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der kreuzweg unseres herrn und heilandes jesus christus

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DER KREUZWEG UNSERES HERRN<br />

UND HEILANDES JESUS CHRISTUS<br />

mit den 14 Stationen, geschaffen 1953 von Josef Iven,<br />

in <strong>der</strong> Kirche zur Hl. Familie in Kleineichen<br />

ZUR FASTENZEIT 2011


ZUM GELEIT<br />

Von Wegen <strong>und</strong> vom Gehen dieser Wege ist in <strong>der</strong> Hl. Schrift oft die<br />

Rede. Da geht Maria ins Gebirge zu Elisabeth, da gehen Maria <strong>und</strong><br />

Joseph nach Bethlehem, die drei heiligen Könige kommen aus dem<br />

Morgenland <strong>und</strong> gehen auf einem an<strong>der</strong>en Weg wie<strong>der</strong> dorthin zurück.<br />

Joseph, Maria <strong>und</strong> das Kind fliehen nach Ägypten <strong>und</strong> gehen nach<br />

einiger Zeit nach Nazareth zurück. Mit dem zwölfjährigen Jesus<br />

wallfahren sie nach Jerusalem. Johannes <strong>der</strong> Täufer bereitet dem Herrn<br />

den Weg, Jesus geht in die Wüste, geht an den Jordan, geht nach<br />

Kapharnaum, nach Jerusalem. Jesus gibt den Auftrag, in die Dörfer <strong>und</strong><br />

Städte zu gehen, ja bis an die Grenzen <strong>der</strong> Erde...<br />

Nachdem alles vorüber ist, gehen die Frauen zum Grab, gehen die zwei<br />

Jünger nach Emmaus, gehen eilends wie<strong>der</strong> zurück nach Jerusalem. Es ist<br />

ein Kommen <strong>und</strong> Gehen, so <strong>und</strong> auch so. Später wird Paulus ein Meister<br />

des Unterwegsseins.<br />

Eine alte Volksandacht verehrt <strong>und</strong> bedenkt innig den Weg, den Jesus<br />

vom Pilatusurteil bis zum Kreuz gegangen ist, dem <strong>der</strong> Weg vom<br />

Abendmahlssaal bis zum Ölberg <strong>und</strong> zur Verhaftung vorausging, den<br />

„Kreuzweg“.<br />

Seine Wege werfen ein beson<strong>der</strong>es Licht auf das Schicksal Jesu, man<br />

müßte auch sagen, manchen Schatten. Er war ein Mann des<br />

Unterwegsseins. Rastlos, ruhelos, von seinem Auftrag getrieben, von<br />

seiner Liebe zu den Menschen gedrängt, vorangehend, suchend, findend,<br />

heimholend, begleitend, führend. Selten hören wir vom Ausruhen,<br />

Verharren, Einkehren, Anhalten. Dabei fehlt aber jede Hektik.<br />

Wan<strong>der</strong>prediger sind uns aus dem Alten Testamente vertraut. Sie<br />

bringen Gott näher <strong>und</strong> führen zu ihm. Jesus folgt ihrem Vorbild. Und<br />

übersteigt es. Er sagt nach Johannes „Ich bin <strong>der</strong> Weg!“ Alle Wege sind<br />

Ikonen Christi.<br />

Allen verheißenen Osterwegen voran verläuft <strong>der</strong> Kreuzweg. Wir kennen<br />

nicht seine realistische Gestalt, wenn wir auch manches ahnen können.<br />

Dafür hat sich <strong>der</strong> volksfromme Glaube seit dem hohen Mittelalter tief in<br />

seine Dimensionen versenkt. Das Wort „Mystik“ weist den Weg, ohne ihn<br />

erklären zu wollen. Im Schutz <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> gehen wir diesen Weg. Es sind<br />

Bil<strong>der</strong>, Legenden, Gleichnisse, Zeichen. Das unauslotbare Geheimnis aber<br />

bleibt ehrfürchtig gewahrt.<br />

Am 56. Jahrestag meiner Priesterweihe im Kölner Dom,<br />

Kleineichen, 24. Februar 2011


1. Station: Jesus wird zum Tode verurteilt<br />

Man sagt das <strong>und</strong> schreibt das so leichthin. Es ist ja schon 2000<br />

Jahre her. Außerdem dürfen wir von Ostern aus auf diese St<strong>und</strong>e<br />

zurückblicken. Das gibt ihr eine an<strong>der</strong>e Dimension, ein an<strong>der</strong>es<br />

Gewicht. Und doch: da steht schmal <strong>und</strong> zusammengeschlagen ein<br />

einzelner Mensch. Erstarrt. Zum Tode verurteilt.<br />

Und hinter ihm ragt <strong>der</strong> Richtersitz des Pilatus auf, daneben steht<br />

die Wasserschüssel, in <strong>der</strong> er seine Hände „in Unschuld“ gewaschen<br />

hat. Je<strong>der</strong>mann weiß: er ist keinesfalls unschuldig an diesem Urteil.<br />

