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BAITI<br />
Norbert Groß<br />
1
Meiner geliebten Bella zu<br />
Ihrem elften Geburtstag<br />
Freitag - 13. September - 2002<br />
3
Vom selben Autor: Das g<strong>es</strong>chenkte Leben<br />
Symphonie ein<strong>es</strong> Lebens<br />
In Vorbereitung: Baiti – Die Verwandlung<br />
Capi und Rekti - Pekti<br />
Alle Rechte di<strong>es</strong>er Ausgabe vorbehalten durch<br />
Norbert Groß<br />
Verlag: Editora N.E.<strong>de</strong> Gran<strong>de</strong><br />
Druck: St.Cl.a.V.<br />
Lissabon<br />
2.Auflage<br />
INdG 01-00105-02<br />
www.baiti-die-geburt.<strong>de</strong><br />
4
BAITI<br />
die Geburt<br />
eins<br />
Der Tag fing ja gut an. Bella saß in<br />
<strong>de</strong>r ersten Reihe in ihrer Schulklasse und schaute<br />
genau auf <strong>de</strong>n Hintern ihrer Lehrerin Fräulein<br />
Meyer. „Was für ein Glück, <strong>das</strong>s ich di<strong>es</strong>en Hintern<br />
di<strong>es</strong>e Woche ei-nen Tag weniger ertragen muss, dank<br />
<strong>de</strong>m freien Frei-tag“, dachte Bella erleichtert.<br />
„Bellatrix“, hatte die Lehrerin bei<br />
Schulbeginn geflötet, “du darfst in <strong>de</strong>r ersten Reihe<br />
sitzen, weil du Geburtstag hast. Du bist heute unsere<br />
Ehrenperson, auch wenn du <strong>das</strong> nicht verdient hast,<br />
schließlich bist du die schlecht<strong>es</strong>te Schülerin in<br />
unserer Klasse!“.<br />
„Doofe Ziege!“<br />
Bella guckte wütend auf di<strong>es</strong><strong>es</strong> Monstrum von<br />
zwei Pobacken und stellte sich vor, wie Fräulein Meyer auf<br />
<strong>de</strong>m Klo saß, <strong>als</strong> sich ihr Hintern überraschend in zwei Ballons<br />
ver-wan<strong>de</strong>lte, die dicker und dicker wur<strong>de</strong>n, bis Fräulein<br />
Meyer schließlich mitsamt <strong>de</strong>m Klo durch <strong>das</strong> Badfenster<br />
davon schwebte.<br />
Bei di<strong>es</strong>em Gedanken<br />
7
lachte Bella laut auf, was Fräulein Meyer veranlasste<br />
sich von <strong>de</strong>r Tafel abzuwen<strong>de</strong>n um Bella mit einem<br />
finsteren Blick zu fixieren.<br />
„BELLATRIX“ krächzte ihre<br />
hohe Fistelstimme,“ auch wenn du heute Geburtstag<br />
hast, hast du dich im Klassenzimmer<br />
or<strong>de</strong>ntlich zu benehmen,.......<br />
or<strong>de</strong>ntlich..., ....or<strong>de</strong>ntlich!“.<br />
Or<strong>de</strong>ntlich war <strong>das</strong><br />
Lieblingswort <strong>de</strong>r Lehrerin. Ihr Rekord an<br />
einem Tag waren fünfundvierzig „or<strong>de</strong>ntlichs“,<br />
gezählt von Peter, ihrem Banknachbarn, <strong>de</strong>r<br />
jed<strong>es</strong> „or<strong>de</strong>ntlich“ mitzählte und in di<strong>es</strong>em<br />
Jahr schon vierhun<strong>de</strong>rtfünfunddreißig „or<strong>de</strong>ntlichs“<br />
notiert hatte. Bella rutschte auf<br />
ihrem Stuhl immer tiefer und tiefer, <strong>das</strong>s man<br />
Angst bekommen könnte, sie wür<strong>de</strong> gleich im<br />
Bo<strong>de</strong>n versinken.<br />
Aber endlich hatte Fräulein Meyer ausgeor<strong>de</strong>ntlicht<br />
und suchte sich in <strong>de</strong>r Klasse ein<br />
neu<strong>es</strong> Opfer.<br />
„Ufff!“ Bella setzte sich wie<strong>de</strong>r<br />
„or<strong>de</strong>ntlich“ auf ihren Stuhl und versuchte<br />
die letzten fünf Minuten bis <strong>zum</strong> Schulschluss<br />
zu überleben.<br />
Kurz bevor sie ein<strong>es</strong> schrecklichen Tod<strong>es</strong><br />
starb, erlöste sie die Schulklingel von ihrem<br />
Leid.<br />
8
Sie raste <strong>als</strong> erste aus <strong>de</strong>r Klasse,<br />
schnappte sich im Flug ihre Jacke, saß mit<br />
<strong>de</strong>m letzten Klingelton auf ihrem Fahrrad und<br />
strampelte so schnell sie konnte los, um zwischen<br />
Fräulein Meyer und sich so viele Kilometer<br />
wie möglich zu bringen.<br />
Das wäre g<strong>es</strong>chafft! Endlich ein lang<strong>es</strong> Wochenen<strong>de</strong>.<br />
Drei Tage keine Schule.<br />
Aber <strong>de</strong>r nächste Ärger wartete<br />
schon. Julian und Jonas, die zwei oberdoofsten<br />
<strong>de</strong>r ganzen Klasse stan<strong>de</strong>n ihr mit ausgebreiteten<br />
Armen im Weg und wollten sie vom<br />
Fahrrad holen.<br />
Mit Bella konnte man <strong>das</strong> aber<br />
nicht machen. Sie riss <strong>de</strong>n Lenker rum,<br />
schrammte zwischen Jonas und einer kleinen<br />
Eiche hindurch und entwischte so im letzten<br />
Moment <strong>de</strong>n zupacken<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />
Doofköppe.<br />
Ihre Laune wur<strong>de</strong> immer schlechter.<br />
Wenn <strong>das</strong> so weiterging wür<strong>de</strong> <strong>das</strong> ein b<strong>es</strong>chissener<br />
Geburtstag wer<strong>de</strong>n. Und <strong>es</strong> sollte noch<br />
schlimmer kommen.<br />
Schon <strong>als</strong> sie um die Ecke d<strong>es</strong> Haus<strong>es</strong><br />
von Bäcker Hinrichs donnerte, sah sie <strong>das</strong> Auto<br />
ihrer Tante Elisabeth vor ihrem Haus stehen.<br />
OH SCHRECK!!!<br />
Bella legte eine Vollbremsung hin, <strong>das</strong> Hinterrad<br />
blockierte, ihr Fahrrad kam ins<br />
Schleu<strong>de</strong>rn und riss Frau Millenbrink, die<br />
gera<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r Bäckerei kam, <strong>de</strong>n Einkaufs-<br />
9
korb aus <strong>de</strong>r Hand, <strong>de</strong>r, voll mit frischen<br />
Brötchen, auf <strong>de</strong>n Gehweg knallte. Trotz aller<br />
Bemühungen die Balance zu halten lan<strong>de</strong>te Bella<br />
mitsamt ihrem Fahrrad inmitten <strong>de</strong>r Brötchen,<br />
die <strong>de</strong>n Bürgersteig in weitem Umkreis<br />
be<strong>de</strong>ckten.<br />
Da lag sie nun, umrahmt<br />
von wun<strong>de</strong>rbar duften<strong>de</strong>n frischen Brötchen und<br />
dachte über die Ungerechtigkeit in <strong>de</strong>r Welt<br />
nach.<br />
„Heute hatte sich<br />
aber wirklich all<strong>es</strong> gegen sie verschworen!<br />
Jetzt soll di<strong>es</strong>e Tante wegen ihrer blö<strong>de</strong>n<br />
Brötchen bloß keinen Aufstand machen, sonst<br />
flippe ich noch aus!“, aber natürlich ging<br />
<strong>das</strong> Gezeter erst richtig los.<br />
„Freche Göre!<br />
Immer <strong>de</strong>r gleiche<br />
Satansbraten!!!“<br />
Frau Millenbrink, Bäcker Schmidt,<br />
<strong>de</strong>r alte Söhnke, die ganze Straße hatte sich<br />
eingefun<strong>de</strong>n und versuchte Bella mit Blicken<br />
zu erdolchen.<br />
Die Leidgeprüfte rappelte sich auf,<br />
schnappte sich ihr Fahrrad, kickte wütend ein<br />
Brötchen auf die Fahrbahn und humpelte und<br />
ihr Fahrrad humpelte mit, da <strong>es</strong> einen schönen<br />
Achter hatte, nachhause.<br />
Dass die Typen hinter ihr zeterten<br />
und motzten wie hun<strong>de</strong>rt Affen war ihr<br />
vollkommen schnuppe, die sollten lieber ihre<br />
10
Brötchen aufsammeln und in Zukunft nicht mehr<br />
armen Radfahrern im Weg rum stehen!<br />
Natürlich war <strong>de</strong>r Ärger noch nicht<br />
vorbei! Vor ihrem Haus stan<strong>de</strong>n Tante Elisabeth,<br />
ihr Vater, die Nachbarin Oma Vollgold<br />
und natürlich <strong>das</strong> Schlimmste <strong>das</strong> <strong>es</strong> auf <strong>de</strong>r<br />
Welt gab:<br />
Ihre total b<strong>es</strong>cheuerten Brü<strong>de</strong>r<br />
Helge und Jorn.<br />
Bei<strong>de</strong> grinsten über alle Backen und freuten<br />
sich schon tierisch über die zu erwarten<strong>de</strong><br />
Strafpredigt.<br />
Und so kam <strong>es</strong> auch.<br />
„BELLATRIX!..........BELLATRIX!<br />
Wenn ihr Vater wütend war re<strong>de</strong>te er<br />
immer in Großbuchstaben.<br />
„BELLA!...........entschuldige dich sofort<br />
bei Frau Millenbrink und hebe die Brötchen<br />
auf!“<br />
Tante Elisabeth musste natürlich<br />
auch ihren Senf dazugeben.<br />
„Bella, du bist ja sooooo ungezogen,<br />
ich habe all<strong>es</strong> ganz genau g<strong>es</strong>ehen,<br />
wenn du dich nicht sofort entschuldigst,<br />
bekommst du kein Geburtstagsg<strong>es</strong>chenk von<br />
mir!“, wetterte die Spinatwachtel.<br />
Helge und Jorn strahlten über die<br />
ganzen G<strong>es</strong>ichter und warteten gierig auf <strong>de</strong>n<br />
weiteren Verlauf <strong>de</strong>r Story.<br />
11
Bella knallte ihr Fahrrad auf <strong>de</strong>n<br />
Rasen, senkte <strong>de</strong>n Kopf und rannte wie ein<br />
wüten<strong>de</strong>r Stier genau auf ihre Brü<strong>de</strong>r zu.<br />
Ehe die sich versahen, hatte sie<br />
einen nach rechts, <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren nach links<br />
g<strong>es</strong>chleu<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>n Hauseingang mit einem wil<strong>de</strong>n<br />
Satz erreicht, die Treppe <strong>zum</strong> ersten<br />
Stock mit drei ri<strong>es</strong>igen Sätzen überwun<strong>de</strong>n und<br />
in ihrem Zimmer angekommen, knallte sie ihre<br />
Türe zu und schmiss sich schluchzend aufs<br />
Bett.<br />
„MIST! MIST!<br />
MIST! ........B<strong>es</strong>chissener Tag!........,<br />
B<strong>es</strong>chissene Leute!.........All<strong>es</strong><br />
Doofköppe ........MIST! MIST! MIST!“<br />
Unten vor <strong>de</strong>m Haus stand ihre<br />
Verwandtschaft wie belämmert in <strong>de</strong>r Gegend<br />
rum, baff vor Verwun<strong>de</strong>rung.<br />
So hatten sie Bella ja noch nie<br />
erlebt. Von <strong>de</strong>r waren sie ja schon viel<br />
gewöhnt, aber so was.......nein! Ihr wüten<strong>de</strong>r<br />
Vater wollte seiner Tochter schon hinterher<br />
rennen, aber er beruhigte sich gleich wie<strong>de</strong>r<br />
weil er genau wusste, <strong>das</strong>s mit Bella im Moment<br />
kein einzig<strong>es</strong> vernünftig<strong>es</strong> Wort zu re<strong>de</strong>n<br />
war und er all<strong>es</strong> nur noch schlimmer machen<br />
wür<strong>de</strong>.<br />
„Hol sofort di<strong>es</strong>en ungezogenen Balg<br />
aus ihrem Zimmer! Versohl <strong>de</strong>r mal kräftig <strong>de</strong>n<br />
Hintern! Lass´ dir <strong>das</strong> auf gar keinen Fall<br />
12
gefallen!“, sabberte Tante Elisabeth.<br />
Und die bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r strahlten in Vorfreu<strong>de</strong><br />
auf <strong>das</strong> Kommen<strong>de</strong> wie <strong>de</strong>r Lack ihr<strong>es</strong> neuen<br />
VWs.<br />
Das brachte Bellas Vater wie<strong>de</strong>r zur<br />
B<strong>es</strong>innung.<br />
Er hatte sich schon herumgedreht um Bella zu<br />
folgen und <strong>das</strong> fürchterlichste Donnerwetter<br />
aller Zeiten auf sie los zu lassen, <strong>als</strong> er<br />
tief aufseufzte, sich wie<strong>de</strong>r umdrehte und<br />
r<strong>es</strong>igniert <strong>zum</strong> Bäcker schlurfte um sich für<br />
seine Tochter zu entschuldigen und <strong>de</strong>n<br />
Scha<strong>de</strong>n zu bezahlen.<br />
Inzwischen hatte sich die Leidgeplagte auch<br />
wie<strong>de</strong>r beruhigt und schließlich hatte sie ja<br />
heute Geburtstag, da darf man bekanntlich<br />
machen was man will, o<strong>de</strong>r etwa nicht?“<br />
Sie drückte ihren Schmusehasen f<strong>es</strong>t<br />
an sich und erzählte ihrem einzigen Freund<br />
wie ungerecht doch die Welt gegen so ein<br />
klein<strong>es</strong> Mädchen wie sie ist.<br />
Nach genau sechsunddreißig Minuten<br />
schlich die von Pech und Ungerechtigkeit<br />
verfolgte die Treppe hinab um sich ihrer<br />
Familie zu opfern.<br />
Sechsunddreißig Minuten war genau die Zeit,<br />
die ihr Vater brauchte, um bei einem großen<br />
Krach wie<strong>de</strong>r ruhig zu wer<strong>de</strong>n; <strong>das</strong> hatte Bella<br />
schon früh heraus gefun<strong>de</strong>n und bis jetzt hatte<br />
<strong>es</strong> immer funktioniert.<br />
„Väter sind ja soooo einfach rum zu kriegen!“<br />
Schnurstracks ging sie ins Wohnzimmer, wo <strong>de</strong>r<br />
R<strong>es</strong>t <strong>de</strong>r Familie vereint zusammen saß<br />
und ........na so eine<br />
13
Unverschämtheit ....... fröhlich ihren<br />
Geburtstagskuchen aufmampfte“.<br />
„Na wartet!“ Bevor einer auch nur piep<br />
sagen konnte war Bella schon in <strong>de</strong>n Raum<br />
g<strong>es</strong>türzt, genau auf die Knie ihr<strong>es</strong> Vaters und<br />
schmuste so heftig und f<strong>es</strong>t mit ihm wie sie<br />
nur konnte.<br />
„Oh lieber Pappi! Das tut mir ja sooo leid,<br />
<strong>das</strong> mit <strong>de</strong>n Brötchen!“, Bella guckte ihren<br />
Daddy ganz unschuldig an und rollte zerknirscht<br />
ihre grünen Augen.<br />
Der bekam sofort Mitleid mit seiner armen<br />
Tochter, die doch schließlich heute Geburtstag<br />
hatte und am Geburtstag muss man ja ein<br />
bisschen nachsichtiger sein <strong>als</strong> sonst.<br />
Also drückte er seinen Wonneproppen<br />
f<strong>es</strong>t an sich und gratulierte ihr mit einem<br />
dicken Kuss <strong>zum</strong> Geburtstag.<br />
Da nützte auch <strong>das</strong> Gezeter <strong>de</strong>r<br />
Tante und <strong>das</strong> Gemaule <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>r nichts, wenn<br />
Vater sich entschie<strong>de</strong>n hatte, dann war <strong>das</strong><br />
endgültig.<br />
Punkt, basta!<br />
Als Bella f<strong>es</strong>tstellte, <strong>das</strong>s ihre Strategie<br />
aufgegangen war, fing sie plötzlich laut und<br />
hemmungslos an zu heulen.<br />
„WAH......UÄÄHH.....UÄÄH!.......ihr<br />
seid ja sooo gemein zu mir......UÄÄHHH!“<br />
Ihr Vater schaute sie<br />
total entsetzt an. „Mein Liebling, mein klei-<br />
14
ner Schatz, was hast du <strong>de</strong>nn, hast du dir weh<br />
getan?“. Er drückte sie ganz f<strong>es</strong>t an sich und<br />
fing selbst fast an zu heulen.<br />
„UUH.....UUH!“, Bella konnte vor<br />
Schluchzen fast nicht re<strong>de</strong>n, so hatte sie<br />
sich in ihre Rolle hinein g<strong>es</strong>teigert; „ihr,<br />
ihr ....... habt ja schon ohne mich<br />
angefangen! Mein Kuchen. Mein Geburtstag!<br />
IHR SEID JA SOOO GEMEIN!!!!“<br />
Sie tat so, <strong>als</strong> wolle sie<br />
sich von ihrem Vater losreißen, natürlich nur<br />
so f<strong>es</strong>t, <strong>das</strong>s er sie gera<strong>de</strong> noch f<strong>es</strong>thalten<br />
konnte, fiel ihm dann aber schluchzend um <strong>de</strong>n<br />
H<strong>als</strong> und bei<strong>de</strong> beteuerten unter Tränen wie<br />
lieb sie sich hatten.<br />
Ihre Brü<strong>de</strong>r konnten <strong>de</strong>m Theater<br />
di<strong>es</strong>er f<strong>als</strong>chen Schlange nicht mehr länger<br />
zusehen.<br />
Sie sprangen auf um ihr an<br />
die Gurgel zu gehen, <strong>als</strong> sich ihr Vater<br />
endlich zu einem Machtwort aufraffte.<br />
„Schluss, fertig, pronto, setzt<br />
euch alle wie<strong>de</strong>r auf eure Hintern und du Bella<br />
bitte auch, hier rechts neben mir auf <strong>de</strong>n<br />
Ehrenplatz und all<strong>es</strong> ist verg<strong>es</strong>sen, wir fangen<br />
von vorne an.“<br />
„Gut, <strong>das</strong> hatte prima hingehauen.“<br />
Bella atmete befreit auf, warf <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
Doofköppen einen triumphieren<strong>de</strong>n Blick zu,<br />
15
setzte sich ganz brav und ganz zahm auf <strong>de</strong>n<br />
zugewi<strong>es</strong>enen Stuhl und die Geburtstagsfeier<br />
konnte beginnen.<br />
*<br />
Jorn ging ans Klavier,<br />
Helge holte die Mundharmonika aus <strong>de</strong>r Schubla<strong>de</strong>,<br />
Bella ihre Gitarre und gemeinsam spielten<br />
sie, wie <strong>es</strong> sich für einen Geburtstag gehört:<br />
„Zum Geburtstag viel Glück, Hoch soll<br />
sie leben“ und <strong>de</strong>n ganzen an<strong>de</strong>ren Mist, so<br />
wie jed<strong>es</strong> Jahr.<br />
Dann wur<strong>de</strong> die Geburtstagstorte<br />
vernichtet und endlich, lange genug<br />
hatte <strong>de</strong>r ganze Schwachsinn ja gedauert,<br />
ging’s ans G<strong>es</strong>chenke auspacken.<br />
„Natürlich erwartete sie<br />
keine großen Än<strong>de</strong>rungen. Ganz genau hatte sie<br />
alle G<strong>es</strong>chenke schon Monate im voraus geplant.<br />
Und wenn sich je<strong>de</strong>r an ihre Vorschriften<br />
gehalten hatte, gab <strong>es</strong> jetzt keine unliebsammen<br />
Überraschungen.<br />
Klar, <strong>das</strong>s man so was<br />
Wichtig<strong>es</strong> nicht <strong>de</strong>m Zufall überlassen darf<br />
und schon gar nicht <strong>de</strong>r Unfähigkeit <strong>de</strong>r Erwachsenen.<br />
Von <strong>de</strong>n Oberdoofköppen bekam sie<br />
die neuen –Inliner-, genau wie sie <strong>es</strong> b<strong>es</strong>timmt<br />
hatte, sogar mit <strong>de</strong>n roten Querstreifen,<br />
wenn die gewagt hätten <strong>de</strong>n zu verg<strong>es</strong>sen<br />
16
hätten sie ausg<strong>es</strong>chissen gehabt und <strong>das</strong> wussten<br />
ihre Brü<strong>de</strong>r auch ganz genau, da gab <strong>es</strong><br />
kein Pardon.<br />
Bei ihrer Tante hatte sie nach langem<br />
Kampf durchg<strong>es</strong>etzt, <strong>das</strong>s <strong>es</strong> di<strong>es</strong><strong>es</strong> Jahr<br />
kein Schlafanzug wur<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn wenigstens<br />
ein paar coole Winterstiefel.<br />
Von ihrem Vater? Klar <strong>das</strong> obercoole<br />
Fahrrad, <strong>das</strong> im Moment <strong>de</strong>r Traum aller Mädchen<br />
in ihrer Schule war, <strong>das</strong> bis jetzt aber<br />
noch keine hatte.<br />
Na die wür<strong>de</strong>n morgen glotzen. Auch<br />
wenn <strong>es</strong> morgen Kacke regnen wür<strong>de</strong>, <strong>das</strong><br />
Fahrrad musste mit!“<br />
„Und hier meine liebe kleine<br />
süße Bella habe ich noch ein b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>r<strong>es</strong><br />
G<strong>es</strong>chenk.“<br />
Er überreichte ihr ein<br />
klein<strong>es</strong> Paket, <strong>das</strong> sie verdutzt auswickelte.<br />
Zum Vorschein kam........na was war <strong>das</strong> wohl?<br />
Es sah aus wie ein Computerspiel, aber so<br />
klein.........<strong>es</strong> passte bequem in ihre<br />
Handfläche. Wenn sie die Hand zu machte war<br />
<strong>es</strong> verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Bella glotzte verdutzt<br />
auf <strong>das</strong> mickrige Gerät. Es b<strong>es</strong>tand fast nur<br />
aus einem Bildschirm mit einem Armband drum<br />
herum.<br />
Sie hob <strong>de</strong>n Blick zu ihrem<br />
Daddy, <strong>de</strong>r sie ganz son<strong>de</strong>rbar ansah und<br />
g<strong>es</strong>pannt auf ihre Reaktion wartete.<br />
17
So schluckte sie ihre schon geplante abwerten<strong>de</strong><br />
Bemerkung herunter. Irgendwas musste<br />
mit <strong>de</strong>m Ding wohl los sein, ohne Grund schaute<br />
ihr Alter sie b<strong>es</strong>timmt nicht so son<strong>de</strong>rbar<br />
an. Es war ein gedanklich<strong>es</strong> Versteckspiel,<br />
<strong>das</strong> die bei<strong>de</strong>n gerne und oft spielten.<br />
„Danke lieber Herr Vater, kannst du mir bitte<br />
verraten, was <strong>das</strong> für ein schön<strong>es</strong> G<strong>es</strong>chenk<br />
ist, <strong>es</strong> ist b<strong>es</strong>timmt etwas<br />
b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>r<strong>es</strong>!“<br />
„Ha...ha....ha“, ihr Vater lachte laut auf.<br />
Mein schlau<strong>es</strong> Mädchen hat <strong>es</strong> natürlich gleich<br />
erkannt.<br />
Hier drin“, er nahm <strong>das</strong> kleine Gerät fast<br />
liebevoll in seine Hand, „hier drin steckt<br />
ein komplett neu entwickelter Speicherchip,<br />
ein Superkristall, <strong>de</strong>r all<strong>es</strong> bis heute da<br />
gew<strong>es</strong>ene Lichtjahre weit in <strong>de</strong>n Schatten<br />
stellt. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> kleine Computerchen leistet<br />
mehr <strong>als</strong> alle Computer die wir hier im Haus<br />
haben zusammen und <strong>das</strong> sind nicht gera<strong>de</strong><br />
wenige wie du weißt.<br />
Wir wissen selbst noch nicht wo die<br />
Grenzen liegen, ich habe <strong>es</strong> erst heute Abend<br />
fertigg<strong>es</strong>tellt.“<br />
„Aber wie wird <strong>das</strong> <strong>de</strong>nn<br />
eing<strong>es</strong>chaltet?“ fragte Bella neugierig.<br />
„Du brauchst nur mit ihm zu re<strong>de</strong>n,<br />
so wie mit mir. Ich habe <strong>es</strong> auf <strong>de</strong>ine<br />
Stimme programmiert, nur du kannst ihn einschalten<br />
um mit ihm zu spielen!“<br />
Bella war verdutzt.<br />
18
„Probiere <strong>es</strong> aus, du<br />
wirst damit schon zurecht kommen.“<br />
Na ja, sie steckte <strong>das</strong> Ding in die Tasche und<br />
fröhlich und vergnügt ging die Geburtstagsfeier<br />
in die letzte Run<strong>de</strong>.<br />
Selbst ihre mi<strong>es</strong>epetrige Tante konnte sich<br />
<strong>de</strong>r allgemeinen guten Stimmung nicht verschließen<br />
und so en<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Tag, <strong>de</strong>r so b<strong>es</strong>chissen<br />
angefangen hatte, doch noch einigermaßen<br />
schön.<br />
Nicht nur einigermaßen<br />
schön, nein..., er en<strong>de</strong>te fantastisch. Ihr<br />
Vater beglückte sie mit einer saugeilen Nachricht.<br />
„So mein Geburtstagskind,<br />
jetzt aber ab in die Falle und wenn du morgen<br />
früh aufwachst, kannst du gleich wie<strong>de</strong>r weiterschlafen,<br />
<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>ine Brü<strong>de</strong>r und ich fahren<br />
Tante Elisabeth nachhause und bleiben über<br />
<strong>das</strong> lange Wochenen<strong>de</strong> bei ihr.<br />
Am Sonntagabend sind wir wie<strong>de</strong>r hier,<br />
du kannst dich <strong>als</strong>o drei Tage lang mit <strong>de</strong>inen<br />
neuen G<strong>es</strong>chenken vergnügen, aber lass’ <strong>das</strong><br />
Haus ganz!“<br />
„Cool!.Was´n Hammer!<br />
Drei Tage ohne die Oberdoofköppe. Drei Tage<br />
faulenzen, kein Str<strong>es</strong>s und kein Zähneputzen.<br />
19<br />
*
Jawolll, so kann <strong>es</strong> weitergehen. Jetzt<br />
noch schnell einen Gutenachtkuss und dann ab<br />
ins Bett, ehe er sich’s noch an<strong>de</strong>rs<br />
überlegt.“<br />
Und so begann für Bella ein Wochenen<strong>de</strong>,<br />
<strong>das</strong> <strong>das</strong> absolut mega-coolste aller<br />
Zeiten wer<strong>de</strong>n sollte und Bellas Leben von<br />
grund auf umkrempeln wür<strong>de</strong>.<br />
zwei<br />
Eigentlich begann <strong>es</strong><br />
überhaupt nicht megacool.<br />
Obwohl sie am Freitag lange<br />
schlafen gekonnt hätte, wachte sie schon um<br />
sieben Uhr auf und wusste erst gar nicht wo<br />
sie war. Irgendwas stimmte nicht.<br />
Verschlafen torkelte sie aus ihrem Raketen-<br />
20
ett und spähte vorsichtig durch die Zimmertüre.<br />
Ob irgendwas passiert ist? Ich muss mal zu<br />
<strong>de</strong>n Doofköppen schleichen und checken, ob die<br />
schon wach sind!<br />
Erst <strong>als</strong> sie <strong>de</strong>ren<br />
Zimmertüre öffnete und die leeren, aufgeräumten<br />
Betten sah, fiel ihr wie<strong>de</strong>r all<strong>es</strong><br />
ein.<br />
„Klar ich Trottel!“<br />
Sie schlug sich mit <strong>de</strong>r<br />
flachen Hand gegen ihre Birne.<br />
„Die sind ja alle weg!<br />
Drei Tage lang! Cool!<br />
Jetzt aber schnell zurück ins Bett!<br />
In ihrem Zimmer kuschelte sie sich in ihre<br />
tiefblaue Weltraumbett<strong>de</strong>cke und zog <strong>de</strong>n Saturn<br />
bis über ihre Nase.<br />
Aber Kacke! Jetzt könnte<br />
sie einmal ung<strong>es</strong>tört und lange pennen, keiner<br />
<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Deppen schmiss sie heute aus <strong>de</strong>m<br />
Bett und trotz<strong>de</strong>m klappte <strong>es</strong> mit <strong>de</strong>m Einschlafen<br />
nicht mehr. Selbst ihr b<strong>es</strong>ter Einschlaftrick<br />
funktionierte heute nicht.<br />
Wenn sie nicht einschlafen<br />
konnte, fing sie an die Sterne an ihrer<br />
Zimmer<strong>de</strong>cke zu zählen und spät<strong>es</strong>tens wenn sie<br />
bei Cassiopeia angekommen war, schnarchte sie<br />
schon.<br />
Aber selbst die schöne<br />
Weltraumtapete, die die Decke ihr<strong>es</strong> Zimmers<br />
21
in ihr eigen<strong>es</strong> klein<strong>es</strong> privat<strong>es</strong> Universum<br />
verwan<strong>de</strong>lte, konnte sie heute früh nicht<br />
einschläfern.<br />
Na Gut! Wenn <strong>es</strong> nicht<br />
klappt, raus aus Den Fe<strong>de</strong>rn.<br />
Schlecht gelaunt<br />
krabbelte sie wie<strong>de</strong>r aus ihrer Rakete<br />
und ..........plumps.......saß sie auf Ihrem<br />
Hintern.<br />
wie<strong>de</strong>r im Weg?“<br />
„Mist!. Was liegt <strong>de</strong>nn da<br />
Zornig trat sie <strong>das</strong> Mistding, auf <strong>de</strong>m sie<br />
ausgerutscht war, gegen die Wand mit <strong>de</strong>m<br />
großen Eisbär Poster.<br />
Schreck.<br />
„AU!!!“<br />
Bella wur<strong>de</strong> starr vor<br />
„Au? Hatte da eben<br />
jemand ..au...g<strong>es</strong>agt?“<br />
Sie erstarrte zu einer<br />
ägyptischen Mumie und versuchte mit <strong>de</strong>r Zeit<br />
und <strong>de</strong>m Raum zu verschmelzen.<br />
Langsam, ganz langsam,<br />
drehte sie <strong>de</strong>n Kopf in Richtung Eisbär Poster.<br />
Von da war <strong>das</strong> „au“ gekommen.<br />
Wie sie sich auch bemühte, aber <strong>de</strong>n Verursacher<br />
d<strong>es</strong> „au“ konnte sie nicht erkennen.<br />
„Bin ich <strong>de</strong>nn überg<strong>es</strong>chnappt,<br />
so wie die dicke Brunhil<strong>de</strong>, die<br />
22
gegenüber wohnt und immer Stimmen hört die<br />
überhaupt nicht da sind?“<br />
Wütend stapfte sie <strong>zum</strong><br />
Poster, aber <strong>das</strong> einzige <strong>das</strong> sie erkannte war<br />
<strong>de</strong>r Urheber ihr<strong>es</strong> frühen Plumps<strong>es</strong> auf ihren<br />
Po.<br />
Da, auf di<strong>es</strong>em blö<strong>de</strong>n<br />
Computerspiel, <strong>das</strong> ihr ihr Alter am Abend<br />
vorher g<strong>es</strong>chenkt hatte, war sie ausgerutscht.<br />
„MISTDING!“<br />
Fuchsteufelwild kickte sie <strong>es</strong> in die an<strong>de</strong>re<br />
Ecke d<strong>es</strong> Zimmers.<br />
„AU!“<br />
„Ahhhhhhh!“<br />
Bella flüchtete mit einem<br />
Ri<strong>es</strong>ensatz in ihre Rakete und wickelte sich<br />
vollständig in Saturn, Jupiter und Mars.<br />
Unter <strong>de</strong>r Bett<strong>de</strong>cke war <strong>es</strong><br />
stockdunkel. Ihr Herz hockte in ihrem Kopf<br />
und machte immer stärker und immer schneller:<br />
bummm...bummm...bummm...bummm.<br />
Kurz bevor ihr Schä<strong>de</strong>l wie<br />
eine Supernova explodierte, streckte sie ihn<br />
vorsichtig aus einem Spalt ihrer Bett<strong>de</strong>cke.<br />
„I..I..Ist da wer?“,<br />
lispelte sie ängstlich in<br />
ihr Zimmer. Und dann lauter , schon ein<br />
bisschen mutiger.<br />
23
„WE..WE..WER ist da? Komm sofort<br />
raus. Mel<strong>de</strong> dich augenblicklich, ich kann<br />
Judo!“<br />
verschwun<strong>de</strong>n.<br />
„Wenn du meinst!“<br />
Zack! Bella war wie<strong>de</strong>r<br />
„Wenn du meinst.. wenn du<br />
meinst.. wenn du meinst, wer hatte da ...wenn<br />
du meinst.. g<strong>es</strong>agt?“<br />
Sie fing schrecklich an zu<br />
zittern, fast so stark wie im letzten Jahr,<br />
<strong>als</strong> sie ganz spät in <strong>de</strong>r Nacht ins Fernsehzimmer<br />
g<strong>es</strong>chlichen war und eine halbe Stun<strong>de</strong><br />
lang einen schrecklich gruseligen Film mit<br />
Vampiren und Monstern angeguckt hatte, <strong>de</strong>r<br />
sie noch Tage später <strong>zum</strong> Zittern brachte,<br />
wenn sie nur daran dachte.<br />
Aber <strong>das</strong> war schon ein halb<strong>es</strong><br />
Jahr her. Da war sie ja noch ein klein<strong>es</strong><br />
Mädchen gew<strong>es</strong>en. Heute war sie viel erwachsener!<br />
War sie nicht schon elf<br />
Jahre? Na <strong>das</strong> wollen wir mal sehen!<br />
Mit einem Ruck riss sie die<br />
Bett<strong>de</strong>cke zurück, setzte sich kerzengera<strong>de</strong><br />
auf, nahm allen Mut zusammen und sagte:<br />
ein Name?“,<br />
„Chrufelrschrufl!“<br />
„Chrufelrschrufl, ist <strong>das</strong><br />
fragte eine leise Stimme aus <strong>de</strong>r Zimmerecke.<br />
24
Bella schluckte zweimal und<br />
versuchte <strong>es</strong> noch einmal:<br />
„Wo, wo, wo bist du? Wer, wer bist du? Was<br />
bist du?“<br />
Sie wur<strong>de</strong> immer mutiger, ja<br />
sogar ein bisschen wütend. „Sag mir sofort<br />
wo du bist! Sofort!“<br />
„Na hier bin ich!“,<br />
antwortete die Stimme, „du hast mich doch<br />
schon zweimal durch <strong>das</strong> Zimmer gekickt!“<br />
Verdutzt glotzte Bella auf<br />
ihr Geburtstagsg<strong>es</strong>chenk, <strong>das</strong> sie am Abend<br />
noch in die Ecke gefeuert hatte, nach<strong>de</strong>m <strong>es</strong><br />
ihr nicht gelungen war <strong>es</strong> einzuschalten.<br />
kannst re<strong>de</strong>n?<br />
„Du? Das Computerspiel! Du<br />
„Ich bin kein Computerspiel!“,<br />
<strong>de</strong>r kleine Computer klang richtig<br />
beleidigt, „ich bin Baiti, <strong>das</strong> Spiel ist nur<br />
mein Haus! Du wohnst doch schließlich auch in<br />
einem Haus, o<strong>de</strong>r etwa nicht?“<br />
Langsam stieg Bella die<br />
Leiter ihr<strong>es</strong> Bett<strong>es</strong> hinunter, ging zur Zimmerecke<br />
und hob vorsichtig <strong>das</strong> so schmählich<br />
behan<strong>de</strong>lte Spiel auf.<br />
Von <strong>de</strong>m kleinen Bildschirm<br />
sah sie ein vergnügt lächelnd<strong>es</strong> G<strong>es</strong>icht an,<br />
<strong>das</strong> sie noch nie zuvor g<strong>es</strong>ehen hatte.<br />
BAITI??????????<br />
„BAITI?????????<br />
25
Du bist Baiti? Was, was bist<br />
du ? Und vor allem, wo bist du?“, stotterte<br />
sie.<br />
„Na hier drin bin ich, du<br />
weißt doch wie ein Computer funktioniert?“<br />
„Du bist ein Computer <strong>de</strong>r<br />
lebt?“, Bella war total perplex.<br />
„Nein ich bin kein Computer<br />
<strong>de</strong>r lebt! Ich lebe hier im Computer und nicht<br />
nur in <strong>de</strong>inem Spiel, son<strong>de</strong>rn ich kann in allen<br />
Computern <strong>de</strong>r ganzen Welt leben!“<br />
gehört!“<br />
„Davon habe ich ja noch nie<br />
„Das kannst du auch nicht,<br />
<strong>de</strong>nn ich habe erst g<strong>es</strong>tern Abend, <strong>als</strong> du mich<br />
eing<strong>es</strong>chaltet hast, scheinbar ohne <strong>es</strong> zu<br />
bemerken, angefangen zu leben und bin die<br />
ganze Nacht auf Erkundung gezogen von Computer<br />
zu Computer, ich kann dir sagen, <strong>das</strong> Leben<br />
ist herrlich!“<br />
„Ich, ich habe dich eing<strong>es</strong>chaltet?“,<br />
stammelte Bella.<br />
„Du hast mich nicht nur<br />
eing<strong>es</strong>chaltet, du hast mich geboren. Du bist<br />
für immer meine einzige Freundin, <strong>es</strong> wird für<br />
mich nie jeman<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>r<strong>es</strong> geben.<br />
Und du darfst auch nie mit<br />
an<strong>de</strong>ren über mich re<strong>de</strong>n, die wür<strong>de</strong>n sonst<br />
versuchen mich zu töten, versprichst du mir<br />
<strong>das</strong>?“<br />
26
Bella hob <strong>de</strong>n kleinen<br />
Computer liebevoll vom Bo<strong>de</strong>n auf und drückte<br />
ihn f<strong>es</strong>t an sich.<br />
„Natürlich Baiti, wir wer<strong>de</strong>n immer<br />
zusammen bleiben, ich wer<strong>de</strong> nieman<strong>de</strong>n auch<br />
nur ein Sterbenswörtchen über dich verraten,<br />
groß<strong>es</strong> Indianerehrenwort, so einen Freund<br />
habe ich mir schon immer gewünscht!<br />
Können wir auch zusammen spielen?<br />
Kannst du mir auch ein bisschen bei<br />
meinen Hausaufgaben helfen?“, fragte sie<br />
schüchtern.<br />
„Ob ich dir helfen kann? Na klar<br />
kann ich dir nicht nur helfen, du kannst von<br />
mir all<strong>es</strong> haben was du dir nur wünschst!<br />
Ich bin heute Nacht in einem<br />
Märchencomputer, drüben in Afrika, auf die<br />
G<strong>es</strong>chichte von Aladin und die Wun<strong>de</strong>rlampe<br />
g<strong>es</strong>toßen, kennst du sie?“<br />
„Na klar kenn’ ich die!“. Das<br />
war eine ihrer Lieblingsg<strong>es</strong>chichten, so einen<br />
Dschinn hatte sie sich in ihren Träumen schon<br />
oft ausgemalt.<br />
„Und was so’n Dschinn kann,<br />
kannst du auch?“<br />
Logo! Von mir kannst du all<strong>es</strong><br />
haben was du dir nur vorstellen kannst, du<br />
musst mich noch nicht einmal reiben.“<br />
Bella lachte laut auf.<br />
„Natürlich brauche ich noch ein wenig Hilfe.<br />
27
Ich kenne noch nicht meine ganze<br />
Speicherkapazität, <strong>das</strong> soll heißen, ich muss<br />
zuerst einmal <strong>de</strong>ine und meine Welt kennen<br />
lernen, schließlich bin ich g<strong>es</strong>tern erst geboren<br />
wor<strong>de</strong>n!“<br />
„Prima!“<br />
Bella klatschte in die Hän<strong>de</strong>.<br />
Dann sind wir bei<strong>de</strong> ja am gleichen Tag<br />
geboren,<br />
SUPER!!SUPER!!<br />
Das ist super-ober-mega-cool!“<br />
So begann die seltsamste<br />
Freundschaft, die man sich nur vorstellen<br />
kann.<br />
Der Freitag flutschte, während<br />
sie sich mit Baiti unterhielt und experimentierte,<br />
so schnell vorbei, <strong>das</strong>s sie <strong>das</strong> erst<br />
bemerkte <strong>als</strong> <strong>es</strong> draußen dunkel wur<strong>de</strong> und ihr<br />
Magen wie ein hungriger Wolf knurrte.<br />
Ihre Kraft reichte gera<strong>de</strong> noch<br />
für einen verbrannten Toast, <strong>als</strong> sie auch<br />
schon todmü<strong>de</strong> ins Bett fiel.<br />
Sie konnte noch nicht<br />
einmal :Happeldiebappeldiebupp sagen, da war<br />
sie schon eing<strong>es</strong>chlafen.<br />
Trotz<strong>de</strong>m wachte sie am Samstagmorgen<br />
in aller Frühe auf und dachte zu-<br />
28<br />
*
erst sie hätte all<strong>es</strong> nur geträumt, <strong>das</strong> mit<br />
<strong>de</strong>m kleinen Computer und <strong>de</strong>n Wünschen und<br />
allem.<br />
Aber nach<strong>de</strong>m sie Baiti<br />
unter ihrem Kopfkissen hervorgezogen und <strong>de</strong>r<br />
sie mit einem fröhlichen: „Guten Morgen<br />
Bella!“, begrüßt hatte wusste sie, jetzt<br />
konnte <strong>das</strong> wahre Leben beginnen!<br />
aus <strong>de</strong>m Bett!<br />
*<br />
So schnell war sie noch nie<br />
Sie raste <strong>zum</strong> Klo, schmiss ihren Schlafanzug<br />
in die nächste Ecke, sprang in ihre Klamotten,<br />
- so was unsinnig<strong>es</strong> wie Zähne putzen und<br />
Haare kämmen kam sowi<strong>es</strong>o nicht in die Tüte -<br />
und purzelte die Treppe hinunter bis in die<br />
Küche.<br />
Da stand sie nun und guckte<br />
belämmert auf <strong>de</strong>n leeren Küchentisch.<br />
„Na klar!<br />
Ich Obertrottel!“<br />
Das ganze Haus war ja leer,<br />
von Baiti und ihr mal abg<strong>es</strong>ehen, <strong>das</strong> hatte<br />
sie schon wie<strong>de</strong>r verg<strong>es</strong>sen!<br />
ihr Frühstück?<br />
Und von wem bekam sie jetzt<br />
29
Wütend kickte sie einen<br />
Stuhl gegen <strong>de</strong>n Küchenschrank.<br />
„MIIIIST, KACKE!!!!“,<br />
brüllte sie in die leere<br />
Küche und schmiss <strong>de</strong>m Stuhl eine Gabel<br />
hinterher, die einsam und verlassen auf <strong>de</strong>m<br />
Küchentisch gelegen hatte.<br />
„Hast du mit mir<br />
g<strong>es</strong>prochen?“, fragte eine unschuldige Stimme<br />
aus ihrer rechten Handfläche.<br />
Verdutzt glotzte Bella auf<br />
Baiti. Sie hatte total verg<strong>es</strong>sen, <strong>das</strong>s sie<br />
ihren neuen Freund immer noch f<strong>es</strong>t mit <strong>de</strong>r<br />
rechten Hand umklammerte.<br />
„Tschuldigung Baiti“,<br />
schuldbewusst lockerte sie <strong>de</strong>n Griff um ihren<br />
kleinen Freund und band ihn wie eine Armbanduhr<br />
ans linke Handgelenk.<br />
Zu di<strong>es</strong>em Zweck hatte Baiti extra ein<br />
schick<strong>es</strong> Armband, <strong>das</strong> ihn wie eine mo<strong>de</strong>rne<br />
Armbanduhr aussehen ließ.<br />
„Ich habe Hunger und niemand<br />
ist hier, <strong>de</strong>r mir was <strong>zum</strong> Essen macht. Meine<br />
ganzen Sklaven sind ausgeflogen“, trübe<br />
schauend setzte sie sich an <strong>de</strong>n Küchentisch.<br />
„Warum sagst du mir nicht was<br />
du willst! Ich habe dir doch schon g<strong>es</strong>tern<br />
g<strong>es</strong>agt, <strong>das</strong>s ich dir je<strong>de</strong>n Wunsch erfüllen<br />
kann. Was wünschst du dir <strong>de</strong>nn <strong>zum</strong> Frühstück?“<br />
30
nicht fassen.<br />
All<strong>es</strong> was sie sich wünschte?<br />
Bella konnte ihr Glück<br />
Sie fing an aufzuzählen:<br />
„Am liebsten <strong>es</strong>se ich ja Pizza. mmmh, Salamipizza,<br />
o<strong>de</strong>r mit Schinken, o<strong>de</strong>r b<strong>es</strong>ser<br />
