Wie Mediaagenturen mit Trading “bombig ... - ziesmannmedia
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marketing traDing<br />
26<br />
So funktioniert’s<br />
verkauft zu<br />
20%<br />
des Listenpreises<br />
Beim trading kauft eine<br />
media-agentur den<br />
Vermarktern auf eigenes<br />
risiko kontingente an<br />
Werbeplätzen ab – gegen<br />
rabatte von bis zu<br />
90 prozent. Das inventar<br />
verkauft sie an kunden<br />
<strong>mit</strong> aufschlag weiter.<br />
...verdient<br />
200 000 €<br />
Werben & Verkaufen 3 19/2012<br />
trading-rabatte:<br />
die große Versuchung<br />
meDia-transparenz Großkonzerne schließen <strong>Trading</strong> inzwischen vertraglich aus.<br />
Media-Agenturen ködern da<strong>mit</strong> meist <strong>mit</strong>telständische Kunden – und verdienen bombig.<br />
Wenn man einem Kind einen Keks hinhält oder eine andere<br />
süße Leckerei, dann kann es schwer widerstehen. Würde<br />
man das Kind lassen – es würde sich vor allem von Süßigkeiten<br />
ernähren. Es würde rund und dick, und irgendwann<br />
krank werden. Und nicht einmal wissen, warum.<br />
Ähnlich verlockend wie eine Süßigkeit müssen auf manche<br />
Kunden die hochrabattierten <strong>Trading</strong>-Angebote ihrer<br />
Media-Agenturen wirken. Beim <strong>Trading</strong> kauft die Media-<br />
Agentur den Medienvermarktern Werbezeiten und -flächen<br />
auf eigenes Risiko, aber für wenig Geld ab, und verkauft sie<br />
<strong>mit</strong> sattem Preisaufschlag an Werbekunden weiter. Sie sind<br />
dennoch für einige Werbekunden hoch genug rabattiert, um<br />
nach einem guten Geschäft auszusehen (s. Grafik).<br />
<strong>Trading</strong> wird seit geraumer Zeit heftig diskutiert. Zuletzt<br />
wieder, weil Deutschlands mächtigstes Einkaufsnetzwerk<br />
Group M durch bedeutende Etatgewinne noch mächtiger<br />
geworden ist und schätzungsweise 6,7 Milliarden Euro<br />
1 WERBEPAKET<br />
Brutto-Wert:<br />
1 Mio. €<br />
preis: 200 000 €<br />
verkauft zu<br />
60%<br />
des Listenpreises<br />
Die media-agentur mischt<br />
die günstig erworbenen<br />
Werbeplätze in die<br />
media-einkaufspläne, die<br />
sie ihren kunden anbietet.<br />
Weil sie als Händler auftritt<br />
und das günstig erworbene<br />
inventar in plänen<br />
„veredelt“, erzielt sie<br />
hohen profit.<br />
...verdient<br />
400 000 €<br />
Billings verwaltet (W&V 17/12 und 18/12). Ihr <strong>Trading</strong>chef<br />
Georg Berzbach hatte vergangenes Jahr unvorsichtigerweise<br />
hinausposaunt, wie aggressiv die Einkaufs-Holding <strong>Trading</strong><br />
als Geschäftsmodell vorantreibt. Das Problem dabei: Je mehr<br />
Media-Milliarden ihrer Kunden eine Agentur bündelt, desto<br />
mächtiger ist sie. Sie kann Medien unter Druck setzen, noch<br />
mehr Werbeflächen billig an sie herauszugeben. Doch eine<br />
Agentur, die ihren Kunden eigentlich die bestmögliche Beratung<br />
in der Mediaplanung bieten soll, gerät in Interessenskonflikte,<br />
wenn sie selbst als Verkäufer von Werberaum<br />
auftritt. Sie verkauft dann möglicherweise nicht mehr die<br />
bestmögliche Lösung für den Kunden, sondern die profitabelste<br />
für die Agentur. Die Medien ihrerseits werden immer<br />
abhängiger von mächtigen Agenturen, sie verlieren die Preishoheit<br />
und bluten aus.<br />
Setzte sich das Händlermodell durch, wäre es ein neuer<br />
Turbo für Intransparenz im Media-Geschäft: „<strong>Trading</strong> ist<br />
10 WERBEPAKETE<br />
Brutto-Wert pro paket:<br />
100 000 €<br />
preis pro paket:<br />
60 000 €<br />
WerBekUnDen...<br />
zahlen<br />
60%<br />
des Listenpreises<br />
Die agentur kann ihren<br />
kunden preislich interessante<br />
Werbeplätze<br />
anbieten. Vor allem<br />
kleinere Firmen und<br />
<strong>mit</strong>telständler kommen so<br />
