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Vergleich gamebasierter Motivationskonzepte hinsichtlich ihrer ...

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Fachbereich 4: Informatik<br />

<strong>Vergleich</strong> <strong>gamebasierter</strong><br />

<strong>Motivationskonzepte</strong> <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong><br />

Einsetzbarkeit in der<br />

Schulungssoftware für eine<br />

Industrieanlage<br />

Diplomarbeit<br />

Zur Erlangung des Grades eines Diplom-Informatikers<br />

im Studiengang Computervisualistik<br />

vorgelegt von<br />

Dominik Grüntjens<br />

Erstgutachter: Prof. Dr. Stefan Müller<br />

(Institut für Computervisualistik, AG Computergraphik)<br />

Zweitgutachter: Dipl.-Inform. Stefan Rilling<br />

(Institut für Computervisualistik, AG Computergraphik)<br />

Koblenz, im Juli 2009


Erklärung<br />

Ich versichere, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen<br />

als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe.<br />

Mit der Einstellung dieser Arbeit in die Bibliothek bin ich<br />

einverstanden.<br />

Ja Nein<br />

□ □<br />

Der Veröffentlichung dieser Arbeit im Internet stimme ich zu. □ □<br />

Ort, Datum Unterschrift


Institut für Computervisualistik<br />

AG Computergraphik<br />

Prof. Dr. Stefan Müller<br />

Postfach 20 16 02<br />

56 016 Koblenz<br />

Tel.: 0261-287-2727<br />

Fax: 0261-287-2735<br />

E-Mail: stefanm@uni-koblenz.de<br />

Aufgabenstellung für die Diplomarbeit<br />

Dominik Grüntjens<br />

(Matr.-Nr. 203110721)<br />

Thema: <strong>Vergleich</strong> <strong>gamebasierter</strong> <strong>Motivationskonzepte</strong> <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> Einsetzbarkeit in der<br />

Schulungssoftware für eine Industrieanlage<br />

Motivation spielt im Bereich des Lernens eine große Rolle. Wird ein Lernender gut motiviert, so fällt<br />

ihm das Lernen leichter und macht unter Umständen auch mehr Spaß. Dieser Umstand kann gezielt<br />

genutzt werden, um das Lernziel in Schulungssoftware effektiver und effizienter zu erreichen.<br />

Computerspiele motivieren ihren Nutzer auf mannigfaltige Weise gezielt und sorgen so dafür, dass er<br />

sich lange und intensiv mit der Software beschäftigt. Dies geschieht durch spezielle Mechanismen<br />

und Konzepte, die bisher nur in Computerspielen eingesetzt werden.<br />

Diese Arbeit soll die Einsetzbarkeit verschiedener <strong>Motivationskonzepte</strong> in einer Schulungssoftware<br />

für eine Industrieanlage untersuchen und diejenigen <strong>Motivationskonzepte</strong> finden, die besonders<br />

geeignet sind. Dazu soll zuerst der Begriff der Motivation zunächst aus psychologischer Sicht<br />

erarbeitet werden. Daraufhin sollen ausgewählte Computerspiele auf die in ihnen eingesetzten<br />

<strong>Motivationskonzepte</strong> hin untersucht werden, um unterschiedliche Konzepte zu identifizieren. Diese<br />

Konzepte sollen nun im Zuge von Prototypen, die einen Teilaspekt der Schulung einer<br />

Industrieanlage umfassen, umgesetzt werden. Jeder Prototyp setzt dabei jeweils ein<br />

Motivationskonzept um. Abschließend wird die Arbeit mit Hilfe umfassender Benutzertests die<br />

umgesetzten Prototypen <strong>hinsichtlich</strong> ihres Einflusses auf Lerneffizienz und -effektivität evaluieren,<br />

um so die Übertragbarkeit verschiedener <strong>Motivationskonzepte</strong> aus Computerspielen auf<br />

Schulungssoftware zu untersuchen und festzustellen, welche Konzepte besonders für den Einsatz in<br />

Schulungssoftware für Industrieanlagen geeignet sind.<br />

Schwerpunkte dieser Arbeit sind:<br />

1. Erarbeitung des Begriffs der Motivation aus psychologischer Sicht.<br />

2. Erstellung einer Methodik zur Kategorisierung und Analyse von <strong>Motivationskonzepte</strong>n.<br />

3. Systematische Auswahl und Analyse von Spielen mit herausragenden <strong>Motivationskonzepte</strong>n.<br />

4. Erstellung von Prototypen, welche jeweils ein Motivationskonzept exemplarisch umsetzen.<br />

5. Evaluation der Prototypen anhand geeigneter Kriterien.<br />

6. Demonstration und Dokumentation der Ergebnisse.<br />

Koblenz, den 06.01.2009<br />

- Prof. Dr. Stefan Müller-


Danksagung<br />

Ich möchte mich bei folgenden Personen bedanken, die maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit<br />

beigetragen haben und den Weg dazu bereiteten:<br />

• Herrn Prof. Dr. Müller für die angenehme und konstruktive Betreuung und dafür, dass er<br />

mein Interesse während des Studiums für die verschiedenen Themenbereiche der Computervisualistik<br />

und vor allem der Computergrafik immer weiter vergrößert hat und für sein<br />

stets offenes Ohr für Fragen, Vorschläge und Ideen.<br />

• Stefan Rilling und Ulrich Wechselberger, deren Betreuung dieser Arbeit nicht nur konstruktiv,<br />

zielführend und humorvoll war, sondern auch Spaß gemacht und stets motiviert<br />

hat. Besonders die vielen neuen Impulse und Vorschläge haben diese Arbeit geprägt und<br />

ihre Betreuung hat dafür gesorgt, dass die Erstellung dieser Arbeit in allen Stadien viel<br />

mehr Spaß als Sorge bereitet hat.<br />

• René Hempel für die Unterstützung bei der Evaluation und für all die konstruktiven Anmerkungen<br />

zu den Spielen.<br />

• Meinen Eltern Dorothee und Wolfgang, die in mir das Interesse an vielen Gebieten weckten<br />

und förderten und dies auch weiterhin machen, so auch das an Technik, Computern<br />

und Computerspielen, das mich zu dem Studium der Computervisualistik und schließlich<br />

zu dieser Arbeit brachte. Außerdem haben sie mich stets voll unterstützt und standen<br />

während des Studiums immer hinter mir.<br />

• Meiner Schwester Patricia, die stets interessante Impulse gibt, mich auch mal in völlig andere<br />

Gebiete schauen lässt und der ich dankbar bin für die vielen interessanten Gespräche.<br />

• Meinem Großvater Dr. Anton Doll, der mir viel Wissen, Neugier und wissenschaftliches<br />

Interesse vermacht hat, die Abgabe dieser Diplomarbeit aber leider nicht mehr miterleben<br />

kann. Außerdem prägte er meinen Werdegang maßgeblich durch meinen ersten Computer<br />

(einen 286er mit 12 Mhz), den er mir schenkte, als ich elf Jahre alt war, und so in den folgenden<br />

Jahren mein Interesse an Computern geweckt hat und erste Programmierversuche<br />

ermöglichte.<br />

• Meiner Großmutter Felicitas Doll, deren Herzlichkeit und Verständnis mich nicht nur<br />

während dieser Arbeit begleiteten.<br />

• Fabian Klumb für die langjährige Freundschaft, in der wir uns wohl gegenseitig sehr prägten.<br />

• Stefan Paulus und Jan Wischniowski für die tolle gemeinsame Zeit in Freundschaft in der<br />

Schleusen-WG.<br />

• Marcus Nonn für die viele Ablenkung und Zerstreuung durch die vielen Freizeitaktivitäten<br />

während der Diplomarbeit.<br />

• Nicht zuletzt den Korrektoren, die diese Diplomarbeit geduldig nach Fehlern durchkämmten.<br />

4


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 7<br />

1.1 Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

1.2 Motivation dieser Arbeit und verwandte Arbeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

2 Motivation 12<br />

2.1 Kontrollüberzeugung, Kausalattribuierung und Selbstwirksamkeit . . . . . . . . . 12<br />

2.2 Intrinsische Motivation und Flow-Erleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

3 Computerspiele 16<br />

3.1 Das Spiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />

3.2 Computerspieldesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

3.3 Lernen und Computerspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

3.4 Entstehung von Motivation in Computerspielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

4 Untersuchung von Computerspielen 29<br />

4.1 Motivation durch Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

4.2 Analyse von Computerspielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

4.3 Auswahl von Computerspielen für die Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

4.4 Analyse der ausgewählten Computerspiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

4.4.1 Tetris . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

4.4.2 Armadillo Run . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

4.4.3 Vampire: Bloodlines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

4.5 Überblick über die <strong>Motivationskonzepte</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

5 Entwicklung von prototypischen Spielen 45<br />

5.1 Vorgehen bei der Umsetzung der Prototypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

5.2 Überführung von Herausforderungshierarchien in Klassendiagramme . . . . . . . 48<br />

5.3 Spiel 1: SmAshingGnome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

5.4 Spiel 2: SmArmadilloGnome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

5.5 Spiel 3: SmAmpire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

6 Evaluation 64<br />

6.1 Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

6.2 Ziele der Evaluation und Aufstellen der Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

6.3 Auswahl der Evaluationsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

6.4 Auswahl der Probandengruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

6.5 Ablauf der Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

5


Inhaltsverzeichnis<br />

6.6 Analyse der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

7 Zusammenfassung und Diskussion 79<br />

8 Ausblick 82<br />

Abbildungsverzeichnis 84<br />

Tabellenverzeichnis 86<br />

Literaturverzeichnis 87<br />

A Analysebogen für die Analyse von Herausforderungen I<br />

B Fragebögen für die Evaluation IV<br />

6


1Kapitel 1<br />

Einleitung<br />

1.1 Ausgangspunkte<br />

Wer kennt das nicht: Man soll die Bedienung eines neuen technischen Gerätes lernen, für eine<br />

wichtige Klausur büffeln oder für die Schule oder Universität lernen. Als eine lästige Pflicht<br />

empfinden wir das Lernen - als ein Hindernis, etwas, das eben sein muss und deshalb auch<br />

gemacht wird (oder auch nicht). Viel lieber beschäftigen wir uns mit Tätigkeiten, die wir freiwillig<br />

und aus eigenem Antrieb heraus verrichten. Spielerische Handlungen gehören zu solchen<br />

Tätigkeiten. Während der eine sich den ganzen Tag darauf freut, abends in einem Sportverein<br />

seinen Lieblingssport ausüben zu können, sehnt ein anderer sich danach, endlich wieder Poker<br />

oder Skat spielen zu können. Entspannen möchte man im Spiel, die Wirklichkeit ein paar<br />

schöne Stunden lang vergessen und ganz Eintauchen in das Spielerlebnis. Dabei geht von den<br />

Spielen oft eine magische Faszination aus, die uns dazu veranlasst, uns stundenlang mit dem<br />

Spiel zu beschäftigen. Wie entsteht jedoch diese Faszination? Die Ausprägungen des Spiels sind<br />

heutzutage mannigfaltig. Durch die technische Entwicklung unserer Gesellschaft ist fast jeder<br />

in ständiger Berührung mit Computern. Sehr viele dürften auch bereits mit Computerspielen<br />

ihre Erfahrungen gesammelt haben. Immer mehr Menschen beschäftigen sich in <strong>ihrer</strong> Freizeit<br />

damit, Computerspiele zu spielen, denn auch sie üben die motivierende Faszination auf uns aus,<br />

die uns immer weiterspielen lässt. Da liegt es natürlich nahe, Lerninhalte in Computerspiele<br />

zu verpacken. Aus dem Wunsch, Lernziele und die Faszination des Computerspielens zu vereinen,<br />

sind bereits zahlreiche Produkte entsprungen. Man erhofft sich, durch Lernspiele Inhalte<br />

besser vermitteln zu können, da man davon ausgeht, dass das Medium des Computers an sich<br />

motiviert. Die Ansätze, diese Idee umzusetzen, sind vielfältig: Es gibt Lernspiele, Edutainmentsoftware<br />

und sogar mittlerweile so genannte Serious Games. Gemeinsam ist diesen Produkten,<br />

dass sie zwar große Ähnlichkeiten mit echten Computerspielen besitzen, aber nicht ganz so wie<br />

ein wirkliches Computerspiel funktionieren.<br />

Haben sie damit nicht genau das Ziel, das sie erfüllen wollten, also die Vereinigung von Lerninhalten<br />

und den motivierenden Elementen des Computerspiels, verfehlt? Oft wird angenommen,<br />

man müsse Lerninhalte gezielt vermitteln und dies ginge nur durch bestimmte Technologien.<br />

Diese Annahme lässt aber eine wichtige Tatsache außer Acht: Spielerisches Handeln und die<br />

7


1 Einleitung<br />

Beschäftigung mit Spielen an sich sind schon Tätigkeiten, bei denen viel gelernt werden kann<br />

und auch wird. Die Frage ist also nicht, wie man Lerninhalte so verpacken kann, dass sie wie<br />

ein Spiel aussehen, sondern wie man Spiele konzipiert, die beim Spielen einfach die Lerninhalte<br />

vermitteln. Damit hätte man die motivationale und die Lerninhalte vermittelnde Komponente<br />

vereinigt. Doch um dies zu erreichen sind viele Schritte notwendig. Zunächst muss man verstehen,<br />

wie Motivation beim Menschen überhaupt funktioniert und wie sie besonders in und durch<br />

Spiele und spielerisches Handeln erzeugt wird. Die Tatsache, dass Spiele so motivierend sind,<br />

bedeutet, dass es Konzepte gibt, die diese Motivation hervorrufen. Die Computerspieleindustrie<br />

beschäftigt sich damit, Motivation beim Spieler ganz gezielt zu erzeugen, um so ein besseres,<br />

also wirtschaftlich erfolgreicheres, Produkt veröffentlichen zu können. Würde man also Software<br />

entwickeln, die ein wirkliches Spiel ist und dadurch den Benutzer motivieren, sich mit den<br />

Lerninhalten zu beschäftigen, und zwar, ohne dass ihm ein Lernvorgang bewusst ist, könnte man<br />

die Lerneffizienz und -effektivität erhöhen.<br />

Die Umwelt des Menschen wird zunehmend durch immer komplizierter werdende industrielle<br />

Gerätschaften geprägt. Diese Geräte können nur noch von Experten sinnvoll bedient werden.<br />

Dazu bedarf es oft einer langen und mühsamen Ausbildung. Diese Ausbildung, die Experten in<br />

den Bereichen industrieller Großanlagen ausbilden soll, ist oftmals konzeptlos. Denn anders als<br />

in Schulen ist der Kreis derer, die etwas lernen sollen oder müssen, viel kleiner. Das macht es<br />

schwierig, allgemein gültige Schulungskonzepte zu erstellen, die problemlos anwendbar sind.<br />

Deshalb werden spezielle und individuell zugeschnittene Schulungskonzepte eingesetzt. Diese<br />

Schulungskonzepte haben zweifellos das Ziel, die Lerninhalte effektiv und effizient zu vermitteln.<br />

Dabei wird zunehmend oft unterstützende Software eingesetzt. Diese Software ist oft unzureichend<br />

geeignet, die Lernziele zu vermitteln, da sie oft kompliziert ist und <strong>ihrer</strong>seits wieder<br />

eine Einarbeitungszeit benötigt.<br />

Einerseits gibt es also das Konzept des Spiels und andererseits das Konzept des Erlernens von<br />

Lernzielen, beispielsweise innerhalb einer Schulung. Diese beiden Konzepte erscheinen zunächst<br />

unvereinbar, vor allem da Arbeit, zu der Lernen in diesem Fall gezählt werden kann, und<br />

Spiel gesellschaftlich klar getrennt sind. Die Frage ist jedoch, ob diese Trennung nicht künstlich<br />

herbeigeführt wurde und vielleicht weniger zielführend ist als angenommen. Ist Schulungssoftware<br />

nicht doch mit Spielkonzepten vereinbar? Diese Arbeit beschäftigt sich mit genau dieser<br />

Fragestellung. Zentral dabei ist die Beantwortung der Frage, wie <strong>Motivationskonzepte</strong> in Computerspielen<br />

aussehen und wie geeignet die verschiedenen Ansätze zur Übertragung auf eine<br />

Schulungssoftware für eine experimentelle Industrieanlage sind. Um diese Frage bearbeiten zu<br />

können, muss man Themenbereiche der Psychologie und der Pädagogik in der Betrachtung berücksichtigen.<br />

Wie funktioniert Motivation? Kann man sie gezielt erzeugen? Und wie steht es<br />

um das Lernen mit Software? Das sind Fragen, die zweifelsohne geklärt werden müssen, bevor<br />

man die zentrale Frage, welche <strong>Motivationskonzepte</strong> in Computerspielen eingesetzt werden und<br />

wie die Übertragbarkeit auf eine Schulungssoftware zu bewerten ist.<br />

8


1 Einleitung<br />

Abbildung 1.1: Die SmA - Smart Automation Anlage der Siemens AG in Nürnberg.<br />

In der vorliegenden Arbeit sollen Prototypen entwickelt werden, die <strong>Motivationskonzepte</strong> aus<br />

Computerspielen einsetzen. Dazu sollen sie formal aus Untersuchungen von Computerspielen,<br />

die <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> <strong>Motivationskonzepte</strong> betrachtet worden sind, hergeleitet werden. Um diese<br />

Untersuchungen zu erstellen, muß ein Vorgehen entwickelt werden, Computerspiele formal<br />

<strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> <strong>Motivationskonzepte</strong> zu untersuchen. Mit Hilfe einer vorliegenden, virtualisierten<br />

Version einer experimentellen Industrieanlage der Siemens AG sollen drei verschiedene<br />

Schulungsspiele erstellt werden, die jeweils die selben Schulungsziele für eine experimentelle<br />

Industrieanlage der Siemens AG umsetzen. Für diese Umsetzungen soll eine formale Methode<br />

entwickelt werden, die die Übertragung von <strong>Motivationskonzepte</strong>n in softwaretechnische Konzepte<br />

erlaubt. Durch einen Benutzertest soll schließlich herausgefunden werden, welche formal<br />

hergeleiteten <strong>Motivationskonzepte</strong> besonders gut in einem Schulungsspiel funktionieren. Bei der<br />

Anlage, die im Mittelpunkt dieser Spiele steht, handelt es sich um die Smart Automation Anlage<br />

9


1 Einleitung<br />

der Siemens AG. Diese Anlage befindet sich in Nürnberg und dient der experimentellen Erforschung<br />

von Anlagenkomponenten. Dabei bildet sie eine komplette Industriestraße inklusive<br />

Lager, Abfüllstation, Förderband und Prüfstationen in kleinerem Maßstab ab. Um diese Anlage<br />

bedienen zu können, müssen die Mitarbeiter zunächst eine Schulung absolvieren, bei der sie die<br />

Bedienung der Anlage erlernen.<br />

1.2 Motivation dieser Arbeit und verwandte Arbeiten<br />

Die Frage, inwieweit spielerische, vor allem computerspielerische, Konzepte in Produktivsoftware<br />

eingesetzt werden können, beschäftigt die Forschung immer mehr. Die Trennung zwischen<br />

Spiel und Arbeit wird immer häufiger in Frage gestellt. Bei der Übertragung von Computerspielkonzepten<br />

auf andere Software wird das Augenmerk jedoch oft auf technische Aspekte<br />

gelegt. Pädagogische oder psychologische Konzepte, die in Computerspielen zum Einsatz kommen,<br />

werden weniger auf ihre Übertragbarkeit untersucht. Dies sind aber zwei Gebiete, auf<br />

denen Computerspiele ihren Nutzern viel bieten. Das geschieht sogar oft dann, wenn sie gar<br />

nicht wissentlich implementiert worden sind. Ein Computerspiel muss seinen Nutzer, also den<br />

Spieler, motivieren. Macht ein Spiel keinen Spaß, gibt es keinen Grund, es zu spielen, da das<br />

Ziel des Spiels eine erfüllende Freizeitbeschäftigung ist. Aktuelle Computerspiele werden sowohl<br />

in technischer als auch in motivationaler Hinsicht entwickelt. Es geht darum, den Spieler<br />

an den Bildschirm zu fesseln. An der Optimierung der Erzeugung von Spielspaß arbeitet die<br />

Computerspieleindustrie aus Eigeninteresse: Motiviert ein Spiel nicht, verkauft es sich schlechter.<br />

Aus diesem Grund beschäftigt sich das Gebiet des Gamedesigns ausführlich damit, wie ein<br />

möglichst gutes Spiel entwickelt werden kann. Zu diesem Thema existieren auch bereits eigene<br />

Internetseiten (beispielsweise www.gamasutra.com), die verschiedene Studien und Paper<br />

zum Thema Computerspieldesign sammeln und zur Verfügung stellen (zum Beispiel [Juu09]<br />

oder [Hon]). Aber auch ganze Bücher werden über das Thema veröffentlicht (beispielsweise<br />

[AR07]).<br />

Doch wie steht es um die Übertragbarkeit von spielerischen Konzepten auf Produktivsoftware?<br />

Mit der Einsetzbarkeit des Mediums Computerspiel zum Erreichen von Lernzielen beschäftigen<br />

sich viele Forschungsarbeiten. Zunächst muss die Frage betrachtet werden, warum Arbeit<br />

und Spiel überhaupt so scharf getrennt sind. Wenn Spiel Motivation schafft, kann diese Motivation<br />

nicht auch für Lernzwecke verwendet werden? Ist jemand, der eine Aufgabe zu erledigen<br />

hat, motiviert, wird er die Aufgabe effektiv und effizient erledigen - oder Lerninhalte eben<br />

sinnvoll erlernen. Aber darüber hinaus wird er sich in Eigeninitiative mit dem Werkzeug zur<br />

Aufgabenbewältigung, also der Software, beschäftigen. Sind also Konzepte, die in Computerspielen<br />

verwendet werden, geeignet, Motivation in Produktivsoftware zu erzeugen? Auch mit<br />

dieser Frage beschäftigt sich die aktuelle Forschung (beispielsweise [RSL + 05] oder [Wec09]).<br />

Oft werden verschiedene Medien an sich betrachtet und <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> Mögichkeit, Lerninhalte<br />

zu vermitteln, analysiert (siehe [Wei06]). Das Lernpotentiel von Computerspielen wurde<br />

beispielsweise in [Mos07] anhand des Computerspiels „Civilization IV“ beschrieben. In diesem<br />

Spiel werden Informationen über historische Ereignisse während des Spielens vermittelt.<br />

Und es existieren sogar Arbeiten, die sich explizit mit dem Thema Motivation in Computerspie-<br />

10


1 Einleitung<br />

len beschäftigen wie beispielsweise [Böt05] oder [Med05]. Diese Forschungsziele lassen sich<br />

in einem Punkt vereinen: Sie verfolgen alle das Ziel, Wissensvermittlung effektiv und effizient<br />

zu gestalten. Das bedeutet, sie soll möglichst sinnvoll verpackt werden. Sinnvoll bedeutet hier,<br />

dass der Lernende unter Umständen gar nicht bemerkt, dass er lernt, sondern denkt, er würde<br />

spielen, dabei jedoch auch etwas lernt. Viele Forschungsarbeiten erforschen das Phänomen des<br />

Spiels und legen ihr Augenmerk dabei darauf, das Lernen während des Computerspielens zu<br />

beleuchten (beispielsweise [Wec09] und [Fab00]).<br />

Muss ein Lernender die Bedienung einer komplexen Industrieanlage erlernen und soll das durch<br />

eine geeignete Lernsoftware geschehen, sollte diese Schulungssoftware effektiv zum Lernziel<br />

führen. Das heißt, der Lernende wird nach möglichst kurzer Zeit ein möglichst gutes Lernergebnis<br />

erzielt haben. Gerade hier kann eine gute Motivation des Lernenden viel bewirken. Beschäftigt<br />

er sich nämlich gerne mit der Software, wird er mehr lernen können. Zum einen wird<br />

er sich nämlich über seine Pflichten hinaus mit der Thematik beschäftigen, indem er beispielsweise<br />

mit der Software spielerisch experimentiert. Zum anderen reduziert eine zielgerichtete<br />

Schulungssoftware auch die Kosten der Ausbildung von Experten dadurch, dass mehrere Personen<br />

gleichzeitig geschult werden können und höchstens einen Instrukteur benötigen. Wenn<br />

darüberhinaus Werkzeuge zur einfachen Erstellung solcher Spiele entwickelt werden, sinkt der<br />

Aufwand für die Erstellung eines Schulungsspiels erheblich. Besitzt die Software die Qualitäten,<br />

die moderne Computerspiele besitzen, wird ein Instrukteur vielleicht nur noch für den<br />

ersten Einstieg benötigt. Die Schulungssoftware wird dann nämlich eigenständig durch <strong>Motivationskonzepte</strong><br />

und durchdachte Konzepte, wie sie auch in Computerspielen vorkommen, den<br />

Lernenden im Lernprozess sinnvoll führen und unterstützen.<br />

11


2Kapitel 2<br />

Motivation<br />

Um Computerspiele formal <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> <strong>Motivationskonzepte</strong> untersuchen zu können, muss<br />

zunächst ein geeignetes Modell zur Beschreibung von Motivation gefunden werden. Dieses Modell<br />

kann dann als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer Methodik zur Untersuchung von<br />

Computerspielen verwendet werden. Es muss besonders gut auf Spiele und im Besonderen auf<br />

Computerspiele zutreffen. Mit Hilfe dieses Modells können schließlich auch Konzepte für Schulungsspiele<br />

entwickelt werden.<br />

2.1 Kontrollüberzeugung, Kausalattribuierung und Selbstwirksamkeit<br />

Ein wichtiger Aspekt der Motivation ist die Ursächlichkeit eines Ereignisses. Kontrollüberzeugung<br />

gibt das Maß an, in dem jemand glaubt, sein Verhalten habe zu einem Ergebnis geführt.<br />

Es gibt sowohl die internale als auch die externale Kontrollüberzeugung. Eine internale Kontrollüberzeugung<br />

liegt dann vor, wenn jemand sein eigenes Verhalten für das Auftreten eines<br />

positiven oder negativen Ereignisses verantwortlich macht. Umgekehrt liegt eine externale Kontrollüberzeugung<br />

vor, wenn ein Ereignis als unabhängig vom eigenen Verhalten wahrgenommen<br />

wird. Die Kontrollüberzeugung bezieht sich dabei auf die Wahrnehmung eines Individuums.<br />

Es spielt also keine Rolle, inwieweit die Einschätzung des Individuums, wie viel sein eigenes<br />

Verhalten mit einem Ereignis zu tun hat, tatsächlich zutrifft.<br />

Eng verzahnt mit der Kontrollüberzeugung ist die Kausalattribuierung. Sie beschreibt den Vorgang<br />

des Ursachenzuschreibens von beobachteten Ereignissen <strong>hinsichtlich</strong> des eigenen oder eines<br />

fremden Verhaltens. Es wird also versucht, Ereignisse durch Verhalten von Individuen zu<br />

erklären und zukünftige Ereignisse so vorhersehbar zu machen. Auch hier existiert eine internale<br />

und externale Möglichkeit. Sieht ein Individuum die Ursache eines Ereignisses bei sich<br />

selbst, so liegt eine internale Kausalattribuierung vor. Andererseits liegt eine externale Kausalattribuierung<br />

vor, wenn jemand die Ursache eines Ereignisses in einem anderen Individuum<br />

sieht. Der Mensch neigt bei erfolgreichen Ereignissen zu einer internalen Kausalattribuierung,<br />

während bei Misserfolg oft eine externale Kausalattribuierung vorgenommen wird. Das bedeutet,<br />

dass Menschen die Ursache von Erfolg oft in sich selbst sehen, während sie Misserfolg<br />

12


2 Motivation<br />

durch Ursachen, die in <strong>ihrer</strong> Umwelt liegen, erklären. Dies kann als Schutzvorgang des eigenen<br />

Selbstwertgefühls gesehen werden. Es existieren mehrere Kausaldimensionen. Eine Kausaldimension<br />

ist die Lokalitätsdimension, deren Pole „internale Kausalattribuierung” und „externale<br />

Kausalattribuierung” sind. Daneben gibt es noch die Stabilitätsdimension. Ihre Pole sind „stabil”<br />

und „variabel” und sie ist vor allem bei der Bildung zukünftiger Erwartungen von Bedeutung.<br />

Schätzt man eine Ursache als stabil ein, so geht man davon aus, dass sie in Zukunft auch zu dem<br />

selben Ereignis führen wird. Bei einer variablen Ursache, beispielsweise Zufall, geht man davon<br />

aus, dass die Ursache in Zukunft nicht immer zu dem selben Ergebnis führen wird. Eine weitere<br />

Attributionsdimension ist die Kontrollierbarkeitsdimension mit den Polen „kontrollierbar” und<br />

„unkontrollierbar”. Diese drei Dimensionen spielen bei der Einschätzung von Ursachen eine<br />

große Rolle.<br />

Ein weiterer wichtiger Begriff ist die Selbstwirksamkeit, die die Erwartung beschreibt, die ein<br />

Individuum besitzt, aufgrund der eigenen Kompetenz Erfolg zu erzielen. Geht ein Mensch davon<br />

aus, eine komplexe Handlung erfolgreich ausführen zu können aufgrund seiner eigenen Kompetenz,<br />

ist die Selbstwirksamkeitserwartung dieses Menschen hoch. Umgekehrt ist sie bei jemandem<br />

niedrig, der davon ausgeht, dass er auch einfache Handlungen nicht aufgrund der eigenen<br />

Kompetenz ausführen kann. Die Selbstwirksamkeitserwartung kann bei Erfolg steigen, denn ein<br />

Individuum, das zu Erfolg gelangt ist, wird seine Kompetenz höher einschätzen. Dadurch wird<br />

es sich eher zutrauen, auch schwierige Aufgaben zu bewältigen. Doch nicht nur der Erfolg des<br />

eigenen Handelns kann die Selbstwirksamkeitserwartung festlegen. Auch die Beobachtung von<br />

Modellen kann dafür verantwortlich sein. Wenn jemand, dessen Fähigkeiten man als ähnlich<br />

zu den eigenen einschätzt, eine Aufgabe bewältigt, so wird man erwarten, diese Aufgabe selbst<br />

ebenfalls erledigen zu können. Weiterhin spielt soziale Unterstützung eine Rolle bei der Einschätzung<br />

der Selbstwirksamkeit. Wird einem Menschen die Bewältigung einer Situation von<br />

anderen zugetraut, wird er eher davon ausgehen, die Situation auch wirklich bewältigen zu können.<br />

Weiterhin wird er sich in dieser Situation auch mehr anstrengen. Wird jedoch jemand unrealistisch<br />

gefordert, wird er im Falle des dann sehr wahrscheinlichen Misserfolges demotiviert.<br />

Aber auch physiologische Reaktionen spielen eine Rolle. In schwierigen Situationen reagiert<br />

der Körper durch Erhöhung der Herzfrequenz, Schweißausbruch, Zittern und andere Symptome<br />

wie beispielsweise Schauern oder Übelkeit. Diese Symptome werden durch ein Individuum oft<br />

als Schwäche interpretiert, was die eigene Selbstwirksamkeitserwartung senkt.<br />

2.2 Intrinsische Motivation und Flow-Erleben<br />

„Wenn wir mehr darüber erfahren, warum Aktivitäten in sich selber befriedigend sein können,<br />

gewinnen wir Hinweise auf eine Motivationsform, welche zu einer äußerst wichtigen Kraftquelle<br />

der Menschheit werden könnte“ ([Csi08], S. 19). Diesen Wunsch, intrinsische Motivation zu<br />

verstehen, formulierte Mihaly Csikszentmihalyi 1975 als Ausgangsposition eines neuen Modells<br />

intrinsischer Motivation. Dabei stimmt er nicht mit der Auffassung überein, dass Menschen sich<br />

nur durch extrinsische Belohnungen motivieren lassen. Diese extrinsischen Belohnungen sind<br />

zumeist Geld oder Status und durch sie werden Menschen zu einem gewünschten, vorhersehbaren<br />

