary Lu nickte nach<strong>de</strong>nklich.<br />
„Es wäre je<strong>de</strong>nfalls konsistent. Ich frage mich nur, ob es nicht vielleicht zu einfach ist.“<br />
Jan seufzte.<br />
„Da ist was dran. Aber <strong>de</strong>nk dran, dieses Rätsel könnte hun<strong>de</strong>rte von Jahren alt sein, und vielleicht<br />
haben wir gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n einen Vorteil um diese Sachen zu verstehen. Bei aller Menschlichkeit und<br />
Verwandtschaft stammen die Erbauer dieser Anlage immer noch von einem an<strong>de</strong>ren Planeten.“<br />
„Und davon abgesehen scheint <strong>de</strong>in Bauchgefühl zu sprechen, du möchtest es nur nicht zugeben.“<br />
Jan zögerte einen Moment, dann setzte er sich schweigend in Bewegung. Mary Lu lachte leise,<br />
dann folgte sie ihm. Nach wenigen Metern hatte sie Jan eingeholt, und wollte einen weiteren<br />
Kommentar abgeben, als sie plötzlich ein entferntes Rumpeln hörte. Sie hielt inne und griff Jan an die<br />
Schulter, <strong>de</strong>r es nun ebenfalls hörte.<br />
„Das ist nicht gut, o<strong>de</strong>r?“, konnte er noch sagen, dann brach über ihnen die Decke zusammen. In<br />
einem halsbrecherischen Sprung nach <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren flohen die bei<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n herabstürzen<strong>de</strong>n<br />
Felsen.<br />
„Das war knapp!“, keuchte Jan, als sich <strong>de</strong>r Staub gelegt hatte. Mary Lu hustete sich <strong>de</strong>n Staub aus<br />
<strong>de</strong>r Lunge und nickte.<br />
„Ich frage mich…“ murmelte Jan, mehr für sich selbst, und ging vorsichtig <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n Geröllh<strong>auf</strong>en zu,<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Tunnel vollständig versperrte.<br />
„Was ist?“, fragte Mary Lu und stellte sich neben ihn.<br />
„Schau mal hier“, sagte Jan und <strong>de</strong>utete <strong>auf</strong> einen <strong>de</strong>r Steine.<br />
„Die Steine in <strong>de</strong>m H<strong>auf</strong>en sehen alle gleich aus. Wenn man aber die Steine mit <strong>de</strong>m Rest <strong>de</strong>r<br />
Höhle vergleicht…“<br />
Mary Lu stutze.<br />
„In <strong>de</strong>r Tat, völlig an<strong>de</strong>res Gestein.“<br />
Jan nickte.<br />
„Also entwe<strong>de</strong>r eine zufällig angeordnete Gesteinsschicht, o<strong>de</strong>r, was ich eher glaube, eine<br />
absichtlich platzierte Falle.“<br />
„Scheint als hätten wir noch mal Glück gehabt.“<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Scheint so. Also, <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Gang?“<br />
„Bleibt uns ja kaum was an<strong>de</strong>res übrig.“<br />
Vorsichtig kletterten sie über einige herumliegen<strong>de</strong> Steine zurück und bogen in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Gang<br />
ein. Vorsichtig bewegten sie sich vorwärts, um ja keine weiteren Fallen auszulösen. Wenig später<br />
wur<strong>de</strong> es immer wärmer, bis ihnen die Hitze bereits <strong>de</strong>n Schweiß aus allen Poren trieb.<br />
„Bist du sicher, dass wir hier noch richtig sind?“, fragte Jan, während er seine Jacke auszog.<br />
„Hast du irgendwo Abzweigungen gesehen?“<br />
„Auch wie<strong>de</strong>r war.“<br />
Der Gang wur<strong>de</strong> immer verwinkelter, und irgendwann sahen sie einen wabern<strong>de</strong>n rötlichen<br />
