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Grosse Ehre für den «Vater» der «Spirit»

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Aus dem Biel Tagblatt<br />

Bieler HTI: IEA-AWARD FÜR RENE JEANNERET v/o RODAN<br />

<strong>Grosse</strong> <strong>Ehre</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>«Vater»</strong> <strong>der</strong> <strong>«Spirit»</strong><br />

Rene Jeanneret wird <strong>für</strong> sein Lebenswerk<br />

geehrt. Porträt eines pensionierten<br />

Forschers im Unruhezustand.<br />

• LOTTI TEUSCHER<br />

Nein, sagt Rene Jeanneret, diese<br />

Auszeichnung habe er nie erwartet,<br />

«schon gar nicht so lange nach <strong>der</strong> Pensionierung».<br />

Am vergangenen Wochenende<br />

wurde <strong>der</strong> 73-Jährige in Monaco<br />

<strong>für</strong> sein Lebenswerk auf dem Gebiet <strong>der</strong><br />

Elektro- und Hybridfahrzeuge mit dem<br />

lEA-Award geehrt. Eine hohe Auszeichnung,<br />

die an Spitzenwissenschafter<br />

aus <strong>der</strong> ganzen Welt vergeben wird.<br />

Rene Jeanneret, während 30 Jahren<br />

Dozent und später Professor an <strong>der</strong> Bieler<br />

Ingenieurschule, heute HTI, ist ein<br />

genialer Tüftler. Einer, <strong>der</strong> nicht fernab<br />

<strong>der</strong> Realität forscht: Seine umweltfreundlichen<br />

Entwicklungen im Bereich<br />

Alternativenergie sind in Kleinkraftwerken,<br />

Fahrzeugen o<strong>der</strong> Segelflugzeugen<br />

zu fin<strong>den</strong>. Der ehemalige Vizedirektor<br />

<strong>der</strong> HTI war und ist <strong>der</strong> Technologie<br />

seiner Zeit immer ein Stück weit voraus;<br />

er ist ein Visionär, <strong>der</strong> seine Ideen auch<br />

gegen Wi<strong>der</strong>stand und Skepsis umsetzt.<br />

Doch so viel Lob möchte Rene<br />

Jeanneret eigentlich gar nicht hören,<br />

<strong>den</strong>n ihn zeichnet noch eine weitere<br />

Eigenschaft aus - Beschei<strong>den</strong>heit.<br />

Bekannt gewor<strong>den</strong> ist <strong>der</strong> Bieler als<br />

<strong>«Vater»</strong> <strong>der</strong> «Spirit of Bienne», dem<br />

Solarfahrzeug, das <strong>den</strong> World Solar<br />

Challenge gewann und <strong>der</strong> HTI zu internationalem<br />

Renommee verhalf. Ein<br />

Projekt, dessenUrsprung beschei<strong>den</strong><br />

war. Nach <strong>der</strong> Ölkrise, als Alternativenergien<br />

ein grosses Thema wur<strong>den</strong>, op-<br />

timierte Rene Jeanneret <strong>den</strong> Motor von<br />

Elektrofahrzeugen <strong>für</strong> die PTT: «Dieser<br />

war schlecht gebaut, fast die ganze Energie<br />

ging flöten.» Was <strong>für</strong> <strong>den</strong> Forscher<br />

natürlich eine Herausfor<strong>der</strong>ung war.<br />

1985 baute er das erste Solarmobil <strong>für</strong><br />

die Tour de Sol von Romanshorn nach<br />

Genf. Gegen <strong>den</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Schule,<br />