Verhalten gebracht, „aber es gibt gute Gründe für die Annahme, daß das Anstreben materi-<br />

13


2 Motivation<br />

eller Güter großenteils eine Motivation ist, welche wir im Zuge unserer kulturellen Sozialisation<br />

lernen“ ([Csi08], S. 20). Aus dem Fokus auf extrinsische Belohnungen geht das Empfinden einer<br />

strikten Trennung zwischen Arbeit und Freizeit hervor. Dabei ist diese Trennung und die Verlegung<br />

auf rein extrinsische Motivation als Anreiz, etwas zu tun, kritisch zu betrachten, denn so<br />

wird nicht mehr die Freude an einer Aktivität an sich geschätzt, sondern die Aktivität nur noch<br />

an der extrinsischen Belohnung gemessen. Im Folgenden bricht Csikszentmihalyi die Trennung<br />

zwischen Arbeit und Freizeit auf: „Wir glaubten, daß wir durch das Studium spielerischer Tätigkeiten<br />

herausfinden könnten, wie auch Arbeitstätigkeiten erfreulich gestaltet werden können“<br />

([Csi08], S. 23f). Die Grundannahme, dass eine Trennung zwischen Freizeit und Arbeit künstlich<br />

ist und verhindert, dass Arbeit auch durch intrinsische Faktoren eine Befriedigung bei den<br />

Arbeitenden hervorrufen kann, bekräftigt die Betrachtung von Spielen als motivierende Möglichkeit,<br />

produktiv tätig zu werden. Dadurch stellt die mit dieser Grundannahme entwickelte<br />

Theorie des Flow-Erlebens einen passenden Ausgangspunkt <strong>hinsichtlich</strong> der für diese Arbeit<br />

interessanten Motivationsart dar.<br />

Das Flow-Erleben kann durch verschiedene Anzeichen umschrieben werden. Dabei ist das deutlichste<br />

Anzeichen für Flow-Erleben das Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein. Dies<br />

bedeutet, dass ein Mensch in einem Flow-Zustand sich zwar seiner Handlungen bewusst ist,<br />

nicht aber seiner selbst. Der Flow-Zustand wird unterbrochen, sobald einem die aktuelle Aktivität<br />

ins Bewusstsein gelangt. Er kann nur dann erreicht werden, wenn die Tätigkeit eine angemessene<br />

Herausforderung darstellt. Hier liegt auch der Grund dafür, dass das Flow-Erleben<br />

bei Aktivitäten mit klar festgelegten Handlungsregeln auftritt, zum Beispiel bei Spielen, Ritualen<br />

oder beim Tanz. Des Weiteren dürfen keine Störstimuli für den Handelnden wahrnehmbar<br />

sein, wenn Flow-Erleben ermöglicht werden soll. Eine Person, die sich im Flow-Erleben befindet,<br />

hat des Weiteren ihre Handlungen und ihre Umwelt unter Kontrolle. Das bedeutet, dass<br />

die Person sich keinerlei Gedanken darüber macht, die Kontrolle zu verlieren. Außerdem ist für<br />

den Flow-Zustand wichtig, dass zusammenhängende und eindeutige Handlungsanforderungen<br />

auftreten und eindeutige Rückmeldungen über die Tätigkeit gegeben werden. Das heißt, es ist<br />

völlig klar, „was „gut“ und was „schlecht“ ist. Ziele und Mittel sind logisch geordnet“ ([Csi08],<br />

S. 71). Rückmeldungen werden allerdings nicht bewusst ausgewertet, sondern das, was man tut,<br />

geschieht automatisch. Ein letztes Merkmal des Flow-Zustandes ist sein „autotelisches Wesen“.<br />

Dies bedeutet, dass keine äußere Belohnung für das Auftreten des Flow-Zustandes nötig ist. Der<br />

Reiz der Tätigkeit liegt also in ihr selbst. Wichtig, um überhaupt in den Zustand des Flows zu<br />

geraten, sind also eine internale Kontrollüberzeugung, eine internale Kausalattribuierung und<br />

eine angemessene Selbstwirksamkeitserwartung.<br />

„Im Fall von Spielen definieren die Regeln die relevanten Stimuli und schließen alles andere<br />

als irrelevant aus“ ([Csi08], S. 65). Dabei kommen allerdings noch motivierende Elemente<br />

aus der Struktur des Spieles dazu wie beispielsweise Wettbewerb oder die Möglichkeit zu verlieren.<br />

Werden materielle Anreize eingebracht wie beispielsweise die Möglichkeit bei einem<br />

Spiel Geld zu gewinnen, ist die Wahrscheinlichkeit, in den Flow-Zustand zu gelangen, einerseits<br />

höher, andererseits jedoch ist auch die Gefahr eines Abbruchs des Flow-Zustandes durch die<br />

Angst vor dem Verlieren erhöht. Beim Spiel kann auch das Selbst vergessen werden, es kann<br />

also Selbstvergessenheit auftreten. Dabei wird das Selbst als das Element betrachtet, das eigene<br />

Handlungen mit denen von anderen Personen vereinbart. Diese Verhandlungen sind aber beim<br />

14


2 Motivation<br />

Spiel nicht nötig, da die Handlungsmöglichkeiten durch das Spiel selbst mit Hilfe der Regeln<br />

festgelegt werden. Somit ergibt sich normalerweise kein Verhandlungsbedarf über Handlungsmöglichkeiten,<br />

es sei denn, es treten Diskussionen über Regeln des Spiels auf. Dabei bedeutet<br />

Selbstvergessenheit allerdings nicht, dass man seinen Körper vergisst, sondern, dass zwischen<br />

Stimulus und Reaktion nicht, wie sonst üblich und erlernt, das Selbst-Konstrukt eingeschoben<br />

wird.<br />

Der Flow-Zustand stellt also einen Zustand sehr hoher intrinsischer Motivation dar und beschreibt<br />

damit die in Computerspielen mögliche Motivation sehr gut. In der Tat werden Computerspiele<br />

aufgrund intrinsischer Motivation, also freiwillig, gespielt. Diese Art der Motivation<br />

stellt für das Lernen eine begünstigende Komponente dar. Wird ein kognitiv-motivationales<br />

Prozessmodell wie in [ERVB05] des Lernens zu Grunde gelegt, das annimmt, dass die Lernleistung<br />

von der Dauer der Lernphase, der Art und Qualität der ausgeführten Lernaktivitäten<br />

und dem Funktionszustand der Person beim Lernen beeinflusst wird, werden diese Merkmale<br />

durch die Motivation, mit der ein Lernender eine Lernphase beginnt, beeinflusst. Dabei beeinflusst<br />

das Flow-Erleben das dritte Merkmal, den Funktionszustand einer Person, offenbar positiv<br />

wie Engeser, Rheinberg, Vollmeyer und Bischoff in [ERVB05] feststellten. Weiterhin wurde in<br />

[ERVB05] eine unmittelbare Verknüpfung von Flow-Erleben und Vorhersagbarkeit von Lernleistung<br />

festgestellt.<br />

Somit stellt der Flow-Zustand eine intrinsische Motivation dar, die in einer Spielsituation besonders<br />

gut zu erreichen ist. Außerdem nimmt sie positiven Einfluss auf die Lernleistung. Damit<br />

stellt der Flow-Zustand eine wünschenswerte Art der Motivation für eine Lernsituation dar. Deshalb<br />

wird im Folgenden die Möglichkeit des Erreichens dieses Zustandes als Ziel einer Schulungssoftware<br />

und damit auch der zu entwickelnden Prototypen formuliert.<br />

15


3Kapitel 3<br />

Computerspiele<br />

Nun werden für diese Arbeiten wichtige Eigenschaften und Möglichkeiten von Computerspielen<br />

beschrieben. Dafür werden zunächst herkömmliche Spiele betrachtet und erklärt, welche Eigenschaften<br />

ein Spiel besitzt und was spielerisches Handeln überhaupt ausmacht. Danach werden<br />

Computerspiele als besondere Art von Spielen näher beleuchtet mit Hilfe von Ansätzen und Modellen,<br />

die im professionellen Computerspieldesign angewendet werden. Die Lernmöglichkeiten<br />

von Computerspielen werden im Folgenden diskutiert. Abschließend wird die Entstehung von<br />

Motivation in Computerspielen betrachtet. Die so herausgearbeiteten Punkte können dann einer<br />

formalen Untersuchung von Computerspielen zu Grunde gelegt werden.<br />

3.1 Das Spiel<br />

Um die Funktionsweise und letztlich damit auch die <strong>Motivationskonzepte</strong> von Spielen zu verstehen,<br />

ist es sinnvoll, zunächst das Spiel allgemein zu betrachten. Seit Jahrtausenden spielen<br />

Menschen und die Gründe, zu spielen, sind vielfältig: Spiel dient dem Zeitvertreib, aber auch der<br />

Verbesserung kognitiver oder physischer Eigenschaften. Es trainiert das Können des Menschen<br />

und begleitet Kinder während des Wachstums stets als Vorbereitung auf das Erwachsenenleben.<br />

Doch was veranlasst Menschen dazu, sich freiwillig mit anstrengenden Aufgaben zu beschäftigen,<br />

selbst gesteckte Ziele zu verfolgen, die aber scheinbar keinen pragmatischen Nutzen zu<br />

haben scheinen? Es ist zunächst sinnvoll, zu definieren, was Spiel überhaupt ist.<br />

Der niederländische Kulturanthropologe Johan Huizinga definiert Spiel als eine freiwillige Handlung<br />

oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach<br />

freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber<br />

hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein<br />

des “Andersseins” als das “gewöhnliche Leben”. (vergleiche [Hui94]). Wichtig erscheint hier<br />

vor allem, dass das Spiel gefühlsmäßig nicht zum gewöhnlichen Leben gehört, sondern eine eigene<br />

Domäne bildet. Des Weiteren wird herausgestellt, dass ein Spiel ein Ziel hat, und zwar ein<br />

solches, das im Spiel selbst liegt. Es gilt beim Spielen also nicht, Ziele, die außerhalb des Spiels<br />

liegen, zu erreichen. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass ein Spiel nicht ein Lernziel erreichen<br />

16


3 Computerspiele<br />

können darf, sondern, dass ein Spiel Aufgaben beinhaltet, die erfüllt werden müssen. Diese Erfüllung<br />

stellt ein Ziel dar. Und schließlich werden Regeln als wichtiges Element herausgestellt.<br />

Regeln werden von den Spielenden freiwillig angenommen, binden aber innerhalb des Spiels<br />

zwingend. Das bedeutet, dass jemand, der sich zum Spielen entscheidet, die Regeln des Spiels<br />

freiwillig annimmt und sich nach ihnen verhält, da nur so das Spiel zustande kommen kann.<br />

Der Spielende muss so beispielsweise Regeln für die Überwindung von Hindernissen, die ihn<br />

auf dem Weg zur Problemlösung behindern, akzeptieren. Er kann nicht das Hindernis umgehen<br />

wie er möchte. Die Durchsetzung dieser Regeln obliegt einem Schiedsrichter oder allen an dem<br />

Spiel Beteiligten.<br />

Spielen stellt allerdings eine breite Klasse menschlichen Verhaltens dar. Dies macht das Finden<br />

einer adäquaten Definition sehr schwierig, da die Definition ungültig ist, wenn ein Gegenbeispiel<br />

gefunden werden kann. Man kann allerdings auch akzeptieren, dass eine Definition die<br />

meisten Fälle abdeckt. Aufgrund dieser Annahme entwickeln Ernest Adams und Andrew Rollings<br />

ihre Definition von Spiel: „A game is a type of play activity, conducted in the context of<br />

a pretended reality, in which the participiant(s) try to achieve at least one arbitrary, nontrivial<br />

goal by acting in accordance with rules.” ([AR07], S. 5). Hier wird herausgestellt, dass Spielen<br />

eine Aktivität in einer vorgestellten Realität darstellt. Weiterhin geht es darum, ein nicht triviales<br />

und willkürliches Ziel zu erreichen. Dies geschieht durch Handeln, das in Übereinstimmung<br />

mit Regeln steht. Interessant an dieser Definition ist die Einschränkung, dass die zu erreichenden<br />

Ziele nicht trivial sein sollen. Das bedeutet anders ausgedrückt, dass Herausforderung zum<br />

Spiel gehört. Betrachtet man Spiele, so wird man feststellen, dass es tatsächlich darum geht,<br />

freiwillig angenommene Herausforderungen zu meistern und auch, dass ein Spiel sehr schnell<br />

langweilig wird, wenn die gestellte Aufgabe zu einfach ist. Beide Definitionen stellen also heraus,<br />

dass Spiel sich in einer Domäne befindet, die eine Art eigene, vorgestellte Realität darstellt.<br />

Diese Realität funktioniert, wenn sich alle Beteiligten an Regeln halten, auf die sie sich geeinigt<br />

haben. Diese Regeln werden den Handlungen, die zur Erreichung der gestellten Ziele ausgeführt<br />

werden, zu Grunde gelegt. Damit stellen Adams und Rollings nun die essentiellen Bestandteile<br />

eines Spiels auf:<br />

• Spielerische Unterhaltung: Während es Medien wie Fernsehen oder Bücher gibt, die den<br />

Menschen unterhalten, unterhält der Mensch sich beim Spiel selbst.<br />

• Das Spiel ist nicht statisch: Der Spieler trifft Entscheidungen, die Auswirkungen haben.<br />

Somit können also bei jedem Spieldurchlauf andere Entscheidungen getroffen werden<br />

oder andere, unvorhergesehene Ereignisse eintreten.<br />

• Vorstellung einer Realität: Beim Spiel erstellen alle Spieler die Realität des Spiels in ihrem<br />

Geist. Dies kann man sich als einen magischen Kreis vorstellen: Außerhalb des magischen<br />

Kreises existiert die reale Welt mit ihren Konzepten, Situationen und Ereignissen.<br />

Innerhalb des magischen Kreises jedoch gelten die Spielkonzepte, Spielsituationen und<br />

Spielereignisse. Innerhalb des magischen Kreises können auch Dinge vorgestellt werden,<br />

die in der wirklichen Realität nicht existieren. Die vorgestellte Realität kann aber durchaus<br />

mit der tatsächlichen Realität in Interaktion treten: Beim Fußballspiel geht es darum,<br />

einen Ball in ein Netz zu schießen. Hier betreffen die Spielregeln also auch die wirkliche<br />

Realität. Ohne die Realität des Spiels wäre es jedoch nicht erstrebenswert, einen Ball in<br />

17


3 Computerspiele<br />

ein Netz zu befördern. Das macht erst dann Sinn, wenn man damit eine Herausforderung<br />

gemeistert hat.<br />

• Regeln: Sie sind Definitionen und Instruktionen, die Spieler für die Dauer des Spieles<br />

einvernehmlich akzeptieren. Jedes Spiel besitzt Regeln, selbst wenn diese in keinem Regelwerk<br />

niedergeschrieben sind. Dabei legen Regeln die Semiotik des Spiels fest, also<br />

die Beziehung verschiedener Symbole im Spiel. Außerdem legen sie die Aktionen und<br />

Herausforderungen sowie den Spielfortschritt fest. Auch die Ziel- oder oftmals Gewinnbedingung<br />

wird in den Regeln definiert. Und schließlich gibt es Metaregeln - die Regeln<br />

über die Regeln.<br />

• Ein Ziel: Es muss in einem Spiel eines oder mehrere Spielziele geben. Ein Ziel darf nicht<br />

trivial sein, denn ein Spiel muss Herausforderungen beinhalten.<br />

Diese Aspekte, die ein Spiel ausmachen, finden sich in den unterschiedlichsten Formen in völlig<br />

unterschiedlichen Spielen. Fest steht, dass sie in allen Spielen gefunden werden können. Selbst<br />

ein kreatives Spiel hat ein Ziel: Die Kreativität. Somit kann ein Spiel also in die oben genannten<br />

Bestandteile zerlegt werden. Eine Zerlegung erlaubt eine genaue Analyse eines Spieles.Wenn<br />

man die Zielsetzung, die Regeln, den Unterhaltungsfaktor und die erdachte Realität analysiert,<br />

wird man erkennen können, was in einem Spiel Motivation hervorruft.<br />

Carlo Fabricatore stellt die Elemente spielerischen Handelns wie folgt zusammen ([Fab00]):<br />

• Involved activities have neither functionalities nor biological affects, and are engaged for<br />

their own sake.<br />

• Ludic behavior only occurs in a context free from functional pressures.<br />

• Ludic behavior alway implies elements of emotional pleasure.<br />

• Ludic behavior is normally accompainied by exploratory activities.<br />

• Play, together with exploration, implies a learning process to master rules and manipulative<br />

skills.<br />

• Play is always regulated by rules.<br />

• The concepts of „as if” and suspension of disbelief make the context of the game the only<br />

reality important to attribute semantic connotations to things.<br />

Diese Punkte charakterisieren nicht vollständig das spielerische Handeln. Bei dieser Definition<br />

kommen die Elemente der Risikolosigkeit des Spiels sowie des Erkundens im Spiel hinzu.<br />

Außerdem wird betont, dass spielerisches Verhalten nur dann auftreten kann, wenn kein funktionaler<br />

Druck von außen vorliegt. Motivation für spielerisches Handeln ist also intrinsisch. Wird<br />

einer dieser Punkte verletzt, so Fabricatore, handelt es sich bei einer Aktivität nicht mehr um<br />

spielerisches Handeln.<br />

Spiele können Menschen prinzipiell in den Flow-Zustand versetzen, denn sie definieren ihre<br />

Ziele klar (nämlich als Spielziel) und die Ziele liegen im spielerischen Handeln selbst und nicht<br />

außerhalb. Weiterhin vermitteln sie das Gefühl, für Ergebnisse selbst verantwortlich zu sein, rufen<br />

also eine internale Kausalattribuierung hervor. Dies ist selbst bei Glücksspielen der Fall, denn<br />

18


3 Computerspiele<br />

das Verhalten in einem Glücksspiel kann statistisch optimiert werden, so dass der Spieler sein<br />

Verhalten anhand erlernter oder errechneter Wahrscheinlichkeiten festlegt und sich somit für die<br />

Ergebnisse verantwortlich fühlt. Problematisch, um in den Flow-Zustand zu gelangen, könnte allerdings<br />

der Schwierigkeitsgrad sein. Ist dieser zu hoch, kann die Selbstwirksamkeitserwartung<br />

sinken und der so entstehende Frust verhindert den Flow. Andererseits könnte auch ein zu einfaches<br />

Spiel negative Auswirkungen haben, denn der Schwierigkeitsgrad soll den Fähigkeiten<br />

des Spielers angemessen sein. Eine Lösung hierfür könnten verschiedene Schwierigkeitsgrade<br />

des Spiels sein. Das Spiel könnte einem erfahreneren Spieler zusätzliche oder komplexere<br />

Regeln zur Verfügung stellen, die den neuen Fähigkeiten entsprechen. Auch neue Herausforderungen,<br />

die das Spiel anbietet, können dazu führen, dass der Schwierigkeitsgrad den Fähigkeiten<br />

des Spielers stets angemessen ist. Viele Gesellschaftsspiele bieten beispielsweise Anfängerund<br />

Expertenregeln an und setzen diesen Vorschlag somit auch rudimentär um. Aber auch im<br />

sportlichen Spiel schlägt sich dies nieder. Ein Anfänger wird nicht gleich in den schwierigsten<br />

Wettkämpfen eingesetzt, sondern beginnt bei den Grundlagen und intensiviert durch Training<br />

seine Fähigkeiten. Um das Spielerlebnis zu intensivieren sollten Faktoren, die den Eintritt in den<br />

Flow-Zustand verhindern, vermieden werden.<br />

3.2 Computerspieldesign<br />

Um Computerspiele besser verstehen zu können, ist es sinnvoll, die Relation zu herkömmlichen<br />

Spielen zu betrachten. Um Computerspiele zu beschreiben, fügt Fabricatore seiner Aufzählung<br />

zum herkömmlichen Spiel noch zwei weitere Punkte hinzu, die charakteristisch für Computerspiele<br />

sind ([Fab00]):<br />

• Videogames always include an interactive virtual playing environment.<br />

• In videogames the player has always to struggle against some kind of opposition.<br />

Computerspiele besitzen also alle oben genannten Eigenschaften von Spielen, aber darüber hinaus<br />

noch eine interaktive Spielwelt sowie ein herausforderndes Widerstandselement. Somit sind<br />

sie als eine Untermenge von Spielen zu verstehen. Es ergibt sich jedoch noch ein weiterer wichtiger<br />

Unterschied zu anderen Spielen: Durch den Einsatz des Computers können Regeln vor<br />

dem Spieler versteckt werden (vergleiche [AR07], S. 18). Das bedeutet, dass der Computer in<br />

der Lage ist, alle Regeln zu verwalten. Der Spieler muss sich nicht mehr um die Regeln kümmern.<br />

Außerdem erschwert der Einsatz eines Computers die Übertretung von Regeln. Dies ist<br />

besonders in Mehrspielerspielen wichtig, bei denen alle Teilnehmer die gleichen Chancen haben<br />

sollen. Aber auch im Einzelspielermodus zerstört Selbstbetrug durch Regelübertretung das<br />

Spielerlebnis.<br />

Der Computerspielemarkt wächst und die Computerspiele entwickeln sich mit einer immensen<br />

Geschwindigkeit weiter. Dabei ist vor allem die technische Entwicklung der Spiele rasant: Die<br />

Spielgrafiken werden immer besser und realitätsnäher, neue Eingabemöglichkeiten werden entwickelt<br />

und etabliert und es werden immer höhere finanzielle Mittel für die Entwicklung eines<br />

Spiels bereitgestellt. Da der finanzielle Druck auf diesem Gebiet sehr hoch ist, kann sich eine<br />

19


3 Computerspiele<br />

Computerspielehersteller kaum leisten, ein qualitativ minderwertiges Computerspiel zu entwickeln.<br />

Bereitet ein Spiel keine Freude, wird es auch nicht gekauft werden. Besitzt es jedoch<br />

umgekehrt Möglichkeiten, den Spieler zu motivieren, wird der Absatz des Produktes auf dem<br />

Markt steigen. Es gibt Magazine, Fernsehsendungen, Internetforen und Online-Plattformen, die<br />

sich mit der Qualität von Computerspielen beschäftigen. Dabei versuchen sie durch möglichst<br />

ausgetüftelte Testverfahren festzustellen, ob ein Spiel Spaß macht oder nicht. Meistens wird das<br />

zu testende Spiel dann gespielt und die dabei empfundenen Emotionen des Testers analysiert<br />

und beschrieben. Die Tester sind meist erfahrene Computerspieler, die bei einem Spiel schnell<br />

feststellen können, ob es Freude bereitet oder nicht. Diese Art von Tests gipfelt zumeist in einer<br />

Bewertung des Spiels, die in Unterbereiche aufgeteilt ist. Um jedoch eine schnell verfügbare<br />

Kaufempfehlung abgeben zu können, wird meistens auch eine Gesamtwertung, oftmals in einer<br />

Spielspaßwertung, die in Prozent angegeben wird, erstellt. Um eine möglichst gute Bewertung in<br />

den Medien zu erhalten, werden Computerspiele ganz gezielt darauf ausgelegt, Spaß zu machen.<br />

Dabei werden neue und innovative Technologien eingesetzt, neue Spielideen verwirklicht oder<br />

alte und bewährte Spielkonzepte verfeinert. Die Herangehensweise von Spieleentwicklern, die<br />

moderne Computerspiele entwickeln, gibt Aufschluss darüber, wie ein wirtschaftlich erfolgreiches<br />

und damit auch Spaß bereitendes Spiel erstellt werden kann. Wichtige Aspekte des Game<br />

Designs sollen deshalb nun vorgestellt und betrachtet werden.<br />

Die Schlüsselkomponenten eines Spieles stellen ein wichtiges Element des Game Designs dar.<br />

Adams und Rollings stellen diese wie folgend zusammen (vergleiche [AR07], S43ff):<br />

• Core Mechanis (Kernmechanik): Die Regeln eines Computerspiels müssen in ein implementierbares<br />

mathematisches Modell überführt werden. Das so entstehende Modell ist<br />

jedoch spezifischer als Regeln. Eine Regel könnte beispielsweise besagen, dass „ein Bär<br />

stärker ist als ein Hase”, in dem mathematischen Modell würden zur Repräsentation der<br />

Stärke jedoch Zahlen verwendet. Die Kernmechanik definiert also die Herausforderungen,<br />

die das Spiel an den Spieler stellt und die Aktionen, die dieser ausführen kann. Der<br />

große Unterschied zu konventionellen Spielen ist, dass in Computerspielen die Kernmechanik<br />

vor dem Spieler oder den Spielern verborgen wird, während die Spielenden im<br />

herkömmlichen Spiel die Regeln selbst umsetzen müssen. Die Komplexität der Kernmechanik<br />

eines Computerspiels hängt von dem Grad der Abstraktheit des zu entwickelnden<br />

Spieles ab. Es gibt ein Kontinuum, dessen Extremata Abstraktheit und Gegenständlichkeit<br />

sind. Simulationen sind auf dieser Skala sehr nah an der Gegenständlichkeit angesiedelt,<br />

während abstraktere Spiele wie Tetris oder PacMan eher auf der gegenüberliegenden Seite<br />

anzusiedeln sind.<br />

• User Interface (Benutzerschnittstelle): Die Nutzerschnittstelle spielt bei der Erstellung von<br />

Software immer eine Rolle. Dabei nimmt sie für Computerspiele aber eine noch wichtigere<br />

Position ein als für andere Software. Während Produktivsoftware darauf ausgelegt ist,<br />

möglichst effizient zu sein, ist das bei Spielen nicht der Fall. Die Handlungen des Spielers<br />

sollen nicht so effizient wie möglich sein, denn das Spiel legt ihm ja absichtlich Steine<br />

in Form von Herausforderungen in den Weg. Die Nutzerschnittstelle eines Spiels soll<br />

sowohl unterhalten als auch unterstützen. Die Benutzerschnittstelle vermittelt zwischen<br />

der Kernmechanik des Spieles und dem Spiele. Der Spieler macht Eingaben und kommuniziert<br />

damit mit der Nutzerschnittstelle. Diese übersetzt die Eingaben in Handlungen<br />

20


3 Computerspiele<br />

und gibt sie an die Kernmechanik weiter. Die Kernmechanik übermittelt <strong>ihrer</strong>seits Herausforderungen<br />

an die Nutzerschnittstelle, die sie in Ausgaben umwandelt und diese an<br />

den Spieler übermittelt. Die Handlungen und Herausforderungen machen das Gameplay<br />

aus. Aus dieser zwischen Kernmechanik und Spieler vermittelnden Rolle ergibt sich, dass<br />

die Nutzerschnittstelle auch als eine Darstellungsschicht verstanden werden kann. Es gibt<br />

zwei wichtige Eigenschaften des User Interfaces:<br />

– Interaction Models (Interaktionsmodelle): Sie beschreiben das Verhältnis zwischen<br />

den vom Spieler gedrückten Knöpfen und den resultierenden Handlungen. Die Interaktionsmodelle<br />

legen also fest, wie der Spieler seinen Willen in das Spiel projiziert.<br />

Interaktionsmodelle sind beispielsweise das Multipräsenzmodell oder das avatarbasierte<br />

Modell. Im Multipräsenzmodell kann der Spieler in verschiedenen Teilen des<br />

Spieles handeln, während er im avatarbasierten Modell durch einen einzigen Charakter<br />

repräsentiert wird.<br />

– Perspectives (Perspektiven): Die visuelle Perspektive gibt Kameraposition und -<br />

ausrichtung an. Als Beispiele können first person, third person oder top-down genannt<br />

werden.<br />

Adams und Rollings sehen also zum einen die interne Verwaltung der Regeln, also die Kernmechanik,<br />

als wichtig an und andererseits die Komponente, mit der Spieler und Spiel miteinander<br />

kommunizieren, nämlich die Benutzerschnittstelle. Die Kernmechanik betrifft den Spieleentwickler<br />

und wird vom Computer verwaltet. Sie bleibt dem Spieler also weitgehend verborgen<br />

(sie tritt erst in Erscheinung, wenn der Spieler sich Gedanken über die interne Funktionsweise<br />

des Spieles macht, um beispielsweise seine Spielleistungen zu optimieren). Die Benutzerschnittstelle<br />

bleibt aber in keiner Weise verborgen, denn sie ist dazu da, mit dem Spieler zu<br />

kommunizieren. Aufgrund <strong>ihrer</strong> Wichtigkeit für ein Computerspiel müssen also Kernmechanik<br />

und Benutzerschnittstelle gleichermaßen gut entwickelt werden.<br />

Nachdem die wichtigen Komponenten eines Computerspiels vorgestellt wurden, ist die Struktur<br />

das nächste wichtige Element, das beleuchtet werden muss. Die Struktur setzt sich wie folgt<br />

zusammen (vergleiche [AR07], S. 47ff):<br />

• Gameplay Modes: Ein Spiel wird einem Spieler selten alle Handlungsmöglichkeiten offen<br />

lassen. Somit wird das Spiel einem Spieler lediglich eine Untermenge aller verfügbaren<br />

Handlungen und Herausforderungen zu einem Zeitpunkt zur Verfügung stellen. Das zu<br />

einem Zeitpunkt verfügbare Gameplay und die unterstützende Benutzerschnittstelle kann<br />

man einen Gameplaymodus nennen. Der Gameplaymodus umfasst also die Herausforderungen,<br />

Handlungen, die Perspektive und das Interaktionsmodell.<br />

• Shell Menus and Screens: Immer wenn der Spieler Einfluss auf die Spielwelt nimmt, befindet<br />

sich das Spiel in einem Gameplaymodus. Es gibt aber auch Momente in einem<br />

Spiel, indem der Spieler nicht direkten Einfluss auf die Spielwelt nimmt, sondern andere<br />

Änderungen vornimmt. Dies geschieht in Menüs. Menüs sind von der Spielwelt ausgenommen<br />

und ihre Nutzung erfolgt meist vor oder nach dem Spielen.<br />

Bei der Spieleentwicklung sind sowohl die Schlüsselkomponenten als auch die Struktur eines<br />

Spieles zu berücksichtigen. Diese sind eng verzahnt: Die Benutzerschnittstelle stellt, wie der<br />

21


3 Computerspiele<br />

Name schon andeutet, die Schnittstelle zwischen der Kernmechanik und dem Spieler dar. Herausforderungen<br />

werden in Ausgaben für den Spieler verwandelt, während Eingaben des Spielers<br />

in Handlungen für die Spielmechanik verwandelt werden. Herausforderungen und Handlungen<br />

bilden gemeinsam das Gameplay. Da zu einem bestimmten Zeitpunkt immer nur ein Teil des<br />

Gameplays wichtig ist, besitzt das Spiel verschiedene Gameplaymodi.<br />

Ähnlich wie bei konventionellen Spielen ist es wichtig, Faktoren zu vermeiden, die den Eintritt<br />

in den Flow-Zustand verhindern könnten. Es ist also beispielsweise sinnvoll, den Schwierigkeitsgrad<br />

eines Computerspiels den Fähigkeiten des Spielers anzupassen. Gerade an dieser<br />

Stelle bietet der Computer interessante Möglichkeiten. So kann beispielsweise die Leistung des<br />

Spielers aufgezeichnet und analysiert werden, um zukünftige Herausforderungen anhand dieser<br />

Werte zu generieren. Zielt ein neuer Spieler beispielsweise in einem Spiel schlecht und trifft<br />

Gegner nicht häufig, sollten die Gegner ebenfalls nicht die Fähigkeiten von Meisterschützen aufweisen.<br />

So bleibt das Spiel spannend und ausgewogen. Die Anpassung an die Spielerfähigkeiten<br />

muss aber gar nicht auf diese dynamische und komplexe Weise geschehen. Viele Spiele setzen<br />

ein Ebenen- oder Levelkonzept ein, in dem der Spieler verschiedene Level durchspielen muss,<br />

deren Schwierigkeitsgrad ansteigt. Nachteilig an diesem Vorgehen gegenüber der dynamischen<br />

