30.10.2013 Aufrufe

Zentaurensuchfahrt 2012 - Adolf Schmeichel sen., Winsen (Luhe)

Zentaurensuchfahrt 2012 - Adolf Schmeichel sen., Winsen (Luhe)

Zentaurensuchfahrt 2012 - Adolf Schmeichel sen., Winsen (Luhe)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Zentaurensuchfahrt</strong> <strong>2012</strong><br />

Inhaltsverzeichnis:<br />

Frage Antwort<br />

Seite<br />

1 Marineschule Mürwik 15<br />

2 Geil 14<br />

3 Berkenthin 3<br />

4 Neubörger 21<br />

5 Kernkraftwerk Stade 4<br />

6 Jerusalem / Jerusalem 16/18<br />

7 Pumpspeicherwerk Geesthacht 2<br />

8 Rambow 11<br />

9 Butze 5<br />

10 Lanz 7<br />

11 Dümmer 12<br />

12 Brake 23<br />

13 Ludwigslust / Teterow 6/9<br />

14 Stehlen 20<br />

15 Krätze 17<br />

16 E<strong>sen</strong>s 22<br />

17 Groß Raden 10<br />

18 Blender 19<br />

19 Reinfeld 13<br />

20 Wassersuppe 8<br />

Seite 1


Sonnabend, 14. Januar <strong>2012</strong> – Pumpspeicherkraftwerk Geesthacht<br />

Die Regionalwettervorhersage im Win<strong>sen</strong>er Anzeiger verheißt Temperaturen um 5 Grad und häufigen<br />

Sonnenschein. Das neue Jahr ist schon zu einem vierundzwanzigstel verstrichen und meine inzwischen<br />

stolze 18 Jahre alte Lady namens Harley-Davidson Electra Glide Classic with Sidecar steht<br />

noch immer so in der Garage, wie ich sie Anfang Dezember dort abgestellt habe. Zeit, sie zu bewegen!<br />

Das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, gilt allgemein als vorteilhaft. Das Angenehme<br />

ist zweifellos eine Motorradtour und das Nützliche in diesem Falle, dass ich gleich zwei Aufgaben aus<br />

dem neuen Fragenkatalog<br />

abfahren kann.<br />

Zunächst fahre ich nach<br />

Geesthacht, von meinem<br />

Zuhause in Win<strong>sen</strong> (<strong>Luhe</strong>)<br />

aus schräg gegenüber auf<br />

dem anderen Ufer der Elbe.<br />

Dort, in der Nähe des<br />

inzwischen endgültig abgeschalteten<br />

Atomkraftwerks<br />

Krümmel, besser bekannt<br />

unter dem Namen Pannenmeiler,<br />

also dort befindet<br />

sich die Lösung der Frage<br />

7, die da lautet: „Aus einem<br />

Stausee wird über drei Rohre<br />

aus 80 m Höhe Wasser auf eine Turbine geleitet“. Es handelt sich um das Pumpspeicherkraftwerk<br />

Geesthacht. Zur Technik ist auf der Internetseite von Wikipedia folgendes zu le<strong>sen</strong>: „Über drei Rohrleitungen<br />

sind drei Sätze aus je einer Pumpe und einer Turbine mit dem etwa 80 m höher gelegenen<br />

Speichersee verbunden. Die Turbinen<br />

haben eine Leistung von je 40 MW, insgesamt<br />

also 120 MW, die Pumpen von je<br />

32 MW. Insgesamt hat der Speichersee<br />

ein Volumen von 3.800.000 m³, davon<br />

sind 3.300.000 m³ nutzbar“. Anmerkung:<br />

Ich verzichte in diesem Bericht auf Fußnoten<br />

und Quellenangaben. Das heißt<br />

trotzdem nicht, dass ich den Guttenberg<br />

mache, denn ich verweise im Text selbst<br />

auf die Quelle und stelle wörtliche oder<br />

nahezu wörtliche Zitate kursiv dar.<br />

Eine lange Unterhose und die Lederkluft<br />

sollten reichen, den angekündigten<br />

Temperaturen von 5 Grad zu widerstehen – dachte ich. Doch schon entlang der Elbuferstraße wird<br />

mir merklich kühler; ich stelle die Griffheizung an, die allerdings nicht den Oberkörper und nicht die<br />

unteren Extremitäten mit Wärme versorgen kann. Der vorherrschende winterliche Sonnenschein<br />

wird schon für ein wärmendes Befinden sorgen, hoff ich.<br />

Seite 2


Sonnabend, 14. Januar <strong>2012</strong> – Geothermie im Brückenbau (Berkenthin)<br />