Er hat seine Hände in Blut getaucht. Seit zweitausend Jahren wird<br />

am Karfreitag daran erinnert. Er wußte um die Schuldlosigkeit<br />

dieses Mannes. Und ahnte noch mehr. „Bist du ein König?“ hatte er<br />

gefragt <strong>und</strong> die Antwort verstanden: „Ja, dazu bin ich in die Welt<br />

gekommen..!“ Dann aber hat er sich über sein Gewissensurteil<br />

hinweggesetzt <strong>und</strong> das unrechte Todesurteil gefällt, dem die<br />

gräßlichen Folterszenen mit Geißelung, Dornenkrönung <strong>und</strong><br />

Verspottung schon vorausgegangen waren.<br />

In Jesus stehen alle verurteilten <strong>und</strong> dem Tod anheimgegebenen<br />

Menschen <strong>der</strong> Erde vor uns. Alleine Stalin hat 50 Millionen<br />

umgebracht, Hitler... Und wie viele vorher <strong>und</strong> seither! Jesus steht<br />

für jeden einzelnen von ihnen. Bis heute. Es ist ein unermeßliches<br />

Heer von schändlich Verurteilten, ihre zerstörten Gesichter gehen<br />

im Massengrab <strong>der</strong> Geschichte unter, hoffen wir, daß sie in Gott<br />

aufgehoben sind. Selbst ein alltäglich gefälltes liebloses Urteil<br />

verletzt immer <strong>und</strong> ist nie mehr ganz zurückzunehmen.<br />

Der Stab über Jesus ist gebrochen. Wir wissen nicht, wie es in<br />

seinem Innersten aussieht. Da Gott nach unserem Glauben in ihm<br />

ganzer Mensch geworden ist, trifft dieses Urteil den Menschen bis<br />

auf seinen göttlichen Gr<strong>und</strong>. Schrecken, Angst,<br />

Hoffnungslosigkeithaben sich in ihn ergossen. Seine Seele wird<br />

betrübt bis in den Tod gewesen sein, <strong>der</strong> nun über ihn hereinbricht.<br />

Die St<strong>und</strong>e <strong>der</strong> Menschenfinsternis <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gottesfinsternis hat<br />

begonnen.


2. Station: Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern<br />

Die ersten Schritte. Je<strong>der</strong> macht sie als Kind – zur Freude <strong>der</strong> Eltern<br />

<strong>und</strong> vor allem zur eigenen Weltbegehung. Wie viele Schritte seither!<br />

Ins Leben, in den Beruf, auf Gefährten zu, in Liebe, in Verehrung.<br />

Auch in schweren St<strong>und</strong>en einer Trennung, einer Operation, eines<br />

Abschiedes... Oft sind die ersten Schritte die entscheidenden. Und<br />

dann die ersten Blicke, mit denen wir hinschauen <strong>und</strong> oft schon<br />

klar erkennen, was sich anbahnt.<br />

Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern. Mag es nur <strong>der</strong> schwere<br />

Querbalken gewesen sein, <strong>der</strong> später an den senkrecht vor Ort<br />

stehenden gefügt wurde, mag es das ganze Kreuz gewesen sein – eine<br />

weltenschwere Last legt sich auf den Herrn. Und plötzlich sieht er<br />

den Weg in <strong>der</strong> Helle des frühen Tages auf das Ziel zugehen, das für<br />

ihn bestimmt ist. Erste Schritte, erste Blicke.<br />

Alles, was auf dieser Erde zu Schuld wurde <strong>und</strong> noch zu Schuld<br />

werden wird, ihm wird es aufgebürdet <strong>und</strong> angelastet. Wie in<br />

israelitischer Vorzeit die Schuld des Volkes dem Sündenbock<br />

auferlegt wurde <strong>und</strong> man ihn dann zum Lager hinaus in die Wüste<br />

<strong>und</strong> in den Tod trieb, so nimmt Jesus seine Last an <strong>und</strong> auf sich. Es<br />

bleibt ihm nur die Wahl, Ja o<strong>der</strong> Nein dazu zu sagen. Gehen muß er<br />

auf jeden Fall. Das ist von an<strong>der</strong>en verfügt. Und Gott (auch tief in<br />

ihm) scheint zu schweigen.


3. Station: Jesus fällt zum ersten Male unter dem Kreuz<br />

Kein Wun<strong>der</strong> - nach dieser langen, schmerzhaften Nacht, nach all den<br />

bitterbösen Enttäuschungen <strong>und</strong> Erniedrigungen, nach <strong>der</strong> Erschütterung<br />

seiner Kräfte durch Verhör, Geißelung <strong>und</strong> Dornenkrönung! Manchen<br />

wird es erstaunt haben, daß er nicht schon dabei zusammengebrochen ist.<br />

Aber davon überliefert die Legende nichts. Sie läßt ihn dreimal hinfallen<br />

auf seinem Weg, hier zum ersten Male.<br />

Hinfällig sein, dieses deutsche Bildwort, zeichnet den Menschen, <strong>der</strong> sich<br />