noch ........Stop“, ihr fiel gera<strong>de</strong> ein, <strong>das</strong>s<br />
sie kein tot<strong>es</strong> Tier mehr <strong>es</strong>sen wollte.<br />
Annanaspizza o<strong>de</strong>r Pizza mit gaaanz viel Käse.<br />
Und natürlich Croissants,<br />
frische Berliner, Schokola<strong>de</strong>nkuchen, Erdbeerbo<strong>de</strong>n<br />
und.. und.. und!“.<br />
Bella hörte gar nicht auf<br />
ihre Lieblings<strong>es</strong>sen aufzuzählen und kam dann<br />
nach Eis und Mousse au Chocolad zu <strong>de</strong>n Getränken.<br />
Zwischen heißer Schokola<strong>de</strong><br />
und Erdbeershake klingelte <strong>es</strong> an <strong>de</strong>r Wohnungstür.<br />
Überrascht, wer <strong>de</strong>nn so früh<br />
am Samstag klingele, öffnete sie die Haustüre.<br />
„Gutten Morrgenn! Pizzaserve!<br />
Ich hier haben siebzehn Pizzen,<br />
all<strong>es</strong> ganz gut! Von Guiseppe; b<strong>es</strong>t<strong>es</strong> Pizza<br />
von Welt!“<br />
Verdattert guckte Bella auf einen<br />
Berg Pizzas, <strong>de</strong>n ihr ein freundlicher dunkelhaariger<br />
Pizzabote vor die Nase hielt.<br />
31
habe doch..!“<br />
„A aber was <strong>das</strong> kostet, ich<br />
„Keine Problemm kleine Frollein“, wur<strong>de</strong> ihr<br />
Stammeln von <strong>de</strong>m Pizzaboten unterbrochen.<br />
„All<strong>es</strong> schon bezahlt, mit Karte, kein<br />
Problemm“.<br />
Und bevor die Erstaunte antworten konnte<br />
hatte er ihr schon <strong>de</strong>n Stapel Pizzas in die<br />
Hand gedrückt und war verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Da saß sie nun am Küchentisch,<br />
vor sich einen Ri<strong>es</strong>enstapel Pizzas und war<br />
baff.<br />
chen?“<br />
„Baiti, war <strong>das</strong> <strong>de</strong>in Werk?“<br />
„Was <strong>de</strong>nn mein Zuckerschnäuz-<br />
Bevor Bella antworten<br />
konnte klingelte <strong>es</strong> erneut. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> mal war<br />
sie nicht erstaunt <strong>als</strong> sie eine Lieferung vom<br />
Konditor mit acht Torten aufgela<strong>de</strong>n bekam;<br />
beim nächsten Klingeln lieferte <strong>de</strong>r Bäcker<br />
ein umfangreich<strong>es</strong> Paket ab; und zu guter<br />
Letzt kam <strong>de</strong>r Partyservice mit heißen und<br />
kalten Getränken, die für eine Fußballmanschaft<br />
gereicht hätte.<br />
Nach<strong>de</strong>m die Feinschmeckerin<br />
die Orgienpakete in die Küche g<strong>es</strong>chafft hatte,<br />
sah <strong>es</strong> dort aus wie am Bufett d<strong>es</strong> Abschlussballs<br />
<strong>de</strong>r Tanzschule.<br />
„BAITI!BAITI!“<br />
32
Bella betrachtete vorwurfsvoll<br />
ihren kleinen Computer.<br />
stellt hast?<br />
„Weißt du was du da ange-<br />
„Ang<strong>es</strong>tellt?“ fragte ihr<br />
Freund verdutzt, „aber du hast doch all<strong>es</strong><br />
b<strong>es</strong>tellt, ich kann dir noch mal wie<strong>de</strong>rholen<br />
was du g<strong>es</strong>agt hast, ich habe alle <strong>de</strong>ine Worte<br />
g<strong>es</strong>peichert. Schmeckt <strong>es</strong> dir nicht? Gut, dann<br />
b<strong>es</strong>tellen wir eben <strong>das</strong> ganze noch einmal!“<br />
„NEEEEIIN! All<strong>es</strong> nur <strong>das</strong> nicht!“<br />
„Okay! Wo ist <strong>das</strong> Problem?“<br />
„Gut, gut, vergiss <strong>es</strong>, ist <strong>das</strong><br />
all<strong>es</strong> aber auch bezahlt?“<br />
„Na klar, meine Süße! Über <strong>das</strong><br />
Bezahlen brauchst du dir von jetzt an keine<br />
Sorgen mehr zu machen, ich habe unbegrenzte<br />
Möglichkeiten finanzielle Transaktionen<br />
durchzuführen, <strong>de</strong>r Betrag spielt keine Rolle.<br />
Also warum lässt du <strong>es</strong> dir nicht endlich<br />
schmecken?“<br />
Bella seufzte r<strong>es</strong>igniert.<br />
“Wenn <strong>das</strong> meine Freundinnen<br />
sehen könnten, die wären vielleicht neidisch<br />
und zu <strong>es</strong>sen hätte ich genug für die ganze<br />
Schule.“<br />
„Wenn du mir ihre Namen sagst,<br />
la<strong>de</strong> ich alle <strong>zum</strong> Frühstück ein“ schlug Baiti<br />
vor.<br />
33
Und so g<strong>es</strong>chah <strong>es</strong>. Das wur<strong>de</strong><br />
eine Frühstücksorgie von <strong>de</strong>r ihre Freundinnen<br />
noch nach Monaten mehr <strong>als</strong> nur schwärmten.<br />
Die Orgie, die nachmittags um<br />
zwei Uhr ihren Höhepunkt erreicht hatte, katapultierte<br />
Bella an Platz eins <strong>de</strong>r Beliebtheitsrangliste<br />
ihrer Schulklasse.<br />
Irgendwann hatte auch die letzte<br />
Freundin ihre Party verlassen und ließ<br />
Bella mit <strong>de</strong>n Trümmern ihr<strong>es</strong> ehemaligen Frühstücks<br />
alleine.<br />
So ähnlich hatte <strong>es</strong> zuletzt nach<br />
<strong>de</strong>r fünfzigsten Geburtstagsfeier ihr<strong>es</strong> Daddys<br />
in <strong>de</strong>r Wohnung ausg<strong>es</strong>ehen, <strong>als</strong> fünfundvierzig<br />
Gäste <strong>das</strong> Haus in ein Schlachtfeld verwan<strong>de</strong>lt<br />
hatten.<br />
„Na Baiti, was jetzt?“, seufzte<br />
Bella r<strong>es</strong>igniert und schaute zweifelnd <strong>das</strong><br />
Display d<strong>es</strong> kleinen Computers an.<br />
Ein grinsend<strong>es</strong> G<strong>es</strong>icht blinzelte<br />
ihr freundlich entgegen.<br />
„Willst du, <strong>das</strong>s ich die ganze<br />
Sauerei wegräume?“<br />
„Na logo, wenn <strong>das</strong> möglich ist!“<br />
Bella zweifelte immer noch an<br />
<strong>de</strong>n Fähigkeiten ihr<strong>es</strong> neuen Freund<strong>es</strong>. Di<strong>es</strong>e<br />
Zweifel wur<strong>de</strong>n prompt behoben, <strong>als</strong> eine Putzkolonne<br />
erschien, die <strong>das</strong> g<strong>es</strong>amte Haus in Rekordzeit<br />
in ein blinkend<strong>es</strong> und blitzend<strong>es</strong> Juwel<br />
verwan<strong>de</strong>lte.<br />
34
*<br />
Bella war schlichtweg begeistert.<br />
„Oh Baiti, mein Schatz, da bin<br />
ich aber baff! Was du so all<strong>es</strong> schaffst!“<br />
„Aber mein Honigmäulchen!“<br />
<strong>de</strong>r Computer säuselte zufrie<strong>de</strong>n „wie soll’s<br />
<strong>de</strong>nn jetzt weitergehen? Du willst doch wohl<br />
nicht schlapp machen, wo wir gera<strong>de</strong> so schön<br />
in Fahrt sind?“<br />
„Ne, ne, auf keinen Fall! Die<br />
ganze Woche wollte ich schon ins Kino gehen.<br />
Im O<strong>de</strong>on wird in einer halben Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r neue<br />
obergeile Film mit Johnny Depp gezeigt.“<br />
Kein Problem mein Honigpüppchen. In<br />
fünfzehn Minuten steht eine Limo vor <strong>de</strong>r Tür,<br />
die Karten, Loge klar, liegen an <strong>de</strong>r Kasse<br />
bereit.“<br />
„Eine Limo? Was ist <strong>de</strong>nn ´ne Li-mo?“<br />
„Aber mein Dummbäckchen, eine Limo<br />
ist natürlich eine Limousine, mit Fahrer und<br />
allem Drum und Dran. Nun aber hopp in die<br />
Latschen, <strong>es</strong> sind nur noch fünf Minuten.“<br />
Tatsache, Nach genau fünf Minuten<br />
hielt ein Schlitten vor <strong>de</strong>m Haus, wie er normal<br />
nur in Hollywood Filmen vorkommt.<br />
Die Limo war mind<strong>es</strong>tens zehn Meter<br />
lang; und aus <strong>de</strong>r Fahrertür stieg ein<br />
Chauffeur, mit allem was Hollywood zu bieten<br />
hat.<br />
35
Mütze, dunkler Anzug, weiße Handschuhe,<br />
schwarze Lackschuhe und eine coole<br />
Sonnenbrille von Armani auf <strong>de</strong>r Nase.<br />
Der Typ verbeugte sich vor Bella,<br />
öffnete galant die hintere rechte Limotüre<br />
und sagte mit einer irren Grab<strong>es</strong>stimme, wie<br />
<strong>es</strong> <strong>de</strong>r ält<strong>es</strong>te Vampir nicht b<strong>es</strong>ser gekonnt<br />
hätte:<br />
„Wenn <strong>das</strong> gnädige Fräulein bitte<br />
einsteigen möchte?.“<br />
Wie in Trance kletterte die G<strong>es</strong>chockte<br />
in die Limo und glaubte ihren Augen<br />
nicht zu trauen, sie kam aus <strong>de</strong>m Staunen<br />
nicht mehr raus.<br />
Starke Musik strömte aus allen Ecken,<br />
ein Fernseher hing vor ihr an <strong>de</strong>r Decke,<br />
links eine Bar, daneben ein chromblitzen<strong>de</strong>r<br />
Kühlschrank; ein kleiner Schreibtisch mit<br />
aufgeklappten Laptop und schließlich <strong>de</strong>r Fahrer,<br />
Entschuldigung, <strong>de</strong>r Kapitän.<br />
Den sah sie aber nirgends, vielleicht<br />
da vorne?<br />
Scheinbar ein paar Kilometer entfernt,<br />
begrenzte eine dunkle Scheibe ihre<br />
Trauwelt. Dahinter musste <strong>de</strong>r sitzen.<br />
„Möchte <strong>das</strong> gnädige Fräulein bitte aussteigen?<br />
Wir sind angekommen!“<br />
Bella glotzte fassungslos auf die<br />
offene Türe und <strong>de</strong>n Fahrer, <strong>de</strong>r sie maj<strong>es</strong>tätisch<br />
aufhielt.<br />
36
Sie hatte von <strong>de</strong>r ganzen Fahrt,<br />
quer durch die Stadt, nichts, aber auch gar<br />
nichts mitbekommen.<br />
*<br />
Nach<strong>de</strong>m sie benommen aus ihrem<br />
Schiff ausg<strong>es</strong>tiegen war, verabschie<strong>de</strong>te sich<br />
<strong>de</strong>r Chauffeur mit <strong>de</strong>n Worten:<br />
„Wenn sie nichts an<strong>de</strong>r<strong>es</strong> wünschen,<br />
wert<strong>es</strong> Fräulein, wer<strong>de</strong> ich am En<strong>de</strong> d<strong>es</strong><br />
Films hier auf sie warten.“<br />
Bella konnte nur: „daqurling“ stammeln,<br />
was <strong>de</strong>r Fahrer wohl <strong>als</strong> Zustimmung auslegte,<br />
<strong>de</strong>nn er stieg in seinen Straßenkreuzer<br />
und rauschte davon.<br />
Sie stolperte an verdutzt und<br />
neidvoll gucken<strong>de</strong>n Kinob<strong>es</strong>uchern vorbei zur<br />
Kasse um sich ihr r<strong>es</strong>erviert<strong>es</strong> Ticket abzuholen.<br />
Und schließlich saß sie auf <strong>de</strong>m<br />
b<strong>es</strong>ten Platz im Kino, die Direktion beehrte<br />
sie noch mit einem Willkommenspaket für VIPs,<br />
<strong>das</strong> neben erl<strong>es</strong>enen Eissorten noch eine Ri<strong>es</strong>entüte<br />
Poppis enthielt. Immer noch ungläubig<br />
dachte sie über <strong>das</strong> G<strong>es</strong>chehene nach und<br />
b<strong>es</strong>chloss, b<strong>es</strong>chei<strong>de</strong>n wie sie nun mal ist,<br />
<strong>das</strong>s so ihr zukünftig<strong>es</strong> Leben aussehen solle!<br />
Sie und Baiti wür<strong>de</strong>n ein unschlagbar<strong>es</strong><br />
G<strong>es</strong>pann wer<strong>de</strong>n und zur B<strong>es</strong>iege-<br />
37
lung ihr<strong>es</strong> Schwurs drückte sie Baiti einen -ganz—-ganz—-dicken<br />
Schmatz aufs Gehäuse.<br />
*<br />
Nach di<strong>es</strong>em ereignisreichen<br />
und unverg<strong>es</strong>slichen Tag, lag sie abends wie<br />
betäubt im Bett und erinnerte sich genüsslich<br />
an je<strong>de</strong> Sekun<strong>de</strong> di<strong>es</strong><strong>es</strong> affengeilen Tag<strong>es</strong>.<br />
An Schlaf war aber noch lange nicht<br />
zu <strong>de</strong>nken. Bis tief in die Nacht unterhielt<br />
sie sich mit ihren Freund und gemeinsam<br />
schmie<strong>de</strong>ten sie Schlachtplan über Schlachtplan<br />
für die nächsten Tage und Wochen.<br />
Eigentlich hätte sie am Sonntag<br />
viel, viel lernen müssen, da di<strong>es</strong>e doofe Kuh<br />
von Mathelehrerin gleich in <strong>de</strong>r ersten Stun<strong>de</strong><br />
eine Arbeit schreiben wollte, aber <strong>als</strong> sie am<br />
Sonntag sehr spät aufwachte war <strong>es</strong> für sie<br />
klar, mit Hilfe von Baiti wür<strong>de</strong> sie di<strong>es</strong>er<br />
*<br />
38
Tante eine Arbeit hinknallen, <strong>das</strong>s sie aus<br />
allen Wolken fallen wür<strong>de</strong>.<br />
Die Zusammenarbeit mit ihrem<br />
Freund war inzwischen schon so perfekt, <strong>das</strong>s<br />
sie nur noch ganz leise, so gut wie unhörbar<br />
flüstern musste, damit Baiti sie hören konnte.<br />
Er war fähig auch die kleinsten<br />
Schwingungen ihrer Stimmbän<strong>de</strong>r zu verstehen.<br />
Ebenso verstand sie Baiti ohne<br />
<strong>das</strong>s ein laut<strong>es</strong> Wort g<strong>es</strong>prochen wur<strong>de</strong>.<br />
Es war fast wie Telepathie!<br />
Dass Baiti in Mathe selbst Einstein<br />
schlagen wür<strong>de</strong> bezweifelte sie nicht einen<br />
Moment. Für sie war ihr Schmußecompi <strong>das</strong> allergrößte<br />
<strong>das</strong> <strong>es</strong> auf di<strong>es</strong>er Welt gab. Selbst<br />
ihr heißgeliebter Daddy musste sich mit <strong>de</strong>m<br />
zweiten Platz begnügen.<br />
„Baitilein!“, säuselte sie in<br />
ihrer lieblichsten Stimme.<br />
„Ja mein Wonneproppen, was haben<br />
wir <strong>de</strong>nn auf <strong>de</strong>m Herzen? Hast du für heute<br />
schon eine gute I<strong>de</strong>e?“<br />
„Ja,ja,ja,ja,!“. Bella klatschte<br />
vor Begeisterung in die Hän<strong>de</strong> und hüpfte vor<br />
Ungeduld in die Höhe.<br />
„Ich wünsche mir schon so lange<br />
einen B<strong>es</strong>uch im großen Erlebnisbad. Du kennst<br />
doch <strong>das</strong> große sündhaft teure Kurbad am<br />
Stadtrand mit echten Palmen, ri<strong>es</strong>igem Meerwasserwellenbad,<br />
wo man auf exklusiven Lie-<br />
39
geinseln ,schaukeln kann, von einem Kellner<br />
bedient wird und die b<strong>es</strong>ten und lei<strong>de</strong>r auch<br />
die teuersten Sachen b<strong>es</strong>tellen kann.<br />
Da kommt man eigentlich nur <strong>als</strong><br />
Mitglied rein und die reichen Typen müssen<br />
dafür viel Kohle pro Jahr berappen.“<br />
„Null Problemo meine Süße, die Limo<br />
steht in dreißig Minuten vor <strong>de</strong>r Tür. Also<br />
pack’ die Ba<strong>de</strong>hose ein und los geht’s!“<br />
Die selbe Limo mit <strong>de</strong>m selben<br />
Fahrer vom Vortag, holte sie nach exakt einer<br />
halben Stun<strong>de</strong> zuhause ab und mit Karacho<br />
ging’s <strong>zum</strong> Ba<strong>de</strong>paradi<strong>es</strong>!<br />
Am Eingang wur<strong>de</strong> sie mit ausg<strong>es</strong>uchter<br />
Höflichkeit empfangen.<br />
Der livrierte Portier händigte<br />
ihr eine echt gol<strong>de</strong>ne Medaille aus, mit <strong>de</strong>r<br />
Prägung: „Ehrenmitglied“ und geleitete sie<br />
<strong>zum</strong> Umklei<strong>de</strong>apartment. Richtig, keine Umklei<strong>de</strong>kabine,<br />
son<strong>de</strong>rn eine richtige kleine Wohnung.<br />
Und dann erst <strong>das</strong> Schwimmbad,<br />
quatsch, <strong>de</strong>r Schwimmpalast!<br />
g<strong>es</strong>ehen!<br />
Das hat die Welt noch nicht<br />
Jetzt kapierte sie auch, warum<br />
ihr Alter nie mit <strong>de</strong>r Familie hierher gegangen<br />
ist.<br />
Die Palmen, die Liegen, die Bo<strong>de</strong>nplatten,<br />
all<strong>es</strong> vom Feinsten. Sie getraute<br />
sich überhaupt nicht auf die glänzen<strong>de</strong>n Flie-<br />
40
sen zu treten weil sie Angst hatte, <strong>das</strong>s ihre,<br />
nie ganz sauberen Füße, Tapsen hinterlassen<br />
wür<strong>de</strong>n.<br />
Aber klar, <strong>das</strong>s sie auch di<strong>es</strong><strong>es</strong><br />
Problem meisterte und schon nach kurzer Zeit<br />
hatte sie all<strong>es</strong> voll im Griff.<br />
Nicht umsonst war sie ja die<br />
cleverste und schönste Bella aller Zeiten!<br />
Dass Baiti wasserdicht war, verstand sich von<br />
selbst, <strong>als</strong>o stand <strong>de</strong>r Ba<strong>de</strong>- mit anschließen<strong>de</strong>r<br />
Fr<strong>es</strong>sorgie nichts mehr im Weg.<br />
Langsam ging <strong>de</strong>r Sonntag zu En<strong>de</strong>,<br />
aber bevor sie <strong>das</strong> Ba<strong>de</strong>paradi<strong>es</strong> verließ<br />
musste sie sich unbedingt abreagieren. Di<strong>es</strong>em<br />
Drang nicht nachzugeben war unmöglich. Und<br />
wenn Bella etwas mit aller Gewalt wollte,<br />
konnte sie nichts, aber auch gar nichts davon<br />
abhalten.<br />
Sie stellte sich auf die schönste<br />
Insel, mitten zwischen die Schwimmbecken,<br />
neben ihr eine acht Meter hohe Palme und oben<br />
in <strong>de</strong>r Palme, unglaublich aber war, turnte<br />
ein echter Affe.<br />
Rings um sie dümpelten auf vornehmen<br />
Miniluftinseln, meist ältere Ba<strong>de</strong>gäste,<br />
<strong>de</strong>nen man selbst in <strong>de</strong>r Ba<strong>de</strong>hose ansah, <strong>das</strong>s<br />
sie vor Geld stinken.<br />
41<br />
*
Also da mitten drin stand sie,<br />
holte ganz tief Luft und schrie so laut sie<br />
konnte:<br />
„GEIL!!!“<br />
Die Oma vor ihr fiel vor Schreck<br />
von ihrer Schwimminsel.<br />
Dem Opa neben ihr, rutschte sein<br />
Toupet auf die Nase und <strong>de</strong>r Affe sprang<br />
erschreckt zur nächsten Palme, die er------ts,ts,-----<br />
so ein <strong>de</strong>generierter Vorfahre,<br />
glatt verfehlte und mit lautem „PLATSCH“ im<br />
Wasser lan<strong>de</strong>te, wo er erbärmlich quietschend<br />
von einem <strong>de</strong>r allgegenwärtigen Kellner gerettet<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
Bella aber machte einen gewaltigen<br />
Satz und rannte so schnell sie konnte<br />
zu ihrer Umklei<strong>de</strong>wohnung<br />
befreit!<br />
„WOUW! COOL!“ <strong>das</strong> hatte<br />
Hier dürfte sie sich so schnell<br />
nicht mehr sehen lassen. In Rekordzeit hatte<br />
sie sich angezogen und sprintete aus <strong>de</strong>m Bad,<br />
bevor sie <strong>de</strong>n Übeltäter f<strong>es</strong>tg<strong>es</strong>tellt hatten<br />
und sie rausschmeißen wür<strong>de</strong>n.<br />
Sie wun<strong>de</strong>rte sich keinen Moment,<br />
<strong>das</strong>s ihre Limo wie<strong>de</strong>r vor <strong>de</strong>m Eingang stand,<br />
<strong>als</strong>o hüpfte sie in die Polster und ab ging’s<br />
nachhause.<br />
*<br />
42
Gera<strong>de</strong> noch rechtzeitig. Sie<br />
war noch nicht richtig im Wohnzimmer, <strong>als</strong> sie<br />
draußen schon <strong>de</strong>n VW ihr<strong>es</strong> Vaters hörte. Sie<br />
hatte gera<strong>de</strong> noch Zeit ihre Schwimmklamotten<br />
in ihr Zimmer zu werfen und sich mit ihrem<br />
unschuldigsten G<strong>es</strong>ichtsausdruck aufs Wohnzimmersofa<br />
zu setzen, <strong>als</strong> schon die Haustüre<br />
aufging und die bei<strong>de</strong>n Doofköppe hereinstürzten<br />
mit Ihrem Alten im Schlepptau.<br />
„Hallo mein Bellaschatz! Hast<br />
du uns sehr vermisst? Mein lieb<strong>es</strong> Kind war<br />
soooo lange alleine...........<br />
.........“. Da erst sah er Bellas G<strong>es</strong>ichtsausdruck<br />
und wur<strong>de</strong> sofort stutzig.<br />
Wenn Bella so schaute war etwas<br />
oberfaul. Da rechnete er immer mit <strong>de</strong>m<br />
Schlimmsten.<br />
Voller Panik rannte er in <strong>de</strong>n<br />
ersten Stock, auf <strong>de</strong>n Dachbo<strong>de</strong>n, in jed<strong>es</strong><br />
Zimmer, er raste sogar in die Garage,<br />
NICHTS!<br />
So sauber war ihr Haus seit<br />
seine Frau abgehauen war nicht mehr gew<strong>es</strong>en.<br />
All<strong>es</strong> picobello, sogar frische Blumen stan<strong>de</strong>n<br />
auf <strong>de</strong>m Wohnzimmertisch.<br />
Langsam schlurfte er ins<br />
Wohnzimmer und zermarterte sich <strong>de</strong>n Schä<strong>de</strong>l<br />
was hier nicht stimmte.<br />
43
„Bella mein Schatz“, er kniete<br />
sich vor seine Tochter, nahm <strong>de</strong>ren Hän<strong>de</strong> in<br />
seine und fragte ganz vorsichtig: „Bitte mein<br />
Bellamäuschen, sage mir was passiert ist! Du<br />
kannst mir all<strong>es</strong> sagen, egal wie schlimm <strong>es</strong><br />
auch ist.“<br />
Mit ihrem treudoofsten Blick<br />
schleimte sie ihren Leibsklaven an.<br />
„Aber Papilein, was soll <strong>de</strong>nn<br />
nicht stimmen? All<strong>es</strong> ist in b<strong>es</strong>ter Ordnung!“<br />
Hühner“,<br />
„HA;HA;HA, da lachen ja die<br />
grölten ihre bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r, „du<br />
hast b<strong>es</strong>timmt die ganze Hütte verkloppt und<br />
morgen müssen wir ausziehen und sitzen auf<br />
<strong>de</strong>r Straße!“<br />
„Jorn, Helge!“ donnerte ihr Vater,<br />
„haltet eure Klappen, macht euch ins Bad und<br />
dann ab in die Kiste!“<br />
bei<strong>de</strong>n ab.<br />
Hämisch grinsend schwirrten die<br />
Von di<strong>es</strong>en vertrottelten Affen<br />
ließ sich Bella nicht irritieren, all<strong>es</strong> Gewohnheitssache.<br />
Es kam ganz allein auf ihren<br />
Dad an und <strong>de</strong>n wickelte sie um <strong>de</strong>n Finger wie<br />
sie <strong>es</strong> brauchte.<br />
Unter Aufbietung ihrer nicht<br />
unerheblichen schauspielerischen Talente<br />
konnte sie ihn schließlich überzeugen und<br />
sosehr er sich auch dagegen sträubte,<br />
akzeptierte er <strong>das</strong> eigentlich Unmögliche und<br />
44
schloss seine „Allerliebste“ glücklich in<br />
seine Arme.<br />
Einen Sonntagabend <strong>de</strong>r so<br />
friedlich und harmonisch zu En<strong>de</strong> ging hatte<br />
man in di<strong>es</strong>em Haus schon seit Jahren nicht<br />
mehr erlebt.<br />
Der Mantel <strong>de</strong>r Nacht umhüllte friedlich<br />
ein Haus, in <strong>de</strong>m ein Mädchen überglücklich<br />
in fantasi<strong>es</strong>chwangere Träume entschwebte,<br />
zwei Jungs stinkig über ihre wie<strong>de</strong>rholte<br />
Nie<strong>de</strong>rlage grübelten und ein Vater noch lange<br />
nicht einschlafen konnte und nicht wusste<br />
warum.<br />
*<br />
Der Montagmorgen sah eine<br />
quicklebendige Bella, die freud<strong>es</strong>trahlend an<br />
<strong>de</strong>n Frühstückstisch eilte, wo die r<strong>es</strong>tliche<br />
Familie schon mi<strong>es</strong>epetrig und verdrossen ihre<br />
Frühstückseier marterte.<br />
*<br />
„Hallo meine lieben Brü<strong>de</strong>r!<br />
Hallo mein lieber Papi!“.<br />
45
Sie setzte sich putzmunter auf<br />
ihren Stuhl und schaufelte mit bei<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n<br />
<strong>das</strong> schon bereitstehen<strong>de</strong> Frühstück in ihren<br />
Rachen, während drei Personen zermürbt und<br />
zerknittert di<strong>es</strong>e Ausgeburt an guter Laune<br />
missmutig betrachteten.<br />
An di<strong>es</strong>em Morgen re<strong>de</strong>te nur eine<br />
und alle an<strong>de</strong>ren konnten nur ergriffen<br />
schweigen.<br />
Bella brachte <strong>das</strong> Kunststück<br />
fertig all<strong>es</strong> ratze putz auf<strong>zum</strong>ampfen und<br />
dabei unaufhörlich zu quatschen.<br />
„Tschüß bis Mittag sprachs und war<br />
verschwun<strong>de</strong>n.“<br />
Und drei belämmert dreinschauen<strong>de</strong><br />
Typen saßen um einen Tisch, <strong>als</strong> hätte sie<br />
eben ein Tornado überrollt.<br />
Bella saß mittlerweile auf ihrem<br />
Geburtstagsg<strong>es</strong>chenk und ra<strong>de</strong>lte quietschfi<strong>de</strong>l<br />
zur Schule.<br />
Ausnahmsweise kam sie mal pünktlich,<br />
schließlich musste sie ja ihr neu<strong>es</strong><br />
cool<strong>es</strong> Fahrrad präsentieren.<br />
Als ersten traf sie <strong>de</strong>n dicken<br />
Fred, wie immer mit einem dreifachen Mäc in<br />
*<br />
46
<strong>de</strong>n Krallen. Der blieb baff erstaunt stehen<br />
und mit ihm alle ihre, nach und nach<br />
eintru<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Schulfreun<strong>de</strong>, bis die ganze<br />
Klasse auf <strong>de</strong>n Treppenstufen d<strong>es</strong> Schuleingangs<br />
versammelt war.<br />
Und die ganze Zeit war sie mit<br />
stolz g<strong>es</strong>chwellter Brust hin und her und her<br />
und hin gera<strong>de</strong>lt, bis auch <strong>de</strong>r begriffsstutzigste<br />
ihr obercool<strong>es</strong> bike bemerkt hatte.<br />
„Was ist <strong>de</strong>nn hier los?“, geiferte<br />
eine schrille Stimme durch die Gegend,<br />
„wollt ihr Flegel endlich ins Klassenzimmer<br />
kommen! Natürlich die Bella!!!<br />
Hält die ganze Klasse auf und hätte <strong>es</strong> von<br />
allen am nötigsten im Klassenzimmer zu sitzen<br />
um sich auf die Mathematikarbeit vorzubereiten!“.<br />
Das keifen<strong>de</strong> Organ gehörte natürlich<br />
ihrer Lehrerin, <strong>de</strong>r alten Zimtzigge Frl.<br />
Meyer.<br />
Erschrocken stoben alle auseinan<strong>de</strong>r<br />
und rannten wie aufg<strong>es</strong>cheuchte<br />
Hühner Richtung Klassenzimmer.<br />
Und dann kam <strong>de</strong>r Hammer!<br />
Mit süffisantem Lächeln teilte<br />
Frl. Meyer die Arbeit in Mathe aus.<br />
„So meine lieben Kin<strong>de</strong>r“, was für<br />
eine Beleidigung, dachte Bella, Kin<strong>de</strong>r zu uns<br />
zu sagen. Nicht nur Bella, son<strong>de</strong>rn auch die<br />
an<strong>de</strong>ren, b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>rs die Mädchen fühlten sich<br />
schon fast <strong>als</strong> Erwachsene. Immer wenn die<br />
47
Ziege die Klasse ärgern wollte re<strong>de</strong>te sie sie<br />
mit: Meine lieben Kin<strong>de</strong>r an.<br />
kommen.<br />
Aber <strong>es</strong> sollte noch dicker<br />
„Ich habe ja schon am Donnerstag<br />
darauf hingewi<strong>es</strong>en, <strong>das</strong>s wir heute eine<br />
wichtige Klassenarbeit schreiben. Wie wichtig<br />
di<strong>es</strong>e ist, habe ich ganz verg<strong>es</strong>sen zu sagen.<br />
Hä— hä- hä ... Großzügig wie ich bin sage ich<br />
<strong>es</strong> euch jetzt.“, ihre Stimme triefte vor<br />
Sarkasmus.<br />
„Ihr habt für die Arbeit drei<br />
Stun<strong>de</strong>n Zeit. Mein Kollege, <strong>de</strong>r Herr Direktor,<br />
hat seine Deutschstun<strong>de</strong> an mich abgetreten,<br />
so <strong>das</strong>s wir viel Zeit haben. Ihr habt<br />
sicher bemerkt, <strong>das</strong>s ihr eine umfangreiche<br />
Arbeit vor euch liegen habt, <strong>als</strong>o strengt<br />
euch an , <strong>de</strong>nn die Note di<strong>es</strong>er Klausur legt<br />
die di<strong>es</strong>jährige Mathematiknote f<strong>es</strong>t“, dabei<br />
glotzte sie speziell Bella wie ein Glubschaugengeier<br />
an.<br />
Drei Stun<strong>de</strong>n Mathearbeit! Die<br />
Schüler <strong>de</strong>r Klasse 5e fielen wie eine ang<strong>es</strong>tochene<br />
Puffpastete in sich zusammen. Nur <strong>de</strong>r<br />
Klassenprimus, Nigel die Bohnenstange, saß<br />
kerzengera<strong>de</strong> auf seinem Platz und guckte triumphierend<br />
in die Run<strong>de</strong>.<br />
Nur <strong>de</strong>r Klassenprimus??? Nein!!!<br />
Eine guckte noch triumphieren<strong>de</strong>r. Wer?<br />
Natürlich die Bella.<br />
Na di<strong>es</strong>e Ziege wür<strong>de</strong> Augen machen.<br />
48
„Und <strong>das</strong>s mir keiner abschreibt!“,<br />
nörgelte sie weiter „ich passe ganz genau<br />
auf. Wer spickt bekommt eine sechs, da <strong>gibt</strong>’s<br />
gar nichts!“.<br />
Sie glotzte mit ihren Glubschaugen<br />
wie ein Walduhu.<br />
Und Bella legte los.<br />
Die Zusammenarbeit mit Baiti klappte<br />
ta<strong>de</strong>llos.<br />
Sie flüsterte ganz leise, so leise,<br />
<strong>das</strong>s sie sich selbst nicht hören konnte und<br />
sofort kam von Baiti die Lösung.<br />
sagenhaft!<br />
Aufgabe für Aufgabe, Baiti war<br />
Ohne die Hilfe von Baiti hätte<br />
Bella schon die Krise bekommen. Sie hätte<br />
genauso gut ein Blatt in chin<strong>es</strong>isch vor sich<br />
liegen haben gekonnt, sie verstand nur Bahnhof.<br />
Aber mit Hilfe von Baiti lief <strong>es</strong><br />
wie am Schnürchen.<br />
Sie schrieb und rechnete wie ein<br />
Weltmeister.<br />
So flott hatte sie noch nie gerechnet. Aus<br />
<strong>de</strong>n Augenwinkeln bemerkte sie die näherkommen<strong>de</strong><br />
Lehrerin, die misstrauisch auf ihr<br />
Blatt schielte.<br />
Davon ließ sich Bella aber nicht<br />
im geringsten stören. Alle zwölf Aufgaben<br />
gelöst! Da waren vielleicht Hämmer dabei!<br />
Sieg<strong>es</strong>gewiss wollte sie schon ihre Blätter<br />
49
hochheben, <strong>als</strong> sie verdutzt merkte, <strong>das</strong>s erst<br />
eine halbe Stun<strong>de</strong> vorbei war.<br />
Wenn sie ihre Arbeit jetzt schon<br />
abgab, gab <strong>es</strong> ganz sicher einen Ri<strong>es</strong>enärger.<br />
Also versuchte sie genau wie die an<strong>de</strong>ren<br />
auszusehen. Sie steckte <strong>de</strong>n Kuli in <strong>de</strong>n Mund<br />
und kaute verbissen darauf herum. In <strong>de</strong>r<br />
g<strong>es</strong>amten Schule hatten die Schüler von<br />
Fräulein Meyer <strong>de</strong>n größten Kuliverschleiß und<br />
darauf war di<strong>es</strong>e Tante auch noch stolz.<br />
i<strong>de</strong>e.<br />
Plötzlich kam ihr eine Spitzen-<br />
Auf <strong>de</strong>n ausgegebenen Aufgabeblättern<br />
befand sich am En<strong>de</strong>, nach <strong>de</strong>r zwölften<br />
Rechenaufgabe, eine Rubrik mit <strong>de</strong>r Bezeichnung:<br />
„Bemerkungen“.<br />
Da Bella unzweifelhaft eine gebil<strong>de</strong>te,<br />
geniale Schülerin ist, <strong>das</strong> wagt niemand<br />
anzuzweifeln, wenn man mal von ihrer<br />
seltsamen Lehrerin absieht, kennt sie natürlich<br />
alle Asterix-Bän<strong>de</strong> auswendig.<br />
Bemerkungen:<br />
Und so schrieb sie unter<br />
„VENI,VIDI,VICI!”.<br />
Was für <strong>de</strong>n Doofkopp Julius<br />
Cäsar gegolten hatte, <strong>das</strong> gilt für sie ja<br />
allemal.<br />
Und bei ihr gab <strong>es</strong> kein klein<strong>es</strong><br />
gallisch<strong>es</strong> Dorf <strong>das</strong> nicht aufhörte <strong>de</strong>n Eindringlingen<br />
Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten.<br />
50
Für Bella gilt, und <strong>das</strong> ohne<br />
Einschränkungen, na ja Baiti spielte auch<br />
eine kleine Rolle, „veni-vidi-vici“.<br />
Bella kam, sah und siegte.<br />
Als sie sich <strong>das</strong> G<strong>es</strong>icht ihrer Lehrerin<br />
bildlich vorstellte, während die ihre Arbeit<br />
korrigierte, musste Bella laut auflachen.<br />
„WAS?“ Fräulein Meyer, die<br />
gera<strong>de</strong> am an<strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> d<strong>es</strong> Zimmers stand und<br />
<strong>zum</strong> Fenster hinaussah, fuhr herum wie von <strong>de</strong>r<br />
Tarantel g<strong>es</strong>tochen.<br />
Fuchsteufelswild galoppierte sie<br />
auf Bella zu.<br />
Die Klasse hielt <strong>de</strong>n Atem an.<br />
„BELLA!<br />
Natürlich wie<strong>de</strong>r du.<br />
Noch einmal solch eine unflätige<br />
Bemerkung und du gibst sofort <strong>de</strong>ine Klassenarbeit<br />
ab. Dann ist dir für di<strong>es</strong><strong>es</strong> Jahr<br />
eine sechs in Mathematik sicher. Viel b<strong>es</strong>ser<br />
wird sie ja sowi<strong>es</strong>o nicht, hä, hä.“<br />
„Bitte sehr Fräulein Lehrerin.“<br />
Bella hielt Fräulein Meyer ihre<br />
Klassenarbeit gelassen unter ihren Zinken.<br />
„Nein noch nicht, du darfst ausnahmsweise<br />
noch weiterrechnen“<br />
„Ich will aber nicht!“<br />
Bella pinkelte sich fast in die<br />
Hose vor Lachen.<br />
51
„Ich bin fertig“<br />
Sie schnappte sich ihre Büchertasche,<br />
stand auf und ging zur Türe.<br />
Kurz bevor sie <strong>de</strong>n Klassenraum<br />
verließ schaute sie sich noch einmal um und<br />
musste grinsen.<br />
Fräulein Meyer stand immer noch vor Bellas<br />
Platz, ihre Klassenarbeit in <strong>de</strong>r Hand, die<br />
sie anglotzte wie <strong>das</strong> Kaninchen die Schlange.<br />
Vergnügt schlen<strong>de</strong>rte sie <strong>zum</strong><br />
Physikraum, legte ihre Tasche auf ihren Platz<br />
und begann genüsslich an ihrem Pausenlolli zu<br />
lutschen.<br />
Jetzt hatte sie noch eine ganze<br />
Stun<strong>de</strong> Zeit bis <strong>de</strong>r nächste Unterricht losging.<br />
Im Gegensatz zu Fräulein Meyers Unterricht<br />
freute sie sich aber darauf, <strong>de</strong>nn dann<br />
kam ihr aller Lieblingslehrer Jochen. Der<br />
schrieb heute zwar auch eine Klausur, aber da<br />
musste ihr Baiti nicht helfen, <strong>das</strong> lief ganz<br />
locker.<br />
Nach und nach kamen ihre Lei<strong>de</strong>nsgefährten<br />
ang<strong>es</strong>chlichen, <strong>als</strong> hätten sie<br />
einen fünfzig Kilo Rucksack auf <strong>de</strong>m Buckel.<br />
„So eine Scheißarbeit! di<strong>es</strong>e blö<strong>de</strong><br />
Kuh! B<strong>es</strong>cheuerte Tante! Di<strong>es</strong><strong>es</strong> A........! So<br />
ein verfluchter Scheiß!“<br />
Das waren noch die harmlos<strong>es</strong>ten<br />
Bemerkungen. Selbst Anna war am Bo<strong>de</strong>n zerstört.<br />
52
„Sag mal Bella“, wie ist <strong>es</strong> <strong>de</strong>nn<br />
bei dir gelaufen?“<br />
„Och ganz gut“, Bella hatte ein<br />
total schlecht<strong>es</strong> Gewissen, <strong>das</strong>s sie ihre<br />
b<strong>es</strong>te Freundin anlügen musste, aber da war<br />
wohl nichts zu machen.<br />
„Das freut mich für dich“ bemerkte<br />
Anna nie<strong>de</strong>rg<strong>es</strong>chlagen.<br />
„Kopf hoch Anna, dafür habe ich<br />
später für alle eine Ri<strong>es</strong>enüberraschung.“<br />
„Was für eine Überraschung? Sag<br />
doch, hat <strong>das</strong> was mit <strong>de</strong>inem Geburtstag zu<br />
tun? Sag doch, sag doch!“<br />
neugierig.<br />
Anna war wie immer furchtbar<br />
„Na, na Annalein, nur nicht so<br />
neugierig sein. eine Überraschung die verraten<br />
wird ist doch keine Überraschung mehr.“<br />
Ihre Unterhaltung wur<strong>de</strong> durch <strong>das</strong><br />
Eintreten ihr<strong>es</strong> Lehrers unterbrochen.<br />
„Hallo zusammen! Ihr seht ja aus<br />
<strong>als</strong> hätte <strong>es</strong> euch <strong>de</strong>n Nachttopf, o<strong>de</strong>r heißt<br />
<strong>es</strong> Suppe , verhagelt. Ha ha, ist ja auch<br />
scheißegal!“<br />
Jochen versprühte eine gera<strong>de</strong>zu unanständig<br />
gute Laune.<br />
Bäääh, machten alle auf Kommando<br />
und streckten Jochen die Zunge raus.<br />
„Ihr habt aber schöne Zungen und so<br />
schön rot“, er kriegte sich nicht mehr ein<br />
vor Lachen.<br />
53
„So. Spaß beiseite. Jetzt geht <strong>de</strong>r<br />
Ernst d<strong>es</strong> Lebens weiter. Da ihr ja so gut im<br />
Training seid, schreiben wir gleich eine<br />
schöne Klassenarbeit. Nach <strong>de</strong>r leichten Übung<br />
bei meiner Kollegin Meyer, wollen wir <strong>de</strong>n<br />
Schwierigkeitsgrad mal ein bisschen steigern.“<br />
Jochen guckte grimmig und verbissen<br />
in die Run<strong>de</strong>.<br />
„Damit <strong>es</strong> nicht zu einfach wird,<br />
habe ich noch eine schöne Berechnung angehängt.<br />
Das reicht dann aber auch für di<strong>es</strong><strong>es</strong><br />
Schuljahr, <strong>als</strong>o haltet euch ran.“<br />
Er knallte ihnen die Aufgabenblätter<br />
auf die Tische und setzte sich an<br />
seinen Lehrertisch.<br />
Das sollte doch <strong>de</strong>r Teufel holen!<br />
Fing <strong>de</strong>nn Jochen auch plötzlich an zu spinnen?<br />
Die ganze Klasse guckte nie<strong>de</strong>rg<strong>es</strong>chmettert<br />
auf ihren Lehrer, <strong>de</strong>r seelenruhig<br />
an einem Brötchen knabberte.<br />
„Ach da fällt mir ja ein“, sagte er<br />
grinsend, „ich habe ja einen wichtigen<br />
Termin, habe ich doch glatt verg<strong>es</strong>sen! Meine<br />
lieben Kin<strong>de</strong>rlein, ich lasse euch jetzt genau<br />
fünfundzwanzig Minuten alleine und erwarte<br />
natürlich, <strong>das</strong>s niemand abschreibt.<br />
Und <strong>das</strong>s mir ja keiner auf meinem<br />
Tisch die Lösungen anschaut. Hier die hier,<br />
die auf <strong>de</strong>m Stapel liegen“.<br />
54
Er klopfte mit seinem rechten Zeigefinger<br />
auf einen Papierstapel, <strong>de</strong>r vor ihm<br />
lag.<br />
Nach<strong>de</strong>m di<strong>es</strong>en Wink mit <strong>de</strong>m<br />
Zaunpfahl auch <strong>de</strong>r begriffsstutzigste Junge<br />
kapiert hatte, verließ Jochen <strong>de</strong>n Klassenraum<br />
um nach genau fünfundzwanzig Minuten wie<strong>de</strong>r<br />
aufzutauchen.<br />
In <strong>de</strong>r Zwischenzeit hatte sich im<br />
Klassenraum eine hektische Betriebsamkeit<br />
entfaltet. Es ging zu wie in einem Taubenschlag.<br />
Der Direktor <strong>de</strong>r Schule, ein richtiger<br />
Kotzbrocken, hätte seine wahre Freu<strong>de</strong><br />
an di<strong>es</strong>em Arbeitseifer gehabt.<br />
Natürlich nur, wenn er nicht <strong>de</strong>n<br />
Grund für di<strong>es</strong>e Hektik gekannt hätte.<br />
Als Jochen verstohlen die Türe<br />
öffnete sah er alle seine Mädchen und Jungen<br />
brav an ihren Tischen sitzen, total vertieft<br />
in ihre Klausuren. An solch einem Beispiel<br />
von Strebsamkeit hätte je<strong>de</strong>r Lehrer seine<br />
wahre Freu<strong>de</strong> gehabt.<br />
Pünktlich gaben sie die Arbeiten ab<br />
und verließen ruhig und zufrie<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Physikraum.<br />
Der Direktor, <strong>de</strong>r in di<strong>es</strong>em Moment am<br />
Klassenzimmer vorbeilatschte war wie<strong>de</strong>r einmal<br />
überrascht über die vorbildliche Disziplin<br />
die sein Kollege <strong>de</strong>n Schülern beigebracht<br />
hatte.<br />