Auf der nördlichen Elbuferstraße fahre ich vom Pumpspeicherwerk aus noch ein paar hundert Meter<br />

weiter, um vor dem stillgelegten Pannenmeiler Krümmel links abzubiegen und mich auf den Weg<br />

Richtung Berkenthin zu machen. Hier befindet sich die Lösung der Frage Nummer 3: „Auf dieser<br />

Brücke wird es im Winter nicht glatt“. Es handelt sich nämlich um die dort über den Elbe-Lübeck-<br />

Kanal führende Brücke, die als erste in Deutschland eine „Fußbodenheizung“ besitzt, deren Fahrbahn<br />

also beheizt wird. Aus Stern.de vom 20. Oktober<br />

2011: „Um die Fahrbahn im Winter eisfrei zu halten,<br />

wird aus einem 80 Meter tiefen Brunnen elf Grad<br />

warmes Wasser durch ein Röhrensystem gepumpt.<br />

Dadurch sollen Glätteunfälle vermieden werden. Der<br />

Brückenneubau ist ein Pilotprojekt, bei dem der<br />

Einsatz von Geothermie im Brückenbau getestet<br />

werden soll“.<br />

Aber erst einmal muss ich ja dort hinkommen. Immerhin<br />

sind es etwa 60 Kilometer nach meinem alten<br />

TomTom. Schleswig-Holstein ist teils recht hügelig,<br />

mancherorts bewaldet und die Straßen dort recht<br />

kurvenreich und dazu bei winterlich tief stehender<br />

Sonne heute so gar nicht abgetaut. Es herrscht auch<br />

zu dieser Nachmittagszeit durchaus noch Reifglätte<br />

auf dem Aphalt. Zwar hat mein Gespann neue Reifen,<br />

aber eben keine Winterreifen.<br />

Sobald jedoch kein Wald in der Nähe ist, wenn die Sonne lacht und den in letzter Zeit recht häufigen<br />

Wettertrübsinn vertreibt, macht das Fahren richtig Spaß, obgleich die Temperaturen durchaus etwas<br />

höher sein könnten. Ich hätte mir ja auch meinen Thermo-Boy anziehen können … hätte! Hab ich<br />

aber nicht. So freue ich mich trotzdem an den schon recht weit gediehenen Frühlingsboten am<br />

Wegesrand. Die relativ warmen Temperaturen über Weihnachten und Neujahr haben zu Hause im<br />

Garten schon die ersten Tulpen- und Krokuszwiebeln ihre Spitzen aus der Erde treiben las<strong>sen</strong>, die<br />

ersten Weidenkätzchen glänzen silbern<br />

am Straßenrand und die Allergien<br />

hervorrufenden Haselnuss-Pollenschleudern<br />

sehen auch schon<br />

recht frühlingsschwanger und bestäubungsbereit<br />

aus.<br />

Unmittelbar vor meinem Ziel tanke<br />

ich noch, von der netten Kassiererin<br />

ob meiner Härte bewundert. Wenn<br />

die wüsste, wie ich friere!<br />

Also jetzt noch rasch das Pflichtfoto<br />

gemacht und ab nach Hause zu<br />

Muttern in die wärmende Stube!<br />

Seite 3


Sonnabend, 17. März <strong>2012</strong> – Dampferzeugung im AKW Stade<br />

Genau genommen am Freitag dem 14. November 2003 um 8.31 Uhr wurde das Kernkraftwerk Stade<br />

offiziell stillgelegt. Da soll’s heute hingehen. Es ist elf Uhr, am Fähranleger Hoopte – gegenüber dem<br />

Zollenspieker auf Hamburger Seite der Elbe – ist kaum etwas los. Zwar steht eine nachgebaute Harley<br />

aus Japan und ein Roller auf den sonst freien Einstellplätzen für Motorräder, auch zwei, drei Autos<br />

und ein Kleinroller warten auf die Fähre, auf dem Metallgeländer langweilt sich eine Schar Möwen,<br />

selbst die Würstchenbude von Käpt’n Kudd’l hat keine Kundschaft. Langeweile also, und deshalb<br />

