gibt es das PDF - Spielverlagerung
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Wie eine Wissenschaft...<br />
ren bei vollem Bewusstsein ihrer Stärken und<br />
Schwächen getragen wird. Die Taktik dahinter<br />
verhindert letztlich <strong>das</strong> Sterben in Schönheit,<br />
wie ihn der schöne Fußball – auch jogo<br />
bonito, futebol arte, the beautiful game und<br />
weiß Gott, wie noch genannt – schon einige<br />
Male erleben musste.<br />
Brasiliens Niederlage 1982 war der Verlust<br />
einer ganzen Generation. Aber sie war auch<br />
der Beginn einer Denkweise, die den Fußball<br />
prägen sollte. Zuerst war <strong>es</strong> eine schlechte.<br />
Eine Abkehr von der Naivität der Brasilianer,<br />
die sie in ihre Niederlage geritten hatte. Dabei<br />
hatten die Brasilianer mit einem leichtfüßigen<br />
4-2-3-1-Mittelfeldpr<strong>es</strong>sing sogar defensiv<br />
eine gute Idee. Doch die mangelhafte Umsetzung<br />
sorgte für <strong>das</strong> Ausscheiden. Jene Harmonie,<br />
die sie offensiv mit sich brachten, riefen<br />
sie aus psychologischen Gründen nicht ab. Es<br />
mangelte noch an Taktikbildung.<br />
verwirklichen. Die Taktik ist jener Pinsel, der<br />
<strong>das</strong> Gemälde malt.<br />
Die Spieler sind die Farben. Sie versuchen, sich<br />
passend und harmonisch auf der Leinwand zu<br />
einem G<strong>es</strong>amtkunstwerk zusammenzufügen<br />
– ohne R<strong>es</strong>triktionen und Starrheit, sondern<br />
mit einer immerwährenden Veränderung<br />
und Anpassung, die aber nie zwecklos und somit<br />
vom Kunstwerk, von der Mannschaft, von<br />
der Spielidee isoliert ist. Es sind jene Momente<br />
der Perfektion, wo <strong>das</strong> G<strong>es</strong>amtbild stimmt<br />
und woraus wir Taktiker unsere Leidenschaft<br />
ziehen. Ob daraus Tore fallen, ist etwas für die<br />
Pragmatiker.<br />
Taktiker sind Fans d<strong>es</strong> schönen Spiels.<br />
Di<strong>es</strong>e sollte in den nächsten Jahren kommen.<br />
Die Niederlage jener zauberhaften Brasilianer<br />
war erst der Beginn der Veränderung<br />
der Fußballsichtweise auf Jahre hinaus und<br />
gleichzeitig die Kriegserklärung d<strong>es</strong> schönen<br />
Fußballs an den Taktiker, <strong>das</strong> schachspielende<br />
Monster. Über Jahre hinweg waren die offensiven<br />
Akteure prinzipiell d<strong>es</strong>organisiert,<br />
anarchistisch und egozentriert. Die Defensivmannschaften<br />
gingen mit Organisation, aber<br />
ohne Zauber und Spektakel dagegen vor.<br />
Heute haben sie sich verbrüdert. Josep Guardiola<br />
und Tito Vilanova, Jürgen Klopp und<br />
Željko Buvac, Sir Alex und einst Carlos Queiroz<br />
– sie sind die modernen Vertreter ein<strong>es</strong><br />
Kampfs gegen Windmühlen. Ihre taktischen<br />
Ideen gaben einem Verein, einem Mythos und<br />
sogar einem um Unabhängigkeit kämpfenden<br />
Staat auf dem Platz jene Identität, die sie abseits<br />
davon schon seit langem verkörperten.<br />
Sie nutzen <strong>das</strong> ehemalige Feindbild als Werkzeug,<br />
um ihre Vorstellung d<strong>es</strong> Fußballs zu<br />
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<strong>Spielverlagerung</strong>-Magazin Nr. 0