<strong>den</strong>n diese be<strong>für</strong>chtete ein blamables<br />

Fiasko. Doch auch dass ihm kein nennenswertes<br />

Budget zur Verfügung stand,<br />

war <strong>für</strong> Rene Jeanneret kein Grund, aufzugeben<br />

- statt Geld investierte er Zeit.<br />

Samstags und sonntags tüftelte er bis 23<br />

Uhr gemeinsam mit Tessiner Stu<strong>den</strong>ten<br />

im Labor; dort verbrachte er während<br />

Jahren auch die gesamten Sommerferien.<br />

Der Einsatz lohnte sich: Während des<br />

ersten Rennens errangen die Bieler <strong>den</strong><br />

ehrenvollen zweiten Platz hinter dem<br />

Modell von Mercedes; ein Jahr später<br />

gewannen sie das Rennen.<br />

Beeindruckt von <strong>der</strong> Leistung <strong>der</strong> Solarmobile<br />

war auch ein Australier, 1987<br />

lancierte er das erste World Solar Challenge.


Rene Jeanneret wollte unbedingt dabei<br />

sein; dieses Mal war es seine Frau,<br />

die angesichts des ambitiösen Projekts<br />

<strong>den</strong> Kopf schüttelte: «Du spinnst»,<br />

habe sie zu ihm gesagt, erinnert er sich<br />

lachend.<br />

Jetzt erhielt <strong>der</strong> Pionier mehr Unterstützung,<br />

das Budget war nicht mehr<br />

ganz so beschei<strong>den</strong>. Trotzdem musste<br />

er das Material <strong>für</strong> die Verkleidung des<br />

Solarmo-bils in <strong>der</strong> FJ>A kaufen. An<strong>der</strong>s<br />

<strong>der</strong> Automobilhersteller GM: Er<br />

investierte enorm viel Geld in dieses<br />

Prestigeprojekt und war <strong>den</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Teilnehmern «haushoch überlegen»,<br />

wie Rene Jeanneret sagt. Ein Wettkampf<br />

zwischen David und Goliath.<br />

Trotzdem war es dieser David aus<br />

Biel, <strong>der</strong> die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Medien<br />

auf sich zog. Bei Alice Springs<br />

verunfallte die erste «Spirit of Bienne».<br />

Sechs Stun<strong>den</strong> lang wurde das<br />

fast hoffnungslos lädierte Fahrzeug<br />

repariert, bevor es - als dritter Teilnehmer<br />

- das Ziel passierte.<br />

1990 schlug die Stunde von Rene<br />

Jeanneret und seinem Team. Auch<br />

dank Nicolas G. Hayek, <strong>den</strong>n mit <strong>der</strong><br />

Swatch Group hatten die Bieler endlich<br />

einen potenten Sponsor gefun<strong>den</strong>. Der<br />

Elektromotor war nun eine Weiterentwicklung<br />

aus <strong>der</strong> Flugzeugtechnik, die<br />

Batterie holte die maximale Energie aus<br />

<strong>den</strong> Solarpanels heraus und die Verkleidung<br />

stammte nicht mehr aus dem Warenhaus.<br />

Einen ganzen Tag vor <strong>der</strong><br />

zweitplatzierten Honda flitzte die «Spirit<br />

of Bienne» ins Ziel. Geräuschlos,<br />

doch das Medienecho war gewaltig.<br />

«Dies war ein Erlebnis», sagt Rene<br />

Jeanneret, «das nicht wie<strong>der</strong>holbar ist.»<br />

Seit 1996 ist <strong>der</strong> Bieler pensioniert; viel<br />

geän<strong>der</strong>t hat sich <strong>für</strong> ihn dadurch nicht.<br />

Er nimmt weiterhin an Symposien teil,<br />

steht im Labor und forscht. Oft zusammen<br />

mit Andrea Vezzini, seinem Nachfolger<br />

an <strong>der</strong> HTI. Rene Jeanneret hat<br />

<strong>den</strong> «Swatch Car» mitentwickelt und<br />

die «Spirit of Bike», das schnellste<br />

Elektrofahrrad <strong>der</strong> Welt.<br />

Die Pensionierung scheint <strong>für</strong> Rene<br />

Jeanneret lediglich eine Formalität zu sein.<br />

Der Zeitpunkt <strong>der</strong> Ehrung, «so lange nach<br />

<strong>der</strong> Pensionierung», ist somit gut gewählt.

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