Weiterfahrt, immer an der Elbe entlang bis<br />

Harburg, dann über die Elbbrücke und<br />

durch das Industriegebiet mit seinen nach<br />

Benzin riechenden (oder auch stinkenden)<br />

Großbehältern bei der Shell-Raffinerie, über<br />

die Köhlbrandbrücke und dann wieder immer<br />

an der Elbe entlang.<br />

Kurz bevor es hinter der Borsteler Mühle<br />

nach links Richtung Jork abgeht, befindet<br />

sich an der linken Straßenseite der Obsthof<br />

Matthies, wo man nicht nur Äpfel und anderes<br />

Obst erwerben, sondern auch lecker Kaffee<br />

und Kuchen genießen kann. Hier nehme ich gern mein zweites Frühstück.<br />

Später schließlich erkenne ich auf der rechten Seite in<br />

der Ferne die typische Silhouette des stillgelegten<br />

Kraftwerks. Ganz einfach ist es nicht, nah an die Gebäude<br />

heranzukommen; das Werksgelände ist nicht für<br />

den öffentlichen Verkehr gedacht. So schieße ich das<br />

Beweisfoto aus einiger Entfernung und wende danach<br />

mein Ei<strong>sen</strong> aus Milwaukee gen Süden.<br />

Frühling ist es; überall sieht man das. Nicht nur, dass<br />

– ähnlich wie schon gestern, als Hamburg Temperaturen<br />

von knapp 20° C verzeichnete, so hohe, wie seit<br />

Jahrzehnten um diese Jahreszeit nicht mehr – die Sonne<br />

lacht und die Menschen fröhliche Gesichter zeigen,<br />

überall in den Gärten sind rege Hände am Wirken und<br />

Bauern bestellen die Felder (im Märzen der Bauer die<br />

Rösslein anspannt). Die Straßen sind oft mit dem Hinweisschild<br />

„verschmutzte Fahrbahn“ versehen, weil die<br />

schweren Traktoren, von den Äckern kommend, die Erde<br />

von den übergroßen Rädern auf dem Asphalt abladen<br />

oder auch reichlich Mistklumpen von den Hängern fallen, bevor der Dung auf die Äcker verteilt<br />

wird und seinen unverkennbaren Gestank mit den Düften des Frühlings vermischt. Die Pferde auf<br />

den Koppeln galoppieren übermütig von einem Ende ihres Areales zum anderen, nicht nur wegen das<br />

laute Tuckerns meines Motorrades, kurzum: der Frühling macht sich breit.<br />

Seite 4


Freitag, 23. März <strong>2012</strong> – Butze (ein altes unansehnliches Haus)<br />

Schuppen, Scheune, Bude, Bleibe, Herberge, Hütte, Kate, Stall, Ruine, Bau, Objekt und Butze, alles<br />

Synonyme für ein altes nicht unbedingt gepflegtes Haus. Villa, Schloss und Gutshaus würden hier<br />

nicht ohne weiteres hineinpas<strong>sen</strong>, selbst wenn diese Gebäude<br />

alt und ungepflegt wären. Ich entscheide mich für<br />

Butze, denn zum einen trifft es den gesuchten Begriff recht<br />

gut und zum anderen findet man im ADAC-ProfiAtlas die<strong>sen</strong><br />

Eintrag im Kartenmaterial, wenngleich auch nicht im Inhaltsverzeichnis.<br />

Die Sonne scheint seit meinem Erwachen heute Morgen. C.<br />

lernt Internet und ich hab nichts Besseres vor, hole also<br />

meine Harley aus der Garage und fahre los. Das Navi (noch<br />

immer TomTom) kennt zwar auch nicht den Ort Butze, weiß aber, wo Rethwischdorf liegt (wie konnte<br />

man sich früher nur ohne diese Helfer orientieren??) und führt mich bei Geesthacht über die Elbbrücke<br />

und dann weiter gen Norden.<br />

Schon bald kreise ich um Rethwisch und Rethwischdorf<br />

herum, frage nach dem Ortsteil Butze<br />

(bei http://postdirekt.de im Postleitzahlenverzeichnis<br />

gibt es einen Eintrag), aber niemand weiß<br />

davon. Endlich, ein für diese Jahreszeit und für<br />

dieses Wetter nicht ganz unpas<strong>sen</strong>d in seinem<br />

Garten schaffender älterer Herr weist mir die<br />

Richtung. Doch ein Ortsschild oder ein Hinweisschild<br />

(Weiher, grünes Zeichen) suche ich vergebens.<br />

Wieder frage ich auf einem größeren Gehöft, vielleicht ein Gutshof (Frauenholz oder so, was<br />

immer das ist). „Ja, doch, da vorne“, wo ich gerade herkomme, „da liegt Butze, müsste wohl auch beschildert<br />

sein“. Mitnichten, jedenfalls kein offizielles Schild, lediglich an einem länglichen Gebäude<br />

lese ich „An der Butz“. Das<br />

muss es sein! Bingo!<br />

Der Rückweg führt mich über<br />

den Fähranleger Zollenspieker,<br />

einem bekannten Motorradtreffpunkt<br />

an der Elbe im Süden<br />

Hamburgs, zum Klönen,<br />

Schnacken, Kaffeetrinken,<br />

Bratwurst es<strong>sen</strong>, Motorradund<br />

Leutegucken; macht bei<br />

diesem Wetter richtig Spaß.<br />

Ich liebe den Sommer, jedenfalls,<br />

wenn sich das andere Geschlecht<br />

sommerlich kleidet<br />

Und das tut es heute!<br />

Seite 5


Sonntag, 22. April <strong>2012</strong> - Grasrennbahn ??? (Motodrom Ludwigslust)<br />

