Kran- und Hebetechnik – November 2012 - Gertzen Krane
Kran- und Hebetechnik – November 2012 - Gertzen Krane
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4 K&H 11/<strong>2012</strong><br />
Schwerlastverkehr. Mit zu den<br />
ersten Einsätzen der neuen, 750 PS<br />
starken Volvo-FH16-Zugmaschine von<br />
<strong>Gertzen</strong> gehörte der Transport eines<br />
überdimensionalen Behälters durchs<br />
herbstliche Münsterland. Bei perfekten<br />
äußeren Bedingungen wurde der<br />
starke Neuzugang von einem zweiten<br />
FH16-Exemplar begleitet.<br />
Die sonntäglichen Kirchgänger im münsterländischen<br />
Hopsten konnten Anfang <strong>November</strong> nach<br />
Beendigung des Gottesdienstes praktischerweise<br />
gleich an der Marktstraße stehen bleiben, um einem<br />
nicht ganz alltäglichen Spektakel beizuwohnen. Denn<br />
hier am Übergang von der Markt- zur Kettelerstraße lag<br />
der eigentliche Knackpunkt der Transportstrecke für zwei<br />
überdimensionale Behälter, die nur wenige Minuten zuvor<br />
das Betriebsgelände der Firma Josef Jasper GmbH &<br />
Co. KG verlassen hatten.<br />
Schwerpunkt Behälter- <strong>und</strong> Bauteilefertigung<br />
Das mittelständische Familienunternehmen fertigt an<br />
zwei Standorten für K<strong>und</strong>en aus der Industrie, Chemie
<strong>und</strong> Petrochemie sowie der Kraftwerkstechnik individuelle<br />
Lösungen in den Bereichen Behälter- <strong>und</strong> Apparatebau,<br />
Großrohrleitungen, Formstücke, Autoklaven <strong>und</strong> Industrieschornsteine.<br />
Großbauteile wie auch Kleinkomponenten<br />
werden auf einer Gesamtfläche von r<strong>und</strong> 38.000 m2 gefertigt. Die installierten Hallenkrane sind für Stückgewichte<br />
bis 50 t konzipiert, wobei Bauteilgewichte bis<br />
100 t gehandelt werden können. Bei maximal möglichen<br />
Wandstärken von 50 mm können die gefertigten Bauteile<br />
Längen bis zu 40 m <strong>und</strong> Durchmesser bis zu 7 m erreichen.<br />
Und genau an diesen Maximalmaßen orientierten<br />
sich die beiden Behälter, die auf den Tiefladekombinationen<br />
von Hopsten an den Mittellandkanal in Ibbenbüren-<br />
Uffeln <strong>und</strong> von dort aus weiter nach Hamburg-Finkenwerder<br />
zu Airbus transportiert werden sollten.<br />
Schwertransporttaugliche Topografie<br />
So betrug der Außendurchmesser der beiden Stahlbauteile<br />
ziemlich genau 6 m: die eigentliche Herausforderung<br />
bei diesem Transport. Weniger ins Gewicht fiel da die<br />
Länge mit r<strong>und</strong> 24 m bzw. die eigentliche Masse von<br />
r<strong>und</strong> 50 t. Glücklicherweise konnte von den Schwerlastexperten<br />
bei <strong>Gertzen</strong> eine vergleichsweise direkte Route<br />
zwischen Abfahrts- <strong>und</strong> Ankunftsort gewählt werden; das<br />
Münsterland kommt mit seiner Topografie derart raumgreifenden<br />
Überführungen gegenüber anderen Regionen<br />
doch deutlich entgegen. Weiterer Vorteil beim durchgeführten<br />
Transport: Für die Fahrt der beiden Behälter<br />
konnte ein verkehrsarmer Sonntag gewählt werden, der<br />
bei bestem Sonnenschein ideale (Sicht-)Verhältnisse für<br />
die zahlreichen Begleiter des Konvois bot.<br />
Vorbereitungen zahlen sich aus<br />
Das eigentliche Vorladen der beiden <strong>Gertzen</strong>-Züge wurde<br />
am Samstag bewerkstelligt. Die Abfahrt der beiden Volvo-<br />
Kombinationen war dann für den Sonntagmorgen um<br />
neun Uhr geplant <strong>und</strong> konnte trotz einer kleineren Verspätung<br />
durch die begleitende Polizei letztendlich auch<br />
fast eingehalten werden.<br />
Während das Verlassen des Geländes <strong>und</strong> die ersten Meter<br />
auf der Landesstraße 593 in Richtung Stadtmitte keine<br />
nennenswerten Herausforderungen boten, wartete am<br />
Übergang zwischen der Markt- <strong>und</strong> Kettelerstraße in einer<br />
Rechtskurve zwischen zwei Häusern der eigentliche Knackpunkt<br />
der gesamten Strecke. Neben dem Auslegen von<br />