Anpassung ist jedoch, dass die angenommene Lernkurve des Spielers hier bereits für jeden Spieler<br />

feststeht. Problematisch daran ist jedoch, dass es unterschiedlich erfahrene Spieler gibt. Ein<br />

Spieler, der häufig vergleichbare Spiele spielt, wird ein Spiel mit Levelkonzept vielleicht als zu<br />

einfach empfinden, während ein Computerneuling nicht einmal an die Nutzung von üblichen<br />

Eingabegeräten gewöhnt ist.<br />

Eine angemessene Schwierigkeit ist jedoch essentiell in einem Computerspiel. Ist sie nämlich zu<br />

hoch, wird der Spieler frustriert aufgeben. Ist sie zu niedrig, wird ein Spieler auch keine Freude<br />

empfinden. Dies belegt Jesper Juul in einer Studie, in der er die Rolle von Scheitern in Computerspielen<br />

behandelt und die Frage stellt, ob Spieler es vorziehen, nicht selbst für das Scheitern<br />

verantwortlich zu sein ([Juu09]). Juul setzt hier die Bewertung von Spielprototypen, die er für<br />

diese Studie entwickelte, in das Verhältnis zu der Bewertung der Spiele durch die Spieler. Interessant<br />

ist, dass Spieler sich tendenziell für Erfolg eher verantwortlich fühlten als für Misserfolg.<br />

Erstaunlich ist aber, dass Spieler die Spiele genau dann am höchsten bewerteten, wenn sie sich<br />

für Scheitern selbst verantwortlich fühlten. Es erzeugt, so Juul, also Freude, sich für Scheitern<br />

verantwortlich zu fühlen, obwohl man prinzipiell eigentlich nicht scheitern möchte. So schließt<br />

Juul „if a game being too easy is experienced as the game being shallow and uninteresting, it<br />

means that the role of failure is much more than a contrast to winning - failure pushes the player<br />

into reconsidering strategy, and failure thereby subjectively adds content to the game” ([Juu09]).<br />

Wichtig ist jedoch, dass der Schwierigkeitsgrad eines Computerspiels nicht linear angehoben<br />

wird, sondern innerhalb des Kanals, der den Flow-Zustand bildet, wellenförmig stattfindet, denn<br />

„an irregular increase in difficulty makes the player more likely to experience both failure and<br />

successes” ([Juu09]). Obwohl der Spieler eigentlich nicht scheitern möchte, befriedigt andererseits<br />

ein Gewinnen ohne Scheitern nicht ausreichend. Somit sollte die Festlegung der Schwierigkeit<br />

eines Spiels und der Anpassung der Schwierigkeit an die Fähigkeiten des Spielers ein<br />

wichtiges Thema bei der Erstellung eines Spiels sein.<br />

22


3.3 Lernen und Computerspiele<br />

3 Computerspiele<br />

Bringt man Lernziele und Computerspiele in Verbindung, denken viele zunächst an Lernspiele.<br />

Der Wunsch, Lernen und Computerspiele zu verbinden, hat in den letzten Jahren zu vielen<br />

unterschiedlichen Ausprägungen geführt. Eine Kategorisierung nach Spielform, das heißt hier<br />

„Verspieltheit”, erscheint an dieser Stelle als sinnvoll. Dies führt zu einer Kategorisierung in<br />

kommerzielle Spiele (Commercial off-the-shelf Games), Educational Games und Serious Games<br />

(vergleiche [Wec09]). All diesen Ausprägungen ist gemein, dass es sich nicht um wirkliche<br />

Computerspiele handelt, sondern eher um Software, die Aspekte von Computerspielen benutzen.<br />

Somit ist der Begriff „gamebased learning” hier eher angebracht als von Lernspielen zu<br />

reden.<br />

Statt Software zu erstellen, die nicht als vollständiges Spiel angesehen werden kann, könnte ein<br />

anderer Ansatz verfolgt werden. Dieser Ansatz geht davon aus, dass man beim Spielen immer<br />

lernt und diesen Umstand ausnutzen kann. Diesem Ansatz liegt die Beobachtung eines interaktiven<br />

Kreislaufes während des Computerspielens zugrunde. Dieser Kreislauf wird während des<br />

Spielens ständig durchlaufen (vergleiche [Fab00]). Darin sammelt der Spieler zunächst Informationen,<br />

analysiert diese, trifft Entscheidungen und interagiert schließlich mit der Spielwelt.<br />

Während dieser Zyklus durchlaufen wird, lernt der Spieler aber automatisch.<br />

• Informationssammlung: In dieser Phase sammelt der Spieler Informationen über die Spielwelt.<br />

Die Schwierigkeit, an eine Information zu gelangen, kann variieren. So kann das<br />

Spiel als eine Herausforderung an den Spieler die Informationen verstecken. Das Suchen<br />

und Finden ist in diesem Fall dann eine Aufgabe, die der Spieler lösen muss, um zu einem<br />

Ziel zu gelangen. Für gewöhnlich sucht der Spieler die Spielwelt nach den Informationen<br />

ab und muss unter Umständen wiederum Herausforderungen überwinden, um an Informationen<br />

für spätere Aufgaben zu gelangen. In dieser Phase entwickelt der Spieler seine<br />

Fähigkeit der Einsicht, seine visuell-räumliche Wahrnehmung, das strategische Denkvermögen<br />

sowie seine Fähigkeit, Dinge logisch zu begründen, weiter. Diese Fähigkeiten beziehen<br />

sich nicht ausschließlich auf den Spielkontext, sondern stellen Fähigkeiten dar, die<br />

der Spieler auch außerhalb des Spieles nutzen kann.<br />

• Informationsanalyse: In dieser Phase des Interaktionszyklus analysiert der Spieler die gesammelten<br />

Informationen. Dabei werden Verbindungen zu vorher verarbeiteten Informationen<br />

hergestellt. Durch die Analyse der Informationen kann der Spieler Annahmen über<br />

die Spielwelt tätigen. Der Spieler kann hierbei analytische Fähigkeiten entwickeln, die<br />

nicht nur in der Spielwelt wichtig sind.<br />

• Entscheidungen: Nach der Informationsbeschaffung und -analyse muss der Spieler Entscheidungen<br />

treffen. Es gibt ein für den Spieler wünschenswertes Resultat, das er erreichen<br />

möchte - beispielsweise die Überwindung eines Hindernisses oder eines Gegners<br />

oder der vorteilhafte Verlauf eines größeren Konfliktes. Er wird seine Entscheidungen<br />

so treffen, dass sie möglichst das erhoffte Resultat erbringen. Dabei kann der Spieler allerdings<br />

keine ganz freien Entscheidungen treffen, denn er unterliegt stets den Regeln<br />

des Spiels. Bei dem Treffen von Entscheidungen ist strategisches Denken von besonderer<br />

Wichtigkeit. Aber auch verdeckte Regeln können sinnvoll sein: „unknown rules may be<br />

23


3 Computerspiele<br />

a good teacher to refine strategic thinking, once the player analyzes a strategy that did<br />

not lead to the expected outcome, and determines why and how the unknown rules (and<br />

eventually other unexpected events) determined the failure of her strategy” ([Fab00]).<br />

• Interaktion mit der Spielwelt: In dieser Phase setzt der Spieler seine Entscheidungen um.<br />

Dabei sind psychomotorische Fähigkeiten gefordert und werden durch diese Phase auch<br />

trainiert. Die Ausführung erfolgt oft nach dem Trial & Error-Prinzip, bei der der Spieler<br />

durch Ausprobieren und Scheitern seine Fähigkeiten verbessert.<br />

Betrachtet man diesen sich ständig wiederholenden Zyklus, fällt auf, dass unterschiedliche Fähigkeiten<br />

trainiert werden. Diese besitzen nicht nur innerhalb des Spieles einen Wert: Trainiert<br />

jemand durch ein Spiel seine strategischen Fähigkeiten, wird sein strategisches Denkvermögen<br />

allgemein besser werden und nicht nur die Fähigkeit, innerhalb des Spieles strategisch zu denken.<br />

Computerspiele bieten somit an sich bereits ein breites Spektrum an Lernmöglichkeiten,<br />

die ausgenutzt werden können. Es ist nicht nötig, das Spiel zu unterbrechen in der Absicht,<br />

Lernmaterialien zwischen Spielabschnitten einzuschieben. Es ist wahrscheinlich sinnvoller, die<br />

Lernziele während des Spiels ohne explizite Lernunterbrechungen unterzubringen.<br />

Soll eine Spielsoftware zu Lernzwecken erstellt werden, ist also neben der Erstellung einer Lernsoftware<br />

mit gamebasierten Ansätzen die Entwicklung von reinen Spielen, die die Lerninhalte<br />

vermitteln, zu diskutieren. Möchte man nun durch ein Spiel gezielt Lerninhalte vermitteln, muss<br />

man also Überlegungen darüber anstellen, wie man die Lerninhalte in eine Kernmechanik überführen<br />

kann und wie ein Benutzerinterface aussieht. Auch über die Spielstruktur muss man sich<br />

Gedanken machen: Welche Gameplaymodi sind angemessen, um die Lernziele zu vermitteln?<br />

Die Vorteile eines solchen Vorgehens liegen klar auf der Hand: Der Nutzer der Software empfindet<br />

sich nicht als Lernender, sondern als Spieler. Gelingt das erfolgreich, wird das Lernen<br />

von einer Pflicht zu einer Freude. Die Freizeit des Lernenden wird vielleicht sogar zum Spielen<br />

genutzt. Und was kann man sich für einen Lernenden mehr wünschen, als dass er sich freiwillig<br />

und gerne mit dem Lernstoff auseinandersetzt? Doch wie sieht es um die Effizienz und Effektivität<br />

eines solchen Lernmodells aus? Macht es überhaupt Sinn, mit Spielen zu lernen oder ist<br />

der eintretende Lerneffekt zu gering? Neben den Lernmöglichkeiten bezüglich der Informationsverarbeitung,<br />

die mit der Betrachtung des Interaktionszyklus deutlich wurden, gibt es noch<br />

andere Faktoren, die Computerspiele als Lehr- und Lernmedium interessant machen. „Nachhaltiges<br />

Lernen beispielsweise erfolgt aktiv, konstruktiv, selbstgesteuert, sozial, emotional und<br />

situiert - und Computerspiele werden diesem Umstand gerecht.” ([Wec09]).<br />

Der Grund dafür liegt in der Interaktivität. Ein weiterer wichtiger Punkt des Lernens ist die<br />

Viabilität. „Eine Information ist dann viabel, wenn sie zum Individuum passt und ihm beim Erreichen<br />

seiner Ziele nützlich ist” ([Wec09]). Die Informationen in Computerspielen sind viabel,<br />

da sie fast alle das eigene spielerische Handeln betreffen. Ein weiterer wichtiger Punkt für die<br />

Eignung von Computerspielen als Lernmedium ist die Tatsache, dass es eine direkte Rückmeldung<br />

über Erfolg oder Misserfolg gibt. Dadurch lernt der Spieler kontinuierlich dazu und übt<br />

das Gelernte ständig ein. Dabei steigt der Schwierigkeitsgrad kontinuierlich an - durch den ständigen<br />

Lernprozess kann der Spieler aber auch die Herausforderungen meistern, die das Spiel in<br />

einem späteren Stadium bereithält. Es spricht also einiges dafür, dass die Nutzung des in Spielen<br />

liegenden Lernpotentials auch unter streng pädagogischen Zielsetzungen sinnvoll ist. Man<br />

24


3 Computerspiele<br />

verbindet die im spielerischen Handeln liegenden Vorteile, beispielsweise die hohe Motivation,<br />

das Spiel weiterzuführen und die Bereitschaft, sich mit dem Spiel lange und nachhaltig auseinanderzusetzen,<br />

mit der Ausnutzung der Lernmöglichkeiten von Spielen.<br />

3.4 Entstehung von Motivation in Computerspielen<br />

Computerspiele motivieren offensichtlich ihre Nutzer, denn sonst würden sie nicht genutzt. Die<br />

Nachfrage nach Computerspielen steigt jedoch ständig, was darauf hinweist, dass sie eine motivierende<br />

Freizeitbeschäftigung darstellen. Die Faktoren, die zu dieser Motivation führen, sollen<br />

nun näher beleuchtet und herausgearbeitet werden. Um dies zu erreichen, ist es sinnvoll, zunächst<br />

die Elemente eines Computerspiels <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> Auswirkung auf die Motivation zu<br />

betrachten:<br />

• Core Machanics (Kernmechanik): Die Kernmechanik implementiert die Spielregeln. Sind<br />

die Regeln nicht schlüssig ausgearbeitet, kann das zu Frustration des Spielers führen. Dies<br />

kann zum Beispiel dann geschehen, wenn unterschiedliche Spieler grundlos unterschiedlich<br />

behandelt werden oder gleiche Ereignisse in unterschiedlichen Situationen grundlos<br />

völlig unterschiedlich behandelt werden. Kurzum: Ist das Regelwerk eines Spieles nicht<br />

nachvollziehbar, egal wie abstrakt oder gegenständlich das Spiel ist, mündet das in Frustration<br />

des Spielers. Das kann sogar noch durch die Tatsache verstärkt werden, dass das<br />

Regelsystem in einem Computerspiel dem Spieler weitestgehend verborgen bleibt. Führen<br />

unschlüssige Regeln zu nicht nachvollziehbaren Reaktionen des Computerspiels und<br />

sind diese Regeln nicht einsehbar, ist unter Umständen das ganze System für den Spieler<br />

nicht mehr nachvollziehbar. Weiterhin ist die Kernmechanik für die Erzeugung von Herausforderungen<br />

verantwortlich. Damit diese möglichst motivierend sind, sollten sie weder<br />

zu einfach noch zu schwierig sein. Die Kernmechanik ist also auch dafür verantwortlich,<br />

die Schwierigkeit und den Schwierigkeitsverlauf festzulegen.<br />

• User Interface (Benutzerschnittstelle): Die Darstellungsschicht übernimmt die Aufgabe,<br />

die Eingaben des Spielers in Handlungen umzuwandeln und die Herausforderungen, die<br />

die Spielmechanik erzeugt und zur Verfügung stellt, darzustellen. Bei der Umwandlung<br />

von Eingaben des Spielers können Missinterpretationen geschehen, welche in Handlungen<br />

münden, die der Spieler nicht beabsichtigt hat. Dies würde zu einer externalen Kausalattribuierung<br />

führen. Der Spieler könnte sagen „Das habe ich doch gar nicht gemacht!”<br />

und seine Selbstwirksamkeitserwartung würde entweder sinken oder gänzlich verschwinden.<br />

Da Spiele aber gerade durch ihre internale Kontrollüberzeugung motivieren, wird<br />

dies zu Frustration führen. Aber auch die Darstellung von Herausforderungen ist eine<br />

wichtige Aufgabe, die sorgfältig implementiert sein muss. Eine von der Spielmechanik<br />

bereitgestellte Herausforderung kann als abstraktes Konstrukt, das ein Ziel und mehrere<br />

Handlungsmöglichkeiten beinhaltet, gesehen werden. Die Umwandlung dieses abstrakten<br />

Gebildes in audiovisuelle, darstellbare Gegenständlichkeit muss adäquat geschehen. Ist<br />

durch eine unangemessene Darstellung dem Spieler beispielsweise nicht klar, was er machen<br />

soll oder welches Ziel er gerade verfolgen soll, wird er sich verloren fühlen. Stellt<br />

beispielsweise die Kernmechanik des Spiels die Herausforderung zur Verfügung, dass ein<br />

25


3 Computerspiele<br />

Spieler eine Schlucht überqueren soll und dazu eine alte Brücke benutzen muss, ist es Aufgabe<br />

der Benutzerschnittstelle, diese Brücke geeignet darzustellen. Sieht der Spieler diese<br />

Brücke jedoch nicht oder wird sie falsch dargestellt und stürzt er deshalb in die Schlucht,<br />

wird dies Frust erzeugen, da er sich für diesen Fehler nicht verantwortlich fühlt.<br />

Benutzerschnittstelle und Kernmechanik stellen die wichtigsten Bestandteile eines Computerspiels<br />

dar, da sie einen unmittelbaren Einfluss auf die beim Spieler entstehende Motivation haben.<br />

Deshalb müssen diese beiden Komponenten aufeinander abgestimmt sein. Es wird sehr<br />

schwierig sein, einer bestehenden Kernmechanik eine beliebige Benutzerschnittstelle überzustülpen.<br />

Umgekehrt wird nicht jede Benutzerschnittstelle zu jeder beliebigen Kernmechanik passen<br />

- dabei ist es unerheblich, wie raffiniert die Schnittstellen des Systems implementiert sind.<br />

Die Benutzerschnittstelle eines Autorennspieles wird sich nicht auf ein Jump’n’Run-Spiel stülpen<br />

lassen und umgekehrt. Ist das Zusammenspiel von Kernmechanik und Benutzerschnittstelle<br />

sinnvoll implementiert, wird der Interaktionszyklus des Spielers nicht gestört. Dies wiederum<br />

ermöglicht zum einen den Eintritt in den Flow-Zustand und zum anderen verstärkt es das sinnvolle<br />

Lernen, da das Lernen mit Computerspielen im wiederholten Durchlaufen dieses Zyklus<br />

besteht.<br />

Um die von Spielen erzeugte Motivation zu verstehen, ist eine nähere Betrachtung des Interaktionszyklus<br />

wichtig. Jeder einzelne Zustand des Interaktionszyklus muss motivieren, damit der<br />

Spieler zum einen in den nächsten Zustand überwechselt und zum anderen den Zyklus immer<br />

wieder durchläuft. Wird der Zyklus an einer Stelle unterbrochen, sinkt die Motivation. Sucht der<br />

Spieler beispielsweise sehr lange nach einer bestimmten Information, ohne sie zu finden, wird er<br />

unter Umständen aufhören zu spielen. Ob er das Spiel jemals wieder aufnimmt, ist in diesem Fall<br />

ebenfalls fraglich. Der Zyklus wird genau dann unterbrochen, wenn der Spieler eine externale<br />

Kontrollattribution durchführt, sich also nicht mehr selbst für das Spielgeschehen verantwortlich<br />

findet, oder, wenn die Herausforderungen zu schwierig oder zu einfach sind. Diese Unterbrechung<br />

ließe sich dann wieder auf eine nicht funktionierende Kernmechanik oder Benutzerschnittstelle<br />

zurückführen. Somit ist das für die Motivation am meisten verantwortliche Element<br />

die Kernmechanik. „The core mechanis are the heart of any game, because they generate the<br />

gameplay” ([AR07], S. 43). Wenn die Kernmechanik stimmt, ist die wichtigste Voraussetzung<br />

für ein motivierendes Spiel gelegt. Es ist also sinnvoll, zu überlegen, wie eine funktionierende<br />

Kernmechanik aussieht. Das zentrale Element, für das die Kernmechanik zuständig ist, liegt<br />

im Erzeugen von Herausforderungen, die an die Benutzerschnittstelle weitergegeben werden.<br />

Herausforderungen besitzen unterschiedliche Eigenschaften, die für die Betrachtung von Motivationselementen<br />

in Computerspielen wichtig sind. Sie sind eine künstliche Erschwernis, die der<br />

Spieler auf dem Weg zu einem Ziel, das positive Auswirkungen für ihn haben wird, überwinden<br />

muss.<br />

• Art der Herausforderung: Jede Herausforderung kann auf den Interaktionszyklus bezogen<br />

werden. Das bedeutet, dass jede Herausforderung einen, manchmal aber auch mehrere<br />

Teile des Interaktionszyklus besonders stark betreffen. So kann das Spiel beispielsweise<br />

eine Herausforderung stellen, in der eine Information beschafft werden muss als Ziel.<br />

Dazu könnte das Spiel vom Spieler fordern, dass er ein Fahrzeug durch eine enge Straße<br />

steuern und dabei schnell genug sein muss. Das Ziel läge zwar in der Informationsbeschaffung,<br />

die Herausforderung würde jedoch den sensomotorischen Teil des Interakti-<br />

26


3 Computerspiele<br />

onszyklus primär betreffen. Gäbe es nun aber ein komplexeres Straßennetz, durch das der<br />

Spieler gleichzeitig möglichst schnell einen besonders guten Weg finden muss, würde der<br />

Teil des Interaktionszyklus’, der die Entscheidungen betrifft, zusätzlich in den Vordergrund<br />

gerückt. Die überwiegende Art der Herausforderung, die ein Spiel an einen Spieler<br />

stellt, hängt von seiner Art ab. Ein Autorennspiel erzeugt überwiegend sensomotorische<br />

Herausforderungen, während ein Adventure eher Herausforderungen erzeugt, die die Informationsbeschaffung<br />

und -analyse betreffen. Rollenspiele beziehen sich oft auf diese<br />

ersten beiden Punkte des Interaktionszyklus und betonen zusätzlich das Entscheidungselement.<br />

Da die Spiele die Arten der Herausforderungen zunehmend vermischen, ist eine<br />

klare Abgrenzung von Spielarten zunehmend schwieriger. Die Motivation hängt hier auch<br />

eng mit der Präferenz des Spielers zusammen. Präferiert jemand Spiele, werden ihn eben<br />

solche Herausforderungen auch mehr motivieren. Verschiedene Arten der Herausforderung<br />

sind konkret:<br />

– Informationsbeschaffungsherausforderung: Die Herausforderung liegt darin, Informationen<br />

zu beschaffen.<br />

– Analyseherausforderung: Die Herausforderung liegt darin, die vorhandenen Informationen<br />

in einen sinnvollen Gesamtkontext zu stellen und zu analysieren.<br />

– Entscheidungsherausforderung: Die Herausforderung besteht darin, im Spielkontext<br />

die richtigen Entscheidungen zu treffen.<br />

– Sensomotorische Herausforderung: Bestimmte Bewegungsabläufe müssen ausgeführt<br />

werden.<br />

Wichtig ist dabei, dass diese Trennung nicht scharf ist. Herausforderungen können sich<br />

aufeinander beziehen oder aufeinander aufbauen und auch mehrere Zustände des Interaktionszyklus<br />

überspannen.<br />

• Schwierigkeit: Die Schwierigkeit einer Herausforderung legt fest, wie wahrscheinlich es<br />

ist, dass der Spieler die Herausforderung erfolgreich überwindet. Ist diese Wahrscheinlichkeit<br />

hoch, ist der Grad der Schwierigkeit als niedrig einzustufen. Ist diese Wahrscheinlichkeit<br />

umgekehrt niedrig, ist der Schwierigkeitsgrad als hoch einzustufen. Die Schwierigkeit<br />

darf nicht zu hoch und nicht zu niedrig sein - sie sollte innerhalb des Kanals liegen, in dem<br />

der Flow-Zustand möglich ist. Liegt sie ober- oder unterhalb dieses Kanals, ist die Motivation<br />

nicht optimal. Die Schwierigkeit einer Herausforderung kann auf unterschiedliche Art<br />

variiert werden. So kann das Spiel beispielsweise ein Zeitlimit für die Überwindung einer<br />

Herausforderung setzen. Denkbar ist auch, das Verhalten der Gegenspieler des Spielers<br />

zu verändern. Die Schwierigkeit kann entweder absolut oder relativ zu den Fähigkeiten<br />

des Spielers festgelegt werden. Bei einer absoluten Schwierigkeit werden die Herausforderungen<br />

dem Spieler präsentiert und er muss mit ihnen fertig werden. Bei einer relativen<br />

Schwierigkeit wird die Fähigkeit des Spielers analysiert und während der Erzeugung der<br />

Herausforderung berücksichtigt.<br />

• Bedeutung der Herausforderung: Die Herausforderungen sind oft unterschiedlich bedeutsam<br />

für das Spiel. Aktuelle Spiele stellen dem Spieler oftmals Aufgaben, die für das<br />

27


3 Computerspiele<br />

Durchspielen des Spiels nicht von Bedeutung sind, aber beispielsweise die Spielwelt lebendiger<br />

erscheinen lassen. Unbedeutende Aufgaben, die optional zu erfüllen sind, können<br />

aber auch zusätzlich motivieren, da der Spieler sich freier fühlt und die Spielwelt<br />

weniger eingeschränkt wirkt. Umgekehrt kann es aber auch demotivierend sein, wenn der<br />

Spieler ständig unbedeutende Herausforderungen überwinden muss.<br />

• Präsentation der Herausforderung: Ein Spiel kann über die Benutzerschnittstelle die Herausforderungen<br />

seinem Spieler auf unterschiedliche Art und Weise präsentieren. So kann<br />

es beispielsweise eine Herausforderung klar formuliert präsentieren („Deine Aufgabe ist<br />

nun, mit Hilfe der herausragenden Felsen über diese Schlucht zu kommen”). Wesentlich<br />

diffusere Präsentationen finden jedoch auch häufig Anwendung in Computerspielen.<br />

Oft wird der Spieler in eine Situation gebracht und kennt das Ziel (beispielsweise: „Ich<br />

muss auf das Dach des Gebäudes gelangen”) und muss selbst herausfinden, wie er das<br />

bewerkstelligen kann. Viele Spiele bieten für solche Situationen auch unterschiedliche<br />

Lösungsmöglichkeiten zum Überwinden der Herausforderung an.<br />

• Ziel: Jede Herausforderung stellt dem Spieler eine Aufgabe. Erfüllt der Spieler erfolgreich<br />

die Aufgabe, erreicht er ein Ziel. Ein Spiel besteht in der Regel aus dem Erreichen<br />

von Teilzielen. Dies führt schließlich zum Bewältigen des ganzen Spiels. Ein Ziel kann<br />

beispielsweise das Abschließen einer Spielstufe oder die erfolgreiche Überwindung eines<br />

Hindernisses sein.<br />

Jede von einem Computerspiel erzeugte Herausforderung besitzt eine Art, eine Schwierigkeit<br />

und eine Bedeutung. Eine Herausforderung ist dann motivierend, wenn sie weder über- noch<br />

unterfordert und ihre Art zum einen den Geschmack des Spielers trifft, zum anderen aber auch<br />

zu dem Ziel, das mit der Herausforderung erreicht werden soll, vereinbar ist. Besitzt ein Spieler<br />

beispielsweise eine Vorliebe für Spiele, die eine hohe sensomotorische Fähigkeit benötigen und<br />

fördern, wird er sich wahrscheinlich weniger gerne mit einem Spiel beschäftigen, das ihm primär<br />

Informationsbeschaffungsherausforderungen stellt. Andererseits kann eine Herausforderung nur<br />

dann motivierend sein, wenn sie plausibel im Spielkontext ist. Wird der Spieler in einem Strategiespiel,<br />

in dem er bisher Einheiten geschickt auf einer Karte verteilen musste, plötzlich damit<br />

herausgefordert, eine Information auf einem Papierschnipsel in einem vollen Büro zu finden,<br />

passt diese Herausforderung nicht zum Spiel. Ist das ganze Spiel jedoch darauf ausgelegt, dass<br />

der Spieler immer wechselnde Rollen von General, Spion und Soldat einnimmt und passt dies<br />

plausibel in das Spielkonzept, kann dieser Rollenwechsel motivierend sein.<br />

Computerspiele besitzen ein hohes motivationales Element. Diese Motivation entsteht intrinsisch<br />

und ist frei von äußeren Zwängen. Der Spieler fühlt sich während des Spielens frei und<br />

zwanglos. Dennoch lernt er während des Spielens viel, selbst wenn es sich nicht um ein explizites<br />

Lernspiel handelt. Diese Umstände lassen sich verbinden, indem Lerninhalte auf spielerische<br />

Art und Weise vermittelt werden. Ein solches Vorgehen würde alle Vorteile von Spielen ausnutzen,<br />

aber gleichzeitig alle Nachteile herkömmlicher Lernspiele verdrängen. Die Motivation<br />

entsteht durch die Tatsache, dass Computerspiele Herausforderungen erzeugen und dem Spieler<br />

die Aufgabe übertragen, diese zu überwinden. Um also Motivation in Computerspielen gezielt<br />

einsetzen und erzeugen zu können, müssen diese selbst oder die Systeme, die die Herausforderungen<br />

dynamisch erzeugen, mit größter Sorgfalt gestaltet werden.<br />

28


4Kapitel 4<br />

Untersuchung von Computerspielen<br />

Die in Kapitel 3 herausgearbeiteten Motivationskomponenten von Computerspielen werden nun<br />

zunächst verfeinert und mit Hilfe des Modells von Herausforderungen formalisiert. Danach wird<br />

damit eine Methodik zur formalen Analyse von Computerspielen <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> <strong>Motivationskonzepte</strong><br />

entwickelt. Für diese Analyse werden anschließend drei exemplarische Spiele ausgewählt<br />

und die erstellte Methodik wird auf sie angwendet. Auf diese Weise werden drei formalisierte<br />

<strong>Motivationskonzepte</strong> herausgearbeitet.<br />

4.1 Motivation durch Herausforderungen<br />

Computerspiele erzeugen auf die verschiedensten Arten Motivation bei ihrem Nutzer, dem Spieler.<br />

Sicherlich spielen technische Aspekte wie beispielsweise eine gute Grafik bei der Motivation<br />

des Spielers eine große Rolle. Es ist jedoch zu vermuten, dass diese Art der Motivation<br />

nicht nachhaltig ist: auch schon alte Computerspiele ohne herausragende Grafik und orchestralen<br />

Sound fesselten ihre Spieler an den Bildschirm. Hat ein Spieler sich einmal an der guten<br />

technischen Umsetzung eines Computerspiels sattgesehen, wird er dadurch nicht mehr motiviert.<br />

Computerspiele bieten jedoch eine viel tiefergehende Art der Motivation, nämlich die, die<br />

durch das Gameplay entsteht. So kommen Adams und Rollings zu dem Schluss, dass „a good<br />

many games aren’t fun because the designers spent more time thinking about their graphics or<br />

their story than they did thinking about creating gameplay” ([AR07], S. 279). Diese Analyse versucht,<br />

die grundlegendste Motivation eines Computerspiels, die ohne herausragende ästhetische<br />

oder technische Merkmale funktioniert, herauszustellen und somit für Umsetzungen in anderer<br />

Software verfügbar zu machen. Dazu müssen die Herausforderungskonzepte eines untersuchten<br />

Computerspiels formalisiert werden.<br />

Das Gameplay eines Computerspiels besteht aus Herausforderungen und Aktionen, die der Spieler<br />

ausführen kann. Die Kernmechanik eines Computerspiels entscheidet, welche Herausforderungen<br />

und Aktionen zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbar sind ([AR07], S. 317). Diese<br />

verfügbaren Aktionen werden Spielmechaniken genannt. Diese Spielmechaniken kann man im<br />

Sinne der objektorientierten Programmierung auffassen: „game mechanics are methods designed<br />

29


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

for interaction with the game state” ([Sic08]). Mit Hilfe dieser Spielmechaniken muss der Spieler<br />

oft (aber nicht immer) Herausforderungen überwinden. Eine Herausforderung ist „a situation<br />

in which the outcome desired by the player requires an effort to accomplish” ([Sic08]). Herausforderungen<br />

stellen somit eines der wichtigsten Elemente eines Spiels dar, die der Ersteller<br />

des Spiels gestalten muss. Analog zu Adams und Rolling, welche die Kernmechanik als Herzstück<br />

eines Computerspiels bezeichnen ([AR07], S. 43), könnten Herausforderungen wiederum<br />

als Herzstück der Kernmechanik bezeichnet werden. Es gibt implizite Herausforderungen, bei<br />

denen der Spieler nicht von dem Spiel darüber informiert wird, dass er nun eine Herausforderung<br />

zu überwinden hat. Weiterhin gibt es explizite Herausforderungen, über die das Spiel den<br />

Spieler direkt informiert (vergleiche [AR07], S. 281). Herausforderungen lassen sich oft <strong>ihrer</strong>seits<br />

wieder in Teilherausforderungen aufgliedern. So kann beispielsweise die Beendigung eines<br />