vor allem aus Alters- o<strong>der</strong> Krankheitsgründen oft nicht mehr aufrecht<br />

halten kann. Aus Schwachheit vor allem. Jesus nimmt an dieser<br />

menschlichen Erfahrung auf schmerzhafte Weise teil, obwohl er mit seinen<br />

dreißig Jahren noch jung ist. Immer geht das Fallen nach den Naturgesetzen<br />

<strong>der</strong> Erde zu. Auch im übertragenen Sinne. Dieses Fallen Jesu weist auf den<br />

tiefsten Fall am Ende des Weges hin, die Erde wird ihn nach tödlicher Erhöhung<br />

aufnehmen.<br />

Vom Fallen sprechen wir auch, wenn es um die Sünde geht. Am Anfang des<br />

ganzen menschlichen Elends steht <strong>der</strong> Sündenfall <strong>der</strong> Stammeltern. Dieses<br />

Schuldigwerden zieht sich in einer dunklen Spur durch die gesamte<br />

Menschheitsgeschichte. In Jesu Fallen verdichtet sich auch dieses <strong>der</strong> Erde<br />

<strong>und</strong> allen dunklen Mächten Verhaftetsein des Menschen. Er trägt unsere<br />

Schuld, sie läßt ihn hinfallen. Sie ist in ihm <strong>und</strong> drückt auf ihn.<br />

In Rilkes Herbstgedicht heißt es: „Wir alle fallen, diese Hand da fällt, <strong>und</strong><br />

sieh dir andre an - es ist in allen. Und doch ist einer, welcher dieses Fallen<br />

unendlich sanft in seinen Händen hält...“ Man möchte hoffen, daß Jesus<br />

mit dem Hinfallen unter <strong>der</strong> Kreuzeslast auch etwas Trost gewährt wurde.


4. Station: Jesus begegnet seiner Mutter<br />

Aus den biblischen Texten wissen wir, daß Jesu Verhältnis zu seiner Mutter<br />

keineswegs so harmonisch <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich war, wie es so mancher<br />

Marienverehrer gerne sähe. Schon auf <strong>der</strong> Hochzeit zu Kana wird die<br />

Distanz zu Maria deutlich. Und das setzt sich fort. Jesus hat seinen eigenen<br />

Weg gef<strong>und</strong>en aus <strong>der</strong> Ummantelung seiner Familie, die sicher als<br />

Großfamilie zu denken ist. Er war ganz <strong>und</strong> gar selbständig, manchmal<br />

sogar auf eine befremdende Art.<br />

An<strong>der</strong>erseits wissen wir auch, daß Maria den Weg Jesu begleitet hat, wenn<br />

vielleicht oft nur aus <strong>der</strong> Ferne, wo sie mit an<strong>der</strong>en Frauen zusammen ist.<br />

Wir kennen die biographischen Zusammenhänge zu wenig. Auf Maria <strong>und</strong><br />

Johannes unter dem Kreuz macht uns <strong>der</strong> heilige Text aber ausdrücklich<br />

aufmerksam.<br />

Die Kreuzweglegende weiß um diese Begegnung auf Jesu „Todesmarsch“.<br />

Mit den vielen Schaulustigen steht die Mutter da. Selbst alles an<strong>der</strong>e als<br />

schaulustig. Wahrscheinlich in panischem Entsetzen. Jedenfalls aufs tiefste<br />

betroffen. Vielleicht zornig. („Kind, warum hast du uns das getan!“). Und<br />

ohnmächtig dazu. Das Schwert, das nach dem unvergessenen Wort des<br />

greisen Simeon ihr durch die Seele fahren soll, hat sie jetzt getroffen. Die<br />

Volksfrömmigkeit weiß sogar um sieben Schwerter. Alles gerinnt zu dem<br />

einen bohrenden Schmerz.<br />

Es wird ihr sicher in diesem Augenblick nicht eingefallen sein, daß<br />

„Pascha“ Vorübergang bedeutet – morgen schon feiert man dieses Fest <strong>und</strong><br />

am Nachmittag wird man die Lämmer im Tempel schlachten. Und daß<br />

Johannes <strong>der</strong> Täufer von Jesus als dem Lamm Gottes gesprochen hat. „Das<br />

Lamm, das man zur Schlachtbank führt“ – es wird an ihr vorübergezerrt. Es<br />

nimmt seinen Weg. Nur tränenverschwommen können sie sich am Rande<br />

<strong>der</strong> Via Dolorosa wahrnehmen. Helfen können sie sich nicht. Nur nahe<br />

sein.