Stahlplatten auf dem „außenliegenden“ Gehweg war im<br />
Rahmen der Streckenvorbereitung bereits ein Wartehäuschen<br />
demontiert worden. Eine Maßnahme, die sich beim<br />
eigentlichen Passieren der Engstelle mehr als bezahlt<br />
machte. Anstelle der zunächst befürchteten Rangiererei<br />
K&H Verlags-GmbH<br />
Wilhelm-Giese-Straße 26<br />
27616 Beverstedt<br />
www.kran-<strong>und</strong>-hebetechnik.de<br />
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Das Fachmagazin für Unternehmer <strong>und</strong> Entscheider
Der D16G750-Motor<br />
Typenbezeichnung ......................................D16G750, EU5EEV<br />
Maximale Leistung<br />
bei 1600 bis 1800 U/min ......................551 kW (750 PS)<br />
Maximale Drehzahl ....................................2000 U/min<br />
Maximales Drehmoment<br />
bei 1000 bis 14.000 U/min ..................3550 Nm<br />
Anzahl Zylinder............................................sechs<br />
Bohrung........................................................144 mm<br />
Hub................................................................165 mm<br />
Hubraum ......................................................16,1 l<br />
Verdichtung ................................................16,8:1<br />
Motorbremsleistung<br />
(VEB+) bei 2200 U/min ..........................425 kW<br />
Wirtschaftlicher<br />
Drehzahlbereich ........................................1000 bis 1400 U/min<br />
Verbrauchsgünstigster DZB..................1150 bis 1300 U/min<br />
Ölwechselmenge, einschl. Ölfilter........ca. 42 l<br />
Ölfilter ......................................................zwei Hauptstrom,<br />
ein Nebenstrom<br />
Kühlsystem, Gesamtvolumen ..........ca. 48 l<br />
Trockengewicht (Gr<strong>und</strong>motor) ........ca. 1325 kg<br />
Im Ziel: In Uffeln warten<br />
bereits der LTM 1250 <strong>und</strong><br />
der GMK6300. (Fotos: fh)<br />
konnten die beiden Fahrer Daniel Reimann <strong>und</strong> Klaus<br />
Ahrens ihre überdimensionale Fracht dank zahlreicher<br />
Einweiser nahezu problemlos durch den markanten Straßenknick<br />
im Zentrum von Hopsten bugsieren.<br />
Wenige Zentimeter Freiraum fehlen<br />
Ohnehin kam dem begleitenden Team, das aus den Verlegern<br />
der Stahlplatten <strong>und</strong> einer Hubarbeitsbühne bestand,<br />
das ausgesprochen schöne Herbstwetter bei ihren<br />
Streckenvorbereitungen entgegen. So wurden diverse<br />
Gehwege <strong>und</strong> Verkehrsinseln mit den Bodenschutzplatten<br />
verstärkt bzw. im Weg stehende Ampeln teilweise<br />
oder auch komplett demontiert. Dank der vergleichsweise<br />
kurzen Gesamtlänge <strong>und</strong> der Nachlenkung der<br />
Goldhofer-Trailer stellte der eigentliche Streckenverlauf<br />
die Mannschaft vor keine zu großen Schwierigkeiten, die<br />
ergaben sich lediglich an einer Fußgängerampel, die zwar<br />
schon zuvor einseitig demontiert worden war, mit der<br />
zweiten, in den Straßenraum hineinragenden Peitsche jedoch<br />
einige Zentimeter zu wenig Freiraum bot <strong>und</strong> daher<br />
für die Durchfahrt der beiden Behälter kurzfristig ihrer<br />
Beleuchtungseinheit beraubt wurde.<br />
Umschlag der Behälter aufs Binnenschiff<br />
Dank Polizeibegleitung <strong>und</strong> immerhin zwei BF3 pro<br />
Zug ging es von da an über großzügig angelegte Landesstraßen<br />
in Richtung Ibbenbühren, wo kurz vor dem Erreichen<br />
der Hafenanlage in Uffeln noch eine Überlandleitung<br />
für einen kurzen Moment der exakten Freiraumermittlung<br />
sorgte. Dank erhobenen Daumen von Transportleiter<br />
Georg Hilgefort passierte Daniel Reimann <strong>und</strong> anschließend<br />
auch Klaus Ahrens die Stromleitung, um dann die<br />
Hafenanlage der Firma Bergschneider anzusteuern.<br />
Nach dem zentimetergenauen Passieren der entsprechenden<br />
Zufahrt <strong>–</strong> auch hier machte sich einmal mehr die<br />
Nachsteuerung des STZ-VP-Trailers von Goldhofer bezahlt<br />