Levels in einem Egoshooter als Herausforderung angesehen werden, die sich <strong>ihrer</strong>seits wieder<br />

aus den Herausforderungen „schalte einen Gegner aus”, „finde einen Schlüssel” und „besiege<br />

einen Endgegner” zusammensetzt. Herausforderungen, die sich nicht weiter unterteilen lassen,<br />

sind atomare Herausforderungen.<br />

Der erste Aspekt, der eine Herausforderung motivierend macht, ist ihr Schwierigkeitsgrad. Bei<br />

dem Schwierigkeitsgrad spielen Fähigkeiten, Anspannung und absolute Schwierigkeit (Skill,<br />

Stress, and Absolue Difficulty, vgl. [AR07], S. 286f) eine Rolle. Die intrinsische Fähigkeit (intrinsic<br />

skill) ist die Fähigkeit, die ein Spieler besitzen muss, um eine Herausforderung ohne<br />

zeitliche Begrenzung zu überwinden. Testet eine Herausforderung ausschließlich die intrinsische<br />

Fähigkeit des Spielers, ist die Herausforderung ohne Zeitlimit und der Spieler wird sie<br />

mit fortschreitendem Training besser absolvieren. Beinhaltet eine Herausforderung jedoch ein<br />

Zeitlimit, kommt der Faktor der Anspannung hinzu. Je knapper ein Zeitlimit ist, desto höher<br />

ist die Anspannung des Spielers. Die absolute Schwierigkeit schließlich verbindet intrinsische<br />

Schwierigkeit mit Anspannung: Sie ergibt sich aus der intrinsischen Schwierigkeit, die ein Spieler<br />

besitzen muss und der Anspannung durch ein Zeitlimit. Damit eine Herausforderung motiviert,<br />

darf sie nicht zu einfach und nicht zu schwierig sein: „players want to fail as well as win”<br />

([Juu09]). Die Schwierigkeit einer Herausforderung muss also angemessen sein. Allerdings ist<br />

die Einschätzung der Schwierigkeit subjektiv: Manche Spieler bevorzugen Herausforderungen,<br />

die intrinsische Fähigkeiten testen, während andere Spieler Herausforderungen mit Anspannung<br />

präferieren (vgl. [AR07], S. 288). „When you’re deciding how difficult you want your game to<br />

be, think about both skill levels and stress, and keep your target audience in mind” ([AR07], S.<br />

288) lautet daher die Empfehlung aus dem Game Design. Eine Herausforderung motiviert also<br />

genau dann, wenn ihr Schwierigkeitsgrad für die Zielgruppe angemessen ist.<br />

Wichtig für die Motivation eines Spielers ist darüberhinaus die Abfolge von Herausforderungen:<br />

„The most intense points of engagement in the titles in our study were often the result of calm<br />

moments” ([Hon]). Die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm bedeutet also mehr Spannung und<br />

damit auch mehr Spaß und Motivation. Durch die Abwechslung von ruhigeren und aufregenden<br />

Spielmomenten wird der Spieler an den Bildschirm gefesselt und die Spannung wird durch die<br />

ruhigen Momente erhöht. Dies bedeutet, dass Herausforderungen mit einem knappen Zeitlimit<br />

genau dann als noch spannender empfunden werden, wenn ruhigere Momente zwischen ihnen<br />

liegen. Trifft ein Spieler zum ersten Mal auf eine Herausforderung, empfindet er sie als spannend,<br />

da sie neu ist. Diese Spannung des Neuen führt zu einer hohen Motivation: „Novelty of the<br />

30


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

first encounter with this enemy makes the gameplay intensely engaging” ([Hon]). Wird jedoch<br />

dieselbe Herausforderung wiederholt, sinkt die Spannung und damit auch die Motivation des<br />

Spielers. Dabei spielt weniger die Wiederholung exakt derselben Herausforderung eine Rolle<br />

als vielmehr der gewisse Ausgang der wiederholten Situation. Schafft es ein Spiel, Herausforderungen<br />

stets neu und spannend erscheinen zu lassen, motiviert das den Spieler. Ist jedoch von<br />

vornherein klar, wie eine Herausforderung ausgeht, motiviert sie weniger.<br />

4.2 Analyse von Computerspielen<br />

Um die Analyse von Computerspielen möglichst konstruktiv zu gestalten, sollten bei der Analyse<br />

einige Punkte berücksichtigt werden. Zunächst muss berücksichtigt werden, dass das Computerspiel<br />

vom Hersteller und dem Designteam als ein Ganzes konzipiert wurde. Als solches sollte<br />

ein Spiel in dieser Analyse auch betrachtet werden. Während der Erstellung eines Computerspiels<br />

wurde eine Herausforderungshierarchie erstellt, die einerseits verdeutlicht, dass Herausforderungen<br />

aus anderen Herausforderungen bestehen können und andererseits den zeitlichen<br />

Ablauf der Herausforderungen darstellen kann ([AR07], S. 280ff). Um die Herausforderungen<br />

eines Spiels genau zu untersuchen, ist es also sinnvoll, diese Hierarchie bei der Analyse zu erstellen.<br />

Gelingt dies, können Verlauf und Aufbau der Herausforderungen abgelesen werden. Daraus<br />

ergibt sich, dass das Spiel von Anfang an gespielt werden muss, da nur so gewährleistet ist, dass<br />

die Hierarchie vollständig ist. Dabei müssen Tutorial- oder Einführungsteile des Spieles ebenfalls<br />

berücksichtigt werden, da diese immer mehr zu einem Teil der Computerspiele werden und<br />

ein sehr hohes Motivationspotential besitzen. So beschreibt Tim Hong das Tutorial des Spiels<br />

„Ghost Recon Advanced Warfighter 2” folgendermaßen: „the alternation between the calm of<br />

instruction and the intensity of trying new tactics against powerful enemies created a big emotional<br />

rollercoaster that registered as one of the top two most engaging events out of the eight<br />

titles we studied” ([Hon]). Außerdem werden in Tutorials gewöhnlich die Bezwingungsmöglichkeiten<br />

atomarer Herausforderungen wie das Besiegen eines Gegners oder das Überwinden<br />

physikalischer Hindernisse gegeben: „game’s tutorial levels teach the player explicitly how to<br />

meet the atomic challenges” ([AR07], S. 281).<br />

Andererseits muss ein Computerspiel für die Analyse nicht komplett durchgespielt werden, da<br />

die oberste Herausforderung eines Spiels, die Siegbedingung, meist explizit angegeben wird:<br />

„games tend to present their overall victory condition explicitly” ([AR07], S. 281). Sollte dies<br />

nicht der Fall sein, muss die Analyse fortgesetzt werden, bis die oberste Herausforderung der<br />

Herausforderungshierarchie gefunden worden ist. Normalerweise kann eine Herausforderungshierarchie<br />

also auch ohne das Durchspielen des gesamten Spiels erstellt werden. Dabei kann<br />

die Analyse genau dann beendet werden, wenn anhand der erstellten Herausforderungshierarchie<br />

deutlich wird, dass die Herausforderungen sich stark ähneln und es absehbar ist, dass keine<br />

neuen Herausforderungen mehr hinzukommen werden. Herausforderungen ähneln sich dann<br />

stark genug, wenn ihr Aufbau, also die Unterteilung in Teilherausforderungen, sehr ähnlich oder<br />

gleich ist. Stellt sich beispielsweise heraus, dass die Level eines Spiels immer gleich aufgebaut<br />

sind und beispielsweise stets die Überwindung physikalischer Hindernisse, die Bekämpfung der<br />

Gegner und das Besiegen eines Endgegners beinhalten, kann die Analyse beendet werden, wenn<br />

31


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

es keine Hinweise darauf gibt, dass das Spiel sich bezüglich seiner Herausforderungen stark<br />

ändern wird. Hinweise darauf findet man in Testberichten über Computerspiele oder durch die<br />

Befragung erfahrener Computerspieler, die ein Computerspiel bereits vollständig durchgespielt<br />

haben. Da der essentielle Herausforderungsaufbau eines Computerspiels sich in der Regel nicht<br />

im fortgeschrittenen Spielstadium stark ändern wird, werden dabei normalerweise keine wichtigen<br />

Herausforderungen vernachlässigt.<br />

Um die Analyse durchführen zu können, muss festgelegt werden, wann man bei der Analyse<br />

eine zu untersuchende Herausforderung findet. Problematisch dabei ist, dass Spiele nicht immer<br />

explizit klarmachen, dass der Spieler sich nun einer neuen Herausforderung gegenübersieht. Die<br />

meisten Spiele machen jedoch ihre Gewinnkondition deutlich, so dass dem Spieler immer klar<br />

ist, wie er das gesamte Spiel gewinnen kann. Weiterhin sind die atomaren Herausforderungen<br />

klar: Die Herausforderungen, die nicht weiter in Herausforderungen teilbar sind. Sie werden dem<br />

Spieler explizit mitgeteilt, meistens durch ein Tutorial: „normally, the game’s tutorial levels teach<br />

the player explicitly how to meet the atomic challenges” ([AR07], S. 281). Die Überwindung<br />

einiger dieser atomaren Herausforderungen bedeutet in der Regel auch die Überwindung größerer<br />

Herausforderungen. So kann eine Herausforderung daraus bestehen, dass ein Gegenstand<br />

gefunden werden muss. Um zu dem Gegenstand zu gelangen, muss jedoch ein Gegner besiegt<br />

werden. Der Gegenstand selbst muss in einem Raum noch lokalisiert werden. Damit würden<br />

die beiden atomaren Herausforderungen „besiege den Gegner” und „finde den Gegenstand” gemeinsam<br />

einen Levelabschnitt bilden, der eine zusammengesetzte Herausforderung darstellt und<br />

dessen Ziel es ist, in den nächsten Levelabschnitt zu gelangen.<br />

Somit können zunächst atomare Herausforderungen analysiert werden und bei der Erstellung der<br />

Herausforderungshierarchie für ein Spiel können die impliziten Herausforderungen eingeordnet<br />

werden, die der Spieler bei der Analyse nicht sofort erkannt hat. Es bietet sich also an, bottom-up<br />

vorzugehen: Zunächst versucht man, die atomaren Herausforderungen in einem Spielabschnitt<br />

zu finden, da diese vom Spiel in der Regel explizit vorgegeben werden oder klar sind und ordnet<br />

diese unten in der Herausforderungshierarchie ein. Danach fasst man diese atomaren Herausforderungen<br />

zusammen zu den Herausforderungen, die zunächst nicht direkt ersichtlich waren. Ein<br />

weiterer Anhaltspunkt, Herausforderungen zu erkennen, stellen die Herausforderungskategorien<br />

dar. Besitzt ein Spielteil Eigenschaften einer Herausforderungsart, kann davon ausgegangen<br />

werden, dass dieser Spielteil eine Herausforderung dieser Art ist. Eine ausführliche Beschreibung<br />

der Herausforderungsarten findet sich in [AR07] (S. 299ff). Hier soll eine Übersicht über<br />

verschiedene Herausforderungen und ihre Subkategorien, wie sie gewöhnlicherweise in Computerspielen<br />

vorkommen, gegeben werden:<br />

• Physical Coordination Challenges: Speed and Reaction Time, Intuitive Undestanding of<br />

Physics, Timing and Rhythm, Combination Moves<br />

• Logic and Mathematical Challenges: Formal Logic Puzzles, Mathematical Challenges<br />

• Races and Time Pressure<br />

• Factual Knowledge Challenges<br />

• Memory Challenges<br />

• Pattern Recognition Challenges<br />

32


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

• Exploration Challenges: Spatial Awareness Challenges, Locked Doors, Traps, Mazes and<br />

Illogical Spaces, Teleporters<br />

• Conflict: Strategy, Tactics, Logistics, Survival and Reduction of Enemy Forces, Defending<br />

Vulnerable Items or Units, Stealth<br />

• Economic Challenges: Accumulating Resources, Achieiving Balance, Caring for Living<br />

Things<br />

• Conceptual Reasoning and Lateral Thinking Puzzles: Conceptual Reasoning, Lateral Thinking<br />

Das Vorgehen bei der Analyse eines Computerspiels lässt sich somit durch folgendem Ablauf<br />

darstellen:<br />

• Für eine neue Analyse wird das Spiel neu begonnen, für eine bereits begonnene Analyse<br />

wird der Speicherstand geladen, an dem die Analyse unterbrochen wurde.<br />

• Um das Spiel näher kennenzulernen, sollte der Spieler das Spiel zunächst ein bis zwei<br />

Stunden ohne Analyse spielen.<br />

• Hat der Spieler eine Herausforderung überwunden, pausiert er das Spiel, wenn dies möglich<br />

ist. Dann füllt er den Analysebogen für eine Herausforderung aus. Sollte eine Pause<br />

nicht möglich sein, sollte das Spiel zu einer geeigneten, möglichst zu der Herausforderung<br />

zeitnahen Möglichkeit unterbrochen werden, um die Herausforderung zu analysieren.<br />

Dies unterbricht zwar möglicherweise die Entwicklung des motivierenden Flow-<br />

Zustands, es kann jedoch angenommen werden, dass eine gute Herausforderungsstruktur<br />

prinzipiell zu diesem Zustand führen kann. Für die Analyse ist es unabdingbar, dass das<br />

Spiel unterbrochen wird, da die Fülle an Herausforderungen nach einer längeren Spielsitzung<br />

unmöglich analysiert werden können.<br />

Die analysierten Herausforderungen können nun in die von Adams und Rollings vorgeschlagene<br />

Herausforderungshierarchie ([AR07], S. 280ff) eines Spiels eingeordnet werden. Jede Herausforderung<br />

wird in dieser Hierarchie als ein Kasten dargestellt. In der Herausforderungshierarchie<br />

werden Herausforderungen zu größeren Herausforderungen zusammengefasst, indem über ihnen<br />

eine Herausforderung angeordnet wird und die Teilherausforderungen mit der in der Hierarchie<br />

höher liegenden Herausforderung mit einem Strich verbunden wird. Die höchste Herausforderung<br />

eines Spiels ist die Siegherausforderung - ist diese erfüllt, gewinnt der Spieler das Spiel.<br />

Herausforderungen werden weiterhin chronologisch angeordnet, und zwar von links nach rechts.<br />

Somit lässt sich in der Herausforderungshierarchie der Aufbau der Herausforderungen exakt ablesen.<br />

Hieraus lassen sich Erkenntnisse gewinnen, wie Software aufgebaut werden sollte, die<br />

<strong>Motivationskonzepte</strong> aus Computerspielen verwenden soll. Diese Hierarchie kann jedoch graphisch<br />

so erweitert werden, dass sich motivationale Aspekte zusätzlich ablesen lassen.<br />

In fast allen Spielen ist die Bedingung, bei deren Erfüllung das Spiel gewonnen wird, von vornherein<br />

klar. Diese oberste Herausforderung kann an die Spitze der Herausforderungshierarchie<br />

gesetzt werden. Um die Einordnung einer Herausforderung in die Hierarchie vorzunehmen, sollte<br />

zunächst überprüft werden, ob sie atomar ist. Ist dies der Fall, wird die Herausforderung ganz<br />

unten in die Hierarchie eingeordnet. Ist sie nicht atomar, muss die Herausforderung wiederum<br />

33


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

aus anderen, evtl. atomaren, Herausforderungen bestehen. Um eine zeitliche Einordnung vornehmen<br />

zu können, empfiehlt es sich, die Einordnung einer Herausforderung in die Hierarchie<br />

dann vorzunehmen, wenn ein Spielabschnitt eines Spiels, beispielsweise ein Level, abgeschlossen<br />

wurde. Die Herausforderungen sollten nach der Imperativkonstruktion aus der ersten Frage<br />

des Analysebogens für Herausforderungen (6.1.1) benannt werden. Um Hinweise auf Einflüsse<br />

auf die Motivation durch die Bedeutung einer Herausforderung zu erhalten, werden optionale<br />

Herausforderungen in einen gestrichelten Kasten gesetzt. Ruhigere Herausforderungen, beispielsweise<br />

solche, die allein die intrinsische Fähigkeit des Spielers testen, werden mit einem<br />

kleinen Punkt in dem Kasten, der die Herausforderung darstellt, versehen. Auf diese Weise lässt<br />

sich später in der Hierarchie im zeitlichen Verlauf ablesen, ob es ruhigere Spielphasen gab.<br />

Wenn eine Herausforderung in einer sehr ähnlichen oder sogar der gleichen Form bereits einmal<br />

in dem Spiel vorkam, kann dies mit einem Pfeil auf das erste Auftreten dieser Herausforderung<br />

vorgenommen werden. Auf diese Weise lassen sich die motivationalen Aspekte von Herausforderungen<br />

teilweise graphisch darstellen. Der Verlauf des Schwierigkeitsgrades lässt sich jedoch<br />

nicht in dieser erweiterten graphischen Darstellung der Hierarchie unterbringen. Deshalb wird<br />

dieser gesondert untersucht.<br />

Der Schwierigkeitsverlauf in einem Spiel kann durch Auswertung der Herausforderungsanalyse<br />

graphisch dargestellt werden. Dazu werden die Fehlversuche auf der y-Achse eines Graphen<br />

eingetragen, dessen x-Achse den Zeitverlauf angibt. Dadurch kann einerseits abgelesen werden,<br />

ob es frustrierende Stellen im Spiel gibt. Zum anderen kann so überprüft werden, ob die<br />

Schwierigkeit des Spieles schneller oder langsamer zunimmt als die Fähigkeiten des Spielers.<br />

Nimmt die Zahl der Fehlversuche zu, kann geschlossen werden, dass der Schwierigkeitsgrad<br />

schneller als die Spielerfähigkeit zunimmt. Umgekehrt kann aus einer Abnahme der Fehlversuche<br />

geschlossen werden, dass der Schwierigkeitsgrad langsamer als die Spielerfähigkeit wächst.<br />

Damit ein Spiel besonders motivierend ist, sollte sich der Schwierigkeitsgrad in einem Tunnel<br />

zwischen Langeweile und Überforderung bewegen. Die Ergebnisse der Frage „Falls mehr als ein<br />

Anlauf benötigt wurde: Woran scheiterte die Überwindung der Herausforderung?” geben Hinweise<br />

durch Selbsteinschätzung des Analysierenden darauf, was der Grund für das Scheitern an<br />

einer Herausforderung sein kann. Diese Aspekte können auch bewusst von dem Softwaredesigner<br />

kalkuliert werden, um Einfluss auf die Schwierigkeit und den Spielverlauf eines Spieles zu<br />

nehmen. Wird der Schwierigkeitsgrad von dem Spiel dynamisch angepasst, werden die Herausforderungen<br />

wahrscheinlich angemessen sein. Die Lösung einer angemessenen Herausforderung<br />

wird auch Scheitern beinhalten, da das Fehlen von Scheitern eher auf eine zu einfache Herausforderung<br />

hindeutet.<br />

4.3 Auswahl von Computerspielen für die Analyse<br />

Da die <strong>Motivationskonzepte</strong> auf eine prototypische Schulungssoftware für die SMA der Siemens<br />

AG übertragen werden soll, ist es sinnvoll, vorher Annahmen über die Tauglichkeit von Spielen<br />

zu machen. Überträgt man Ideen zur Benutzerschnittstellengestaltung aus Computerspielen,<br />

ist es angebracht, Spiele zu wählen, bei denen die auszuführenden Handlungen denen ähnlich<br />

sind, die auf dem Zielsystem ausgeführt werden, da sich aus der Übertragung von Oberflächen-<br />

34


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

konzepten aus Spielen dann Vorteile für die Software ergeben. Da jedoch die Erzeugung von<br />

Motivation primär durch die Kernmechanik eines Spiels und nicht durch die Benutzerschnittstelle<br />

erzeugt wird, ist die Untersuchung der Kernmechanik und damit der Herausforderungen<br />

am wichtigsten und soll hier in den Vordergrund gestellt werden. Da Spiele an sich motivieren,<br />

ist die Frage also, welche Elemente aus den Kernmechaniken besonders motivierend sind.<br />

Um eine möglichst breit gefächerte Auswahl von Herausforderungen in Computerspielen herauskristallisieren<br />

zu können, bietet es sich an, Spiele zu wählen, von denen man annehmen kann,<br />

dass sie sich in der primären Herausforderungsart und <strong>ihrer</strong> Präsentationsart unterscheiden. Aus<br />

den so analysierten Herausforderungen lassen sich dann die geeignetsten für die Umsetzung in<br />

Protoypen auswählen. Dies sollte vor allem auf die passende Herausforderungsart bezogen werden.<br />

Passt die Herausforderungsart zu dem, was durch die Schulungssoftware vermittelt werden<br />

soll, ist eine erfolgreiche Umsetzung wahrscheinlicher. Eine breit gefächerte Auswahl an unterschiedlichen<br />

Herausforderungen erhält man, wenn man Spiele unterschiedlicher Komplexität<br />

wählt. Ein Spiel ist dann weniger komplex als ein anderes, wenn die Kernmechanik, also die<br />

Regeln und ihre Umsetzung mit konkreten Werten, weniger aufwendig ist. Die Komplexität<br />

einer Kernmechanik kann im Vorhinein durch die Betrachtung von Spielbeschreibungen abgeschätzt<br />

werden. Eine komplexe Spielmechanik ist beispielsweise daran zu erkennen, dass das<br />

Spiel den Spieler durch Einführungsmissionen und Tutorials an die Spielmechanik heranführt.<br />

Einfachere Kernmechaniken bedürfen meist nur einer kurzen oder in manchen Fällen sogar gar<br />

keiner Erklärung. Weiterhin entstehen unterschiedliche Herausforderungen durch unterschiedliche<br />

Abstraktionsstufen des Spiels. Ein Spiel mit einem abstrakten Gegenstand unterscheidet<br />

sich in seinen Herausforderungen grundlegend von einem gegenständlichen Spiel. Ein Ziel dieser<br />

Arbeit ist, eine möglichst breit gefächerte Auswahl an Herausforderungen zu untersuchen<br />

und anschließend die Konzepte, die ihnen zu Grunde liegen, in Prototypen umzusetzen. Deshalb<br />

empfiehlt es sich, Spiele unterschiedlicher Komplexität und Abstraktionsstufe auszuwählen. Es<br />

sollen drei Computerspiele analysiert werden, die jeweils über eine unterschiedliche Komplexität<br />

<strong>ihrer</strong> Kernmechanik und eine unterschiedliche Abstraktionsstufe verfügen.<br />

Ein relativ unkomplexes, aber sehr beliebtes Spiel ist Tetris. Es könnte als einer der Urklassiker<br />

der Computerspieleszene betrachtet werden. Tetris gibt es in den verschiedensten Implementationen<br />

für alle möglichen Plattformen. Der Spieler muss bei Tetris herabfallende Steine so in eine<br />

Steinstruktur einordnen, dass er möglichst viele vollständige Steinlinien gleichzeitig erzeugt. Jede<br />

vollständige Steinlinie wird daraufhin entfernt, alle verbleibenden Steine fallen herunter und<br />

der Spieler erhält Punkte. Erreichen die Steine den oberen Rand des Spielfeldes, ist das Spiel<br />

gescheitert.<br />

35


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Abbildung 4.1: Tetris auf dem Gameboy.<br />

Etwas komplexer ist das Spiel Armadillo Run. Hierbei handelt es sich um eine Physiksimulation,<br />

bei der ein zusammengerolltes Gürteltier mit Hilfe verschiedener Bauteile durch ein Level<br />

in ein blaues Gebiet befördert werden muss. Dabei gilt es, verschiedene Level erfolgreich zu<br />

absolvieren. Die Bauteile, die verbaut werden müssen, kosten eine bestimmte Menge Geld. In<br />

jedem Level steht ein Maximalbudget zur Verfügung. Wird dies überschritten, ist das Level nicht<br />

erfolgreich beendet. Umgekehrt kann das Level aber auch möglichst kostensparend absolviert<br />

werden. Dabei ist Kreativität in der sinnvollen Kombination der verschiedenen Bauelemente gefordert.<br />

Vor allem ungewöhnliche Lösungen führen oft sehr effizient und effektiv zum Ziel. Das<br />

Spiel lädt aufgrund seiner vielen Möglichkeiten zum Ausprobieren und Herumexperimentieren<br />

ein.<br />

36


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Abbildung 4.2: Eine Spielszene aus Armadillo Run. Das zusammengerollte Armadillo (rechts<br />

oben) muss in die blaue Zone links unten befördert werden. Dazu stehen mehrere<br />

Bauteile (in der Mitte unten) zur Verfügung, die gekauft und mit den schwarzen<br />

Punkten in der Spielwelt verbunden werden können.<br />

Vampire: Bloodlines schließlich stellt ein komplexes Rollenspiel dar, in dem der Spieler die<br />

Rolle eines Vampirs übernimmt. Die Geschichte des Spiels beginnt damit, dass der Spieler zu<br />

einem Vampir wird und sich nun durch das Intrigenspiel der vor den Menschen verborgen lebenden<br />

Vampirgesellschaft schlagen muss. Dabei gibt es zwischen verschiedenen Vampirgruppen<br />

Konkurrenzkämpfe, Vampire werden von Vampirjägern gejagt und es geschehen allerlei übernatürliche<br />

Dinge, mit denen der Spieler fertig werden muss. Dabei ist das Vorgehen weitestgehend<br />

dem Spieler überlassen: Oft muss er Entscheidungen, die Auswirkungen auf den weiteren Spielverlauf<br />

haben, treffen und in Gesprächen geschickt vorgehen. So kann er oft zwischen einer<br />

gewalttätigen Lösung durch Kampf oder elegantere Lösungen wie Schleichen, Magie, geschickte<br />

Gesprächsführung wählen. Der Spieler erhält von verschiedenen Nicht-Spieler-Charakteren<br />

in der Spielwelt mehr oder weniger komplexe Aufträge, die er ausführen muss. Löst er immer<br />

mehr Aufträge, entwickelt sich die Hauptgeschichte des Spieles weiter und neue Gebiete können<br />

betreten werden.<br />

37


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Abbildung 4.3: Zwei Spielszenen aus Vampire: Bloodlines. Links ist der Mentor zu sehen, der<br />

dem Spieler zu Spielanfang an die Seite gestellt wird und ihm das Vampirleben<br />

erklärt. Rechts daneben ist die Spielfigur unterwegs in einer nächtlichen Stadt.<br />

4.4 Analyse der ausgewählten Computerspiele<br />

4.4.1 Tetris<br />

In Tetris geht es als Spielziel darum, eine möglichst hohe Punktzahl zu erreichen. Dieses Spielziel<br />

kann als oberste Herausforderung angesehen und somit an oberster Stelle in die Herausforderungshierarchie<br />

einsortiert werden. Um möglichst viele Punkte zu sammeln, muss der Spieler<br />

Level absolvieren, in denen er stets eine Steinstruktur bilden muss, die möglichst geeignet<br />

ist, um mit einem weiteren Stein möglichst viele Reihen zu entfernen. Um eine Steinstruktur<br />

zu bilden, müssen herabfallende Einzelsteine einsortiert werden. Dies ist die einzige atomare<br />

Herausforderung, die das Spiel besitzt. Aus diesen wenigen Herausforderungen lässt sich die<br />

gesamte Herausforderungshierarchie von Tetris zusammensetzen. Dabei wiederholen sich die<br />

Herausforderungen ständig: Es gilt ständig, herabfallende Steine einzusortieren und damit günstige<br />

Steinstrukturen zu bilden. Auch die Herausforderung eines Levels tritt immer wieder auf:<br />

Nachdem eine gewisse Anzahl an Steinen heruntergefallen ist, wird der Spieler in die nächsthöhere<br />

Spielstufe versetzt. Alle Herausforderungen werden dem Spieler explizit präsentiert: Er<br />

sieht ständig seine momentane Punktzahl und diese wird am Ende des Spiels in eine Bestenliste<br />

eingefügt. In welchem Level er sich befindet, wird ihm ebenfalls explizit angezeigt. Dadurch,<br />

dass immerfort Steine von oben herabfallen, wird der Spieler explizit aufgefordert, sie in die Steinstruktur<br />

einzuordnen. Diese ständige Wiederholung von wenigen Herausforderungen bedeutet<br />

für den Spieler, dass er nicht ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert wird, sondern<br />

sich auf diese wenigen voll und ganz konzentrieren kann. Er muss sich also nur mit einer atomaren<br />

Herausforderung auseinandersetzen, die anderen Herausforderungen ergeben sich von selbst<br />

aus dem Spielaufbau. In dieser Einfachheit kann ein Motivationsaspekt von Tetris lokalisiert<br />

werden, da der Spieler sofort mit dem Spielen anfangen kann und nicht davor noch stundenlang<br />

das Spiel mit allen unterschiedlichen Herausforderungen erlernen muss. Gleichzeitig kann ein<br />

Spiel jedoch durch das Herabfallen zufälliger Steine sich völlig von anderen Tetrisspielen unter-<br />

38


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Abbildung 4.4: Die Herausforderungshierarchie von Tetris. Sie wird durch wenige verschiedene<br />

Herausforderungen gekennzeichnet, die sich ständig wiederholen.<br />

scheiden - die Herausforderungen, mit denen der Spieler konfrontiert wird, ändern sich jedoch<br />

als solche nicht. Somit wird mit wenigen Herausforderungen dennoch interessanter Spielinhalt<br />

erschaffen.<br />

Ein weiterer wichtiger Bestandteil von Tetris ist die Tatsache, dass die oberste Herausforderung,<br />

das Erreichen möglichst vieler Punkte, niemals vollständig erreicht werden kann, sondern<br />

immer nur möglichst gut beziehungsweise besser als bei den letzten Spieldurchläufen. Somit<br />

verbessert man das Spielergebnis, das Spiel an sich endet jedoch nie durch Erreichen einer Gewinnkondition.<br />

Durch die Aussicht auf einen besseren Punktestand als in früheren Spielen wird<br />

die Motivation, das Spiel immer wieder zu spielen, sehr hoch gehalten. In diesem Aspekt des<br />

Spiels kann ein weiterer wichtiger Motivationsaspekt gefunden werden.<br />

Die Fähigkeiten, die vom Spieler verlangt werden, betreffen ausschließlich die Reaktionszeiten<br />

unter Anspannung. Hätte der Spieler unendlich viel Zeit, könnte er jeden Stein optimal einordnen<br />

und somit die rechnerisch höchste Punktzahl erreichen. In der Praxis ist dies jedoch aufgrund<br />

der Tatsache, dass die Steine immer schnell herunterfallen, nicht möglich.<br />

39


4.4.2 Armadillo Run<br />

4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Das Spiel „Armadillo Run” besitzt, ähnlich wie Tetris, eine Levelstruktur. Der Spieler bewältigt<br />

Levels, um in die jeweils nächsthöheren Levels zu gelangen. Als oberste Herausforderung<br />

wird dem Spieler die Aufgabe gestellt, alle Levels erfolgreich zu absolvieren. Zunächst muss<br />

der Spieler ein Tutorial durchlaufen, in dem alle atomaren Herausforderungen des Spiels vorgestellt<br />

werden. Die Tutorial-Levels werden dabei immer komplexer und gleichen am Ende des<br />

Tutorials sehr einfachen normalen Levels des Spiels. In den Tutorial-Levels werden dem Spieler<br />

die zu erledigenden Aufgaben explizit textuell vorgegeben. Es wird genau beschrieben, was<br />

zu erledigen ist und der Spieler muss im Folgenden die beschriebenen Handlungen ausführen.<br />

Die Herausforderungsstruktur innerhalb der Tutoriallevels wird sukzessive komplexer. Im letzten<br />

Tutoriallevel ist sie äquivalent zu der eines jeden folgenden, normalen Spiellevels. Es müssen<br />

in jedem Level drei wichtige Herausforderungen bewältigt werden: Um ein Level überhaupt beenden<br />

zu können, muss das Gürteltier stets in die blaue Zone gebracht werden. Beim Erreichen<br />

dieses Ziels darf nur eine bestimmte Menge Geld ausgegeben werden. Des weiteren kann ein<br />