5. Station: Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen<br />

Die Hl. Schrift berichtet, daß die römischen Soldaten einen Mann zwingen,<br />

Jesus beim Kreuztragen zu helfen. Dem Betrachter <strong>der</strong> Szene erscheint<br />

erleichtert dieser Mensch als Bote vom Himmel. Vielleicht ist es Jesus selbst<br />

so gegangen.<br />

Er war aus Cyrene, also aus Nordafrika, ein Diasporajude, <strong>der</strong> wahrscheinlich<br />

zum Osterfest in Jerusalem weilte, ein Dunkelhäutiger, ein<br />

„Neger“. Seine erwähnten Söhne Alexan<strong>der</strong> <strong>und</strong> Rufus sind anscheinend<br />

später Christen geworden <strong>und</strong> haben dieses Begegnis <strong>der</strong> Urgemeinde<br />

berichtet. Aus dem Kreuztragen des Simon von Cyrene wurde für ihn selber<br />

<strong>und</strong> für seine Familie <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Nachfolge Christi.<br />

Kreuzesnachfolge ist ein Bild, das sich aus dem Kreuzweg Jesu heraus<br />

gebildet hat. Nur ein tief mystisch begabter Mensch wird sich selbst in <strong>der</strong><br />

Rolle des Simon wie<strong>der</strong>finden. Wir in <strong>der</strong> „Gnade <strong>der</strong> Spätgeborenen“<br />

können in <strong>der</strong> Regel nur hinschauen, erleichtert aufatmen <strong>und</strong> in allem ein<br />

Gleichnisbild sehen, wie zwischen uns <strong>und</strong> Jesus ein „Lastenausgleich“<br />

stattfinden kann, indem wir heute das Kreuz an<strong>der</strong>er mittragen.<br />

Daß die Welt voller Kreuze ist, muß man sich nicht eigens ausmalen. Und<br />

daß die meisten Menschen mit ihren mehr o<strong>der</strong> weniger schweren Kreuzen<br />

nicht zurecht kommen, auch nicht. Es gehört sogar zur Definition des<br />

Menschendaseins, daß das Leben ein Kreuzweg sei. Wohl dem, <strong>der</strong><br />

jemanden findet, <strong>der</strong> ihn stützt, die Last mitträgt („einer des an<strong>der</strong>en<br />

Last...“) <strong>und</strong> sich dabei etwas erleichtert fühlen darf. Schon das Angebot zur<br />

Mithilfe tut gut.<br />

Da später von Simon auf dem Weg Jesu nicht mehr die Rede ist, muß man<br />

annehmen, er habe nur eine zeitlang Jesu Last mitgetragen. Der muß<br />

weitergehen. Hitze <strong>und</strong> Staub nehmen zu.


6. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch dar<br />

Wäre die Situation nicht so unendlich traurig <strong>und</strong> düster, könnte man von<br />

einem „schönen“ Bild sprechen. Jedenfalls von einem ansprechenden,<br />

ausdrucksstarken.<br />

Frauen haben immer etwas in ihren Handtaschen. Die sind unergründlich.<br />

Veronika nimmt ein reines Linnen daraus hervor <strong>und</strong> hält es dem<br />

Schmerzensmann hin. Ganz einfach. Eine rührende Geste. Jesu Haupt,<br />

schweißverschmiert, blutig <strong>und</strong> völlig verstaubt, empfängt einen Augenblick<br />

lang Lin<strong>der</strong>ung. Wie<strong>der</strong>, als sei ein Engel hilfreich am Werk.<br />

Und als Veronika das Tuch zurücknimmt, entdeckt sie darin den Abdruck<br />

des heiligen Hauptes. Die erste Ikone Christi, nicht von Menschenhand<br />

gemacht. Unmittelbar geschenkt. Ganz <strong>und</strong> gar original. Ein Bild, das um<br />

die Erde <strong>und</strong> durch die Jahrhun<strong>der</strong>te geht. Die Christen im Osten verehren<br />

es bis heute als „Mandylion“, die Christen im Westen als „Schweißtuch <strong>der</strong><br />

Veronika“. Es gibt kein Christusbild, das sich nicht auf dieses Bild beruft.<br />

Der Vorgang hat auch noch eine an<strong>der</strong>e Dimension. Dem vorübereilenden<br />

Herrn wird sich das Bild <strong>der</strong> barmherzigen Frau tröstlich in die Seele<br />

eingeprägt haben. Er nimmt es mit sich auf Golgatha zu, eine kleine, aber<br />

doch lin<strong>der</strong>nde Hilfe. Und in einem heiligen Austausch nimmt Veronika<br />

sein Bild an sich <strong>und</strong> wird es später <strong>der</strong> ersten Christengemeinde<br />

übergeben haben. Gesicht gegen Gesicht, Liebe gegen Liebe. Veronikas<br />

barmherziges Gesicht begleitet den Herrn in den Tod, Jesu leidvolles Antlitz<br />

Veronika (<strong>und</strong> die Kirche) in das Leben.