<strong>–</strong> rollten die beiden Behälter in die Nähe der Kaikante, wo<br />
bereits ein Liebherr LTM 1250 von <strong>Gertzen</strong> <strong>und</strong> der Grove<br />
GMK6300 von Greving auf den Konvoi warteten. In einem<br />
Tandemhub schlugen die beiden Mobilkrane dann umgehend<br />
die voluminöse Fracht auf das Binnenschiff Morane<br />
von Bergschneider um, sodass Daniel Reimann <strong>und</strong> Klaus<br />
Ahrens ihre Züge für die anschließende Rückfahrt zum Betriebsgelände<br />
nach Lingen zurückrüsten konnten.<br />
Schwerlastspezialist auf Großserienbasis<br />
Das jüngste Flaggschiff in der <strong>Gertzen</strong>-Schwerlastflotte<br />
basiert bekanntermaßen auf der bisherigen FH-Baureihe,<br />
das mit entsprechenden Modifikationen durch Fahrzeugbauer<br />
Popp zur lupenreinen Schwerlastzugmaschine um-
gestrickt wurde. Der mit gerade 6000 km auf dem Tachometer<br />
noch recht junge Vierachser verfügt über den D16G750-Motor<br />
mit 16,1 l Hubraum, Turbolader <strong>und</strong> Ladeluftkühler, die für<br />
eine maximale Leistung von 750 PS <strong>und</strong> ein Drehmoment<br />
von 3550 Nm sorgen. Der starke Antrieb ist mit einer I-Shift-<br />
ATO3512D-Schaltung kombiniert.<br />
Hierbei handelt es sich um ein elektronisch gesteuertes Zwölfgang-Split-/Rangegetriebe<br />
mit Overdrive für automatisches,<br />
aber auch manuelles Schalten. I-Shift ist für ein Motordrehmoment<br />
von 3550 Nm dimensioniert, wobei die Schaltbox gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
für Gesamtzuggewichte von bis zu 60 t ausgelegt ist <strong>–</strong> in<br />
bestimmten Einsatzbereichen auch für höhere Gesamtzugmassen.<br />
Das Getriebe ist für die Montage eines Ölkühlers, Nebenantriebs,<br />
Kompaktretarders <strong>und</strong> einer Notlenkpumpe vorbereitet.<br />
Leistungsallzeithoch<br />
Seit der Einführung des Volvo F16 im Jahr 1987 <strong>und</strong> des 16-l-<br />
Motors der ersten Generation mit 470 PS sind die Leistungsstärken<br />
entsprechend den Markt- <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enanforderungen<br />
schrittweise gestiegen. 1993 stieg die Leistung auf 520 PS. Zehn<br />
Jahre später erreichte der neue Motor bereits 610 PS.<br />
2009 war Volvo Trucks der erste Hersteller eines Motors mit<br />
700 PS, der zuverlässig seinen Dienst in der Zugmaschine von<br />
Thomas Meyer verrichtet. Im vergangenen Jahr war es dann<br />
nach Ansicht der Volvo-Verantwortlichen wohl Zeit für den<br />
nächsten Schritt <strong>–</strong> den Volvo FH16 mit 750 PS. Dabei hatte die<br />
<strong>Kran</strong>-&-<strong>Hebetechnik</strong>-Redaktion vor ziemlich genau einem Jahr<br />
die Möglichkeit, bei einer gemischten Autobahn-Landstraßen-<br />
Tour von München aus in die Holledau den 16-l-Motor mit<br />
einem r<strong>und</strong> 36,2 t schweren Demozug zu „erfahren“.<br />
KATALOG 2013<br />
Power of Lifting<br />
K&H Verlags-GmbH I Wilhelm-Giese-Straße 26 I 27616 Beverstedt I www.kran-<strong>und</strong>-hebetchnik.de<br />
Wenige Zentimeter fehlen: teildemontierte Ampel.<br />
Ausreichende Leistung<br />
Um ehrlich zu sein: Angesichts des ausgesprochen günstigen<br />
Gewichts-Leistungs-Verhältnisses war eine objektive Beurteilung<br />
des starken Antriebs natürlich nicht möglich. Eine herbstlich<br />
feuchte Fahrbahnoberfläche an der einen oder anderen<br />
Einmündung sorgte schnell für kurzzeitig durchdrehende Hinterräder<br />
<strong>–</strong> das Indiz für eine „gewisse“ Überschussleistung. Spaß<br />
gemacht hat diese Erfahrung allemal, was auch Daniel Reimann<br />
mehr als bestätigen kann. Selbst oder gerade bei höheren Zuggewichten<br />
wird sich die satte Antriebsleistung mehr als positiv<br />
bemerkbar machen, wobei sich dann auch schnell die Frage<br />
nach dem Sinn einer derart hohen Antriebsreserve erübrigen<br />
wird. So ist Leistung, die passenden Bremsen vorausgesetzt,<br />
durch nichts zu ersetzen <strong>–</strong> außer durch noch mehr Leistung.