Lichtschein.<br />
„That can’t be good…“ murmelte Mary Lu.<br />
Jan nickte unbehaglich, und als sie um die nächste Ecke bogen, bestätigten sich ihrer bei<strong>de</strong><br />
Befürchtungen: Sie sahen sich einer <strong>de</strong>n Gang komplett einnehmen<strong>de</strong>n Wand aus Feuer gegenüber.<br />
Entgeistert blieben sie einige Meter vor <strong>de</strong>r Wand stehen. Die Hitze war hier fast unerträglich.<br />
„Bist du sicher, dass wir nicht zwischendurch eine Abzweigung übersehen haben?“, fragte Jan.<br />
„Absolut sicher.“<br />
„Und wenn <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Gang doch keine Falle war und wir hier absolut falsch sind?“<br />
„Dann haben wir ein Problem.“<br />
Für einen Moment stan<strong>de</strong>n sie schweigend vor <strong>de</strong>r Wand, dann schnippte Jan plötzlich mit <strong>de</strong>n<br />
Fingern.<br />
„Ich hab eine I<strong>de</strong>e.“<br />
Mary Lu verzog <strong>de</strong>n Mund.<br />
„Ich ahne schlimmes.“<br />
„Über dieser Höhle stand doch Nichts ist wie es scheint, o<strong>de</strong>r?“<br />
„Ja,“ machte Mary Lu zögerlich, ahnend <strong>auf</strong> was Jan hinauswollte.<br />
„Was ist, wenn diese Wand hier gar nicht echt ist?“<br />
„Also ich weiß ja nicht wie es bei dir aussieht, aber ich fin<strong>de</strong>, dass das Feuer verdammt echt<br />
aussieht. Und sich anfühlt.“<br />
„Aber es ist unser einziger Weg hier raus.“<br />
Mary Lu runzelte die Stirn.<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Du meinst, es könnte genauso gut die nächste Prüfung sein?“<br />
Jan nickt bekräftigend.<br />
„Es macht Sinn o<strong>de</strong>r? Eine Art Mutprobe. Wie <strong>de</strong>r Sprung in die Tiefe im dritten Indiana Jones<br />
Film.“<br />
„Muss man <strong>de</strong>n gesehen haben?“<br />
Jan seufzte.<br />
„Ja. Da passiert folgen<strong>de</strong>s: Indy hat keine an<strong>de</strong>re Möglichkeit als in eine tiefe Schlucht zu springen,<br />
nur um zu bemerken, dass es eine versteckte Brücke gibt, <strong>auf</strong> <strong>de</strong>r man lan<strong>de</strong>t, wenn man in die<br />
Schlucht springt.“<br />
„Und du meinst, das hier könnte etwas ähnliches sein?“<br />
Mary Lu besah sich zweifelnd die züngeln<strong>de</strong>n Flammen vor ihnen.<br />
„Haben wir irgendwas, womit wir diese Vermutung testen können?“<br />
Jan schüttelte <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Ich wüsste nicht.“<br />
Dann atmete er tief ein und setzte sich langsam in Bewegung. Mary Lu zögerte eine Sekun<strong>de</strong>,<br />
dann schloss sie zu ihm <strong>auf</strong>.<br />
„Wenn, dann gehen wir gemeinsam.“<br />
Jan lächelte, dann konzentrierten sich bei<strong>de</strong> <strong>auf</strong> die Flammen vor ihnen. Mit vorsichtigen<br />
Schritten tasteten sie sich an das Feuer heran. Die Hitze brannte <strong>auf</strong> ihrer Haut, und Jan hätte es<br />
nicht verwun<strong>de</strong>rt, wenn die Schweißtropfen sich zischen in Dampf <strong>auf</strong>gelöst hätten.<br />
„Letzte Chance“, rief Mary Lu über das Brausen <strong>de</strong>r fast direkt vor ihnen <strong>auf</strong>ragen<strong>de</strong>n Flammen<br />
hinweg.<br />
Vorsichtig nahm Jan seinen Arm und streckte ihn <strong>de</strong>m Feuer entgegen. Langsam führte er ihn<br />
immer näher an die Flammen heran. Dann biss er die Zähne zusammen und streckte seine Hand in<br />
