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Der MMA-Komplex der Sau

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Christiane Schaller, SUISAG GB SGD<br />

<strong>Der</strong> <strong>MMA</strong>-<strong>Komplex</strong> <strong>der</strong> <strong>Sau</strong><br />

Gesäugeentzündung, Gebärmutterentzündung und Milchmangel<br />

<strong>MMA</strong> ist die wichtigste Erkrankung <strong>der</strong> <strong>Sau</strong> in den ersten zwei Tagen nach <strong>der</strong><br />

Geburt. Gemäss SGD-Statistik geben rund 58% <strong>der</strong> SGD-Zuchtbetriebe <strong>MMA</strong> als<br />

wichtigste Erkrankung in ihrem Bestand an. Vermin<strong>der</strong>te Milchleistung, dadurch<br />

bedingte erhöhte Ferkelverluste, geringere Tageszunahmen <strong>der</strong> Ferkel (bis zu 4%),<br />

erhöhte Gewichtsverluste <strong>der</strong> <strong>Sau</strong>en nach dem Abferkeln sind nur einige <strong>der</strong> Folgen<br />

einer <strong>MMA</strong>.<br />

Entstehung des <strong>MMA</strong>-<strong>Komplex</strong>es<br />

Häufigkeit und Schwere <strong>der</strong> Erkrankung werden von Umweltfaktoren stark<br />

beeinflusst.<br />

Verantwortlich für das Entstehen einer Gesäugeentzündung (Mastitis) sind vor allem<br />

Bakterien, die entwe<strong>der</strong> über Zitzenöffnungen, Gesäugeverletzungen o<strong>der</strong> über den<br />

Blutweg in die Drüsenkomplexe gelangen (bei Verstopfung aus dem Darm). Nicht<br />

immer ist das gesamte Gesäuge betroffen, bei Altsauen findet man häufig nur eine<br />

Entzündung <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>en Drüsenkomplexe. Eine Gesäugeentzündung ist<br />

charakterisiert durch die klassischen Entzündungszeichen (siehe Bild 1). Ausserdem<br />

ist die <strong>Sau</strong> nicht mehr in <strong>der</strong> Lage, ausreichend Milch in einwandfreier Qualität zu<br />

produzieren (siehe Bild 2). Neben Harnwegsinfektionen kann auch eine<br />

Keimeinschleppung bei <strong>der</strong> manuellen Geburtshilfe das Entstehen einer<br />

Gebärmutterentzündung begünstigen. Die Entzündung <strong>der</strong> Gebärmutterschleimhaut<br />

ist durch den nach <strong>der</strong> Geburt auftretenden faulig stinkenden Ausfluss zu erkennen.<br />

Sowohl die Gesäuge- als auch die Gebärmutterentzündung führen zu einer Störung<br />

des Allgemeinverhaltens <strong>der</strong> <strong>Sau</strong> (siehe Kästchen).<br />

Beim Symptom Milchmangel (Agalaktie) handelt es sich um eine entzündliche<br />

Schädigung des milchbildenden Gewebes und eine Störung <strong>der</strong> Oxytocinwirkung.<br />

Die Ursachen für Agalaktie sind unterschiedlich. Das Vorliegen eines Milchmangels<br />

erkennt man häufig am Verhalten <strong>der</strong> Ferkel. Sie sind unruhig, schlafen am Gesäuge<br />

<strong>der</strong> <strong>Sau</strong> anstatt im Ferkelnest und weisen eingefallene Hungergruben auf. Zu den<br />

Auslösern von Agalakatie zählen vor allem eine schwere Gesäugeentzündung, aber<br />

auch ungenügende Wasser- und Futteraufnahme sowie ein Ungleichgewicht <strong>der</strong> für<br />

die Laktation wichtigen Hormone (siehe Bild 3).<br />

Giftstoffe (Endotoxine) und <strong>der</strong>en Bedeutung<br />

Eine bedeutende Rolle im Krankheitsgeschehen spielen Endotoxine. Endotoxine<br />

entstehen durch normale bakterielle Aktivität im Darm und sind bei gesunden<br />

Schweinen in grossen Mengen vorhanden. Die Wirkung von Endotoxinen ist<br />

abhängig von <strong>der</strong>en Menge im Verdauungstrakt. Wirken kleine Mengen stimulierend<br />

auf Stoffwechsel und Immunsystem, so wird bei einem Übermass die schädigende<br />

