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"Altona bei Eldena" erschienen in "Schwerpunkt Heimat Altona"

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AltonA <strong>bei</strong> eldenA<br />

E<strong>in</strong> Meckelbörger will<br />

Meckelbörger blieben!<br />

Die Autor<strong>in</strong> und Journalist<strong>in</strong> Bärbel Wegner lebt und ar<strong>bei</strong>tet <strong>in</strong> <strong>Altona</strong>.<br />

Meistens. Im Sommer 2007 verbrachte sie drei Monate <strong>in</strong> Mecklenburg-<br />

Vorpommern. Sie nahm sich vor, e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Artikel über <strong>Altona</strong> <strong>bei</strong><br />

Eldena zu schreiben. Hier ist er.<br />

:: TexT: BärBel Wegner, FoTos: KrisT<strong>in</strong>a WedeK<strong>in</strong>d ::<br />

Usto dolore mod eratums andreet<br />

lum <strong>in</strong>g exercipis dunt<br />

numsan utat. Duiscip exerit<br />

eliquisi.<br />

Hans-Joachim dowe ist stolz auf<br />

se<strong>in</strong> Haus.1891 hat es der großvater<br />

gekauft. da war es noch e<strong>in</strong>e<br />

schmiede. 10 Hektar Boden gehörten dazu.<br />

ortsterm<strong>in</strong> altona <strong>bei</strong> eldena – wir sitzen<br />

im Wohnzimmer der eheleute dowe. Und<br />

haben viel Zeit. Für die wenigen Bewohner<br />

altonas <strong>bei</strong> eldena. eldena liegt an der elde.<br />

Wir kommen aus altona. Welches an der elbe<br />

liegt. Und M<strong>in</strong>ute für M<strong>in</strong>ute weiter entfernt<br />

ersche<strong>in</strong>t.<br />

se<strong>in</strong> großvater sei <strong>bei</strong> den dragonern gewesen,<br />

erzählt Hans-Joachim dowe. Bei den<br />

berittenen. dowe dreht <strong>bei</strong> jedem auto, das<br />

auf der e<strong>in</strong>zigen straße entlang fährt, den<br />

Kopf zum Fenster. Und erzählt vom großvater,<br />

vom deich und von den Pferden: „Wenn<br />

der deich bricht, merken die Pferde das als<br />

erstes!“<br />

dann ritten die dragoner, mit der Post, die<br />

sie <strong>bei</strong> Hochwasser austrugen, um ihr leben.<br />

1888, da brach der elbdeich, <strong>bei</strong> dömitz. dömitz,<br />

auch das sche<strong>in</strong>t weit weg. aber wir<br />

er<strong>in</strong>nern uns, wir überquerten da die elbe.<br />

Und schauten vergnügt und wie jedesmal erstaunt<br />

<strong>in</strong> die weite elblandschaft.<br />

„Wir kommen aus altona und schreiben e<strong>in</strong>en<br />

25 Bewohner<br />

und neun Häuser<br />

hat <strong>Altona</strong><br />

Bericht für das altona-Magaz<strong>in</strong>.“ dowe ist es<br />

recht, er nickt bedächtig mit dem Kopf, viele<br />

Male. die archivar<strong>in</strong>, die e<strong>in</strong>e Chronik über<br />

eldena verfasst hat, hat uns, Journalist<strong>in</strong> und<br />

Fotograf<strong>in</strong>, das gespräch mit ihm vermittelt.<br />

doch der eigentliche Mittler war – „altona“<br />

– das ortse<strong>in</strong>gangsschild. das wir lange betrachteten.<br />

Und mehr wissen wollten. Und<br />

<strong>in</strong> eldena herumfragten. Beim Bürgermeister,<br />

<strong>bei</strong>m Makler und <strong>bei</strong> der Pastor<strong>in</strong>. nun<br />

sitzen wir <strong>bei</strong> den dowes im Haus.<br />

Hans-Joachim dowe erzählt vom straßenfest.<br />

e<strong>in</strong> Fest <strong>in</strong> diesem sommer <strong>in</strong> altona <strong>bei</strong> eldena:<br />