Die Zahl 13 gilt, jedenfalls in unserem Kulturkreis, als Unglückszahl; Hotels sparen diese Zimmernummer<br />

aus, ist der Freitag ein dreizehnter, so ist das für Viele ein Tag, an dem man lieber erst gar<br />

nicht aufsteht, die Reihe 13 wird man in Flugzeugen häufig nicht finden, ja selbst in Krankenhäusern<br />

gibt es diese Zimmernummer nicht. Menschen, die vor der 13 Angst haben, leiden unter Triskaidekaphobie;<br />

kein Witz, dieses Leiden gibt es wirklich. Ähnliches Ungemach zeichnet sich mit der 13.<br />

Frage der diesjährigen <strong>Zentaurensuchfahrt</strong> ab:<br />

Die Frage zu dem gesuchte Ziel "Schon zu DDR Zeiten wurden hier Rennen auf einer Grasrennbahn<br />

gefahren" ist mehrdeutig, also etwas unglücklich formuliert: Fasst man die Frage ganz eng auf, dann<br />

wird eine Grasrennbahn gesucht, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR liegt, auf der zwischen<br />

1949 und 1990 Grasbahnrennen ausgetragen wurden und (das Wörtchen schon impliziert das) noch<br />

heute sollten dort solche Veranstaltungen stattfinden. Die großzügigste Auslegung wäre, dass irgendwo<br />

im Suchgebiet eine Grasrennbahn existiert, auf der bereits zwischen 1949 und 1990, also zu<br />

DDR-Zeiten, Grasbahnrennen stattfanden. Nach einigem Suchen war ich der Überzeugung, diese<br />

Grasrennbahn – allerdings bei engster Auslegung der Frage 13 - müsse der Teterower Bergring sein;<br />

dieser befindet sich aber außerhalb des Suchgebietes.<br />

Auf meinen entsprechenden Hinweis bestätigte<br />

mir das der Fahrtleiter.<br />

Zu meinem Erstaunen lese ich jedoch nun im Internet<br />

- nachdem ich eine andere Lösung gefunden<br />

habe -, dass die Regeln der <strong>Zentaurensuchfahrt</strong><br />

<strong>2012</strong> mal eben geändert wurden; das Suchgebiet<br />

wurde um 17,8 km erweitert! Geht das so einfach, nur weil für alle Teilnehmer der Fehler<br />

(Teufel im Detail) gleich ist? Einen solchen (von mir verbockten) Fehler hatten wir schon einmal,<br />

nämlich im Jahr 2000; damals wurde die Frage einfach nicht gewertet, für alle gleich. Ging auch.<br />

Nun aber zur Gegenwart. Das Aprilwetter ist heute durchwach<strong>sen</strong>. Als ich gegen Mittag losfahre,<br />

scheint die Sonne. Entlang der Elbuferstraße<br />

bis Lauenburg, dann die B5 über<br />

Boizenburg, gelange ich nach Ludwigslust.<br />

Hier in dieser Stadt gibt es einen<br />

Motorsportclub, den MC Ludwigslust<br />

e.V., der eine eigene Motorsportbahn<br />

betreibt, das Motodrom. Hier wurden,<br />

so die Internetseite des Vereines, von<br />

1930 bis 1980 dreißig Grasbahnrennen<br />

ausgetragen, also auch "schon zu DDR-<br />

Zeiten". So beschließe ich, die Suchgebietsausweitung<br />

zu ignorieren und meine<br />

eigene gleichwohl zutreffende Auslegung<br />

der Frage 13 anzuwenden.<br />

Übrigens, in der Alten Feuerwache neben dem Schloss Ludwigslust, einem Café und Restaurant unter<br />

weiblicher polnischer Leitung, schmeckt mir der selbst gebackene Apfelkuchen besonders gut.<br />