7. Station: Jesus fällt zum zweiten Male unter dem Kreuz<br />

Der Schub des schweren Balkens drückt Jesus ein zweites Mal nie<strong>der</strong>. Man<br />

kann sich leicht vorstellen, wie die Gaffer am Straßenrand gefeixt haben.<br />

Die Legende meint, das zweite Mal habe das Kreuz Jesus tiefer als das erste<br />

Mal an den Boden gedrückt.<br />

Die Ärzte werden es bestätigen: wie viele ältere Menschen fallen zu Boden,<br />

stolpern, werden schwindelig, verlieren den Halt. Dann immer wie<strong>der</strong> die<br />

Diagnose: Oberschenkelhalsbruch, was sehr oft den Anfang vom Ende<br />

bedeutet. Jesus ist nicht alt, aber die Lebenslasten <strong>der</strong> ganzen Welt haben<br />

sich auf seinen w<strong>und</strong>en Schultern versammelt. Doch nicht wie Sisyphus versucht<br />

er die Last des Schuldenfelsens vergebens den Berg hinauf zu<br />

schieben, wo sie ihm wie<strong>der</strong> entgleitet. Er trägt <strong>und</strong> fällt <strong>und</strong> trägt wie<strong>der</strong><br />

weiter. Was damals höchstens einige Wenige ahnen konnten, sein<br />

Aufstehen, Fallen <strong>und</strong> Weitertragen ist zwar menschlich gesehen unsinnig<br />

<strong>und</strong> grotesk, aber nicht umsonst. Er trägt die Last, damit an<strong>der</strong>e sie<br />

loswerden, er wird nicht völlig mutlos, obwohl kein Ende <strong>der</strong> Tortur in<br />

Sicht ist. Er bringt das Lied vom Leidenden Gottesknecht des Propheten<br />

Jesaja immer weiter ans unausweichliche Ende, unsretwegen.<br />

Dies ist von den Kreuzwegstationen die 7., also die Hälfte. Das grausame<br />

Spiel ist noch nicht zuende. Es geht weiter. Vielleicht an dieser Stelle hat<br />

<strong>der</strong> Volksglaube eine Szene eingeschoben, die man oft als Andachtsbild an<br />

ländlichen Wegen sieht: „Christus in <strong>der</strong> Rast“. Man sieht, wie ihm ein<br />

paar Minuten des Ausruhens gewährt werden. Vielleicht von ein paar<br />

barmherzigen Soldaten, vielleicht aber auch, weil sie selbst eine Pause<br />

wollen <strong>und</strong> brauchen.<br />

Es ist ein Bild des Jammers. Da sitzt <strong>der</strong> gesch<strong>und</strong>ene Mann, spärlich<br />

bekleidet <strong>und</strong> böse entstellt auf einem Stein o<strong>der</strong> auf einem<br />

Baumstumpf. Die Dornenkrone auf dem Haupt, die Hände<br />

übereinan<strong>der</strong>gelegt, w<strong>und</strong>enbedeckt. Von wirklichem Ausruhen keine<br />

Rede. Nur ein kurzes Innehalten. Je<strong>der</strong>mann weiß, die römische<br />

Kohorte wird ihn gleich vorantreiben.


8. Station: Jesus begegnet den weinenden Frauen<br />

Es gab im Judentum den Samariterdienst des öffentlichen Trauerns <strong>und</strong><br />

Klagens. Das wurde unter Umständen auch gegen Bezahlung gemacht.<br />

Aber wer hätte hier bestellen, wer hätte hier bezahlen sollen? Das kam<br />

schon aus dem Volk, aus den Zuschauern, aus dem Kreis <strong>der</strong> Schaulustigen.<br />

Sie heben an mit <strong>der</strong> Klage über ein Unrecht, dessen Hintergründe sie<br />

garnicht erkennen konnten. Ihnen tut <strong>der</strong> Verurteilte einfach leid. Sie<br />

erheben die Hände beschwörend, raufen sich die Haare, weinen – eine<br />

Geste des ohnmächtigen Mitleidens. So wollen wir annehmen. In jedem<br />

Menschen lebt das Gute <strong>und</strong> bricht sich in einem solchen Augenblick<br />

Bahn.<br />

„Weint nicht über mich, son<strong>der</strong>n weint über euch <strong>und</strong> über eure Kin<strong>der</strong>...!“<br />

ruft <strong>der</strong> geknechtete Mann ihnen zu. Denkt nicht an mich, denkt an euch!<br />

In dieser Szene gewinnt Jesus seine Souveränität für einen Augenblick<br />

zurück. Plötzlich ist er wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> prophetische Wan<strong>der</strong>prediger früherer<br />

Zeit <strong>und</strong> nimmt seine Belehrung auf. Mit dem Gottesreich ist das Ende <strong>der</strong><br />

Weltzeit in Sicht. Visionär mag Jesus auch das Ende Jerusalems mit seinen<br />

Schrecken wenige Jahrzehnte später geschaut haben.<br />

Den Balken im eigenen Auge sehen, sich nicht blenden lassen, auch nicht<br />

von dem unbeschwerten Jungsein <strong>der</strong> eigenen Kin<strong>der</strong>, die Wirklichkeit<br />

durch alles hindurch sehen, ganz beson<strong>der</strong>s das Versagen im eigenen<br />

Lebensraum. Reue <strong>und</strong> Mitleid zeigen! Keine falsche Erschütterung! Selbst<br />

die nicht durch den Vorübergang eines Todgeweihten. Vor <strong>der</strong> eigenen<br />

Türe kehren, sagt <strong>der</strong> Volksm<strong>und</strong>. Und Jesus geht seinen Weg weiter.