Das wür<strong>de</strong> er sich für die nächste<br />
Lehrerb<strong>es</strong>prechung vormerken. Die an<strong>de</strong>ren<br />
55
Pädagogen sollten sich an Jochen ein Beispiel<br />
nehmen.<br />
Die armen g<strong>es</strong>tr<strong>es</strong>sten Schülerinnen<br />
und Schüler, eben noch ein Vorbild an Folgsamkeit<br />
verwan<strong>de</strong>lten sich, natürlich erst<br />
nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Direktor außer Sicht war, in<br />
einen Haufen wild gewor<strong>de</strong>ner Truthähne.<br />
Wie eine Flutwelle bran<strong>de</strong>ten sie<br />
durch <strong>de</strong>n Flur <strong>zum</strong> Schulhof.<br />
Und dort wartete die größte<br />
Überraschung d<strong>es</strong> Jahr<strong>es</strong> auf die gequälten<br />
Jugendlichen.<br />
Auf <strong>de</strong>m Parkplatz vor <strong>de</strong>m<br />
Schulgebäu<strong>de</strong>, auf <strong>de</strong>m normalerweise die<br />
Würstchenbu<strong>de</strong> steht, hatten sie heute einen<br />
Pavillon aufgebaut.<br />
Ein VIP-Pavillon wie er oft auf<br />
M<strong>es</strong>sen zu sehen ist. Mit Host<strong>es</strong>sen, einer<br />
ri<strong>es</strong>igen Esstheke, einer umfangreichen Bar<br />
mit allem was <strong>das</strong> Schülerherz begehrt und auf<br />
<strong>de</strong>r Zeltspitze prangte ein groß<strong>es</strong>, mit Gold<br />
umran<strong>de</strong>t<strong>es</strong> Transparent.<br />
Darauf stand:<br />
Bellas Geburtstagsfeier<br />
VERBOTEN!!!!<br />
Für Lehrer und Lehrerinnen<br />
Da waren alle baff!<br />
56
Aber nach<strong>de</strong>m sie g<strong>es</strong>chnallt hatten<br />
was <strong>das</strong> be<strong>de</strong>utet, gab <strong>es</strong> kein halten mehr.<br />
Die Host<strong>es</strong>sen und Kellner die<br />
eigentlich nur seriöse und g<strong>es</strong>ittete, meist<br />
halbtote Unternehmer gewöhnt waren, wur<strong>de</strong>n<br />
krei<strong>de</strong>bleich.<br />
Nur <strong>das</strong> schon im Mietpreis enthaltene<br />
Trinkgeld, ließ sie ausharren und <strong>de</strong>m<br />
kommen<strong>de</strong>n tod<strong>es</strong>mutig entgegensehen.<br />
*<br />
Wie ein einsamer Fels im Meer,<br />
umbran<strong>de</strong>t von tosen<strong>de</strong>n und gichten<strong>de</strong>n Wellen,<br />
stand <strong>de</strong>r Pavillon und trotzte <strong>de</strong>r Menschenbrandung.<br />
Und mitten drin stand eine über alle<br />
Backen grinsen<strong>de</strong> Bella.<br />
Am Anfang stürzten sich nur Bellas<br />
Klassenkameradinnen und Klassenkamera<strong>de</strong>n auf<br />
<strong>das</strong> Schlaraffenland, aber <strong>als</strong> alle an<strong>de</strong>ren<br />
mitbekommen hatten, <strong>das</strong>s sie auch gemeint waren,<br />
gab <strong>es</strong> kein halten mehr.<br />
Die schlimmsten Befürchtungen <strong>de</strong>r<br />
Bedienungen wur<strong>de</strong>n bei weitem übertroffen.<br />
Wie ein Ru<strong>de</strong>l hungriger Wölfe überfielen<br />
sie <strong>de</strong>n Geburtstagspavillon.<br />
57
Das hatte <strong>es</strong> an <strong>de</strong>r Schule aber auch<br />
noch nie gegeben. Pippi Langstrumps Geburtstagspartys<br />
waren ein Dreck dagegen.<br />
Und während die Kin<strong>de</strong>r im Zelt mampften<br />
und soffen, natürlich nur alkoholfreie<br />
Getränke, stan<strong>de</strong>n die Pädagogen vor <strong>de</strong>m Zelt<br />
und glotzten blöd in <strong>de</strong>r Gegend rum.<br />
Auf einen Schlag wur<strong>de</strong> <strong>es</strong> totenstill<br />
im und um <strong>de</strong>n Pavillon. Der Direktor war<br />
aufgetaucht.<br />
„AUFHÖREN!!! Sofort aufhören!“<br />
Mit hochrotem Kopf, seine Wampe zitterte<br />
vor Entsetzen, schrie er erneut:<br />
„Aufhören, wer ist für di<strong>es</strong><strong>es</strong> Tohuwabohu<br />
verantwortlich?“.<br />
Betreten schwiegen die feiern<strong>de</strong>n<br />
Kin<strong>de</strong>r und wollten schon klammheimlich in die<br />
Schule zurückschleichen, <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Leiter d<strong>es</strong><br />
VIP-Pavillons, geklei<strong>de</strong>t wie ein hochherrschaftlicher<br />
Butler, ruhig und wür<strong>de</strong>voll auf<br />
ihn zuschritt.<br />
„Darf ich davon ausgehen, <strong>das</strong>s sie<br />
<strong>de</strong>r Direktor di<strong>es</strong>er Schule sind?“<br />
„Davon dürfen sie mit Sicherheit<br />
ausgehen, jetzt bewegen sie ihren Arsch und<br />
räumen sie sofort <strong>de</strong>n Dreck hier weg!“, sein<br />
Kopf wur<strong>de</strong> immer roter.<br />
Die anw<strong>es</strong>en<strong>de</strong>n Lehrer rechneten je<strong>de</strong>n<br />
Moment damit, <strong>das</strong>s ihr Chef an die nicht<br />
vorhan<strong>de</strong>ne Decke gehen wür<strong>de</strong>, schließlich<br />
kannten sie d<strong>es</strong>sen cholerische Ausbrüche nur<br />
zu gut.<br />
58
Der Leiter d<strong>es</strong> Pavillons blieb davon<br />
aber völlig unberührt.<br />
„Ich muss mich schon sehr wun<strong>de</strong>rn,<br />
was sie, <strong>als</strong> Vorbild an di<strong>es</strong>er Schule, für<br />
eine Ausdrucksweise an <strong>de</strong>n Tag legen.<br />
Darüber hinaus darf ich sie darauf aufmerksam<br />
machen, <strong>das</strong>s sich di<strong>es</strong><strong>es</strong> mobile Gebäu<strong>de</strong> nicht<br />
auf Schulgebiet befin<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn auf öffentlichem<br />
Gelän<strong>de</strong>. Außer<strong>de</strong>m.........“.<br />
„Was bil<strong>de</strong>n sie sich eigentlich ein<br />
sie.......“, fing <strong>de</strong>r Direktor an zu schreien,<br />
wur<strong>de</strong> aber sofort unterbrochen.<br />
„Sie schweigen auf <strong>de</strong>r Stelle, sie<br />
ungehobelte Person! Sie führen sich auf wie<br />
<strong>das</strong> kleinste Kind an ihrer Schule!“<br />
Wie eine Mauer ragte groß und wür<strong>de</strong>voll<br />
<strong>de</strong>r Chef d<strong>es</strong> Zeltbetrieb<strong>es</strong> vor <strong>de</strong>m<br />
Schulleiter auf.<br />
„Und jetzt hören sie einmal ganz<br />
genau und ganz ruhig zu. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> VIP-Zelt befin<strong>de</strong>t<br />
sich auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Stadt, wur<strong>de</strong><br />
vorschriftsmäßig angemel<strong>de</strong>t und bezahlt und<br />
ist somit befrie<strong>de</strong>t<strong>es</strong> B<strong>es</strong>itztum.<br />
Je<strong>de</strong> Person die di<strong>es</strong><strong>es</strong> Zelt<br />
betreten will bedarf dazu <strong>de</strong>r Genehmigung d<strong>es</strong><br />
Betreibers, o<strong>de</strong>r er wird sofort von <strong>de</strong>r<br />
Polizei entfernt und bekommt überdi<strong>es</strong> noch<br />
eine Anzeige wegen Hausfrie<strong>de</strong>nsbruch.<br />
Und wenn sie mein Herr!!!!“, er<br />
<strong>de</strong>utete mit <strong>de</strong>m Zeigefinger <strong>de</strong>r rechten Hand<br />
auf <strong>de</strong>n zweiten Hemdknopf d<strong>es</strong> Direktors, <strong>de</strong>r<br />
schon be<strong>de</strong>nkliche Auflösungsanzeichen zeigte,<br />
59
„ wenn sie mein Herr nicht in genau zehn<br />
Sekun<strong>de</strong>n di<strong>es</strong><strong>es</strong> Zelt verlassen haben, dürfen<br />
sie sich einer Anzeige gewiss sein“.<br />
Er fing an zu zählen: „Eins,<br />
zwei, drei, vier“,<br />
....bei fünf war <strong>de</strong>r Schulleiter mit<br />
glühen<strong>de</strong>r Birne aus <strong>de</strong>m Pavillon g<strong>es</strong>türmt,<br />
vorbei an verhalten feixen<strong>de</strong>n Lehrern und<br />
einer grölen<strong>de</strong>n Schülerschar.<br />
Di<strong>es</strong>e Abfuhr hatte <strong>de</strong>r selbsternannte<br />
Halbgott schon lange verdient und<br />
<strong>als</strong> dann Bella aus <strong>de</strong>m Zelt trat und auch die<br />
Lehrer zu ihrer Party einlud, herrschte eitel<br />
Freu<strong>de</strong> und Sonnenschein.<br />
Wenn <strong>es</strong> etwas umsonst <strong>gibt</strong> und<br />
dazu noch so reichlich und ausgezeichnet,<br />
kann kein Beamter wi<strong>de</strong>rstehen und so war <strong>es</strong><br />
nicht verwun<strong>de</strong>rlich, <strong>das</strong>s die g<strong>es</strong>amte Lehrerschaft,<br />
Fräulein Meyer eing<strong>es</strong>chlossen, <strong>de</strong>n<br />
Pavillon erstürmte.<br />
Die Pausenklingel, die eigentlich<br />
Lehrer und Schüler rufen sollte, wur<strong>de</strong> diskret<br />
überhört und so en<strong>de</strong>te di<strong>es</strong>er Schultag<br />
früher und feuchtfröhlicher <strong>als</strong> vorg<strong>es</strong>ehen.<br />
Ein total <strong>de</strong>moralisierter<br />
Schuldirektor saß <strong>de</strong>rweil im tiefsten Keller<br />
d<strong>es</strong> Schulgebäud<strong>es</strong> und leckte seine geistigen<br />
Wun<strong>de</strong>n.<br />
60
*<br />
Irgendwann fand sich Bella auf<br />
ihrem Fahrrad wie<strong>de</strong>r, während sie leicht<br />
benebelt nachhause ra<strong>de</strong>lte. Da muss sich wohl<br />
ein Gläschen Champagner zwischen Cola und<br />
Orangensaft g<strong>es</strong>chmuggelt haben dachte sie<br />
vergnügt und berichtete Baiti ausführlich<br />
über die gelungene Überraschung.<br />
„Baitilein, <strong>das</strong> hast du wie<strong>de</strong>r<br />
einmal spitzenmäßig g<strong>es</strong>chaukelt! Jetzt müssen<br />
wir uns nur noch eine gute Ausre<strong>de</strong> einfallen<br />
lassen, falls Daddy davon Wind bekommt.“<br />
Das war ihrem Vater aber total<br />
wurscht. Solange die Schulleitung nicht Zeter<br />
und Morido schrie weil sein Wonneproppen<br />
wie<strong>de</strong>r einmal die Schule auf <strong>de</strong>n Kopf g<strong>es</strong>tellt<br />
hatte, war er froh, <strong>das</strong>s er von Bellas<br />
Schule in Ruhe gelassen wur<strong>de</strong>.<br />
Das sollte sich aber zwei Tage<br />
später än<strong>de</strong>rn.<br />
Als Bella Mittwochfrüh am Frühstückstisch erschien<br />
guckte sie die Familie an, <strong>als</strong> wären<br />
ihr über Nacht zwei Köpfe gewachsen.<br />
Ihre bei<strong>de</strong>n Doofkoppbrü<strong>de</strong>r grinsten<br />
gehässig, wie immer wenn ein Unwetter in <strong>de</strong>r<br />
Luft lag und warteten g<strong>es</strong>pannt, mit kaum verholener<br />
Scha<strong>de</strong>nfreu<strong>de</strong>.<br />
„Was hast du <strong>de</strong>nn jetzt schon wie<strong>de</strong>r<br />
ang<strong>es</strong>tellt?“<br />
61
Ihr oberster Sklave hatte wie<strong>de</strong>r<br />
seine: „Ich-armer-leidgeprüfter-Vater-Miene“<br />
aufg<strong>es</strong>etzt.<br />
Er seufzte r<strong>es</strong>igniert. „Na gut, hör<br />
zu. Ich habe heute früh einen Anruf von <strong>de</strong>r<br />
Schule erhalten. Wenn ich Zeit habe soll ich<br />
ganz dringend und möglichst sofort mit dir<br />
<strong>zum</strong> Direktorrat kommen. Ich habe jetzt Zeit,<br />
<strong>als</strong>o lass uns mal sehen, wem du di<strong>es</strong><strong>es</strong> mal<br />
ans Schienbein getreten hast.“<br />
Also dackelten sie nach <strong>de</strong>m<br />
Frühstück los.<br />
*<br />
Im Direktorrat mussten sie noch fünf Minuten<br />
warten und dann kam Fräulein Meyer.<br />
Sie ließ Bella links liegen und<br />
wandte sich direkt an ihren Vater.<br />
„Also sie sind <strong>de</strong>r arme Vater di<strong>es</strong>er<br />
schlimmen jungen Dame?! Na sie wer<strong>de</strong>n ja<br />
genug Ärger mit ihr haben!“<br />
OH OH. Bella linste verstohlen zu<br />
ihrem Papa.<br />
So durfte man ihm aber nicht kommen, wenn man<br />
ihn auf di<strong>es</strong>e Art anmachte, musste man mit<br />
<strong>de</strong>m Schlimmsten rechnen. Noch hielt er aber<br />
sein aufbrausend<strong>es</strong> Temperament im Zaum.<br />
„Na ja,“ zeterte die Spinatwachtel<br />
weiter „aber warum ich sie hergebeten habe.<br />
62
Wir haben vor drei Tagen die Abschlussarbeit<br />
in Mathematik g<strong>es</strong>chrieben und ihre Tochter<br />
hat abg<strong>es</strong>chrieben. Dass ich ihr jetzt eine<br />
sechs in <strong>de</strong>r Jahr<strong>es</strong>abschlußnote geben muss<br />
ist j................“.<br />
„WAS!!!???“,<br />
Er unterbrach brutal <strong>das</strong> G<strong>es</strong>abbere<br />
<strong>de</strong>r Lehrerin.<br />
„Bella du hast abg<strong>es</strong>chrieben!!“, er<br />
fixierte Bella mit strengem Blick.<br />
„Nein Papa, ich habe nicht abg<strong>es</strong>chrieben!<br />
Groß<strong>es</strong> Ehrenwort!“<br />
Unerschütterlich und so offen wie<br />
möglich schaute sie ihm dabei in die Augen.<br />
Langsam drehte er sich wie<strong>de</strong>r zu<br />
Fräulein Meyer. „Wie kommen sie darauf, <strong>das</strong>s<br />
meine Tochter abg<strong>es</strong>chrieben hat? Können sie<br />
<strong>das</strong> beweisen?“<br />
„Nein, aber <strong>das</strong> ist doch offensichtlich.<br />
Bella ist ein ganz klarer fünfer Kandidat<br />
und plötzlich schreibt sie die b<strong>es</strong>te<br />
Klassenarbeit. Eine klare eins.<br />
Ich weiß noch nicht wie sie abg<strong>es</strong>chrieben<br />
hat, aber <strong>das</strong> bekomme ich schon<br />
noch heraus.“<br />
„Na mein Schatz, was hast du <strong>de</strong>nn<br />
dazu zu sagen?“, <strong>de</strong>r Vulkan war schon fast am<br />
ausbrechen, jetzt musste sie sich was passend<strong>es</strong><br />
und vor allem stichhaltig<strong>es</strong> einfallen<br />
lassen<br />
63
„Ich habe <strong>das</strong> ganze lange Wochenen<strong>de</strong><br />
fleißig gelernt. Ihr wart ja bei Tante<br />
Elisabeth, <strong>als</strong>o hatte ich die nötige Ruhe und<br />
Zeit. Ich verspreche nochm<strong>als</strong>, <strong>das</strong>s ich nicht<br />
abg<strong>es</strong>chrieben habe, auch hat mir keine Person<br />
geholfen.“<br />
Das war noch nicht einmal gelogen,<br />
schließlich ist Baiti keine Person und abg<strong>es</strong>chrieben<br />
hatte sie ja auch nicht.<br />
Ihr Vater drehte sich langsam, ganz<br />
langsam zu Bellas Lehrerin.<br />
Bella wusste ganz genau, wenn ihr<br />
Dad so ruhig wur<strong>de</strong>, war die Kacke am dampfen.<br />
„Jetzt hören sie mir mal gut zu<br />
Fräulein Meyer“, er sprach jed<strong>es</strong> Wort ganz<br />
langsam aus und betonte dabei je<strong>de</strong> einzelne<br />
Silbe.<br />
„Sie haben meine Tochter gehört und<br />
sie haben keinerlei Beweise, <strong>das</strong>s <strong>es</strong> an<strong>de</strong>rs<br />
war. Sie stellen hier einfach eine schwerwiegen<strong>de</strong><br />
B<strong>es</strong>chuldigung in <strong>de</strong>n Raum, <strong>das</strong> ist<br />
für sich alleine schon eine Unverschämtheit.“<br />
„Was soll <strong>de</strong>nn <strong>das</strong>?“, Fräulein Meyer<br />
unterbrach ihn total entrüstet, ihre Stimme<br />
war noch eine Oktave höher gerutscht <strong>als</strong><br />
sonst.<br />
„Da ich <strong>es</strong> nicht beweisen kann, muss<br />
ich <strong>das</strong> ja wohl akzeptieren, aber eine „eins“<br />
bekommt sie nicht!<br />
64
Ich gebe ihr die „vier“ die sie<br />
verdient hat und <strong>das</strong> ist schon sehr<br />
großzügig.“<br />
ze voll.<br />
zigge!“<br />
Jetzt hatte Bellas Vater die Schnau-<br />
„Hören Sie mir mal gut zu Sie Zimt-<br />
Er brachte sein G<strong>es</strong>icht ganz dicht<br />
vor die Glubschaugen von Fräulein Meyer, so<br />
<strong>das</strong>s sie angstvoll zurückzuckte.<br />
„Erst kündigen Sie großmächtig an,<br />
<strong>das</strong>s die Klassenarbeit die Jahr<strong>es</strong>note in Mathematik<br />
f<strong>es</strong>tlegt und jetzt wollen Sie Bella<br />
wegen einer blö<strong>de</strong>n und grundlosen Verdächtigung<br />
b<strong>es</strong>trafen.<br />
DAS LASSE ICH NICHT ZU!!!<br />
Die ganze Schule kennt ihre<br />
ungerechte und selbstherrliche Art. Jetzt<br />
langt’s!<br />
Wenn meine Tochter die erarbeitete<br />
Note nicht erhält, sorge ich dafür, <strong>das</strong>s Sie<br />
von <strong>de</strong>r Schule fliegen. Entwe<strong>de</strong>r Sie versprechen<br />
<strong>das</strong> auf <strong>de</strong>r Stelle, o<strong>de</strong>r wir gehen<br />
gemeinsam <strong>zum</strong> Direktor und von dort aus weiter<br />
<strong>zum</strong> Kultusminister. Der, nebenbei bemerkt,<br />
ein Golfkollege von mir ist. Also was<br />
ist los?“.<br />
Er war bei <strong>de</strong>n letzten Sätzen immer<br />
größer gewor<strong>de</strong>n und ragte wie ein Fels vor<br />
Fräulein Meyer auf, die immer stärker g<strong>es</strong>chrumpft<br />
war, je länger er gere<strong>de</strong>t hatte.<br />
65
Wie ein verängstigt<strong>es</strong> Kaninchen<br />
kauerte sie in ihrem Clubs<strong>es</strong>sel und fing zusammenhanglos<br />
an zu stottern.<br />
„I i i ich h h habe ga ga gar ni<br />
ni nichts dagegen. I ist ja ja schon gut.“<br />
„Das trifft auch dann zu wenn ich<br />
f<strong>es</strong>tstelle, <strong>das</strong>s Bella, wann auch immer, von<br />
Ihnen auch nur ansatzweise benachteiligt o<strong>de</strong>r<br />
unterdrückt wird.<br />
HABEN WIR UNS RICHTIG VERSTANDEN!“<br />
„Ja, ja ist ja schon gut. Ich habe<br />
verstan<strong>de</strong>n“, wisperte sie kleinlaut<br />
„Komm Bella wir verschwin<strong>de</strong>n!“<br />
Er schnappte seine Tochter und<br />
zusammen schwebten sie aus <strong>de</strong>m Zimmer.<br />
Zurück blieb ein Häufchen Elend,<br />
<strong>das</strong> sich von di<strong>es</strong>em Tiefschlag nie mehr<br />
richtig erholte.<br />
Bella wur<strong>de</strong> über Nacht die b<strong>es</strong>te<br />
Math<strong>es</strong>chülerin und stellte mit großem Erstaunen<br />
f<strong>es</strong>t, <strong>das</strong>s di<strong>es</strong> nicht nur auf Baitis<br />
Hilfe zurückzuführen war. Mit seiner Hilfe<br />
verstand sie die Matheaufgaben immer b<strong>es</strong>ser,<br />
bis sie seine Unterstützung überhaupt nicht<br />
mehr benötigte und selbst die schwersten Aufgaben<br />
mit links lösen konnte.<br />
team.<br />
Bella und Baiti wur<strong>de</strong>n ein Spitzen-<br />
66
*<br />
Ihr Vater hatte schon lange<br />
verg<strong>es</strong>sen, <strong>das</strong>s <strong>es</strong> Baiti überhaupt gab.<br />
Baiti war ein Prototyp und blieb auch <strong>de</strong>r<br />
einzige. Die Entwicklungen auf di<strong>es</strong>em Gebiet<br />
wur<strong>de</strong>n aufgegeben und so b<strong>es</strong>aß Bella <strong>de</strong>n<br />
einzigen intelligenten Computer auf <strong>de</strong>r ganzen<br />
Welt und wenn <strong>es</strong> nach Bella ging, blieb<br />
di<strong>es</strong> auch für immer so.<br />
Und ein<strong>es</strong> Nachts ent<strong>de</strong>ckte sie bei Baiti<br />
überraschen<strong>de</strong>, nie gekannte Eigenschaften,<br />
die für Bella völlig neue, unendliche und<br />
fantastische Welten eröffneten.<br />
67
drei<br />
Wie je<strong>de</strong>n Abend lag sie im Bett<br />
und unterhielt sich mit Baiti über all<strong>es</strong><br />
Mögliche und Unmögliche.<br />
Bellas Lieblingsthema war neben<br />
<strong>de</strong>r Zeit <strong>de</strong>r Ritter und Zauberer vor allem<br />
<strong>de</strong>r Weltraum.<br />
Nicht ohne Grund hieß Bella mit<br />
vollem Vornamen Bellatrix, was <strong>de</strong>r Name ein<strong>es</strong><br />
fernen Stern<strong>es</strong> ist, d<strong>es</strong>sen Daten sie natürlich<br />
alle auswendig kannte.<br />
So ist <strong>de</strong>r Stern Bellatrix <strong>de</strong>r<br />
zweithellste Stern im Sternbild d<strong>es</strong> Orion,<br />
oben am rechten Rand d<strong>es</strong> wie eine Eieruhr<br />
aussehen<strong>de</strong>n Sternbild<strong>es</strong>.<br />
Und genau di<strong>es</strong>e ferne Eieruhr betrachtete<br />
sie an di<strong>es</strong>em Abend sehnsüchtig und<br />
seufzte entsagungsvoll während Baiti die<br />
G<strong>es</strong>chichte d<strong>es</strong> fahren<strong>de</strong>n, o<strong>de</strong>r b<strong>es</strong>ser reiten-<br />
68
<strong>de</strong>n Ritters Kuno und seinem tapferen Pferd<br />
Hottehüh erzählte.<br />
Baiti hörte sofort auf zu erzählen,<br />
da er genau spürte, <strong>das</strong>s seine Freundin nicht<br />
zuhörte und offensichtlich etwas auf <strong>de</strong>m<br />
Herzen hatte.<br />
„Na mein Bellaschatz, hast du<br />
irgendwelche Probleme? Komm, erzähl mal.<br />
Vielleicht kann ich dir helfen!“<br />
„Du bist zwar perfekt mein Kleiner,<br />
aber meine Träume zu erfüllen.......seufz-...-seufz-.......<strong>das</strong><br />
liegt jenseits<br />
<strong>de</strong>iner Möglichkeiten.“<br />
„Aber aber meine Trauern<strong>de</strong>, erzähl<br />
doch einfach mal was los ist.“<br />
„Was gäbe ich nicht all<strong>es</strong> dafür,<br />
einmal frem<strong>de</strong> Sterne zu b<strong>es</strong>uchen, neue,<br />
unbekannte Planeten zu ent<strong>de</strong>cken und die<br />
coolsten Abenteuer zu erleben –seufz-.“<br />
„Du willst Abenteuer erleben? Kein<br />
Problem. Mach einfach <strong>de</strong>ine Augen zu und<br />
entspanne dich.“<br />
Baiti summte leise, Bellas Augenli<strong>de</strong>r<br />
wur<strong>de</strong>n immer schwerer und plötzlich saß<br />
*<br />
69
sie vor <strong>de</strong>r Steuerkonsole ihr<strong>es</strong> Scoutschiff<strong>es</strong><br />
Explorer 1.<br />
Raggaerhythmen schwirrten durch <strong>de</strong>n<br />
Steuerraum und über <strong>de</strong>r Steuerkonsole schwebte<br />
<strong>das</strong> dreidimensionale Abbild ihr<strong>es</strong> Chefs<br />
Solaradmiral Wartburg. Seine Stimme klang<br />
belustigt und leicht ironisch, während er<br />
seinen b<strong>es</strong>ten Weltraumscout versonnen betrachtete.<br />
„Oh—oh—entschuldige, ich habe dich<br />
überhaupt nicht bemerkt“, stotterte ich. Ich<br />
war noch total benommen, eben habe ich noch<br />
im Bett gelegen und mich mit Baiti unterhalten<br />
und jetzt bin ich hier..........<br />
ja wo bin ich <strong>de</strong>nn eigentlich?<br />
Wie eine Flutwelle überwältigten<br />
mich die Erinnerungen. Ich war ....na klar,<br />
ich war...o<strong>de</strong>r doch nicht?<br />
Claro!!<br />
Dass ich mich in meinem Raumschiff<br />
befand hatte ich gleich gecheckt und<br />
ich war....bin Bellatrix <strong>de</strong> Gran<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r b<strong>es</strong>te,<br />
schönste und fitt<strong>es</strong>te Weltraumscout <strong>de</strong>r<br />
ganzen Galaxis.<br />
Und <strong>de</strong>r Typ, <strong>de</strong>r mir dreidimensional<br />
auf <strong>de</strong>n Scheitel linste, war, mein<br />
b<strong>es</strong>ter Freund und Patenonkel und gleichzeitig<br />
auch <strong>de</strong>r Chef <strong>de</strong>r Weltraumbehör<strong>de</strong> und <strong>als</strong><br />
Solaradmiral somit <strong>de</strong>r Verantwortliche für<br />
alle außerplanetarischen Angelegenheiten.<br />
Zu seinem Aufgabengebiet gehörte<br />
auch die Überwachung aller noch so fernen<br />
70
Planeten in allen bekannten und von Menschen<br />
b<strong>es</strong>ie<strong>de</strong>lten Galaxien.<br />
Und wir, die Weltraumscouts, sind<br />
sein verlängerter Arm.<br />
Wir haben die absolute Macht und<br />
auch die Möglichkeiten Terra nach außen zu<br />
repräsentieren und Konflikte auf je<strong>de</strong>r nur<br />
er<strong>de</strong>nklichen Art und Weise zu lösen, wenn<br />
nötig auch mit Gewalt. Dafür steht uns ein<br />
Raumschiff zur Verfügung, <strong>das</strong> mit <strong>de</strong>r<br />
schärfsten Technik <strong>de</strong>r Galaxis ausgerüstet<br />
ist.<br />
Dazu gehören natürlich auch die<br />
mo<strong>de</strong>rnsten Waffen und <strong>de</strong>r allermo<strong>de</strong>rnste<br />
Megacomputer <strong>de</strong>n unser Planet zu bieten hat.<br />
Und doch war mein Scoutschiff nur so<br />
groß wie ein Omnibus d<strong>es</strong> zwanzigsten Jahrhun<strong>de</strong>rts.<br />
Dass wir Scouts die fitt<strong>es</strong>ten Typen<br />
sind habe ich ja schon bemerkt. schließlich<br />
kommen auf einen Weltraumscout eine Million<br />
Bewerber.<br />
Alle di<strong>es</strong>e Einzelheiten waren mir in<br />
Nanosekun<strong>de</strong>n durch die Gehirnwindungen<br />
geflitzt.<br />
„Also Solaradmiral, was <strong>gibt</strong>’s?”, ich<br />
war mir nicht sicher, wie lange ich mit offenen<br />
Augen geträumt hatte.<br />
Aber <strong>es</strong> schien noch in <strong>de</strong>r Toleranzgrenze<br />
zu liegen, <strong>de</strong>nn Onkel Albert, wie ich<br />
Solaradmiral Wartburg privat nannte, kam<br />
gleich zur Sache.<br />
71
„Bella , sofort zur Einsatzbasis kommen.<br />
Einsatzb<strong>es</strong>prechung fin<strong>de</strong>t 1/10/1500/75<br />
NZ statt.“<br />
Das hieß in Umgangssprache: Am 1.Oktober<br />
um 3 Uhr am Nachmittag d<strong>es</strong> Jahr<strong>es</strong> 75 Neue<br />
Zeitrechnung.<br />
Für Scouts waren Zahlenkolonnen mit<br />
200 Ziffern kein Problem und im Notfall hatten<br />
wir ja noch unsere Computer.<br />
„Ai ai Sir“, schrie ich in <strong>das</strong><br />
Holobild und los ging’s.<br />
Vor fünfzig Jahren hatte man mitten<br />
in <strong>de</strong>r Antarktis ein ausge<strong>de</strong>hnt<strong>es</strong> Gebiet<br />
plattgemacht und einen ri<strong>es</strong>igen Weltraumbahnhof<br />
errichtet, in <strong>de</strong>n die Stadt New York<br />
zweimal reingepasst hätte und dorthin musste<br />
ich.<br />
Mit absoluter Priorität raste ich,<br />
während alle an<strong>de</strong>ren Flüge umgeleitet wur<strong>de</strong>n,<br />
auf Utopia zu, um kurz vor <strong>de</strong>m Scoutkomplex<br />
mit brutalem Einsatz d<strong>es</strong> Antigravgenerators<br />
meine G<strong>es</strong>chwindigkeit von 200 km/sec auf 0<br />
abzubremsen.<br />
*<br />
72
Leicht wie eine Fe<strong>de</strong>r setzte ich<br />
genau auf <strong>de</strong>m Zielkreuz auf und während <strong>de</strong>r<br />
Bordcomputer noch die Maschinen abschaltete<br />
hatte ich mich schon in die Einsatzzentrale<br />
gebeamt.<br />
Cool trat ich aus <strong>de</strong>m Teleporterfeld<br />
d<strong>es</strong> Tranmitters, legte die rechte Hand<br />
aufs Herz und schmetterte:<br />
„Scout Bella <strong>zum</strong> Einsatz bereit!“.<br />
Der universelle Gruß wur<strong>de</strong> von allen<br />
Anw<strong>es</strong>en<strong>de</strong>n mit Wür<strong>de</strong> erwi<strong>de</strong>rt und schon<br />
ging’s zur Sache.<br />
Neben Onkel Albert waren noch drei<br />
hohe Offiziere <strong>de</strong>r Solarregierung im Raum<br />
und, ich glaubte meinen Augen nicht zu<br />
trauen, <strong>de</strong>r Weltpräsi<strong>de</strong>nt persönlich.<br />
Also schluckte ich die schnoddrige<br />
Bemerkung die ich schon auf <strong>de</strong>r Zunge hatte<br />
wie<strong>de</strong>r hinunter und war voll die Aufmerksamkeit.<br />
„Scout Bella“, begann ein „Einsternegeneral“,<br />
die Militärtypen kann ich auf <strong>de</strong>n<br />
Tod nicht ausstehen, die find ich <strong>zum</strong> kotzen,<br />
aber na ja..... <strong>als</strong>o <strong>de</strong>r Typ fing an zu<br />
sabbern:<br />
„Scout Bella, wir haben ein sehr<br />
ernst<strong>es</strong> Problem im Sektor Orion. Sämtliche<br />
b<strong>es</strong>ie<strong>de</strong>lten Planeten <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Überri<strong>es</strong>en<br />
Beteigeuze und Bellatrix mel<strong>de</strong>n sich nicht<br />
mehr. Wir haben schon zwei an<strong>de</strong>re Scouts in<br />
die Region g<strong>es</strong>chickt.<br />
73
Die Rückmeldung hätte schon vor vier<br />
Tagen erfolgen gemusst. Da <strong>es</strong> bei Scouts nie<br />
Verzögerungen <strong>gibt</strong>, rechnen wir mit <strong>de</strong>m<br />
Schlimmsten.<br />
Bevor wir einen Kampfverband entsen<strong>de</strong>n<br />
schicken wir, <strong>als</strong> letzten Versuch,<br />
unseren b<strong>es</strong>ten Mann.....<br />
..hust....hust...,äh..ich meine natürlich<br />
unsere b<strong>es</strong>te Frau.....äh...äh...<br />
Bevor die ganze Szene zu peinlich<br />
wur<strong>de</strong> riss <strong>de</strong>r Admiral <strong>das</strong> Wort an sich.<br />
„Ich schicke dich nur sehr ungern <strong>zum</strong><br />
Orion, aber Familienban<strong>de</strong> hin, Familienban<strong>de</strong><br />
her, du bist nun mal unsere B<strong>es</strong>te, <strong>als</strong>o Scout<br />
Bella:<br />
Solaradmiral Wartburg erhob sich maj<strong>es</strong>tätisch<br />
von seinem Schweb<strong>es</strong><strong>es</strong>sel, „du bekommst<br />
<strong>de</strong>n Auftrag auf <strong>de</strong>m schnellsten Weg<br />
ins Orionsystem zu fliegen, um die Lage f<strong>es</strong>tzustellen<br />
und dabei wird kein, ich wie<strong>de</strong>rhole:<br />
kein unnötig<strong>es</strong> Risiko eingegangen, dann<br />
sofort zurück zur Berichterstattung!<br />
Selbstverständlich hast du wie immer<br />
völlig freie Hand.<br />
Wenn du in genau vierzehn Tagen von<br />
jetzt an“, er schnippte mit <strong>de</strong>n Fingern und<br />
die holografische Countdownanzeige, die über<br />
<strong>de</strong>m schweren antiken Eichentisch schwebte,<br />
sprang auf 1209600.<br />
Sofort startete <strong>de</strong>r Countdown und<br />
schluckte die große Zahl, Sekun<strong>de</strong> um Sekun<strong>de</strong>.<br />
74
„Bei „0“ startet Admiral Plattmacher<br />
mit einer Eingreifflotte, du weißt was<br />
<strong>das</strong> be<strong>de</strong>utet!“<br />
Ich wusste nur zu gut, was <strong>das</strong> be<strong>de</strong>utet.<br />
Wenn Admiral Plattmacher losschlug,<br />
konnten ganze Planetensysteme zerstört wer<strong>de</strong>n.<br />
Der Name Plattmacher passte sehr gut<br />
zu di<strong>es</strong>em unsympathischen Scheißer, Leichengräber<br />
hätte noch b<strong>es</strong>ser gepasst.<br />
Also wusste ich, da draußen war die<br />
Kacke am dampfen.<br />
Ich machte auf <strong>de</strong>m Absatz kehrt und<br />
sprang mit einem Satz auf <strong>das</strong> Teleporterfeld.<br />
Kurz zuvor hatte <strong>de</strong>r Weltpräsi<strong>de</strong>nt <strong>es</strong> sich<br />
nicht nehmen lassen mir persönlich Glück und<br />
Erfolg zu wünschen.<br />
„Scout Bella, die Hoffnung <strong>de</strong>r<br />
ganzen Er<strong>de</strong> ruht auf dir. Ich persönlich<br />
wer<strong>de</strong> dir ewig dankbar sein, wenn du erfolgreich<br />
zurückkehrst“,----- und wenn du auf <strong>de</strong>r<br />
Strecke bleibst ist <strong>das</strong> nur <strong>zum</strong> Wohle d<strong>es</strong><br />
Volk<strong>es</strong> .......blah ...blah ...., fügte ich in<br />
Gedanken hinzu.<br />
Laut aber antwortete ich ganz brav:<br />
„Danke Präsi<strong>de</strong>nt, du kannst dich voll und<br />
ganz auf mich verlassen“.<br />
*<br />
75
Bellas Körper wur<strong>de</strong> in Sekun<strong>de</strong>nbruchteilen<br />
aufgelöst um im Empfänger d<strong>es</strong><br />
Scoutschiffs vollständig wie<strong>de</strong>r zusammeng<strong>es</strong>etzt<br />
zu wer<strong>de</strong>n; Atom auf Atom, Molekül auf<br />
Molekül.<br />
Es blieb ihr gera<strong>de</strong> noch Zeit in <strong>de</strong>n<br />
Pilotens<strong>es</strong>sel zu hechten, <strong>als</strong> <strong>das</strong> Raumschiff<br />
schon in <strong>de</strong>n grauen Winterhimmel donnerte.<br />
*<br />
So ein alter Knacker mit Namen<br />
Einstein hatte früher mal behauptet, <strong>das</strong>s die<br />
Lichtg<strong>es</strong>chwindigkeit <strong>das</strong> Schnellste ist <strong>das</strong><br />
<strong>es</strong> <strong>gibt</strong> und die armen Schüler mussten di<strong>es</strong>en<br />
Unsinn auch noch büffeln bis <strong>zum</strong> Umfallen.<br />
Heute war <strong>de</strong>r ganze Scheiß schon<br />
auf <strong>de</strong>n Müll geworfen wor<strong>de</strong>n und Bella war<br />
mit ihrem Schiff dafür <strong>de</strong>r b<strong>es</strong>te Beweis.<br />
Nach zehn Minuten hatte ihr<br />
Raumschiff <strong>de</strong>n äußersten Planeten mit fast<br />
Lichtg<strong>es</strong>chwindigkeit passiert, <strong>de</strong>r Computer<br />
hatte währendd<strong>es</strong>sen schon die Sprungkoordinaten<br />
für <strong>de</strong>n Hypersprung berechnet und ab<br />
ging’s in <strong>de</strong>n Hyperraum.<br />
*<br />
76
Der Orion ist von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> aus zwar<br />
<strong>als</strong> ein zusammen gehörend<strong>es</strong> Sternbild zu erkennen.<br />
In Wirklichkeit aber stehen die einzelnen<br />
Sterne viele Lichtjahre weit auseinan<strong>de</strong>r.<br />
Bellatrix ist von Beteigeuze, <strong>de</strong>m<br />
hellsten Stern fast zwanzig Lichjahre entfernt,<br />
aber da Bellatrix ja mein Namensstern<br />
ist, suchte ich ihn mir <strong>als</strong> erst<strong>es</strong> Zielgebiet<br />
aus.<br />
Den Computer hatte ich angewi<strong>es</strong>en<br />
die 250 Lichtjahre zu Bellatrix in einem<br />
Sprung zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Ebenso wie <strong>das</strong> Beamen von einem<br />
Transmitter zu einem an<strong>de</strong>ren geht <strong>das</strong> Teleportieren<br />
durch <strong>de</strong>n Hyperraum in Sekun<strong>de</strong>nbruchteilen<br />
über die Bühne.<br />
Eben war noch die Schwärze d<strong>es</strong> am<br />
Ran<strong>de</strong> unserer Galaxie fast leeren Weltraums<br />
zu sehen, <strong>als</strong> <strong>de</strong>r Holoschirm über mir vor<br />
Licht und Farbe fast explodierte.<br />
Auch wenn die Automatik die Aufnahmeoptik<br />
sofort meinen Augen anpasste, konnte<br />
man doch die titanischen Kräfte erahnen, die<br />
vor <strong>de</strong>m Raumschiff tobten.<br />
Es war ein kalkuliert<strong>es</strong> Risiko<br />
gew<strong>es</strong>en so nah bei Bellatrix zu rematerialisieren,<br />
aber ich konnte mich auf mein Schiff<br />
voll verlassen.<br />
Die zehnfach g<strong>es</strong>taffelten Energi<strong>es</strong>chirme,<br />
die sich sofort nach <strong>de</strong>r Verstofflichung<br />
um <strong>das</strong> Schiff gelegt hatten, schütz-<br />
77
ten <strong>das</strong> Scoutschiff und seine B<strong>es</strong>atzung nicht<br />
nur gegen je<strong>de</strong>n Einfluss von außen, son<strong>de</strong>rn<br />
machten <strong>es</strong> sogar unsichtbar.<br />
So g<strong>es</strong>chützt hätte ich ohne mit <strong>de</strong>r<br />
Wimper zu zucken quer durch einen Stern fliegen<br />
können.<br />
Das wäre natürlich Blödsinn gew<strong>es</strong>en,<br />
<strong>als</strong>o stoppte ich meine Fahrt und beauftragte<br />
<strong>de</strong>n Computer einen ersten umfassen<strong>de</strong>n Check<br />
durchzuführen.<br />
Mein Patenonkel hatte ja plastisch<br />
genug die Gefahren g<strong>es</strong>chil<strong>de</strong>rt, die mich hier<br />
erwarten konnten und <strong>das</strong>s schon zwei Freun<strong>de</strong><br />
verschollen waren veranlasste mich zu größter<br />
Wachsamkeit.<br />
Es gab in di<strong>es</strong>em System drei bewohnte<br />
Planeten die schon vor Jahrhun<strong>de</strong>rten<br />
b<strong>es</strong>ie<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n waren und somit in ihrer<br />
technischen Entwicklung fast auf <strong>de</strong>m Stand<br />
ihr<strong>es</strong> Heimatplaneten waren.<br />
In <strong>de</strong>r G<strong>es</strong>chichte <strong>de</strong>r Weltraumfahrt<br />
war <strong>das</strong> nicht selbstverständlich. Unzählige<br />
Planeten waren über die Jahrhun<strong>de</strong>rte schon in<br />
Verg<strong>es</strong>senheit geraten. Wenn sie, meist<br />
zufällig, wie<strong>de</strong>r ent<strong>de</strong>ckt wur<strong>de</strong>n, waren sie<br />
weit in die Vergangenheit zurückgeworfen<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
Manche hatten eine feudale Struktur<br />
entwickelt mit Fürsten, Kaisern und Königen<br />
und die, die nicht ganz so viel Glück gehabt<br />
hatten, befan<strong>de</strong>n sich wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
Steinzeit.<br />
78
Nur Sagen und Legen<strong>de</strong>n über Götter<br />
und Überw<strong>es</strong>en erinnerten an eine ruhmreiche<br />
und b<strong>es</strong>sere Vergangenheit.<br />
Also musste ich mich so vorsichtig<br />
wie irgendwie möglich an die bewohnten Planeten<br />
heranpirschen.<br />
Unter <strong>de</strong>m vollen Schutz aller zehn<br />
Abwehrschirme schlich ich mich an Odin heran.<br />
Odin ist <strong>de</strong>r größte Planet, <strong>de</strong>r Sitz <strong>de</strong>r<br />
Zentralregierung und ebenso wie die Heimat<br />
d<strong>es</strong> legendären nordischen Göttervaters nach<br />
<strong>de</strong>m er benannt wor<strong>de</strong>n war, beherrschten<br />
gewaltige Eisfel<strong>de</strong>r, arktische Temperaturen<br />
und gewaltige Stürme seine Oberfläche.<br />
Ich hatte Glück, <strong>das</strong>s ich gera<strong>de</strong> zur<br />
Zeit <strong>de</strong>r größten Annäherung Odins an Bellatrix<br />
angekommen war, <strong>als</strong>o zur Sommerzeit und<br />
<strong>das</strong> Wetter war einigermaßen erträglich, auch<br />
wenn ich nicht vorhatte einen Urlaub auf Odin<br />
zu verbringen. Zehn Grad plus an einem „warmen“<br />
Sommertag sind nicht gera<strong>de</strong> Temperaturen,<br />
die einen <strong>zum</strong> Sonnenba<strong>de</strong>n verleiten.<br />
Das erste <strong>das</strong> mir aus <strong>de</strong>m Orbit<br />
auffiel war <strong>de</strong>r starke Raumschiffverkehr.<br />
Pausenlos starteten und lan<strong>de</strong>ten Tausen<strong>de</strong> von<br />
Raumschiffen <strong>de</strong>r unterschiedlichsten Formen<br />
