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Jugend und Religiosität 2006 - Evangelisch-reformierte Kirche des ...

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Evang.-ref. <strong>Kirche</strong> <strong>des</strong> Kantons St. Gallen<br />

Arbeitsstelle <strong>Jugend</strong>fragen<br />

Aufbereitet aufgr<strong>und</strong> der 15. Shell <strong>Jugend</strong>studie <strong>2006</strong> durch Marei Pöschmann, Volontärin<br />

<strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> <strong>Religiosität</strong> <strong>2006</strong><br />

In der Arbeit mit <strong>Jugend</strong>lichen <strong>und</strong> jungen Erwachsenen hört jeder<br />

<strong>Jugend</strong>arbeiter, jede <strong>Jugend</strong>arbeiterin in letzter Zeit immer vermehrter <strong>und</strong><br />

sogar nachdrücklicher den bekannten Satz: Wir müssen die <strong>Jugend</strong>lichen<br />

da abholen wo sie sind. In ihrer Lebenswelt, dort, wo sie zu Hause sind.<br />

Wie kann man das verstehen?<br />

Soll ich mich als <strong>Jugend</strong>arbeiterIn buchstäblich auf den Weg machen? Soll<br />

ich Bushaltestellen, Parks <strong>und</strong>/oder sonstige Plätze abgrasen, wo ich<br />

<strong>Jugend</strong>liche vermute? Oder soll ich mich innerlich <strong>und</strong> im übergeordneten<br />

Sinne auf den Weg in die Welt machen, wo ein <strong>Jugend</strong>licher mit seinen<br />

Gedanken, Gefühlen, Hoffnungen, Zerschlagenheiten, Werten, ja vielleicht<br />

sogar, mit seinem Glauben parkiert? Wie komme ich als <strong>Jugend</strong>arbeiterIn<br />

bei <strong>Jugend</strong>lichen an?<br />

Einen Einblick für <strong>Jugend</strong>arbeiterInnen bietet die in Deutschland veröffentlichte Shell <strong>Jugend</strong>studie, die <strong>2006</strong> zum 15.<br />

Mal erschien. (http://www.shell.com/home/content2/dede/about_shell/<strong>Jugend</strong>studie/<strong>2006</strong>/<strong>Jugend</strong>studie<strong>2006</strong>_start.html<br />

)<br />

Aus ihr sind die nun folgenden Daten <strong>und</strong> Informationen entnommen, die zum Thema <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> <strong>Religiosität</strong><br />

erhoben wurden.<br />

Öffentliches Interesse an Religion <strong>und</strong> <strong>Kirche</strong><br />

Öffentliche <strong>und</strong> historische Ereignisse der kirchlichen Welt, wie etwa<br />

der Tod von Papst Johannes Paul II, der Weltjugendtag in Köln 2005,<br />

die ständige Präsenz von Terroranschlägen mit islamischem Hintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> das dadurch bestimmte politische Weltgeschehen, haben den Fokus<br />

der Öffentlichkeit <strong>2006</strong> wieder mehr auf <strong>Religiosität</strong> gelenkt. Diese,<br />

durch die Medien gelenkte, überspitzte, schwarz malende Sicht auf<br />

Weltreligionen im Allgemeinen, ruft in der Bevölkerung jene Angst<br />

hervor, die zudem <strong>Jugend</strong>liche mit Migrationshintergr<strong>und</strong> in den<br />

Vordergr<strong>und</strong> rückt <strong>und</strong> eine neutrale, objektive Diskussion über Religion<br />

unmöglich macht. Die Öffentlichkeit, also auch die <strong>Jugend</strong>lichen, zeigen<br />

Interesse an den Neuigkeiten der Religion, allerdings nicht am<br />

Religionsinhalt allgemein.<br />

Definition von <strong>Religiosität</strong> Wann können wir von <strong>Religiosität</strong> sprechen?<br />

Zwei Drittel der <strong>Jugend</strong>lichen glauben <strong>2006</strong> an ein Leben nach dem Tod.<br />

Werden solche Aussagen getroffen, so gibt es Theorien, die in diesem Fall<br />

schon von der <strong>Religiosität</strong> einer Person sprechen. Allerdings steht jede<br />

Theorie <strong>und</strong> Definition von <strong>Religiosität</strong> auf wackligen Beinen. <strong>Religiosität</strong><br />

kann man nicht ausschöpfend definieren. Der Glaube an ein Leben nach dem<br />

Tod macht <strong>Jugend</strong>liche nicht konfessionsgeb<strong>und</strong>ener oder religiöser, zeigt<br />

aber die Empfänglichkeit <strong>Jugend</strong>licher für mit dem Verstand nicht zu<br />

fassende Lehren im Allgemeinen.<br />

Allerdings halten <strong>Jugend</strong>liche immer noch stark an einem moralischen<br />

Wertesystem fest, das sich auf religiöse Lehren stützt. Die Wertvermittlung<br />

<strong>und</strong> Wertebildung dieses eher traditionellen Wertesystems geschieht nach<br />

wie vor in der Sozialisationsinstanz Familie. Solche Werte werden dann ein<br />

St. Gallen, Juni 2007<br />

nahe bei Gott nahe bei den Menschen


ganzes Leben lang von den <strong>Jugend</strong>lichen vertreten, obwohl <strong>Jugend</strong>liche nicht 100% mit deren Inhalt konform gehen.<br />