9. Station: Jesus fällt zum dritten Male unter dem Kreuz<br />

Aller bösen Dinge sind drei, möchte man hier sagen. Dem Herrn bleibt<br />

nichts erspart. Dieses Mal ist seine Kraft am Ende. Er fällt, er kann nicht<br />

mehr. Das Kreuz entgleitet ihm <strong>und</strong> stürzt mit ihm zu Boden. Einen<br />

Augenblick lang halten die Soldaten, halten die Umherstehende den Atem<br />

an. Ob er sich noch einmal aufraffen wird? Hoffentlich ist er nicht schon<br />

tot, werden sie denken, ehe wir den Auftrag vollständig erfüllt haben.<br />

Einen Menschen, den man verehrt, einen Menschen, <strong>der</strong> einem etwas<br />

bedeutet hat, einen befre<strong>und</strong>eten, einen geliebten Menschen so daliegen<br />

sehen <strong>und</strong> allen Glanzes, den die Liebe ihm verliehen hatte, beraubt – das<br />

ist unendlich schmerzhaft, bitter <strong>und</strong> desillusionierend. Ein Bündel Elend,<br />

ein Nichts an <strong>der</strong> Erde, ein bis zur Unkenntlichkeit Entwürdigter.<br />

Kann man überhaupt noch zu ihm halten? Ihm Vertrauen schenken, seinen<br />

früheren Worten glauben? Ist er nicht unglaubwürdig geworden?<br />

Es kommt einem in den Sinn, wie man die Juden in <strong>der</strong> Nazizeit erst<br />

würdelos <strong>und</strong> unansehnlich gemacht hat, ehe man sie erschlug. Das Töten<br />

geht dann viel leichter von <strong>der</strong> Hand. Er ist ja sowieso nur so einer!<br />

Irgendwie kommt er noch einmal hoch, um die letzten Schritte bis zur<br />

Hinrichtung zu gehen. Golgotha, <strong>der</strong> Hügel, ist nahe. Die Stelle, an <strong>der</strong><br />

nach <strong>der</strong> Überlieferung Adam <strong>und</strong> Eva, die Stammeltern, begraben liegen.<br />

Und wo sich <strong>der</strong> Fluch, den sie über die Menschheit gebracht haben,<br />

vollenden <strong>und</strong> wenden soll.


10. Station: Jesus wird seiner Klei<strong>der</strong> beraubt<br />

Das ist das Letzte! Um die Entwürdigung voll zu machen auch das noch! Es<br />

geht nicht um nackt o<strong>der</strong> nicht nackt – das kann beides durchaus sein, es<br />

geht um die Entehrung, die Entmachtung <strong>und</strong> Degradierung <strong>der</strong> Würde.<br />

Neben seinen Klei<strong>der</strong>n kann man einen Menschen auch in einem tieferen<br />

Sinne „bloßstellen“. So sieht er aus! So ist er! Er ist ein Nichts!<br />

In dem Märchen „Des Kaisers neue Klei<strong>der</strong>“ ruft ein Kind die Wahrheit<br />

aus: er ist ja nackt! Nur seine Einbildung hatte den Kaiser in seinen eigenen<br />

Augen mit Pomp geschmückt. In Wirklichkeit aber war er ein Nichts, aber<br />

durch sich selbst. Jesus soll zum Nichts gemacht werden, damit man seine<br />

Würde nicht sieht, seine Bedeutung. Man reißt ihm die letzte menschliche<br />

Hülle vom Leib, um ihn, <strong>der</strong> groß ist, klein zu machen. Der „Erbärmde-<br />

Christus“ steht vor uns <strong>und</strong> läßt sich mit unseren Blicken bekleiden, mit<br />

unserer Liebe.<br />

Die abendländische Kunst hat sein Bild mit unendlicher Rührung,<br />

Zuneigung <strong>und</strong> Verehrung gestaltet. Tausendfach. Das absolute Gegenteil<br />

von pornographischer Betrachtungsweise. Durch die enthüllte Nacktheit<br />

fällt <strong>der</strong> Blick auf sein erlösendes Leiden.<br />

Wie sein Bischof den Hl. Franziskus mit seinem eigenen Mantel bekleidete,<br />

als Franz seine Klei<strong>der</strong>, das letzte Bindeglied an seine bisherige Welt, dem<br />

eigenen Vater zurückgab, so mag es auch beim Hinschauen auf den<br />

leidenden Herrn sein: die ihn lieben <strong>und</strong> mit ihm leiden legen ihm den<br />

Mantel ihres Glaubens um die geschändete Schulter.


11. Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt<br />

Die meisten von uns hätten sicher nicht hinblicken können. Und auch jetzt<br />

muß das nicht sein. Was da geschehen ist, ist zu fürchterlich.<br />

Wenn auch nicht einmalig. Im Jahre 70 werden die Römer Jerusalem<br />

einschließen <strong>und</strong> die Menschen zu Tausenden ringsum auf den Wällen ans<br />

Kreuz heften. Sicherlich nicht immer angenagelt, die grausamste Tortur,<br />

wohl aber angeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> dem langsamen Sterben überlassen.<br />

Ernst Wiechert schil<strong>der</strong>t das Sterben eines Dorfpfarrers in Ostpreußen,<br />

den die erobernden russischen Soldaten an sein eigenes Kirchenportal<br />

nageln. Die Grausamkeit des Menschen ist unerschöpflich. War es, ist es<br />

auch heute, <strong>und</strong> wird es wohl immer sein. Homo homini lupus – <strong>der</strong><br />

Mensch ist dem Menschen ein Wolf. In Jesu Annagelung trifft wie in<br />

einem Brennpunkt all das unendliche Leid, das sich Menschen gegenseitig<br />

antun, zusammen. Man kann nur hoffen, daß es schnell vorübergeht <strong>und</strong><br />

durch die Agonie in die Bewußtlosigkeit hinein verdämmert.<br />

Und man kann sich nur selber sagen: nie einem an<strong>der</strong>en Böses antun!<br />

Nicht einmal das geringste. Schon die kleinste Lieblosigkeit ist eine Beihilfe<br />

zur Annagelung, ist eine grausame Quälerei. Und unser selbst unwürdig.<br />

Tröstlich zu wissen, daß diejenigen, die uns die Kreuzigungsszene<br />

überliefert haben, selber bereits vom Ostergeschehen erfaßt waren. Sie<br />

wußten schon mehr.


12. Station: Jesus stirbt am Kreuz<br />

Wie das Annageln ist das Hängen am Kreuz eine fürchterliche Prozedur.<br />

Die evangelische Christenheit hat es sich versagt, Jesus, den „Cruzifixus“,<br />

den Gekreuzigten selbst in seinem Elend darzustellen. Auch die ersten<br />

christlichen Jahrhun<strong>der</strong>te nahmen das Kreuz als „Zeichen“, nicht als<br />

realistische Requisite. Sie sahen es ausschließlich von Ostern her. Leer,<br />

glanzüberströmt, Chiffre für die erlösende Tat Gottes.<br />

Die romanische Kunst sah das Kreuz als Königsthron. Und Jesus in<br />

grenzenloser Erhabenheit, königlich gewandet, vor <strong>und</strong> an ihm. Die Gotik<br />

nähert sich dann dem vom Todesleid bedrängten Herrn am Kreuz, sieht<br />

aber in allem Leid doch eine gewisse Schönheit durchschimmern, die<br />

Überwindung des Sterbens, das neue österliche Dasein. Den extremsten<br />

Blickwinkel beschert uns Grünewald auf dem Isenheimer Altar. Jesus hat<br />

als <strong>der</strong> Gesch<strong>und</strong>ene das gesamte Menschheitsleid zusammengefaßt <strong>und</strong><br />

vor unsere Augen gestellt.<br />

Im Barock wendet sich die Sicht des Gekreuzigten wie<strong>der</strong> den Gefühlen <strong>der</strong><br />

Überwindung, des Triumphes <strong>und</strong> <strong>der</strong> österlichen Ekstase zu.<br />

Und wir?<br />

„Wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle an mich ziehen...“<br />

Fühlen wir uns zu ihm hin- <strong>und</strong> hinaufgezogen? Sind uns das Kreuz <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Gekreuzigte wirklich die Chiffre für Erlösung, Befreiung, Heilung? Wir<br />

können nur vorsichtig hinschauen, ergriffen, betroffen. Ich denke, je<strong>der</strong><br />

wird den gekreuzigten Herrn an<strong>der</strong>s sehen, ihn als seinen eigenen Herrn,<br />

Heiland <strong>und</strong> Erlöser erkennen. Und den himmlischen Vater mit seiner<br />

ganzen Liebe in ihm. Immer tiefer erfahren wir: im Kreuz ist Leben. Der<br />

Glaube läßt uns sehen, wie sich im Augenblick des Todes Jesu die Tür zum<br />

neuen österlichen Dasein öffnet. Das Leid ist ausgestanden. „Vater, in deine<br />

Hände empfehle ich meinen Geist!“ Jesus ist heimgegangen.<br />

„Wir beten dich an, Herr Jesus Christus, <strong>und</strong> preisen dich, denn durch dein<br />

heiliges Kreuz hast du die Welt erlöst!“


13. Station: Jesus wird vom Kreuz abgenommen <strong>und</strong> in den Schoß seiner<br />

Mutter gelegt<br />

Maria hatte mit Johannes unmittelbar beim Kreuz Jesu gestanden <strong>und</strong> alles<br />

mit angesehen. Es ist die neunte St<strong>und</strong>e, drei Uhr nachmittags.<br />

