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Der ehemalige Architekt Gian Gross und seine Einstrichbilder Kunst ...

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Die grenzenlose Freiheit mit dem Zeichenstift geniessen<br />

<strong>Der</strong> <strong>ehemalige</strong> <strong>Architekt</strong> <strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>Einstrichbilder</strong><br />

Fünf Jahrzehnte lang lebte er in der Knechtschaft von Massstäben. Doch jetzt geniesst der. <strong>ehemalige</strong><br />

<strong>Architekt</strong> <strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> <strong>seine</strong> grenzenlose. Freiheit mit dem Zeichenstift!<br />

Bericht von Rolf Rechsteiner<br />

<strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> fiel schon in <strong>seine</strong>r Berufsausübung als äusserst gewandter Zeichner auf. Wo immer<br />

besonders heikle Perspektiven, Schattenwürfe, Entouragen <strong>und</strong> Garnituren gefragt. waren, liess<br />

man den Einserschüler antreten. Sein Leben lang zeichnete <strong>und</strong> kolorierte er Projektstudien zuerst<br />

für <strong>seine</strong> Arbeitgeber, später in der eigenen Firma. Er: malte ganze Wohnquartiere in die Landschaft,<br />

plante für <strong>seine</strong> Heimatgemeinde Davos Schulgebäude, Sanatorien <strong>und</strong> die Pischa-<br />

Parsenn-Bahn. «Gottlob ohne Computer, daran bin ich gerade noch vorbeigekommen!» lacht der<br />

heute 86-jähnge.<br />

Wachsende Spannung<br />

<strong>Gross</strong> ist eine verspielte Natur Sein Wohnhaus in Marbach verrät den Gestalter, den Bastler, der<br />

<strong>seine</strong> Ideen selber realisiert. Seine Hände müssen immer etwas tun, selbst beim Telefonieren.<br />

Gewöhnlich kritzelte er während längerer Gespräche auf einem Block herum, wie es viele tun.<br />

Doch dabei kam ihm eine ungewöhnliche Idee: «Was kann ich in einem Strich zeichnen, ohne eine<br />

Linie zu überkreuzen oder zweimal zu überfahren?» Plötzlich war Spannung da, <strong>und</strong> die ist nicht<br />

nur geblieben! Sie wächst von Tag zu Tag. <strong>Gross</strong> hat sich ganz <strong>seine</strong>r Einstrich-Technik verschrieben.<br />

Er zeichnet mit zielstrebiger Sicherheit ganze Landschaften, Traumbilder <strong>und</strong> Ferienerinnerungen,<br />

ohne einmal abzusetzen. Seine <strong>Kunst</strong> aus Filzstift <strong>und</strong> Papier verträgt kein Zittern<br />

der Hand, denn die Linien führen oft millimetergenau aneinander vorbei. Oft muss der Zeichner<br />

strategisch vorausdenken. Wenn er sich in eine Spirale hineinwagt, muss der Rückweg in<br />

Parallelen noch möglich sein, denn Schummeln gilt nicht!<br />

Einmalige Kombination<br />

<strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> hätte von sich aus nie ausgestellt, obwohl sich in <strong>seine</strong>m Atelier H<strong>und</strong>erte von bemerkenswerten<br />

Arbeiten stapeln. Allein mit den Zeichnungen aus <strong>seine</strong>r Studienzeit liesse sich ein<br />

Museum dekorieren. Als Malschüler erwarb er bei Hildegard Beusch grosse Fertigkeit im<br />

Aquarellieren, <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Klassenkameraden drängten ihn, sein Werk vorzustellen. Vor allem die<br />

Kombination von Einstrich <strong>und</strong> Farbe gehört wegen ihrer Einmaligkeit vor das: Publikum.<br />

Die Bilder geben dem flüchtigen Betrachter keine Chance. Es lohnt sich, Zeit <strong>und</strong> Musse aufzuwenden,<br />

denn die Einzelheit birgt den Reiz.<br />

<strong>Kunst</strong> in meinem Zimmer<br />

Vortrag von Janine, 13 Jahre, Sek<strong>und</strong>arschülerin in St. Gallen, 1999<br />

Als ich es nicht fertig brachte, über das Bild von Paul Klee zu berichten, suchte ich nach einem<br />

Gegenstand oder einem Bild, das mir mehr zusagen würde.<br />

Plötzlich erinnerte ich mich an ein Bild das in einem Restaurant ausgestellt war. Mich faszinierte<br />

daran, dass es nur mit einem Strich gemalt wurde. Ich versuchte auf die Spur zu kommen wie der<br />

Künstler heisst. Nach einem Telefonanruf ins Restaurant Rössli, Oberegg, bekam ich <strong>seine</strong>n<br />

Namen <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Adresse. Jetzt wusste ich, dass ich über <strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> berichten möchte. Ich<br />

probierte <strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> anzurufen. Erst am Abend hatte ich Erfolg. Während dem Gespräch am Telefon,<br />

machten wir einen Termin ab. Also bereitete ich zu Hause einige Fragen vor. Herr <strong>Gross</strong><br />

wohnt in Marbach, darum fuhr meine Mutter mit mir <strong>und</strong> unsern Begleitpersonen Corinne <strong>und</strong><br />

Sybille zu ihm nach Hause. Er begrüsste uns fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> stellte uns <strong>seine</strong> Frau vor. Nach der<br />

Begrüssung führte er uns in sein Büro, welches gleichzeitig sein Arbeitsplatz ist. Zuerst erzählte er<br />

über sich <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Bilder. Später machte ich ein Interview mit ihm <strong>und</strong> er zeigte uns noch <strong>seine</strong>n<br />

Hobbyraum.