Seite 6


Dienstag, 8. Mai <strong>2012</strong> - Lanz<br />

Glühkolbenmotor? Klar: Lanz! Mehrere Tage plane ich ein. Die Reisetasche ist gepackt, die Kamera<br />

bereit. Nur noch volltanken – bei den Prei<strong>sen</strong>(!) kein Spaß – und los kann es gehen. Mehrere Tage natürlich<br />

nicht allein für Lanz; das ginge<br />

an einem halben Tag, sondern es sind<br />

mehrere Ziele vorgesehen. Man wird<br />

le<strong>sen</strong>.<br />

Schon am Ortseingang finde ich einen<br />

Hinweis auf Turnvater Jahn, der hier<br />

geboren wurde, aber leider keinen<br />

auf den Glühkolbenmotor. Mein<br />

U.S.-Ei<strong>sen</strong> rüttelt über die Straßen<br />

des kleinen Ortes. Ich suche weiter.<br />

Überall begegnen mir Hinweise auf<br />

Jahn, Jahn und nochmals Jahn, kein<br />

Hinweis auf Glühkolben, Bulldog oder<br />

Traktor. Durch Zufall entdecke ich<br />

das Gemeindebüro. Der Bürgermeister<br />

selbst, wie sich herausstellt, empfängt<br />

mich. „Nein, Lanz wurde hier<br />

nicht geboren. Auch der Glühkolbenmotor wurde meines Wis<strong>sen</strong>s nicht hier erfunden“, gibt der nette<br />

Herr mir Auskunft. Aber das Jahn-Museum müsse ich mir unbedingt ansehen.<br />

Da habe ich wohl mit Lanz etwas falsch verstanden; zu Hause werde ich mir die Frage noch einmal<br />

richtig ansehen. Stattdes<strong>sen</strong> weiß ich nun über Turnvater Friedrich Ludwig Jahn viel mehr als noch<br />

zuvor, zum Beispiel, dass unsere Bundesflagge, jedenfalls die Farben Schwarz – Rot – Gold, auf Jahn<br />

zurückgehen sollen. Ursprung<br />

waren die Farben<br />

der Uniform des Lützowschen<br />

Freikorps, dem<br />

Jahn angehörte. Schwarz<br />

und rot dominierten, dazu<br />

kamen die goldenen<br />

Knöpfe. Auch gehörte<br />

Jahn als Abgeordneter<br />

dem ersten Deutschen<br />

Parlament an (Stichwort<br />

Frankfurter Paulskirche).<br />

Und dann, in dem Museum,<br />

erhalte ich doch noch<br />

einen Hinweis auf den<br />

Glühkolbenmotor. Hier<br />

entdecke ich ein T-Shirt mit abgebildetem Lanzbulldog. Zur 675-Jahr-Feier des kleinen Ortes wurde<br />

eigens ein Lanz-T-Shirt entworfen und bedruckt – Motiv: Lanz Bulldog des LANZ-Bulldog-Club-<br />

Holstein e.V.<br />

Seite 7


Dienstag, 8. Mai <strong>2012</strong> - Wassersuppe<br />

Gelber Raps überall, dazu Sonne! Was will ich mehr. Aber nicht nur die Optik und die Temperatur<br />

sind in Ordnung, auch der Geruchssinn wird angenehm gefordert. Raps hat einen eigenen frühlingshaften<br />

Duft. Dazu das brabbelnde Tuckern meines Treckers – alles einfach schön. Und dann höre ich<br />

mich auch schon singen, nein grölen: „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet<br />

der Na_ha_mee des Herrn, sei gelobet der Na_ha_mee des Herrn“.<br />

Nach Mathilde Ehrhardt; „Großes Illustriertes Kochbuch, Berlin 1904“: Wassersuppen ist ein allgemeiner<br />

Oberbegriff für Suppen, die auf der Grundlage von Wasser und nicht auf der Basis von Brühen,<br />

Fonds oder Milch hergestellt werden. Für die Zubereitung<br />

kocht man im Wasser stärkehaltige Produkte wie Reis, Haferflocken,<br />

Graupen oder Grieß zu dünnflüssigem Brei. Dieser<br />

wird je nach Rezept mit Salz und Gewürzen abgeschmeckt<br />

oder mit Zucker und Honig gesüßt. Typische Einlagen<br />

sind Trockenfrüchte (Rosinen, Trockenpflaume) und<br />

frische Kräuter. Ebenfalls als Wassersuppe wird Brotsuppe<br />

gekocht. Dabei wird die Suppe häufig mit Sahne und Eiern<br />

zubereitet. Statt Brot ist auch die Verwendung von Brötchen<br />

und Zwieback verbreitet. Als einfache Wassersuppe gibt es<br />

in verschiedenen Regionalküchen die Mehlsuppe, auch<br />

Brennsuppe oder Einbrennsuppe genannt. Umgangssprachlich<br />

verwendet man den Begriff Wassersuppe abwertend für<br />

klare Suppen und Gemüsesuppen ohne Fleischeinlage.<br />

Trotz der umfangreichen Erklärung kommt Knast, Gefängnis<br />

oder ein ähnlicher Begriff nicht vor. Dennoch bin ich sicher,<br />

dass das zutreffende Ziel heute Wassersuppe sein muss.<br />

Seite 8


Mittwoch, 9. Mai <strong>2012</strong> – Bergring Teterow<br />

Die gestrige Nacht verbrachte ich in Röbel an der Müritz. Das Lübzer schmeckt an der Müritz besonders<br />

gut, erinnere ich mich doch gern an die Segeltour mit meinem Cousin Adam vor fast zwanzig<br />