Wegen <strong>der</strong> Nähe zum Osterfest, das mit <strong>der</strong> Dämmerung beginnt, drängt<br />

die Zeit zur Kreuzabnahme. Man legt den toten Leib in ihre Arme <strong>und</strong> auf<br />

ihren Schoß. Ein Bild, das unzählbar oft von den Künstlern dargestellt<br />

wurde. Mal stellen sie die Mutter als trauernde, klagende Frau dar, als<br />

„Marienklage“. Mal nehmen sie das nahende Tagesende, die Vesper<br />

(Abend) zum Anlaß, den Kreuzweg in Frieden ausklingen zu lassen. Maria<br />

sitzt da <strong>und</strong> hält den toten Sohn auf dem Schoß, still geworden,<br />

leidversunken, ein „Vesperbild“.<br />

Man hat gesagt, sie sei damit ein Bild <strong>der</strong> kommenden Kirche geworden,<br />

die den Auftrag hat, „nichts als den Gekreuzigten“ den Menschen zu<br />

zeigen. Und in ihm die Selbsterniedrigung Gottes, seine unergründbare Liebe<br />

zu den Menschen. Bis hierher ist er in unserer Welt gegangen, würde sie<br />

sagen.<br />

Alle, die den Elendsweg Jesu angeschaut <strong>und</strong> begleitet haben, werden mit<br />

ihr das letzte Wort Jesu nachsprechen „Es ist vollbracht!“ Alles ist vorbei.<br />

Jetzt ist es genug!<br />

Maria hatte ihn als Kind vielemale auf ihrem Schoß gehalten, in ihren<br />

Armen gewiegt. Nach Mutterart. Jetzt liegt dieser tote Mensch wie<strong>der</strong> in<br />

ihren Armen. Es bedarf keines Einschlafliedes mehr.<br />

Sie wird es nicht bemerkt haben. Wir selber aber sehen es: Es liegt nicht<br />

nur ein Frieden <strong>der</strong> Erschöpfung über dieser Szene, es fällt schon<br />

österliches Leuchten auf die beiden. Es ist, als läuteten von ferne<br />

Osterglocken...


14. Station: Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt<br />

Die östliche Christenheit sieht die Geburt Jesu in einer Höhle. Auch <strong>der</strong><br />

erweckte Lazarus tritt aus einer Höhle Jesus entgegen. Eine Höhle ist es<br />

auch, in die <strong>der</strong> Tote nun gelegt wird, eine Grabstätte nahe dem<br />

Golgothahügel. Höhle – das meint die Erde, den Mutterschoß,<br />

Lebensursprung <strong>und</strong> Geborgenheit.<br />

Josef aus <strong>der</strong> Stadt Arimathäa, Mitglied des Hohen Rates <strong>und</strong> insgeheim<br />

Jünger Jesu, stellt sie den Hinterbliebenen zur Verfügung. Jesus soll endlich<br />

seine Ruhe haben. Und das hinter dem schweren, einem aufrecht<br />

stehenden Mühlstein ähnlichen „Rollstein“, mit dem man üblicherweise<br />

die Grabstätten verschloß.<br />

An ein neues, erneuertes Leben von Toten wird man kaum gedacht haben.<br />

Das lag den Menschen damals fern. Das Verschließen mit dem schweren<br />

Stein bedeutete das gültige, nicht revidierbare Ende. Auch des Kreuzweges,<br />

den wir mitgegangen sind. Was für eine Trauer!<br />

Unser Glaube sagt: die Grabesruhe Jesu war nur von kurzer Dauer. So<br />

möchten manche den 14 Kreuzwegstationen noch eine 15. anfügen, das<br />

österlich leere Grab. An<strong>der</strong>e lassen <strong>der</strong> Kreuzigung unmittelbar die<br />

Auferstehung folgen. Wir sehen uns noch einmal nach dem verschlossenen<br />

Grab um, ehe wir nachdenklich nach Hause gehen, schweren Herzens.<br />

Der Ostermorgen wird uns eines an<strong>der</strong>en belehren. Aber zunächst senkt<br />

sich die Nacht auf die Grabesruhe Christi. Und auf uns. Übermorgen<br />

werden wir dann den Emmausweg gehen.


Wenn ich einmal soll scheiden,<br />

so scheide nicht von mir!<br />

Wenn ich den Tod soll leiden,<br />

so tritt du dann herfür!<br />

Wann mir am allerbängsten<br />

wird um das Herze sein,<br />

so reiß mich aus den Ängsten<br />

kraft deiner Angst <strong>und</strong> Pein!<br />

+<br />

Paul Gerhardt, 1656<br />

O Haupt voll Blut <strong>und</strong> W<strong>und</strong>en,<br />

Salve caput cruentatum<br />

ALLE RECHTE AN DIESEM HEFT BEI H. GÜNTER SAUL UND KLAUS<br />

OLSCHEWSKI, FEBRUAR 2011, KLEINEICHEN. DIE FOTOS STAMMEN VON<br />

KLAUS OLSCHEWSKI, DIE TEXTE VON MIR. DER NACHDRUCK AUCH<br />

EINZELNER TEILE BEDARF DER ZUSTIMMUNG DURCH DIE AUTOREN. G.S.

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