die Flammen. Mary Lu hielt hörbar <strong>de</strong>n Atem an. Dann trat Jan einen Schritt vor und verschwand in<br />
<strong>de</strong>n Flammen. Mary Lu atmete einmal tief ein und aus, dann folgte sie Jan in die Flammen.<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite angekommen mussten bei<strong>de</strong>r erst mal tief durchatmen.<br />
„Verdammt gute Illusion“ bemerkte Jan anerkennend.<br />
„Verdammt gut“ stimmte Mary Lu ihm zu. Sie wollte gera<strong>de</strong> vorschlagen einen Moment Pause zu<br />
machen, als sie ein jämmerliches Stöhnen vernahm. Sie blickte zu Jan, doch <strong>de</strong>r zuckte nur mit <strong>de</strong>n<br />
Schultern. Vorsichtig bewegten sie sich weiter <strong>de</strong>n Gang entlang, bis das Stöhnen immer lauter<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
Als sie eine Biegung erreichten, fan<strong>de</strong>n sie, an einer Wand zusammengesunken, eine in zerrissene<br />
Gewän<strong>de</strong>r gehüllte Person. Als sie näher kamen, drehte die Person <strong>de</strong>n Kopf und sah sie flehentlich<br />
an. Auf <strong>de</strong>n zweiten Blick erkannten sie, dass es sich um einen Vampir han<strong>de</strong>lte.<br />
„Bitte,“ flehte er, „ich habe mich hier unten verirrt, ich fin<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Ausweg nicht mehr. Ich kann<br />
auch nicht mehr suchen, ich bin zu schwach gewor<strong>de</strong>n… bitte… helft mir!“<br />
Jan und Mary Lu sahen sich an.<br />
„Wie können wir helfen?“, fragte Mary Lu, in<strong>de</strong>m sie sich herunterbeugte.<br />
„Ich brauche Blut. Nicht viel, nur ein bisschen, nur so viel damit ich wie<strong>de</strong>r <strong>auf</strong>stehen und <strong>de</strong>n<br />
Ausgang suchen kann.“<br />
Mary Lu sah hoch zu Jan, <strong>de</strong>r die Hän<strong>de</strong> hob.<br />
„Ich bin schon als erster durch die Flammen gegangen. Diesmal bist du dran.“<br />
Mary Lu verdrehte die Augen.<br />
„Pussy“ , murmelte sie.<br />
„Was soll ich tun?“, fragte sie, nun an <strong>de</strong>n Vampir gerichtet.<br />
„Ich muss mit meinem Mund an <strong>de</strong>inen Hals kommen, aber unter keinen Umstän<strong>de</strong>n darfst du<br />
mich anfassen!“<br />
Mary Lu runzelte die Stirn, sagte aber nichts und ging vor <strong>de</strong>m Vampir <strong>auf</strong> die Knie. Mit einer<br />
Hand strich sie sich die Haare aus <strong>de</strong>m Nacken, mit <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren stützte sie sich <strong>auf</strong> <strong>de</strong>m kalten<br />
Steinbo<strong>de</strong>n ab, während sie dar<strong>auf</strong> wartete, wie es sich wohl anfühlen wür<strong>de</strong> von einem Vampir<br />
gebissen zu wer<strong>de</strong>n. Sie dachte gera<strong>de</strong> über das nach, was Mean<strong>de</strong>r dazu gesagt hatte, als Jan ein<br />
leises „Oh“ entfleuchte.<br />
„Was?“, fragte Mary Lu.<br />
„Dreh dich mal um.“<br />
Mary Lu tat wie geheißen, und siehe da, <strong>de</strong>r Vampir war verschwun<strong>de</strong>n und an seiner Stelle ein<br />
Durchgang in <strong>de</strong>r Wand erschienen. Mary Lu stand <strong>auf</strong> und klopfte sich <strong>de</strong>n Staub von <strong>de</strong>r Hose.<br />
„Deshalb solltest du ihn nicht berühren“, spekulierte Jan, „er war nur ein Hologramm, ebenso wie<br />
die Wand aus Feuer.“<br />
Mary Lu nickte.<br />
„Diese Vampire sind technisch ziemlich begabt, was?“<br />