Level besonders gut beendet werden, indem möglichst viel Geld übrigbehalten wird. Auch hier<br />

kann also, ähnlich wie in Tetris, das Ergebnis optimiert werden. Allerdings kann gleichzeitig das<br />

ganze Spiel gewonnen werden, indem alle Levels absolviert werden. Die Möglichkeit zur Optimierung<br />

wird also auch hier zur Langzeitmotivation eingesetzt, ist allerdings nicht so essentiell<br />

wie in Tetris. Dies kann auch an der Tatsache belegt werden, dass die Optimierungsherausforderung<br />

nicht die oberste Herausforderung in der Herausforderungsstruktur ist, sondern wesentlich<br />

weiter unten angesiedelt ist als bei Tetris. Die Tatsache, dass hier das Spiel erfolgreich durch das<br />

Absolvieren aller Levels beendet werden kann, ist bei Armadillo Run ein Motivationskonzept.<br />

Der Spieler wird auch ein schwieriges Level erfolgreich beenden wollen, da er am Ende alle<br />

Level absolviert haben möchte.<br />

Die Möglichkeiten, mit denen ein Level gemeistert werden kann, sind vielfältig und verlangen<br />

vom Spieler ein hohes Maß an Kreativität. Zunächst wird vom Spieler verlangt, die Startkonfiguration<br />

eines Levels exakt zu analysieren und daraus Lösungsansätze abzuleiten. Bei diesen<br />

Lösungsansätzen müssen sowohl das zur Verfügung stehende Budget als auch die physikalischen<br />

Gesetze, die das Spiel implementiert, bedacht werden. Diese Ansätze werden dann in<br />

die Tat umgesetzt, wobei ein gewisses Maß an Geschick gefordert wird. Dabei steht jedoch<br />

unendlich viel Zeit zur Verfügung, was bedeutet, dass ausschließlich die intrinsischen Spielerfähigkeiten<br />

geprüft werden und nicht die Spielerfähigkeiten unter Anspannung. Ist der Spieler mit<br />

dem Umsetzen seines Lösungsansatzes fertig, kann er testen, ob der Lösungsansatz erfolgreich<br />

ist oder nicht. Ist er erfolglos, muss er allerdings keinerlei negativen Folgen fürchten, sondern<br />

kann seinen Ansatz editieren oder gänzlich neu mit dem Level anfangen. Dies ermöglicht ein<br />

experimentelles Verhalten, in dem der Spieler ständig eine Analyse-, Bau- und Testphase durchläuft.<br />

Diese Herausforderungsart, bei der keinerlei negative Konsequenzen gefürchtet werden<br />

müssen und auch frei experimentiert werden kann, ist ein wesentliches Motivationskonzept von<br />

Armadillo Run. Diese Eigenschaft der Konsequenzlosigkeit besitzen auch Spiele an sich: Sie<br />

haben keine negativen Konsequenzen für das echte Leben. Zwar kann man bei dieser Art von<br />

Herausforderungen auch scheitern, dieses Scheitern betrifft aber eher den persönlichen Ehrgeiz<br />

des Spielers. Diese Art der Herausforderung ist also ebenfalls motivierend.<br />

40


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Abbildung 4.5: Auszug aus der Herausforderungshierarchie von Armadillo Run. Zu erkennen<br />

sind die Levelstruktur und die immerwiederkehrenden Hauptaufgaben wie beispielsweise<br />

die Aufgabe „Bringe das Gürteltier in die blaue Zone“.<br />

4.4.3 Vampire: Bloodlines<br />

Im Vordergrund der Spielmechanik von Vampire: Bloodlines stehen Aufgaben, die der Spieler<br />

bewältigen muss. Solche Aufgaben werden bei Rollenspielen als Quest bezeichnet. Diese Aufgaben<br />

werden ihm von verschiedenen Nicht-Spieler-Charakteren aufgetragen, indem der Spieler<br />

mit diesen Charakteren spricht. Diese Aufgaben sind meistens sehr komplex und bestehen<br />

aus mehreren Unteraufgaben. Beispielsweise muss der Spieler im späteren Spielverlauf einen<br />

Gangsterboss töten. Um zu ihm zu gelangen, muss er zunächst ein Gebäude infiltrieren und mehrere<br />

Wachen ausschalten. Um dies zu bewerkstelligen, gibt es wiederum mehrere Möglichkeiten<br />

wie beispielsweise das Benutzen von Magie oder Schusswaffen. Oftmals gibt es für die Lösung<br />

einer Quest auch mehrere Möglichkeiten. Im Laufe des Spieles erkundet der Spieler vier Hauptgebiete,<br />

in denen er dann die Hauptquestreihe und mehrere Nebenquests, die nicht zwingend für<br />

41


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

das Bestehen des gesamten Spieles bewältigt werden müssen, vorantreiben muss. Neben diesen<br />

vier Hauptgebieten gibt es des Weiteren noch ein Tutorial, das den Spieler in die Steuerung und<br />

spielerischen Möglichkeiten einführt. Somit kann als oberste Herausforderung das Bestehen aller<br />

Quests festgestellt werden. Direkt darunter sind die Herausforderungen für das Absolvieren<br />

des Tutorials und der vier Hauptgebiete anzuordnen. Diese wiederum unterteilen sich in die konkreten<br />

Quests, die sich allerdings je nach Komplexität ebenfalls wieder verzweigen. Außerdem<br />

beinhaltet Vampire: Bloodlines viele unterschiedliche atomare Herausforderungen, die im Tutorial<br />

weitestgehend vorgestellt werden. Dazu gehören beispielsweise Kampf, Magie, Menschen<br />

aussaugen, mit anderen Charakteren Gespräche führen und viele mehr. Die Herausforderungen<br />

in Vampire: Bloodlines beinhalten teilweise Zeitdruck in den Kämpfen durch die Tatsache, dass<br />

die Gegner versuchen, den Spielercharakter auszuschalten.<br />

Daraus ergibt sich eine sehr verzweigte Herausforderungshierarchie, die die hohe Komplexität<br />

des Spiels visualisiert. Zwar wird immer wieder auf die atomaren Herausforderungen zurückgegriffen,<br />

diese werden aber so kombiniert, dass der Spieler ständig vor neue Herausforderungen<br />

gestellt wird, die es zu lösen gilt. Besonders interessant ist das Tutorial von Vampire: Bloodlines.<br />

Zu Anfang des Spieles findet der Spieler sich als gerade frisch entstandener Vampir mitten in<br />

der geheimen Vampirgesellschaft wieder und muss sich nun in dieser zurechtfinden. Dabei hilft<br />

ihm ein alter Vampir, der ihm verschiedene einfache Aufgaben gibt. Außerdem erklärt er die verschiedenen<br />

Vor- und Nachteile des Vampirlebens. Dieser Teil des Spieles ist deshalb interessant,<br />

weil er ein in das laufende Spiel eingebettetes Spieltutorial darstellt. Dadurch, dass das Tutorial<br />

eingebettet ist, wird der erzählten Geschichte und aufgebauten Atmosphäre kein Abbruch getan<br />

und der Spieler fühlt sich direkt in die Spielwelt eingebunden.<br />

42


4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Abbildung 4.6: Ein Auszug aus der Herausforderungshierarchie von Vampire: Bloodlines. Die<br />

Herausforderungshierarchie wurde zur Darstellung aufgrund <strong>ihrer</strong> Komplexität<br />

auf einen exemplarischen Auszug reduziert, der die wesentlichen Züge der Herausforderungen<br />

skizziert. Die Herausforderung wird durch Quests charakterisiert,<br />

die sich unterschiedlich komplex in Teilherausforderungen gliedern.<br />

4.5 Überblick über die <strong>Motivationskonzepte</strong><br />

Mit Hilfe der Erstellung von Herausforderungshierarchien wurden mehrere <strong>Motivationskonzepte</strong><br />

herausgearbeitet. Diese sollen noch einmal kurz in einem Überblick dargestellt werden:<br />

Der Tetris-Ansatz<br />

Motivation durch eine einfache Herausforderungsstruktur mit optimierbaren Herausforderungen:<br />

Der Spieler muss nicht lernen, auf welche Weise viele verschiedene Herausforderungen bezwungen<br />

werden können, sondern kann sich auf wenige konzentrieren. Der Einstieg in das Spiel<br />

ist schnell, einfach und unkompliziert. Dabei wird die Schwierigkeit in dem hier untersuchten<br />

Spiel Tetris durch Zeitdruck erzeugt. Weiterhin kann bei vielen Tetris-Implementationen das<br />

Spiel nicht endgültig bezwungen werden. Die Herausforderungen können nicht endgültig erfüllt<br />

werden, aber es können bessere Punktzahlen erreicht werden.<br />

43


Der Armadillo Run-Ansatz<br />

4 Untersuchung von Computerspielen<br />

Der Spieler kann durch Herumexperimentieren mögliche Lösungen für ein Level ausprobieren.<br />

Wenn er dabei eine Lösung erstellt, die keinen Erfolg hat, kann er das Level beliebig oft neu<br />

beginnen. Die Konsequenz beim Scheitern eines Levels ist also lediglich, dass das Level neu<br />

begonnen werden muss. Darüber hinaus sind die Herausforderungen optimierbar: Durch Kreativität<br />

können neue Lösungen erschlossen werden, bei denen mehr Budget übrigbleibt. Durch die<br />

Optimierungsmöglichkeit und das Ausprobieren neuer Lösungsansätze kann von einer relativ<br />

hohen Langzeitmotivation ausgegangen werden.<br />

Der Vampire-Ansatz<br />

Der Spieler möchte alle Levels eines Spieles absolvieren und wird durch die Aussicht auf das<br />

erfolgreiche Beenden einer Herausforderungsstruktur motiviert. Außerdem werden die Herausforderungen<br />

in eine greifbare Geschichte verpackt, die dem Spieler stets erklärt, warum er eine<br />

Herausforderung angehen soll und Hinweise darauf gibt, wie er die Herausforderung am besten<br />

absolvieren kann.<br />

44


5Kapitel 5<br />

Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Die in Kapitel 4 gefundenen <strong>Motivationskonzepte</strong> dienen nun als Grundlage für die Erstellung<br />

von drei prototypischen Schulungsspielen. Dabei wird zunächst das gewählte Vorgehen für die<br />

Umsetzung dieser Spiele erläutert. Danach wird ein Verfahren entwickelt, mit dem Herausforderungshierarchien<br />

in Klassendiagramme überführt werden können. Diese Vorgehensweise wird<br />

dann verwendet, um Konzepte für drei prototypische Schulungsspiele zu erstellen. Diese Konzepte<br />

werden danach verfeinert und die Implementation der Ansätze beschrieben.<br />

5.1 Vorgehen bei der Umsetzung der Prototypen<br />

Die Analyse von Tetris, Armadillo Run und Vampire: Bloodlines ergab jeweils eine Herausforderungshierarchie.<br />

Diese Hierarchien bilden den Aufbau der Herausforderungen eines Computerspiels<br />

ab und können als Grundlage für die Umsetzung von Spielen, die auf dasselbe Motivationskonzept<br />

wie das untersuchte Spiel zurückgreifen soll, dienen. Dabei kann zum einen<br />

der Gesamtaufbau der Hierarchie als Grundlage genutzt werden, zum anderen können einzelne<br />

Herausforderungen aus den untersuchten Spielen übernommen werden. Wenn die Herausforderungshierarchien<br />

sich stark in Bezug auf Zeitdruck, Grundaufbau und Art der Herausforderungen<br />

ähneln, ist davon auszugehen, dass die <strong>Motivationskonzepte</strong> bei der Übertragung einer<br />

Herausforderungshierarchie auf eine neue Hierarchie erhalten bleiben. Durch die Untersuchung<br />

der Spiele Tetris, Armadillo Run und Vampire: Bloodlines ergaben sich drei <strong>Motivationskonzepte</strong>,<br />

die durch die erstellten graphischen Herausforderungshierarchien beschrieben werden.<br />

Diese Herausforderungshierarchien sollen nun als Grundlage zur Erstellung von drei prototypischen<br />

Spielen genutzt werden. Somit benutzen die umgesetzten Prototypen die herausgearbeiteten<br />

<strong>Motivationskonzepte</strong> für die Motivation <strong>ihrer</strong> Spieler und erlauben eine gegenüberstellende<br />

Evaluation. Um den technischen Aufwand der Umsetzung in Grenzen zu halten und dabei<br />

gleichzeitig die Konzepte nicht grob zu verändern, empfiehlt sich bei der Übertragung gleichzeitig<br />

eine Vereinfachung. So müsste bei der Umsetzung eines modernen Rollenspieles in einer<br />

großen virtuellen Welt wie bei Vampire: Bloodlines ein großer künstlerischer und technischer<br />

Aufwand betrieben werden. Bei einer solchen Vereinfachung dürfen die motivationalen Aspekte<br />

allerdings nicht verlorengehen.<br />

45


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, dürfen bei der Übertragung die überwiegende Art der Herausforderungen,<br />

das Vorhandensein von Zeitdruck und die Präsentationsart einer Herausforderung<br />

(explizit oder implizit) nicht geändert werden. Hinsichtlich der Vereinfachung von Herausforderungshierarchien<br />

empfiehlt es sich, eine Herausforderung, die in mehrere andere Herausforderungen<br />

unterteilt ist, genau dann zusammenzufassen, wenn diese nur aus Herausforderungen<br />

eines Typs bestehen und alle Teilherausforderungen entweder intrinsisch schwierig sind oder ihre<br />

Schwierigkeit durch Anspannung, also Zeitdruck, erzeugen. Herausforderungen, die aus unterschiedlichen<br />

Teilherausforderungen bestehen, sollten nicht zusammengefasst werden, da das<br />

Motivationskonzept so verfälscht werden könnte. Weiterhin können Herausforderungen, die in<br />

einer sehr ähnlichen Form in einem früheren Spielstadium auftraten, so vereinfacht werden, dass<br />

die Ähnlichkeit mit den zuvor aufgetretenen Herausforderungen sehr hoch ist. Dieses Vorgehen<br />

stellt vor allem <strong>hinsichtlich</strong> der Implementierung eine Vereinfachung dar. Aus den drei Herausforderungshierarchien<br />

der untersuchten Spiele Tetris, Armadillo Run und Vampire: Bloodlines<br />

werden nun Herausforderungshierarchien und Konzepte für drei prototypische Spiele entwickelt.<br />

Dabei wird darauf geachtet, dass die Umsetzung der <strong>Motivationskonzepte</strong> sich möglichst stark<br />

auf den Kontext der industriellen Anlage bezieht.<br />

Abbildung 5.1: Die virtualisierte Version der SmA. Diese Version diente als Ausgangspunkt für<br />

die Entwicklung der Prototypen.<br />

Für die Umsetzung der Prototypen wurde die Trinigy Vision Game Engine benutzt. Diese bietet<br />

eine große Menge an spielrelevanten Funktionen in Bibliotheken für C++. Dabei werden<br />

Funktionalitäten für Grafik, Sound, Eingabe, Physik, Benutzeroberfläche und Verwaltung der<br />

46


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Spielmechanik zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe dieser Game Engine wurde eine begehbare<br />

virtualisierte Version der SmA von Stefan Rilling an der Universität Koblenz erstellt. Diese<br />

virtualisierte Version beinhaltet ein detailliertes Anlagenmodell sowie die Simulation der Anlagenfunktionen<br />

und diente für die vorliegende Arbeit als Ausgangspunkt für die Entwicklung der<br />

Prototypen. Des Weiteren wurde für die Spielfigur des Gnomen ein an der Universität Koblenz<br />

in der Arbeitsgruppe Computergrafik vorhandenes Modell verwendet, das von Gerrit Lochmann<br />

an der Universität Koblenz für die vorliegende Arbeit animiert worden ist.<br />

Die Umsetzung der Spielmechanik verlagert sich auf zwei Hauptelemente. Zum einen müssen<br />

Datenstrukturen zur Erfassung von spielrelevanten Daten erstellt werden. Dazu zählen beispielsweise<br />

Datenstrukturen für Levels, Herausforderungen oder zu erreichende Flächen. Diese Datenstrukturen<br />

werden in den verschiedenen Ansätzen unterschiedlich umgesetzt und genutzt. Sie<br />

können aus den Herausforderungshierarchien und den daraus entstandenen Klassendiagrammen<br />

entwickelt werden. Zum anderen müssen Aktionen des Spielers verarbeitet werden und Aktionen<br />

der Spielmechanik für den Spieler dargestellt werden. Dies wird in der Mainloop der Trinigy<br />

Game Engine umgesetzt. Die Struktur eines mit dieser Game Engine entwickelten Programms<br />

beinhaltet Methoden zur Abfrage von Tastatur- und Mauseingaben, Aktualisierung der Grafik<br />

sowie der Physik. Um die Spielmechanik eines Spiels zu aktualisieren, wurden die Spiele mit<br />

Methoden ausgestattet, die den aktuellen Status des Spieles abfragen. Diese Methoden werden in<br />

der Mainloop des Hauptprogramms aufgerufen und dann entsprechend dem Zustand des Spiels<br />

in Informationen audiovisuell umgesetzt.<br />

Abbildung 5.2: Als Spielfigur diente ein an der Universität Koblenz vorhandenes animiertes Modell<br />

eines Gnomen.<br />

47


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Bei der Umsetzung wurden Funktionalitäten, die in mehr als nur einem Prototypen gebraucht<br />

wurden, so konzipiert, dass sie in allen drei Prototypen unverändert eingesetzt werden konnten.<br />

Dazu gehört beispielsweise der Timer, der einen beliebigen Countdown verwalten kann. Dies<br />

ist für Spielereignisse nach einer bestimmten Zeit oder auch die Einblendung von Text für eine<br />

bestimmte Zeit wichtig. Weiterhin wurde ein ValueManager konzipiert, der beliebige Werte wie<br />

Punkte oder Geld verwalten kann. Diese Datenstrukturen wurden nicht aus den Herausforderungshierarchien<br />

hergeleitet, sondern stellen Helferklassen dar, deren Notwendigkeit in Iterationsschritten<br />

nach der Erstellung erster Konzepte aus den Herausforderungshierarchien offenbar<br />

wurde.<br />

5.2 Überführung von Herausforderungshierarchien in<br />

Klassendiagramme<br />

Wurde ein Spiel formal <strong>hinsichtlich</strong> der Herausforderungen untersucht, so ist es möglich, grundlegende<br />

softwaretechnische Konzepte aus dieser Untersuchung zu entwickeln. Diese Konzepte<br />

müssen in nachfolgenden Iterationen verfeinert werden. Um die zu erstellenden Prototypen<br />

konzeptionalisieren zu können, wurde ein Verfahren zu der formalen Herleitung von softwaretechnischen<br />

Konzepten aus den Analyseergebnissen entwickelt. Aus einer Herausforderungshierarchie<br />

kann zunächst ein Klassendiagramm abgeleitet werden. Dazu müssen zunächst die<br />

Herausforderungen, die ähnlich einer früheren Herausforderung sind, untersucht werden. Diese<br />

Ähnlichkeit wird bei korrekter Erstellung der Herausforderungshierarchie in eine Zusammenfassung<br />

dieser Herausforderungen in einer Klasse münden. Die Ausprägung dieser Klasse muss die<br />

zusammengefassten Herausforderungen darstellen können. Sind in der Hierarchie weiter oben<br />

liegende Herausforderungen ähnlich zu vorhergegangenen und setzen sich diese aus jeweils unterschiedlichen<br />

Teilherausforderungen zusammen, so können die oben liegenden Herausforderungen<br />

zu einer Klasse zusammengefasst werden, von der weitere Klassen, welche die in der<br />

Hierarchie tiefer liegenden Herausforderungen beschreiben, abgeleitet werden. Die oberste Herausforderung<br />

bildet bei dieser Herleitung die Hauptklasse für die Spielmechanik, da alle anderen<br />

entstehenden Klassen in direkter oder indirekter Assoziation mit dieser Klasse stehen. Indirekte<br />

Assoziation bedeutet hier, dass zwei Klassen nicht direkt miteinander verbunden sind, sondern<br />

über eine oder mehrere dazwischenliegende Klassen. Diese Hauptklasse hat somit Zugriff auf<br />

den gesamten Teil der Spielmechanik, der durch die Herausforderungen repräsentiert wird.<br />

48


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.3: Herleitung einer Klassendiagramms aus einer Herausforderungshierarchie. Da<br />

die Herausforderung 1 offenbar mehrere Herausforderungen, die sich ähnlich<br />

sein können, besitzt, wurde aus Herausforderung 1 eine Klasse „Challengetype_1“<br />

erstellt und die Herausforderungen 2 und 3 zu einer Klasse „Challengetype_2“<br />

zusammengefasst. Die beiden Klassen wurden mit einer Assoziation<br />

verbunden.<br />

Sind die unterteilenden Herausforderungen einer Herausforderung jedoch nicht ähnlich zueinander,<br />

wird für jede Herausforderung eine eigene Klasse erstellt. Die Klasse der darüber liegenden<br />

Herausforderung wird mit diesen Klassen assoziiert. Dabei empfiehlt es sich, die Multiplizitäten<br />

der Assoziation nicht direkt aus der Herausforderungshierarchie abzuleiten, da so mit Klassen<br />

eine Struktur auf Instanzenebene beschrieben würde. Würden Multiplizitäten nämlich direkt aus<br />

der Herausforderungshierarchie abgelesen, würde jede Herausforderung in eine Klasse umgesetzt<br />

und mit einer Assoziation mit der Multiplizität 1 an beiden Seiten beschrieben. Stattdessen<br />

sollte berücksichtigt werden, dass es immer sein könnte, dass eine weitere Herausforderung<br />

ähnlich zu einer modellierten Herausforderung ist, aber beispielsweise aus einer Teilherausforderung<br />

mehr als die soeben modellierte Herausforderung besteht. Diese könnte alsor konkret anders<br />

aussehen und würde in diesem Fall eine Instanz der soeben modellierten Klasse darstellen.<br />

Somit ergibt sich, dass die Assoziationen auf Seiten der weiter unten in der Herausforderungshierarchie<br />

liegenden Herausforderungen mit * markiert werden sollten. Diese Assoziation kann<br />

mit einer Collection wie beispielsweise einem Vector umgesetzt werden.<br />

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5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.4: Eine Herausforderung, die sich in unterschiedliche, nicht ähnliche Herausforderungen<br />

unterteilt, kann in ein Klassendiagramm durch die Modellierung einer<br />

Klasse „Challengetype_1“ überführt werden. Die weiter unten liegenden Herausforderungen<br />

werden in jeweils eine Klasse überführt. Weiterhin wird mit<br />

Hilfe von Assoziationen die Tatsache modelliert, dass eine Herausforderung des<br />

Typs „Challengetype_1“ unter Umständen jeweils mehrere Herausforderungen<br />

der Typen „Challengetype_2“ und „Challengetype_3“ besitzen kann.<br />

Eine Herausforderung gilt dann als erfüllt, wenn alle Teilherausforderungen, aus denen sie sich<br />

zusammensetzt, erfüllt sind. Somit empfiehlt es sich, jeder modellierten Klasse eine Membervariable<br />

hinzuzufügen, die die Information, ob die Herausforderung erfüllt ist oder nicht, modelliert.<br />

Weiterhin ist es oft wichtig, die Information, ob eine Herausforderung überhaupt noch<br />

erfüllt werden kann, zu speichern. Dies kann beispielsweise wichtig sein, wenn eine Herausforderung<br />

scheitern kann und der Spieler im Falle des Scheiterns die Herausforderung neu starten<br />

können soll. Auch dies kann mit einer Membervariable modelliert werden. Denkbar ist aber<br />

auch die Modellierung einer Datenstruktur für die Speicherung eines Herausforderungszustandes.<br />

Kann zu einem Zeitpunkt nur eine bestimmte Herausforderung aktiv sein, so kann die jeweils<br />

aktive Herausforderung mittels eines Pointers auf die Position der aktuellen Herausforderung<br />

in der Collection, in der die Herausforderungen gespeichert werden, beschrieben werden.<br />

Können mehrere Herausforderungen gleichzeitig aktiv sein, kann dies mit einer Collection, die<br />

die Pointer auf alle aktiven Herausforderungen beinhaltet, verwaltet werden.<br />

Die Umsetzung atomarer Herausforderungen ist schwieriger, da diese direkte Aktionen des Spielers<br />

beinhalten wie beispielsweise „Drehe einen Schalter“. Würde dies wie bisher beschrieben<br />

in eine Klasse umgesetzt, wäre die Aktion des Spielers noch nicht umgesetzt. Deshalb sollten<br />

atomare Herausforderungen nicht in Klassen übersetzt werden, sondern in direkte Aktionen, die<br />

Auswirkungen auf Instanzen von Herausforderungsklassen besitzen. Atomare Herausforderungen<br />

müssen also durch Eingaben des Benutzers, die Ereignisse in der Spielmechanik auslösen,<br />

umgesetzt werden. Nach dem Erstellen eines ersten Konzeptes ist es nötig, die erstellten Klas-<br />

50


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

sendiagramme zu verfeinern. So kann es beispielsweise nötig werden, Helferklassen, die weitere<br />

Informationen beinhalten, zu implementieren oder Datenstrukturen für die Speicherung von<br />

Spielinformationen. Dabei müssen vor allem die Kommunikationsschnittstellen der verschiedenen<br />

Spielmechanikelemente geplant werden. Somit legt die Übertragung von Herausforderungshierarchien<br />

in Klassendiagramme die Grundlage für ein Konzept, das dann noch weiter<br />

verfeinert werden muss.<br />

5.3 Spiel 1: SmAshingGnome<br />

Die Herausforderungshierarchie von Tetris wird dadurch gekennzeichnet, dass sich Herausforderungen<br />

ständig wiederholen: Der Spieler muss immer wieder vollständige Steinreihen bilden<br />

und dazu muss er immer wieder Steine in die Steinstruktur einordnen. Außerdem sind die Herausforderungen<br />

von Tetris nicht intrinsisch schwierig, sondern werden erst dadurch schwierig,<br />

dass der Spieler unter Zeitdruck steht. Dieser Zeitdruck wird ständig während des Fortschreitens<br />

in der Levelstruktur des Spiels ständig gesteigert. Dieses Konzept sehr weniger Herausforderungen<br />

mit Zeitdruck, die immer wiederkehren und damit einen sehr einfachen Einstieg in das<br />

Spiel erlauben, soll die Grundlage für eines der drei prototypischen Spiele legen. Spielidee des<br />

Spiels ist, dass der Spieler unter Zeitdruck verhindern muss, dass eine Industrieanlage Stück<br />

für Stück abgeschaltet wird. Dazu muss der Spieler sich ständig um die Anlage bewegen und<br />

beobachten, welcher Anlagenteil ausgeschaltet ist und diesen mit Hilfe des Schalters des Anlagenteils<br />

wieder einschalten. Dabei versucht gleichzeitig ein Gnom, die Anlagenteile schneller<br />

auszuschalten als es dem Spieler möglich ist, sie wieder einzuschalten. Somit wird die atomare<br />

Herausforderung „Ordne einen Stein in die Steinstruktur“ zu der atomaren Herausforderung<br />

„Schalte eine Anlage wieder ein“. Statt eine günstige Steinstruktur zu erstellen muss der Spieler<br />

einen möglichst günstigen Weg um die Anlage finden, so dass er möglichst viele Anlagenteile<br />

mit möglichst wenig Aufwand wieder einschalten kann. Der Gnom hingegen wird, genau wie<br />

bei Tetris die herabfallenden Steine, mit jedem Level schneller. Der Spieler gerät also in immer<br />

größer werdende zeitliche Bedrängnis bis er schließlich keine Chance mehr hat, zeitlich<br />

mitzuhalten. Letzten Endes verliert der Spieler also genau genommen immer, er kann aber die<br />

Zeitspanne bis zum Verlieren maximieren und erhält dadurch eine möglichst hohe Punktzahl.<br />

Um für fortgeschrittenere Spieler die Möglichkeit bieten zu können, besser abzuschneiden, wird<br />

dem Spieler eine Liste der Anlagenteile präsentiert und in dieser Liste deutlich gemacht, welche<br />

Anlagenteile momentan eingeschaltet werden müssen und welche eingeschaltet sind. Obwohl<br />

das Spiel nicht unter didaktischen Merkmalen entwickelt wird, kann der Spieler auf diese Weise<br />

den Aufbau der Anlage kennenlernen. Außerdem lernt er so, mit welchem Schalter welcher Anlagenteil<br />

eingeschaltet werden kann. Um die Visualisierung möglichst interessant zu gestalten<br />

und möglichst nahe an der Idee zu bleiben, richtige Spiele zu entwickeln, schaltet der Gnom<br />

Anlagenteile nicht einfach aus, sondern zerstört diese. Ein zerstörter Anlagenteil brennt und der<br />

Schalter, mit dem er wieder eingeschaltet werden kann, beginnt, Funken zu sprühen. Um die<br />

Nähe dieses Ansatzes zu der untersuchten Tetris-Implementation „Gnometris“ zu verdeutlichen,<br />

wurde für ihn der Name „SmAshingGnome“ gewählt.<br />

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5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.5: Auszug aus der Herausforderungshierarchie für den ersten Prototyp:<br />

SmAshingGnome.<br />

Für die Umsetzung dieses Konzepts wird die erstellte Herausforderungshierarchie von SmAshingGnome<br />

nun in ein Klassendiagramm überführt, das der Implementierung zu Grunde gelegt<br />

wird. In diesem Konzept wurden die Herausforderungen wie in 5.2 beschrieben in Klassen überführt,<br />

die mit Assoziationen verbunden sind. In der Herausforderungshierarchie für SmAshing-<br />

Gnome gibt es drei primäre Ebenen: Die oberste Herausforderung formuliert das Ziel, möglichst<br />

viele Punkte zu erreichen und kann deshalb in eine Hauptklasse für das Spiel überführt werden.<br />

Diese oberste Herausforderungs besteht aus Levels als Teilherausforderungen. Somit entsteht<br />

eine Klasse „Level“. Da ein SmAshingGnome-Spiel beliebig viele Levels besitzen kann, wird<br />

zwischen den beiden hergeleiteten Klassen eine entsprechende Assoziation eingefügt. Die Herausforderungen,<br />

jeweils einen möglichst effizienten Weg um die Anlage zu finden und zerstörte<br />

Anlagenteile wieder einzuschalten, können zusammengefasst werden, da für die Modellierung<br />

dieser Herausforderungen einzig die Information wichtig ist, welche Anlagenteile von dem<br />

Gnom zerstört werden. Die Klasse „Level“ kann in einer Verfeinerungsiteration weggelassen<br />

werden, da ein Level von SmAshingGnome lediglich die Geschwindigkeit, in der Anlagenteile<br />

ausgeschaltet werden, und die Punktmenge, die der Spieler für das Einschalten von Anlagenteilen<br />

erhält, beeinflusst. Diese spielmechanischen Vorgänge können sehr gut in der Hauptklasse<br />

52


des Prototypen verwaltet werden.<br />

5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.6: Herleitung eines ersten Klassendiagramms aus der Herausforderungshierarchie<br />

für SmAshingGnome.<br />

Es macht Sinn, die Spielmechanik zentral verwalten zu lassen. Dazu wurde zunächst eine Klasse<br />

„SmAshingGnome“ modelliert. Die Herausforderungen „Finde einen möglichst effizienten<br />

Weg zu einer ausgeschalteten Station“ und „Schalte eine Anlage wieder ein“ können zu einer<br />

Klasse zusammengefasst werden, deren Ausprägung alle per Zufall erzeugten Herausforderungen<br />

speichert. Dazu ist es wichtig, zu speichern, welche Station als nächstes ausgeschaltet wird.<br />

Auf diese Information kann die Spielmechanik dann zugreifen und die Informationen können im<br />

Spiel dargestellt werden. Der aktuelle Status der acht Stationen wird in einem Bool-Array in der<br />

Klasse „SmAshingGnome“ verwaltet. Die Station, die als nächstes ausgeschaltet wird, wird von<br />

der Spielmechanik mit Hilfe des „RandomGenerator“ bestimmt. Daraus wird eine neue Herausforderung<br />

erstellt und der Status der entsprechenden Station in dem Array stationState geändert.<br />

Um die erreichte Punktzahl verwalten zu können, wurde die Klasse „ValueManager“ hinzugefügt.<br />