Jahren in diesem Revier. Die Sonne knallte, das Boot war gerade zu Wasser gelas<strong>sen</strong>, gekrant (so<br />

nennt man das Einsetzen des Bootes ins<br />

Wasser mittels eines Kranes), und der Durst<br />

war unendlich! Und dann gab’s ein kühles<br />

Lübzer – für jeden. Was für ein Segelurlaub!<br />

Seit gestern bin ich nun auch nicht mehr innerhalb<br />

des Suchgebietes. Bei Herzsprung<br />

führte mich mein Navigationsgerät auf die<br />

östliche Seite der Autobahn Berlin – Rostock.<br />

Meinem TomTom habe ich nämlich untersagt,<br />

Autobahnen vorzugeben. Und danach<br />

richtet sich dieser auch sklavisch. So geht es,<br />

immer kürzester Strecke folgend, von Röbel<br />

nach Waren und durch die Mecklenburgische<br />

Schweiz bis Teterow.<br />

Eigentlich wollte ich hier gar nicht her, denn<br />

– Regeln sind dazu da, sie zu befolgen; oder<br />

so ähnlich – wenn der Fahrtleiter sich irrt,<br />

dann sollte er von nachträglichen Hilfskonstruktionen<br />

Abstand nehmen, wie „sind ja<br />

nur ein paar Kilometer außerhalb des Suchgebietes“.<br />

Außerdem gibt es im Suchgebiet<br />

eine Alternative; siehe Bericht vom Motodrom<br />

in Ludwigslust. Aber, was soll’s; auf<br />

diese Weise lerne ich eben den Bergring Teterow<br />

kennen, gelegentlich auch Mecklenburgischer<br />

Nürburg-Ring genannt.<br />

Die Anfahrt ist recht holperig über eine Zufahrtstraße, die schon bessere Tage gesehen haben mag.<br />

Aber das Innere, die eigentliche Grasbahn, lässt erahnen, dass es hier durchaus hoch hergehen dürfte,<br />

wenn die knatternden Zweiräder so richtig Dampf ablas<strong>sen</strong>.<br />

außerhalb des Suchgebietes (Teterow)<br />

innerhalb des Suchgebietes<br />

Grenze A19<br />

Seite 9


Mittwoch, 9. Mai <strong>2012</strong> – Groß Raden<br />

Der Slawische Tempelort liegt, das Internet verrät es<br />

(wie die meisten Fragen sich leicht über das Internet,<br />

also über Google, lö<strong>sen</strong> las<strong>sen</strong>), bei Groß Raden. Wie<br />

schon gelegentlich geschehen (Lanz und Turnvater Jahn<br />

las<strong>sen</strong> grüßen), findet sich auch in Groß Raden neben<br />

der gesuchten noch eine weitere interessante Sehenswürdigkeit.<br />

Der Parkplatz im Ort, der letzte vor dem<br />

kulturhistorischen Tempelort, weist auf die Gebührenpflicht<br />

hin und zeigt als Zahlungsort das Oldtimermuseum<br />

an. Dieses liegt exakt auf der gegenüberliegenden<br />

Straßenseite.<br />

Den Ort, also die Lösung der Suchfrage, habe ich. Was<br />

hält mich also noch? Oldtimermuseum oder slawischer<br />

Tempelort? Klar, Oldtimermuseum! Da lasse ich mal<br />

ein paar Bilder sprechen.<br />

BMW (links) – EMW (rechts)<br />

Ford T Modell (Tin Lizzy) Zweirad mit Kardan (1905)<br />

Seite 10


Mittwoch, 9. Mai <strong>2012</strong> – Rambow<br />

Seite 11


Mittwoch, 9. Mai <strong>2012</strong> – Dümmer<br />

Nach der Paraderolle von Sylvester Stallone, nicht weit von Wismar, nutze ich die Gelegenheit, fahre<br />

in diese schöne Hansestadt, direkt zum Marktplatz, über den auf der Internetseite http://wismar.de<br />

folgende Übertreibung zu le<strong>sen</strong> ist: „Der Wismarer Marktplatz gehört mit seiner Größe von ca. 10.000<br />

m² zu den größten in Deutschland. Er ist der größte Marktplatz in Norddeutschland.“ Zentaurensuchfahrer<br />

wis<strong>sen</strong> es besser; vor etlichen Jahren war die Frage nach dem 4,7 ha großen Marktplatz zu<br />

lö<strong>sen</strong>, dem größten Deutschlands. Natürlich war das Heide in Schleswig-Holstein. 10.000 m² sind bekanntlich<br />