Jan lachte.<br />
„Das kann man wohl sagen.“<br />
Gemeinsam traten sie in <strong>de</strong>n bisher ver<strong>de</strong>ckten Gang ein, nur um sich wenig später vor einer<br />
Sackgasse wie<strong>de</strong>rzufin<strong>de</strong>n.<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
„Nanu?“, machte Jan und tastete die Wand ab, in <strong>de</strong>r Hoffnung es handle sich um ein weiteres<br />
Hologramm.<br />
„Soli<strong>de</strong>r Fels?“, fragte Mary Lu. Jan nickte.<br />
„Und jetzt?“<br />
„Warte mal…“, murmelte Mary und bückte sich. Und siehe da, etwa <strong>auf</strong> <strong>de</strong>r Höhe ihres Knies fand<br />
sie eine weitere kleine Metalltafel.<br />
„Wenn ihr es bis hierher geschafft habt,“ las sie vor, „so habt ihr beinahe die vollständige Prüfung<br />
bestan<strong>de</strong>n. Zollt nun noch von eurem Blute und ihr sollt unserer Gewogenheit sicher sein.“<br />
„Zollt euer Blut?“, hakte Jan nach.<br />
Mary Lu nickte.<br />
„Unser Blut. Diesmal sind wir bei<strong>de</strong> dran, wie es scheint.“<br />
„Okay“, machte Jan, „und wie soll das gehen?“<br />
Mary Lu schwieg. Nach<strong>de</strong>nklich starrten die bei<strong>de</strong>n die Wand an. Nach<strong>de</strong>m sie einige Minuten<br />
schweigend verbracht hatten, ließ Jan sich an <strong>de</strong>r Wand hinab und setzte sich <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n.<br />
„Du wirst doch wohl jetzt nicht <strong>auf</strong>geben, o<strong>de</strong>r?“, fragte Mary Lu irritiert.<br />
Jan schüttelte <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Nur etwas –“<br />
„Etwas – was?“<br />
„Egal, schau mal hier!“<br />
Er zeigte <strong>auf</strong> die Wand direkt neben seinem Kopf.<br />
„Was <strong>de</strong>nn?“<br />
„Sieh genau hin!“<br />
Mary Lu kniff die Augen zusammen – und erstarrte.<br />
„Raffiniert“, murmelte sie. In das Gestein waren hauchdünne Metallfä<strong>de</strong>n eingezogen, sorgsam<br />
und in regelmäßigen Abstän<strong>de</strong>n zueinan<strong>de</strong>r platziert.<br />
„Ein Sensor?“, fragte sie Jan.<br />
„Wahrscheinlich. Und hoffentlich einer, <strong>de</strong>r <strong>auf</strong> unser Blut reagiert, und uns aus diesem Loch<br />
lässt.“<br />
Mit diesen Worten zog er sein Schweizer Taschenmesser aus <strong>de</strong>r Hose und klappte die schärfste<br />
Klinge aus. In einer sorgsamen Bewegung schnitt er sich in die Kuppe seines Ringfingers und legte<br />
<strong>de</strong>n bluten<strong>de</strong>n Finger <strong>auf</strong> die Stelle, wo er die Metallfä<strong>de</strong>n gesehen hatte. Dann übergab er das<br />
Messer an Mary Lu, die es sorgfältig an <strong>de</strong>r Innenseite ihrer Jacke abwischte um danach ihrerseits<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
sich in <strong>de</strong>n Finger zu schnei<strong>de</strong>n. Sie presste <strong>de</strong>n Finger neben die Stelle, wo bereits Jans Blut <strong>de</strong>n Fels<br />
benetzte.<br />
Für einen misstrauisch langen Moment passierte nichts, doch dann rumpelte es gewaltig, und die<br />
Felswand glitt zur Seite. Gleißend helles Licht schien ihnen entgegen, als sie in eine von Tageslicht<br />
durchflutete, reich verzierte Halle traten. Ihnen gegenüber stan<strong>de</strong>n die bei<strong>de</strong>n Robenträger, breit<br />
und freundlich lächelnd.<br />
Sie hatten es geschafft.<br />
Inistra // Zwei Tage später<br />
