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1. Fall Auftrag oder Auflage? - Institut für Staats- und Verwaltungsrecht

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o. Univ.-Prof.Dr.Bernd-Christian Funk<br />

Pflichtübung aus <strong>Verwaltungsrecht</strong> (030.289)<br />

WS 2005/2006<br />

<strong>1.</strong> <strong>Fall</strong><br />

<strong>Auftrag</strong> <strong>oder</strong> <strong>Auflage</strong>?<br />

(nach VwGH 14.10.2003, 2001/05/0318)<br />

Sachverhalt<br />

B. hat auf seiner Liegenschaft an verschiedenen Stellen Erdanschüttungen vorgenommen,<br />

ohne die da<strong>für</strong> erforderliche baubehördliche Bewilligung zu besitzen. Eine nachträglich<br />

beantragte Baubewilligung wird vom Magistrat der Stadt Steyr als Gemeinde <strong>für</strong> zwei der<br />

Anschüttungen mit der „<strong>Auflage</strong>“ erteilt, die anderen innerhalb Jahresfrist zu entfernen.<br />

Nach erfolgloser neuerlicher formloser Fristsetzung ergeht eine Straferkenntnis des<br />

Magistrates der Stadt Steyr als Bezirksverwaltungsbehörde. Darin wird gegen B. wegen Übertretung<br />

des § 57 Abs 1 Z 11 der oö BauO eine Geldstrafe verhängt.<br />

…<br />

Rechtsquellen<br />

Aus der oö BauO 1994<br />

§ 57 Strafbestimmungen<br />

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht wer<br />

<strong>1.</strong> …<br />

2. als Bauherr <strong>oder</strong> Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne<br />

rechtskräftige Baubewilligung auszuführen beginnt, ausführt <strong>oder</strong> ausgeführt hat <strong>oder</strong> ohne<br />

rechtskräftige Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger<br />

Weise abweicht <strong>oder</strong> abgewichen ist;<br />

10. bei Ausübung eines ihm mit Bescheid der Baubehörde erteilten Rechtes die im<br />

Bewilligungsbescheid festgelegten <strong>Auflage</strong>n <strong>oder</strong> Bedingungen nicht bescheidgemäß<br />

erfüllt;<br />

1<strong>1.</strong> baubehördliche Anordnungen nicht bescheidgemäß erfüllt;<br />

Themengebiete <strong>und</strong> Fragen<br />

<strong>1.</strong> § 44a VStG<br />

2. Behördenzuständigkeiten im Bauverfahren <strong>und</strong> im Verwaltungsstrafverfahren<br />

3. Nebenbestimmungen (Bedingungen, <strong>Auflage</strong>n etc)<br />

4. Rechtsweg<br />

1


o. Univ.-Prof.Dr.Bernd-Christian Funk<br />

Pflichtübung aus <strong>Verwaltungsrecht</strong> (030.289)<br />

WS 2005/2006<br />

2. <strong>Fall</strong><br />

Entzug des Taxilenkerausweises wegen Unzuverlässigkeit<br />

(nach VwGH 25.06.2003, 2002/03/0012)<br />

Sachverhalt<br />

N. ist seit Jahren straf- <strong>und</strong> beanstandungsfrei bei einem Unternehmen (Taxi-GmbH)<br />

als Taxilenker tätig. Bei einer Urlaubsfahrt überfährt N. in der Nacht einen auf der Fahrbahn<br />

liegenden alkoholisierten Mann <strong>und</strong> verursacht dadurch dessen Tod. N. fährt zunächst, ohne<br />

anzuhalten weiter, kehrt nach einem Kilometer um, versucht, dem Überfahrenen erste Hilfe zu<br />

leisten <strong>und</strong> verständigt sodann die Gendarmerie. Vom Gericht wird N. rechtskräftig wegen<br />

fahrlässiger Tötung verurteilt.<br />

Nach der Verurteilung verfügt die zuständige BezVerwBeh wegen mangelnder Verläßlichkeit<br />

des N. die Zurücknahme des Taxilenkerausweises <strong>für</strong> die Dauer von 18 Monaten.<br />