nur 1 ha.<br />

Gleichwohl gefällt mir der Wismarer Rathausplatz ausgesprochen gut, vor allem seiner Überschaubarkeit<br />

wegen und wegen der<br />

herrlichen Häuserfassaden, die<br />

nach der Wende wieder in ihrem<br />

alten Glanz erstrahlen, während<br />

sie noch bis zur Wende zu verkommen<br />

drohten. Ein Tee, genauer<br />

ein Apfeltee aus der Glasschale,<br />

dazu brauner Zucker und ein<br />

freundlich dreinblickender Himmel<br />

las<strong>sen</strong> mich den frühen Nachmittag<br />

so recht genießen.<br />

Doch nun zur eigentlichen Aufgabe:<br />

Dumm, dümmer, am dümmsten;<br />

auf nach Dümmer! Zwei Lösungen<br />

bietet das Suchgebiet an, nämlich den Dümmersee in Niedersach<strong>sen</strong> und den Dümmer See<br />

mit dem Ort Dümmer in Mecklenburg-Vorpommern. Schon einmal auf dem Weg, entscheide ich<br />

mich für das Mecklenburgische Dümmer.<br />

Nach meinem Ausflug zur kritischen 13. Frage gelange ich von Wismar kommend bald zu dem Ort<br />

Dümmer, der dem ebendort belegenen See seinen Namen gab. Beim Fotografieren des Ortseingangsschildes<br />

erreicht mich ein Anruf von Christa. Sie ist bei Frank in Wunstorf und möchte wis<strong>sen</strong>,<br />

wo ich gerade bin. „Direkt vor Dümmer“, meine Antwort. Christa – so höre ich es am Telefon – berichtet<br />

das weiter. Frank meint, ich sei ja dann fast in seiner Nähe, doch Christa widerspricht, ich sei<br />

in Dunkeldeutschland (welch ein unberechtigtes Schimpfwort inzwischen!). Frank seinerseits behauptet<br />

seinen Standpunkt – bis ich ihn via Christas Handy nachdrücklich aufkläre: „Wer nicht weiß, dass<br />

es in Meck-Pomm ein oder einen<br />

Dümmer gibt, ist nicht nur dumm,<br />

sondern noch dümmer, um nicht zu<br />

sagen am dümmsten!“ Frank fügt<br />

sich; noch dümmer möchte er nun<br />

wirklich nicht sein, schon gar nicht<br />

am dümmsten.<br />

Ich fahre gemütlich in das Dorf, fast<br />

um den See herum. Hier entsteht<br />

ein Feriendorf in landschaftlich<br />

schöner Lage, direkt am Seeufer mit<br />

Bootsanleger, Badestelle und recht<br />

schmucken Ferienhäusern.<br />

Seite 12


Montag, 4. Juni <strong>2012</strong> - Reinfeld (Holstein)<br />

"Ja, der war mal hier, aber ob der hier geboren wurde, das glaube ich nicht", antwortet die freundliche<br />

Frau an der Tankstelle. Dem war eine entsprechende Frage an den Tankwart voraus gegangen,<br />

ob dieser Ort wohl der Geburtsort des Dichters Matthias Claudius sei, der daraufhin wiederum seine<br />

Chefin rief, die mir schließlich die obige falsche Antwort gab. "Aber ein Denkmal haben wir von dem,<br />

steht am Rathaus". Na ja, wenigstens eine Auskunft, wenn auch wieder falsch, denn das Denkmal<br />

steht nicht am Rathaus, sondern am Herrenteich.<br />

Leider ist die Innenstadt zurzeit wegen ausgiebiger Bauarbeiten für den direkten Zugang gesperrt. Ich<br />

begnüge mich fototechnisch mit dem Ortseingangsschild. Nach Reinfeld bin ich mehr oder weniger<br />

frierend gekommen, wenn auch halbwegs trocken. Das Wetter, obwohl schon Juni, ist eher aprilmäßig:<br />

Dunkle Wolken wechseln ab mit spärlichem Sonnenschein, Nieselregen mit deftigen Windböen.<br />

Fehlt nur noch der ein oder andere Hagelschauer! Nein, den gab's heute nicht. Aber meine Griffheizung<br />

(man gönnt sich ja sonst nichts!) schalte ich hin und wieder ein. Man nennt in unseren Breiten<br />

diese Wetterlage Schafskälte.<br />

Der ausgehende Frühling passt so recht zu dem widrigen Wetterumfeld: Der herrlich blühende und<br />

duftende Raps ist einem nur noch leicht gelb gesprenkelten Einheitsgrün gewichen, der Flieder<br />

schaut mit braunem Verblühten über die Gartenzäune und der Rhododendron lässt seine verwelkten<br />