Es verw<strong>und</strong>ert dennoch nicht, dass <strong>Jugend</strong>liche ihre Familien weiterhin als einen zu schützenden Wert angeben. Nach<br />

ihrer Meinung sollte Familienleben ausserdem gut gestaltet <strong>und</strong> geführt werden.<br />

Die jugendliche Daseinsführung richtet sich also einerseits auf alte, traditionelle Werte, andererseits werden<br />

<strong>Jugend</strong>liche mit der Freizügigkeit der Gegenwart konfrontiert.<br />

Logisch sind dann solche Aussagen von <strong>Jugend</strong>lichen, die von Veränderungsbedarf <strong>und</strong> offenen Fragen der<br />

<strong>Jugend</strong>lichen gegenüber den <strong>Kirche</strong>n handeln. <strong>Jugend</strong>liche fühlen sich in vielen Punkten von den <strong>Kirche</strong>n im Stich<br />

gelassen. Die kirchlichen Lehren stehen ihrer Meinung nach im Widerspruch zur Zeit. <strong>Jugend</strong>liche vermissen eine<br />

zeitgemässe Unterstützung. Was erlebt die Welt ausserhalb <strong>des</strong> Bibeldeckels <strong>und</strong> der <strong>Kirche</strong>ntür? Und wie können<br />

<strong>Kirche</strong> <strong>und</strong> Gesellschaft konforme Wege mit den <strong>Jugend</strong>lichen gehen?<br />

Ausmass an <strong>Religiosität</strong><br />

Die Studie konnte belegen, dass gläubige <strong>Jugend</strong>liche in einem höheren Masse religiöse, karitative <strong>und</strong> pro-soziale<br />

Werte vertreten. Aus diesem Gr<strong>und</strong> engagieren sie sich häufiger freiwillig bzw. ehrenamtlich. Gläubige <strong>Jugend</strong>liche<br />

sind familien- <strong>und</strong> traditionsbewusster. Und so banal, wie es klingen mag, aber sie leben auch ges<strong>und</strong>heitsbewusster.<br />

Man kann daher gläubige <strong>und</strong>/oder kirchennahe <strong>Jugend</strong>liche als eine Werteelite zusammenfassen, die sich von dem<br />

Mainstream der <strong>Jugend</strong>lichen abhebt.<br />

All diese Besonderheiten dürften allerdings niemanden verw<strong>und</strong>ern. Weil gerade <strong>Kirche</strong>n, kirchliche Dogmen, Bibel<br />

<strong>und</strong> Koran, geradezu vor Moralität in zahlreichen Anreihungen von Gesetzen, Geboten <strong>und</strong> Lehren strotzen.<br />

Ein besonderes Augenmass kann den jugendlichen Migranten bzw. jugendlichen Kindern von Migranten gelten. Sie<br />

zeichnen sich als jene Gruppe der <strong>Jugend</strong>lichen aus, die am stärksten an einen persönlichen Gott glauben. Sie kommen<br />

aus islamischen, anderen christlich nicht geb<strong>und</strong>enen, christlich-orthodoxen, katholischen <strong>und</strong> evangelischen<br />

Hintergründen. Dabei fällt auf, dass gerade den Glaubensrichtungen, die im Einwanderungsland eher fremd sind, eine<br />

schwerwiegende Rolle <strong>und</strong> Gewichtigkeit entgegengebracht werden. In ihr bewahren schon <strong>Jugend</strong>liche eine tragende<br />

Funktion ihrer Kultur bzw. der Kultur ihrer Eltern. Die logische Schlussfolgerung, die reell wird, ist die Tatsache der<br />

Isolation innerhalb der Kultur <strong>des</strong> Einwanderungslan<strong>des</strong>. Hierbei kann nur die Peergroup von Gleichaltrigen <strong>des</strong><br />

Einwanderungslan<strong>des</strong> selbst, Brücken in eine nicht in der Familie praktizierte Kultur sein. Die Peergroup formt<br />

jugendliche Werte wie Individualität der eigenen Person, Autonomie, Eigenverantwortung, Kreativität <strong>und</strong><br />

Unabhängigkeit.<br />

Generell gilt: Sind die Eltern selbst stark religiös, praktizieren sie die im Glauben verankerten Rituale im Familienalltag,<br />

so sind auch ihre Kinder in der Regel gläubiger, als andere <strong>Jugend</strong>liche.<br />

Welche Werte aber bei allen <strong>Jugend</strong>lichen gleich bedeutend sind, sind die materiellen <strong>und</strong> hedonistischen Werte.<br />

Kurz vermerkt:<br />

Je älter <strong>Jugend</strong>liche werden, umso mehr verlieren sie den Glauben, der als kirchennah eingestuft wird. Der Glaube an<br />

einen persönlichen Gott geht zurück. Weitgehend gleich viele <strong>Jugend</strong>liche der jeweiligen aller drei<br />

Bevölkerungsschichten glauben an einen persönlichen Gott. Mädchen sind genauso unsicher in Glaubensfragen, wie<br />

Jungen, aber viel häufiger glauben sie an para-religiöse Faktoren (z.B. Geisterglaube, Astrologie, Telepathie usw.). Im<br />

Vergleich zur restlichen, also nicht mehr als <strong>Jugend</strong>licheR geltenden Bevölkerung, glauben <strong>Jugend</strong>liche nicht häufiger<br />

oder seltener. Unterm Strich kann man lediglich ein sehr grosses Bedürfnis bei <strong>Jugend</strong>lichen nach Glauben überhaupt<br />

finden.<br />

St. Gallen, Juni 2007<br />

nahe bei Gott nahe bei den Menschen

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