und Größen auf <strong>de</strong>m gewaltigen<br />
Weltraumbahnhof.<br />
<strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>!<br />
Bah.....da war ja mehr los <strong>als</strong> auf<br />
Ich hatte <strong>das</strong> mulmige Gefühl, <strong>das</strong>s<br />
da was Groß<strong>es</strong>, etwas Gewaltig<strong>es</strong> im Gange war.<br />
79
Mit <strong>de</strong>r nötigen Vorsicht umrun<strong>de</strong>te<br />
ich <strong>de</strong>n ri<strong>es</strong>igen Planeten und lan<strong>de</strong>te bei Beginn<br />
<strong>de</strong>r Dunkelheit nahe einer kleinen Stadt,<br />
am Ran<strong>de</strong> d<strong>es</strong> großen Zentralmeer<strong>es</strong>.<br />
Wo kann man ein Raumschiff b<strong>es</strong>ser<br />
verstecken <strong>als</strong> im Wasser ein<strong>es</strong> Meer<strong>es</strong>?!<br />
Also suchte ich mir ein Stück Steilküste<br />
aus und unsichtbar, im Schutz mein<strong>es</strong><br />
Deflektorfeld<strong>es</strong>, versenkte ich <strong>das</strong> Scoutschiff<br />
am Fuße <strong>de</strong>r Steilküste im Meer.<br />
UFF......<strong>de</strong>r erste Abschnitt war<br />
g<strong>es</strong>chafft!<br />
Soweit so gut. Jetzt galt <strong>es</strong> sich<br />
unter die Bevölkerung zu mischen und Phase<br />
zwei einzuleiten.<br />
*<br />
Vor zwanzig Jahren lebte ein genialer<br />
Wissenschaftler. Seine be<strong>de</strong>utendste Erfindung,<br />
die die Grundlage für die Macht und<br />
die Stärke <strong>de</strong>r Galaxisscouts bil<strong>de</strong>te, war ein<br />
breiter Gürtel aus einem Material, <strong>das</strong> allen<br />
Grundlagen <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Physik wi<strong>de</strong>rsprach.<br />
Im Inneren d<strong>es</strong> Gürtels ist ein<br />
winziger Teil d<strong>es</strong> fünfdimensionalen Hyperraums<br />
eing<strong>es</strong>chlossen, <strong>de</strong>r Platz nicht nur<br />
für ein gewaltig<strong>es</strong> unerschöpflich<strong>es</strong> Gravitationskraftwerk,<br />
son<strong>de</strong>rn auch für alle nur er-<br />
80
<strong>de</strong>nklichen Waffen und Errungenschaften <strong>de</strong>r<br />
mo<strong>de</strong>rnen Technik hat.<br />
Aladins Wun<strong>de</strong>rlampe ist dagegen<br />
kalter Kaffee.<br />
Es gab im ganzen Universum nur zwanzig<br />
di<strong>es</strong>er Techgürtel, die ausschließlich <strong>de</strong>n<br />
zwanzig b<strong>es</strong>ten Weltraumscouts zur Verfügung<br />
stan<strong>de</strong>n.<br />
Der tragische frühe Tod d<strong>es</strong> Erfin<strong>de</strong>rs<br />
been<strong>de</strong>te die weitere Produktion neuer<br />
Gürtel und niemand konnte sein genial<strong>es</strong> Werk<br />
fortsetzen.<br />
Der Techgürtel machte die Scouts<br />
schlichtweg zu Übermenschen.<br />
Auch ich trage einen solchen Techgürtel<br />
direkt auf <strong>de</strong>r nackten Haut. Niemand<br />
außer mir kann ihn benutzen, er ist auf die<br />
Schwingungen meiner Großhirnrin<strong>de</strong> programmiert<br />
und kann nur von mir selbst benutzt<br />
o<strong>de</strong>r abgenommen wer<strong>de</strong>n.<br />
Sollte eine an<strong>de</strong>re Person di<strong>es</strong> versuchen,<br />
wür<strong>de</strong> eine spontane Kernspaltung all<strong>es</strong><br />
im Umkreis von 100 Kilometern vernichten.<br />
Dass selbst di<strong>es</strong><strong>es</strong> Machtmittel <strong>de</strong>r<br />
Superlative in Verbindung mit einem „schwachen“<br />
Menschen nicht unüberwindbar war,<br />
bewi<strong>es</strong> die Tatsache, <strong>das</strong>s auch einer <strong>de</strong>r<br />
verschollenen Scouts einen solchen Gürtel<br />
b<strong>es</strong><strong>es</strong>sen hatte und trotz<strong>de</strong>m war er nicht<br />
zurückgekommen.<br />
Wenn <strong>es</strong> irgendwo auf di<strong>es</strong>er Welt in<br />
jüngster Zeit zu einer unkontrollierten<br />
81
Kernexplosion gekommen war, dann wusste ich<br />
mit Gewissheit, <strong>das</strong>s mein Freund tot war.<br />
Die Bedienung d<strong>es</strong> Gürtels erfolgte<br />
auf telepathischem Wege und hatte ein eigen<strong>es</strong><br />
Deflektorfeld, <strong>das</strong> <strong>de</strong>n Träger für alle Augen<br />
und für je<strong>de</strong> Maschiene unsichtbar machte.<br />
*<br />
Es nützte all<strong>es</strong> nichts, ich musste<br />
<strong>de</strong>m Teufel in <strong>de</strong>n Rachen springen. Die Uhr im<br />
Hauptquartier zählte unerbittlich und gna<strong>de</strong>nlos<br />
Sekun<strong>de</strong> auf Sekun<strong>de</strong>. Sekun<strong>de</strong>n die über<br />
Leben und Sterben d<strong>es</strong> g<strong>es</strong>amten Planeten und<br />
d<strong>es</strong>sen unschuldiger Bevölkerung entschei<strong>de</strong>n<br />
konnte.<br />
Ich hatte mein Raumschiff noch in<br />
<strong>de</strong>r Nacht durch die Luftschleuse verlassen<br />
und mich im Schutz d<strong>es</strong> Individualfeld<strong>es</strong>, <strong>das</strong><br />
nicht nur Wasser, son<strong>de</strong>rn auch je<strong>de</strong> an<strong>de</strong>re<br />
Materie abwehrt, in die nahe Stadt begeben,<br />
saß jetzt in einer kleinen Nachtbar, schlürfte<br />
an einem exotischen Cocktail und lauschte<br />
g<strong>es</strong>pannt <strong>de</strong>n G<strong>es</strong>prächen an <strong>de</strong>n Nachbartischen.<br />
Auf di<strong>es</strong>e Weise hatten schon Detektive<br />
vor Jahrhun<strong>de</strong>rten „<strong>de</strong>m Volke aufs Maul<br />
g<strong>es</strong>chaut“, wie die antiken Dichter <strong>es</strong> ausdrückten,<br />
<strong>de</strong>nn Informationen aus Kneipen<br />
stellten je<strong>de</strong>n Nachrichtensen<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />
Schatten.<br />
82
Es fiel mir sofort auf, <strong>das</strong>s sämtliche<br />
G<strong>es</strong>präche nur hinter vorgehaltener Hand<br />
im Flüsterton geführt wur<strong>de</strong>n und nur durch<br />
die Verstärkung mein<strong>es</strong> Techgürtels, <strong>de</strong>r die<br />
G<strong>es</strong>präche direkt in mein Gehirn übertrug, wo<br />
ich sie zur späteren Aufarbeitung speichern<br />
konnte, war <strong>es</strong> mir möglich, die Unterhaltungen<br />
zu verstehen.<br />
Innerhalb einer halben Stun<strong>de</strong> war<br />
mir all<strong>es</strong> klar.<br />
Das sah ja hochgradig übel aus.<br />
Solche verzweifelten Menschen hatte<br />
ich ja noch nie erlebt.<br />
Der Präsi<strong>de</strong>nt d<strong>es</strong> Planetenverbund<strong>es</strong><br />
ließ sich neuerdings mit „Ihre hochwohlgeborene<br />
Maj<strong>es</strong>tät Peter <strong>de</strong>r 1.“ anre<strong>de</strong>n.<br />
Das Volk wur<strong>de</strong> auf brut<strong>als</strong>te Weise<br />
unterdrückt und je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r auch nur ansatzweise<br />
Kritik übte, wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n allgegenwärtigen<br />
Roboterarmeen auf <strong>de</strong>r Stelle getötet.<br />
„Peter <strong>de</strong>r Erste“ hatte eine Tyrannei<br />
aufgebaut, in <strong>de</strong>r je<strong>de</strong> Opposition schon im<br />
Keim erstickt wur<strong>de</strong>.<br />
Durch die geführten G<strong>es</strong>präche erfuhr<br />
ich auch <strong>de</strong>n Grund für die massive Raumschiffkonzentration.<br />
Der D<strong>es</strong>pot hatte nichts geringer<strong>es</strong><br />
vor <strong>als</strong> die Er<strong>de</strong> anzugreifen.<br />
Er stopfte zig Millionen von neu<br />
gebauten Vernichtungsrobotern in jed<strong>es</strong> ver-<br />
83
fügbare Raumschiff, ein Vernichtungspotential,<br />
<strong>das</strong> ganze Sternensysteme ausradieren<br />
konnte und auf <strong>das</strong> die ahnungslose Er<strong>de</strong> nicht<br />
im geringsten vorbereitet war.<br />
Die Bevölkerung schaute ohnmächtig<br />
und fassungslos di<strong>es</strong>em Größenwahnsinn zu, unfähig<br />
auch nur einen Finger gegen <strong>de</strong>n Tyrannen<br />
zu rühren.<br />
Ent<strong>de</strong>ckten die Roboter in einer<br />
Stadt, einer Gemein<strong>de</strong>, o<strong>de</strong>r auch nur einer<br />
einzigen Familie, auch nur einen Aufrührer,<br />
wur<strong>de</strong>n alle Menschen di<strong>es</strong>er Gemeinschaft<br />
gna<strong>de</strong>nlos getötet.<br />
Entsetzt stellte ich f<strong>es</strong>t, <strong>das</strong>s ich<br />
fast zu spät gekommen wäre.<br />
Morgen Vormittag..........nein heute<br />
Vormittag, mit einem raschen Blick aus <strong>de</strong>m<br />
Barfenster bemerkte ich die gera<strong>de</strong> aufgehen<strong>de</strong><br />
Sonne, heute Vormittag hatte Peter 1. in <strong>de</strong>r<br />
Hauptstadt eine ri<strong>es</strong>ige Macht<strong>de</strong>monstration<br />
angekündigt, zu <strong>de</strong>r Delegationen aus allen<br />
Län<strong>de</strong>rn und von allen Planeten befohlen<br />
wor<strong>de</strong>n waren.<br />
Den Abschluss di<strong>es</strong>er Kundgebung<br />
sollte die Krönung <strong>zum</strong> galaktischen Kaiser<br />
bil<strong>de</strong>n, während die Roboterarmeen nur noch<br />
auf <strong>de</strong>n Startbefehl warteten.<br />
Weg.<br />
Das musste verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n!<br />
Und zwar auf <strong>de</strong>m allerschnellsten<br />
84
*<br />
Mit meinem Raumschiff, so überragend<br />
<strong>es</strong> auch war, konnte ich <strong>es</strong> nicht mit <strong>de</strong>n Waffen<br />
ein<strong>es</strong> ganzen Planeten aufnehmen. Also<br />
blieb nur eine Möglichkeit offen. Ich musste<br />
mich auf die Socken machen und zwar hurtig,<br />
wenn ich heute noch <strong>das</strong> Universum retten<br />
wollte.<br />
Glücklicherweise hatte ich über <strong>de</strong>n<br />
Socken noch Stiefel an und zwar b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re<br />
Stiefel, <strong>de</strong>nn in <strong>de</strong>n Sohlen <strong>de</strong>r Spezi<strong>als</strong>tiefeln<br />
waren Transmitterspulen eingelassen.<br />
Sie reichten für Teleportationen bis<br />
2000km, <strong>als</strong>o locker bis zur Hauptstadt.<br />
Hörte sich ja all<strong>es</strong> ganz gut an, hatte<br />
aber einen ri<strong>es</strong>igen Nachteil.<br />
Es fehlte, wie bei normalen Transmittersprüngen<br />
die Empfangsstation und ich hatte<br />
keine Lust meine Moleküle irgendwo im Bo<strong>de</strong>n<br />
zu verteilen o<strong>de</strong>r von einer Hochhausscheibe<br />
abzukratzen.<br />
Den Matsch wür<strong>de</strong> ja kein Fassa<strong>de</strong>nreiniger<br />
mehr abbekommen.<br />
Also <strong>das</strong> Problem war klar.<br />
Ich konzentrierte mich auf die Entfernung<br />
zur Hauptstadt und rechnete blitzschnell<br />
die Koordinaten aus.<br />
85
War babyeinfach.<br />
Musste bloß die Umdrehung d<strong>es</strong> Planeten,<br />
die Entfernung und <strong>de</strong>n Vektor zur Ekliptik<br />
d<strong>es</strong> Planetensystems, die Gravitationseinflüsse<br />
von Bellatrix, die Einflüsse <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Planeten, die Fluchtg<strong>es</strong>chwindigkeit d<strong>es</strong><br />
kompletten Systems zur Spiralgalaxie, die <strong>de</strong>r<br />
Spiralgalaxie <strong>zum</strong> r<strong>es</strong>tlichen Universum und<br />
dann noch so Kleinigkeiten wie Windrichtungen<br />
und Wettereinflüsse einkalkulieren, <strong>als</strong>o<br />
wie g<strong>es</strong>agt all<strong>es</strong> sehr einfach.<br />
Und <strong>es</strong> konnte losgehen.<br />
Ich rematerialisierte noch in <strong>de</strong>r<br />
Bar, was vor allem <strong>de</strong>n B<strong>es</strong>itzer nicht erfreute,<br />
<strong>de</strong>nn neben <strong>de</strong>r Rechnung und <strong>de</strong>m<br />
Trinkgeld musste er noch die halbe Bareinrichtung<br />
abschreiben, so eine Entmaterialisation<br />
hat ganz schön power.<br />
Da bleibt im Umkreis von 5 Metern<br />
kein Stein auf <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren, nicht umsonst<br />
darf eine Teleportation nur im Freien stattfin<strong>de</strong>n.<br />
Wenn ich mich aber für eine Bareinrichtung<br />
o<strong>de</strong>r die Rettung <strong>de</strong>r Welt entschei<strong>de</strong>n<br />
muss, dann, tut mir aufrichtig leid lieber<br />
Barmann, dann entschei<strong>de</strong> ich mich für<br />
Letzter<strong>es</strong>.<br />
*<br />
86
Ich rematerialisierte <strong>als</strong>o exakt 45<br />
Meter über <strong>de</strong>m höchsten Gebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hauptstadt,<br />
die übrigens sinnigerweise „Odins<br />
Hochsitz“ heißt.<br />
Claro, <strong>das</strong>s ich sofort meine Schutzschirme<br />
auf höchste Leistung hochfuhr und<br />
mich in mein unsichtbar machend<strong>es</strong> Deflektorfeld<br />
kuschelte.<br />
Sehen lassen durfte ich mich auf<br />
keinen Fall.<br />
Trotz Energi<strong>es</strong>chirm und Lichtumlenkfeld<br />
hatte ich gegen die geballte Macht,<br />
die unter mir aufmarschiert war, nicht die<br />
geringste Chance.<br />
Die Stadt sah von oben aus wie ein<br />
Ameisenhaufen.<br />
Schwarz!<br />
Menschenlawinen krochen durch die<br />
einst glänzen<strong>de</strong>n Prachtboulewards wie eine<br />
ri<strong>es</strong>ige, unendliche schwarz g<strong>es</strong>prenkelte Ri<strong>es</strong>enschlange<br />
auf <strong>de</strong>r Suche nach Nahrung.<br />
Ungezählt und unhaltbar bran<strong>de</strong>te sie<br />
zur Innenstadt, die, wie <strong>de</strong>r Name „Odins<br />
Hochsitz“ schon vermuten lässt, <strong>de</strong>r Form ein<strong>es</strong><br />
ri<strong>es</strong>igen hochherrschaftlichen Lehns<strong>es</strong>sel<br />
nachgebaut wor<strong>de</strong>n war.<br />
Auf <strong>de</strong>m höchsten Punkt <strong>de</strong>r „S<strong>es</strong>selfläche“<br />
stand <strong>de</strong>r Typ, <strong>de</strong>r annahm, alle di<strong>es</strong>e<br />
Ameisen voll in <strong>de</strong>r Hand zu haben.<br />
Zu di<strong>es</strong>er Annahme konnte man leicht<br />
kommen, <strong>de</strong>nn umgeben wur<strong>de</strong> er von Tausen<strong>de</strong>n<br />
87
Kampfrobotern, die noch dazu an allen Knotenpunkten<br />
<strong>de</strong>r Stadt verteilt waren.<br />
Eine einzelne di<strong>es</strong>er furchterregen<strong>de</strong>n<br />
Kampfmaschinen konnte einen ganzen Planeten<br />
erobern.<br />
Die Roboter glänzten und funkelten<br />
von purpur- bis dunkelrot, ein sicher<strong>es</strong> Zeichen,<br />
<strong>das</strong>s Energi<strong>es</strong>chirme, ähnlich <strong>de</strong>m<br />
meinigen, sie vor allen Angriffen, mit welchen<br />
Mitteln auch immer, effektiv schützten.<br />
Natürlich hatte <strong>de</strong>r Größenwahnsinnige<br />
<strong>de</strong>n gleichen Individu<strong>als</strong>chutz.<br />
Draußen vor <strong>de</strong>r Stadt, Richtung Sonnenaufgang,<br />
konnte man <strong>das</strong> Rumoren <strong>de</strong>r Raumschiffgiganten<br />
hören, die sofort nach <strong>de</strong>r<br />
Krönungszeremonie <strong>de</strong>n Tod ins Universum tragen<br />
sollten.<br />
Di<strong>es</strong> all<strong>es</strong> aber wur<strong>de</strong> überschattet<br />
von einer ri<strong>es</strong>igen Energiekuppel, die vor <strong>de</strong>n<br />
Toren <strong>de</strong>r Stadt <strong>das</strong> Planetenkraftwerk und <strong>das</strong><br />
gigantische Positronengehirn über<strong>de</strong>ckte, <strong>das</strong><br />
<strong>das</strong> Leben d<strong>es</strong> g<strong>es</strong>amten Planetensystems kontrollierte<br />
und verwaltete.<br />
Und genau di<strong>es</strong>e Energiekuppel musste<br />
mein erst<strong>es</strong> Ziel sein.<br />
Da reinzukommen war <strong>das</strong> bisher schwierigste<br />
Unternehmen in meiner Scoutkarriere.<br />
Den Energi<strong>es</strong>chirm konnte ich nur mit<br />
einem wagh<strong>als</strong>igen Teleportersprung überwin<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>nn nur die fünfte Dimension schaffte<br />
so ein Hin<strong>de</strong>rnis<br />
88
Jetzt ging <strong>es</strong> darum, mich in meine Atome<br />
aufzulösen, alle zusammen in die fünfte<br />
Dimension zu schleu<strong>de</strong>rn, die da rein zu<br />
schmeißen und drinnen zu hoffen, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r<br />
große Puzzlemeister alle wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r richtigen<br />
Reihenfolge zusammensetzt und möglichst<br />
nicht gera<strong>de</strong> in einem Kernbrennstab.<br />
UFF!!<br />
Ich wäre aber nicht die Superbella,<br />
wenn ich nicht auch di<strong>es</strong><strong>es</strong> Problem wie immer<br />
mit Bravour lösen wür<strong>de</strong>!<br />
Es wur<strong>de</strong> zwar haarig, aber letztendlich<br />
hatte ich <strong>es</strong> g<strong>es</strong>chafft und los ging’s<br />
<strong>zum</strong> Finale.<br />
*<br />
„Jetzt will ich mal <strong>de</strong>n Showdown einleiten,<br />
du größenwahnsinniger Schmarotzer und<br />
dir zeigen was <strong>es</strong> heißt, sich mit mir anzulegen,<br />
du wirst jetzt <strong>de</strong>in blau<strong>es</strong> Wun<strong>de</strong>r erleben!“<br />
Mein Auftritt musste natürlich stand<strong>es</strong>gemäß<br />
sein, schließlich haben wir Scouts<br />
ja einen Ruf zu verlieren.<br />
Für große Feierlichkeiten <strong>gibt</strong> <strong>es</strong><br />
eine Galauniform, die mehr <strong>als</strong> nur beeindruckend<br />
ist.<br />
In tiefstem Samtblau kontrastiert<br />
die enganliegen<strong>de</strong> zweiteilige Galauniform mit<br />
<strong>de</strong>m glänzen<strong>de</strong>n Symbol <strong>de</strong>r Weltraumscouts.<br />
89
Eine liegen<strong>de</strong> “acht“, ultimativ<strong>es</strong><br />
Zeichen für die Unendlichkeit, gefertigt aus<br />
E<strong>de</strong>lsteinen vom System Epsilon 1, die ständig<br />
ihre Farbe wechseln und einen irrlichternen<br />
Glanz ausstrahlen, <strong>de</strong>r jed<strong>es</strong> Auge fasziniert.<br />
Aus <strong>de</strong>n gleichen E<strong>de</strong>lsteinen, befin<strong>de</strong>t<br />
sich genau auf Herzhöhe <strong>das</strong> Mo<strong>de</strong>ll unserer<br />
Spiralgalaxie <strong>als</strong> Kennzeichen mein<strong>es</strong> Grad<strong>es</strong><br />
<strong>als</strong> Meisterscout.<br />
Wenn <strong>das</strong> keinen Eindruck hinterlassen<br />
wür<strong>de</strong>, wäre ich nicht mehr Bella „die<br />
Unbezwingbare“, nicht umsonst hatte ich<br />
di<strong>es</strong>en Outfit immer im Techgürtel griffbereit.<br />
„ACHTUNG HERR KAISER ICH KOMME!!!“<br />
*<br />
Und <strong>es</strong> wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r erhoffte überwältigen<strong>de</strong><br />
Auftritt.<br />
Ich rematerialisierte genau 4 Meter vor <strong>de</strong>m<br />
selbsternannten Regenten.<br />
Ein Roboter, geklei<strong>de</strong>t in eine hochherrschaftliche<br />
Livree, war gera<strong>de</strong> dabei ihm<br />
eine glänzen<strong>de</strong> Krone aufs Haupt zu donnern,<br />
<strong>als</strong> mich <strong>de</strong>r D<strong>es</strong>pot, die Roboter und die ri<strong>es</strong>ige<br />
Menschenmenge im gleichen Augenblick<br />
bemerkten.<br />
Die Reaktionen fielen sehr unterschiedlich<br />
aus.<br />
90
Dem Kaiser klappte <strong>de</strong>r Kinnla<strong>de</strong>n herunter,<br />
während er glotzte, <strong>als</strong> sähe er eine<br />
Fata Morgana, die Menschen unterbrachen ihre<br />
erzwungenen Hochrufe, <strong>es</strong> wur<strong>de</strong><br />
totenstill ..............man hätte eine Fe<strong>de</strong>r<br />
zu Bo<strong>de</strong>n fallen hören können und die Roboter<br />
rissen ihre Tod<strong>es</strong>strahler nach oben.<br />
Da stand ich nun, ohne <strong>de</strong>n geringsten<br />
Schutz, kein hypermagnetisch<strong>es</strong> Energiefeld<br />
<strong>das</strong> mich umhüllte, keine Schlachtschiffarmada,<br />
die mich absicherte.<br />
Nur ein kleiner schwacher Scout, für<br />
die Menschen auf di<strong>es</strong>em Planeten aber ein<br />
Fabelw<strong>es</strong>en, <strong>das</strong> man nur von Erzählungen und<br />
aus <strong>de</strong>n Holosendungen kannte.<br />
Für einen D<strong>es</strong>poten, <strong>de</strong>r nichts geringer<strong>es</strong><br />
<strong>als</strong> die Unterdrückung <strong>de</strong>r Galaxie im<br />
Sinn hatte, war ich aber nur ein störend<strong>es</strong><br />
Hin<strong>de</strong>rnis, <strong>das</strong> man wie eine lästige Mücke<br />
zerschmettern muss.<br />
Er lachte laut auf und gebot seinen<br />
Robotern mit erhobener Hand Einhalt.<br />
Moment.<br />
Das war für mich <strong>de</strong>r entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Meine Nackenhaare hatten sich steil<br />
aufgerichtet und ich sah schon meine Atome in<br />
alle Himmelsrichtungen<br />
abschwirren.............aber!<br />
UFF!!!<br />
Meine Taktik war aufgegangen.<br />
91
Ich hatte <strong>es</strong> mir zwar vorher gut<br />
überlegt ob ich di<strong>es</strong><strong>es</strong> gewagte Spiel spielen<br />
sollte, schließlich sind wir Scouts ja auch<br />
hervorragend g<strong>es</strong>chulte Psychologen, aber <strong>es</strong><br />
hätte ja auch sein gekonnt, <strong>das</strong>s ich sein<br />
Persönlichkeitsprofil f<strong>als</strong>ch interpretiert<br />
habe.<br />
Aber <strong>de</strong>r Doofkopp war genau so eitel<br />
und überheblich wie ich erwartet hatte und<br />
damit hatte er verspielt.<br />
„Na wen haben wir <strong>de</strong>nn da?<br />
Noch so einen vorwitzigen Scout!<br />
Oh...sogar eine Scoutin. Das ist aber eine<br />
Ehre!», seine Stimme triefte vor Sarkasmus.<br />
Mit meiner dienstlichsten Stimme verlangte<br />
ich seine sofortige Abdankung und<br />
<strong>das</strong>s alle Rechte sein<strong>es</strong> Volk<strong>es</strong>, <strong>das</strong> er so<br />
lange und brutal unterdrückt hat, wie<strong>de</strong>r in<br />
Kraft g<strong>es</strong>etzt wer<strong>de</strong>n müssen und im übrigen<br />
sei er verhaftet.<br />
Durch eine trickreiche Verstärkung<br />
meiner Stimme sorgte ich dafür, <strong>das</strong>s ich in<br />
<strong>de</strong>r ganzen Stadt gehört wur<strong>de</strong>.<br />
Es war immer noch mucksmäuschenstill<br />
in <strong>de</strong>r ganzen Stadt.<br />
Meine Re<strong>de</strong> führte bei <strong>de</strong>m Möchtegernkaiser<br />
zu einem regelrechten Heiterkeitsausbruch.<br />
„WAAHAHAHA!!<br />
Da haben wir aber mal ein witzig<strong>es</strong><br />
Scoutchen.<br />
92
Du hast wohl meine kleinen Roboter<br />
total übersehen? Je<strong>de</strong>r mit einem schönen<br />
Strahlengewehrchen und weit und breit keine<br />
Schlachtflotte zu sehen, die dich rauspauken<br />
könnte!<br />
Sag tschüß hässliche Welt mein<br />
Zuckerpüppchen!“.<br />
Telepathisch registrierte ich ein<br />
intensivieren <strong>de</strong>r Impulse seiner grauen<br />
Gehirnrin<strong>de</strong>, die immer einem g<strong>es</strong>prochenen<br />
Befehl voraus gehen und <strong>das</strong> gab für mich<br />
letztendlich <strong>de</strong>n Ausschlag zu han<strong>de</strong>ln.<br />
*<br />
Mit einem telepathischen Befehl löste<br />
ich <strong>de</strong>n Zündimpuls aus und am äußersten Rand<br />
<strong>de</strong>r Stadt, wo eben noch <strong>de</strong>r gewaltige Energi<strong>es</strong>chirm<br />
d<strong>es</strong> Kraftwerks g<strong>es</strong>trahlt hatte,<br />
ging eine neue Sonne auf.<br />
Sie entfaltete sich zu einem prachtvollen,<br />
schaurig schönen, ri<strong>es</strong>igen Pilz einer<br />
Kernbombenexplosion.<br />
Eine einsatzbereite Roboterarmee erstarrte,<br />
robotgelenkte Flugzeuge und Raketen<br />
verloren ihre Kontrolleure und überall auf<br />
<strong>de</strong>n Planeten suchten die Menschen angstvoll<br />
Schutz, wenn die steuerlos gewor<strong>de</strong>nen High-<br />
Tech-Produkte ein<strong>es</strong> Wahnsinnigen aus <strong>de</strong>m Himmel<br />
fielen und sich in flammen<strong>de</strong> Fragmente<br />
auflösten.<br />
93
Die Fusionsgeneratoren <strong>de</strong>r startbereiten<br />
Raumschiffarmada erstarben und ein<br />
Volk erwachte aus einem schier endlosen<br />
Alptraum.<br />
Der R<strong>es</strong>t ist schnell erzählt.<br />
Meine Mikrokernbombe, nicht größer<br />
<strong>als</strong> ein Golfball, die ich vorsorglich innerhalb<br />
d<strong>es</strong> schützen<strong>de</strong>n Energi<strong>es</strong>chirm d<strong>es</strong> Kraftwerks<br />
und d<strong>es</strong> Positronengehirns <strong>de</strong>poniert und<br />
die ich im letzten Moment telepathisch gezün<strong>de</strong>t<br />
hatte, hatte ganze Arbeit geleistet.<br />
Von <strong>de</strong>m ri<strong>es</strong>igen Komplex blieb nur<br />
noch ein 50 Meter tiefer und 2 Kilometer<br />
breiter Krater übrig.<br />
Was <strong>de</strong>r D<strong>es</strong>pot <strong>als</strong> seine stärkste<br />
Waffe ang<strong>es</strong>ehen hatte, die komplette Energieversorgung<br />
<strong>de</strong>r Planeten von einer einzigen<br />
g<strong>es</strong>icherten Stelle aus, brach ihm jetzt <strong>das</strong><br />
Genick.<br />
Roboter ohne Strom für ihre Energi<strong>es</strong>chirme<br />
und für ihre Bewegungssysteme, waren<br />
jetzt nur noch teurer Schrott.<br />
Nur durch di<strong>es</strong>e überhebliche Fehleinschätzung<br />
war <strong>es</strong> mir möglich gew<strong>es</strong>en <strong>das</strong><br />
d<strong>es</strong>potische Regime im Handstreich wegzufegen.<br />
Der einzige Scha<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n ich anrichtete<br />
war <strong>de</strong>r totale Stromausfall auf allen<br />
Planeten.<br />
Meine „saubere“ Kernbombe hatte<br />
keinerlei schädliche Nebenwirkungen wie Atombomben<br />
früherer Zeiten.<br />
94
Das hatten die Wissenschaftler<br />
schon früh in <strong>de</strong>n Griff bekommen, <strong>de</strong>nn auf<br />
keinem Gebiet ist die Wissenschaft so erfin<strong>de</strong>risch<br />
wie auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Massenvernichtung.<br />
Also musste ich mir nur noch <strong>de</strong>n<br />
plötzlich sehr kleinlaut gewor<strong>de</strong>nen Exmachthaber<br />
vornehmen und <strong>de</strong>r Käse war geg<strong>es</strong>sen.<br />
Das wur<strong>de</strong> aber nicht mehr nötig.<br />
Die Menschen hatten kapiert. In ihnen<br />
erwachte ihr alt<strong>es</strong> Wikingerblut.<br />
Einem ri<strong>es</strong>igen Tsunami gleich<br />
schwappte die Menschenflut über die verhassten<br />
Kampfroboter. „Unzerstörbare“ Wun<strong>de</strong>rwerke<br />
<strong>de</strong>r Vernichtung wur<strong>de</strong>n von bloßen Hän<strong>de</strong>n<br />
zerrissen. All<strong>es</strong> was an <strong>das</strong> verhasste System<br />
erinnerte ging im Aufschrei <strong>de</strong>r Menge unter.<br />
Ungerührt und maj<strong>es</strong>tätisch stand ich<br />
auf Odins Hochsitz, während neben mir ein<br />
Häufchen Elend vor Angst zitternd im Bo<strong>de</strong>n<br />
versinken wollte; vergeblich hoffend, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> rasen<strong>de</strong> Volk in übersehen solle.<br />
Ich konnte, auch wenn <strong>de</strong>r Möchtegernkaiser<br />
<strong>das</strong> nicht verdient hatte, keine<br />
Lynchjustiz zulassen.<br />
Eine Menschenmenge di<strong>es</strong><strong>es</strong> Ausmaß<strong>es</strong><br />
war in ihrem gerechten Zorn unberechenbar.<br />
*<br />
95
Ich hätte <strong>es</strong> ihr nicht ver<strong>de</strong>nken können,<br />
wenn sie di<strong>es</strong>en Trottel neben mir in <strong>de</strong>r<br />
Luft zerrissen hätten.<br />
Also hatte ich die nötigen Vorsichtsmaßnahmen<br />
getroffen.<br />
Schon seit zehn Minuten schwebte<br />
mein Raumschiff, eingehüllt in sein Deflektorfeld<br />
20 Meter über mir, bereit auf meinen<br />
Befehl sofort einzugreifen.<br />
Ich war auf je<strong>de</strong> Möglichkeit vorbereitet,<br />
aber <strong>zum</strong> Glück erwi<strong>es</strong> sich Odins Bevölkerung<br />
<strong>als</strong> gerecht und zivilisiert.<br />
Das Schreien <strong>de</strong>r Menge wur<strong>de</strong> <strong>zum</strong> Rufen,<br />
dann <strong>zum</strong> Murmeln und plötzlich trat Totenstille<br />
ein.<br />
Aus <strong>de</strong>r ersten Reihe lösten sich fünf<br />
Personen, eine ältere Frau, zwei junge Frauen<br />
und zwei alte Männer mit zerfurchten G<strong>es</strong>ichtern,<br />
in <strong>de</strong>nen man <strong>das</strong> überstan<strong>de</strong>ne Leid<br />
d<strong>es</strong> ganzen Planeten abl<strong>es</strong>en konnte.<br />
Langsam und vorsichtig kamen sie auf<br />
mich zu, ohne ihrem Exdiktator auch nur ein<strong>es</strong><br />
Blick<strong>es</strong> zu würdigen.<br />
Die ältere Frau wandte sich ruhig,<br />
aber auch ein bisschen ängstlich an mich.<br />
„Hochverehrter Weltraumscout. Ich kann<br />
mit Worten nicht ausdrücken, wie dankbar unser<br />
Volk dir ist, für <strong>das</strong> ich hier stellvertretend<br />
re<strong>de</strong>.<br />
96
Du hast uns aus einer unsagbaren Tyrannei<br />
befreit, die viel Leid, Trauer und Not<br />
auf unseren Planeten gebracht hat.<br />
Schon unsere Eltern haben uns von <strong>de</strong>n<br />
Wun<strong>de</strong>rn erzählt, die die Scouts in <strong>de</strong>r<br />
Galaxis leisten. Bis heute hätten wir <strong>das</strong><br />
nicht für möglich gehalten und noch unsere<br />
Kin<strong>de</strong>r und Kind<strong>es</strong>kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n von di<strong>es</strong>em<br />
Wun<strong>de</strong>r berichten. Ich möchte dich im Namen<br />
<strong>de</strong>r Un-tergrundregierung von Odin, wir fünf<br />
hier sind ihre regulär gewählten Vertreter,<br />
bit-ten, uns di<strong>es</strong>en Mör<strong>de</strong>r, dabei <strong>de</strong>utete sie<br />
angewi<strong>de</strong>rt auf <strong>de</strong>n Extyrannen, zur Verurteilung<br />
zu überlassen. Es wird einen regulären<br />
Proz<strong>es</strong>s geben und <strong>es</strong> wird nach Recht und<br />
G<strong>es</strong>etz geurteilt. Mir viel ein Stein vom<br />
Herzen.<br />
Dass die Menschen hier nach all <strong>de</strong>r<br />
Unterdrückung und <strong>de</strong>n Mor<strong>de</strong>n noch soviel<br />
Größe und Toleranz aufbrachten war überwältigend.<br />
Jetzt konnte ich ruhigen Gewissens meinen<br />
Abgang vorbereiten und <strong>de</strong>r sollte ein<br />
Hammer wer<strong>de</strong>n.<br />
Als ich auf telepathischem Wege mein<br />
Scoutschiff zu mir beor<strong>de</strong>rt hatte, wur<strong>de</strong>n<br />
gleichzeitig auf <strong>de</strong>m ganzen Planeten Übertragungsdrohnen<br />
ausg<strong>es</strong>etzt, die meine Abschiedsworte<br />
flächen<strong>de</strong>ckend auf allen Erdteilen<br />
verbreiteten.<br />
*<br />
97
So... die Show konnte beginnen.<br />
„Meine lieben Freun<strong>de</strong>!“, die Menge hing<br />
atemlos an meinen Lippen.<br />
„Meine lieben Freun<strong>de</strong>! Ihr braucht euch<br />
bei mir nicht zu bedanken. Wir Weltraumscouts<br />
sind die Diener aller Menschen, überall<br />
in <strong>de</strong>r Galaxis. Wenn Unterdrückung und<br />
Ausbeutung Menschen versklaven o<strong>de</strong>r umbringen,<br />
setzen wir uns vorbehaltlos für <strong>de</strong>ren<br />
Schutz und ihre Rettung ein.<br />
Unser Leben gehört nicht mehr uns<br />
selbst, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r g<strong>es</strong>amten Galaxis.<br />
Selten müssen wir unser Leben für <strong>das</strong><br />
Leben an<strong>de</strong>rer opfern. Wenn <strong>es</strong> aber einmal<br />
passiert, wie <strong>es</strong> lei<strong>de</strong>r in di<strong>es</strong>em System<br />
g<strong>es</strong>chehen ist, zwei meiner Freun<strong>de</strong> haben für<br />
euch ihr Leben gelassen, dann g<strong>es</strong>chah di<strong>es</strong> in<br />
<strong>de</strong>r Hoffnung, <strong>das</strong>s ihr Opfer nicht umsonst<br />
gew<strong>es</strong>en ist.<br />
Erinnert euch bitte immer daran, <strong>das</strong>s<br />
sie ihr Leben für euch in <strong>de</strong>r Hoffnung<br />
gegeben haben, <strong>das</strong>s auf Odin und <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
an<strong>de</strong>ren Planeten Thor und Baldur nie mehr<br />
Ungerechtigkeit und Unterdrückung herrschen.<br />
Ich lege <strong>de</strong>n Neuanfang voll in eure<br />
eigenen Hän<strong>de</strong>. In ein paar Wochen wer<strong>de</strong>n<br />
Hilfsschiffe von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> eintreffen, die<br />
euch beim Aufbau einer neuen und friedlichen<br />
Zivilisation helfen wer<strong>de</strong>n. Ich aber muss<br />
euch verlassen, <strong>de</strong>nn in an<strong>de</strong>ren Teilen <strong>de</strong>r<br />
Galaxis warten auf mich an<strong>de</strong>re Aufgaben und<br />
98
lei<strong>de</strong>r noch viel Leid und Elend, <strong>das</strong> <strong>es</strong> zu<br />
b<strong>es</strong>eitigen gilt.“<br />
Mit di<strong>es</strong>en Worten schaltete ich <strong>das</strong><br />
Deflektorschild d<strong>es</strong> Raumschiff<strong>es</strong> aus, <strong>das</strong><br />
plötzlich eindrucksvoll in seinem Antigravfeld<br />
über meinem Kopf schwebte.<br />
Ein Raunen ging durch die Menschenmenge.<br />
Ungläubig aufgerissene Augen fixierten<br />
fassungslos <strong>das</strong> scheinbare Wun<strong>de</strong>r. Angstvoll<br />
versuchte sich ein Teil <strong>de</strong>r Menge weiter zurück<br />
zu ziehen, während die an<strong>de</strong>ren sich neugierig<br />
näher herandrängten.<br />
Im Schiff öffnete sich genau über mir<br />
die große Bo<strong>de</strong>nluke, ein greller Lichtschein<br />
tauchte meinen Körper in glühend<strong>es</strong> Feuer, in<br />
<strong>de</strong>m ich auf meinem Antigravfeld langsam nach<br />
oben schwebte.<br />
„Wow!...Wenn <strong>das</strong> keinen Eindruck<br />
hinterlassen hat, dann weiß ich auch nicht.“<br />
Im Schiff angekommen schloss ich die<br />
Bo<strong>de</strong>nluke, schmiss mich in <strong>de</strong>n Kommandos<strong>es</strong>sel,<br />
gab <strong>de</strong>n Startbefehl und stieß <strong>de</strong>n<br />
größten Seufzer mein<strong>es</strong> Lebens aus<br />
„Sseeuufzz!“<br />
Für die Menschen vor Odins Hochsitz<br />
musste <strong>es</strong> aussehen, <strong>als</strong> ob ein Komet von ihrem<br />
Planeten aus in <strong>de</strong>n Weltraum raste, <strong>als</strong><br />
mein Raumschiff startete.<br />
Und so wur<strong>de</strong> ein Sage aus <strong>de</strong>r Wiege gehoben,<br />
gleichberechtigt neben <strong>de</strong>n alten nor-<br />
99
dischen Sagen von Odin und <strong>de</strong>r Walhalla, von<br />
Odins Sohn Thor und allen großen nordischen<br />
Kriegern, die am F<strong>es</strong>tmahl an Odins Tafel in<br />
<strong>de</strong>r Walhalla Platz fin<strong>de</strong>n. Ab jetzt war <strong>de</strong>r<br />
Ehrenplatz, direkt neben Odin für einen neuen<br />
Krieger r<strong>es</strong>erviert., für<br />
BELLA;<br />
<strong>de</strong>r ersten Kriegerin an Odins Tafel.<br />
*<br />
Das waren die geilsten Momente mein<strong>es</strong><br />
Lebens. Dafür lohnte sich <strong>das</strong> Leben. Ich....<br />
die strahlen<strong>de</strong> Heldin! Also ganz genau nach<br />
meinem G<strong>es</strong>chmack.<br />
Den R<strong>es</strong>t managte ich so ganz nebenbei.<br />
Ich flog zu <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Nachbarplaneten,<br />
kloppte <strong>de</strong>m Vasallen d<strong>es</strong> g<strong>es</strong>türzten D<strong>es</strong>poten<br />
gehörig auf die Finger und setzte eine Übergangsregierung<br />
ein.<br />
Dabei bemerkte ich einen großen Krater<br />
nahe <strong>de</strong>r Hauptstadt Thors und ent<strong>de</strong>ckte durch<br />
Zeitanalyse Fragmente ein<strong>es</strong> Scoutschiff<strong>es</strong>.<br />
Also flog ich hier offensichtlich über<br />
<strong>das</strong> Grab ein<strong>es</strong> verschollenen Scouts.<br />
Reglos ließ ich mein Raumschiff über <strong>de</strong>r<br />
Mitte d<strong>es</strong> Kraters schweben und gedachte in<br />
einer Schweigeminute mein<strong>es</strong> g<strong>es</strong>torbenen<br />
Freund<strong>es</strong>.<br />
100
Zum stillen Ge<strong>de</strong>nken an seine Aufopferung<br />
im Dienste <strong>de</strong>r Menschheit, schoss ich eine<br />
Kristallbaumkapsel ins Zentrum d<strong>es</strong> Kraters,<br />
aus <strong>de</strong>r im Laufe <strong>de</strong>r Jahrtausen<strong>de</strong> ein<br />
gewaltiger Kristallbaum wachsen wür<strong>de</strong>, <strong>als</strong> ewig<strong>es</strong><br />
Ge<strong>de</strong>nken an einen Scout, <strong>de</strong>r sein Leben<br />
für <strong>das</strong> Wohl an<strong>de</strong>rer geopfert hat.<br />
Dann ging’s zur Berichterstattung zurück<br />
zur Solaradmiral Wartburg.<br />
101
vier<br />
Ping...ping...ping...<br />
“Ping….ping….ping…. was sollte <strong>de</strong>nn <strong>das</strong>?“<br />
Bella gab schon <strong>zum</strong> dritten Mal einen<br />
telepathischen Befehl an <strong>de</strong>n Schiffscomputer<br />
um di<strong>es</strong><strong>es</strong> stören<strong>de</strong> ...ping...-ping... auszuschalten.<br />
Ping....ping....ping. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> blö<strong>de</strong> ping<br />
wollte einfach nicht aufhören.<br />
„Du musst dich schon aus <strong>de</strong>m Bett wuchten,<br />