Da manche Ereignisse wie beispielsweise der Levelwechsel oder der Beginn der Animation<br />

des Roboters, der Flaschen auf die Anlage stellt, zeitbasiert ablaufen, kann die Klasse „SmAshingGnome“<br />

eine beliebige Ausprägung der Klasse „Timer“ verwalten. Das Hauptprogramm<br />

(SmAApplication) kann nun in der Hauptschleife auf eine Instanz von SmAshingGnome zugreifen<br />

und aktualisierte Informationen visualisieren bzw. die Information, dass ein Anlagenteil<br />

wieder eingeschaltet worden ist, an diese Instanz übergeben.<br />

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5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.7: Klassendiagramm für SmAshingGnome.<br />

Für die Visualisierung ausgeschalteter Anlagenteile wurde das Partikelsystem des Trinigy Vision<br />

SDK benutzt. Ausgeschaltete Anlagenteile beginnen zu brennen und Rauch steigt auf. Der<br />

Schalter, auf den geklickt werden muss, um den entsprechenden Anlagenteil wieder einzuschalten,<br />

beginnt, Funken zu sprühen. Außerdem wird dem Spieler Feedback durch Geräusche gegeben:<br />

Beginnt ein Anlagenteil zu brennen, wird dies mit einem dreidimensionalen Geräusch<br />

dargestellt. Wird ein Anlagenteil eingeschaltet, dreht sich der entsprechende Schalter wieder in<br />

die richtige Position, der Anlagenteil hört auf zu brennen und der Spieler erhält eine Bestätigung<br />

durch ein Geräusch sowie durch einen eingeblendeten Hinweis, dass der Anlagenteil repariert<br />

wurde. Um den Zeitdruck zu verdeutlichen, wurde als Hintergrundmusik eine rockigere Musik<br />

gewählt, die dem Soundtrack zu 3D-Mark 2000 entnommen wurde.<br />

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5.4 Spiel 2: SmArmadilloGnome<br />

5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.8: Spielszene aus SmAshingGnome.<br />

Die Herausforderungshierarchie von Armadillo Run wird dadurch gekennzeichnet, dass es eine<br />

Levelstruktur gibt, in der immer das gleiche Ziel, nämlich das Gürteltier in die blaue Zone zu<br />

bringen, erreicht werden muss. Dieses Ziel kann unterschiedlich gut erfüllt werden: Besonders<br />

geschickte Lösungen gehen mit dem in einem Level zur Verfügung stehenden Geld sparsam um<br />

und erlauben es dem Gürteltier trotzdem, zu seinem Ziel zu gelangen. Außerdem kann jedes<br />

Level beliebig oft wiederholt werden, bis es bestanden ist. Diese grundlegenden Merkmale der<br />

Herausforderungshierarchie sollen nun die Grundlage für den zweiten Prototyp bilden. Der Prototyp<br />

soll also eine Levelstruktur besitzen, bei der beliebig oft versucht werden können soll, ein<br />

Level zu bestehen. Außerdem soll die Lösung eines Levels optimierbar sein. Aus diesen Grundlagen<br />

ist das Spiel „SmArmadilloGnome“ entstanden, dessen Name eine Hommage an das zu<br />

Grunde liegende Spiel Armadillo Run ist. In diesem Spiel muss der Spieler einen Weg für den<br />

Gnom planen, der es diesem Gnom erlaubt, die gesamte SmA-Anlage auszuschalten. Dazu muss<br />

der Spieler Wegpunkte für den Gnom setzen, die der Gnom abläuft. Dabei muss er blaue Flächen<br />

überlaufen, die grün werden, wenn der Gnom darübergelaufen ist. Das Laufen über eine solche<br />

Fläche bewirkt das Ausschalten eines Anlagenteils. Dabei steht in jedem Level jedoch nur eine<br />

beschränkte Gesamtweglänge zur Verfügung. Wird diese überschritten, ist das aktuelle Level<br />

gescheitert und muss erneut versucht werden. Dem Spieler wird diese Gesamtweglänge angezeigt<br />

und ebenfalls die Weglänge seines momentan gebauten Weges. Somit kann er einsehen,<br />

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5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.9: Die Herausforderungshierarchie für SmArmadilloGnome.<br />

wie gut seine Lösung ist. Durch die enge Verwandtschaft zwischen Armadillo Run und SmArmadilloGnome<br />

kann die Herausforderungshierarchie von SmArmadilloGnome ähnlich wie die<br />

von SmAshingGnome direkt aus der des Vorbildes entwickelt werden. Die oberste Herausforderung<br />

ist dabei die gleiche wie in Armadillo Run: Es sind alle Levels zu absolvieren. Jedes<br />

Level besteht in erster Linie aus einer Herausforderung, die direkt mit dem Bestehen des Levels<br />

verknüpft ist. Diese Herausforderung besteht darin, eine Route zu erstellen, bei der der Gnom<br />

alle blauen Flächen berührt. Außerdem darf die Maximalweglänge nicht überschritten werden.<br />

Die Herausforderung, das Gürteltier in die blaue Zone zu bringen, wird also transformiert in die<br />

Herausforderung, alle blauen Flächen zu überlaufen. Die Herausforderung, das zur Verfügung<br />

stehende Geldbudget nicht zu überschreiten, wird zu der Herausforderung, die maximale Gesamtweglänge<br />

nicht zu überschreiten. Die vielen Möglichkeiten von Armadillo Run, dem Gürteltier<br />

den Weg in die blaue Zone zu ermöglichen, werden vereinfacht und zusammengefasst zu<br />

der Herausforderung, immer den nächsten Wegpunkt zu setzen, der die Gesamtweglänge nicht<br />

zu lange werden lässt und den Weg nicht über ein rotes Gebiet führt. Dabei wird dem Spieler<br />

stets die maximal erlaubte Gesamtweglänge, die Weglänge des aktuell erstellten Weges und der<br />

Status der verschiedenen Stationen präsentiert. Auf diese Art können Gesamtaufbau der Anlage,<br />

Größenverhältnisse sowie die Position der einzelnen Stationen gelernt werden.<br />

Um die Herausforderungshierarchie in ein Klassendiagramm zu überführen, wurde aus der obersten<br />

Herausforderung „Absolviere alle Level“ eine Hauptklasse erstellt. Da diese oberste Herausforderung<br />

aus Teilherausforderungen, nämlich den Levels, besteht, wurde eine enstrepchende<br />

Klasse „Level“ erstellt, die durch eine Assoziation mit der Hasuptklasse verbunden ist. Diese<br />

Klasse kann beliebig viele Level verwalten, die <strong>ihrer</strong>seits wieder komplett nach den Wünschen<br />

des Erstellers gestaltet werden können. Diese beiden Klassen können direkt aus der Herausfor-<br />

56


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.10: Herleitung eines ersten Klassendiagramms aus der Herausforderungshierarchie<br />

für SmArmadilloGnome. Zur größeren Übersichtlichkeit wurden sich wiederholende<br />

Herausforderungen weggelassen.<br />

derungshierarchie abgelesen werden. Darüber hinaus müssen Helferklassen erstellt werden, die<br />

für das Spiel wichtige Informationen verwalten. Besonders zu betretende oder zu vermeidende<br />

Flächen spielen in SmArmadilloGnome eine große Rolle und müssen daher durch eine eigene<br />

Datenstruktur repräsentiert werden.<br />

Ein Level besitzt mehrere Arten von Flächen (areas). Während manche Flächen überlaufen werden<br />

müssen, um das Level zu beenden, geben andere Flächen die Gebiete an, die nicht überschritten<br />

werden dürfen. Diese Gebiete können beispielsweise Hindernisse oder die Anlage<br />

selbst sein. Jedes Level kann beliebig viele und in <strong>ihrer</strong> Form und Größe beliebige Flächen besitzen.<br />

In jeder Instanz der Klasse Level wird gespeichert, welche Flächen bereits besucht worden<br />

sind. Somit liegt in jedem Level die Information vor, welche der zu besuchenden Flächen bereits<br />

besucht worden ist. Sind alle zu besuchenden Flächen besucht, ist das Level bestanden. Dazu<br />

fragt die Instanz von SmArmadilloGnome mit Hilfe der Methode „isActualLevelFullfilled“ in<br />

jedem Mainloop-Durchlauf, ob die Bedingung für das Bestehen des aktuellen Levels erfüllt ist.<br />

Ist dies der Fall und gibt es ein nächstes Level, werden die Informationen des nächsten Levels<br />

geladen und dargestellt, der Gnom an die vom Level vorgegebene Startposition gesetzt und<br />

die Kamera an ihre Startposition transponiert. Die Kamera ist zu Beginn eines Levels initial in<br />

Richtung des Gnomen orientiert. Weiterhin wird in jedem Mainloop-Durchlauf überprüft, ob<br />

sich der Gnom an einer unerlaubten Position befindet. Ist dies der Fall, muss das Level neu gestartet<br />

werden. Ist ein Level geschafft oder gescheitert, muss der Spieler die Leertaste drücken,<br />

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5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.11: Das Klassendiagramm für SmArmadilloGnome.<br />

um entweder das Level im Falle des Scheiterns zurückzusetzen und neu zu beginnen oder im<br />

Falle des Bestehens das nächste Level zu starten. Am Ende eines Levels wird dem Spieler die<br />

verbrauchte Weglänge noch einmal angezeigt.<br />

Einer Instanz von SmArmadilloGnome können beliebig viele Level hinzugefügt werden. Bei jedem<br />

Level müssen gewisse Pflichtangaben wie Startposition des Gnomen, Startposition der Kamera,<br />

sowie zu überlaufende und zu vermeidende Flächen angegeben werden. Die Umsetzung<br />

der Levelstruktur mit konkreten Angaben über den Aufbau der Level, also den verschiedenen<br />

Flächen, der zur Verfügung stehenden maximalen Gesamtweglänge und der Startpositionen von<br />

Spielfigur und Kamera erfolgte im Quellcode. Durch die einfache Möglichkeit, beliebig viele<br />

Levels hinzuzufügen, wäre jedoch auch die zukünftige Umsetzung eines Leveleditors denkbar.<br />

Die Spielmechanik kann eine beliebige Anzahl an Levels und innerhalb jedes Levels eine beliebige<br />

Anzahl an Flächen verwalten. Dabei werden Scheiter- und Gewinnkonditionen eines<br />

beliebigen Levels überprüft. Für die Evaluation wurden insgesamt elf Levels umgesetzt.<br />

Bei der Darstellung der Spielinformationen wurde auf eine intuitive Farbkodierung zurückgegriffen.<br />

Die Flächen, die nicht betreten werden dürfen, werden rot dargestellt, die zu betretenden<br />

dagegen blau. Überläuft der Gnom eine blaue Fläche, wird sie grün. Die Flächen werden dabei<br />

als transparente Polygone umgesetzt, die sich auf dem Boden des Raumes befinden. Die gesetzten<br />

Wegpunkte werden als grüne Kreise dargestellt, die mit einer grünen Linie verbunden<br />

werden. Somit ist der bereits abgelaufene Weg in einem Level jeweils ersichtlich. Die Benutzeroberfläche<br />

unterteilt sich in zwei Elemente. So werden in der rechten oberen Ecke das aktuelle<br />

Level, die maximal erlaubte Gesamtweglänge und die aktuelle Gesamtweglänge angezeigt.<br />

Rechts unten findet sich die Angabe über den Status der Stationen wieder. Dabei wird eine Liste<br />

aller Anlagenteile präsentiert und die bereits ausgeschalteten Anlagenteile in grüner Schrift<br />

dargestellt, während noch auszuschaltende Anlagenteile rot eingefärbt sind.<br />

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5.5 Spiel 3: SmAmpire<br />

5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.12: Spielszene aus SmArmadilloGnome.<br />

Bei der Analyse von Vampire: Bloodlines ergab sich eine komplexe Herausforderungshierarchie<br />

mit vielen unterschiedlichen Herausforderungen, die oft auf komplexe Art wieder aus anderen<br />

Herausforderungen bestanden. Aus diesem Spielansatz wurde ein dritter Ansatz für einen Prototypen<br />

abgeleitet. Dabei war eine <strong>hinsichtlich</strong> des <strong>Motivationskonzepte</strong>s weitestgehend verlustfreie<br />

Vereinfachung der komplexen Herausforderungshierarchie von Vampire wichtig. Vor allem<br />

die Einführung in Vampire, in der der Vampir Jack einem die verschiedenen Möglichkeiten des<br />

Spiels beibringt, kann für die Umsetzung herangezogen werden, da dem Spieler klare Instruktionen<br />

gegeben werden, die er umsetzen muss. Außerdem lernt er in dieser Phase extrem viel<br />

über Spielwelt und Spielmechanik. Durch diese Überlegung entstand das Konzept eines Spieles,<br />

das ebenfalls einen Tutor beinhalten sollte. Dieser Tutor sollte dem Spieler Aufgaben rund<br />

um die SmA-Anlage geben. Da die Herausforderungen in Vampire: Bloodlines teilweise eine<br />

intrinsische Schwierigkeit besitzen, aber teilweise auch ihre Schwierigkeit durch Anspannung<br />

erzeugen, liegt es nahe, dieses Konzept unterschiedlicher Schwierigkeitsarten in den Prototyp<br />

zu übernehmen. Dass die Abwechslung von ruhigeren und anspannenderen Spielphasen Motivation<br />

erzeugt, wird in [Hon] festgestellt. Somit kann die oberste Herausforderung, nämlich alle<br />

Quests zu lösen, unmittelbar aus der Herausforderungshierarchie von Vampire: Bloodlines abgeleitet<br />

werden. Diese Herausforderung setzt sich aus mehreren Herausforderungen zusammen,<br />

die jeweils eine Quest darstellen. Diese Quests bestehen daraus, eine oder mehrere Stationen der<br />

59


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

SmA-Anlage in einer vorgegebenen Reihenfolge auszuschalten. Dazu übernimmt der Spieler<br />

selbst die Rolle eines Gnomen aus der Ego-Perspektive. Er erhält die Quests von einem Tutorgnom.<br />

Diesen kann der Spieler ansprechen und erhält einen Aufgabentext, in dem alle wichtigen<br />

Informationen zu der Aufgabe enthalten sind. Die Aufgabentexte wurden dabei bewusst<br />

humorvoll gestaltet, um ein möglichst spielerisches Erlebnis zu erreichen. Das Spiel wurde mit<br />

einer kleinen Geschichte versehen, die erzählt, wie der Spieler eine Ausbildung zu einem erfolgreichen<br />

Zerstörungsgnom durchläuft. Diese Geschichte beinhaltet immer schwieriger werdende<br />

Herausforderungen und gipfelt am Ende in einer Abschlussprüfung. Der Spieler muss diese Aufgabentexte<br />

interpretieren und sich dann auf die Suche nach den auszuschaltenden Anlagenteilen<br />

machen. Manche dieser Quests besitzen ein Zeitlimit, das nicht überschritten werden darf.<br />

Abbildung 5.13: Die Herausforderungshierarchie für SmAmpire.<br />

Aus der obersten Herausforderung „Löse alle Quests“ wurde abermals eine Hauptklasse hergeleitet.<br />

Da das Kernstück dieses Ansatzes in den Aufgaben liegt, kann aus der Herausforderungshierarchie<br />

eine Klasse „Quest“ abgeleitet werden. Eine Quest wird im wesentlichen durch<br />

eine Reihe von Zielstationen, die ausgeschaltet werden müssen, einen Aufgabentext sowie eine<br />

Beschreibung der Erfüllung sowie der Erfüllbarkeit beschrieben. Das Spiel an sich kann beliebig<br />

viele Quests verwalten. Die Spielmechanik präsentiert den Questtext der aktuellen Quest<br />

dem Spieler und verwaltet Zeitlimits, Questziele und den Zustand der einzelnen Quests. Dies<br />

wird durch einen ständigen Aktualisierungsvorgang aus der Main-Loop des Hauptprogramms<br />

vorgenommen und über Schnittstellenmethoden realisiert, die eine Kommunikation von Hauptprogramm<br />

mit der jeweils aktuellen Quest und ihrem Zustand erlauben.<br />

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5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.14: Herleitung eines ersten Klassendiagramms für SmAmpire.<br />

Das aus der Herausforderungshierarchie abgeleitete Klassendiagramm wurde durch eine Klasse<br />

„Timer“ erweitert wie sie bereits in SmAshingGnome verwendet worden ist. Diese Klasse dient<br />

der Verwaltung von Quests mit Zeitlimit. Dazu kann eine Quest ein Zeitlimit besitzen. Ist dies<br />

der Fall, gilt die Quest automatisch als nicht mehr erfüllbar und gescheitert, wenn das Zeitlimit<br />

abgelaufen ist. Eine solche Quest muss dann neugestartet werden. Die Klasse „Timer“ ist<br />

nicht unmittelbar aus der Herausforderungshierarchie abzuleiten, sondern stellt eine notwendige<br />

Erweiterung in einer Verfeinerungsiteration des Klassendiagramms der bisher entwickelten<br />

Klassenhierarchie dar.<br />

61


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.15: Das Klassendiagramm für SmAmpire.<br />

Die Oberfläche von SmAmpire besteht aus zwei Hauptelementen. In dem ersten Element rechts<br />

oben wird angezeigt, in welcher Quest der Spieler sich momentan befindet und darunter das<br />

nächste Ziel, mit dem der Spieler interagieren muss. Somit wird dem Spieler immer klargemacht,<br />

welche Station er als nächstes erreichen muss, er muss aber selbst herausfinden, wo diese ist bzw.<br />

diese wiederfinden. Zerstört der Spieler eine Station, wird dies durch einen Ton bestätigt und die<br />

Anlage beginnt zu brennen, zu rauchen und Funken zu sprühen. Bei Quests mit Zeitlimit ergibt<br />

sich das Problem, dass das Zeitlimit nicht vom Spiel gestartet werden darf, da der Spieler den<br />

Aufgabentext lesen muss und vorher nicht bestimmt werden kann, wie lange er dazu benötigt.<br />

Dieses Problem wurde gelöst, indem der Spieler selbst das Zeitlimit startet. Bei Aufgaben mit<br />

Zeitlimit wird die noch zur Verfügung stehende Zeit groß grün eingeblendet und zählt herunter.<br />

Fällt die Zeit unter sechs Sekunden, wird sie gelb dargestellt. Stehen nur noch drei oder weniger<br />

Sekunden zur Verfügung, wird die Zeit rot eingefärbt.<br />

62


5 Entwicklung von prototypischen Spielen<br />

Abbildung 5.16: Spielszene aus SmAmpire. Der Tutorgnom hat dem Spieler eine Aufgabe ohne<br />

Zeitlimit gegeben. Das nächste Ziel innerhalb dieser Aufgabe wird rechts oben<br />

angezeigt.<br />

63


6Kapitel 6<br />

Evaluation<br />

Die drei erstellten prototypischen Schulungsspiele werden nun mit Hilfe eines Benutzertests<br />

näher untersucht. Auf diese Weise soll festgestellt werden, welcher Ansatz die höchste Motivation<br />

erzeugt. Dazu wird zunächst das Vorgehen für die Evaluation vorgestellt. Dann werden die<br />

Ziele der Evaluation in Form von Hypothesen formuliert. Für die Durchführung der Evaluation<br />

werden danach geeignete Instrumente vorgestellt, die es erlauben, Motivation zu erfassen. Dann<br />

wird die Probandengruppe vorgestellt, mit der die Evaluation durchgeführt wurde. Nachdem der<br />

genaue Ablauf der Evaluation erklärt ist, werden die Ergebnisse abschließend analysiert und die<br />

aufgestellten Hypothesen mit Hilfe eines statistischen Verfahrens untersucht.<br />

6.1 Vorgehen<br />

Soll eine Frage mit Hilfe einer empirischen Erhebung beantwortet werden, liegt zunächst eine<br />

Theorie über die Eigenschaften einer Population vor. Um diese Theorie zu überprüfen, wird eine<br />

stichprobenartige Erhebung durchgeführt. Mit Hilfe dieser stichprobenartigen Erhebung kann<br />

die Theorie bestätigt oder verworfen werden. Demgegenüber steht die Konfidenzintervallberechnung,<br />

bei der von einer stichprobenartigen Erhebung auf Eigenschaften der Population geschlossen<br />

wird. Da hier Theorien über unterschiedliche Motivationsansätze aufgestellt wurden, soll in<br />

dem Fall der vorliegenden Arbeit also eine bestehende Theorie überprüft werden. Dazu müssen<br />

zunächst Hypothesen formuliert werden. Mit Hilfe dieser Hypothesen können Tendenzen<br />

innerhalb zweier Stichproben festgestellt werden. Dabei wird zunächst für eine Theorie eine<br />

Nullhypothese entwickelt, die davon ausgeht, dass der gewünschte Effekt nicht eintritt, oder<br />

dass der eintretende Effekt schlechter als der <strong>Vergleich</strong>seffekt ist. Zu einer Nullhypothese wird<br />

eine Alternativhypothese formuliert, die davon ausgeht, dass der gewünschte Effekt tatsächlich<br />

nachweisbar ist.<br />

Liegen zwei Stichproben vor, kann errechnet werden, ob eine Tendenz <strong>hinsichtlich</strong> des untersuchten<br />

Merkmals zwischen den Stichproben vorliegt und wie wahrscheinlich es ist, dass diese<br />

nicht durch Zufall oder Streuung entstanden ist. Dabei ergibt sich eine Irrtumswahrscheinlichkeit,<br />

mit der die Alternativhypothese nicht angenommen werden kann. Liegt diese Irrtumswahr-<br />

64


6 Evaluation<br />

scheinlichkeit unter 10%, so kann eine Tendenz in Richtung der Alternativhypothese festgestellt<br />

werden. Liegt die Irrtumswahrscheinlichkeit unter 5%, so liegt eine statistische Signifikanz vor<br />

und die Nullhypothese kann in der Regel verworfen werden. Bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit<br />

von unter 1% liegt eine hohe statistische Signifikanz vor. Anhand der Irrtumswahrscheinlichkeit<br />

muss entschieden werden, ob die Null- oder Alternativhypothese angenommen wird. In nicht<br />

eindeutigen Fällen ist dabei eine neue Stichprobenerhebung mit größeren Stichproben angemessen.<br />

Wird eine Fehlentscheidung bezüglich der anzunehmenden Hypothese getroffen, so kann<br />

ein α- oder β-Fehler entstehen. Ein α-Fehler entsteht, wenn in der Population die Nullhypothese<br />

vorliegt, aber die Alternativhypothese angenommen wird. Bei einem β-Fehler liegt in der<br />

Population die Alternativhypothese vor, diese wird jedoch zugunsten der Nullhypothese verworfen.<br />

Um die Irrtumswahrscheinlichkeit zu berechnen, muss ein geeignetes statistisches Verfahren zur<br />

Berechnung des Signifikanz-Niveaus gewählt werden. Dabei muss beispielsweise berücksichtigt<br />

werden, ob davon auszugehen ist, dass die zu untersuchenden Eigenschaften normalverteilt<br />

in der Population vorliegen und ob die Stichproben abhängig voneinander sind oder nicht.<br />

Eine abhängige Stichprobe wird mit denselben Probanden durchgeführt. So kann ein Vorher-<br />

Nachher-<strong>Vergleich</strong> bei jedem Probanden durchgeführt werden und die Tendenz zwischen den<br />

beiden Stichproben festgestellt werden. Bei einer unabhängigen Stichprobe werden unterschiedliche<br />

Probandengruppen untersucht. Des Weiteren muss beachtet werden, ob Intervall- oder Ordinaldaten<br />

vorliegen. Bei Ordinaldaten werden Merkmalausprägungen genau einer Kategorie<br />

zugeordnet. Dabei kann beispielsweise eine Skala von 1 („trifft zu“) bis 7 („trifft nicht zu“) verwendet<br />

werden. Daraus ergibt sich, dass bei Ordinaldaten das arithmetische Mittel nicht definiert<br />

ist und nur der Median gebildet werden kann. Bei Intervalldaten lassen sich Ausprägungen des<br />

Skalenniveaus quantitativ mittels Zahlen ausdrücken. Verfahren, die für Intervalldaten geeignet<br />

sind, besitzen in der Regel zu starke Voraussetzungen, um für Ordinaldaten geeignet zu sein.<br />

Dieses Vorgehen soll nun auf eine Evaluation der drei Prototypen angewendet werden. Dabei<br />

werden zunächst die Evaluationsziele definiert und Hypothesen formuliert, die diese Ziele beschreiben.<br />

Um die Evaluation durchzuführen, werden dann geeignete Instrumente ausgewählt,<br />

die sich für die Evaluation der Hypothesen eignen und selbst möglichst zuverlässig sind, das<br />

heißt auf Validität hin überprüft. Die so entstandenen Ergebnisse sollen dann mit einem geeigneten<br />

statistischen Verfahren zum <strong>Vergleich</strong> von Tendenzen in Stichproben auf ihre Signifikanz<br />

<strong>hinsichtlich</strong> der aufgestellten Hypothesen überprüft werden. So kann entschieden werden,<br />

welche Hypothesen angenommen oder verworfen werden. Die Ergebnisse werden abschließend<br />

interpretiert und diskutiert.<br />

6.2 Ziele der Evaluation und Aufstellen der Hypothesen<br />

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, herauszufinden, welche gamebasierten <strong>Motivationskonzepte</strong> sich<br />

als besonders sinnvoll für die Umsetzung von Schulungssoftware für eine Industrieanlage herausstellen.<br />

Dazu ist es sinnvoll, verschiedene Teilaspekte von Motivation zu betrachten, um so<br />

Rückschlüsse auf die Auswirkung verschiedener <strong>Motivationskonzepte</strong> auf die Motivation des<br />

65


6 Evaluation<br />

Anwenders ziehen zu können. Diese motivationalen Teilaspekte sollten durch die erstellten Prototypen<br />

besonders klar herausgestellt werden, da so eventuelle Unterschiede oder Gemeinsamkeiten<br />

von gamebasierten <strong>Motivationskonzepte</strong>n auf die Motivation gefunden werden können.<br />

Zu bedenken ist auch, dass Motivation zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich ausgeprägt<br />

sein kann. Interessant ist einerseits die Motivation eines Anwenders nach der Aufgabenstellung<br />

und vor der Bearbeitung der Aufgabe und andererseits die Motivation während der Aufgabenbearbeitung.<br />

Zu beiden Zeitpunkten ist eine möglichst hohe Motivation wünschenswert: Vor der<br />

Aufgabenbearbeitung erhöht sie die Bereitschaft zur Aufgabenbearbeitung, und während der<br />

Aufgabenbearbeitung senkt sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Bearbeitung abgebrochen wird.<br />

Gleichzeitig erhöht sie die Bereitschaft, sich auch weiterhin mit dem Thema zu beschäftigen.<br />

Die Motivation zu diesen beiden Zeitpunkten wird nun wie folgt in Teilaspekte, die einfacher zu<br />

betrachten sind, zerlegt:<br />

• Nach der Aufgabenstellung und vor der Aufgabenbearbeitung: Das Interesse des Anwenders<br />

an der Aufgabe und das Empfinden, sich einer angemessenen Herausforderung gegenüber<br />

zu sehen.<br />

• Während der Bearbeitung: Das Maß, in dem sich der Nutzer in dem Flow-Zustand befindet.<br />

Dabei wäre ein hohes Interesse an einer Aufgabe und das Empfinden, dass die Aufgabe angemessen<br />

schwierig ist, Indikatoren für eine hohe Motivation, sich der Lösung einer Aufgabe<br />

zuzuwenden, während sich der Flow-Zustand während des Bearbeitens ebenfalls positiv auf<br />

die Motivation des Benutzers auswirken würde. Dies stellt das Optimum für die Motivation<br />

eines Nutzers einer Schulungssoftware dar. In der Evaluation soll nun untersucht werden, welches<br />

der drei umgesetzten <strong>Motivationskonzepte</strong> dieses Optimum möglichst gut annähert. Dazu<br />

sollen nun mehrere Annahmen aufgestellt werden, die mit Hilfe verschiedener Hypothesen im<br />

Zuge einer Unterschiedshypothesenuntersuchung statistisch überprüft werden können. Dieses<br />

Vorgehen ist deshalb sinnvoll, weil bei einer solchen Unterschiedshypothesenuntersuchung die<br />

zentrale Tendenz zweier Stichproben <strong>hinsichtlich</strong> des untersuchten Merkmals verglichen wird<br />

(siehe [Bor05], S. 150), hier aber drei Stichproben miteinander verglichen werden sollen. Um<br />

dies erreichen zu können, sollen die jeweiligen Annahmen durch mehrere Unterschiedshypothesenuntersuchungen<br />

belegt oder widerlegt werden. Dabei ist es sinnvoll, stets von einem der<br />

Prototypen auszugehen und Nullhypothesen sowie Alternativhypothesen bezüglich dieses einen<br />

Prototypen aufzustellen. Da es sich bei SmAmpire, also dem Vampire-Ansatz, um einen Ansatz<br />

handelt, der sowohl den SmAshingGnome-Ansatz sowie den SmArmadilloGnome-Ansatz verbindet,<br />

kann man von diesem Spiel ausgehen und anhand dieses Spieles überprüfen, wie sich<br />

die anderen Spiele im Verhältnis zu ihm bezüglich der oben aufgelisteten Motivationsteilaspekte<br />

verhalten. Des Weiteren ist ein Unterschiedshypothesentest kommutativ, da hier der Unterschied<br />

zweier Stichproben auf Signifikanz hin überprüft wird und sich derselbe Unterschied ergibt,<br />

wenn man dieselben Stichproben in anderer Reihenfolge betrachtet. Diese Annahmen sowie die<br />

Hypothesen, mit denen sie untersucht werden können, lauten:<br />

• Annahme 1: Die verschiedenen Ansätze resultieren in unterschiedlich optimalem Herausforderungsempfinden<br />

nach der Instruktion und vor dem Spielen.<br />

– Nullhypothese Null0: Die Herausforderung wird nach der Instruktion bei SmAmpire<br />

66


6 Evaluation<br />

als entweder genauso angemessen oder als weniger angemessen als bei SmAshing-<br />

Gnome empfunden.<br />

– Alternativhypothese Alt0: Die Herausforderung nach der Instruktion wird bei Sm-<br />

Ampire als angemessener als bei SmAshingGnome empfunden.<br />

– Nullhypothese Null1: Die Herausforderung wird nach der Instruktion bei SmAmpire<br />

als entweder genauso angemessen oder als weniger angemessen als bei SmArmadilloGnome<br />

empfunden.<br />

– Alternativhypothese Alt1: Die Herausforderung nach der Instruktion wird bei Sm-<br />

Ampire als angemessener als bei SmArmadilloGnome empfunden.<br />

• Annahme 2: Die unterschiedlichen Ansätze erzeugen unterschiedlich hohes Interesse nach<br />

der Instruktion und vor dem Spielen.<br />

– Nullhypothese Null2: Das Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire entweder<br />

genau so hoch oder niedriger als bei SmAshingGnome.<br />

– Alternativhypothese Alt2: Das Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire höher<br />

als bei SmAshingGnome.<br />

– Nullhypothese Null3: Das Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire entweder<br />

genau so hoch oder niedriger als bei SmArmadilloGnome.<br />

– Alternativhypothese Alt3: Das Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire höher<br />

als bei SmArmadilloGnome.<br />

Die Annahmen 1 und 2 beziehen sich auf die Motivation, sich an die Lösung einer Aufgabe zu<br />

begeben, nicht aber auf die Motivation während der Aufgabenbearbeitung. Die folgende Annahme<br />

bezieht sich schließlich auf die Motivation während der Aufgabenlösung:<br />

• Annahme 3: Die unterschiedlichen Ansätze erzeugen unterschiedlichen Flow bei den Probanden.<br />

– Nullhypothese Null4: Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist niedriger<br />

als der beim Spielen von SmAshingGnome erzeugte Flow oder gleich.<br />

– Alternativhypothese Alt4: Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist höher<br />

als der beim Spielen von SmAshingGnome erzeugte Flow.<br />

– Nullhypothese Null5: Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist niedriger<br />

als der beim Spielen von SmArmadilloGnome erzeugte Flow oder gleich.<br />

– Alternativhypothese Alt5: Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist höher<br />

als der beim Spielen von SmArmadilloGnome erzeugte Flow.<br />

Des Weiteren kann bei einer solchen Untersuchung überprüft werden, als wie geeignet die einzelnen<br />