in genuss von rabatten in<br />
einer Höhe, die sonst nur<br />
großkunden <strong>mit</strong> hohen<br />
einkaufsvolumina erzielen.<br />
...zahlen<br />
600 000 €<br />
©
Fotos: Christoph Born; Unternehmen<br />
heute das, was früher versteckte<br />
Kickbacks waren“, bringt es der<br />
Media-Chef eines Großkonzerns<br />
auf den Punkt. Und der<br />
böse Bube ist offenbar nicht nur<br />
die Group M: „Das machen fast<br />
alle“, sagt der Manager, der<br />
nicht genannt werden will. Einen<br />
weißen Ritter unter den<br />
Agenturen zu finden, sei schwierig.<br />
Doch die Agenturen könnten<br />
das umstrittene Gut ja nicht<br />
verkaufen, gäbe es dafür keine<br />
Abnehmer. Predigen die Unternehmen<br />
hier wieder einmal<br />
Transparenz, während sie hintenherum<br />
doch wieder nur noch<br />
mehr Einkaufsvorteile herausholen<br />
wollen? Schließlich weist<br />
die Organisation der Werbungtreibenden<br />
im Markenverband<br />
(OWM) <strong>mit</strong> ihren rund 100 Mitgliedern<br />
ausgiebig auf die Gefahren<br />
des <strong>Trading</strong> hin.<br />
Die Media-Manager großer<br />
Konzerne scheinen tatsächlich<br />
gegenzusteuern. Der Konsumgüterriese<br />
Nestlé, Konzerne wie<br />
die Deutsche Telekom oder Unilever<br />
haben nach W&V-Informationen<br />
in den Verträgen <strong>mit</strong><br />
ihren Agenturen ausgeschlossen,<br />
<strong>Trading</strong>-Kontingente in<br />
ihre Einkaufspläne gemischt zu<br />
bekommen. Zum Teil offenbar<br />
auch gegen den Widerstand der<br />
Agentur, die argumentiert hatte,<br />
bei Großkunden sei der Anteil<br />
an <strong>Trading</strong>-Inventar im Einkaufsplan<br />
ohnehin zu vernachlässigen.<br />
„Sehr viele Werbungtreibende<br />
unterschiedlicher<br />
Größe haben inzwischen <strong>Trading</strong><br />
vertraglich ausgeschlossen,“<br />
sagt der OWM-Vorstandsvorsitzende<br />
Uwe Becker.<br />
Zudem wächst bei den großen<br />
Unternehmen der Missmut<br />
darüber, dass die Agenturen<br />
zwar ihre Media-Millionen benutzen,<br />
um bei den Medien<br />
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The fine Arts of digital Media
marketing traDing<br />
Thorsten Müller Der<br />
reckitt-Benckisermanager<br />
testet die<br />
trennung von<br />
planung und einkauf.<br />
Tina Beuchler Die<br />
nestlé-mediachefin<br />
fordert media-<br />
expertise im eigenen<br />
Unternehmen.<br />
hochrabattierte <strong>Trading</strong>-Volumina herauszupressen, die so<br />
erlangten Rabattvorteile aber quasi „sozialisiert“ werden.<br />
Denn um die eigene Profitmaschine zu ölen, lohnt es sich<br />
für die Agenturen offenbar vor allem, <strong>Trading</strong>-Volumen an<br />
kleinere Kunden und Mittelständler zu verhökern. Es lässt<br />
sich an einer einfachen Modellrechnung demonstrieren,<br />
dass die Agenturen daran am meisten verdienen.<br />
Kauft die Agentur einen 1000-Euro-Spot<br />
vom Vermarkter für 200 Euro, kann sie diesen<br />
an einen Großkunden für maximal 500<br />
Euro weiterverkaufen. Denn der bekommt<br />
dank seines Volumens ohnehin einen Rabatt<br />
von 50 oder 60 Prozent. Verdient hätte die<br />
Agentur also nur 200 bis 300 Euro. Von kleineren<br />
Werbekunden kann sie für den Spot<br />
dagegen 700 oder 800 Euro verlangen. Der<br />
Mittelständler müsste regulär 900 Euro bezahlen<br />
und freut sich über einen Preisnachlass,<br />
von dem er bisher nur geträumt hatte.<br />
Die Agentur freut sich auch: Statt 300 Euro<br />
Gewinn sackt sie 500 oder 600 Euro ein.<br />
Manch ein Mittelständler ahnt nicht, was er sich da<strong>mit</strong><br />
einhandelt. Er setzt der Agentur durch den Kauf von <strong>Trading</strong>-<br />
Material Anreize, Planungen zu erstellen, die nicht ausschließlich<br />
an der bestmöglichen Lösung für den Kunden<br />