Captain Hedgefield war überaus zufrie<strong>de</strong>n. Soeben hatte ein Gesandter <strong>de</strong>r Vampire <strong>de</strong>r kleinen<br />
Run<strong>de</strong> von Ressortleitern einen überaus interessanten Plan vorgestellt, mit <strong>de</strong>m man sich wun<strong>de</strong>rbar<br />
an <strong>de</strong>n Fuetron für ihren Angriff rächen konnte.<br />
„Und ihr könnt uns wirklich nicht begleiten?“, fragte er, an <strong>de</strong>n jungen Vampir gewandt. Der<br />
schüttelte <strong>de</strong>n Kopf.<br />
„Auch wenn es unserem… Bild wi<strong>de</strong>rspricht, das anscheinend an<strong>de</strong>rswo von uns herrscht,<br />
verabscheuen wir kämpferische Handlungen zutiefst. Solange wir nicht selber angegriffen wer<strong>de</strong>n,<br />
sind wir beinahe unfähig dazu, eine <strong>de</strong>r Nebenwirkungen <strong>de</strong>r unzähligen Experimente <strong>de</strong>r Fuetron.<br />
Aber wir sind durchaus willens und in <strong>de</strong>r Lage euch Pläne und gewisse Technologien zukommen zu<br />
lassen, letztere jedoch nur beschränkt – weniger aus Sorge, dass ihr sie gegen uns einsetzen wür<strong>de</strong>t,<br />
als zu eurem eigenen Schutze. Manche von unseren Erfindung sind äußerst… komplex, wie ihr euch<br />
sicher vorstellen könnt, und das kann in heiklen Situation zu, sagen wir, unschönen Ergebnissen<br />
führen.“<br />
Der Captain nickte wohlwollend.<br />
„Wir sind dankbar für je<strong>de</strong> Information, die wir kriegen können. Ich habe übrigens,“ wandte er<br />
sich nun an <strong>de</strong>n Rest <strong>de</strong>r Gruppe, „mit unseren Verbün<strong>de</strong>ten <strong>auf</strong> Aiwa Amzama gesprochen, und sie<br />
sind gewillt unser Vorhaben mit einem kleinen Kontingent ihrer Truppen zu unterstützen.“<br />
„Heißt das,“ fragte Charleston vom an<strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Tisches, „dass wir <strong>de</strong>n Fuetron endlich mal<br />
so richtig in <strong>de</strong>n Arsch treten können?“<br />
Lachen reihum.<br />
„Ja,“ antwortete <strong>de</strong>r Captain, ebenfalls lachend, „genau das heißt es, Sergeant.“<br />
Charleston grinste.<br />
„Awesome.“<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
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Sebastian Hilgert Project Albagan [<strong>2x06</strong>]<br />
Project Albagan<br />
[<strong>2x06</strong>] <strong>Blutzoll</strong><br />
by Sebastian Hilgert<br />
http://s-hilgert.blogspot.com<br />
Facebook-Page<br />
Jegliche Ähnlichkeit mit realen Personen, die nicht Personen <strong>de</strong>r<br />
Zeitgeschichte sind, lebendig o<strong>de</strong>r tot, ist purer Zufall und nicht<br />
beabsichtigt.<br />
Project Albagan [2x07] online ab <strong>de</strong>m 23.12.2011<br />
Kommentare o<strong>de</strong>r Anregungen?<br />
s-hilgert-blog@live.<strong>de</strong><br />
© by Sebastian Hilgert 2011<br />
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erlaubt. Eine Verbreitung <strong>de</strong>r Datei ist grundsätzlich nur in unverän<strong>de</strong>rter Form und unter Hinweis <strong>auf</strong> <strong>de</strong>n Autor erlaubt. Eine<br />
© Sebastian Hilgert 2011<br />
Verbreitung <strong>de</strong>s Textes zu kommerziellen und/o<strong>de</strong>r gewerblichen Zwecken bedarf einer schriftlichen Zustimmung durch <strong>de</strong>n Autor<br />
18<br />
und ist ohne dieselbe grundsätzlich nicht erlaubt.