„26 Mann waren da. erst gab es Kaffee<br />

und Kuchen, dann wurde gegrillt.“<br />

Wir bef<strong>in</strong>den uns <strong>in</strong> der Heidelandschaft des<br />

südwestlichen Mecklenburgs, unweit von ludwigslust<br />

und dömitz. 25 Bewohner und neun<br />

Häuser hat altona, e<strong>in</strong> ortsteil von eldena,<br />

und ist mit diesem durch e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Brücke<br />

verbunden. dieses altona liegt <strong>in</strong> der „griese<br />

gegend“, jener verträumten langgezogenen<br />

landschaft mit flachen und lichten Kiefernforsten,<br />

durchschnitten von langen sandwegen.<br />

e<strong>in</strong>e gegend, die Pferdeleute lieben,<br />

langstreckenreiter zum Beispiel, e<strong>in</strong> distanzreitzentrum<br />

liegt ganz <strong>in</strong> der nähe.<br />

auch hier <strong>in</strong> eldena achtet man auf abstand.<br />

Und neckt die leute, die h<strong>in</strong>ter der kle<strong>in</strong>en<br />

Brücke wohnen: „ihr seid <strong>in</strong> altona, ihr gehört<br />

gar nicht hierher!“ so geht das, hüben<br />

wie drüben... die kle<strong>in</strong>e Brücke wird noch<br />

häufiger <strong>in</strong>s gespräch kommen, ebenso wie<br />

der großvater.<br />

denn der freundliche, ruhig erzählende senior,<br />

Jahrgang 1931, hat se<strong>in</strong>en leiblichen<br />

Vater kaum gesehen, Ferd<strong>in</strong>and dowe war<br />

von 1939 bis 1955 im Krieg und <strong>in</strong> der Kriegsgefangenschaft.<br />