wenn du <strong>de</strong>n Wecker ausstellen<br />
willst!“<br />
Die Stimme kannte Bella doch!?! „Na<br />
klar, <strong>das</strong> war doch Baiti! Aber was machte<br />
Baiti in ihrem Raumschiff?<br />
R<strong>es</strong>ignierend öffnete sie ihre Gucker.<br />
Raumschiff? Das war aber ein komisch<strong>es</strong> Raumschiff!<br />
Da fiel <strong>es</strong> ihr wie Schuppen von <strong>de</strong>n Augen.<br />
Die Decke ein Sternenhimmel.<br />
In <strong>de</strong>r Ecke ein Fitn<strong>es</strong>sfahrrad.<br />
Gegenüber <strong>das</strong> Regal mit ihren ganzen Puppen!<br />
Ein Traum! All<strong>es</strong> war ein Traum gew<strong>es</strong>en.<br />
Scout Bella, Odin, <strong>de</strong>r Solaradmiral, <strong>de</strong>r sie<br />
102
gleich so an ihren Vater erinnert hatte, <strong>das</strong><br />
war <strong>das</strong> Werk Baitis!<br />
„Baiitii!!!“<br />
„Was <strong>de</strong>nn mein Zuckerschnäuzchen?“<br />
„Baiti, war <strong>das</strong> all<strong>es</strong> <strong>de</strong>in Werk?“<br />
„Mein Werk? Was meinst du <strong>de</strong>nn mit mein<br />
Werk, großer Weltraumscout?“<br />
„Also doch all<strong>es</strong> nur ein Traum! Die<br />
ganze G<strong>es</strong>chichte habe ich nur geträumt! So<br />
ist <strong>es</strong> doch Baiti, bitte sag mir doch, ob ich<br />
all<strong>es</strong> nur geträumt habe!“<br />
„Was ist schon ein Traum? Was ist die<br />
Wirklichkeit? Wenn du etwas intensiv erlebst,<br />
mit allem was dazu gehört, dann kann <strong>das</strong> die<br />
Realität sein, o<strong>de</strong>r man kann in einer an<strong>de</strong>ren<br />
Realitätsebene leben. Vielleicht kann man<br />
<strong>das</strong> <strong>als</strong> Traum bezeichnen<br />
Du kannst aber all<strong>es</strong> auch erlebt haben,<br />
möglich, <strong>das</strong>s du in die Zukunft g<strong>es</strong>chlüpft<br />
bist, wo du ein Leben <strong>als</strong> Weltraumscout<br />
lebst, o<strong>de</strong>r du lebst in <strong>de</strong>r Vergangenheit <strong>als</strong><br />
Prinz<strong>es</strong>sin, o<strong>de</strong>r <strong>als</strong> fahren<strong>de</strong>r Ritter.<br />
Eine weit verbreitete Theorie ist auch<br />
die Existenz von parallelen Welten, die nebeneinan<strong>de</strong>r<br />
existieren.<br />
Manche in <strong>de</strong>r gleichen Zeitepoche, manche<br />
in <strong>de</strong>r Zukunft, an<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Vergangenheit.<br />
Die G<strong>es</strong>chichte kann auf je<strong>de</strong>r parallelen<br />
Welt eine an<strong>de</strong>re Entwicklung genommen habe.<br />
103
Du musst für dich ganz allein entschei<strong>de</strong>n,<br />
ob du gelebt, o<strong>de</strong>r geträumt hast.“<br />
Das war eine lange Erklärung. Bella<br />
war nicht gewohnt, <strong>das</strong>s Baiti solch eine<br />
Quasselstrippe ist. Und nach<strong>de</strong>m sie alle<br />
ihre Erlebnisse, ihre Gefühle, ihre Erinnerungen,<br />
gegeneinan<strong>de</strong>r abgewogen hatte, b<strong>es</strong>chloss<br />
sie, <strong>das</strong>s ihre Abenteuer Wirklichkeit<br />
gew<strong>es</strong>en waren.<br />
Boahh! Ungeahnte Möglichkeiten, fantastische<br />
Welten eröffneten sich vor ihren geistigen<br />
Augen.<br />
„Okay! All<strong>es</strong> gecheckt! Dann wollen wir<br />
uns <strong>als</strong>o mal <strong>de</strong>r aktuellen Realität stellen.“<br />
Und die grausame Realität hieß:<br />
Aufstehen und ab in die Schule.<br />
„Uahhh!“ Bella gähnte ausgiebig und<br />
krabbelte total kaputt aus <strong>de</strong>r Kiste. Sie<br />
fühlte sich <strong>als</strong> hätte sie zehn Nächte<br />
durchgemacht. Ob <strong>das</strong> an einem Traum liegen<br />
kann?<br />
„Sei’s wie <strong>es</strong> ist“, sie torkelte verschlafen<br />
an <strong>de</strong>n Frühstückstisch. Na logo, <strong>das</strong><br />
musste die Realität sein. So zwei Deppen wie<br />
ihre Brü<strong>de</strong>r konnten nur in <strong>de</strong>r grausamen Realität<br />
vorkommen.<br />
„Na lieb<strong>es</strong> Schw<strong>es</strong>terlein? Du siehst heute<br />
mal wie<strong>de</strong>r entzückend aus. So´n Zwischending<br />
zwischen Dracula und <strong>de</strong>r Glöckner von<br />
Notre Damme.<br />
„Wuuaaahhhääääää...hä.““<br />
104
Das war für Bella zu viel. Erst rettete<br />
sie <strong>das</strong> Universum und dann, ohne je<strong>de</strong>n R<strong>es</strong>pekt,<br />
machten sie die zwei Oberschwachköppe<br />
blöd an.<br />
Sie stürzte sich auf ihre bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r,<br />
die fielen gegen ihren Vater, <strong>de</strong>r gegen <strong>de</strong>n<br />
Küchentisch, und all<strong>es</strong> zusammen kippte um.<br />
Das gab eine Sauerei! Spiegeleier, Orangensaft,<br />
knusperiger Toast, Milchgläser – inclusive<br />
schöner frischer Milch -, <strong>de</strong>r große<br />
Topf mit Erdbeermarmela<strong>de</strong> – all<strong>es</strong> lan<strong>de</strong>te<br />
zwischen zwei Jungen, einem Mädchen und einem<br />
fluchen<strong>de</strong>n Vater.<br />
Der Arm-Beine Knäuel strampelte um die<br />
Wette und machte in ausgezeichneter Teamarbeit<br />
die Sauerei immer größer.<br />
Bella hatte sich wie ein tollwütiger<br />
Foxterrier in ein Bein verbissen, <strong>das</strong>s aber<br />
peinlicherweise ihrem lieben Daddy gehörte.<br />
„Aauaahhahaeeuiaokrwaaututz!“<br />
AAUUFFHHÖÖRREENN!!!<br />
Es wur<strong>de</strong> still, wie in <strong>de</strong>r Gruft d<strong>es</strong><br />
kleinen Vampirs.<br />
Aus <strong>de</strong>m Schlachtfeld löste sich torkelnd<br />
eine uni<strong>de</strong>ntifizierbare G<strong>es</strong>talt.<br />
„AAUUFFHHÖÖRREENN!!!<br />
Das Marmela<strong>de</strong>nmonster griff nach <strong>de</strong>m<br />
nächsten freien Arm, griff daneben und ....<br />
plumps ... lan<strong>de</strong>te <strong>es</strong> in <strong>de</strong>n Spiegeleiern.<br />
„Nein ... nein .... nein!. Womit habe<br />
ich <strong>das</strong> verdient?!? Ich will nicht mehr!<br />
105
Ich kann nicht mehr. Der Marmela<strong>de</strong>nvater<br />
schlug die Hän<strong>de</strong> vors G<strong>es</strong>icht, während ein<br />
Toast langsam von <strong>de</strong>n Haaren, über die Stirn,<br />
über die Nase, auf sein Kinn rutschte.<br />
Eine kleine Hand schnappte sich vorsichtig<br />
<strong>de</strong>n Toast und hielt ihn ihrem Vater<br />
vor <strong>de</strong>n Mund.<br />
„Schau mal mein heißgeliebter Vater. Du<br />
brauchst <strong>de</strong>n Toast gar nicht mehr zu schmieren<br />
– ging ganz automatisch.<br />
Mit <strong>de</strong>m linken Auge schaute <strong>de</strong>r Leidgeprüfte<br />
seiner Tochter mitten ins G<strong>es</strong>icht.<br />
Das an<strong>de</strong>re Auge konnte er nicht benutzen, <strong>das</strong><br />
war schön sauber mit Erdbeermarmela<strong>de</strong> zug<strong>es</strong>chmiert.<br />
Wie auf Kommando fingen alle an zu lachen.<br />
Jorn, Helge, Bella und <strong>das</strong> Marmela<strong>de</strong>nmonster<br />
fielen sich in die Arme und lan<strong>de</strong>ten<br />
prompt noch einmal in <strong>de</strong>r Sauerei.<br />
„So ... Jungs, lasst uns jetzt <strong>de</strong>n<br />
ganzen Scheiß wegräumen und Schwamm darüber.“<br />
Eine vorbildliche und friedliche Familie<br />
säuberte die verwüstete Küche und fing noch<br />
einmal von vorne an.<br />
Di<strong>es</strong>mal wür<strong>de</strong> <strong>es</strong> ein tooootal harmonisch<strong>es</strong><br />
Frühstück an <strong>de</strong>m ein Vater von seinen<br />
Kin<strong>de</strong>rn wie ein indischer Radscha verwöhnt<br />
wur<strong>de</strong>.<br />
106
Natürlich musste die ganze Familie erst<br />
mal unter die Dusche, was gemeinsam bekanntlich<br />
ja b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>ren Spaß macht.<br />
Bellas Vater wusste, <strong>das</strong>s nach so einer,<br />
mehr rituellen Reinigung, ein paar Wochen<br />
lang Frie<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Familie herrschen wür<strong>de</strong>,<br />
<strong>das</strong> war <strong>das</strong> zerbrochene Frühstücksg<strong>es</strong>chirr<br />
wohl wert gew<strong>es</strong>en. Während er beruhigt zur<br />
Arbeitsstelle fuhr packte Bella ihre Schulsachen<br />
und ra<strong>de</strong>lte zur Schule.<br />
Im letzten Moment war ihr noch eingefallen,<br />
<strong>das</strong>s heute Schwimmen ansagt war und <strong>das</strong><br />
war <strong>de</strong>r Horror schlechthin. Nicht wegen <strong>de</strong>m<br />
Wasser und d<strong>es</strong> Planschens und allem, Bella<br />
war eine ausgezeichnete Schwimmerin, son<strong>de</strong>rn<br />
wegen ein paar Typen aus <strong>de</strong>r 10a, die die<br />
Mädchen regelmäßig tyrannisierten.<br />
Sie gingen so raffiniert vor, <strong>das</strong>s ihre<br />
Schwimmlehrerin ihnen nie etwas nachweisen<br />
konnte.<br />
Guckte sie in die eine Richtung schmissen<br />
sie auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite ein Mädchen ins<br />
Wasser. Kam sie dann auf die an<strong>de</strong>re Seite,<br />
wur<strong>de</strong> eine Klassenkameradin gegenüber getunkt.<br />
Dass sie auch in die Kabinen schlichen<br />
während sich die Mädchen umzogen, war schon<br />
fast selbstverständlich. Es war schlichtweg<br />
<strong>de</strong>r Horror.<br />
Und genau so kam <strong>es</strong>.<br />
Umklei<strong>de</strong>n konnten sie sich noch ohne<br />
Str<strong>es</strong>s, <strong>als</strong> sie dann aber vorsichtig die<br />
107
Schwimmhallentür öffneten, sahen sie die<br />
Typen schon stehen.<br />
Sadistisch, in offensichtlicher Vorfreu<strong>de</strong><br />
lungerten sie am Längsrand d<strong>es</strong><br />
Schwimmbeckens und von ihrer Lehrerin war wie<br />
immer weit und breit nix zu sehen.<br />
Bella wusste, <strong>das</strong>s heute etwas passieren<br />
wür<strong>de</strong>, <strong>das</strong> die Idioten ziemlich alt aussehen<br />
lassen wür<strong>de</strong>. Denn <strong>als</strong> sie heute früh Baiti<br />
von ihren Befürchtungen erzählte, hatte er<br />
ihr versprochen, <strong>das</strong> Kind schon zu schaukeln.<br />
Sie wusste zwar nicht wie Baiti mit <strong>de</strong>n<br />
Trotteln fertig wer<strong>de</strong>n wollte, aber sie hatte<br />
blind<strong>es</strong> Vertrauen zu ihrem Freund.<br />
Also trat sie selbstbewusst auf die<br />
grunzen<strong>de</strong>n Affen zu, blieb zwei Meter vor<br />
ihnen mit grimmiger Miene stehen, stemmte<br />
ihre Fäuste in die Seiten und baffte die<br />
Doofköppe an.<br />
„Haut ab ihr grinsen<strong>de</strong>n Affen! Heute<br />
und in Zukunft lasst ihr euch hier nicht mehr<br />
blicken. Schwirrt sofort ab, sonst <strong>gibt</strong>’s<br />
was auf die Birne!“<br />
„Wah-ah-ah-ah-ah-ah! Ich pack’s nicht.<br />
Di<strong>es</strong>e Spinnetante will uns was auf die Birne<br />
geben?!“<br />
Der Anführer drehte sich zu seinen Kumpanen,<br />
die lauth<strong>als</strong> in sein blöd<strong>es</strong> Gelächter<br />
einfielen.<br />
Ihre Freundinnen wollten sie unbedingt vor<br />
einer großen Dummheit bewahren und schnappten<br />
sie an ihrer Schulter.<br />
108
„Bella, komm, lass uns abhauen, die machen<br />
uns sonst alle. Gegen die haben wir<br />
nicht die geringste Chance, auch mit <strong>de</strong>inem<br />
Gelbgurt im Judo nicht.!“<br />
Aber Bella blieb unerschütterlich und<br />
starrte <strong>de</strong>n Ober<strong>de</strong>pp voll in d<strong>es</strong>sen pickelig<strong>es</strong><br />
Arschg<strong>es</strong>icht.<br />
Der strahlte über alle vier Backen, hob<br />
schon seine Arme um Bella zu packen, da ging<br />
plötzlich eine seltsame Wandlung in ihm vor.<br />
Sein Verhalten än<strong>de</strong>rte sich abrupt.<br />
Von grölen<strong>de</strong>n Gelächter über dämlich<strong>es</strong><br />
Gegrinse zu stummem Staunen und schließlich<br />
zu fassungslosem Entsetzen verän<strong>de</strong>rte sich<br />
sein Fretcheng<strong>es</strong>icht.<br />
Dabei starrte er auf einen Punkt hinter<br />
Bella <strong>als</strong> ob dort <strong>de</strong>r wahrhaftige Teufel<br />
stün<strong>de</strong>.<br />
Die Panik hatte auch seine Kumpel gepackt.<br />
Millimeter um Millimeter schoben sie<br />
sich mit schreckgeweiteten Augen <strong>zum</strong> Schwimmbadrand.<br />
Da wun<strong>de</strong>rte sich Bella aber sehr und bevor<br />
sie sich umdrehen konnte, wur<strong>de</strong> sie angere<strong>de</strong>t:<br />
„Hallo Bella, moane große Freundin. Sin<br />
dös di<strong>es</strong>e Frechdachse, die di immer ärgern?“<br />
Die Stimme hatte einen seltsamen, un<strong>de</strong>finierbaren<br />
Dialekt, aber irgendwie kam sie<br />
ihr unheimlich bekannt vor.<br />
109
„Das ist doch nicht.....<strong>das</strong> kann doch<br />
nicht....<br />
<strong>das</strong> ist doch nicht möglich...!?“<br />
Doch <strong>es</strong> war möglich. Zwar unmöglich,<br />
aber scheinbar doch nicht...!<br />
Hinter ihr, nein, mittlerweile stand er schon<br />
neben ihr, von einem Ohr <strong>zum</strong> an<strong>de</strong>ren grinsend<br />
stand, Bellas absoluter Schwarm, ihr absoluter<br />
Traummann: Arni!<br />
Arni, wie er leibt und lebt. Es war<br />
kein Kinofilm, son<strong>de</strong>rn ihre Schulschwimmhalle<br />
und mitten in ihr, die Halle mit seinem<br />
gewaltigen Body fast ausfüllend, stand Arnold<br />
Schwarzenegger!!!<br />
In Bellas Kopf drehte sich all<strong>es</strong>.<br />
Die Symptome kannte sie genau. Gleich<br />
wür<strong>de</strong> sie umkippen. Arni nahm sie in seine<br />
muskelbepackten, mächtigen Arme und lächelte<br />
sie vertraut an.<br />
„So, so, dös san <strong>als</strong>o di<strong>es</strong>e Trottel, die<br />
<strong>es</strong> wagen moane b<strong>es</strong>te Freundin zu ärgern?“<br />
„Nein, neiiiin!!!“<br />
Die Jungs rissen voller Panik ihre Arme<br />
nach oben <strong>als</strong> Arni auf sie zuschnellte.<br />
Zu spät!<br />
Zack...platsch...zack...platsch.. .zack....pl<br />
atsch.<br />
10 Zack-Platschs später hatte Arni die<br />
komplette Mannschaft ins Wasser beför<strong>de</strong>rt.<br />
110
So schnell hatten die Saftköppe noch nie<br />
die 50 Meter g<strong>es</strong>chafft. Hätte einer die Zeit<br />
g<strong>es</strong>toppt, wäre <strong>es</strong> sicher ein Weltrekord<br />
gewor<strong>de</strong>n.<br />
Mit gewaltigen Sätzen, die je<strong>de</strong>m Delphin<br />
alle Ehre gemacht hätte, sprangen sie aus <strong>de</strong>m<br />
Wasser und waren in absoluter Rekordzeit in<br />
ihren Kabinen verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Bellas Freundinnen stan<strong>de</strong>n immer noch<br />
mit offenen Mün<strong>de</strong>rn belämmert in <strong>de</strong>r Gegend<br />
herum. Arni hier in ihrer Schwimmhalle? Und<br />
noch dazu <strong>de</strong>r b<strong>es</strong>te Freund ihrer Freundin!?<br />
Unfassbar!!!<br />
Klapp!!... Wie auf Kommando schlossen<br />
sie ihre Futterluken.<br />
„Herr Schwarzenegger?“<br />
„Na, na, was soll dös? Mr. Schwarzenegger?<br />
Bellas Freundinnen san auch moane<br />
Freundinnen. Also bin i für euch Arni.“<br />
Arni schüttelte je<strong>de</strong>m Mädchen feierlich<br />
die Hand, während sie vor Ehrfurcht fast in<br />
Ohnmacht fielen.<br />
„So, moane jungen Damen. Lei<strong>de</strong>r muss i<br />
jetzt wiedr verschwin<strong>de</strong>n.<br />
Und du Bella, wenn <strong>es</strong> wie<strong>de</strong>r moal wie<strong>de</strong>r<br />
Schwierigkeiten <strong>gibt</strong>, egal welcher Art, rufst<br />
mi. Dann komm i mit Lichtg<strong>es</strong>chwindigkeit!“,<br />
dabei blinzelte er Bella verschmitzt zu und<br />
verschwand.<br />
111
Jetzt gab <strong>es</strong> kein Halten mehr. Bella<br />
wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mittelpunkt ein<strong>es</strong> wil<strong>de</strong>n Gedräng<strong>es</strong><br />
in <strong>de</strong>m sie fast unterging.<br />
„Arni <strong>de</strong>in Freund? Woher kennst du ihn?<br />
Hast du seine Muskeln schon mal berührt?<br />
Hast du ihn schon geküsst? Wo ist er hergekommen?<br />
Hast du ihn gerufen? Wie ist er<br />
<strong>de</strong>nn? Sag doch.. sag doch... sag doch... sag<br />
doch mal!“<br />
Jetzt langt’s aber! Es muss euch genügen,<br />
<strong>das</strong>s er ein guter Freund von mir ist,<br />
basta! Kümmert euch lieber mal um unsere<br />
Lehrerin, die liegt da vorne in <strong>de</strong>r Gegend<br />
rum.“<br />
Tatsächlich!<br />
Am Eingang lag ihre Lehrerin. Die war<br />
nicht tot. Nein! Die hatte <strong>es</strong> nur beim Anblick<br />
von Arni umgehauen. Wie alle älteren<br />
Jungfrauen war Arni <strong>de</strong>r Traum ihrer schlaflosen<br />
Nächte.<br />
Dass sie wirklich nur in Ohnmacht gefallen<br />
war, merkten die Mädchen <strong>als</strong> sie sie<br />
hochhoben und die nur: „Arni...Arni...<br />
Arni...ohh,.. Arni”, stammeln hörten.<br />
Eine lieb<strong>es</strong>tolle Schwimmlehrerin, <strong>das</strong><br />
hatte die Welt noch nicht g<strong>es</strong>ehen.<br />
Mit <strong>de</strong>r war heute nicht mehr zu rechnen.<br />
Also ließen sie die Weggetretene wie<strong>de</strong>r fallen...<br />
bang... mit <strong>de</strong>r Birne genau auf die<br />
Fli<strong>es</strong>en.<br />
112
Aber <strong>das</strong> nützte auch nichts.<br />
„Arni..Arni..ohh.. Arni“, <strong>als</strong>o da war nichts<br />
zu machen.<br />
So von ihrem langweiligen Schwimmdienst<br />
befreit, konnten se die nächsten zwei Stun<strong>de</strong>n<br />
nach Herzenslust in <strong>de</strong>r Schwimmhalle herumplanschen.<br />
Der Zwischenfall im Schwimmbad hatte<br />
sich in Wind<strong>es</strong>eile in <strong>de</strong>r Schule herumg<strong>es</strong>prochen.<br />
Ein Mädchen, <strong>das</strong> <strong>als</strong> Freund Arnold<br />
Schwarzenegger hat, musste <strong>zum</strong> absoluten Star<br />
gekürt wer<strong>de</strong>n. Und <strong>das</strong> nicht nur bei <strong>de</strong>n<br />
Schülern .<br />
Die Lehrer und natürlich vor allem die<br />
Lehrerinnen behan<strong>de</strong>lten Bella ab sofort wie<br />
eine Märchenprinz<strong>es</strong>sin.<br />
Sie konnte sich einfach all<strong>es</strong> erlauben<br />
und <strong>als</strong> dann die Wahlen für die Schulsprecherin<br />
anstan<strong>de</strong>n war <strong>es</strong> fast schon selbstverständlich,<br />
<strong>das</strong>s Bella, die die 5c <strong>als</strong> Klassensprecherin<br />
vertrat, mit überwältigen<strong>de</strong>m<br />
Ergebnis zur Schulsprecherin gewählt wur<strong>de</strong>.<br />
Eine Schulsprecherin mit 11..na ja bald 12<br />
Jahren, <strong>das</strong> hatte <strong>es</strong> an di<strong>es</strong>er Schule noch<br />
nie gegeben.<br />
113<br />
*
fünf<br />
114
Als Bella abends in ihrer Koje lag,<br />
ließ sie di<strong>es</strong>en saugeilen Tag noch einmal an<br />
sich vorbeiziehen.<br />
Sie stellte sich Arni in einer glänzen<strong>de</strong>n<br />
Ritterrüstung vor und seufzte ergriffen,<br />
während sie wehmütig von einer Zeit<br />
träumte, in <strong>de</strong>r sie <strong>als</strong> Zauberer o<strong>de</strong>r Ritter<br />
die große B<strong>es</strong>chützerin und Rächerin aller<br />
Schwachen und Unterdrückten wäre und die Welt<br />
von grausamen D<strong>es</strong>poten und stinken<strong>de</strong>n Drachen<br />
befreite.<br />
Während di<strong>es</strong>e sentimentalen Fantasien<br />
in ihrem Gehirn rumspukten, entschwebte sie<br />
selig in ihre Traumwelt.<br />
„WUMMMS!!!“<br />
Erschrocken riss sie ihre Gucker auf<br />
und sah....., ja was sah sie <strong>de</strong>nn überhaupt????!<br />
Sie stand mitten im Gemüse.<br />
Links Kohl, rechts Sellerie, vor ihr ein Hase<br />
in Le<strong>de</strong>rstiefeln.....???<br />
Was......??! Ein Hase in Le<strong>de</strong>rstiefeln.....??!<br />
Ein Traum....? Nein ein Alptraum. Ein<br />
Hase in Le<strong>de</strong>rstiefeln. Wenn <strong>es</strong> wenigstens ein<br />
g<strong>es</strong>tiefelter Kater gew<strong>es</strong>en wäre, <strong>das</strong> hätte<br />
sie ja noch verstan<strong>de</strong>n!!<br />
115
Das konnte nur ein Alptraum sein!<br />
„Ich träume....., oh ich glaube ich träume<br />
und dazu noch so was bekloppt<strong>es</strong>!“ stammelte<br />
sie entsetzt. „Zwick mich doch mal jemand!!“<br />
„AU“<br />
Hatte sie doch di<strong>es</strong><strong>es</strong> blö<strong>de</strong> Vieh in <strong>de</strong>n<br />
rechten Arm gezwickt.<br />
„Sag mal du g<strong>es</strong>tiefelt<strong>es</strong> Karnickel,<br />
hast du noch alle Mohrrüben in <strong>de</strong>r Schubla<strong>de</strong>?“<br />
Bella fauchte wütend <strong>de</strong>n frech grinsen<strong>de</strong>n<br />
Hasen an.<br />
„Aber, aber groß<strong>es</strong> Zauberer“, antwortete<br />
<strong>de</strong>r Hase vergnügt. „Groß<strong>es</strong> Zauberer<br />
haben g<strong>es</strong>agt zwicken und klein<strong>es</strong> Hase hat gezwickt.<br />
„Klein<strong>es</strong> Hase tut all<strong>es</strong> was groß<strong>es</strong><br />
Zauberer sagen, auch wenn groß<strong>es</strong> Zauberer<br />
ziemlich klein für groß<strong>es</strong> Zauberer und noch<br />
dazu ein– na ja niemand ist perfekt –klein<strong>es</strong><br />
Mädchen ist!“<br />
„WAAAS!!! Du großohrig<strong>es</strong> Mistvieh ich<br />
ein klein<strong>es</strong> Mädchen? Ich wer<strong>de</strong> die einen Knoten<br />
in <strong>de</strong>ine Schlappohren machen!“<br />
Bella stürzte sich wie eine Furie<br />
auf <strong>de</strong>n grinsen<strong>de</strong>n Hasen.<br />
PLOPP!!<br />
Da wo eben noch <strong>de</strong>r g<strong>es</strong>tiefelte Hase<br />
g<strong>es</strong>tan<strong>de</strong>n hatte, war nur noch ein ri<strong>es</strong>iger<br />
Kohlkopf, in <strong>de</strong>n sie voll rein knallte.<br />
116
„Na na, Rohkost am frühen Mittag.<br />
Ist <strong>das</strong> für einen Menschen nicht etwas<br />
ungewöhnlich?“<br />
Bella rappelte sich aus <strong>de</strong>m Kohlkopf,<br />
spuckte eine Ladung rohen Kohls aus,<br />
<strong>de</strong>n sie bei ihrer Landung in <strong>de</strong>n Mund bekommen<br />
hatte und wandte sich wutentbrannt an <strong>de</strong>n<br />
unverschämten Sprecher.<br />
Klar, wie<strong>de</strong>r di<strong>es</strong><strong>es</strong> blö<strong>de</strong> Karnickel.<br />
Jetzt stand <strong>es</strong> hinter Bella?? Wie hatte<br />
<strong>es</strong> <strong>das</strong> bloß g<strong>es</strong>chafft????<br />
Allmählich setzte ihr arg strapazierter<br />
Verstand wie<strong>de</strong>r ein. Sie g<strong>es</strong>tattete<br />
sich einen ri<strong>es</strong>engroßen Seufzer und ließ sich<br />
r<strong>es</strong>ignierend auf einen Feldstein fallen.<br />
„Gut...okay..., fangen wir noch mal<br />
von vorne an.<br />
Du bist ein Hase mit Stiefeln an<br />
<strong>de</strong>n Hinterhufen....aber die Stiefel stimmen<br />
n.....“<br />
„Warum soll ich keine Stiefel anhaben,“<br />
unterbrach sie <strong>de</strong>r Hase entrüstet,<br />
„<strong>de</strong>ine Plattfüße stecken doch auch in Le<strong>de</strong>rgamaschen....und...,<br />
groß<strong>es</strong> Zauberer..., na<br />
ja, mittlerweise habe ich da so meine Zweifel!!“<br />
„Warum Zweifel?....ich verstehe nur<br />
Bahnhof.“ In Bellas Schä<strong>de</strong>l gaben sich ganze<br />
Hornissenschwärme ein Stelldichein.<br />
„Ha, du siehst zwar wie ein großer<br />
Zauberer aus, so mit <strong>de</strong>inem Meisterzauberkäppi,<br />
<strong>de</strong>m grünen Zauberdr<strong>es</strong>s und <strong>de</strong>m silber-<br />
117
nen Zauberschwert, <strong>das</strong> nur große Zauberer,<br />
die auch tapfere Ritter sind tragen<br />
dürfen ....aber <strong>de</strong>r R<strong>es</strong>t von<br />
dir......ts....ts....“<br />
„Ja...ja...! Ich bin ein Zauberer<br />
und Ritter, genau <strong>das</strong> bin ich.....<br />
ja...ja...! Aber wi<strong>es</strong>o...warum...w<strong>es</strong>halb<br />
oh...oh...!! Na ja is ja auch egal.<br />
Ich bin ein großer Zauberer und<br />
du...was o<strong>de</strong>r wer bist du?“.<br />
„Ich bin: Nepomuk Fürchtnix Hyronnimus<br />
<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r alle Rennen gewinnt, von <strong>de</strong>r<br />
Hinterschanze, von und zu Hasenheim und Glitterzwergenburg“,<br />
du kannst aber auch einfach<br />
Billy zu mir sagen.<br />
Und ich bin <strong>de</strong>in Knappe, schließlich<br />
braucht ja je<strong>de</strong>r große Ritter einen<br />
Knappen und bin auch noch <strong>de</strong>in Zauberlehr-<br />
ling, wie <strong>es</strong> sich für einen Zauberer <strong>de</strong>iner<br />
Klasse gehört.<br />
Nicht wahr großer Meister...äh..<br />
Meisterin!?“<br />
Jetzt musste Bella erst mal in aller<br />
Ruhe nach<strong>de</strong>nken.<br />
Also: 1. Ich schlafe nicht mehr<br />
2. Ich bin offensichtlich nicht mehr in<br />
meinem Bett<br />
Ritter<br />
3. Ich bin ein großer Zauberer und<br />
4. Ich habe sogar einen Lehrling,<br />
118
<strong>als</strong>o kann ich jetzt endlich loslegen und<br />
Prinzen befreien, Drachen b<strong>es</strong>iegen und all<strong>es</strong><br />
an<strong>de</strong>re von <strong>de</strong>m ich schon immer geträumt habe.........ri<strong>es</strong>ig!!!!<br />
„Hust...hust....ähem.., entschuldige<br />
groß<strong>es</strong> Zauberer, wenn ich dich bei <strong>de</strong>inen –<br />
b<strong>es</strong>timmt tiefschürfen<strong>de</strong>n Gedanken – stören<br />
muss......aber ich glaube, du musst uns eben<br />
mal `n bisschen retten.“<br />
„Retten????? Ich soll uns retten?“,<br />
verblüfft schielte sie auf ihren Hasen.<br />
retten?<br />
Vor was o<strong>de</strong>r wem soll ich uns <strong>de</strong>nn<br />
„Drehe dich doch mal gaaaanz vorsich-<br />
tig rum groß<strong>es</strong> Zauberer, <strong>de</strong>r du mir bis jetzt<br />
noch nicht mal <strong>de</strong>inen Namen genannt hast, <strong>das</strong><br />
hat im Moment aber Zeit, wenn du uns nur mal<br />
schnell <strong>das</strong> Leben retten würd<strong>es</strong>t, wäre ich<br />
für <strong>de</strong>n Anfang schon zufrie<strong>de</strong>n.“<br />
Rumdrehen...........Leben<br />
retten.... .........Namen nennen????<br />
Total konfus <strong>das</strong> all<strong>es</strong>. „Na dann<br />
drehe ich mich eben mal rum“, dachte Bella<br />
laut.“<br />
„AHHHHHHH!!“<br />
So schnell war Bella noch nie auf<br />
einen Baum gerast. Wie ein geölter Blitz<br />
schoss sie in die nächste Eiche, <strong>als</strong> ob eine<br />
ganze Wolfsmeute hinter ihr her wäre.<br />
Und genau <strong>das</strong> war <strong>es</strong>, <strong>das</strong> sie beim<br />
Umdrehen ent<strong>de</strong>ckt hatte.<br />
119
Ein ganz<strong>es</strong> Ru<strong>de</strong>l furchteinflößen<strong>de</strong>r,<br />
stinken<strong>de</strong>r, sabbern<strong>de</strong>r, ri<strong>es</strong>iger weißer Wölfe,<br />
die selbst Dracula <strong>das</strong> Fürchten gelehrt<br />
hätten.<br />
*<br />
Da saß sie nun, in <strong>de</strong>r breiten Krone<br />
einer gewaltigen knorrigen Eiche, unter ihr<br />
neun blutrünstige B<strong>es</strong>tien und neben ihr, ihr<br />
getreuer Knappe Billy.<br />
Billy!! Den hatte sie ja total verg<strong>es</strong>sen<br />
und <strong>de</strong>r Typ glotzte sie auch noch voll<br />
mitleidig an, wie eine Spinne, die gleich die<br />
gefangene Fliege auffrisst.<br />
„Sag mal groß<strong>es</strong> Zauberer, ist <strong>das</strong><br />
ein neuer Zaubertrick, die Werwölfe austrick-<br />
sen, in <strong>de</strong>m man auf die Bäume rennt?“<br />
„I..........ga.........ga....wei..<br />
....weiß.....!“, stotterte Bella zusammenhanglos.<br />
„Das mag ja ganz lustig sein“, fuhr<br />
Billy ungerührt fort, „aber wenn ich be<strong>de</strong>nke,<br />
<strong>das</strong>s die sich einfach in Menschen verwan<strong>de</strong>ln<br />
können, dann klettern sie hier hoch und<br />
schmeißen uns runter zu ihren an<strong>de</strong>ren Kumpanen.<br />
Na, ich weiß ja nicht so recht.....?“<br />
120
„Was soll ich <strong>de</strong>nn machen??? Billy so<br />
helf mir doch!!! Guck mal die ersten zwei<br />
sind schon halbe Menschen und fangen an <strong>de</strong>n<br />
Baum hochzuklettern!!!!“<br />
Bella bekam voll die Panik.<br />
So hatte sie sich ihr Zauberer<strong>das</strong>ein<br />
aber nicht vorg<strong>es</strong>tellt.<br />
„Oh...oh, groß<strong>es</strong> Zauberer ratlos!!<br />
Da muss wohl kleiner Lehrling sich was einfallen<br />
lasen. Woll’n wir mal sehen, was ich<br />
in <strong>de</strong>n ersten zehn Lehrjahren beim großen<br />
Zauberer „Eusebius-Karl-Friedrich <strong>de</strong>r Listenreiche-größter<br />
Zauberer von und zu Zauberfels-Hüter<br />
<strong>de</strong>r“.....usw.....usw, <strong>de</strong>n R<strong>es</strong>t<br />
sparen wir uns für später auf, für so ´nen<br />
Zwischenfall gelernt habe.<br />
Der Hase legte seine Stupsnase in<br />
Denkerfalten, Bella hatte ja gar nicht ge-<br />
wusst, <strong>das</strong>s Hasen ihre Nasen –Wow..<strong>das</strong> reimt<br />
sich- in Denkerfalten legen können. Auf <strong>de</strong>r<br />
an<strong>de</strong>ren Seite hatte sie aber auch noch nie<br />
einen sprechen<strong>de</strong>n g<strong>es</strong>tiefelten Hasen kennengelernt,<br />
<strong>als</strong>o konnte sie ja überhaupt nicht<br />
wissen ob Hasen ihre Stirne in Denkerfalten<br />
legen.......(Schluss jetzt mit <strong>de</strong>m Scheiß).<br />
Also wie schon kurz bemerkt, Billy<br />
legte seine Nase in Denkerfalten und musterte<br />
die bedrohlich näher kommen<strong>de</strong>n G<strong>es</strong>talten,<br />
halb Mensch, halb Wolf, ängstlich.<br />
Dramatisch hob er endlich seine Hasenpfoten<br />
und legte los:<br />
121
„Du Wolf, du Schwein........oh....oh<br />
<strong>das</strong> war nix...! Ich fang noch mal von vorne<br />
an.<br />
Ob Wolf ob Mensch<br />
Ob Fisch ob Hengst<br />
Ihr Wölfe klein<br />
Ich sag euch lasst <strong>das</strong> sein<br />
Auch bin ich noch so klein<br />
Ich sag euch wer<strong>de</strong>t Stein.<br />
Der Werwolf, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> seine, mit m<strong>es</strong>serscharfen<br />
Krallen versehene Pranke nach<br />
Bella ausstreckte, seine mör<strong>de</strong>rischen Dolche<br />
nur noch Millimeter von Bellas Nase entfernt,<br />
stieß plötzlich einen markerschüttern<strong>de</strong>n<br />
Schrei aus und fiel wie ein nasser Sack von<br />
<strong>de</strong>r Eiche.<br />
Als ihre Panik am abklingen war, glotzte<br />
sie perplex auf die kuriose Szene, die<br />
sich unter <strong>de</strong>m Baum abspielte.<br />
Wie total b<strong>es</strong>offen, purzelten die vierbeinigen<br />
Schreckg<strong>es</strong>penster wild durcheinan<strong>de</strong>r<br />
und stießen dabei die urtümlichsten und seltsamsten<br />
Laute aus, die Bella je gehört hatte.<br />
Ein nervös<strong>es</strong> Hüsteln lenkte sie von<br />
di<strong>es</strong>en b<strong>es</strong>tialischen, grauenvollen und unmenschlichen<br />
Schreien ab und brachte sie<br />
zurück in die Wirklichkeit.<br />
122
„Schnell...schnell...groß<strong>es</strong> Zauberer,<br />
lass uns verschwin<strong>de</strong>n...flugs...flugs!!<br />
en!“<br />
Auf Kumpel, jetzt lass uns doch abhau-<br />
Der Hase schien am Ran<strong>de</strong> ein<strong>es</strong> Nervenzusammenbruchs<br />
zu sein, was Bella doch sehr erstaunte.<br />
Hatte er sie bei<strong>de</strong> nicht gera<strong>de</strong> vor<br />
einem grauenvollen En<strong>de</strong> bewahrt, in<strong>de</strong>m er die<br />
blutrünstigen Monster mit einem bravourösen<br />
Zauberspruch zu Bo<strong>de</strong>n g<strong>es</strong>tampft hatte?<br />
„Aber warum <strong>de</strong>nn getreuer Knappe? Du<br />
scheinst ja selbst ein großer Zauberer zu<br />
sein. Guck mal, wie du die fertig gemacht<br />
hast! Die pinkeln sich vor Angst in ihre<br />
Hosen, wenigstens die, die welche anhaben.“<br />
Nur ein kleiner Teil <strong>de</strong>r B<strong>es</strong>tien war<br />
noch in Wolfsg<strong>es</strong>talt, die an<strong>de</strong>ren waren unten<br />
Mensch –mit allem was Menschen so<br />
haben..hi ..hi, peinlich, peinlich- und <strong>de</strong>r<br />
obere Teil noch Wolf.<br />
„Mensch Kumpel, du hast ja Null Durch-<br />
blick. Die und fertiggemacht. Die lachen sich<br />
gera<strong>de</strong> kaputt. Werwölfe wissen je<strong>de</strong>n guten<br />
Witz zu schätzen.....eigentlich sind sie die<br />
witzigsten W<strong>es</strong>en auf <strong>de</strong>m Globus und meinen<br />
Zauberspruch scheinen sie für einen ri<strong>es</strong>igen<br />
Gag zu halten.<br />
Aber wehe sie sind mit <strong>de</strong>m Gewieher<br />
fertig und wie<strong>de</strong>r bei Puste....dann geht’s<br />
uns aber dreckig.<br />
Also los!“<br />
123
Wenn <strong>es</strong> bei <strong>de</strong>r Olympia<strong>de</strong> eine „vom-<br />
Baum-springen-und-wegrennen“ Goldmedaille<br />
geben wür<strong>de</strong>, Bella und ihr Karnickel hätten<br />
die 100pro in ihrer Tasche gehabt.<br />
Zwanzig Minuten später fielen sie auf<br />
einer kleinen Anhöhe japsend und total am En<strong>de</strong><br />
auf die feuchte Er<strong>de</strong>. Ein paar Minuten<br />
später und sie wären auf ihre Zungen getre-<br />
ten, die ihnen schon be<strong>de</strong>nklich nahe an <strong>de</strong>n<br />
Kniekehlen hingen.<br />
Und dann war erst mal 10 Minuten<br />
Sen<strong>de</strong>pause: 1 Minute<br />
2 Minuten<br />
3 Minuten<br />
4 Minu.............usw.<br />
„Wow!“ Fand Bella endlich ihre Sprache<br />
wie<strong>de</strong>r. „Ich scheine wirklich viel verg<strong>es</strong>sen<br />
zu haben. So von <strong>de</strong>m Zaubern und <strong>de</strong>n Sprüchen<br />
und so....und..., na ja, trotz allem; mein<br />
kleiner hoppeln<strong>de</strong>r Freund, kannst du mir mal<br />
auf die Sprünge helfen.<br />
Erkläre mir mal in aller Ruhe wie <strong>es</strong><br />
genau mit <strong>de</strong>m Zaubern abläuft und so weiter.“<br />
Der schielte skeptisch zu Bella, musterte<br />
sie mitleidig wie ein gera<strong>de</strong> geboren<strong>es</strong><br />
Kaninchen, <strong>das</strong> noch <strong>de</strong>n Flaum an <strong>de</strong>n Löffeln<br />
hat und seufzte r<strong>es</strong>igniert.<br />
„Also gut Kumpel. Hab schon bemerkt,<br />
<strong>das</strong>s du von nix ne Ahnung hast, <strong>als</strong>o sperr<br />
mal <strong>de</strong>ine Lauscher auf und lerne möglichst<br />
124
schnell und gut zu zaubern, sonst geht’s uns<br />
an <strong>de</strong>n Kragen.“<br />
„An <strong>de</strong>n Kragen? Warum soll’s uns <strong>de</strong>nn<br />
an <strong>de</strong>n Kragen gehen?“, Bella war wie<strong>de</strong>r mal<br />
total verdutzt. Was sie wohl jetzt wie<strong>de</strong>r<br />
übersehen hatte?<br />
„Na meinst du <strong>de</strong>nn Werwölfe können<br />
nicht rennen? Wenn die sich von ihrer Lachorgie<br />
erholt haben, sind die schneller hier<br />
<strong>als</strong> du –Schlappgoschen<strong>es</strong>elsohreng<strong>es</strong>penst- sagen<br />
kannst“, so nen transusigen Zauberer<br />
hatte Billy aber wirklich noch nie erlebt.<br />
„Aber warum soll ich <strong>de</strong>nn –Schlappgoschen<strong>es</strong>.........?“<br />
„Hälst du jetzt endlich <strong>de</strong>ine Menschenschnute<br />
und hörst zu!“<br />
Billy sprang mit bei<strong>de</strong>n b<strong>es</strong>tiefelten<br />
Hinterläufen auf Bellas Bauch und hüpfte wie<br />
wild auf ihr herum, während er bei je<strong>de</strong>m<br />
Hüpfer schrie:<br />
Hörst du jetzt zu.....bummm<br />
Hörst du jetzt zu.....bummm<br />
Hörst du jetzt zu.....bummm..<br />
.....nach 20 „Hörst du jetzt zu“ hatte er<br />
Bella endlich soweit, <strong>das</strong>s sie ihre Klappe<br />
hielt und mal einen an<strong>de</strong>ren zu Wort kommen<br />
ließ, was ihr aber sehr schwer zu fallen<br />
schien.<br />
Und Billy erklärte.<br />
„Eigentlich sollt<strong>es</strong>t du wissen, <strong>das</strong>s<br />
Zaubern lernen eine lange...lange...Lehrzeit<br />
125
e<strong>de</strong>utet. Das sind für einen Lehrling schon<br />
mind<strong>es</strong>tens 50 Jahre. Ich bin mit meinen 10<br />
Jahren Lehrzeit immer noch Juniorlehrling.“<br />
„Aber du siehst doch erst wie 2 Jahre<br />
aus“, fragte Bella verdutzt.<br />
„Unterbrichst du mich schon wie<strong>de</strong>r.<br />
Natürlich lernt man schon im ersten Lehrjahr<br />
sein Leben zu verlängern. Ich wer<strong>de</strong> locker<br />
2000 Jahre alt. Jetzt halt aber endlich <strong>de</strong>ine<br />
Klappe!<br />
Also wo war ich stehen<br />
geblieben ...ach so ja, <strong>als</strong>o ein<br />
ausgewachsener Zau-berer wie du einer sein<br />
willst, braucht vom Lehrling <strong>zum</strong> Meister<br />
mind<strong>es</strong>tens 400 Jahre.<br />
Und jetzt <strong>zum</strong> Zaubern selbst. Am<br />
wichtigsten ist, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r Zauberspruch in<br />
Gedichtform sein muss, er muss sich <strong>als</strong>o<br />
reimen! Soweit all<strong>es</strong> klar Kumpel??<br />
„Ja...ja...Billy. Erklär einfach<br />
weiter, <strong>das</strong> habe ich ja all<strong>es</strong> schon gewusst.”<br />
Bella hatte ihre alte Überheblichkeit<br />
schnell wie<strong>de</strong>rgefun<strong>de</strong>n.<br />
Jetzt keine Blöße geben, <strong>das</strong> wür<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>m Hasenvieh so passen!<br />