Wirkung sichtbar. Zunächst sind Endotoxine im Blut an Bluteiweiss gebunden und<br />

werden so vorerst neutralisiert. Wird die Neutralisierungskapazität überschritten, so<br />

kann es zu klinischen Symptomen kommen (siehe Kästchen).<br />

Auslösende Faktoren<br />

Für die Entstehung einer <strong>MMA</strong> sind viele Faktoren und nicht nur ein bestimmter<br />

Erreger verantwortlich (Faktorenkrankheit).<br />

Fütterung: Die Fütterung (Menge und Zusammensetzung) rund um die Geburt ist


entscheiden für das vermehrte Auftreten von <strong>MMA</strong>. Es ist wichtig den Darm <strong>der</strong><br />

<strong>Sau</strong>en dauerhaft in Schwung zu halten, denn „ein voller Darm gebiert nicht gerne“.<br />

Steht <strong>der</strong> Darminhalt infolge einer Obstipation zu lange im Darm, können Toxine<br />

abgegeben und die Bildung <strong>der</strong> für die Laktation wichtigen Hormone beeinflusst<br />

werden. (Endotoxine wirken als Prolaktininhibitoren).<br />

Bild 1: geschwollene und gerötete Gesäugekomplexe<br />

aufgrund einer Mastitis<br />

Quelle: Schweineklinik Uni Zürich<br />

Folgende klinische Symptome sind verdächtig für <strong>MMA</strong>:<br />

erhöhte innere Körpertemperatur 39,5 – 42°C (Achtung: kurz<br />

nach <strong>der</strong> Geburt<br />

ist eine erhöhte Körpertemperatur normal)<br />

faulig stinkenden Ausfluss nach <strong>der</strong> Geburt bei einer<br />

Gebärmutterentzündung<br />

Fressunlust, Mattigkeit<br />

geschwollenes, gerötetes Gesäuge<br />

fehlen<strong>der</strong> Mutterinstinkt<br />

Milchmangel<br />

Liegen auf dem Gesäuge<br />

hungrige, unruhige <strong>Sau</strong>gferkel<br />

Auftreten von <strong>Sau</strong>gferkeldurchfall<br />

vermehrt Tod durch Erdrücken<br />

Bild 2: Längsschnitt Gesäuge: entzündlich verän<strong>der</strong>te<br />

Drüsenbezirke<br />

Quelle: Schweineklinik Uni Zürich<br />

Fette Schweine, zu kurzfristige Futterumstellung vor <strong>der</strong> Geburt, Einsatz von<br />

mykotoxinbelastetem Rauhfutter, sowie <strong>der</strong> Wegfall von Ballaststoffen können ebenso eine<br />

Entstehung begünstigen. Das Auftreten einer <strong>MMA</strong> ab <strong>der</strong> zweiten Säugewoche ist ein Indiz für<br />

mangelhafte<br />

Fütterungshygiene. Wasserversorgung: Eintrocknen des Darminhaltes, Blasen- und<br />

Nierenentzündungen, Austrocknung sowie Milchmangel können die Folge von<br />

unzureichen<strong>der</strong> Wasserversorgung sein. Vorbestehende Infektionen wie<br />

Blasenentzündungen o<strong>der</strong> Gesäugeabszesse, können das Auftreten von <strong>MMA</strong><br />

begünstigen. 25 bis 40% <strong>der</strong> <strong>Sau</strong>en mit <strong>MMA</strong> haben gleichzeitig<br />

Harnwegsinfektionen. Management und Hygiene: Durch ein gutes<br />

Hygienemanagement kann <strong>der</strong> Infektionsdruck für die <strong>Sau</strong> deutlich reduziert werden.<br />

Das Entstehen von Milchfieber kann durch schlechte Hygiene, Fliegenbefall, kurze


Akklimatisierung, Bewegungsarmut, Unruhe, ungünstige Stalltemperatur usw.<br />

begünstigt werden. Auch eine lange Geburtsdauer (mehr als 6 Stunden) kann<br />

aufgrund des langen Offenstehens des Gebärmutterhalses ein Grund für vermehrtes<br />

Auftreten von Milchfieber sein.<br />

Vorbeugende Massnahmen<br />

Fütterung: Um den Darm vor <strong>der</strong> Geburt nicht zu überlasten, ist eine Reduktion <strong>der</strong><br />