orientiert sind. Im Verkaufssprech der Agentur taucht der<br />
<strong>mit</strong>unter schiefe Mediaplan dann zum Beispiel als „Premium-<br />
Rotation“ auf. Doch an der Rotation sei oft „überhaupt nichts<br />
Premium außer die Marge der Agentur“, lästert die Media-<br />
Chefin eines Markenartikelunternehmens. Sie vermutet, dass<br />
viele kleinere Kunden nicht einmal wissen, dass sie <strong>Trading</strong>-<br />
Volumen im Plan haben. Manchmal nehmen sie vielleicht für<br />
die schönen Rabatte die Intransparenz einfach in Kauf.<br />
Mustervertrag<br />
OWm-anwalt thomas<br />
salomon von Hogan<br />
Lovells gibt <strong>mit</strong>gliedern<br />
„Media ist<br />
nicht schwierig,<br />
es wird nur<br />
kompliziert<br />
gemacht“<br />
Media-Manager eines<br />
Unternehmens, das<br />
die media-strategie im<br />
eigenen Haus steuert.<br />
Nach W&V-Informationen versuchen Agenturen inzwischen<br />
oft, Rabattvorteile durch <strong>Trading</strong> vertraglich <strong>mit</strong> einem<br />
Verzicht des Kunden auf sämtliche Einblicke in die<br />
Preisgestaltung und einem Verzicht auf Auditing zu verbinden.<br />
<strong>Trading</strong>-Sonderangebote werden dem Kunden auch<br />
außerhalb des regulären Vertrags schmackhaft gemacht.<br />
Manche Agenturen versuchten inzwischen, Verträge nur<br />
noch <strong>mit</strong> <strong>Trading</strong>-Anteil zu schließen, sagt<br />
ein Insider.<br />
Ein anderes, etwas weniger aggressives<br />
Vertragsmodell, erlaubt der Agentur, <strong>Trading</strong>-Material<br />
anbieten zu dürfen – ohne<br />
Abnahmeverpflichtung für den Kunden.<br />
Wenn sich ein Kunde darauf einlässt, sollte<br />
er die Agentur wenigstens verpflichten, <strong>Trading</strong>-Kontingente<br />
eindeutig zu kennzeichnen,<br />
empfiehlt die OWM in ihrem aktualisierten<br />
Mustervertrag (s. Abbildung).<br />
Kunden wie Thorsten Müller entgegnen<br />
der erneut zunehmenden Intransparenz der<br />
Agenturen auf ihre Weise. Der Medialeiter von Reckitt<br />
Benckiser Central Europe hat die strategische Planung in<br />
die Hände von Initiative Media gelegt und vom Einkauf (Vivaki/Zenithmedia)<br />
getrennt.<br />
„Die Trennung von Planung und Einkauf ermöglicht eine<br />
andere Zusammenarbeit <strong>mit</strong> der Strategieagentur. Sie ist<br />
losgelöst von möglichen Einkaufsgarantien, die eine Agentur<br />
sonst auch erfüllen muss“, sagt Müller. Und ganz nebenbei<br />
können sich die Agenturen auch noch kontrollieren. Das koste<br />
anfangs „etwas Aufwand an den Schnittstellen“, doch den<br />
Abstimmungsaufwand habe man inzwischen im Griff, sagt<br />
der Media-Manager. Sollte der „ergebnisoffene Versuch“ sich<br />
bewähren, überlege der Konzern, das Modell auch in anderen<br />
großen Märkten anzuwenden. Gespannt beobachtet die<br />
Branche nun, ob auch bei dem globalen Unilever-Pitch (geschätztes<br />
Volumen 3,5 Milliarden Euro) die Trennung von<br />
Einkauf und Planung eine Rolle spielen wird.<br />
Unabhängig davon, welchen Weg ein Kunde wählt – ob<br />
er Planung und Einkauf trennt, externe Auditoren hinzuzieht<br />
oder auch nur <strong>mit</strong> einer Agentur beide Disziplinen<br />
steuern will – für Nestlé-Media-Chefin Tina<br />
Beuchler ist dabei ein Gedanke grundlegend: „Für<br />
Unternehmen ist es der größte Zugewinn an<br />
Transparenz und Wirkung, wenn die Media-Expertise<br />
im eigenen Unternehmen vorhanden ist.“<br />
Die Media-<br />
Managerin <strong>mit</strong> langjähriger Agenturerfahrung ist<br />
überzeugt, dass die Zeit der reinen Einkaufsoptimierer<br />
unter den Agenturen abläuft. „Je mehr man<br />
zur Einkaufsmaschine wird, desto mehr kann man<br />
von intelligenten Technologien abgelöst werden. In<br />
Judith Pfannenmüller 3 jup@wuv.de