Also blieb sie voll cool und ließ<br />
ihn weitererklären.<br />
„Natürlich musst du <strong>de</strong>n Zauberspruch<br />
mit voller Überzeugung und Nachdruck in die<br />
Gegend schmettern. Jed<strong>es</strong> Zau<strong>de</strong>rn verdirbt die<br />
Zauberwirkung. O<strong>de</strong>r, was noch schlimmer ist,<br />
126
er wird in sein Gegenteil verkehrt und dann<br />
oh....haue..haue...!<br />
Und zu guter Letzt muss <strong>de</strong>r Spruch<br />
einen Bezug zur Wirklichkeit haben, so wie du<br />
dir sie vorstellst. Das all<strong>es</strong> und die paar<br />
100 Jährchen Zauberschule machen einen Zauberer<br />
aus einem. Aber <strong>das</strong> wusst<strong>es</strong>t du all<strong>es</strong> bereits<br />
und wollt<strong>es</strong>t nur mal sehen, ob ich <strong>das</strong><br />
auch weiß, nicht wahr mein Zauberleinchen?“<br />
Billy grinste Bella anzüglich an,<br />
nach<strong>de</strong>m er seinen Vortrag been<strong>de</strong>t hatte.<br />
„Na klar habe ich <strong>das</strong> all<strong>es</strong> gewusst,<br />
<strong>es</strong> war mir im Moment nur nicht eingefallen.<br />
Str<strong>es</strong>s...du verstehst sicher...die vielen Di-<br />
mensionen...Str<strong>es</strong>s...Str<strong>es</strong>s“<br />
Wenn Bella durchblickte, konnte sie<br />
nichts mehr erschüttern, so dachte sie wenigstens.<br />
„Das freut mich für uns, <strong>das</strong>s du<br />
wie<strong>de</strong>r voll fit bist. Dann fang mal gleich an<br />
zu zaubern, da vorne kommen die Werwölfe.“<br />
Oh...die waren ganz schön sauer. Das<br />
sah man sofort <strong>als</strong> die am Fuß d<strong>es</strong> Hügel angepr<strong>es</strong>cht<br />
kamen.<br />
Die Schnauzen scheunentorweit aufge-<br />
rissen spritzte <strong>de</strong>r Sabber in alle Richtungen<br />
und verbreitete eine mittlere Überschwemmung.<br />
aus.<br />
Mensch....die sahen vielleicht sauer<br />
127
Und ihr ohrenbetäubend<strong>es</strong> Geheul<br />
klang wie alle Feuerwehrsirenen ihrer Heimatstadt<br />
zusammen.<br />
100 Meter....90 Meter....80 Meter..,<br />
jetzt schon 50 Meter. Die wur<strong>de</strong>n immer<br />
schneller statt langsamer.....oh mannomannomannno..!<br />
5 Meter...2,75 Meter..., die paralysierte<br />
Bella konnte genau in <strong>das</strong> ri<strong>es</strong>ige Maul<br />
d<strong>es</strong> ersten und größten Wolf<strong>es</strong> schauen, in <strong>de</strong>m<br />
noch <strong>als</strong> Überbleibsel seiner letzten Mahlzeit<br />
ein halber Hase zappelte.....und <strong>das</strong> löste<br />
ihre Starre.<br />
Im wahrlich allerletzten Moment<br />
fiel ihr ein Zauberspruch ein.<br />
Mit sich überschlagen<strong>de</strong>r Stimme<br />
fing sie an so laut zu schreien wie sie<br />
konnte und ihre Tod<strong>es</strong>furcht sorgte für die<br />
nötige geistige Motivation:<br />
„Wir wollen unsren Frie<strong>de</strong>n<br />
auch von Stinkewölfen<br />
lassen wir uns nicht kriegen<br />
wie lästige Fliegen werd ich euch<br />
b<strong>es</strong>iegen.<br />
Ich krieg nen Rappel<br />
Und hau euch auf en Appel.<br />
„TSCHONG!!!!!!“<br />
128
Aus <strong>de</strong>m Nichts erschien eine ri<strong>es</strong>ige Fliegen-<br />
patsche und donnerte mit Urgewalt je<strong>de</strong>m Stinkewolf<br />
auf die verlauste Rübe.<br />
Wie<strong>de</strong>r und wie<strong>de</strong>r schmetterte <strong>de</strong>r<br />
Fliegenkiller auf die Matschbirnen <strong>de</strong>r Wolfsmeute,<br />
bis die ganze Gegend in einem Nebelfeld<br />
aus zerquetschten Läusen und Stink<strong>es</strong>taub<br />
verschwun<strong>de</strong>n war.<br />
Aus <strong>de</strong>m Nebelfeld spritzten wild zu-<br />
cken<strong>de</strong> Werwölfe, <strong>de</strong>ren Fell, wenn sie überhaupt<br />
noch Fell hatten, nach allen Seiten von<br />
ihren stinken<strong>de</strong>n Kadavern abstand.<br />
Wenn ihr Geheul nach <strong>de</strong>m Zauberspruch<br />
d<strong>es</strong> Hasen wie Feuerwehrsirenen geklungen hatte,<br />
jetzt hörte <strong>es</strong> sich an, <strong>als</strong> wür<strong>de</strong>n alle<br />
Schiffssirenen <strong>de</strong>r Atlantikflotte auf einmal<br />
erschallen.<br />
Nach einer Minute war keine Schwanzspitze<br />
mehr zu sehen und nur zwei verdatterte,<br />
blöd glotzen<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r...na ja Zauberlehrling<br />
Hase und „Meisterzauberer“<br />
Bella .....stan<strong>de</strong>n wie die Ölgötzen in <strong>de</strong>r<br />
Gegend rum.<br />
Das hatte hingehauen!<br />
„Mann...<strong>das</strong> war aber starke Magie! So<br />
was hab ich ja noch nie g<strong>es</strong>ehen. Was war <strong>de</strong>nn<br />
<strong>das</strong> für ein Ding? Noch nie, noch nie g<strong>es</strong>ehen...wie<br />
aus einer an<strong>de</strong>ren Welt...! Erzähl<br />
großer Meister....erzähl....!“<br />
Dabei zuppelte er an Bellas Ärmel um<br />
ihre Aufmerksamkeit zu erregen.<br />
129
Die fand langsam in die Wirklichkeit<br />
zurück und damit zu ihrem Selbstvertrauen.<br />
„Oh nichts b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>r<strong>es</strong>, mein einfachster<br />
Zauber“, sie wur<strong>de</strong> zusehendst immer<br />
größer.<br />
„Lass uns nicht länger über so Kleinigkeiten<br />
re<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn anfangen Drachen zu<br />
b<strong>es</strong>iegen und Prinzen zu befreien....auf, los<br />
geht’s!“<br />
Und so begab sich <strong>das</strong> ungleiche Paar<br />
auf die Wan<strong>de</strong>rschaft, um, wie alle großen<br />
Zauberer, die Welt mit ihrer Zauberkraft zu<br />
beglücken.<br />
Nach drei Tagen gemütlichem und ereignislosem<br />
Wan<strong>de</strong>rn, kamen sie an einen großen Fluss,<br />
d<strong>es</strong>sen schäumen<strong>de</strong> Fluten all<strong>es</strong> an<strong>de</strong>re <strong>als</strong><br />
einla<strong>de</strong>nd auf die mü<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rer wirkte.<br />
Aber rüber mussten sie, koste <strong>es</strong> was<br />
<strong>es</strong> wolle. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite d<strong>es</strong> reißen<strong>de</strong>n<br />
Stroms wartete, nur vier Tag<strong>es</strong>reisen entfernt,<br />
ein Drache auf sie.<br />
Ein schöner Drache. 20 Meter lang,<br />
mit Klauen wie Mistgabeln und einem heißen<br />
Atem, <strong>de</strong>r noch 50 Meter entfernte Bäume in<br />
brennen<strong>de</strong> Fackeln verwan<strong>de</strong>ln konnte.<br />
*<br />
130
Das all<strong>es</strong> hatten sie von einem Bauern<br />
erfahren, <strong>de</strong>n sie vor zwei Tagen angstschlotternd<br />
am Weg<strong>es</strong>rand getroffen hatten,<br />
einziger Überleben<strong>de</strong>r ein<strong>es</strong> Dorf<strong>es</strong>, <strong>das</strong> <strong>de</strong>r<br />
Drache mit einem Puster ausradiert hatte.<br />
Also kurz und gut, genau ein Drache<br />
nach Bellas G<strong>es</strong>chmack.<br />
Aber zuerst galt <strong>es</strong> sich auf <strong>das</strong><br />
Naheliegendste zu konzentrieren und <strong>das</strong> war<br />
di<strong>es</strong><strong>es</strong> schäumen<strong>de</strong> Monstrum vor ihnen.<br />
„Na großer Meister, wie wollen wir<br />
<strong>de</strong>nn di<strong>es</strong><strong>es</strong> kleine Rinnsal überqueren?“<br />
In <strong>de</strong>n letzten Tagen hatte Billys<br />
Ehrfurcht, die Bella bei ihrem Sieg über die<br />
Werwölfe bei ihm hervor gerufen hatte, doch<br />
schon arg gelitten, da <strong>es</strong> ihr nicht gelungen<br />
war, trotz zig Versuchen, ein geeignet<strong>es</strong><br />
Transportmittel für ihre Wan<strong>de</strong>rung herbei zu<br />
zaubern.<br />
Alle 15 Versuche und ihre ganze Vor-<br />
stellungskraft hatten nur für einen Tretroller<br />
ausgereicht, <strong>de</strong>n sogar ein vierjährig<strong>es</strong><br />
Kind empört abgelehnt hätte.<br />
Jetzt wollte Bella <strong>es</strong> ihrem vorwitzigen<br />
Freund aber zeigen.<br />
Der sollte vor Ehrfurcht erblassen,<br />
<strong>das</strong> wür<strong>de</strong> ihr Meisterstück wer<strong>de</strong>n.<br />
„Jetzt pass mal auf du hoppeln<strong>de</strong><br />
Schnapsdrossel“, motzte sie <strong>de</strong>n Hasen an, in<br />
Anspielung auf d<strong>es</strong>sen Vorliebe für Schnaps,<br />
<strong>de</strong>n er immer in einer Feldflasche am Gürtel<br />
131
dabei hatte und während ihrer Wan<strong>de</strong>rschaft<br />
davon ausgiebig Gebrauch machte.<br />
„Gleich siehst du, wie ein großer<br />
Zauberer so ein klein<strong>es</strong> Problem b<strong>es</strong>eitigt“<br />
Langsam schloss sie ihre Augen, um<br />
sich voll auf ihr Problem zu konzentrieren.<br />
„Jawolll...genau...<strong>das</strong> musste hinhauen.<br />
Di<strong>es</strong>er Zauberspruch ist voll geil..<br />
wie auf Engelsflügeln wer<strong>de</strong>n wir über <strong>de</strong>n<br />
Fluss schweben.“<br />
Im Geiste stellte sie sich einen<br />
ri<strong>es</strong>igen gol<strong>de</strong>nen Engel vor, <strong>de</strong>r sie auf zarten<br />
Hän<strong>de</strong>n sicher über <strong>de</strong>n Fluss trug und<br />
legte los:<br />
„Wie die Engel wer<strong>de</strong>n wir schweben<br />
und mag auch die Er<strong>de</strong> erbeben,<br />
<strong>das</strong> Wasser noch so reißend sein,<br />
wir schweben da rüber,<br />
wie auf Daunenfe<strong>de</strong>rn so fein.“<br />
„AAHHHHHHH!!!!“<br />
Bella und Billy fan<strong>de</strong>n sich hoch über <strong>de</strong>m<br />
Fluss wie<strong>de</strong>r. Bella in <strong>de</strong>r linken, Billy in<br />
<strong>de</strong>r rechten Kralle ein<strong>es</strong> gewaltigen Adlers.<br />
So musste sich ein indischer Fakir auf <strong>de</strong>m<br />
härt<strong>es</strong>ten und spitz<strong>es</strong>ten seiner Nagelbetten<br />
fühlen.<br />
Aber weil die bei<strong>de</strong>n keine Fakire<br />
sind, son<strong>de</strong>rn einfache Lebew<strong>es</strong>en, fingen sie<br />
132
herzzerreißend an zu schreien und fürchterlich<br />
zu jammern.<br />
„Aua...aua...Hilfe..., mein schön<strong>es</strong><br />
Fell! Meine Flossen...meine Löffel...hau ab<br />
du blöd<strong>es</strong> Fe<strong>de</strong>rvieh...und nimm di<strong>es</strong>en bekloppten<br />
Stümper von Zauberer mit....aua...<br />
aua...!!!!!“<br />
Der Zauberlehrling kriegte sich<br />
nicht mehr ein vor lauter Gejammer, während<br />
Bella starr vor Angst sich nicht getraute<br />
auch nur mit <strong>de</strong>r Wimper zu zucken.<br />
Und Billy schrie weiter.<br />
„Daunenfe<strong>de</strong>rn....aua....aua...Daunenfe<strong>de</strong>rn...klar<br />
hat <strong>das</strong> Vieh Fe<strong>de</strong>rn...doofer<br />
Zauberer...da hätste ja uns gleich zerhacken<br />
lassen können...aua...aua...!!!“<br />
Der Zauberhase schnappte sein M<strong>es</strong>ser<br />
und stach <strong>de</strong>m Adler mit aller Gewalt in die<br />
dickste Kralle.<br />
Das hätte er b<strong>es</strong>ser nicht getan!<br />
Nicht 30 Meter über <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n,<br />
nicht über einem reißen<strong>de</strong>n Fluss, d<strong>es</strong>sen<br />
schäumen<strong>de</strong> Wellen lustig über m<strong>es</strong>serscharfe<br />
Felsriffe spru<strong>de</strong>lten.<br />
Nicht bei einem Adler, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> an<br />
seiner dicken Kralle b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>rs empfindlich<br />
war.<br />
Und vor allem nicht bei einem Zauberw<strong>es</strong>en,<br />
die für ihre Empfindlichkeit bei<br />
einem Angriff auf ihre Zaubermacht gera<strong>de</strong>zu<br />
berühmt sind.<br />
133
„NEEEEEIIIIIN!!!!!“<br />
Das konnte Bella gera<strong>de</strong> noch schreien, dann<br />
war <strong>es</strong> zu spät.<br />
Der Adler riss ihnen nicht ihre Köpfe<br />
ab; er hackte ihnen auch keine Löcher in<br />
ihre Alabasterkörper.....nein....!<br />
Er ließ sie einfach los.<br />
Und dann ging’s abwärts. Sie hatten Glück im<br />
Unglück.<br />
Sie donnerten nicht auf die na<strong>de</strong>lspitzen<br />
Felszacken, auch vor <strong>de</strong>n mör<strong>de</strong>risch<br />
reißen<strong>de</strong>n Stru<strong>de</strong>ln d<strong>es</strong> Mahlstroms blieben sie<br />
verschont.<br />
Wie g<strong>es</strong>agt, sie hatten Glück. Am<br />
Ufer wuchsen schöne, dichte Brombeersträucher<br />
und in die knallten sie voll rein.<br />
Lei<strong>de</strong>r haben Brombeersträucher eine<br />
unangenehme Eigenart: Stacheln.<br />
Tausen<strong>de</strong> und Abertausen<strong>de</strong> kleiner<br />
spitzer ekeliger stechen<strong>de</strong>r kratzen<strong>de</strong>r Stacheln,<br />
alle mit kleinen lustigen Wi<strong>de</strong>rhaken.<br />
Sie überlebten.<br />
Omas Na<strong>de</strong>lkissen wäre vor Neid erblasst<br />
beim Anblick <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n G<strong>es</strong>talten, die<br />
nach 5 Minuten und 16 Sekun<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Dickicht<br />
getaumelt kamen.<br />
134
Selbst <strong>de</strong>r Hase hielt sein vorlau-<br />
t<strong>es</strong> Lästermaul und die nächsten 3 Stun<strong>de</strong>n sah<br />
man einen Hasen und ein Mädchen, die wie zwei<br />
verliebte Paviane zusammen hockten, um sich<br />
zu entlausen.<br />
Nur pflückten sie keine Läuse aus<br />
ihrem Pelz, son<strong>de</strong>rn zogen die kleinen lustigen<br />
spitzen wi<strong>de</strong>rlichen Stacheln <strong>de</strong>r Brombeersträucher<br />
unter qualvollem Stöhnen und<br />
Gejammer aus ihrer Pelle.<br />
Nach<strong>de</strong>m sie di<strong>es</strong>e mör<strong>de</strong>rische<br />
Tortur gerad<strong>es</strong>o überlebt hatten, zogen die<br />
bei<strong>de</strong>n Unglücksraben mit g<strong>es</strong>enktem Kopf und<br />
eingezogenen Schultern, was bei einem Hasen<br />
sehr son<strong>de</strong>rbar aussieht, Richtung Drachenhöhle.<br />
Nach <strong>de</strong>n jüngsten Ereignissen war<br />
niemand sehr optimistisch, <strong>das</strong>s ihre Zauberei<br />
bei <strong>de</strong>m Drachen mehr Erfolg haben wird, <strong>als</strong><br />
bei <strong>de</strong>r Flussüberquerung. Aber nach ein paar<br />
Stun<strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rung kehrte ihr alter Optimismus<br />
zurück, ihre Schultern hoben sich und mit einem<br />
lustigen Lied auf <strong>de</strong>n Lippen ging’s auf<br />
zu neuen Abenteuern.<br />
Die auch nicht lange auf sich warten<br />
ließen.<br />
Bereits nach 20 Minuten kamen ihnen<br />
die ersten Flüchtlinge entgegen. Dass <strong>das</strong><br />
Flüchtlinge waren, war über<strong>de</strong>utlich zu erkennen.<br />
Dem ersten hingen die Klei<strong>de</strong>r in Fetzen<br />
vom Leib; <strong>de</strong>m Zweiten hing die Zunge bis <strong>zum</strong><br />
Bauchnabel, so raste er durch die Gegend...<br />
oh......haue.....haue...!<br />
135
Der Dritte sah aus <strong>als</strong> wäre er aus<br />
einem Hochofen gekrochen. Angekokelt, von<br />
seinen Qualmsocken bis zu <strong>de</strong>m Büschel Haare,<br />
<strong>das</strong> einsam, auf seinem ansonsten kahlen<br />
Schä<strong>de</strong>l prangte.<br />
Den Vierten konnten sie endlich<br />
dazu bewegen einen Moment in seiner Flucht<br />
einzuhalten, in<strong>de</strong>m Bella ihm ein Bein stellte<br />
und Billy sich auf ihn setzte, damit er nicht<br />
gleich wie<strong>de</strong>r entfleuchte.<br />
„Nei....nei....nei....nein...!!!<br />
Bi...bi...bi...bitte lasst mich los!!!!!!!<br />
MAMMA!!!!MAMMA!!!! <strong>de</strong>r Drachen....HILFEEE!!!“<br />
Na ja, di<strong>es</strong>e Bemerkungen bedurften<br />
kein<strong>es</strong> Kommentars. Unseren bei<strong>de</strong>n Zauberern<br />
rutschte ihr Herz noch tiefer in die Hosen<br />
<strong>als</strong> <strong>es</strong> sowi<strong>es</strong>o schon war.<br />
Mit einer übermenschlichen Kraftanstrengung<br />
bäumte sich <strong>de</strong>r sabbern<strong>de</strong> Flüchtling<br />
auf, warf <strong>de</strong>n Hasen ins nächste Gebüsch<br />
und raste davon.<br />
OH...OH...! Bella und Billy wur<strong>de</strong><br />
<strong>es</strong> immer mulmiger <strong>zum</strong>ute.<br />
Und <strong>als</strong> <strong>de</strong>r nächste Flüchtling auf<br />
einem Bein angehumpelt kam, während er <strong>das</strong><br />
an<strong>de</strong>re unter <strong>de</strong>n Arm geklemmt hatte, gab <strong>es</strong><br />
für die bei<strong>de</strong>n kein Halten mehr.<br />
Anhalten, auf <strong>de</strong>n Hacken kehrt, zurück<br />
in die alte Richtung und dann ab die<br />
Post, <strong>das</strong> all<strong>es</strong> schafften sie in einer halben<br />
Sekun<strong>de</strong>.<br />
136
Bis......., ja bis Bella einfiel,<br />
<strong>das</strong>s sie ja gera<strong>de</strong> wegen Drachen-b<strong>es</strong>iegen auf<br />
di<strong>es</strong>e Welt gekommen war.<br />
Also schnappte sie noch während ihr<strong>es</strong><br />
Galopps <strong>de</strong>n Hasen an <strong>de</strong>n Löffeln und legte<br />
eine Vollbremsung hin, <strong>das</strong>s <strong>es</strong> nur so<br />
qualmte.<br />
Nach<strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r Rauch verzogen<br />
hatte und ihre Hustenanfälle in leis<strong>es</strong> Röcheln<br />
übergegangen waren, sprach <strong>de</strong>r große<br />
Zauberer Bella ein Machtwort.<br />
„BILLY...BILLY...!!! Was soll <strong>de</strong>nn<br />
<strong>das</strong>? Warum rennst du <strong>de</strong>nn weg wie ein wild<br />
gewor<strong>de</strong>n<strong>es</strong> Karnickel?“, voll Entrüstung<br />
schaute sie ihrem Leibkarnickel in die braunen<br />
Gucker.<br />
Das musste man Bella lassen, all<strong>es</strong><br />
in allem eine reife profimäßige schauspielerische<br />
Leistung. Das wür<strong>de</strong> je<strong>de</strong> Oskarpreisträgerin<br />
neidlos anerkennen müssen. Vom hysterischen<br />
ausgeflippten Flüchtling, zur überheblichen,<br />
coolen Filmdiva, all<strong>es</strong> unter Kontrolle.....einmalig....!<br />
Auch Billy <strong>de</strong>r arme Zauberlehrling<br />
erkannte di<strong>es</strong> neidlos an und verzichtete auf<br />
irgendwelche berechtigten Einwän<strong>de</strong>.<br />
Seufzend ergab er sich in sein<br />
Schicksal.<br />
„Tut mir leid groß<strong>es</strong> Zauberer. Verzeihe<br />
<strong>de</strong>inem kleinen ängstlichen Lehrling,<br />
<strong>das</strong>s er die Hose so schnell voll hatte und<br />
wie b<strong>es</strong><strong>es</strong>sen davon gerannt ist.<br />
137
Ich bin großem Zauberer auch ganz<br />
viel dankbar, <strong>das</strong>s er mir hinterher gerast<br />
ist um mich wie<strong>de</strong>r einzufangen.<br />
Ich hoffe inbrünstig, groß<strong>es</strong> Zauberer<br />
kann mir noch mal verzeihen!?“, dabei<br />
guckte er Bella zerknirscht von knapp über<br />
<strong>de</strong>r Grasnarbe an, während er sein Stummelschwänzchen<br />
verschämt zwischen die Hinterläufe<br />
gezogen hatte.<br />
*<br />
Und dann lag sie vor ihnen.<br />
Die Höhle d<strong>es</strong> Drachen.<br />
Ein dunkl<strong>es</strong> finster<strong>es</strong> unheimlich<strong>es</strong> ri<strong>es</strong>engroß<strong>es</strong><br />
Loch in einem noch gewaltigerem Felsmassiv.<br />
Dampfschwa<strong>de</strong>n sickerten aus <strong>de</strong>r<br />
gähnen<strong>de</strong>n Öffnung <strong>de</strong>r monströsen Höhle wie<br />
die Stickstoffdämpfe bei einem megageilen<br />
Rockkonzert.<br />
Ganze Knochenberge waren links und<br />
rechts <strong>de</strong>r Höhle aufg<strong>es</strong>chichtet. Schön sortiert<br />
nach Länge und Gewicht. Ein<strong>es</strong> musste<br />
man <strong>de</strong>m Drachen lassen, or<strong>de</strong>ntlich war er ja.<br />
Aber <strong>das</strong> nützte all<strong>es</strong> nichts. Or<strong>de</strong>ntlich hin,<br />
or<strong>de</strong>ntlich her, <strong>de</strong>r Typ musste weg.<br />
138
Bellas Drachenvernichtungsplan lag<br />
schon fix und fertig in ihren Gehirnwindungen<br />
g<strong>es</strong>peichert. In <strong>de</strong>n vergangenen Tagen und<br />
Nächten hatte sie an nichts an<strong>de</strong>r<strong>es</strong> gedacht<br />
<strong>als</strong> an alle möglichen und unmöglichen Pläne<br />
und Szenarien, wie sie <strong>das</strong> Drachenvieh halbieren,<br />
vierteilen, zerreißen, braten, rupfen<br />
(falls <strong>es</strong> Fe<strong>de</strong>rn hat) zerstückeln, verbrennen,<br />
einfrieren o<strong>de</strong>r sonst wie vernichten<br />
könnte.<br />
Dracula und Frankenstein wären ang<strong>es</strong>ichts<br />
ihrer Vorstellungen vor Schreck in ein<br />
Kloster geflohen um fortan ein friedlich<strong>es</strong><br />
und b<strong>es</strong>chaulich<strong>es</strong> Leben zu fristen.<br />
don.<br />
*<br />
Aber für Bella gab <strong>es</strong> da kein Par-<br />
Endlich konnte sie die Bildungslektüre,<br />
die sie sich mühselig in langen Fern-<br />
sehnächten reingezogen hatte wie: Der Glöckner<br />
von Notre Dame; <strong>de</strong>r Zombie mit <strong>de</strong>m Hacke-<br />
beil; reißt du mir ein Bein aus, reiße ich<br />
dir 2 Arme aus; die menschenfr<strong>es</strong>sen<strong>de</strong> Schwiegermutter;<br />
die g<strong>es</strong>ammelten Re<strong>de</strong>n d<strong>es</strong> Bund<strong>es</strong>kanzlers,<br />
o<strong>de</strong>r ihren Lieblingsfilm, <strong>de</strong>n sie<br />
mind<strong>es</strong>tens 20 mal angeguckt hatte: wie zerstückele<br />
ich meine Freundin, die <strong>das</strong> gleiche<br />
Kleid anhat wie ich, fachgerecht –ein Ratgeber<br />
<strong>de</strong>r Fleischerinnung- , im wahren Leben<br />
anwen<strong>de</strong>n.<br />
Auch <strong>de</strong>r treffen<strong>de</strong> Zauberspruch war<br />
fix und fertig.<br />
139
Da konnte nix schief gehen.<br />
Also legte Bella los, während Billy<br />
sich in ein Mäuschen verwan<strong>de</strong>lte und sich ins<br />
kleinste Mäuseloch verkrümelte <strong>das</strong> er fin<strong>de</strong>n<br />
konnte.<br />
Bella stellte sich breitbeinig vor<br />
die Höhlenöffnung, legte bei<strong>de</strong> Hän<strong>de</strong> <strong>als</strong><br />
Trichter vor <strong>de</strong>n Mund und fing an zu brüllen:<br />
*<br />
„Du alter stinken<strong>de</strong>r Drache<br />
komm raus aus <strong>de</strong>inem Loch<br />
mach die Fliege und lass<br />
dich hier ja niem<strong>als</strong> mehr<br />
blicken!“<br />
Ein urgewaltig<strong>es</strong> Brüllen ließ die<br />
feuchtschwüle Morgenluft erzittern.<br />
Gewaltige Felsbrocken lösten sich aus<br />
<strong>de</strong>m Felsmassiv und stürzten donnernd ins Tal.<br />
Die Bäume links und rechts von Bella<br />
wur<strong>de</strong>n mit Wurzeln und allem drum und dran<br />
140
aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n gerissen, <strong>de</strong>r komplette Wald<br />
wur<strong>de</strong> plattgemacht.<br />
Nur Bella stand cool und unerschütterlich<br />
inmitten d<strong>es</strong> Orkans, wie <strong>de</strong>r sprichwörtliche<br />
Fels in <strong>de</strong>r Brandung, während rings<br />
um sie all<strong>es</strong> im Chaos versank.<br />
Billy, <strong>de</strong>r aus seinem Mäuseloch linste<br />
war von <strong>de</strong>n Socken. Di<strong>es</strong>e Szene wür<strong>de</strong><br />
sich, wie mit Feuer g<strong>es</strong>chrieben, in sein Gehirn<br />
einbrennen. Die letzten Sekun<strong>de</strong>n einer<br />
überg<strong>es</strong>chnappten, größenwahnsinnigen, völlig<br />
bekloppten Menschentante, wie sie di<strong>es</strong>e Welt<br />
noch nicht g<strong>es</strong>ehen hat.<br />
Denn <strong>das</strong>s di<strong>es</strong> die letzten Sekun<strong>de</strong>n<br />
von Bella sein wür<strong>de</strong>n, stand für <strong>de</strong>n Zauberlehrling<br />
hun<strong>de</strong>rtpro f<strong>es</strong>t.<br />
Das Brüllen in <strong>de</strong>r Höhle wur<strong>de</strong> lauter<br />
und lauter. Ein gewaltig<strong>es</strong> Donnern begleitete<br />
<strong>das</strong> urweltliche Getöse............und dann,<br />
dann sah Bella <strong>de</strong>n Drachen.<br />
Das Donnern und Brüllen d<strong>es</strong> Drachen<br />
hatte Bella vollkommen cool gelassen. Von<br />
ihren Brü<strong>de</strong>rn, die große Heavy Metal Fans<br />
sind war sie ein noch viel mächtiger<strong>es</strong> und<br />
lauter<strong>es</strong> Getöse gewöhnt.<br />
Aber <strong>de</strong>r Anblick d<strong>es</strong> Drachen erschütterte<br />
sie dann doch bis in die Grundf<strong>es</strong>ten<br />
ihrer Existenz.<br />
Unb<strong>es</strong>chreiblich....unb<strong>es</strong>chreiblich!!<br />
Tyrannosaurus Rex war ein Schoßhündchen dage-<br />
gen.<br />
141
Alleine sein monströser, ri<strong>es</strong>iger<br />
Schä<strong>de</strong>l, g<strong>es</strong>pickt mit gewaltigen Reißzähnen,<br />
groß und gebogen wie die Schwerter ein<strong>es</strong><br />
Samurais und ohne Zweifel genauso scharf und<br />
spitz, sprengten alle Vorstellungen.<br />
Und erst <strong>de</strong>r R<strong>es</strong>t......oh...mannomann!<br />
Aber Bella hatte sich auf <strong>das</strong> Schlimmste<br />
vorbereitet, nichts konnte sie erschüttern.<br />
Superobermegacool stand sie vor <strong>de</strong>m<br />
überdimensionalen Flammenwerfer, streckte ihm<br />
ihre Hän<strong>de</strong> entgegen, die Handflächen nach<br />
vorne und legte los:<br />
„Hey du großer Stinkedrachen<br />
hast <strong>de</strong> auch nen großen Rachen<br />
mich kannst du nicht anpinkeln<br />
ich steck dich sonst in <strong>de</strong>ine Win<strong>de</strong>ln<br />
komm nur aus <strong>de</strong>r Höhle raus<br />
dann ist für dich <strong>de</strong>r Ofen aus<br />
und zack bist du ne kleine Maus!“<br />
Bella hatte <strong>als</strong> klein<strong>es</strong> Kind von ihrem Dad,<br />
je<strong>de</strong>n Abend eine „gute-Nacht-G<strong>es</strong>chichte“ erzählt<br />
bekommen. Einmal hatte er <strong>das</strong> Märchen<br />
von einem Drachen erzählt, <strong>de</strong>r erst in ein<br />
Häschen, dann in eine Maus verwan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n<br />
war, und di<strong>es</strong><strong>es</strong> Märchen stellte sie sich in<br />
Gedanken voll f<strong>es</strong>t vor.<br />
142
Wenn all<strong>es</strong> klappt, müsste jetzt ein<br />
Mäuschen vor ihr stehen.<br />
Noch hielt sie ihre Gucker f<strong>es</strong>t g<strong>es</strong>chlossen,<br />
um <strong>de</strong>n Zauber b<strong>es</strong>ser wirken zu<br />
lassen.........PLOPPPPP!!.. machte <strong>es</strong>.<br />
Zaghaft linste sie durch die halb<br />
offenen Augenli<strong>de</strong>r.<br />
Der Drache war verschwun<strong>de</strong>n und an<br />
seiner Stelle hockte ein klein<strong>es</strong>, goldig<strong>es</strong><br />
Karnickel, keine Maus wie sie erwartet hatte.<br />
Billy!! War <strong>das</strong> Billy?<br />
Offensichtlich nicht, <strong>de</strong>nn Billy kam<br />
gera<strong>de</strong>, ebenso verdattert wie Bella, von<br />
rechts ins Bild gehoppelt und glotzte <strong>das</strong><br />
kleine Häschen wie hypnotisiert an.<br />
Den Blick kannte Bella.<br />
Selbst bei einem Hasen war di<strong>es</strong>er<br />
„Wow-was-für-ein-geil<strong>es</strong>-G<strong>es</strong>chöpf-ich-bin-<br />
total-verknallt-Blick“ sofort zu erkennen.<br />
Oh je..!<br />
Den hatte <strong>es</strong> erwischt...<strong>das</strong> arme<br />
Karnickel...jetzt war’s wohl aus mit Zauberlehrling.<br />
Ob Drache...Drachenhase...o<strong>de</strong>r Hasendrache,<br />
solche Kleinigkeiten waren Billy in<br />
seinem Zustand vollkommen schnuppe.<br />
Er schnappte sich die Karnickeldame,<br />
die sich <strong>das</strong> sehr gerne gefallen ließ und ab<br />
ging’s in <strong>de</strong>n Eheknast.<br />
143
Und Bella stand alleine, wie b<strong>es</strong>tellt<br />
und nicht abgeholt vor <strong>de</strong>r ri<strong>es</strong>igen<br />
Höhle, seufzte r<strong>es</strong>igniert, dachte En<strong>de</strong> gut<br />
all<strong>es</strong> gut und:<br />
„RRRINGG!“<br />
Verdattert öffnete sie ihre Augen.<br />
Über ihr ein samtblauer Sternenhimmel, wo<br />
eben noch Schäfchenwolken durch <strong>de</strong>n Mittagshimmel<br />
gezogen waren...vier Wän<strong>de</strong>...Spielsachen??<br />
Ein Zimmer mit Sternenhimmel? Bella<br />
fiel <strong>es</strong> wie Schuppen von <strong>de</strong>n Augen...ein<br />
Traum....all<strong>es</strong> war wie<strong>de</strong>r mal nur ein Traum<br />
gew<strong>es</strong>en.<br />
Aber was für ein Traum...oberaffengeil,<br />
<strong>das</strong> konnte nur Baitis Werk gew<strong>es</strong>en<br />
sein.<br />
144
sechs<br />
Und so kehrte für die bei<strong>de</strong>n Freun<strong>de</strong>,<br />
Baiti und Bella wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r langweilige Alltag<br />
ein.<br />
Der sollte aber gar nicht so langweilig<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
145
In Bellas Viertel eröffnete an einem<br />
trüben Samstag im November ein neu<strong>es</strong> –supercool<strong>es</strong>-<br />
Optikg<strong>es</strong>chäft.<br />
*<br />
Großmächtig wur<strong>de</strong> <strong>es</strong> in allen Tag<strong>es</strong>zeitungen<br />
<strong>als</strong> <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnste Internetoptikshop<br />
<strong>de</strong>r G<strong>es</strong>chichte angekündigt und was <strong>das</strong> b<strong>es</strong>te<br />
war, mit ri<strong>es</strong>iger Weltraumabteilung.<br />
Da musste Bella natürlich dabei sein.<br />
Also stand sie Samstag früh <strong>als</strong> erster<br />
auf <strong>de</strong>r Matte und stürmte punkt 9 Uhr <strong>de</strong>n<br />
La<strong>de</strong>n.<br />
Bah.., <strong>das</strong> war wirklich irre!<br />
Bella blieb die Sprache weg.<br />
Mitten im Spac<strong>es</strong>hop, wie die Abteilung<br />
hieß, stand ein ri<strong>es</strong>iger Schmidtspiegel. Ein<br />
Spiegeltel<strong>es</strong>kop mit einer Brennweite von sage<br />
und schreibe 200 mm!<br />
Sie kam aus <strong>de</strong>m Staunen gar nicht mehr<br />
raus. Und <strong>das</strong> megacoolste war: man konnte <strong>es</strong><br />
sogar gewinnen!<br />
146
In einem Inernet-Preisausschreiben wur<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r größte Weltraumfreak d<strong>es</strong> Land<strong>es</strong> g<strong>es</strong>ucht.<br />
Unter „www.spacefreak.com“ konnte man<br />
die Bedingungen runterla<strong>de</strong>n, natürlich kostenlos.<br />
Es stand wohl außer Zweifel, <strong>das</strong>s di<strong>es</strong>er<br />
Weitgucker nur ihr gehören konnte.<br />
Hatte Baiti nicht schon Arni gemanagt,<br />
dann sollte <strong>es</strong> bei einem so lumpigen Preisausschreiben<br />
doch mit <strong>de</strong>m Teufel zugehen,<br />
wenn sie <strong>das</strong> Kind nicht schaukeln wür<strong>de</strong>n.<br />
Apropos Arni!„Sag mal Baiti, wie war <strong>das</strong><br />
<strong>de</strong>nn mit Arni? Wie hast du <strong>de</strong>n <strong>de</strong>nn so<br />
schnell organisiert?“<br />
Baiti g<strong>es</strong>tatte sich ein verschmitzt<strong>es</strong><br />
Lächeln.<br />
„Das war eigentlich kein Problem. Arni<br />
war gera<strong>de</strong> auf Promotionstour für seinen<br />
neuen Film. Und da bedurfte <strong>es</strong> nur ein bisschen<br />
finanzieller Überredung und schon tanzte<br />
er an.<br />
Und wie <strong>es</strong> jetzt aussieht, brauchst du<br />
meine Hilfe bei di<strong>es</strong>em Preisausschreiben?<br />
Dann lass uns mal loslegen!“<br />
Also lu<strong>de</strong>n sie sich die Daten runter, dann<br />
gingen sie an die Arbeit.<br />
Baiti machte die ganze Arbeit??<br />
Pustekuchen!!<br />
Klar, <strong>das</strong>s er Bella half, schließlich<br />
gab <strong>es</strong> keine Information, an die Baiti nicht<br />
147
ankam, aber die Knochenarbeit ließ er schon<br />
übrig.<br />
Die nächsten sieben Tage wur<strong>de</strong> Bella<br />
überraschend schwer krank und konnte<br />
lei<strong>de</strong>r ... lei<strong>de</strong>r ... lei<strong>de</strong>r nicht in die<br />
Schule gehen.<br />
„Oh, mein lieb<strong>es</strong> Kind! Du tust mir ja<br />
so leid. Lege dich schön ins Bett und<br />
kuriere dich gut aus. Du hast in <strong>de</strong>n letzten<br />
Monaten aber auch viel zu viel gelernt, da<br />
bräuchte ich auch ein Ruhepause, <strong>das</strong> hält ja<br />
<strong>de</strong>r g<strong>es</strong>ünd<strong>es</strong>te Organismus nicht aus. Ich muss<br />
für ein paar Tage nach Portugal, aber mein<br />
groß<strong>es</strong> Mädchen kommt schon zurecht. Nicht<br />
wahr?“<br />
Ihr Daddy war ganz glücklich, <strong>das</strong>s er<br />
seine kleine Tochter, die in <strong>de</strong>n letzten<br />
Monaten viel zu selbstständig und erwachsen<br />
gewor<strong>de</strong>n war, ein bisschen bemuttern ... pardon<br />
bevatern konnte.<br />
„Lass´s gut sein Pappa. Kannst ruhig<br />
wegfahren, ich sorge schon für meine kleinen<br />
Brü<strong>de</strong>r und bleibe ganz brav im Bett.<br />
Das war <strong>als</strong>o auch gecheckt!<br />
Die bei<strong>de</strong>n Doofköpfe wür<strong>de</strong> sie schon b<strong>es</strong>chäftigen,<br />
<strong>als</strong>o konnte Bella sich voll auf<br />
<strong>de</strong>n Gewinn ihr<strong>es</strong> Schmidtspiegels konzentrieren.<br />
Fünf Tage und Nächte tüftelte,<br />
recherchierte, kontrollierte und rechnete sie<br />
mit Hilfe Baitis, <strong>das</strong>s die Bu<strong>de</strong> qualmte.<br />
148
Sie war für nieman<strong>de</strong>n, selbst für Anna<br />
nicht, erreichbar.<br />
In <strong>de</strong>r Schule machten schon die wild<strong>es</strong>ten<br />
Gerüchte die Run<strong>de</strong>.<br />
Ihre Klassenspezi<strong>es</strong> sahen sie schon im<br />
größten Hollywoodstreifen <strong>als</strong> Hauptdarstellerin.<br />
Dass sie zuhause hockte und büffelte wie<br />
die größte Streberin, <strong>das</strong>s hätte ihr eh niemand<br />
abgenommen.<br />
Doch endlich war all<strong>es</strong> vorbei.<br />
Alle Fragen ... r<strong>es</strong>tlos beantwortet! Da<br />
waren vielleicht Hämmer dabei.<br />
Wenn sie auch viele Fragen allein durch <strong>das</strong><br />
Wissen, <strong>das</strong> sie auf ihrem Orion–Abenteuer erlebt<br />
hatte, beantwortet hatte, so hätte ihr<br />
Wissen allein aber nie ausgereicht.<br />
Aber, wie sie zu sich zu sagen pflegte:<br />
„Ich und Baiti, schaffen all<strong>es</strong>!“<br />
„So Baiti, nun sorge auch dafür, <strong>das</strong>s<br />
unsere Lösungen an die richtige Adr<strong>es</strong>se kommen<br />
und bleib am Ball, damit uns keiner <strong>das</strong><br />
Tel<strong>es</strong>kop wegschnappt! ... Okay ...!“<br />
„Na klar, Bellaschatz!“ Kannst dich wie<br />
immer absolut auf mich verlassen.“<br />
Uff .... <strong>das</strong> wäre g<strong>es</strong>chafft.<br />
Das war all<strong>es</strong> ein hart<strong>es</strong> Stück Arbeit<br />
gew<strong>es</strong>en.“<br />
149
Bella fiel wie ein Sack Kartoffeln in<br />
ihre Kissen und schlief die nächsten bei<strong>de</strong>n<br />
Tage wie ein Vampir im Sommerhalbjahr in<br />
Grönland, nämlich voll durch.<br />
Nach<strong>de</strong>m sie von <strong>de</strong>n Toten auferstan<strong>de</strong>n war,<br />
entwickelte sie eine hektische Betriebsamkeit.<br />
*<br />
Mit Hilfe ihrer bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r, die sich<br />
nicht aufhörten zu wun<strong>de</strong>rn, was für eine Ausgeburt<br />
an Höflichkeit ihre missratene Schw<strong>es</strong>ter<br />
plötzlich gewor<strong>de</strong>n war, räumte sie <strong>das</strong><br />
Gewächshaus ratzeputz leer.<br />
Da sowi<strong>es</strong>o November war,<br />
konnte sie <strong>das</strong> ganze Grünzeug rausschmeißen.<br />
Ihre geknechteten Brü<strong>de</strong>r hatten <strong>de</strong>m<br />
Braten gleich nicht getraut. Eine freundliche<br />
Bella! Der dicke Hammer musste ja noch kommen.<br />
Und er kam.<br />
Der größte Sklaventreiber aus <strong>de</strong>r gol<strong>de</strong>nen<br />
Zeit <strong>de</strong>r brasilianischen Zuckerbarone war<br />
gegen sie ein Waisenknabe.<br />
Sie hetzte die bei<strong>de</strong>n, <strong>das</strong>s <strong>es</strong> nur so<br />
staubte.<br />
150
Aus <strong>de</strong>m Gewächshaus wur<strong>de</strong> in Rekordzeit<br />
ein kuschelig<strong>es</strong> Wohnzimmer, mit allem was <strong>das</strong><br />
verwöhnte D<strong>es</strong>ignerherz begehrt.<br />
Als letzt<strong>es</strong> legten sie noch eine Stromleitung<br />
ins Gewächshaus, an die sie <strong>de</strong>n großen<br />
Nachtspeicherofen anschlossen, <strong>de</strong>n sie<br />
vor einem halben Jahr ausrangiert hatten.<br />
Dann hatten ihre Sklaven ausgedient und<br />
sie entließ sie aus ihrer Arbeitshaft in die<br />
Freiheit.<br />
Da saß sie nun, inmitten ihrer neug<strong>es</strong>chaffenen<br />
Wohnlandschaft, umgeben von blitzen<strong>de</strong>n,<br />
spiegelblanken Glaswän<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m<br />
aufstellbaren Glasdach und schaute verträumt<br />
auf <strong>das</strong> mit grünem Samt verklei<strong>de</strong>te Pod<strong>es</strong>t,<br />
<strong>das</strong> ..., natürlich auf <strong>das</strong> Tel<strong>es</strong>kop wartete.<br />
Und <strong>de</strong>r Countdown lief!<br />
Heute war Freitag.<br />
Morgen am Samstag. Genau um 11 Uhr sollte<br />