der großvater war gärtner.<br />

Mit dem sohn Ferd<strong>in</strong>and lieferte er die<br />

selbst gebundenen Kränze <strong>bei</strong> Todesfällen<br />

mit dem Wagen aus. „erst wurde mit zwei<br />

Kühen ausgefahren“, er<strong>in</strong>nert sich dowe,<br />

„später mit Pferden.“<br />

se<strong>in</strong> geliebter großvater verstarb 1950, doch<br />

Jahre zuvor begab sich etwas <strong>in</strong> altona, das<br />

für ihn und se<strong>in</strong>e mittlerweile sich zu uns<br />

gesellende Frau immer noch alle bislang erzählten<br />

geschichten überschattet: am 2. april<br />

1945 kamen „die russen.“ Beide dowes erzählen<br />

so detailgetreu von gewalt und Übergriffen<br />

an Frauen und Mädchen, dass uns das<br />

Teetr<strong>in</strong>ken für e<strong>in</strong>e Weile vergeht.<br />

800 russen besetzten altona. das vor<br />

dem Krieg nur von knapp 20 Menschen<br />

bewohnt war – doch 1945 bereits von vielen<br />

Umsiedlern und Flüchtl<strong>in</strong>gen. ><br />

Orte : : ALTONA MAGAZIN 21


Xero odigna conummy num<br />

nostrud dit ip esenism odiamco<br />

nsendig nisisl do et ilisl iusciduis<br />

esenit nullut laorem zzriliquisse<br />

eugait veliqua t<strong>in</strong>cil dol<br />

22 ALTONA MAGAZIN : : Orte<br />

der ort eldena war zum ende des Krieges<br />

geteilt, zwischen amerikanern und engländern,<br />

hier war die große Brücke die grenze.<br />

doch auch an der kle<strong>in</strong>en Brücke zwischen<br />

altona und eldena tobten Kämpfe. „14 Tage<br />

rund um die Uhr.“ Und ununterbrochen zog<br />

der Flüchtl<strong>in</strong>gsstrom vor dem Haus der dowes<br />

vor<strong>bei</strong>. letzere reichten Brot, die Flüchtenden<br />

ließen Ballast –„Jede Menge gummireifen!“<br />

- zurück nun schauen auch wir unruhig zum<br />

Fenster, wir ahnen dort draußen andere Zeiten<br />

und Menschen.<br />

am 8.8.1947 wurde „hier alles enteignet.“ die<br />

Welt stand Kopf, dowes ehemaliger Pferdepfleger<br />

war nun landrat geworden, dowe musste<br />

se<strong>in</strong> eigenes erbe zurückkaufen. Und der<br />

name dowe sollte verschw<strong>in</strong>den, weil Vater<br />

Ferd<strong>in</strong>and dowe <strong>bei</strong> den nazis sonderführer<br />

gewesen war. so wurde der Hof auf den namen<br />

der großmutter – Marquardt - e<strong>in</strong>getragen.<br />

neue nachbarn gab es: etliche Kommunisten<br />

bekamen enteignete oder leerstehende<br />

Höfe <strong>in</strong> eldena und Umgebung. „sie haben<br />

sich geschämt, haben aber mitgemacht.“ die<br />

Betriebe, deren Besitzer <strong>in</strong> den Westen g<strong>in</strong>gen,<br />

wurden zu „ÖlB’s“, örtlich landschaftlich<br />

Betrieben.<br />

„sagen wir: Man hat das Beste daraus gemacht.“<br />

Hans-Joachim dowe wurde Technik-<br />

Brigadier, er hatte ausreichend Kenntnisse<br />

über Traktoren.<br />

dowe war auch 22 Jahre lang leiter der Freiwilligen<br />

Feuerwehr <strong>in</strong> eldena. „deshalb stand<br />

hier das öffentliche Telefon – von 1957 bis<br />

nach der Wende.“<br />

Telefon gab es <strong>bei</strong> den dowes schon <strong>in</strong> den 30er<br />

Jahren, schon der Vater war <strong>bei</strong> der Freiwilligen<br />

Feuerwehr. 1971 kam der erste Trabbi,<br />

Jahre später die Waschmasch<strong>in</strong>e und noch<br />

später der Fernseher.<br />

dann hielt das nachwende-leben e<strong>in</strong>zug:<br />

auch die <strong>bei</strong>den K<strong>in</strong>der lernten <strong>in</strong> der schule<br />

um. „erst hatten sie gelernt, vom ‚ich zum<br />

wir’ zu denken.“ das war noch zu Zeiten, <strong>in</strong><br />

denen K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der schule nach dem Fernseher<br />

der eltern gefragt wurden. Um herauszuf<strong>in</strong>den,<br />

ob Westsender geschaut wurden.<br />

„nach der Wende mussten unsere K<strong>in</strong>der<br />

umlernen: vom ‚wir zum ich’. Verstehen sie?“<br />

Wir versuchen es.<br />

nach der Wende kamen leute von weither <strong>in</strong><br />

diese region, die man noch im vorigen Jahrhundert<br />

„das armenhaus von europa“ nannte.<br />

Telefon gab es weiterh<strong>in</strong> nur <strong>bei</strong> den dowes.<br />

auch der Berater von der Wirtschaftsförderung<br />

musste hier telefonieren. arrogant sei<br />

er gewesen, me<strong>in</strong>en die <strong>bei</strong>den.<br />

Heute erhalten <strong>bei</strong>de dowes rente, dazu e<strong>in</strong>e<br />

kle<strong>in</strong>e Unfallrente. „Wir <strong>bei</strong>de, wir können auf<br />

gewisse art zufrieden se<strong>in</strong>.“ Hans-Joachim<br />

dowe nickt. Und schaut zum Fenster. Wieder<br />

fährt e<strong>in</strong> auto durch altona.<br />

Literatur: Mar<strong>in</strong>a Kappe. Chronik Eldena 1229 –<br />

2004. Hrsg. Geme<strong>in</strong>de Eldena. CW Verlagsgruppe<br />

Schwer<strong>in</strong>.

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