Ansätze zum Vermitteln von Lerninhalten von den Probanden eingeschätzt werden. Hierzu<br />

kann überprüft werden, wie die Probanden zum einen die Möglichkeit, Wissen mit einem Ansatz<br />

zu vermitteln, einschätzen und zum anderen die Angabe der Probanden, ob sie beim Spielen<br />

des Prototypen etwas gelernt hätten, wenn es um Lernen gegangen wäre. Dazu kann eine weitere<br />

Annahme formuliert und untersucht werden:<br />

67


6 Evaluation<br />

• Annahme 4: Die unterschiedlichen Ansätze unterscheiden sich <strong>hinsichtlich</strong> der didaktischen<br />

Möglichkeiten.<br />

– Nullhypothese Null6: Die Einschätzung bzgl. der Möglichkeit, Lerninhalte zu vermitteln,<br />

ist bei SmAmpire gleich hoch wie bei SmAshingGnome oder niedriger.<br />

– Alternativhypothese Alt6: Die Einschätzung bzgl. der Möglichkeit, Lerninhalte zu<br />

vermitteln, ist bei SmAmpire höher als bei SmAshingGnome.<br />

– Nullhypothese Null7: Die Einschätzung bzgl. der Möglichkeit, Lerninhalte zu vermitteln,<br />

ist bei SmAmpire gleich hoch wie bei SmArmadilloGnome oder niedriger.<br />

– Alternativhypothese Alt7: Die Einschätzung bzgl. der Möglichkeit, Lerninhalte zu<br />

vermitteln, ist bei SmAmpire höher als bei SmArmadilloGnome.<br />

– Nullhypothese Null8: Die Einschätzung bzgl. des vermittelten Lerninhaltes ist bei<br />

SmAmpire gleich wie bei SmAshingGnome oder niedriger.<br />

– Alternativhypothese Alt8: Die Einschätzung bzgl. des vermittelten Lerninhaltes ist<br />

bei SmAmpire höher als bei SmAshingGnome.<br />

– Nullhypothese Null9: Die Einschätzung bzgl. des vermittelten Lerninhaltes ist bei<br />

SmAmpire gleich wie bei SmArmadilloGnome oder niedriger.<br />

– Alternativhypothese Alt9: Die Einschätzung bzgl. des vermittelten Lerninhaltes ist<br />

bei SmAmpire höher als bei SmArmadilloGnome.<br />

Somit gilt für alle Nulli und Alti: Nulli = Alt i {i = 0..9}. Diese Hypothesen sollen nun mit Hilfe<br />

eines Evaluationsverfahrens überprüft werden.<br />

6.3 Auswahl der Evaluationsinstrumente<br />

Die in 6.1 aufgestellten Hypothesen stützen sich auf Aussagen zu Interesse, Herausforderungsempfinden<br />

und Flow. Um diese Motivationselemente messen zu können, müssen geeignete Messinstrumente<br />

gefunden werden. In [Böt05] wird beispielsweise das Flow-Erleben durch Messung<br />

der Physiognomie, also Mimik und Hautwiderstand, und der Herzfrequenz vorgenommen. Dieses<br />

Vorgehen kann bei der Messung des Flow-Zustandes unter Umständen sehr genaue Daten<br />

liefern, ist jedoch mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Deshalb empfiehlt es sich, für die<br />

Untersuchung der aufgestellten Hypothesen ein klassischeres und weniger aufwändiges Untersuchungsinstrument<br />

heranzuziehen. Dieses stellen Fragebögen dar, die die Probanden ausfüllen.<br />

Dabei sind vor allem Validitätshinweise der verwendeten Fragebögen wichtig, die Hinweise<br />

darauf geben, ob der Fragebogen das Gewünschte misst. Dabei wird der Fragebogen Untersuchungen<br />

<strong>hinsichtlich</strong> seiner Validität unterzogen. Dann können Rückschlüsse darauf gezogen<br />

werden, ob der Fragebogen tatsächlich den gewünschten Effekt misst.<br />

Ein Fragebogen, der die aktuelle Motivation in Lern- und Leistungssituationen nach einer Aufgabenstellung<br />

und vor <strong>ihrer</strong> Bearbeitung misst, wird in [RVB01] entwickelt. Bei diesem Fragebogen<br />

werden insgesamt 18 Items abgefragt, die sich auf die Kategorien Herausforderung,<br />

68


6 Evaluation<br />

Interesse, Erfolgswahrscheinlichkeit und Misserfolgsbefürchtung verteilen. Dieser Fragebogen<br />

deckt also zwei der gewünschten Motivationsaspekte ab. Da die Motivation in Computerspielen<br />

erfasst werden soll, ist es sinnvoll, die Items, die sich auf die Lernleistung beziehen, bei der Erhebung<br />

nicht zu beachten. Somit kann aus dem in [RVB01] entwickelten Fragebogen ein schlankerer<br />

entwickelt werden, der die zuvor aufgestellten Hypothesen ebenfalls untersucht. Bei diesem<br />

kürzeren Fragebogen wurden deshalb die Items aus den Kategorien Erfolgswahrscheinlichkeit<br />

und Misserfolgsbefürchtung weggelassen. Da die Items der unterschiedlichen Kategorien nicht<br />

miteinander verknüpft sind, ist es unwahrscheinlich, dass die Kürzung des Fragebogens eine<br />

Auswirkung auf seine Qualität mit sich zieht. Des Weiteren wurde das Item vier des ursprünglichen<br />

Fragebogens (“Bei der Aufgabe mag ich die Rolle des Wissenschaftlers, der Zusammenhänge<br />

entdeckt”) aufgrund einer doppeldeutigen Fragestellung entfernt. Bei dieser Frage wird<br />

nämlich zum einen abgefragt, ob die Rolle des Wissenschaftlers sympathisch auf den Probanden<br />

wirkt, aber zum anderen darüber hinaus auch, ob das Entdecken von Zusammenhängen gemocht<br />

wird.<br />

Auf diese Weise entstand ein Fragebogen, der acht Items enthält. Jeweils vier Items sind den<br />

Kategorien Interesse und Herausforderung zuzuordnen. Die Items der Kategorie Interesse messen<br />

dabei die Höhe des Interesses, die der Proband nach der Aufgabenstellung gegenüber der<br />

Aufgabe hat, während die Herausforderungs-Items messen, ob der Proband sich angemessen<br />

herausgefordert fühlt. Die Items werden mit Hilfe einer Ordinalskala, die von 1 (“trifft nicht<br />

zu”) bis 7 (“trifft zu”) reicht. Bei den Interesse-Items deutet dabei ein hoher Wert auf hohes<br />

Interesse hin, während bei den Herausforderungs-Items ein hoher Wert auf das Gefühl des Probanden,<br />

dass die gestellte Aufgabe einen angemessenen Schwierigkeitsgrad besitzt, hindeutet.<br />

Wird die Aufgabe als zu schwierig oder zu einfach empfunden, mündet dies in einem niedrigeren<br />

Wert bei den Herausforderungsitems. Der so entstandene neue Fragebogen erlaubt die Vorhersage<br />

der Lernleistung bei selbstgesteuertem Verständnislernen. Der ursprüngliche Fragebogen war<br />

darüber hinaus in der Lage, Vorhersagen über das fragengeführte Faktenlernen zu treffen. Wird<br />

der gamebasierte Ansatz jedoch in der Schulung eingesetzt, wird er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit<br />

auf selbstgesteuertes Verständnislernen abzielen. Bei der Vorhersage der Lernleistung<br />

für langsame Lerner erreicht der Fragebogen in der Kategorie Interesse ein signifikantes Ergebnis<br />

(p


6 Evaluation<br />

Umständen den mittleren Wert bei einer Frage ankreuzen, wenn sie die Frage nicht beantworten<br />

können und das Ergebnis auf diese Weise verfälscht werden könnte. Die Werte der Flow-<br />

Kurz-Skala, die durch den Fragebogen für einen Probanden erstellt wird, lassen darüber hinaus<br />

ebenfalls Vorhersagen der Lernleistung zu: „Bei Einbeziehung der erklärungsmächtigen Personvariablen<br />

ist es aber lediglich der Flow-Kurz-Skala-Wert, der eine signifikante Vorhersage der<br />

späteren Klausurleistung erlaubt“ ([RVE03], S. 15f).<br />

Über Messung von Interesse, Herausforderungsempfinden und Flow-Erleben sollten allgemeine<br />

Angaben der Probanden wie Alter, Einstellung gegenüber Computerspielen und technischen<br />

Anlagen sowie eine grobe Tendenz des Computerspielverhaltens der Probanden erfasst werden.<br />

Dazu wurde ein kurzer Fragebogen entwickelt, der diese Punkte erfasst (siehe Anhang). Dabei<br />

wurde das Computerspielverhalten erfasst, indem das Spielverhalten des Probanden im letzten<br />

halben Jahr in unterschiedlichen Genres abgefragt wurde. Die Auswahl der Genres wurde<br />

dabei auf Action, Strategie, Rollenspiel, Sport und Adventure begrenzt, wobei diese Genrevorgabe<br />

aus der Test-Rubrik der Computerspielezeitschrift „Gamestar“ stammt (siehe [gam]). Eine<br />

Einteilung in Spielgenres ist oft problematisch, wurde hier aber der Einfachheit halber herangezogen,<br />

um eine sehr grobe Tendenz des Probanden erfassen zu können. Gleichzeitig wird auf<br />

diese Weise aber die Anzahl der insgesamt gespielten Stunden erfasst.<br />

Um für weitere Arbeiten und Projekte Orientierungs- und Anhaltspunkte liefern zu können,<br />

wurden noch zwei Fragen bezüglich der Möglichkeit, mit einem Prototypen zu lernen, gestellt.<br />

Die erste Frage („Ich denke, das Spiel kann einen Lerninhalt vermitteln“) misst die Einschätzung<br />

des Probanden, ob der Prototyp sich zum Lernen eignet, während die zweite Frage („Das Spiel<br />

hätte mir etwas vermittelt, wenn es um Lernen gegangen wäre“) misst, ob der Proband das<br />

Gefühl hat, mit dem Spiel etwas lernen zu können.<br />

6.4 Auswahl der Probandengruppe<br />

Da die umgesetzten Prototypen sich sehr stark an aktuellen Computerspielen orientieren, ist es<br />

sinnvoll, Probanden zu wählen, die zumindest grob mit gängigen Spielsteuerungen wie beispielsweise<br />

der WASD-Steuerung vertraut sind. Somit werden Messfehler vermieden, die dadurch<br />

entstehen könnten, dass manche Probanden die Steuerung nicht kennen und sich damit zunächst<br />

einmal vertraut machen müssen. Um den Fokus aber nicht zu stark auf sehr computerspielaffine<br />

Probanden zu legen, wurde darauf geachtet, dass die Probandengruppe eine möglichst hohe Varianz<br />

in der Gesamtspielzeit besitzt. Die Gruppe der ausgewählten Probanden beinhaltete zwei<br />

Frauen und neun Männer, das Durchschnittsalter lag bei 28,82 Jahren. Drei der Probanden wurden<br />

bei der Siemens AG in Nürnberg, Industry Automation Division, getestet. Die restlichen<br />

neun Probanden wurden am Entwicklungsrechner der drei Prototypen getestet.<br />

70


6 Evaluation<br />

Tabelle 6.1: Übersicht über die Probandengruppe<br />

Tabelle 6.2: Übersicht über die mit Computerspielen verbrachte Zeit der Probanden im letzten<br />

halben Jahr<br />

Darüber hinaus wurden die Probanden gebeten, Angaben zu <strong>ihrer</strong> prinzipiellen Einstellung zu<br />

Computerspielen und technischen Anlagen machen, um später die Ergebnisse bezüglich Interesse,<br />

Herausforderungsempfinden und Flow in Relation zu diesen Angaben setzen zu können.<br />

Dabei ergab sich eine sehr hohe Varianz bezüglich der Gesamtspielzeit der Probanden. Dies<br />

rührt daher, dass die durchschnittliche wöchentliche Spielzeit im letzten halben Jahr mit 0 bis<br />

54 Stunden angegeben wurde. Damit sind in der Probandengruppe sowohl Nichtspieler, Wenigspieler,<br />

moderate Spieler und Vielspieler beinhaltet.<br />

71


6 Evaluation<br />

Tabelle 6.3: Einstellung der Probanden gegenüber Computerspielen und technischen Anlagen<br />

Die Angaben bezüglich der prinzipiellen Einstellung gegenüber Computerspielen und der Einstellung<br />

gegenüber technischen Anlagen und Geräten ergab sich eine wesentlich geringer Varianz<br />

mit 0,82 bzw. 0,65. Die Einstellung gegenüber Computerspielen und technischen Anlagen<br />

ist also innerhalb der Stichprobe konsistent. Da fast alle Probanden Computerspiele prinzipiell<br />

gut fanden und technische Anlagen und Geräte interessant, eignet sich die Probandengruppe für<br />

die Untersuchung. Dadurch, dass die Probanden sich in <strong>ihrer</strong> Zeit, die sie im letzten halben Jahr<br />

mit Computerspielen verbrachten, sehr unterscheiden, wird ein wahrscheinlicher Querschnitt<br />

gebildet wie er auch bei den Teilnehmern einer Schulung für eine Industrieanlage vorkommen<br />

könnte. Da solche Schulungsteilnehmer sehr wahrscheinlich ein hohes Interesse an technischen<br />

Anlagen und Geräten haben, ist es wichtig, dass dies auch auf die Probandengruppe zutrifft.<br />

6.5 Ablauf der Evaluation<br />

Jeder Proband testet jeden Prototypen. Da es sein könnte, dass das Ergebnis durch die Reihenfolge,<br />

in der gespielt wird, verfälscht werden könnte, die zur Verfügung stehende Probandenzahl<br />

jedoch nur relativ niedrig war, wurde jeder der elf Probanden einer Permutationsgruppe zugeteilt.<br />

Es könnte beispielsweise sein, dass ein Proband die Anlage bereits nach einem Spiel gut<br />

kennt und der Schwierigkeitsgrad des zweiten und dritten getesteten Spieles deshalb als unangemessen<br />

niedrig empfunden werden könnte. Bei drei zu testenden Spielen gibt es insgesamt<br />

sechs mögliche Permutationen: (1, 2, 3), (1, 3, 2), (2, 1, 3), (2, 3, 1), (3, 1, 2) und (3, 2, 1).<br />

Dabei ist Spiel 1 SmAshingGnome, Spiel 2 SmArmadilloGnome und Spiel 3 SmAmpire. Jeder<br />

der elf Probanden wurde per Los einer dieser Permutationen zugeteilt, woraus sich ergibt, dass<br />

fünf Permutationen von zwei Probanden durchlaufen wurden und eine (nämlich (1, 3, 2)) nur<br />

von einem Probanden.<br />

Jeder Proband wurde zunächst gebeten, den Fragebogen „Allgemeine Angaben“ auszufüllen.<br />

Danach testete jeder Proband jedes Spiel gemäß der Reihenfolge der Permutationsgruppe, in die<br />

er zufällig eingeteilt wurde. Dabei durchlief er für jeden Prototypen folgende Prozedur:<br />

1. Anschauen eines einminütigen Instruktionsvideos,<br />

72


6 Evaluation<br />

2. Ausfüllen des Fragebogens zur momentanen Einstellung (Messung von Interesse und Herausforderungsempfinden),<br />

3. Zehn Minuten langes Spielen des Spiels,<br />

4. Ausfüllen des Fragebogens zur Erfassung des Flow-Erlebens sowie Einschätzung der<br />

Lernmöglichkeiten,<br />

5. Ausfüllen des Fragebogens für Verbesserungsvorschläge.<br />

Um eine standardisierte Instruktion zu erhalten, wurde von jedem Prototyp ein ca. einminütiges<br />

Video erstellt, in dem Spielziel, Steuerungsmöglichkeiten und Interaktionsmöglichkeiten erklärt<br />

wurden. Die Videos wurden mit Hilfe des Programms Fraps erstellt, das es erlaubt, Mitschnitte<br />

von DirectX-Programmen zu erstellen und zeigen einen Mitschnitt während des Spiels. Diese<br />

Mitschnitte wurden zusätzlich kommentiert. Besonders wichtig dabei war, dem Probanden zu<br />

verdeutlichen, mit welchen Tasten er ein neues Level starten kann oder was zu tun ist, wenn<br />

ein Level gescheitert ist. Darüber hinaus war für die Instruktionsvideos besonders wichtig, dass<br />

die Aufgabe klar wurde. Dazu wurden für jeden Prototypen in gleicher Reihenfolge Spielziel,<br />

Steuerungsmöglichkeiten und weitere Interaktionsmöglichkeiten erklärt. Messfehler könnten allerdings<br />

dadurch entstanden sein, dass die Probanden unter Umständen Probleme gehabt haben<br />

könnten, dem ersten gezeigten Video vollständig zu folgen. Dieser Messfehler sollte aber weitestgehend<br />

dadurch vernachlässigbar sein, dass die Probanden den Permutationsgruppen zugeteilt<br />

waren.<br />

6.6 Analyse der Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse der Evaluation sollen nun näher betrachtet werden, um Aussagen über das Verhalten<br />

der unterschiedlichen <strong>Motivationskonzepte</strong> machen zu können. Da es sich bei den eingesetzten<br />

Skalen um Ordinalskalen handelt, ist das arithmetische Mittel undefiniert. Stattdessen<br />

können Mediane gebildet werdet, die mittels eines für Ordinaldaten geeigneten Testverfahrens<br />

auf Signifikanz getestet werden können. Die zu überprüfenden Null- und Alternativhypothesen<br />

wurden in 6.1 aufgestellt. Um die aufgestellten Hypothesen zu überprüfen, müssen die zentralen<br />

Tendenzen der Stichproben miteinander verglichen werden. Es kann nicht von einer Normalverteilung<br />

der Merkmale oder einer Varianzhomogenität ausgegangen werden. Somit muss ein<br />

voraussetzungsarmes Verfahren zur Berechnung von Signifikanzniveaus herangezogen werden.<br />

Außerdem muss das Verfahren zur Überprüfung der Hypothesen für abhängige Stichproben ausgelegt<br />

sein, da dieselben Probanden die verschiedenen Spiele spielten. Die zentralen Tendenzen<br />

sollen gegenübergestellt werden, da auf diese Weise festgestellt werden kann, welche <strong>Motivationskonzepte</strong><br />

die höchste Motivation erzeugen. Ein Verfahren, das die geforderten Voraussetzungen<br />

erfüllt, ist der Wilcoxon-Test für Paardifferenzen. Mit ihm lassen sich zwei Stichproben<br />

gegenüberstellen und ihre zentralen Tendenzen <strong>hinsichtlich</strong> ihres statistischen Signifikanzniveaus<br />

vergleichen.<br />

Zunächst werden nun die Ergebnisse der Untersuchung nach den Instruktionsvideos betrachtet.<br />

Bei den Ergebnisübersichten werden die Probanden nach der Reihenfolge des Testens aufgeführt.<br />

Die Items des Fragebogens konnten jeweils mit den Werten 1 („trifft nicht zu“) bis 7<br />

73


6 Evaluation<br />

(„trifft zu“) bewertet werden. Somit liegt der höchstmögliche Median bei sieben, der schlechtestmögliche<br />

bei eins und der mittlere Wert bei vier. Die Ergebnisse der Items, die das Herausforderungsempfinden<br />

der Probanden messen, finden sich in Tabelle 6.4.<br />

Zunächst werden nun die Nullhypothese Null0 („Die Herausforderung wird nach der Instruktion<br />

bei SmAmpire als entweder genauso angemessen oder als weniger angemessen als bei SmAshingGnome<br />

empfunden“) und die Alternativhypothese Alt0 („Die Herausforderung nach der<br />

Instruktion wird bei SmAmpire als angemessener als bei SmAshingGnome empfunden“) überprüft.<br />

Bei der Überprüfung ergibt sich für die Alternativhypothese Alt0 eine Irrtumswahrscheinlichkeit<br />

von p ≤ 0,9375. Damit muss die Alternativhypothese Alt0 verworfen werden und die<br />

Nullhypothese Null0 wird angenommen. Es kann also keine unterschiedliche Tendenz <strong>hinsichtlich</strong><br />

des Herausforderungsempfindens zwischen dem SmAmpire- und dem SmAshingGnome-<br />

Ansatz gefunden werden. Beide Ansätze erzeugen ein relativ angemessenes Herausforderungsempfinden:<br />

Bei SmAshingGnome liegt bei zwei von elf Probanden das Herausforderungsempfinden<br />

unterhalb des mittleren Wertes vier, bei SmAmpire ist dies bei nur einem Probanden der<br />

Fall. Nun sollen die Nullhypothese Null1 („Die Herausforderung wird nach der Instruktion bei<br />

SmAmpire als entweder genauso angemessen oder als weniger angemessen als bei SmArmadilloGnome<br />

empfunden“) und die Alternativhypothese Alt1 („Die Herausforderung nach der<br />

Instruktion wird bei SmAmpire als angemessener als bei SmArmadilloGnome empfunden“)<br />

betrachtet werden. Hier ergibt sich für Alt1 eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,6875.<br />

Auch hier muss die Alternativhypothese Alt1 zugunsten der Nullhypothese Null1 verworfen<br />

werden. Es ist also auch hier anzunehmen, dass es zwischen dem SmAmpire-Ansatz und dem<br />

SmArmadilloGnome-Ansatz keine Unterschiede <strong>hinsichtlich</strong> des erzeugten Herausforderungsempfindens<br />

gibt. Wie bei dem SmAmpire-Ansatz gibt es bei SmArmadilloGnome nur einen<br />

Probanden, der die Angemessenheit der Herausforderung unterhalb des mittleren Wertes vier<br />

ansiedelt.<br />

Auffällig sind beim Herausforderungsempfinden die Unterschiede in der Varianz. Bei dem Ansatz,<br />

der mit Zeitdruck arbeitet und damit also die Fähigkeiten des Spielers unter Anspannung<br />

testet, kommt es zur höchsten Varianz (3,29), während es bei dem SmArmadilloGnome-Ansatz,<br />

der sich auf die intrinsische Schwierigkeit bezieht, zu der niedrigsten Varianz kommt (1,11). Dies<br />

könnte darauf hindeuten, dass das Herausforderungsempfinden also dann besonders stark variiert,<br />

wenn im Vorhinein klar ist, dass unter Zeitdruck eine Aufgabe zu erfüllen ist. Hinsichtlich<br />

des Herausforderungsempfindens können also keine Unterschiede zwischen den Ansätzen festgestellt<br />

werden. Somit muss die Annahme, dass die unterschiedlichen Ansätze in unterschiedlich<br />

hohem Empfinden der Angemessenheit der Aufgaben münden, verworfen werden.<br />

74


6 Evaluation<br />

Tabelle 6.4: Gegenüberstellung der Mediane aus den Herausforderungsitems für die einzelnen<br />

Spiele, die nach den Instruktionsvideos und vor dem Spielen abgefragt wurden.<br />

Das bei den Probanden erzeugte Interesse nach den Instruktionsvideos wird in Tabelle 6.5 gegenübergestellt.<br />

Hier sind zuerst die Nullhypothese Null2 („Das Interesse ist nach der Instruktion<br />

bei SmAmpire entweder genau so hoch oder niedriger als bei SmAshingGnome“) und die<br />

Alternativhypothese Alt2 („Das Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire höher als bei<br />

SmAshingGnome“) zu überprüfen. Dabei ergibt sich für die Alternativhypothese Alt2 eine Irrtumswahrscheinlichkeit<br />

von p ≤ 0,6406 und die Alternativhypothese Alt2 muss zugunsten der<br />

Nullhypothese Null2 verworfen werden. Das Interesse, das diese beiden Spiele nach dem Instruktionsvideo<br />

erzeugen, ist also vergleichbar. Auch bei der Überprüfung der Nullhypothese<br />

Null3 („Das Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire entweder genau so hoch oder<br />

niedriger als bei SmArmadilloGnome“) und der zugehörigen Alternativhypothese Alt3 („Das<br />

Interesse ist nach der Instruktion bei SmAmpire höher als bei SmArmadilloGnome“) kann kein<br />

Unterschied im Interesse festgestellt werden (p ≤ 0,8438) und die Nullhypothese Null3 wird<br />

angenommen. Die Varianzen innerhalb des erzeugten Interesses sind relativ hoch. Dies könnte<br />

mit unterschiedlichen Vorlieben der Probanden erklärt werden.<br />

Bei Betrachtung des Interesses nach dem Instruktionsvideo und vor dem Spielen kann ähnlich<br />

wie beim Herausforderungsempfinden kein Unterschied zwischen den Ansätzen festgestellt werden.<br />

Somit muss Annahme 2 als falsch angesehen werden.<br />

75


6 Evaluation<br />

Tabelle 6.5: Gegenüberstellung der Mediane aus den Interessensitems für die einzelnen Spiele,<br />

die nach den Instruktionsvideos und vor dem Spielen abgefragt wurden.<br />

Da Interesse und Herausforderungsempfinden zwischen Instruktionsvideo und Spielen sich bei<br />

den unterschiedlichen Ansätzen nicht unterscheiden, muss die Höhe der Motivation während<br />

des Spielens gemessen werden. Dazu wurde der Flow als Indikator für eine hohe Motivation<br />

benutzt. Die gemessenen Flow-Werte sind Tabelle 6.6 zu entnehmen. Ob die unterschiedlichen<br />

Ansätze unterschiedlichen Flow erzeugen, ist nun zu überprüfen. Dazu wird zunächst die Nullhypothese<br />

Null4 („Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist niedriger als der beim<br />

Spielen von SmAshingGnome erzeugte Flow oder gleich“) und die Alternativhypothese Alt4<br />

(„Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist höher als der beim Spielen von SmAshing-<br />

Gnome erzeugte Flow“) überprüft. Bei der Überprüfung unterschiedlicher Tendenzen erhält man<br />

eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,2754. Dabei ist eine Tendenz hin zu einem höheren<br />

Flow bei SmAshingGnome feststellbar (W+ = 16,50 für SmAmpire gegenüber W- = 38,50 für<br />

SmAshingGnome). Mit dieser Irrtumswahrscheinlichkeit kann die Nullhypothese Null4 zwar<br />

nicht verworfen werden, das Ergebnis könnte aber darauf hindeuten, dass es zwischen dem<br />

SmAmpire-Ansatz und dem SmAshingGnome-Ansatz einen Unterschied <strong>hinsichtlich</strong> des Potentials,<br />

Flow zu erzeugen, gibt. Dieses Ergebnis müsste unter Umständen noch einmal mit einer<br />

größeren Stichprobe weiter untersucht werden.<br />

Weiterhin müssen Null5 („Der beim Spielen von SmAmpire erzeugte Flow ist niedriger als der<br />

beim Spielen von SmArmadilloGnome erzeugte Flow oder gleich“) und Alt5 („Der beim Spielen<br />

von SmAmpire erzeugte Flow ist höher als der beim Spielen von SmArmadilloGnome erzeugte<br />

Flow“) überprüft werden. Dabei wird eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,6875 erreicht.<br />

Die Alternativhypothese Alt5 wird zugunsten der Null5 verworfen. SmAmpire und SmArmadilloGnome<br />

scheinen ein vergleichbares Potential, Flow zu erzeugen, zu besitzen.<br />

Sollte SmAshingGnome <strong>hinsichtlich</strong> des Flow-Erlebens mehr Potential besitzen als SmAmpire<br />

und weiterhin SmAmpire und SmArmadilloGnome in diesem Punkt vergleichbares Potential<br />

aufweisen, würde dies bedeuten, dass SmAshingGnome auch mehr Flow erzeugen könnte als<br />

SmArmadilloGnome. Um diese Möglichkeit zu überprüfen, wird nun die Tendenz in den Flow-<br />

Werten zwischen SmAshingGnome und SmArmadilloGnome verglichen. Die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass die Tendenzen sich gleichen, beträgt p ≤ 0,2031 und gibt eine Tendenz hin zu SmAshingGnome<br />

an (W+ = 11 für SmArmadilloGnome und W- = 34 für SmAshingGnome). Diese<br />

76


6 Evaluation<br />

Irrtumswahrscheinlichkeit ist zwar nicht statistisch signifikant, untermauert jedoch die Annahme,<br />

dass der SmAshingGnome-Ansatz das höchste Potential zur Erzeugung von Flow-Erleben<br />

besitzt.<br />

Tabelle 6.6: Gegenüberstellung der erzeugten Flow-Werte der drei Spiele.<br />

Die Probanden sollten Items beantworten, die es erlauben, zu erfassen, ob sie dem jeweiligen<br />

Spiel Lernpotential zutrauen oder nicht. Annahme 4 besagt, dass die unterschiedlichen Ansätze<br />

unterschiedliche didaktische Möglichkeiten aufweisen. Die ermittelten Werte sind in Tabelle 6.7<br />

abzulesen. Bei der Überprüfung von Null6 („Die Einschätzung bzgl. der Möglichkeit, Lerninhalte<br />

zu vermitteln, ist bei SmAmpire gleich hoch wie bei SmAshingGnome oder niedriger“) und<br />

Alt6 ergibt sich für die Alternativhypothese eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,1289. Damit<br />

kann die Nullhypothese Null6 zwar nicht verworfen werden, die Alternativhypothese könnte<br />

allerdings in größeren Probandentests näher untersucht werden. Null7 („Die Einschätzung bzgl.<br />

der Möglichkeit, Lerninhalte zu vermitteln, ist bei SmAmpire gleich hoch wie bei SmArmadilloGnome<br />

oder niedriger“) und Alt7 („Die Einschätzung bzgl. der Möglichkeit, Lerninhalte zu<br />

vermitteln, ist bei SmAmpire höher als bei SmArmadilloGnome“) untersuchen die Tendenz der<br />

Einschätzung über die didaktischen Möglichkeiten von SmAmpire und SmArmadilloGnome.<br />

Dabei ergibt sich eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,1641. Auch hier kann Null7 nicht<br />

verworfen werden, allerdings liegt die Annahme nahe, dass SmAmpire tatsächlich ein höheres<br />

didaktisches Potential als die beiden anderen Ansätze besitzt.<br />

77


6 Evaluation<br />

Tabelle 6.7: Gegenüberstellung der Einschätzung der Probanden bezüglich der didaktischen<br />

Möglichkeiten der Spiele.<br />

Um die unterschiedlichen didaktischen Möglichkeiten weiter zu untersuchen, wurden die Probanden<br />

gefragt, ob sie das Gefühl haben, dass das gerade gespielte Spiel ihnen etwas hätte<br />

beibringen können, wenn es um Lernen gegangen wäre. Die Ergebnisse dieser Items sind in<br />

Tabelle 6.8 aufgelistet. Alt8 („Die Einschätzung bzgl. des vermittelten Lerninhaltes ist bei Sm-<br />

Ampire höher als bei SmAshingGnome“) untersucht, ob das Gefühl, etwas beim Spielen gelernt<br />

zu haben, bei SmAmpire höher ist als bei SmAshingGnome. Die Überprüfung dieser Alternativhypothese<br />

ergibt eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0.01172. Damit ist ein statistisch signifikanter<br />

Unterschied zwischen den beiden Prototypen feststellbar. Die Überprüfung der Alt9<br />

(„Die Einschätzung bzgl. des vermittelten Lerninhaltes ist bei SmAmpire höher als bei SmArmadilloGnome“)<br />

ergibt eine Irrtumswahrscheinlichkeit von p ≤ 0,01562. Auch hier besteht ein<br />

statistisch signifikanter Unterschied. Damit können Alt8 und Alt9 angenommen werden. Die<br />

Probanden hatten also durchaus das Gefühl, beim Spielen von SmAmpire am meisten gelernt zu<br />

haben.<br />

Tabelle 6.8: Gegenüberstellung der Angaben zu dem Gefühl der Probanden, ob sie etwas beim<br />