im Spac<strong>es</strong>hop <strong>de</strong>r Gewinner d<strong>es</strong> großen<br />
Preisausschreibens bekannt gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Bella saß versunken in ihrem Plüschs<strong>es</strong>sel<br />
und sah schon über<strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>n nagelneuen<br />
Schmidtspiegel auf <strong>de</strong>m Pod<strong>es</strong>t thronen.<br />
Und so ent<strong>de</strong>ckte sie ihr Vater.<br />
Den traf fast <strong>de</strong>r Schlag.<br />
151
„BELLA!!! Was soll <strong>de</strong>nn <strong>das</strong> sein?? Wo<br />
sind meine Tomatenstau<strong>de</strong>n? Meine Gurken?<br />
Meine Zucchinis?<br />
Meine .... meine ... meine??!?<br />
Fassungslos fiel er aufs Sofa.<br />
„Cool bleiben, Daddylein! Ganz cool<br />
bleiben! All<strong>es</strong> unter Kontrolle ... all<strong>es</strong> im<br />
grünen Bereich.<br />
Das Grünzeug ist all<strong>es</strong> auf <strong>de</strong>m Kompost.<br />
War doch all<strong>es</strong> schon verwelkt und <strong>das</strong> r<strong>es</strong>tliche<br />
Gemüse haben wir aufgemampft!“<br />
„Aber ... aber“, ihr armer leidgeprüfter<br />
Erzeuger hatte eigentlich angenommen, <strong>das</strong>s<br />
ihn bei seiner Tochter nichts mehr überraschen<br />
könnte, wur<strong>de</strong> aber schließlich ein<strong>es</strong><br />
B<strong>es</strong>seren belehrt.<br />
„Bitte ... bitte“, er nahm Bellas Hän<strong>de</strong><br />
f<strong>es</strong>t in die Seinen und sah sie verzweifelt<br />
an.<br />
„Bitte... bitte“, kannst du mir wenigstens<br />
erklären, warum du aus <strong>de</strong>m Gewächshaus<br />
ein Wohnzimmer gemacht hast und was soll <strong>de</strong>nn<br />
di<strong>es</strong><strong>es</strong> feine Pod<strong>es</strong>t hier mitten im Zimmer<br />
be<strong>de</strong>uten? Du bist doch nicht etwa in irgen<strong>de</strong>ine<br />
Sekte eingetreten und di<strong>es</strong> wird jetzt<br />
ein heiliger Schrein? O<strong>de</strong>r ist <strong>das</strong> vielleicht<br />
ein Opferalter und du hast <strong>de</strong>ine Brü<strong>de</strong>r<br />
schon einem abstrusen Gott geopfert? Sag<br />
doch! Wo hast du ihre Einzelteile versteckt?“<br />
152
„Aber lieber Herr Vater! Auch wenn di<strong>es</strong>e<br />
Schweinebacken <strong>das</strong> schon längst verdient<br />
hätten!<br />
Ich wür<strong>de</strong> doch nie meine eigenen Brü<strong>de</strong>r<br />
opfern! Und nebenbei bemerkt, welcher Gott<br />
<strong>de</strong>r etwas auf sich hält, wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>nn di<strong>es</strong>e<br />
bei<strong>de</strong>n Deppen <strong>als</strong> Opfer annehmen? Der wür<strong>de</strong><br />
mich <strong>als</strong> Strafe für di<strong>es</strong>e Blasphemie in die<br />
tiefsten Tiefen seiner Hölle verbannen, <strong>als</strong>o<br />
dazu habe ich doch keine Lust. Also lasse<br />
ich sie noch ein bisschen ihr mickrig<strong>es</strong> Leben<br />
genießen!“<br />
„BELLA!!!“<br />
„Ganz cool bleiben ... Daddylein, ganz<br />
cool bleiben!“, sie ließ ihren Obersklaven<br />
nicht zu Wort kommen.<br />
Mit ruhigen und sachlichen Erklärungen<br />
schil<strong>de</strong>rte sie ihre Vorbereitungen und <strong>de</strong>n<br />
damit verbun<strong>de</strong>nen Zweck.<br />
nen.<br />
Sie erntete aber nur ungläubig<strong>es</strong> Stau-<br />
Du veranstalt<strong>es</strong>t di<strong>es</strong><strong>es</strong> ganze Theater in<br />
<strong>de</strong>r irrigen Annahme du würd<strong>es</strong>t in einem<br />
Preisausschreiben mit vielleicht hun<strong>de</strong>rttausen<strong>de</strong>n<br />
von Menschen <strong>de</strong>n Hauptgewinn abstauben.<br />
Soll ich dir <strong>als</strong> Naturwissenschaftler<br />
die Wahrscheinlichkeit für so ´nen<br />
Treffer ausrechnen?“<br />
Das habe ich mir selbst schon ausgerechnet,<br />
mein Alter! Wenn du so überzeugt davon<br />
bist, <strong>das</strong>s ich nicht gewinne, schlage ich dir<br />
eine Wette vor.“<br />
153
„Eine Wette?“, er glaubte nicht richtig<br />
zu hören.<br />
„Du willst dir neben <strong>de</strong>n ganzen Schul<strong>de</strong>n,<br />
die du dir mit <strong>de</strong>m Umbau d<strong>es</strong> Gewächshaus<strong>es</strong><br />
aufgela<strong>de</strong>n hast, noch mehr anlachen?<br />
Also gut, mein Zuckerpüppchen. Was <strong>de</strong>r<br />
Mensch braucht soll er haben. Das hat schon<br />
<strong>de</strong>in Opa immer g<strong>es</strong>agt.<br />
Also okay was soll´s sein?“<br />
„Pass auf, Papa. Wenn ich <strong>de</strong>n Hauptgewinn<br />
an Land ziehe, dann baust du mir hier im<br />
Gewächshaus eine Apparatur, mit <strong>de</strong>r ich automatisch<br />
<strong>das</strong> Glasdach öffnen und schließen<br />
kann, aber ganz weit, mind<strong>es</strong>tens 180°!“<br />
„Und wenn nicht, was <strong>gibt</strong>´s <strong>als</strong> Gegenleistung?“,<br />
fragte ihr alter Herr immer noch<br />
ungläubig.<br />
„Wenn ich nicht gewinne, dann ... ja<br />
dann ... dann bediene ich euch ein halb<strong>es</strong><br />
Jahr lang, egal ob beim Frühstück, Mittag-<br />
o<strong>de</strong>r Abend<strong>es</strong>sen. Natürlich gehe ich auch<br />
einkaufen!“<br />
Bellas Vertrauen in Baiti war, wie schon<br />
g<strong>es</strong>agt, grenzenlos.<br />
„Gebongt! Di<strong>es</strong>en Spaß lasse ich mir<br />
nicht entgehen!“, voller Scha<strong>de</strong>nfreu<strong>de</strong> rieb<br />
sich ihr Vater die Hän<strong>de</strong>.<br />
154
Also dackelten bei<strong>de</strong> am Samstagmorgen<br />
<strong>zum</strong> Optikla<strong>de</strong>n und stürzten sich in <strong>das</strong><br />
Gewühl <strong>de</strong>r g<strong>es</strong>pannt warten<strong>de</strong>n Glückssucher.<br />
Um pünktlich 11 Uhr erschien <strong>de</strong>r Chef<br />
d<strong>es</strong> Konzerns und wandte sich an die versammelten,<br />
meist jugendlichen, Teilnehmer.<br />
„Meine Damen und Herren, meine lieben<br />
Mädchen und Jungen, ich möchte euch alle auf<br />
<strong>das</strong> Herzlichste zur Auslosung <strong>de</strong>r Hauptgewinne<br />
begrüßen!“.<br />
Der Chef von <strong>de</strong>m La<strong>de</strong>n hatte eine<br />
Stimme wie ein Reibeisen und seine rote Knollennase<br />
ließ darauf schließen, <strong>das</strong>s er einem<br />
guten Schluck durchaus nicht abgeneigt war.<br />
„Kch - Kch“, nach einem diskreten Räuspern<br />
palaverte er weiter.<br />
„Die meisten wer<strong>de</strong>n wissen, <strong>das</strong>s die 100<br />
Trostpreise schon vergeben wor<strong>de</strong>n sind. Heute<br />
zieht <strong>de</strong>r Computer die ersten drei Hauptgewinner.<br />
Genau 75554 Personen haben an unserem<br />
Preisausschreiben teilgenommen.<br />
Ich schalte jetzt <strong>de</strong>n Zufallsgenerator<br />
ein und ermittele zunächst <strong>de</strong>n dritten Platz.<br />
Das Ergebnis wird in Echtzeit an alle<br />
unserer 645 Filialen im ganzen Lan<strong>de</strong> übertragen.<br />
Achtung hier ist die Nummer d<strong>es</strong> Glücklichen<br />
o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Glücklichen, <strong>de</strong>r Gewinn<br />
ist ........“.<br />
155
Bella konnte gar nicht mehr richtig<br />
stehen, sie hüpfte von einem Bein auf <strong>das</strong><br />
an<strong>de</strong>re.<br />
Ihr Vater schaute ihr amüsiert zu und<br />
wur<strong>de</strong> immer vergnügter.<br />
Nach<strong>de</strong>m auch <strong>de</strong>r zweite Platz ausgelost<br />
wor<strong>de</strong>n war, wur<strong>de</strong> sein Grinsen immer unverschämter,<br />
während Bellas G<strong>es</strong>icht immer länger<br />
wur<strong>de</strong>, dabei wollte sie ja gar keinen zweiten<br />
o<strong>de</strong>r dritten Preis, son<strong>de</strong>rn nur <strong>de</strong>n Ersten.<br />
Erst im linken Ohr, dann auch im rechten<br />
fing <strong>es</strong> an zu rauschen.<br />
Die Geräusche aus <strong>de</strong>n Lautsprechern wur<strong>de</strong>n<br />
immer verschwommener, diffuser. Sie fühlte<br />
sich, <strong>als</strong> wür<strong>de</strong> sie über <strong>de</strong>r Menschenmenge<br />
schweben, die in eine an<strong>de</strong>re Daseinsebene<br />
entrückt schien.<br />
Aus <strong>de</strong>m dichten, drücken<strong>de</strong>n Nebel hörte<br />
sie plötzlich jeman<strong>de</strong>n ihren Namen rufen.<br />
„Bella ... Bella ... Bellla ... hey”,<br />
eine Hand hatte sie am Ellenbogen gepackt und<br />
schüttelte sie unaufhörlich.<br />
Gratuliere Bella ... du hast gewonnen,<br />
<strong>das</strong> ist ja unglaublich ... hey, was ist <strong>de</strong>nn?<br />
Freust du dich nicht?“<br />
„Wie ... was ... wo? Gewonnen? Ich habe<br />
gewonnen?“<br />
„Waaaaahhhahhuuuuu!“, plumps, fiel sie<br />
in Ohnmacht.<br />
156
Als sie die Augen wie<strong>de</strong>r aufmachte, <strong>es</strong><br />
konnten nur Sekun<strong>de</strong>n vergangen sein, sah sie<br />
über sich lauter lachen<strong>de</strong> G<strong>es</strong>ichter, <strong>das</strong><br />
G<strong>es</strong>icht ihr<strong>es</strong> Alten mittendrin.<br />
Di<strong>es</strong>e wur<strong>de</strong>n aber plötzlich vom G<strong>es</strong>icht<br />
d<strong>es</strong> Konzernchefs weggedrängt, <strong>de</strong>r Bella<br />
freundlich anlächelte und ihr galant half<br />
aufzustehen.<br />
„Sie sind <strong>als</strong>o <strong>das</strong> Fräulein Bella, <strong>das</strong><br />
di<strong>es</strong><strong>es</strong> wun<strong>de</strong>rschöne Tel<strong>es</strong>kop gewonnen hat und<br />
dazu noch in unserer neuen Filiale, <strong>das</strong> ist<br />
aber eine b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re Überraschung.“<br />
Höflich reichte er ihr seinen Arm und<br />
führte sie durch die johlen<strong>de</strong> Menge <strong>zum</strong><br />
Podium.<br />
„Meine lieben Anw<strong>es</strong>en<strong>de</strong>n, ich habe mich,<br />
wie <strong>es</strong> <strong>das</strong> G<strong>es</strong>etz vorschreibt, von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ndität<br />
unserer Hauptgewinnerin überzeugt und<br />
stelle ihnen di<strong>es</strong>e hiermit vor.<br />
Es ist di<strong>es</strong>e junge Dame, die ja scheinbar<br />
viele von ihnen kennen und ich darf<br />
sagen ................... .“<br />
Langsam ging Bella <strong>das</strong> ganze Gelaber auf<br />
<strong>de</strong>n Geist, aber sie hielt tapfer durch, bis<br />
sie mit einem Lieferwagen im Schlepptau, <strong>de</strong>r<br />
ihr neu<strong>es</strong> Spielzeug transportierte, <strong>de</strong>n Heimweg<br />
antreten konnte.<br />
Zwei erwachsene Männer und ihr Daddy<br />
waren schließlich notwendig bis <strong>das</strong> Monstrum<br />
auf seinem vorg<strong>es</strong>ehenen Platz verstaut und<br />
einsatzbereit war.<br />
157
*<br />
Der Traum schien wirklich nicht en<strong>de</strong>n zu<br />
wollen. Da stand doch tatsächlich ihr heißgeliebter<br />
Schmidtspiegel auf seinem Thron,<br />
einsatzbereit für die wild<strong>es</strong>ten Reisen in <strong>de</strong>n<br />
Kosmos, natürlich nur visuell, aber <strong>de</strong>nnoch....!“<br />
Bella saß auf <strong>de</strong>m S<strong>es</strong>sel und betrachtete<br />
ihren Hauptgewinn ergriffen.<br />
Mehr verdattert <strong>als</strong> ergriffen saß ihr<br />
Vater neben ihr, immer noch ungläubig über<br />
<strong>de</strong>n Ri<strong>es</strong>endusel, <strong>de</strong>n seine Lieblingstochter<br />
hatte.<br />
So intensiv er auch grübelte und rätselte,<br />
ihm fiel nicht <strong>de</strong>r Ansatz einer Ahnung<br />
ein, wie Bella <strong>das</strong> wie<strong>de</strong>r bewerkstelligt hatte.<br />
Irgendwie war <strong>das</strong> nicht mit rechten<br />
Dingen zu gegangen, aber er konnte beim<br />
b<strong>es</strong>ten Willen keinen Ansatzpunkt erkennen,<br />
<strong>als</strong>o akzeptierte er <strong>das</strong> eigentlich<br />
Unmögliche.<br />
„Gut mein Liebling, gleich morgen früh<br />
erfülle ich mein Versprechen und lasse die<br />
Automatik für <strong>das</strong> Glasdach einbauen, damit du<br />
in die Röhre gucken kannst.<br />
158
Es dauerte zwar ein paar Tage länger, da<br />
bekanntlich Sonntags die Handwerker auch mal<br />
frei haben wollen, aber am Montag lief all<strong>es</strong><br />
wie am Schnürchen und <strong>zum</strong> Mittag<strong>es</strong>sen b<strong>es</strong>aß<br />
Bella <strong>das</strong> schönste Observatorium im weiten<br />
Umkreis.<br />
Nur <strong>das</strong> Uni-Observatorium in <strong>de</strong>r Hauptstadt<br />
konnte da mithalten; nur fehlten da die<br />
fähigen Köpfe und natürlich hatten sie auch<br />
keine Baiti.<br />
Und so begann Bellas Karriere <strong>als</strong> Astronomin,<br />
die, wie kann <strong>es</strong> an<strong>de</strong>rs sein, mit einem<br />
Paukenschlag en<strong>de</strong>te.<br />
159
sieben<br />
Eigentlich begann all<strong>es</strong> sehr langweilig<br />
und unspektakulär.<br />
Bella hatte nach wochenlangem ,nur von<br />
langweiligen Schulstun<strong>de</strong>n unterbrochenen, Beobachtungen<br />
ihr<strong>es</strong> geliebten nächtlichen Sternenhimmels<br />
erfahren müssen, <strong>das</strong>s auch <strong>de</strong>r<br />
Weltraum auf Dauer ganz schön langweilig sein<br />
kann.<br />
Da nützte auch die Hilfe Baiti nichts,<br />
<strong>de</strong>r sie immer wie<strong>de</strong>r auf inter<strong>es</strong>sante Konstellationen<br />
und Sternensysteme aufmerksam<br />
machte.<br />
Baitis Möglichkeiten waren auch in di<strong>es</strong>em<br />
Bereich unerschöpflich.<br />
Wenn <strong>das</strong> Hubble-Tel<strong>es</strong>kop neue, bis dahin<br />
vollkommen unbekannte Systeme o<strong>de</strong>r Einzelsterne<br />
ent<strong>de</strong>ckte, war Baiti <strong>de</strong>r Erste, <strong>de</strong>r<br />
die Daten auswertete, er hatte seine Computerfinger<br />
in allen wichtigen Netzwerken,<br />
überall auf <strong>de</strong>m Globus.<br />
160
Und doch kam die große Ent<strong>de</strong>ckung von<br />
Bella selbst.<br />
Als sie wie<strong>de</strong>r mal an ihrem Lieblingsspielzeug<br />
saß und verträumt <strong>de</strong>n Andromedanebel<br />
b<strong>es</strong>taunte, kam ihr ein G<strong>es</strong>präch in <strong>de</strong>n<br />
Sinn, <strong>das</strong> sie vor, wie <strong>es</strong> ihr schien, ewiger<br />
Zeit in <strong>de</strong>r Bar auf Odin belauscht hatte.<br />
Dam<strong>als</strong> war sie an total an<strong>de</strong>ren Informationen<br />
inter<strong>es</strong>siert gew<strong>es</strong>en, aber plötzlich<br />
stahl sich di<strong>es</strong><strong>es</strong> G<strong>es</strong>präch in ihre Erinnerung.<br />
Zwei Ang<strong>es</strong>tellte irgen<strong>de</strong>iner Sternwarte<br />
auf Odin, hatten sich über einen Kometen<br />
unterhalten, <strong>de</strong>r vor kurzem ent<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n<br />
war und d<strong>es</strong>sen Weg in die Randgebiete <strong>de</strong>r Galaxis<br />
führte, für die heimischen Astronomen<br />
<strong>als</strong>o nur von aka<strong>de</strong>mischen Inter<strong>es</strong>se.<br />
Traum hin, Wirklichkeit her. Bella<br />
musste f<strong>es</strong>tstellen, ob <strong>das</strong> all<strong>es</strong> nur Fantasie<br />
war, o<strong>de</strong>r ob was Wahr<strong>es</strong> dran war. Also richtete<br />
sie ihr Tel<strong>es</strong>kop auf <strong>de</strong>n Orion aus und<br />
begann mit <strong>de</strong>r Suche.<br />
Das war zwar noch ein bisschen langwierig,<br />
<strong>de</strong>nn Sternenbeobachtung b<strong>es</strong>teht nicht<br />
nur aus direkter Beobachtung durch <strong>das</strong> Fernrohr,<br />
da wür<strong>de</strong> man ja mit <strong>de</strong>r Zeit ein steif<strong>es</strong><br />
Kreuz und Hornhaut an <strong>de</strong>r Pupille bekommen,<br />
son<strong>de</strong>rn die Beobachtung schließt auch<br />
<strong>das</strong> Fotografieren von Abschnitten <strong>de</strong>r Galaxie<br />
mit ein, in <strong>de</strong>r man etwas Inter<strong>es</strong>sant<strong>es</strong> zu<br />
ent<strong>de</strong>cken hoffte.<br />
161
Und genau <strong>das</strong> hoffte Bella zwischen ihrem<br />
Namensstern Bellatrix und <strong>de</strong>m Hauptstern<br />
d<strong>es</strong> Orion, Beteigeuze zu erkennen.<br />
Das geht folgen<strong>de</strong>rmaßen:<br />
Der Sternengucker schießt fünf bis sechs<br />
Tage lang Bil<strong>de</strong>r mit einer Kamera, die ans<br />
Fernrohr angebracht ist und zwar immer exakt<br />
zur selben Zeit und genau vom selben<br />
Ausschnitt.<br />
Natürlich müssen auch die vorhan<strong>de</strong>nen<br />
räumlichen Verschiebungen einkalkuliert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Dann vergleicht <strong>de</strong>r fleißige Hobbyastronom<br />
die entwickelten Aufnahmen in <strong>de</strong>r Hoffnung,<br />
die Ent<strong>de</strong>ckung zu machen, die ihn in<br />
die Ruhm<strong>es</strong>halle <strong>de</strong>r Sternclique, hinter Leonardo<br />
da Vinci und all die an<strong>de</strong>ren, meist<br />
schon g<strong>es</strong>torbenen Sterngucker, katapultiert,<br />
auf <strong>das</strong>s die Menschheit ergriffen und r<strong>es</strong>pektvoll<br />
seiner geistigen Brillanz huldigt.<br />
Im Gegensatz zu an<strong>de</strong>ren Astronomen, die<br />
pausenlos in die Galaxis linsen, wusste Bella<br />
ganz genau was sie suchte, und wo sie <strong>es</strong><br />
suchen musste.<br />
Sie befolgte peinlich genau die Anweisungen,<br />
die in <strong>de</strong>m dünnen Bändchen: „Der<br />
kleine Hobbyastronom“ b<strong>es</strong>chrieben waren, die<br />
mit <strong>de</strong>r hochgeistigen Bemerkung: „Und dann<br />
wirst du <strong>de</strong>r größte Wissenschaftler aller<br />
Zeiten“ en<strong>de</strong>te.<br />
„So ein Kack! Den Schmöker hat wohl jemand<br />
für kleine Kin<strong>de</strong>r g<strong>es</strong>chrieben, o<strong>de</strong>r für<br />
162
Wissenschaftler, was ja fast auf <strong>das</strong> Selbe<br />
rauskommt.<br />
Also verglich Bella fleißig die gemachten<br />
Aufnahmen und tatsächlich.... „War da<br />
nicht?....Nee... Aber doch!“<br />
Mit ihrer großen Lupe glaubte sie genau<br />
dort, wo sie <strong>es</strong> erwartet hatte , einen<br />
schwachen, ganz feinen Punkt wahrzunehmen.<br />
Und di<strong>es</strong>er Punkt war auf allen Aufnahmen<br />
zu sehen. Immer ein gaaaanz klein bisschen<br />
verrückt. Wie <strong>es</strong> eben nur ein Komet macht,<br />
<strong>de</strong>r seine Position im Verhältnis zu <strong>de</strong>n Sternen<br />
typisch verän<strong>de</strong>rt.<br />
„Baitiii....! Guck doch mal! Hast du<br />
<strong>das</strong> g<strong>es</strong>ehen?“<br />
„Was <strong>de</strong>nn mein kleiner Hobbyastronom?“,<br />
Baiti brachte sogar <strong>das</strong> Computeräquivalent<br />
ein<strong>es</strong> Lachens zustan<strong>de</strong>.<br />
„Na, di<strong>es</strong>er Punkt da zwischen Bellatrix<br />
und Beteigeuze, <strong>de</strong>r bewegt sich doch!<br />
Schau doch... hier...die Fotografien,<br />
<strong>das</strong> sind doch mind<strong>es</strong>tens zwei Millimeter!<br />
Bitte...bitte...Baitilein! Schmuggle<br />
dich mal beim Hubbletel<strong>es</strong>kop ein und überprüfe<br />
meine Beobachtung.<br />
Pass aber ja auf, <strong>das</strong>s niemand was<br />
merkt, wenn <strong>das</strong> wirklich <strong>de</strong>r Asteroid ist,<br />
dann ist <strong>das</strong> meine Ent<strong>de</strong>ckung...die darf mir<br />
keiner wegschnappen!“<br />
„Okay, Schatz! Pass auf: Ich schleiche<br />
mich mal ins Weltraumtel<strong>es</strong>kop rein, da muss<br />
163
ich ganz vorsichtig rangehen, <strong>als</strong>o dauert <strong>es</strong><br />
schon ein paar Tage, bis <strong>das</strong> Hubbletel<strong>es</strong>kop<br />
zufällig auf <strong>de</strong>n Orion eingerichtet ist.<br />
Du machst inzwischen weitere Aufnahmen,<br />
die wir mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren vergleichen und wenn<br />
wir ganz, ganz sicher sind, dann......peng!<br />
Dann schlagen wir zu. Das <strong>gibt</strong> die Sensation.<br />
Also toll, megageil......ran an die<br />
Bouletten!“.<br />
Die nächsten zwei Tage nahm Bella zwei<br />
Kilo ab. Sie aß nicht nur vor ihrem Tel<strong>es</strong>kop,<br />
son<strong>de</strong>rn schlief sogar vor ihrem Fernrohr.<br />
Nur die ärgerlichen Schulstun<strong>de</strong>n konnten<br />
sie von ihrem Spielzeug wegholen.<br />
Ihrem Vater war klar, <strong>das</strong> da nix zu machen<br />
war. Wenn sich seine Tochter in solch<br />
einem Stadium <strong>de</strong>r geistigen Umnachtung befand<br />
musste man sie ausspinnen lassen.<br />
Wehe <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r <strong>es</strong> gewagt hätte sie dabei<br />
zu unterbrechen! Die Folgen wären überhaupt<br />
nicht abzusehen.<br />
Das wäre nicht <strong>de</strong>r erste Bellatornado,<br />
<strong>de</strong>r über die Familie hinweggefegt wäre.<br />
*<br />
164
Für die r<strong>es</strong>tlichen Familienmitglie<strong>de</strong>r<br />
be<strong>de</strong>utete die geistige und körperliche Abw<strong>es</strong>enheit<br />
Bellas eine zwar unerwartete aber<br />
nicht d<strong>es</strong>to trotz sehr willkommene Erholung.<br />
Wenn <strong>es</strong> nach Jörn und Helge gegangen<br />
wäre , hätte di<strong>es</strong>er Zustand ein ganz<strong>es</strong> Leben<br />
dauern können, aber di<strong>es</strong>e Illusion hatten sie<br />
schon lange aufgegeben.<br />
Nach so ner arbeitsgeilen Phase kam <strong>es</strong><br />
immer knüppeldick, da kannten sie ihr Schw<strong>es</strong>terlein<br />
zu gut.<br />
Also wappneten sie sich für <strong>das</strong><br />
Schlimmste, <strong>das</strong> kommen konnte.<br />
Das aber durch die kommen<strong>de</strong>n Ereignisse noch<br />
übertroffen wur<strong>de</strong>.<br />
Unterd<strong>es</strong>sen saß <strong>das</strong> Objekt ihrer B<strong>es</strong>orgnis<br />
in ihrem Observatorium und grübelte über<br />
ihren Aufnahmen.<br />
„Klasse!!<br />
Auf allen Fotografien ist mein<br />
Komet zu erkennen .Wenn Baiti meine Beobachtungen<br />
auch noch b<strong>es</strong>tätigt <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> keinen<br />
165<br />
*
Zweifel mehr, dann haben wir einen neuen Kometen<br />
und <strong>de</strong>r wird heißen?: Bella natürlich!<br />
Das muss ja ein ri<strong>es</strong>iger Oschi sein, <strong>de</strong>r<br />
stellt <strong>de</strong>n Halleyschen Kometen bei weitem in<br />
<strong>de</strong>n Schatten!“, Bella schloss ihre Augen und<br />
schwelgte verträumt in Zukunftsvisionen, wie<br />
sie <strong>als</strong> größter Astronom aller Zeiten in<br />
allen Zeitungen und Fernsehsen<strong>de</strong>rn mit ihrem<br />
Wissen brillierte.<br />
Geld wäre nie mehr ein Problem und di<strong>es</strong>e<br />
verkalkten Lehrer wür<strong>de</strong>n vor Ehrfurcht dahinschmelzen.<br />
„Ach, wird <strong>das</strong> schön!!!!<br />
Ich bin die Größte! Ohne Frage war ihr<br />
<strong>das</strong> schon lange klar, nur die an<strong>de</strong>ren Trottel,<br />
die in <strong>de</strong>r Gegend rumrennen hatten <strong>das</strong><br />
noch nicht kapiert.<br />
Wird endlich Zeit, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> mal klar g<strong>es</strong>tellt<br />
wird!“<br />
Brutal wur<strong>de</strong> sie von ihren geistigen<br />
Höhenflügen auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Tatsachen geholt,<br />
<strong>als</strong> Baiti Bella mit trauriger Stimme<br />
die Hiobsbotschaft überbrachte.<br />
„Bella, ich muss dich lei<strong>de</strong>r sehr enttäuschen.<br />
Unser Komet kann kein Komet sein.<br />
Alle Parameter wi<strong>de</strong>rsprechen di<strong>es</strong>er Annahme.“<br />
166<br />
*
„Nein ... nein ... Baiti! Wie kannst du<br />
so etwas behaupten! Das ist ja<br />
schrecklich ... <strong>das</strong> <strong>gibt</strong>´s doch nicht!“<br />
„Doch ... mein Schatz, <strong>das</strong> <strong>gibt</strong>´s!<br />
Jetzt bleib mal ganz cool. Ich brauche noch<br />
ein bisschen Zeit alle Vektoren noch mal<br />
durchzuchecken.<br />
Morgenabend klicke ich mich noch mal ins<br />
Weltraumtel<strong>es</strong>kop ein, dann kann ich <strong>de</strong>finitiv<br />
f<strong>es</strong>tstellen, was du da ent<strong>de</strong>ckt hast.<br />
Irgen<strong>de</strong>twas wird’s schon sein. Also hab<br />
ein wenig Geduld!“<br />
Bella sackte in sich zusammen und kauerte<br />
wie ein Häufchen Elend auf ihrem Sofa.<br />
„So eine Scheiße!!!<br />
AHHHHH! Mist! Kacke! Dreck!<br />
Wie von <strong>de</strong>r Tarantel g<strong>es</strong>tochen sprang<br />
sie auf und rannte wie ein Berserker in ihre<br />
Sternwarte.<br />
Ihren Fotoapparat schmiss sie in die<br />
nächste Glasscheibe und ihren Laptop gleich<br />
hinterher.<br />
Innerhalb von Sekun<strong>de</strong>n hatte sie ihre<br />
geliebte Sternwarte in einen Trümmerhaufen<br />
verwan<strong>de</strong>lt.<br />
Als die g<strong>es</strong>amte Familie im Laufschritt,<br />
je<strong>de</strong>r mit einem Baseballschläger in <strong>de</strong>n Pfoten,<br />
wie die Feuerwehr angerast kam, um die<br />
vermeindlichen Vandalen vom Grundstück zu<br />
jagen und die R<strong>es</strong>te Bellas aufzusammeln, ent-<br />
167
<strong>de</strong>ckten sie zu ihrem grenzenlosen Erstaunen,<br />
eben di<strong>es</strong>e R<strong>es</strong>te in ta<strong>de</strong>llosem körperlichen<br />
Zustand, aber totaler geistiger Aufgelöstheit<br />
über ihrem Fernrohr hängen, wo sie haltlos<br />
schluchzte.<br />
„Wir haben´s ja gewusst! Die spinnt mal<br />
wie<strong>de</strong>r!“, ihre Brü<strong>de</strong>r winkten r<strong>es</strong>igniert ab,<br />
schulterten ihre Schläger und verschwan<strong>de</strong>n.<br />
Nur ihr b<strong>es</strong>orgter Vater versuchte aus<br />
seiner Tochter schlau zu wer<strong>de</strong>n, die inzwischen<br />
wie<strong>de</strong>r auf ihrem teuren Sperrmüll saß<br />
und apathisch vor sich hinstarrte.<br />
„Bellaschatz ...sag doch was! Was ist<br />
<strong>de</strong>nn passiert? Kann ich dir helfen?“, was er<br />
auch versuchte nützte nichts, <strong>als</strong>o schlurfte<br />
er r<strong>es</strong>igniert zurück ins Haus und verfluchte<br />
<strong>zum</strong> millionstenmal die Wutausbrüche seiner<br />
Tochter.<br />
„Mannomannomann, mir tut schon <strong>de</strong>r Mann<br />
leid, <strong>de</strong>n sie mal an Land zieht. Die arme<br />
Sau! Und ich bin dann auch noch Schuld, wenn<br />
<strong>de</strong>r dann bei <strong>de</strong>n anonymen Ehemännern lan<strong>de</strong>t!“,<br />
di<strong>es</strong>e Vorstellung heiterte ihn dann<br />
doch noch auf, <strong>als</strong>o ließ er Bella in aller<br />
Ruhe ausspinnen, schnappte sich die neu<strong>es</strong>te<br />
Ausgabe vom Playboy, holte ein schön<strong>es</strong> kalt<strong>es</strong><br />
Bier aus <strong>de</strong>m Kühlschrank und ließ <strong>es</strong> sich gut<br />
gehen.<br />
168
So gegen Mitternacht schlurfte die<br />
Leidgeprüfte in ihr so lange vernachlässigt<strong>es</strong><br />
Zimmer, schmiss sich aufs Bett und fiel in<br />
einen totenähnlichen Schlaf.<br />
Alle Versuche Bella am nächsten Morgen<br />
wach zukriegen schlugen fehl, <strong>als</strong>o rief ihr<br />
armer Vater die Schule an um seine Tochter zu<br />
entschuldigen und schaffte <strong>es</strong>, gera<strong>de</strong> noch<br />
<strong>de</strong>n Bus zu seinem Institut zu erwischen.<br />
Er wäre g<strong>es</strong>cheiter zuhause geblieben.<br />
An Arbeit war überhaupt nicht zu <strong>de</strong>nken, <strong>als</strong>o<br />
fuhr er wie<strong>de</strong>r zurück und fand seinen Wonneproppen<br />
in exakt <strong>de</strong>r selben Stellung wie am<br />
Morgen auf ihrem Bett, immer noch in kompletten<br />
Klamotten.<br />
R<strong>es</strong>igniert zog er sie aus, steckte sie<br />
unter die Bett<strong>de</strong>cke und überließ <strong>de</strong>r Natur<br />
ihr Recht. Kein Körper kann auf Dauer so<br />
übergangen wer<strong>de</strong>n, wie <strong>es</strong> seine Tochter getan<br />
hatte.<br />
Nach einem ausreichen<strong>de</strong>n Schlafpensum<br />
wür<strong>de</strong> die Welt schon wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rs aussehen<br />
und sein geliebter Schatz wie<strong>de</strong>r ansprechbar<br />
sein.<br />
Zuerst musste <strong>das</strong> Tohuwabohu im Garten<br />
b<strong>es</strong>eitigt wer<strong>de</strong>n. Wenn Bella erwachte mussten<br />
die Spuren ihr<strong>es</strong> Wutanfalls b<strong>es</strong>eitigt sein,<br />
169<br />
*
dann konnte die Familie wie<strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n alltäglichen<br />
Gepflogenheiten übergehen, bis die<br />
nächste Katastrophe über sie hereinbrach.<br />
Er seufzte aberm<strong>als</strong> r<strong>es</strong>igniert. „Wie<br />
schön ist doch <strong>das</strong> Leben und nie langweilig,<br />
was ohne Zweifel ein Vorteil ist.“, manchmal<br />
wünschte er sich aber im Stillen, <strong>das</strong>s ihr<br />
Leben vielleicht ein bisschen langweiliger<br />
sein könnte ...“aber na ja!!!!“.<br />
*<br />
Bellas größter Vorteil ist ohne Zweifel, <strong>das</strong>s<br />
sie, wenn sie sich richtig ausgetobt hatte,<br />
cool und locker zu neuen Taten schreitet und<br />
was vorbei ist, ist vorbei!<br />
Vorbei und geg<strong>es</strong>sen!<br />
Und auf geht´s mit frischem Mut und Elan<br />
zu neuen Taten.<br />
So auch di<strong>es</strong><strong>es</strong> mal.<br />
Am nächsten Morgen sprang sie quietschfi<strong>de</strong>l<br />
aus <strong>de</strong>r Kiste und erstürmte vergnügt<br />
und ausgelassen <strong>de</strong>n Frühstückstisch.<br />
„Hallo meine liebe Familie!“, sie sprühte<br />
gera<strong>de</strong>zu vor Tatendrang.<br />
170
Schmatz ... schmatz ... schmatz. Je<strong>de</strong>r<br />
am Tisch bekam einen dicken Kuss auf die Backe<br />
gedrückt, dann schnappte sie sich von je<strong>de</strong>m<br />
Teller <strong>das</strong> schon g<strong>es</strong>chmierte Toastbrot<br />
und sprach: „Macht´s gut meine Süßen, bis<br />
heute Nachmittag“, und war verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Zurück blieben drei Jungs ... na ja <strong>de</strong>r<br />
eine schon ein bisschen älter ..., die mit<br />
offenen Mün<strong>de</strong>rn auf die Küchentür starrten,<br />
wo eben ein Wirbelwind verschwand.<br />
Dann klappten sie ihre Mün<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r zu,<br />
schmierten sich neue Toasts und freuten sich,<br />
<strong>das</strong>s die Welt wie<strong>de</strong>r in Ordnung war.<br />
Der Wirbelwind ra<strong>de</strong>lte ind<strong>es</strong>sen vergnügt<br />
zur Schule, nicht ohne vorher schnell noch<br />
mal <strong>zum</strong> Gewächshaus, <strong>das</strong> heißt ihrer Sternwarte<br />
geguckt zu haben, aber nur um f<strong>es</strong>tzustellen,<br />
ob ihr Leibsklave auch ganze Arbeit<br />
geleistet hatte.<br />
„Claro, all<strong>es</strong> wie<strong>de</strong>r tiptop, auf ihre<br />
Sklaven war verlass, ... all<strong>es</strong> nur eine Sache<br />
<strong>de</strong>r Erziehung!“<br />
Wie immer arbeitete sie sich durch die<br />
langweiligen Schulstun<strong>de</strong>n, schrieb so nebenbei<br />
drei Spitzenklausuren und trat <strong>de</strong>m dicken<br />
Karl kräftig in <strong>de</strong>n Hintern, weil <strong>de</strong>r<br />
verg<strong>es</strong>sen hatte in ihrer Abw<strong>es</strong>enheit <strong>de</strong>n<br />
Klassenhamster zu füttern, was eigentlich<br />
ihre Arbeit war, aber wofür hatte man <strong>de</strong>nn<br />
di<strong>es</strong>e Typen, wenn die noch nicht mal selbstständig<br />
<strong>de</strong>nken konnten!<br />
Er entschuldigte sich auch brav für sein<br />
Versäumnis, <strong>als</strong>o ließ Bella Gna<strong>de</strong> vor Recht<br />
171
ergehen und erlaubte <strong>de</strong>m Dicken bei <strong>de</strong>r<br />
nächsten Englischarbeit bei ihr ab zu schreiben.<br />
Bella war mal wie<strong>de</strong>r Top in Form und<br />
hatte all<strong>es</strong> unter Kontrolle!<br />
Das bil<strong>de</strong>te sie sich je<strong>de</strong>nfalls ein, bis<br />
sie etwas bemerkte, <strong>das</strong> sie schreckensbleich<br />
wer<strong>de</strong>n ließ.<br />
„Baiti!!!! Sie hatte Baiti verloren!<br />
Sie kriegte voll die Panik. Das Armband<br />
inclusive Baiti war verschwun<strong>de</strong>n, nur eine<br />
blasse Stelle zeigte sich an ihrem linken<br />
Arm, wo Baitis ang<strong>es</strong>tammter Platz war.<br />
Sie spürte wie langsam ... ganz langsam<br />
ihr Blut zu kochen anfing. Der Druck auf<br />
ihre Ohren verstärkte sich, sie sah nur noch<br />
verschwommen.<br />
„Bella!!!! Bella!!! Reiß dich zusammen!<br />
Ruhig ... cool ... bleiben ....tief<br />
durchatmen.<br />
Eins ... zwei ... eins...<br />
zwei ...eins.... zwei....“, langsam bekam sie<br />
sich wie<strong>de</strong>r unter Kontrolle.<br />
„Jetzt überleg mal ganz ruhig. Wann habe<br />
ich Baiti abgenommen? Das muss ... ja genau!<br />
Bevor ich <strong>de</strong>n Koller bekommen habe ... o<strong>de</strong>r<br />
doch später?<br />
Nein, ich wollte mir die Hän<strong>de</strong> waschen,<br />
kurz bevor mir Baiti die Hiobsbotschaft<br />
überbracht hatte.<br />
172
Ja, genau, ich habe ihn abgebun<strong>de</strong>n und<br />
dann vor Schreck fallen gelassen. Kacke!!!<br />
Ich muss sofort nach Hause!<br />
„Jochen!“, Bella schrie so laut, <strong>das</strong>s<br />
sich ihr Lehrer erschrocken umdrehte.<br />
„Bella, was ist <strong>de</strong>nn los? Mensch du<br />
hast ja ne total rote Birne! Deine Stirn ist<br />
voller Schweißperlen! Du musst sofort nach<br />
Hause ins Bett! Auf geht´s!<br />
Soll ich noch mitgehen, o<strong>de</strong>r ein Taxi<br />
rufen?“.<br />
Bellas Lieblingslehrer wur<strong>de</strong> vor lauter<br />
Sorge ganz kribbelig.<br />
„Nein danke Jochen, ich pack <strong>das</strong> schon<br />
noch!“<br />
„Okay, dann aber sofort ab in die Fe<strong>de</strong>rn,<br />
auf <strong>de</strong>r Stelle!“<br />
Das ließ sie sich nicht zweimal sagen,<br />
<strong>als</strong>o schnappte sie sich ihre Utensilien und<br />
düste ab.<br />
So lange war ihr <strong>de</strong>r Nachhauseweg noch<br />
nie vorgekommen.<br />
Mit größtmöglicher Anstrengung konzentrierte<br />
sie sich auf <strong>de</strong>n Weg.<br />
„Jetzt bloß keinen Unfall bauen...<br />
ganz... ganz cool bleiben Bella reiß dich<br />
zusammen, gleich hast du <strong>es</strong> g<strong>es</strong>chafft!“<br />
173
Da sie die einzige war, auf die sie hörte,<br />
befolgte sie auch ihre eigenen Anweisungen<br />
und kam tatsächlich auch sicher an<br />
ihrem Haus an.<br />
Jetzt ließ sie ihren Gefühlen aber ungehemmt<br />
ihren Lauf.<br />
Sie schmiss ihr neu<strong>es</strong> schön<strong>es</strong> Traumfahrrad<br />
an <strong>de</strong>n Gartenzaun, jumpte darüber und<br />
raste <strong>zum</strong> Gewächshaus.<br />
Das beklemmen<strong>de</strong> Gefühl im Bauch drückte<br />
schon wie<strong>de</strong>r langsam nach oben. Die Luft in<br />
ihren Eingewei<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> dicker und dicker..<br />
<strong>das</strong> Atmen fiel ihr immer schwerer.<br />
So schwer war ihr die Glastüre d<strong>es</strong> Gewächshaus<strong>es</strong><br />
noch nie vorgekommen und drinnen...<br />
all<strong>es</strong> sauber und aufgeräumt.<br />
„Baiti.. Baiti,.. mein Liebling, ..wo<br />
bist du?“<br />
Bella war <strong>de</strong>r Verzweifelung nahe, <strong>als</strong><br />
sie eine leise Stimme aus <strong>de</strong>r hinteren rechten<br />
Ecke hörte, dort wo noch die massive Kiste<br />
stand in <strong>de</strong>r ihr Tel<strong>es</strong>kop angeliefert wor<strong>de</strong>n<br />
war.<br />
Fieberhaft rückte sie die schwere Kiste<br />
zur Seite und................, tatsächlich,<br />
da lag Baiti!<br />
Bella schluchzte laut auf und schmiss<br />
sich auf ihren Freund <strong>als</strong> wäre er ein Football.<br />
174
„Baiti... mein Baitilein! Endlich habe<br />
ich dich wie<strong>de</strong>r!”<br />
So viele Schmatzer hatte er noch nie abgekriegt,<br />
Bella schwor sich nie,.. nie mehr<br />
Baiti auch nur eine Sekun<strong>de</strong> lang abzunehmen,<br />
selbst wenn sie die Dreckschicht unter und um<br />
Baiti abkratzen musste.<br />
„Was ist <strong>de</strong>nn los mein Dickerchen? Ich<br />
spüre eine seltsame Ang<strong>es</strong>panntheit <strong>de</strong>iner<br />
ganzen Muskulatur! Kann aber keine offensichtlichen<br />
Krankheitssymptome f<strong>es</strong>tstellen.<br />
Atme ein paar mal kräftig durch und höre die<br />
aktuellen Neuigkeiten in Sachen Komet.“<br />
„Klar <strong>de</strong>r Komet!“, Bella hatte <strong>de</strong>n mit<br />
großer Willensanstrengung in <strong>de</strong>n tiefsten<br />
Winkeln ihr<strong>es</strong> Gedächtniss<strong>es</strong> vergraben, wie<br />
sie <strong>es</strong> mit allen unangenehmen Dingen macht<br />
und schon immer gemacht hatte.<br />
In di<strong>es</strong>em speziellen Fall musste sie<br />
sich Wohl o<strong>de</strong>r Übel <strong>de</strong>r grausamen Realität<br />
stellen.<br />
„Also Baiti.. erzähl mal!“<br />
„Wie ich richtig vermutete ist unser<br />
Objekt, <strong>das</strong> allmählich auf uns zudriftet,<br />