Eine aufschiebende Wirkung der Berufung wird ausgeschlossen.<br />

Rechtsquellen<br />

Aus der Betriebsordnung <strong>für</strong> den nicht linienmäßigen Personenverkehr (BO 1994)<br />

§ 6 Abs 1 Z 3. Der Taxilenkerausweis ist auszustellen, wenn der Bewerber vertrauenswürdig<br />

ist. Die Vertrauenswürdigkeit muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung<br />

des Ausweises nachweislich gegeben sein.<br />

§ 13 Abs <strong>1.</strong> Der Ausweis wird ungültig <strong>und</strong> muss bei der Behörde abgeliefert werden, wenn<br />

die Berechtigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nach den führerscheinrechtlichen Vorschriften<br />

erlischt <strong>oder</strong><br />

<strong>1.</strong> eine der sonstigen in § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.<br />

Themengebiete <strong>und</strong> Fragen<br />

<strong>1.</strong> Sondergewerberecht <strong>für</strong> Taxiunternehmer <strong>und</strong> deren Personal (Gelegenheitsverkehrsgesetz,<br />

BO)<br />

2. Entzug der Berechtigung, Verlässlichkeit, Bindung durch das strafgerichtliche Urteil?<br />

3. Berechtigungen <strong>und</strong> Berechtigungsurk<strong>und</strong>en<br />

4. Aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln<br />

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o. Univ.-Prof.Dr.Bernd-Christian Funk<br />

Pflichtübung aus <strong>Verwaltungsrecht</strong> (030.289)<br />

WS 2005/2006<br />

3. <strong>Fall</strong><br />

Ökopunktepflichtige Transitfahrt<br />

(nach VwGH 29.09.2003, 2001/03/0160)<br />

Sachverhalt<br />

T. ist deutscher <strong>Staats</strong>bürger <strong>und</strong> als Lenker eines Lkw bei einem Transportunternehmen<br />

mit Sitz in der BRD angestellt. Im Jänner 2000 wird er in Österreich bei einer Fahrt von<br />

Italien nach Deutschland von der Gendarmerie angehalten <strong>und</strong> bei der BezVBeh (BH Kufstein)<br />

angezeigt, weil er den Transport ohne Abbuchung von Ökopunkten durchgeführt <strong>und</strong><br />

dadurch gegen Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes verstoßen habe. Mit Strafbescheid<br />

der BezVBeh wird er zu der nach damaliger Gesetzeslage vorgesehenen Mindeststrafe<br />

von ATS 20.000 verurteilt. Im Berufungsverfahren wird T. mit Ladungsbescheid des UVS Tirol<br />

zur mündlichen Verhandlung geladen, zu der er jedoch ohne weitere Erklärung nicht erscheint.<br />

Der UVS weist die Berufung ab <strong>und</strong> bestätigt den angefochtenen Bescheid.<br />

Rechtsquellen<br />

§ 23 Abs 1 Z 9 GüterBefG. Eine Verwaltungsübertretung begeht, die mit einer Geldstrafe bis<br />

zu 7.267 Euro (ursprünglich von mindestens ATS 20.000) zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare<br />

Vorschriften der EU über den Güterverkehr auf der Strasse verletzt.<br />

Themengebiete <strong>und</strong> Fragen<br />

<strong>1.</strong> Verwaltungsstrafrecht <strong>und</strong> Verwaltungsstrafverfahren: Legalitätsprinzip, dynamische<br />

Verweisung, Blankettstrafnormen. Hinweis: das sog Ökopunktesystem Lkw-<br />

Transitfahrten ist nunmehr durch Verordnungen der EG geregelt.<br />

2. Gemeinschaftsrecht <strong>und</strong> österreichisches Recht<br />

3. Mindeststrafen. Hinweis: Der VfGH hat bzgl der ursprünglichen Mindeststrafe von<br />

ATS 20.000 in § 23 Abs 1 Z 9 GüterBefG ausgesprochen, dass diese Regelung verfassungswidrig<br />

war <strong>und</strong> nicht mehr anzuwenden war (VfGH 14.12.2001, G 181/01)<br />