Spielen der Prototypen gelernt haben.<br />

78


7Kapitel 7<br />

Zusammenfassung und Diskussion<br />

Computerspiele werden freiwillig gespielt. Damit liegt eine intrinsische Motivation bei den Spielern<br />

vor. Ein Modell zur Beschreibung intrinsischer Motivation, wie sie besonders unter anderem<br />

bei Spielen vorkommen kann, ist das Modell des Flow-Erlebens. Dieses Modell beschreibt einen<br />

Zustand, in dem Handlung und Bewusstsein verschmelzen und der Handelnde völlig in der Tätigkeit<br />

aufgeht. Dabei motiviert die Handlung an sich und keine extrinsischen Faktoren. Dieses<br />

Modell von Motivation wurde als Ausgangspunkt genutzt, um darauf aufbauend Computerspiele<br />

formal <strong>hinsichtlich</strong> der Motivation erzeugenden Komponenten zu analysieren. Der Zustand des<br />

Flow-Erlebens wirkt sich nicht nur positiv auf die Motivation des Handelnden, sondern auch<br />

auf Lernleistungen aus. In Verbindung mit den didaktischen Möglichkeiten, die das Medium des<br />

Computerspiels bietet, kann die Möglichkeit, intrinsische Motivation durch das Flow-Erleben<br />

in Computerspielen zu erzeugen, sinnvoll für eine Schulung komplexer Zusammenhänge wie<br />

beispielsweise bei einer komplexen Industrieanlage genutzt werden.<br />

Als wichtige Ursachen von Computerspielmotivation wurden Herausforderungen betrachtet.<br />

Herausforderungen werden von der Spielmechanik eines Computerspiels zur Verfügung gestellt<br />

und müssen von dem Spieler überwunden werden. Dabei müssen die Herausforderungen bestimmten<br />

Gesichtspunkten genügen, die sich gegenseitig bedingen, um eine hohe Motivation<br />

zu erzeugen. Zum einen ist dabei ein angemessener Schwierigkeitsgrad wichtig, zum anderen<br />

muss beim Spieler eine internale Kontrollüberzeugung, eine internale Kausalattribuierung und<br />

eine angemessene Selbstwirksamkeitserwartung vorliegen. Sind diese Punkte erfüllt, ist es möglich,<br />

ein hohes Flow-Erleben zu erzeugen. Da man bei einem Flow-Erleben die Umwelt vergisst<br />

und ganz in der Tätigkeit aufgeht, ist dieser Zustand zum Lernen wünschenswert und animiert<br />

auch zum Weitermachen, da man gar nicht aktiv darüber nachdenkt. Dieser Zustand kann also<br />

als motivierend und günstig für das Erreichen von Lernzielen angesehen werden. Da Herausforderungen<br />

maßgeblichen Einfluss auf mögliches Flow-Erleben und damit die Motivation beim<br />

Spieler haben, wurden sie als primäres Kriterium gewählt, um drei verschiedene Computerspiele<br />

methodisch zu analysieren. Dazu wurde das der professionellen Computerspieleentwicklung<br />

entnommene Konzept der Herausforderungshierarchien verwendet, um eine Methodik zu entwickeln,<br />

die eine eingehende Analyse von Herausforderungen in Computerspielen erlaubt. Diese<br />

Methodik wurde auf die drei Computerspiele Gnometris, Armadillo Run und Vampire: Bloodli-<br />

79


7 Zusammenfassung und Diskussion<br />

nes angewendet. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden als Grundlage für die Entwicklung von<br />

drei Prototypen verwendet. Dabei wurden aus den Herausforderungshierarchien der untersuchten<br />

Spiele weniger komplexe Herausforderungshierarchien entwickelt, die die Grundlage für die<br />

drei Prototypen bildeten.<br />

Aus diesen Herausforderungshierarchien wurden Klassendiagramme entwickelt, die schließlich<br />

in C++ mit der Trinigy Vision Game Engine umgesetzt wurden. Um diese drei Spiele gegeneinander<br />

evaluieren und somit Rückschlüsse über die Funktionsweise von Motivation in Computerspielen<br />

ziehen zu können, wurden geeignete Fragebögen zur Messung der aktuellen Motivation<br />

und des Flow-Erlebens ausgewählt. In einem Probandentest mit elf Probanden wurden<br />

die Ansätze gegeneinander evaluiert und die Ergebnisse mit Hilfe des Wilcoxon-Tests für den<br />

<strong>Vergleich</strong> zweier abhängiger Stichproben <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> zentralen Tendenz auf ihre zentrale<br />

Tendenz hin untersucht. Dazu wurden vier Annahmen formuliert, die durch unterschiedliche<br />

Hypothesen untersucht werden konnten. Bei der Messung der Motivation nach den Instruktionsvideos<br />

und vor dem Spielen wurde zwischen Interesse und Herausforderungsempfinden unterschieden.<br />

Es konnte jedoch kein Unterschied in Interesse oder Herausforderungsempfinden<br />

festgestellt werden. Offenbar motivieren alle drei Konzepte in <strong>ihrer</strong> Aufgabenstellung gleich<br />

hoch. Bei der Unterscheidung in der Möglichkeit, bei einem Spieler Flow-Erleben zu erzeugen,<br />

könnte es sein, dass der SmAshingGnome-Ansatz, der Herausforderungen unter Anspannung,<br />

die immer schwieriger werden, erzeugt, den anderen Ansätzen überlegen ist. Hierbei konnte die<br />

Nullhypothese allerdings nicht verworfen werden. In einem größeren Probandentest müsste evaluiert<br />

werden, ob hier tatsächlich eine höhere Möglichkeit zur Flow-Entwicklung als bei dem<br />

SmArmadilloGnome- und SmAmpire-Ansatz vorliegt. Hinsichtlich der didaktischen Möglichkeiten<br />

der Programme schätzten die Probanden tendenziell den SmAmpire-Ansatz den anderen<br />

Ansätzen als überlegen ein. Des Weiteren hatten die Probanden das Gefühl, bei SmAmpire mehr<br />

gelernt zu haben als bei den anderen beiden Ansätzen.<br />

Wenn ein Schulungskonzept für eine industrielle Anlage mit Software durchgeführt werden soll,<br />

kann auf das hier vorgestellte Vorgehen zurückgegriffen werden. Dabei empfiehlt es sich, Spiele<br />

auszuwählen und <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong> Herausforderungshierarchie zu untersuchen. Bei der Auswahl<br />

der dabei zu untersuchenden Spiele kann die Einschätzung der Spiele <strong>hinsichtlich</strong> <strong>ihrer</strong><br />

Herausforderungshierarchien herangezogen werden. Dabei könne beispielsweise Fachzeitschriften<br />

helfen. Alternativ kann aus einem der drei in dieser Diplomarbeit herausgearbeiteten <strong>Motivationskonzepte</strong><br />

eine Schulungssoftware erstellt werden. Soll dabei eine hohe Motivation während<br />

des Spielens erreicht werden, ist es sinnvoll, zu versuchen, Flow-Erleben bei den Spielern zu<br />

ermöglichen. Dabei konnten in dieser Arbeit mit einer Stichprobengröße von n = 11 keine signifikanten<br />

Unterschiede zwischen den drei hier untersuchten Konzepten festgestellt werden.<br />

Ein Ansatz mit einer sehr einfachen Herausforderungshierarchie, deren Herausforderungen unter<br />

Anspannung zu bewältigen sind und das immer wieder gespielt werden kann mit dem Ziel,<br />

ein besseres Ergebnis zu erreichen (SmAshingGnome), hat jedoch mehr Flow erzeugen können<br />

als die beiden anderen hier vorgestellten Ansätze. Um die Vermutung zu untersuchen, dass dieser<br />

Ansatz tatsächlich mehr Flow-Erleben ermöglicht als die beiden anderen Ansätze, müsste<br />

unter Umständen eine größere Stichprobe herangezogen werden. Die beiden anderen Ansätze<br />

(SmArmadilloGnome und SmAmpire) waren jedoch auch in der Lage, Flow-Erleben zu ermöglichen.<br />

Dies belegen die hohen Flow-Werte dieser beiden Spiele. Wird für ein analysiertes Spiel<br />

80


7 Zusammenfassung und Diskussion<br />

eine Herausforderungshierarchie erstellt, kann aus ihr ein Konzept für eine Schulungssoftware<br />

hergeleitet werden. Dieses Konzept kann dann in softwaretechnische Konzepte überführt werden,<br />

die der Umsetzung zu Grunde gelegt werden. Bei der Auswahl eines Konzeptes für eine<br />

Schulungssoftware muss allerdings auch die Zielumgebung der Software berücksichtigt werden.<br />

Der Vorteil von <strong>gamebasierter</strong> Motivation ist, dass sie bewirkt, dass man sich freiwillig<br />

mit der Software beschäftigt. Deshalb wäre es empfehlenswert, den Einsatz der Software nicht<br />

nur auf den Zeitraum einer Schulung einzuschränken, sondern beispielsweise auf einen freien<br />

Gebrauch während kurzen Pausen oder privat zu Hause auszuweiten. Idealerweise würde ein<br />

solches Spiel dann statt des neuesten Flashspiels in einer Pause gespielt.<br />

Didaktische Inhalte sollten dabei die Grundlage der Spielumgebung bilden, aber das Lernen<br />

selbst sollte nicht als Primärinhalt präsentiert werden, da auf diese Weise die spielerische Motivation<br />

verloren gehen kann. Auch wenn das Lernen in einer Schulungssoftware keine untergeordnete<br />

Rolle spielen darf, ist es <strong>hinsichtlich</strong> <strong>gamebasierter</strong> Motivation sinnvoll, den Lerninhalt<br />

nicht zum offensichtlichen Hauptmerkmal der Software zu erheben. Hinsichtlich eines Schulungskonzeptes<br />

wäre deshalb sogar wünschenswert, wenn Spieler nicht wüssten, dass man mit<br />

der Software etwas lernen kann. Auf diese Weise wird ihnen ein freies Spielerlebnis ermöglicht,<br />

das alle Vorteile von Computerspielen, das heißt eine hohe Motivationsmöglichkeit sowie hohe<br />

Lernmöglichkeiten durch das Spielen an sich, bietet. Deshalb ist es wichtig, die Lerninhalte geschickt<br />

in der Spielwelt unterzubringen. So werden die Vorteile des Lernens im Spiel geschickt<br />

genutzt, der Lernende hat Spaß beim Lernen und beschäftigt sich gerne und freiwillig mit der<br />

Software. Bei der Untersuchung der drei <strong>Motivationskonzepte</strong> in dieser Arbeit stellte sich der<br />

dritte Prototyp (SmAmpire) als derjenige heraus, bei dem die Probanden signifikant das Gefühl<br />

hatten, etwas gelernt zu haben. Die Testpersonen schätzten hier das, was sie beim Spielen gelernt<br />

haben, gegenüber den anderen Prototypen als besonders hoch ein. Dies könnte zum einen<br />

daran liegen, dass bei diesem Ansatz tatsächlich mehr als in den anderen Ansätzen gelernt wird,<br />

es könnte aber auch dadurch bewirkt worden sein, dass der Lerninhalt in diesem Ansatz am<br />

offensichtlichsten ist. Um präzise Vorhersagen über didaktische Möglichkeiten der Ansätze machen<br />

zu können, müsste demnach eine Untersuchung vorgenommen werden, die überprüft, nach<br />

welchem Spiel tatsächlich am meisten gelernt worden ist.<br />

81


8Kapitel 8<br />

Ausblick<br />

Die vorgestellte Analyse für die Analyse von Herausforderungen in einem gegebenen Computerspiel<br />

beruht auf dem Ausfüllen eines Analysebogens. Dieser Analysebogen wurde mit dem<br />

Fokus auf Feststellung einer Herausforderungshierarchie erstellt. Die Bearbeitung dieses Analysebogens<br />

ist jedoch sehr zeitaufwändig und kompliziert. Dadurch ist die Analyse mit einem<br />

hohen Zeitaufwand verbunden. Deshalb wäre die Vereinfachung dieses Analysevorgehens wünschenswert.<br />

Dazu könnten sogar halbautomatisierte Verfahren eingesetzt werden, die den Tester<br />

bei der Analyse unterstützen. Auf diese Weise wäre es möglich, mehr Spiele zu analysieren<br />

und somit mehr Herausforderungshierarchien als Grundlage für die Konzeptionalisierung von<br />

<strong>gamebasierter</strong> Schulungssoftware zu erhalten. Sind mehr Herausforderungshierarchien vorhanden,<br />

können Vorteile verschiedener Konzepte kombiniert werden, um so eventuell ein höheres<br />

Motivationspotential und bessere didaktische Möglichkeiten zu bieten. Des Weiteren könnte die<br />

Analyse bezüglich der eigentlichen Spielmechanik erweitert werden. Dabei können Vorgänge<br />

sehr gut mit endlichen Automaten und ähnlichen Graphen modelliert werden. Eine solche Analyse<br />

hätte den Vorteil, dass gegebene Spiele genauer analysiert werden könnten und Informationen<br />

über die Spielmechanik präziser wären. Auf der Basis einer formaleren und damit besser<br />

automatisierbaren Analyse wäre die Entwicklung von Autorenwerkzeugen denkbar. So könnte<br />

beispielsweise ein Autorenwerkzeug für die Entwicklung <strong>gamebasierter</strong> Schulungssoftware<br />

für Industrieanlagen erstellt werden. Hierzu könnten dann auch verschiedene bereits analysierte<br />

und formalisierte Konzepte als Ausgangspunkt mitgeliefert werden. Ein solches Autorenwerkzeug<br />

müsste allerdings eine möglichst dynamische Analyse und Entwicklung von gamebasierten<br />

Schulungsumgebungen erlauben.<br />

Die Überführung von Herausforderungshierarchien in softwaretechnische Konzepte könnte ebenfalls<br />

näher betrachtet werden. Hierbei ist eine weitere Formalisierung der Überführung denkbar.<br />

Auf Basis dieser formaleren Überführung könnten Autorenwerkzeuge, in denen Herausforderungshierarchien<br />

erstellt werden, erstellt werden. Diese Autorenwerkzeuge könnten dann mit<br />

Herausforderungshierarchien und verschiedenen Angaben zu der Spielmechanik wie beispielsweise<br />

einer Verknüpfung von verschiedenen Ereignissen und Zuständen weitestgehend fertige<br />

Spiele generieren. Dies hätte den Vorteil, dass die Herausforderungshierarchien entweder komplett<br />

eigenständig entwickelt worden sein könnten oder wie in dieser Arbeit auf Basis von an-<br />

82


8 Ausblick<br />

deren Herausforderungshierarchien entwickelt worden sein könnten. Auf diese Weise könnten<br />

zum einen mehr Spiele zum Testen von didaktischen Möglichkeiten und auch <strong>Motivationskonzepte</strong>n,<br />

zum anderen auch die endgültigen Schulungsprogramme erstellt werden. Ein weiterer<br />

Vorteil wäre die Möglichkeit, Schulungskonzepte schnell abzuändern und anzupassen. So könnten<br />

einmal entwickelte Spiele, die bereits mit einem funktionierenden didaktischen Konzept<br />

ausgestattet sind, mit anderen Inhalten für andere Industrieanlagen ausgestattet werden. Diese<br />

Autorenwerkzeuge könnten selbstverständlich auch für andere Schulungseinsätze außer der<br />

Schulung für Industrieanlagen verwendet werden.<br />

Um die vorliegenden Ergebnisse weiter zu verfestigen, vor allem bezüglich des Flow-Erlebens,<br />

wäre eine Untersuchung mit einer größeren Stichprobe als der für die Arbeit untersuchten angebracht.<br />

Dazu könnte das hier vorgestellte und vollständige Evaluationskonzept angewendet<br />

werden. Auf diese Weise könnte beispielsweise untersucht werden, ob der Tetris-ähnliche Ansatz<br />

tatsächlich in der Möglichkeit, Flow-Erleben zu ermöglichen, den anderen beiden Ansätzen<br />

überlegen ist. Weiterhin wäre eine Evaluation der didaktischen Möglichkeiten denkbar. Dazu<br />

müsste gemessen werden, ob der gamebasierte Ansatz einen didaktischen Vorteil gegenüber<br />

einer Schulung ohne Spieleeinsatz bietet. Dies könnte beispielsweise mit der erzielten Lernleistung<br />

evaluiert werden. Problematisch hierbei ist allerdings, dass dazu ein vollständiges Schulungskonzept<br />

ohne Spieleeinsatz sowie eines mit Spieleeinsatz entwickelt werden müssten, die<br />

ungefähr gleichwertig sind.<br />

Die Entwicklung eines vollständiges Schulungskonzeptes könnte deshalb in das Zentrum zukünftiger<br />

Arbeiten gerückt werden. Dabei dürfte ein <strong>gamebasierter</strong> Ansatz durchaus Erfolgsaussichten<br />

haben, da diese Arbeit gezeigt hat, dass Flow-Erleben mit dem gamebasierten Ansatz<br />

möglich ist und damit die intrinsische Motivation gezielt erzeugt und genutzt werden kann. Allerdings<br />

könnten einerseits Computerspiele als Teil eines Gesamtschulungskonzeptes gesehen<br />

werden, zum Beispiel, um den Lernenden eine unterstützende Komponente, auf die freiwillig zu<br />

beliebigen Zeitpunkten zugegriffen werden kann, an die Hand zu geben. Andererseits könnten<br />

Computerspiele aber auch als Hauptkomponente einer Schulung konzipiert werden, um so die<br />

Vorteile von Computerspielen in didaktischer und motivationaler Hinsicht ohne Einschränkungen<br />

nutzen zu können.<br />

83


Abbildungsverzeichnis<br />

1.1 Die SmA - Smart Automation Anlage der Siemens AG in Nürnberg. . . . . . . 9<br />

4.1 Tetris auf dem Gameboy. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

4.2 Eine Spielszene aus Armadillo Run. Das zusammengerollte Armadillo (rechts<br />

oben) muss in die blaue Zone links unten befördert werden. Dazu stehen mehrere<br />

Bauteile (in der Mitte unten) zur Verfügung, die gekauft und mit den schwarzen<br />

Punkten in der Spielwelt verbunden werden können. . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

4.3 Zwei Spielszenen aus Vampire: Bloodlines. Links ist der Mentor zu sehen, der<br />

dem Spieler zu Spielanfang an die Seite gestellt wird und ihm das Vampirleben<br />

erklärt. Rechts daneben ist die Spielfigur unterwegs in einer nächtlichen Stadt. . 38<br />

4.4 Die Herausforderungshierarchie von Tetris. Sie wird durch wenige verschiedene<br />

Herausforderungen gekennzeichnet, die sich ständig wiederholen. . . . . . . . 39<br />

4.5 Auszug aus der Herausforderungshierarchie von Armadillo Run. Zu erkennen<br />

sind die Levelstruktur und die immerwiederkehrenden Hauptaufgaben wie beispielsweise<br />

die Aufgabe „Bringe das Gürteltier in die blaue Zone“. . . . . . . 41<br />

4.6 Ein Auszug aus der Herausforderungshierarchie von Vampire: Bloodlines. Die<br />

Herausforderungshierarchie wurde zur Darstellung aufgrund <strong>ihrer</strong> Komplexität<br />

auf einen exemplarischen Auszug reduziert, der die wesentlichen Züge der Herausforderungen<br />

skizziert. Die Herausforderung wird durch Quests charakterisiert,<br />

die sich unterschiedlich komplex in Teilherausforderungen gliedern. . . . 43<br />

5.1 Die virtualisierte Version der SmA. Diese Version diente als Ausgangspunkt für<br />

die Entwicklung der Prototypen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

5.2 Als Spielfigur diente ein an der Universität Koblenz vorhandenes animiertes Modell<br />

eines Gnomen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

5.3 Herleitung einer Klassendiagramms aus einer Herausforderungshierarchie. Da<br />

die Herausforderung 1 offenbar mehrere Herausforderungen, die sich ähnlich<br />

sein können, besitzt, wurde aus Herausforderung 1 eine Klasse „Challengetype_1“<br />

erstellt und die Herausforderungen 2 und 3 zu einer Klasse „Challengetype_2“<br />

zusammengefasst. Die beiden Klassen wurden mit einer Assoziation<br />

verbunden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />

84


Abbildungsverzeichnis<br />

5.4 Eine Herausforderung, die sich in unterschiedliche, nicht ähnliche Herausforderungen<br />

unterteilt, kann in ein Klassendiagramm durch die Modellierung einer<br />

Klasse „Challengetype_1“ überführt werden. Die weiter unten liegenden Herausforderungen<br />

werden in jeweils eine Klasse überführt. Weiterhin wird mit<br />

Hilfe von Assoziationen die Tatsache modelliert, dass eine Herausforderung des<br />

Typs „Challengetype_1“ unter Umständen jeweils mehrere Herausforderungen<br />

der Typen „Challengetype_2“ und „Challengetype_3“ besitzen kann. . . . . . . 50<br />

5.5 Auszug aus der Herausforderungshierarchie für den ersten Prototyp: SmAshing-<br />

Gnome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

5.6 Herleitung eines ersten Klassendiagramms aus der Herausforderungshierarchie<br />

für SmAshingGnome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

5.7 Klassendiagramm für SmAshingGnome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />

5.8 Spielszene aus SmAshingGnome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />

5.9 Die Herausforderungshierarchie für SmArmadilloGnome. . . . . . . . . . . . . 56<br />

5.10 Herleitung eines ersten Klassendiagramms aus der Herausforderungshierarchie<br />

für SmArmadilloGnome. Zur größeren Übersichtlichkeit wurden sich wiederholende<br />

Herausforderungen weggelassen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

5.11 Das Klassendiagramm für SmArmadilloGnome. . . . . . . . . . . . . . . . . . 58<br />

5.12 Spielszene aus SmArmadilloGnome. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

5.13 Die Herausforderungshierarchie für SmAmpire. . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

5.14 Herleitung eines ersten Klassendiagramms für SmAmpire. . . . . . . . . . . . 61<br />

5.15 Das Klassendiagramm für SmAmpire. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

5.16 Spielszene aus SmAmpire. Der Tutorgnom hat dem Spieler eine Aufgabe ohne<br />

Zeitlimit gegeben. Das nächste Ziel innerhalb dieser Aufgabe wird rechts oben<br />

angezeigt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />

85


Tabellenverzeichnis<br />

6.1 Übersicht über die Probandengruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

6.2 Übersicht über die mit Computerspielen verbrachte Zeit der Probanden im letzten<br />

halben Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

6.3 Einstellung der Probanden gegenüber Computerspielen und technischen Anlagen 72<br />

6.4 Gegenüberstellung der Mediane aus den Herausforderungsitems für die einzelnen<br />

Spiele, die nach den Instruktionsvideos und vor dem Spielen abgefragt wurden. 75<br />

6.5 Gegenüberstellung der Mediane aus den Interessensitems für die einzelnen Spiele,<br />

die nach den Instruktionsvideos und vor dem Spielen abgefragt wurden. . . 76<br />

6.6 Gegenüberstellung der erzeugten Flow-Werte der drei Spiele. . . . . . . . . . . 77<br />

6.7 Gegenüberstellung der Einschätzung der Probanden bezüglich der didaktischen<br />

Möglichkeiten der Spiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

6.8 Gegenüberstellung der Angaben zu dem Gefühl der Probanden, ob sie etwas<br />

beim Spielen der Prototypen gelernt haben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

86


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. 2004, Abruf: 28.06.2009<br />

88


Literaturverzeichnis<br />

[RSL + 05] RAVAJA, Niklas ; SAARI, Timo ; LAARNI, Jari ; KALLINEN, Kari ; SALMINEN,<br />

Mikko ; HOLOPAINEN, Jussi ; JÄRVINEN, Aki: The Psychophysiology of Video<br />

Gaming: Phasic Emotional Responses to Game Events. <br />

. 2005, Abruf: 28.06.2009<br />

[RVB01] RHEINBERG, Falko ; VOLLMEYER, Regina ; BURNS, Bruce D.: FAM:<br />

Ein Fragebogen zur Erfassung aktueller Motivation in Lern- und Leistungssituationen.<br />

<br />

. 2001, Abruf: 28.06.2009<br />

[RVE03] RHEINBERG, Falko ; VOLLMEYER, Regina ; ENGESER, Stefan: Die Erfassung<br />

des Flow-Erlebens. <br />

. 2003, Abruf: 28.06.2009<br />

[Sic08] SICART, Miguel: Defining Game Mechanics. <br />

. 2008, Abruf: 28.06.2009<br />

[SK06] SCHOTT, Gareth ; KAMBOURI, Maria: Social Play and Learning. In: Computer<br />

Games - Text, Narrative and Play. Cambridge, UK : Polity Press, 2006<br />

[Wec09] WECHSELBERGER, Ulrich: Einige theoretische Überlegungen über das pädagogische<br />

Potential digitaler Lernspiele. 2009<br />

[Wei06] WEIDENMANN, Bernd: Multicodierung und Multimodalität im Lernprozess. 2006<br />

[Zim99] ZIMBARDO, Gerrig: Psychologie. 7. Auflage. Berlin : Springer, 1999<br />

89


AAnhang A<br />

Analysebogen für die Analyse von<br />

Herausforderungen<br />

I


A Analysebogen für die Analyse von Herausforderungen<br />

Kategorisierung der Herausforderung<br />

Welches Ziel besitzt die Herausforderung? (Imperativ benutzen)<br />

Natürlichsprachliche, kurze Beschreibung der Herausforderung<br />

In welche Kategorien kann die Herausforderung eingeordnet werden (mehrere<br />

Kategorien sind möglich)?<br />

Physical Coordination Challenge<br />

Logic and Mathematical Challenge<br />

Races and Time Pressure<br />

Factual Knowledge Challenge<br />

Memory Challenge<br />

Pattern Recognition Challenge<br />

Exploration Challenge<br />

Conflict<br />

Economic Challenge<br />

Conceptual Reasoning and Lateral Thinking Puzzle<br />

Analyse der Schwierigkeit<br />

Worin liegt die Schwierigkeit der Herausforderung?<br />

Intrinsische Fähigkeit des Spielers<br />

Anspannung<br />

Beides<br />

Wie viele Anläufe wurden zum Überwinden der Herausforderung benötigt?<br />

Falls mehr als ein Anlauf benötigt wurde: Woran scheiterte die Überwindung der<br />

Herausforderung?<br />

Es stand zu wenig Zeit zur Verfügung.<br />

Die gewählte Strategie ist nicht aufgegangen.<br />

Es waren nicht genügend Informationen verfügbar.<br />

Die sensomotorischen Fähigkeiten des Testers reichten nicht aus.<br />

II


A Analysebogen für die Analyse von Herausforderungen<br />

Einordnung in die Herausforderungshierarchie<br />

Handelt es sich um eine atomare Herausforderung des Spiels?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Welche Bedeutung besitzt sie bezüglich der Haupthandlung?<br />

Das Spiel kann ohne das Bezwingen der Herausforderung erfolgreich beendet werden.<br />

Das Spiel kann ohne das Bezwingen der Herausforderung nicht erfolgreich beendet werden.<br />

Der Spieler erhält signifikante Vorteile, die den weiteren Spielverlauf erleichtern.<br />

Der Spieler erhält keine erleichternden Vorteile, aber andersartige Belohnungen.<br />

Ist die Herausforderung explizit oder implizit?<br />

Explizit<br />

Implizit<br />

Sonstiges<br />

Gab es zwischen dieser und der vorhergehenden Herausforderung eine ruhigere<br />

Spielphase?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Kam die Herausforderung so oder sehr ähnlich bereits vor?<br />

Ja<br />

Nein<br />

III


BAnhang B<br />

Fragebögen für die Evaluation<br />

IV


Alter:_____<br />

Geschlecht: weiblich männlich<br />

Allgemeine Angaben<br />

trifft trifft kann ich nicht<br />

nicht zu zu beantworten<br />

Computerspiele finde ich prinzipiell gut. 1 2 3 4 5 6 7 <br />

Technische Anlagen & Geräte finde ich 1 2 3 4 5 6 7 <br />

interessant<br />

Ungefähr wieviele Stunden wöchentlich<br />

haben Sie Spiele aus den jeweiligen<br />

Genres im letzten halben Jahr gespielt?<br />

B Fragebögen für die Evaluation<br />

Action Strategie Rollenspiele Sport Adventure<br />

V


B Fragebögen für die Evaluation<br />

Nun möchte ich wissen, wie Ihre momentane Einstellung zu der beschriebenen Aufgabe ist. Dazu<br />

finden Sie auf dieser Seite Aussagen. Kreuzen Sie bitte jene Zahl an, die auf Sie am besten passt.<br />

trifft trifft kann ich nicht<br />

nicht zu zu beantworten<br />

1. Ich mag solche Rätsel und Knobeleien. 1 2 3 4 5 6 7 <br />

2. Die Aufgabe ist eine richtige 1 2 3 4 5 6 7 <br />

Herausforderung für mich.<br />

3. Nach dem Video erscheint 1 2 3 4 5 6 7 <br />

mir die Aufgabe sehr interessant.<br />

4. Ich bin sehr gespannt darauf, 1 2 3 4 5 6 7 <br />

wie gut ich hier abschneiden werde.<br />

5. Ich bin fest entschlossen, mich 1 2 3 4 5 6 7 <br />

bei dieser Aufgabe voll anzustrengen.<br />

6. Bei Aufgaben wie dieser brauche ich 1 2 3 4 5 6 7 <br />

keine Belohnung, sie machen mir auch<br />

so viel Spaß.<br />

7. Wenn ich die Aufgabe schaffe, werde 1 2 3 4 5 6 7 <br />

ich schon ein wenig stolz auf meine<br />

Tüchtigkeit sein.<br />

8. Eine solche Aufgabe würde ich 1 2 3 4 5 6 7 <br />

auch in meiner Freizeit bearbeiten.<br />

VI


Beziehen Sie sich bitte bei der Beantwortung der Fragen auf die soeben unterbrochene Tätigkeit.<br />

● Ich fühle mich optimal beansprucht.<br />

● Meine Gedanken bzw. Aktivitäten laufen flüssig und glatt.<br />

● Ich merke gar nicht, wie die Zeit vergeht.<br />

● Ich habe keine Mühe, mich zu konzentrieren.<br />

● Mein Kopf ist völlig klar.<br />

● Ich bin ganz vertieft in das, was ich gerade mache.<br />

● Die richtigen Gedanken/Bewegungen kommen wie von selbst.<br />

● Ich weiß bei jedem Schritt, was ich zu tun habe.<br />

● Ich habe das Gefühl, den Ablauf unter Kontrolle zu haben.<br />

● Ich bin völlig selbstvergessen<br />

● Es steht für mich etwas wichtiges auf dem Spiel.<br />

● Ich darf jetzt keine Fehler machen.<br />

● Ich mache mir Sorgen über einen Misserfolg.<br />

● Verglichen mit allen anderen Tätigkeiten, die ich sonst<br />

mache, ist die jetzige Tätigkeit...<br />

● Ich denke, meine Fähigkeiten auf diesem Gebiet sind...<br />

● Für mich persönlich sind die jetzigen Anforderungen...<br />

● Ich denke, das Spiel kann einen Lerninhalt vermitteln.<br />

● Das Spiel hätte mir etwas vermittelt, wenn es<br />

um Lernen gegangen wäre.<br />

B Fragebögen für die Evaluation<br />

trifft kann ich nicht<br />

nicht zu teils-teils trifft zu beantworten<br />

leicht schwer<br />

niedrig hoch<br />

zu niedrig gerade richtig zu hoch<br />

trifft nicht zu trifft zu<br />

VII


Nach dem Spiel wäre ich Ihnen für die stichwortartige Beantwortung dieser Frage dankbar.<br />

1. Was hat Ihnen an dem Spiel gut gefallen?<br />

2. Was hat Ihnen an dem Spiel nicht gut gefallen?<br />

B Fragebögen für die Evaluation<br />

3. Haben Sie für das Spiel konkrete Verbesserungsvorschläge? Wenn ja, wie lauten sie?<br />

VIII

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