we<strong>de</strong>r ein Komet noch ein Asteroid!<br />
Also kein „schmutziger Schneeball“ wie<br />
die zusammengebrochenen Kometen genannt wer-<br />
175<br />
*
<strong>de</strong>n, auch kein abgebrochen<strong>es</strong> Stück ein<strong>es</strong> Mond<strong>es</strong><br />
o<strong>de</strong>r ein<strong>es</strong> Planeten, wie sie nur im Asteroi<strong>de</strong>ngürtel<br />
unser<strong>es</strong> Sonnensystems zu fin<strong>de</strong>n<br />
sind.<br />
Die an<strong>de</strong>re – aber unwahrscheinlichere –<br />
Möglichkeit wäre, wenn wir mal ein fremd<strong>es</strong><br />
Raumschiff ausschließen, wäre eine wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />
Sonne, die bis jetzt noch von keinem Planetensystem<br />
eingefangen wor<strong>de</strong>n ist.<br />
„Jetzt komm doch bitte mal <strong>zum</strong> Punkt!<br />
Ich wer<strong>de</strong> ja sonst noch verrückt!“, Bella<br />
wur<strong>de</strong> immer ungeduldiger, <strong>de</strong>r war aber auch<br />
zu umständlich.<br />
Ungerührt erzählte Baiti weiter.<br />
Man nimmt, wie du sicher weißt an, <strong>das</strong>s<br />
auch <strong>de</strong>r Planet Pluto früher einmal von unserer<br />
Sonne eingefangen wur<strong>de</strong> und in <strong>das</strong> System<br />
eingeglie<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n ist.<br />
Wenn wir all<strong>es</strong> <strong>das</strong> ausschließen, dann<br />
<strong>gibt</strong> <strong>es</strong> nur eine Möglichkeit, auch wenn sie<br />
sehr unwahrscheinlich erscheinen mag: Es ist<br />
eine vagabundieren<strong>de</strong> Sonne.<br />
Sie muss vor sehr langer Zeit in einer<br />
kosmischen Katastrophe von einem System abgetrennt<br />
wor<strong>de</strong>n sein und ist auf Wan<strong>de</strong>rschaft<br />
gegangen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Weite und Leere d<strong>es</strong> Universums<br />
kann die Sonne schon seit Millionen von Jahren<br />
durch <strong>das</strong> Universum vagabundieren<br />
und ...“<br />
176
„Noch mal <strong>das</strong> ganze! Wie war <strong>das</strong>? Eine<br />
Sonne? Eine richtige Sonne? Eine richtige<br />
Sonne, so wie unsere?“, irgendwie verstand<br />
Bella nur Bahnhof.<br />
Die Dame scheint heute aber schwer von<br />
Begriff zu sein!“, Baiti schien sich über<br />
seine begriffsstutzige Freundin zu amüsieren,<br />
wenn ein Computer dazu überhaupt in <strong>de</strong>r Lage<br />
ist.<br />
Aber für Bella war Baiti natürlich kein<br />
normaler Computer, son<strong>de</strong>rn lebendiger <strong>als</strong><br />
mancher Mensch, <strong>de</strong>n sie kannte.<br />
„Ich habe versucht dir in einfachen<br />
Worten, die auch ein Mensch verstehen kann,<br />
zu erklären, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>in Komet kein Komet,<br />
son<strong>de</strong>rn eine Sonne ist und <strong>das</strong> mit 87,5438<br />
prozentiger Wahrscheinlichkeit.“<br />
„Okay ... okay ...okay! Das habe ich<br />
gecheckt! Wir haben hier nichts an<strong>de</strong>r<strong>es</strong> <strong>als</strong><br />
eine Sonne, so ´ne dicke Tante, ungefähr 1000<br />
mal so groß wie die unsere und die kommt seelenruhig<br />
auf unser Sonnensystem zu... <strong>als</strong>o<br />
all<strong>es</strong> ganz normal ... !?!“<br />
„Ja, weißt du <strong>de</strong>nn, was <strong>das</strong> be<strong>de</strong>utet!?“<br />
Bella war fassungslos!“<br />
„Klar mein Zuckerschnäuzchen, weiß ich<br />
was <strong>das</strong> be<strong>de</strong>utet.<br />
Die frem<strong>de</strong> Sonne, nennen wir sie mal Bella,<br />
schließlich hast du sie ja ent<strong>de</strong>ckt, <strong>als</strong>o<br />
Bella b<strong>es</strong>ucht uns in unserem System, vielleicht<br />
schnappt sie sich ein paar Planeten<br />
und wan<strong>de</strong>rt weiter.“<br />
177
„Was willst du damit sagen? Sie<br />
schnappt sich ein paar Planeten!“<br />
„Das ist doch offensichtlich! Gehen wir<br />
mal davon aus, wenn Bella unser Sonnensystem<br />
durchquert, o<strong>de</strong>r auch nur streift, wird hier<br />
auf alle Fälle all<strong>es</strong> gründlich durcheinan<strong>de</strong>rgewürfelt,<br />
bevor sie weiterzieht.<br />
Aber beruhige dich, <strong>das</strong>s unsere Sonne<br />
<strong>de</strong>n Vagabun<strong>de</strong>n einfängt, kann ich mit 99,9987<br />
prozentiger Wahrscheinlichkeit ausschließen!<br />
Um <strong>de</strong>ine Frage vorwegzunehmen, liebe<br />
Bella, <strong>das</strong> höhere organische Leben wird, wenn<br />
<strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Fall doch eintreten sollte, mit<br />
99.9999 prozentiger Wahrscheinlichkeit<br />
ausgelöscht.<br />
Ich kann dich aber beruhigen, <strong>das</strong> Sonnensystem<br />
wird eine Kollision schon überstehen.“<br />
„Du kannst mich beruhigen.. du kannst<br />
mich beruhigen.. ja bist du <strong>de</strong>nn noch zu<br />
retten?“<br />
Bella glotzte fassungslos auf ihr Armband.<br />
Der hatte <strong>das</strong> Gemüt ein<strong>es</strong> Fleischerhund<strong>es</strong>!<br />
„Wenn du aber wissen willst, ob Bella<br />
ganz sicher bei uns vorbeischneit, so kann<br />
ich im Moment noch keine Wahrscheinlichkeit<br />
ausrechnen, da die Datenmenge darüber noch<br />
nichts aussagt.“<br />
„Ufff!!!“<br />
178
Jetzt war Bella aber erleichtert.<br />
All<strong>es</strong>, wenigstens bis jetzt, nur bloße<br />
Theorie.<br />
„So lieber Baiti, lass uns mal dafür<br />
sorgen, <strong>das</strong>s mir <strong>de</strong>n Ruhm <strong>de</strong>r Erstent<strong>de</strong>ckung<br />
niemand weggrabscht. Wie gehen wir vor?“<br />
*<br />
Ent<strong>de</strong>ckt ein Astronom o<strong>de</strong>r irgen<strong>de</strong>in an<strong>de</strong>rer<br />
Mensch einen Kometen, so erhält di<strong>es</strong>er<br />
<strong>de</strong>n Namen d<strong>es</strong> Ent<strong>de</strong>ckers und <strong>de</strong>r wird dadurch<br />
natürlich Weltberühmt.<br />
Den letzten, von <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> aus gut sichtbaren,<br />
Kometen haben zwei Astronomen mit <strong>de</strong>n<br />
Namen: Hale und Bopp ent<strong>de</strong>ckt, <strong>als</strong>o erhielt<br />
di<strong>es</strong>er <strong>de</strong>n Namen Hale-Bopp.<br />
Über Tage hinweg konnte man di<strong>es</strong>en Kometen<br />
mit <strong>de</strong>m bloßen Auge erkennen, wie er<br />
maj<strong>es</strong>tätisch, im Glanze sein<strong>es</strong> funkeln<strong>de</strong>n<br />
Schweif<strong>es</strong>, durch <strong>de</strong>n nächtlichen Himmel zog.<br />
Die Historiker gehen davon aus, <strong>das</strong>s die<br />
Legen<strong>de</strong> vom Stern von Bethlehem, <strong>de</strong>r bei J<strong>es</strong>us’<br />
Geburt zu d<strong>es</strong>sen Geburtsstätte hingewießen<br />
haben soll, auf einen Kometen beruhte,<br />
<strong>de</strong>r in b<strong>es</strong>timmten Abstän<strong>de</strong>n <strong>das</strong> Sonnensystem<br />
durchwan<strong>de</strong>rt.<br />
Das wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>m ganzen katholischen und<br />
evangelischen Glauben wenigstens ein bisschen<br />
Wirklichkeit verleihen, auch wenn <strong>de</strong>r R<strong>es</strong>t<br />
179
fragwürdig ist, gut für Tattergreise und alte<br />
Omas,..... aber <strong>das</strong> nur am Ran<strong>de</strong>.<br />
Die bei<strong>de</strong>n Strategen gingen ans Planen.<br />
„Und di<strong>es</strong><strong>es</strong> Planen dauerte die ganze<br />
Nacht. Was <strong>es</strong> da all<strong>es</strong> zu beachten gab!?<br />
Schon alleine die e-Mails, die in die ganze<br />
Welt verschickt wer<strong>de</strong>n mussten.<br />
Natürlich mussten auch die richtigen<br />
Leute und die zuständigen Behör<strong>de</strong>n benachrichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
An Schlaf war da überhaupt nicht zu<br />
<strong>de</strong>nken.<br />
Dass die Nacht schon rum war merkte Bella<br />
erst, <strong>als</strong> die aufgehen<strong>de</strong> Morgensonne <strong>das</strong><br />
Dach d<strong>es</strong> Gewächshaus<strong>es</strong> in rosa Watte packte.<br />
„Mensch Baiti die Nacht ist ja schon<br />
rum! Hast du alle e-Mails abg<strong>es</strong>chickt?“<br />
„Es ist 7 Uhr und 53 Minuten und 14<br />
Sekun<strong>de</strong>n und alle e-Mails sind raus.“, Baiti<br />
war wie immer die Ruhe in Person...pardon,<br />
die Ruhe in Computer.<br />
„Oh Baiti! Wenn ich <strong>das</strong> dam<strong>als</strong> schon<br />
gewusst hätte, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> eine Sonne ist, die<br />
durch <strong>das</strong> System .........!“<br />
Baiti unterbrach abrupt Bellas Red<strong>es</strong>chwall.<br />
„Ich muss dich lei<strong>de</strong>r enttäuschen mein<br />
Goldkind. Deine Abenteuer spielten ein paar<br />
tausend Jahre später. Reiner Zufall, <strong>das</strong>s wir<br />
180
gera<strong>de</strong> in di<strong>es</strong>em System die Sonne ent<strong>de</strong>ckt<br />
haben!“<br />
„Seufz!“ Also war all<strong>es</strong> nur ein Traum<br />
gew<strong>es</strong>en? Na gut, sei´s wie <strong>es</strong> ist ...“<br />
„Bella“, , mit wüten<strong>de</strong>m G<strong>es</strong>ichtsausdruck<br />
stand ihr Daddy in <strong>de</strong>r Gewächshaustür.<br />
„Jetzt reicht´s aber endgültig! Egal ob<br />
du g<strong>es</strong>chlafen hast o<strong>de</strong>r nicht. Egal ob du<br />
todkrank o<strong>de</strong>r kerng<strong>es</strong>und bist. Du packst<br />
sofort <strong>de</strong>ine Schulsachen und verschwind<strong>es</strong>t in<br />
die Schule!“<br />
„Aber Daddylein!“<br />
„Nichts aber Daddylein! Ab!!! Und zwar<br />
sofort! Ich will keinen Ton mehr hören!“<br />
„Bella schnappte sofort ihre Schultasche<br />
und flitzte an ihrem wüten<strong>de</strong>n Monarchen vorbei<br />
durch die Türe ... aufs Fahrrad ... und<br />
ab in die Schule.<br />
Und gera<strong>de</strong> heute hatten sie in <strong>de</strong>r ersten<br />
Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Direktor, <strong>de</strong>r einen Referendaren<br />
mitbrachte, <strong>de</strong>r eingewi<strong>es</strong>en wer<strong>de</strong>n<br />
musste, <strong>das</strong> wür<strong>de</strong> Ärger geben.<br />
Wie viel Ärger <strong>das</strong> geben wür<strong>de</strong> merkte<br />
Bella erst <strong>als</strong> sie vorsichtig in die Schulklasse<br />
schlich und die komplette Klasse schon<br />
181<br />
*
av auf ihren Stühlen saß und ang<strong>es</strong>pannt zur<br />
Tafel starrte.<br />
Sie hatte sich gleich gewun<strong>de</strong>rt, <strong>das</strong>s <strong>es</strong><br />
in <strong>de</strong>r ganzen Schule so ruhig war, wie im<br />
Leichenschauhaus, b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>rs <strong>als</strong> sie sich<br />
ihrem Klassenraum näherte.<br />
Und tatsächlich, da stan<strong>de</strong>n am Lehrerpult<br />
gleich drei Leichen blöd in <strong>de</strong>r Gegend<br />
rum.<br />
Der Direktor, <strong>de</strong>r Referendar und <strong>de</strong>r ...<br />
oh oh ... <strong>de</strong>r Schulrat! Den kannte sie schon<br />
von früheren Gelegenheiten. Der war so ein<br />
ganz Harter. Der größte Kotzbrocken <strong>de</strong>r ganzen<br />
Schulbehör<strong>de</strong>.<br />
Alle drei, inclusive ihrer Schulkamera<strong>de</strong>n,<br />
drehten ihre Köpfe langsam zu <strong>de</strong>r heran<br />
schleichen<strong>de</strong>n Bella.<br />
„BELLATRIX!!!<br />
Was hat <strong>das</strong> zu be<strong>de</strong>uten? Erst kommst du<br />
zu spät <strong>zum</strong> Unterricht und wie siehst du <strong>de</strong>nn<br />
aus, du bis ja total vernachlässigt!“<br />
Der Kopf d<strong>es</strong> Direktors glühte wie die<br />
rote Notbeleuchtung im Mädchenklo.<br />
„Also Herr Direktor!“, <strong>de</strong>r Oberschulrat<br />
war einem mittelschweren Herzanfall nahe.<br />
„Also Herr Direktor! Ich habe angenommen,<br />
<strong>das</strong>s ihre Schule die or<strong>de</strong>ntlichste<br />
182
und b<strong>es</strong>te im ganzen Land ist, <strong>das</strong> habe ich<br />
erst neulich <strong>de</strong>m Herrn Kultusminister b<strong>es</strong>tätigt.<br />
Und jetzt <strong>das</strong>! Nicht nur, <strong>das</strong>s ihre<br />
Schülerinnen viel zu spät <strong>zum</strong> Unterricht<br />
erscheinen ... nein!<br />
Schauen sie doch mal di<strong>es</strong><strong>es</strong> Mädchen an!<br />
Das ist ja total verwahrlost. Man könnte<br />
meinen sie steht unter Drogen!<br />
Das ist ein Skandal<br />
Sie, Herr Direktor, dabei <strong>de</strong>utete er<br />
mit seinem Lichtgerät auf <strong>de</strong>n blassen Schulleiter,<br />
mel<strong>de</strong>n sich sofort nach <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
Stun<strong>de</strong>n, zusammen mit di<strong>es</strong>er jungen Dame bei<br />
mir.<br />
Ich bin in ihrem Zimmer und kontrolliere<br />
inzwischen ihre <strong>Buch</strong>haltung. Da bin ich mal<br />
g<strong>es</strong>pannt, was ich dort ent<strong>de</strong>cke.<br />
„Mir schwant Fürchterlich<strong>es</strong>!“<br />
Der Oberschulrat strafte <strong>de</strong>n Direktor,<br />
die Klasse und b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>rs Bella mit einem giftigen<br />
Blick und galoppierte wütend aus <strong>de</strong>m<br />
Klassenzimmer.<br />
Oh nein ... oh nein ..., die Kacke ist<br />
am Dampfen! Das <strong>gibt</strong> mal wie<strong>de</strong>r trouble.<br />
Hoffentlich schmeißen die mich nicht von <strong>de</strong>r<br />
Schule“, dachte Bella, <strong>als</strong> sie klein wie ein<br />
Mäuschen zu ihrem Platz schlich.<br />
183
Dort saß sie, schlapp wie ein alter Pantoffel,<br />
während <strong>de</strong>r Direktor, immer noch mit<br />
hochroter Birne, ihre Schulfreun<strong>de</strong> bis zur<br />
Weißglut ärgerte.<br />
„Di<strong>es</strong>er alte Depp. Jetzt müssen meine<br />
Freun<strong>de</strong> die Laune von di<strong>es</strong>em Trottel ausba<strong>de</strong>n<br />
und <strong>das</strong> nur weil ich ein bisschen zu spät gekommen<br />
bin! Jemand sollte <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>n fetten<br />
Hintern treten.“, Bella hielt ihre Gedanken<br />
aber brav für sich.<br />
„Der wür<strong>de</strong> die kleinste Gelegenheit ausnutzen<br />
um alle noch mehr zu drangsalieren!“<br />
Als die Klingel <strong>zum</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ersten<br />
Stun<strong>de</strong> läutete und die Klasse für fünf Minuten<br />
in <strong>de</strong>n Pausenhof stürzen wollte, donnerte<br />
die Stimme d<strong>es</strong> Schulleiters:<br />
*<br />
„SITZENBLEIBEN!!! Sitzen bleiben!<br />
Heute wird erst nach <strong>de</strong>r zweiten Stun<strong>de</strong> Pause<br />
gemacht und wenn nicht sofort...........“,<br />
sein rechter Zeigefinger klopfte gebieterisch<br />
auf <strong>de</strong>n Lehrertisch........“ und wenn nicht<br />
sofort Ruhe ist, <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> heute überhaupt keine<br />
Pause!“<br />
Di<strong>es</strong>er alte Sklaventreiber!!<br />
Lange wür<strong>de</strong> Bella sich di<strong>es</strong><strong>es</strong> Verhalten<br />
nicht mehr gefallen lassen.......Ärger<br />
184
hin....Ärger her. Wenn <strong>de</strong>r sie von <strong>de</strong>r Schule<br />
schmeißen will, soll er doch mal versuchen!<br />
Im Klassenzimmer war <strong>es</strong> still wie in<br />
einem Grab, während vom Schulhof <strong>das</strong> G<strong>es</strong>chrei<br />
<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>r hereinschallte.<br />
Das nahm überhaupt kein En<strong>de</strong>. Die Pause<br />
musste doch längst vorbei sein!<br />
Zuerst war <strong>es</strong> nur ein leis<strong>es</strong> fern<strong>es</strong><br />
Dröhnen, <strong>das</strong> aber b<strong>es</strong>tändig näher kam und<br />
dabei immer lauter wur<strong>de</strong>, bis <strong>es</strong> ohrenbetäuben<strong>de</strong><br />
Ausmaße annahm, <strong>als</strong> ob ein Tornado<br />
genau vor <strong>de</strong>r Schule wüten wür<strong>de</strong>.<br />
Der Direktor war schon bei Beginn d<strong>es</strong><br />
Geräusch<strong>es</strong> <strong>zum</strong> Fenster gegangen und <strong>als</strong> <strong>de</strong>r<br />
Krach immer lauter wur<strong>de</strong> konnten die Kin<strong>de</strong>r<br />
<strong>es</strong> auch nicht mehr aushalten.<br />
Mit offenen Mün<strong>de</strong>rn stierten sie auf<br />
einen Hubschrauber, <strong>de</strong>r im selben Moment auf<br />
<strong>de</strong>r großen Wi<strong>es</strong>e lan<strong>de</strong>te, vor <strong>de</strong>r Lehrer,<br />
Schüler und eine ganze Menge frem<strong>de</strong>r Leute<br />
wild durcheinan<strong>de</strong>r wurstelten.<br />
Mitten im großen Rosenbeet stand ein<br />
schwarzer Gelän<strong>de</strong>wagen, aus <strong>de</strong>m unaufhörlich<br />
hektische Menschen spru<strong>de</strong>lten.<br />
Ein an<strong>de</strong>rer Wagen hatte die Rhodo<strong>de</strong>ndronallee<br />
plattgemacht und ein Lieferwagen<br />
stieß gera<strong>de</strong> die Büste d<strong>es</strong> Schulgrün<strong>de</strong>rs von<br />
seiner Säule.<br />
185
BUMMS!!<br />
Bella schaute irritiert <strong>zum</strong> „bumms“.<br />
Da saß doch tatsächlich <strong>de</strong>r Direktor auf <strong>de</strong>m<br />
Bo<strong>de</strong>n.<br />
Den hatte <strong>es</strong> glatt umgehauen:<br />
Niemand wusste, was man mit einem auf<br />
<strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n sitzen<strong>de</strong>n Schulleiter machen soll!<br />
Di<strong>es</strong>e Situation war neu!<br />
Also starrten sie <strong>de</strong>n nur an und warteten auf<br />
<strong>das</strong> was <strong>als</strong> nächst<strong>es</strong> wohl kommt.......<br />
wow, .......<strong>das</strong> wür<strong>de</strong> spannend wer<strong>de</strong>n.<br />
Als nächst<strong>es</strong> wur<strong>de</strong> die Türe aufgerissen<br />
und herein stürzte ein total zerzauster Oberschulrat.<br />
Der sollte noch mal was über Bellas<br />
Aussehen sagen! Pumuckel war nichts dagegen.<br />
„Oh....oh....Herr Oberschulrat!!!“<br />
Der Direktor versuchte sich qualvoll<br />
aufzurappeln.<br />
„Und da ist ja di<strong>es</strong><strong>es</strong> nette Mädchen!<br />
Bellatrix war doch <strong>de</strong>r Name, wenn ich mich<br />
richtig erinnere, nicht wahr!“<br />
Er hatte Bella in <strong>de</strong>r hintersten Ecke,<br />
in die sie sich verdrückt hatte, ent<strong>de</strong>ckt und<br />
kam mit ausg<strong>es</strong>treckten Hän<strong>de</strong>n auf sie zu.<br />
„Meine liebe junge Dame! Ich habe ja<br />
überhaupt nicht geahnt, was für eine berühmte<br />
junge Dame wir hier an unserer Schule haben!<br />
186
Und so hübsch.........und so or<strong>de</strong>ntlich....!!<br />
Bitte wür<strong>de</strong>n sie mir die Ehre erweisen<br />
und mich <strong>zum</strong> Direktorrat zu begleiten?“<br />
Bella stand da wie <strong>de</strong>r Ochs vorm Scheunentor.<br />
Verdattert stotterte sie:<br />
Wa...wa...bi...bi...wo...wo...so.<br />
soo....gchklnmdhrnmhdh..!!!......wa..was soll<br />
ich tun?“<br />
„Ich bitte sie mich zu begleiten und<br />
sie natürlich auch mein lieber Herr Direktor,<br />
draußen wartet die Pr<strong>es</strong>se d<strong>es</strong> ganzen Land<strong>es</strong>.<br />
Funk und sogar <strong>das</strong> Fernsehen und <strong>de</strong>r<br />
Herr Kultusminister hat soeben persönlich<br />
angerufen!“<br />
Der Direktor glotzte seinen Chef an <strong>als</strong><br />
wäre <strong>de</strong>r Frankenstein und Dracula in einem.<br />
Langsam dämmerte <strong>es</strong> Bella.<br />
Das konnten nur die Reaktionen auf die<br />
e-Mails sein, die Baiti heute Nacht verschickt<br />
hatte.....uff, <strong>das</strong> war aber flott<br />
gegangen!<br />
Sie holte tief....tief....Luft, schwebte<br />
am immer noch blöd glotzen<strong>de</strong>n Direktor<br />
vorbei und erlaubte, großzügig, wie sie nun<br />
mal ist, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r Oberschulrat sie galant aus<br />
<strong>de</strong>r Klasse geleitete.<br />
Der hatte wirklich nicht übertrieben!<br />
187
Inzwischen war so viel Pr<strong>es</strong>se angereist, <strong>das</strong>s<br />
sie zur Pr<strong>es</strong>sekonferenz in die Aula umziehen<br />
mussten, die in Rekordzeit bis <strong>zum</strong> letzten<br />
Platz gefüllt war.<br />
Lehrer, Schüler, Eltern die zufällig in<br />
<strong>de</strong>r Schule waren, die Hausmeister, niemand<br />
wollte sich <strong>das</strong> Spektakel entgehen lassen.<br />
Um Bella herum wurstelten unzählige Fotografen<br />
und Pr<strong>es</strong>seleute, während nicht weniger<br />
<strong>als</strong> drei Fernsehsen<strong>de</strong>r ihre Kameras aufbauten.<br />
Und <strong>de</strong>r Typ, <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> mit ausgebreiteten<br />
Armen auf Bella zukam, war kein an<strong>de</strong>rer<br />
<strong>als</strong> Monsieur Dipon, <strong>de</strong>r beliebt<strong>es</strong>te Talkmaster<br />
aller Zeiten.<br />
Fräulein Bella....belissima Bella! Charmant..<br />
charmant!…..Ich freue mich außeror<strong>de</strong>ntlich<br />
sie kennen zu lernen!“<br />
Er strahlte über <strong>das</strong> ganze G<strong>es</strong>icht,<br />
während er sich galant über Bellas Hand beugte<br />
und.....tatsächlich, er schmatzte sie mit<br />
sabbern<strong>de</strong>r Schnute ab<br />
Handkuss nennt man so was ja<br />
wohl!.. ....Ihhh....<strong>das</strong> war aber wi<strong>de</strong>rlich!<br />
Bella putzte die abg<strong>es</strong>abberte Hand verstohlen<br />
an ihrer Jeans ab während <strong>de</strong>r Talkmaster<br />
ununterbrochen weiterre<strong>de</strong>te.<br />
Plötzlich saß sie auf einem eilig herbe<br />
g<strong>es</strong>chafften Sofa, links neben sich <strong>de</strong>n<br />
Oberschulrat, rechts neben sich <strong>de</strong>n immer<br />
188
noch hochroten Direktor und gegenüber auf <strong>de</strong>m<br />
Plüschs<strong>es</strong>sel aus <strong>de</strong>r Bibliothek, lümmelte <strong>de</strong>r<br />
Talkmaster <strong>de</strong>r gera<strong>de</strong> zählte: 10..9..8 ..<br />
7.. ..5..4..3..2..1. Sendung. Die letzten<br />
drei Zahlen hatte nur mit hochgehaltenen<br />
Fingern angezeigt, und los ging’s.<br />
„Einen schönen guten Morgen meine lieben<br />
Zuschauer.<br />
Hier spricht wie<strong>de</strong>r ihr geliebter Dipon.<br />
Es ist mir eine b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re Freu<strong>de</strong> ihnen<br />
heute eine junge Dame vorzustellen, die, <strong>das</strong><br />
behaupte ich ohne Übertreibung, ........ich<br />
übertreibe ja sowi<strong>es</strong>o nie.....ha...ha...ha,<br />
die in <strong>de</strong>n nächsten Tagen die berühmt<strong>es</strong>te<br />
Person auf <strong>de</strong>m ganzen Globus sein wird.<br />
Für die lieben Zuschauer, die di<strong>es</strong>e<br />
historische Sendung heute früh nicht sehen<br />
können, schließlich ist <strong>es</strong> ja noch mitten in<br />
<strong>de</strong>r Nacht..........häh.......häh“, <strong>das</strong> sollte<br />
wohl witzig sein?<br />
Bella flüsterte verzweifelt: „Baiti!!!<br />
Baitilein!!! Hast du <strong>das</strong> all<strong>es</strong> mitbekommen?“<br />
„Klar meine Süße!“<br />
189<br />
*
„Baitischnukki du musst mir helfen! Ich<br />
weiß gar nicht was ich sagen soll!!.......Ich<br />
bin total verdattert!“<br />
„All<strong>es</strong> unter Kontrolle mein Pausbäckchen<br />
Wir sagen <strong>de</strong>nen genau was die hören wollen.<br />
Mein psychologischer Sektor übernimmt <strong>das</strong><br />
G<strong>es</strong>präch und du wie<strong>de</strong>rholst nur, Wort für<br />
Wort was ich dir vorsage und <strong>de</strong>r Käse ist<br />
geg<strong>es</strong>sen, wie du dich immer ausdrückst..“<br />
Na dann mal los!<br />
Es wur<strong>de</strong> auch höchste Zeit, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r<br />
Mo<strong>de</strong>rator hatte Bella schon in <strong>de</strong>r Schusslinie.<br />
„.............wie haben sie <strong>de</strong>nn und<br />
vor allem wann haben sie <strong>de</strong>nn <strong>das</strong> erste mal<br />
di<strong>es</strong>e Sonne ent<strong>de</strong>ckt, die auf unser Sonnensystem<br />
zurast und uns alle vernichten<br />
wird, Fräulein Bella?“, <strong>de</strong>r Showmaster glotzte<br />
wie ein Walduhu.<br />
„Also Herr Dipon!“<br />
„Ach bitte sagen sie doch nur Dipon! Für meine<br />
Freun<strong>de</strong> nur Dipon und sie sind doch meine<br />
Freundin, nicht wahr......hä...hä...hä!“<br />
„Also gut Dipon! Als erst<strong>es</strong> muss ich<br />
ihren Irrtum korrigieren. Die Sonne, die übrigens<br />
Bella heißt, <strong>das</strong> ist mein Name wie sie<br />
vielleicht wissen,<br />
190
„Aber natürlich Fräulein<br />
Bella......... ...........“<br />
Bella re<strong>de</strong>te ungerührt weiter, während<br />
<strong>de</strong>r Talkmaster verdattert schwieg, so hatte<br />
er sich ein verängstigt<strong>es</strong> Kind nicht vorg<strong>es</strong>tellt.<br />
„Also Dipon, <strong>es</strong> ist nicht nur f<strong>als</strong>ch,<br />
son<strong>de</strong>rn auch unverantwortlich zu behaupten,<br />
daß „BELLA“ in unser Sonnensystem rast und<br />
<strong>das</strong> Leben hier vernichtet! Ich..........“<br />
„Aber....aber....Fräulein<br />
Bella... .ich....!“<br />
„Jetzt schweigen sie aber mal und zwar<br />
pronto, o<strong>de</strong>r ich breche sofort di<strong>es</strong>e Pr<strong>es</strong>sekonferenz<br />
ab!“<br />
Der Fernsehtyp schnappte wie ein Karpfen<br />
auf <strong>de</strong>m Trockenen nach Luft.<br />
So was hatte er aber auch noch nie erlebt!<br />
Normal ist, <strong>das</strong>s die Menschen vor Ehrfurcht,<br />
wenn schon nicht vor ihm, dann wenigstens<br />
vor <strong>de</strong>n Kameras, schwiegen und man<br />
ihnen jed<strong>es</strong> Wort aus <strong>de</strong>r Nase ziehen musste.<br />
Da er aber ein guter Reporter ist,<br />
wusste er auch, wann er verloren hatte und<br />
so seufzte er r<strong>es</strong>igniert und überließ Bella<br />
kampflos <strong>das</strong> Feld.<br />
„Ich versichere ihnen, liebe Zuschauer<br />
und <strong>de</strong>m R<strong>es</strong>t <strong>de</strong>r Welt, „BELLA“ wird unserem<br />
Sonnensystem zwar nahe kommen, so nahe, <strong>das</strong>s<br />
wir sie über Wochen hinweg selbst am hel-<br />
191
lichten Tag mit bloßem Auge erkennen können,<br />
aber dann ist sie auch wie<strong>de</strong>r verschwun<strong>de</strong>n<br />
und nieman<strong>de</strong>n................ich betone<br />
nieman<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> wird auch nur ein Haar<br />
gekrümmt!“<br />
Bella wusste, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> eine glatte Lüge war,<br />
aber Baiti wür<strong>de</strong> schon wissen was sie sagen<br />
musste, <strong>als</strong>o palaverte sie fleißig weiter<br />
drauflos.<br />
Die nächste halbe Stun<strong>de</strong> re<strong>de</strong>te nur<br />
Bella.<br />
Wenn <strong>de</strong>r Reporter eine Zwischenfrage wagte,<br />
entschuldigte er sich sofort dafür.<br />
Er hatte ja schon die merkwürdigsten und<br />
intelligent<strong>es</strong>ten Menschen interviewt, Prof<strong>es</strong>soren,<br />
Minister, Präsi<strong>de</strong>nten und verrückte<br />
Künstler, aber so was war ihm noch nie untergekommen.<br />
Alle Zwischenfragen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Reporter<br />
beantwortete sie ebenso souverän und ausführlich.<br />
Die bei<strong>de</strong>n Trottel neben ihr auf <strong>de</strong>m<br />
Sofa kamen kein einzig<strong>es</strong> Mal zu Wort.<br />
Sie waren bloße Dekoration wie <strong>das</strong> Shak<strong>es</strong>peare-Poster<br />
<strong>das</strong> noch von <strong>de</strong>r letzten<br />
Schulaufführung an <strong>de</strong>r Wand hing.<br />
Das Interview en<strong>de</strong>te in einem Blitzlichtgewitter,<br />
<strong>das</strong> in die Aula die Atmosphäre<br />
ein<strong>es</strong> schwülen Frühlingsgewitters zauberte.<br />
192
„UFF! Das wäre g<strong>es</strong>chafft!“<br />
*<br />
Unter langanhalten<strong>de</strong>m Beifall, alle<br />
Anw<strong>es</strong>en<strong>de</strong>n waren aufg<strong>es</strong>prungen und klatschten<br />
wie die Bekloppten, während die Schüler wie<br />
eine brunftige Elchkuhher<strong>de</strong> blökten, verließ<br />
Bella würdig wie eine Prinz<strong>es</strong>sin die überfüllte<br />
Aula.<br />
„Mensch, <strong>das</strong> ist ganz schön anstrengend<br />
berühmt zu sein. Ich sehe zu, <strong>das</strong>s ich so<br />
schnell wie möglich die Fliege mache“, nuschelte<br />
Bella vor sich hin, während sie auf<br />
verschwiegenen Wegen zu ihrem Fahrrad<br />
schlich.<br />
Dass <strong>es</strong> schon 5 Uhr war merkte sie<br />
erst, <strong>als</strong> sie zuhause ankam und ungläubig in<br />
ihrem Zimmer auf <strong>de</strong>n Wecker schaut<br />
In zwanzig Minuten kam schon ihr Pappa,<br />
na <strong>de</strong>r wür<strong>de</strong> Augen machen.<br />
Und die bei<strong>de</strong>n Doofköppe erst! Das wür<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r schönste Moment ihr<strong>es</strong> Lebens wer<strong>de</strong>n,<br />
wenn die in <strong>de</strong>n Nachrichten ihr Interview<br />
sahen.<br />
Dipon hatte ihr versprochen, <strong>das</strong>s in<br />
<strong>de</strong>n Tag<strong>es</strong>nachrichten <strong>das</strong> volle Interview gezeigt<br />
wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, schließlich war sie im<br />
Moment die wichtigste Person auf <strong>de</strong>r ganzen<br />
Welt.<br />
193
Klar, <strong>das</strong>s sie <strong>das</strong> schon immer gewusst<br />
hatte. Wur<strong>de</strong> aber auch Zeit, <strong>das</strong>s <strong>de</strong>r R<strong>es</strong>t<br />
<strong>de</strong>r Welt <strong>das</strong> auch endlich kapierte.<br />
Der Abend verlief doch ein wenig an<strong>de</strong>rs<br />
<strong>als</strong> sie sich ihn vorg<strong>es</strong>tellt hatte.<br />
Ihr Alter kam erst nach sieben, die bei<strong>de</strong>n<br />
Trottel kamen überhaupt nicht, die blieben<br />
über Nacht bei Tante Elisabeth und noch<br />
dazu war ihr Erzeuger <strong>de</strong>nkbar schlecht gelaunt.<br />
„Oh Bellamaus! Komm her und drück mich<br />
ein bisschen, <strong>das</strong> war heute vielleicht ein<br />
Scheißtag!“<br />
Immer wenn <strong>es</strong> ihm schlecht ging, musste<br />
Bella <strong>als</strong> Schmuse- und Trostkissen her halten.<br />
Das wur<strong>de</strong>n dann immer die schönsten<br />
Momente. Schmusen mit Papa war sogar schöner<br />
<strong>als</strong> ein ri<strong>es</strong>iger Becher Schokola<strong>de</strong>neis.<br />
Und so saßen sie Arm in Arm vor ihrem<br />
Fernseher. Sie hatte ihrem g<strong>es</strong>tr<strong>es</strong>sten Liebling<br />
sogar eine Flasche Rotwein aufgemacht<br />
und feierlich eing<strong>es</strong>chenkt.<br />
Ein schön<strong>es</strong> Glas Rotwein und bei ihrem<br />
Dad sah die Welt schon wie<strong>de</strong>r b<strong>es</strong>ser aus.<br />
„Na mein Schatz, was hast du <strong>de</strong>nn heute<br />
wie<strong>de</strong>r ang<strong>es</strong>tellt? Auf je<strong>de</strong>n Fall siehst du<br />
b<strong>es</strong>ser aus <strong>als</strong> heute morgen. Na erzähl mal.“<br />
194
Lan<strong>de</strong><br />
Bella machte voll auf Unschuld von<br />
Oh......oh....., jetzt wusste ihr Paps,<br />
da war wie<strong>de</strong>r was im Busch, <strong>es</strong> wäre ja auch<br />
zu schön gew<strong>es</strong>en.<br />
Der Rotwein und die Nüsse dazu, <strong>das</strong> hatte<br />
nichts gut<strong>es</strong> zu be<strong>de</strong>uten.<br />
„Na erzähl mal. Mich kann heut Abend nix<br />
mehr erschüttern.“<br />
Bellas einzige Reaktion war, <strong>das</strong>s sie<br />
<strong>de</strong>n Fernseher einschaltete. „Ach lass <strong>de</strong>n<br />
Kasten doch aus, dafür habe ich heute keinen<br />
Nerv mehr!“<br />
„Ruhe Daddy. In einer Minute kommen die<br />
Abendnachrichten.“<br />
Bella kuschelte sich ganz f<strong>es</strong>t an ihren<br />
Liebling.<br />
Dem wur<strong>de</strong> immer mulmiger zu Mute.<br />
„Bella d........“, psst! Bist du jetzt ruhig<br />
und hörst zu.”<br />
BOING!!!<br />
„Guten Abend meine Damen und Herren hier<br />
sind die wichtigsten Nachrichten aus aller<br />
Welt.<br />
Eine Nachricht hat heute <strong>de</strong>n Globus<br />
erschüttert.<br />
Nach b<strong>es</strong>tätigten Meldungen und di<strong>es</strong>e, meine<br />
Damen und Herren wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n höchsten<br />
Stellen ausdrücklich unterstützt, rast eine<br />
wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Sonne auf unser Sonnensystem zu,<br />
195
die ca tausendmal größer ist <strong>als</strong> unser Zentralg<strong>es</strong>tirn.<br />
Wir bringen nach di<strong>es</strong>en Nachrichten eine<br />
ausführliche Stellungnahme unser<strong>es</strong> Präsi<strong>de</strong>nten.<br />
Sie sehen jetzt Ausschnitte aus einem<br />
Interview mit <strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckerin <strong>de</strong>r wan<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />
Sonne, <strong>das</strong> auch anschließend in vollem Wortlaut<br />
übertragen wird.<br />
Ihr Vater schaute gebannt auf <strong>de</strong>n Bildschirm.<br />
Das war ja ein Ding.<br />
KLIRRR!<br />
Sein Rotweinglas war ihm aus <strong>de</strong>r Hand<br />
gefallen und er schaute fassungslos auf<br />
seine Tochter.......nicht die, neben sich auf<br />
<strong>de</strong>m Sofa.......nein, die dort auf <strong>de</strong>r Mattscheibe.<br />
Di<strong>es</strong><strong>es</strong> unverschämte Grinsen kannte er<br />
nur zu gut. Und wie sie <strong>de</strong>n Reporter runterputzte.....ja<br />
ganz seine Bella.<br />
„Meine Damen und Herren, sie haben die<br />
Ausführungen di<strong>es</strong>er außergewöhnlichen jungen<br />
Dame gehört und wir sen<strong>de</strong>n, wie schon erwähnt,<br />
<strong>das</strong> komplette Interview sofort nach<br />
<strong>de</strong>n Nachrichten, noch vor <strong>de</strong>r Re<strong>de</strong> d<strong>es</strong> Präsi<strong>de</strong>nten.<br />
Und jetzt zu weiteren Nachrichten.“<br />
196
„Bella du........du hast einen Kometen<br />
ent<strong>de</strong>ckt?<br />
„Nein nein mein kleiner Alter“, sprach<br />
Bella in ihrem b<strong>es</strong>ten Pippi Langstrumpf-<br />
Jargon.<br />
Keinen Kometen, eine Sonne. Und dreimal<br />
darfst du raten wie die Sonne heißt!“<br />
„Ist mir schon klar!“, ihr Vater war<br />
schließlich kein kleiner Doofer.<br />
„Bella natürlich, all<strong>es</strong> an<strong>de</strong>re wür<strong>de</strong><br />
mich aber auch schwer wun<strong>de</strong>r<br />
Und ich hab’ dich heute früh noch zusammeng<strong>es</strong>chissen!<br />
Kannst du mir noch mal<br />
verzeihen??“<br />
„Na klar mein kleiner Alter!“<br />
Bella schnappte sich ihren Leibsklaven<br />
und knallte ihm einen dicken Kuss genau auf<br />
<strong>de</strong>n Mund.<br />
*<br />
197
Dann erzählte sie, nach<strong>de</strong>m sie ihr Interview<br />
angeguckt hatten die ganze G<strong>es</strong>chichte<br />
mit einer Ausnahme: Baiti blieb natürlich<br />
unerwähnt.<br />
Sie erzählte eine Flasche Rotwein lang,<br />
dann zwei Flaschen Rotwein lang. In <strong>de</strong>r Mitte<br />
<strong>de</strong>r dritten Flasche hatte ihr Dad <strong>das</strong> Telefon<br />
an die Wand g<strong>es</strong>chmissen und die Türklingel<br />
abgerissen, <strong>de</strong>nn die bei<strong>de</strong>n Nervtöter hatten<br />
seit acht Uhr ununterbrochen geklingelt und<br />
gerasselt.<br />
Di<strong>es</strong>er Abend gehörte Bella und ihrem<br />
Vater ganz alleine.<br />
Mochte auch draußen die Welt untergehen,<br />
in di<strong>es</strong>em Moment wäre <strong>es</strong> bei<strong>de</strong>n<br />
schnurzpiepegal gew<strong>es</strong>en.<br />
Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r dritten Rotweinflasche<br />
schleifte sie <strong>de</strong>n treudoofverklärtgrinsen<strong>de</strong>n<br />
Glückspilz in sein Bett, räumte schnell noch<br />
die Scherben d<strong>es</strong> ersten Rotweinglas<strong>es</strong> weg und<br />
verschwand ebenfalls in <strong>de</strong>r Kiste.<br />
Sie konnte noch lange nicht einschlafen,<br />
aber schließlich siegte doch ihr Körper<br />
über ihren Geist und sie schwebte hinüber in<br />
eine glückliche, noch unbekannte, aber verheißungsvolle<br />
Zukunft.<br />
198<br />
*
ENDE<br />
Ob die frem<strong>de</strong> Sonne „BELLA“<br />
unsere Er<strong>de</strong> zerstört und wel-<br />
che spannen<strong>de</strong>n G<strong>es</strong>chichten<br />
Bella und Baiti noch erle-<br />
ben, erfährst Du in <strong>de</strong>r nächs-<br />
ten G<strong>es</strong>chichte, in:<br />
Baiti – die Verwandlung.<br />
199
200
201
Bella bekommt zu ihrem Geburts-<br />
tag einen Minicomputer g<strong>es</strong>chenkt.<br />
Bald bemerkt sie, <strong>das</strong>s er intelli-<br />
gent ist. Es eröffnen sich unge-<br />
ahnte, fantastische und unbegrenz-<br />
te Möglichkeiten und Baiti, so<br />
heißt <strong>de</strong>r kleine Computer, wird<br />
ihr b<strong>es</strong>ter Freund.<br />
Zusammen erleben sie sagenhafte<br />
202
Abenteuer.<br />
Ab 11 Jahre bis ..............<br />
203
204