Futterration auf ein Drittel <strong>der</strong> Gesamtration anzuraten. Es ist jedoch darauf zu<br />

achten, dass die <strong>Sau</strong> in keine Energiemangelsituation gerät. Ist die Fütterung<br />

ursächlich für die <strong>MMA</strong>, so ist die Lösung individuell und betriebsspezifisch zu<br />

betrachten. <strong>Der</strong> Einsatz von Substanzen, die die Darmpassage för<strong>der</strong>n, kann ebenso<br />

hilfreich sein. Bei Auftreten von <strong>MMA</strong> in <strong>der</strong> späteren Säugephase ist die<br />

Fütterungshygiene zu überprüfen. Es sollte nur hygienisch einwandfreies und kein<br />

verdorbenes Futter verwendet werden. Auch das Vorhanden von Mykotoxinen vor<br />

allem in Ballaststoffen sollte kontrolliert werden.<br />

Wasserversorgung: <strong>Sau</strong>en sollten immer freien Zugang zu hygienisch einwandfreiem<br />

Trinkwasser haben. Werden im Warte- und Abferkelbereich unterschiedliche<br />

Tränkesysteme verwendet, so kann es hilfreich sein, am Anfang den Trog mit<br />

Wasser zu füllen. Nippeltränken sollten eine Durchflussrate von 2-3 Liter pro Minute<br />

aufweisen. Sind die <strong>Sau</strong>en nach <strong>der</strong> Geburt geschwächte, so sollten sie durch<br />

Auftreiben und manuelle Wassergabe im Trog zum Trinken animiert werden. Die<br />

Wasseraufnahme <strong>der</strong> säugenden <strong>Sau</strong> von 30 bis 50 Liter pro Tag muss<br />

gewährleistet sein (ca. 20 Liter + 1,5 Liter x Anzahl Ferkel).<br />

Ansäuerung des Harns: Die Senkung des pH-Wertes aus dem schwach alkalischen<br />

Bereich (pH 7) in den sauren Bereich (pH 6) hat eine Reduktion des Keimgehaltes<br />

zufolge. Dadurch verringert sich das Risiko einer Harnblasenentzündung und<br />

infektiösen Erkrankung inklusive <strong>MMA</strong> nach <strong>der</strong> Geburt. Eine pH-Absenkung kann<br />

durch Zumischen von organischen Futtersäuren. Intensivierung <strong>der</strong><br />

Geburtsüberwachung: Geburtshilfe sollte nur, wenn es unbedingt nötig ist<br />

durchgeführt werden. Auf saubere und desinfizierte Hände bzw. das Tragen von<br />

Handschuhen ist zu achten.<br />

Therapie:<br />

Bis drei Tage nach <strong>der</strong> Geburt sollte mindestens einmal täglich Fieber gemessen<br />

werden. Ab einer Temperatur von 39,3°C ist an eine Behandlung in Betracht zu<br />

ziehen. Da es sich bei <strong>der</strong> <strong>MMA</strong> um eine infektiöse Faktorenkrankheit handelt, sind<br />

krankmachende Erreger beteiligt. Aus diesem Grund ist <strong>der</strong> Einsatz eines wirksamen<br />

Antibiotikas unumgänglich. Erfolgt keine Besserung innerhalb von 12 Stunden, so<br />

liegen bereits Resistenzen vor.<br />

Ratsam ist die Verwendung von Breitbandchemotherapeutika. Zusätzlich sollten<br />

Entzündungshemmer und Schmerzmittel verwendet werden. Oxytocin bewirkt den<br />

Milcheinschuss. Eine Formulierung mit Depotwirkung wirkt länger, eine<br />

Überdosierung muss unbedingt vermieden werden.<br />

Fazit<br />

<strong>MMA</strong> ist die wichtigste Puerperalerkrankung <strong>der</strong> <strong>Sau</strong> und führt zu<br />

Leistungseinbussen bei Ferkeln und nachfolgenden wirtschaftlichen Schäden. Es<br />

handelt sich um eine Faktorenkrankheit, <strong>der</strong> man am sinnvollsten mit geeigneten<br />

Prophylaxe- und Managementmassnahmen vorbeugen kann. Hygiene spielt dabei<br />

eine sehr wichtige Rolle.<br />

Legende Bil<strong>der</strong>:<br />

Bild 1: geschwollene und gerötete Gesäugekomplexe aufgrund einer Mastitis<br />

Bild 2: Längsschnitt Gesäuge: entzündlich verän<strong>der</strong>te Drüsenbezirke<br />

Bild 1 und Bild 2: Quelle: Schweineklinik Uni Zürich

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