Herr <strong>Gross</strong> erzählte, dass er 77 Jahre alt ist <strong>und</strong> in Davos geboren wurde. Die meiste Zeit verbrachte<br />

er in Davos wo er auch als <strong>Architekt</strong> arbeitete. Später baute er ein Haus in Marbach wo er<br />

jetzt wohnt. Vor vier Jahren begann er mit <strong>seine</strong>n Einstrich-Bildern. Die Idee kam ihm beim Telefonieren,<br />

wenn ein Gespräch länger dauerte. Gedankenverloren malte er mit <strong>seine</strong>m Stift auf ein<br />

Blatt. Später kam ihm die Idee, was kann ich mit einem Strich zeichnen, ohne dass sich die Striche<br />

kreuzen oder zweimal überfahren. Es entstanden, Landschaften, Traumbilder <strong>und</strong> Ferienerinnerungen.<br />

Er entwickelte diese Maltechnik weiter <strong>und</strong> wurde auch durch <strong>seine</strong> Mallehrerin, wo<br />

er fünf Jahre Aquarellunterricht nahm, unterstützt. So kam es dazu, dass er eine Ausstellung<br />

machen konnte. Bei dieser Vernissage waren verschiedene Interessenten dabei, die Bilder kaufen<br />

wollten.<br />

Bis jetzt ist Herr <strong>Gross</strong> der einzige Künstler, der diese <strong>Einstrichbilder</strong> malt. Nur Pablo Picasso<br />

probierte eine ähnliche Technik mit Linien. Aber bei ihm kreuzten sich die Striche.<br />

Herr <strong>Gross</strong> beginnt uns über <strong>seine</strong>n Arbeitsablauf zu berichten. Er arbeitet nicht wie alle anderen<br />

Maler an einer Staffelei, sondern auf dem Pult. Er benötigt dazu ein normales Zeichnungspapier<br />

<strong>und</strong> wasserfeste Filzstifte. Die meisten Bilder malt er mit einem schwarzen Stift. Nach Lust <strong>und</strong><br />

Laune wechselt er zwischendurch auch mal die Farbe. Millimeternah laufen die Linien nebeneinander<br />

vorbei. Dabei machte er mich darauf aufmerksam, dass er mit <strong>seine</strong>n Jahren noch nicht<br />

zittert. Seine Technik erfordert nicht, dass er immer daran arbeiten muss, sondern er kann<br />

zwischendurch auch mal eine Pause machen <strong>und</strong> zu einem späteren Zeitpunkt Weiterfahren. Auch<br />

sind <strong>seine</strong>r Fantasie keine Grenzen gesetzt <strong>und</strong> es ist alles erlaubt. Manchmal beginnt er ein Bild<br />

mit einem farbigen Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> später fährt er mit der Einstrichzeichnung weiter. Aber er kann<br />

den Arbeitsablauf auch umkehren <strong>und</strong> zuerst mit der Einstrichzeichnung beginnen. Danach malt er<br />

das Bild nur teilweise aus.<br />

Als Hobby-Modellflieger hat er eine kleine Werkstatt. Jetzt beginnt der Künstler <strong>seine</strong> beiden<br />

Hobbys zu kombinieren. Dadurch entstanden Reliefbilder, die eine Stadt symbolisieren, mit <strong>seine</strong>r<br />

Einstrichtechnik verbindet er die verschiedenen Symbole <strong>und</strong> befestigt noch kleine Bilder in<br />

Rahmen. Auch stellt er eigene Rahmen selber her, dies ermöglicht ihm in allen Grössen zu<br />

arbeiten.<br />

Was mir das Bild bedeutet<br />

Mein Bild würde ich über meinem Pult an der Wand aufhängen. Dann könnte ich es nach Lust <strong>und</strong><br />

Laune oder während den Hausaufgaben immer betrachten. Dort passt das Bild am besten hin <strong>und</strong><br />

zu dem habe ich noch genügend Platz frei.<br />

Die Schnecke ist für mich wie ein Abstellplatz für meine Sorgen. Wenn ich das Bild anschaue <strong>und</strong><br />

Probleme habe fühle ich mich schon etwas erleichtert. Es ist für mich wie ein Schneckenhaus, wo<br />

ich meine Sorgen verstecke <strong>und</strong> niemandem erzähle. Am Anfang sind die Sorgen noch klein, aber<br />

weil ich mit niemanden darüber spreche, wachsen sie immer mehr. Vor lauter Verzweiflung läuft<br />

man in einen Irrgarten, aber der Weg führt wieder nach draussen. Die Sorgen muss man noch<br />

verarbeiten <strong>und</strong> ruht sich an einem Lieblingsplatz aus. Bis die Sorgen gelöst sind muss man sich<br />

an vielen Orten Halt suchen. Vielleicht muss man Sachen beichten, bis alles wieder in Ordnung ist.<br />

Am Schluss hat man das Ziel erreicht <strong>und</strong> es hat sich gelohnt. Aber leider passiert das nicht nur<br />

einmal sondern es wiederholt sich immer wieder.<br />

<strong>Gian</strong> <strong>Gross</strong> malte dieses Bild 1998. Er arbeitete etwa 15 St<strong>und</strong>en an diesem Bild. Dies ist das<br />

Original. Von einem Bild hat er bis jetzt höchstens sechs Abzüge gemacht. Ein Kollege von <strong>Gian</strong><br />

<strong>Gross</strong> veröffentlicht bald einige Bilder im Internet.<br />

*****<br />

Bemerkung des Lehrers:<br />

«Du hast eine tolle Arbeit abgeliefert. Kompliment! Das scheint ja ein ganz bemerkenswerter Mann<br />

zu sein. Den sollten wir einmal besuchen. Ich würde auch gerne das Schneckenhaus<br />

kennenlernen. Hast Du eine Kopie davon?» (Note 6)

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