4. UVS-Verfahren. Bestrafung trotz Nichterscheinen des Beschuldigten? § 51 f Abs 2<br />

VStG.<br />

5. Entscheidung des VwGH. Hinweis: die angefochtene Entscheidung des UVS ist vor<br />

dem Wirksamwerden der VfGH-Entscheidung ergangen.<br />

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o. Univ.-Prof.Dr.Bernd-Christian Funk<br />

Pflichtübung aus <strong>Verwaltungsrecht</strong> (030.289)<br />

WS 2005/2006<br />

4. <strong>Fall</strong><br />

Kurzparkzone, Parkgebühren, Mietwagen<br />

(nach VwGH 03.09.2003, 2000/03/0232)<br />

Sachverhalt<br />

K. verfügt über einen Pkw, den er von einer „Leihwagenfirma“ langfristig gemietet<br />

(echter Mietvertrag, keine Kaufmiete – sog Leasing) hat. K. wohnt in einem Gebiet, das nach<br />

der StVO als Kurzparkzone ausgewiesen ist. Nach dem Parkgebührengesetz des betreffenden<br />

B<strong>und</strong>eslandes ist dort das Abstellen eines mehrspurigen Kfz abgabepflichtig.<br />

K. beantragt bei der BezVBeh eine strassenpolizeiliche Ausnahmebewilligung nach §<br />

45 Abs 4 StVO <strong>und</strong> bei der Gemeinde eine Befreiung von der „Parkometerabgabe“. Die<br />

BezVBeh weist den Antrag mit formlosem Schreiben mit der Begründung zurück, dass zur<br />

Entscheidung über Ausnahmebewilligungen gemäß § 45 StVO die Gemeinde zuständig sei.<br />

Die Gemeinde weist den Antrag auf Befreiung von der Parkgebühr mit der Begründung ab,<br />

dass K. über keine Ausnahmebewilligung nach der StVO verfüge.<br />

Rechtsquellen<br />

§ 45 Abs 4 Z 1 StVO. Eine Ausnahmebewilligung <strong>für</strong> Kurzparkzonen kann auf die Dauer von<br />

höchstens zwei Jahren erteilt werden, wenn der Antragsteller in dem mit Verordnung festgelegten<br />

Gebiet der Kurzparkzone wohnt <strong>und</strong> dort auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen<br />

hat <strong>und</strong> ein persönliches Interesse nachweist, in der Nähe dieses Wohnsitzes zu parken, <strong>und</strong><br />

Zulassungsbesitzer <strong>oder</strong> Leasingnehmer eines Kraftwagens ist.<br />

§ 94d Z 6 StVO. Zur Entscheidung über einen Antrag auf Ausnahmebewilligung ist die Gemeinde<br />

im eigenen Wirkungsbereich zuständig.<br />

Nach dem ParkgebührenG des betreffenden B<strong>und</strong>eslandes ist <strong>für</strong> das Abstellen (Parken) von<br />

mehrspurigen Kfz in Kurzparkzonen eine von der Gemeinde festzulegende Abgabe zu entrichten.<br />

Die Pflicht zur Entrichtung der Abgabe hat in erster Linie der Lenker des Kfz, in<br />

zweiter Linie der Zulassungsbesitzer. Besteht eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs 4 Z 1<br />

StVO, entfällt die Abgabepflicht.<br />

Themengebiete <strong>und</strong> Fragen<br />

<strong>1.</strong> „Verkehrswesen“ als Verwaltungsmaterie (Straßenpolizei, Kraftfahrwesen, öffentliches<br />

Wegerecht). Parkometerabgaben.<br />

2. Verwaltungsverfahren: Zuständigkeiten, Einlangen von Anbringen, zu deren Erledigung<br />

die Behörde nicht zuständig ist. Manuduktionspflicht.<br />

3. Erledigungen im vorliegenden <strong>Fall</strong>. Zulassungsbesitzer – Leasingnehmer – Mieter.<br />

Analogie?<br />

4

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