Blütenreste nur noch erahnen. Statt des<strong>sen</strong> einheitlich grün, wo das Auge sich hinwendet, die Getreidefelder<br />

stehen nach dem Regen der letzten Tage gut, die Rüben kommen und der in unseren<br />

Breiten immer größer werdende Bestand an Mais lässt gutes Wachstum vermuten.<br />

So fahre ich, mehr oder weniger durchgekühlt, weiter, dem nächsten Ziel entgegen. Geil, wa!<br />

Seite 13


Montag, 4. Juni <strong>2012</strong> - Geil<br />

Schön, super, klasse, dufte, affengeil, allererste Sahne, astrein, ausgezeichnet, aussergewönlich, bestens,<br />

bombastisch, bombe, brilliant, cool, derbe, dufte, einwandfrei, erstklassig, excellent, extra, fabelhaft,<br />

fantastisch, fetzig, freakig, toll oder einfach geil. Oder die erotischen Varianten: borstig,<br />

bumsrig, tropft wie ein kieslaster, erregt, feucht, fickrig, gallig, gamprig, gamsig, giggerig (ch),<br />

gimbrig, heiß, hot, juckig, knattrig, läufig, lüstern, notgeil, rallig oder einfach nur geil!<br />

In der Karte ist diese Örtlichkeit zwar verzeichnet, in natura finde ich nur ein Straßenschild dieses<br />

Namens - aber das sollte reichen. Sehenswert ist diese kleine Ansammlung bäuerlicher Häuser nicht.<br />

Geil!<br />

Seite 14


Montag, 4. Juni <strong>2012</strong> - Marineschule Mürwik<br />

Sehr weit brauche ich nicht zu fahren. Mein letztes Ziel liegt nur etwa zehn Kilometer hinter mir, als<br />

mich mein TomTom nach Mürwik leitet. Hier auf einer großen Kreuzung in Flensburg erkenne ich auf<br />

der gegenüber liegenden Seite eine Art Kaserneneingang, mit Schlagbaum versperrt und von einem<br />

wichtig dreinschauenden Uniformierten bewacht. Das könnte die gesuchte Marineschule schon sein.<br />

Denkste, ist stattdes<strong>sen</strong> die „Schule Strategische Aufklärung“. Die Marineschule befindet sich eine<br />

Straße um die Ecke.<br />

Das ist ja schnell gemacht.<br />

Auch der Eingang<br />

dieser Institution<br />

ist mit einem Schlagbaum<br />

versperrt und<br />

von einem Uniformierten<br />

bewacht. Trotz allseitigen<br />

Halteverbotes<br />

lässt dieser mich ein<br />

Foto von der Einfahrt<br />

schießen (das Schießen<br />

im Zusammenhang<br />

mit Gefährdungsstufe<br />

A klingt irgendwie<br />

komisch), und als<br />

ich wende und weiterfahre,<br />

wünscht er mir<br />

noch gute Fahrt. Die<br />

drei Flaggen vor dem Hauptgebäude im Innenhof, die bundesdeutsche, der Union Jack der Briten<br />

(vielleicht wegen<br />

des heute in London<br />

gefeierten 60-<br />

jährigen Thronjubiläums<br />

der Queen)<br />

und die Europaflagge<br />

wehen<br />

im leichten Wind<br />

vor sich hin, das<br />

linke Eingangsgebäude<br />

ist eingerüstet,<br />

wird wohl<br />

renoviert. Es beginnt<br />

leicht zu nieseln,<br />

pas<strong>sen</strong>d zur<br />

Marine-Wetterlage.<br />

So ziehe ich,<br />

mit meinem Boot<br />

an der Seite, weiter<br />

Richtung Heilige<br />

Stadt, Richtung<br />

Jerusalem!<br />

Seite 15


Montag, 4. Juni <strong>2012</strong> – Jerusalem I<br />

Auf der Fahrt durch den Norden Schleswig-Holsteins begleitet mich weiter Aprilwetter, nicht nur<br />

Sonnenmomente, sondern auch Nässe von oben, nein, beim Fahren nicht von oben, sondern eher<br />

von vorn, aber erträglich. Auf der Karte befindet sich Jerusalem westlich von Heide, der Stadt mit<br />

dem größten Marktplatz, wie Zentaurensuchfahrer wis<strong>sen</strong>. Wismar lässt grüßen!<br />

In der Landschaft<br />

selbst sind aber<br />

weder ein Ortsnoch<br />

ein Straßenschild<br />

mit<br />

dieser Bezeichnung<br />

zu erkennen.<br />

So fahre ich<br />

denn zu besagter<br />

Stelle und finde<br />

ein Weiherschild<br />

namens Wesseln<br />

vor. Das Hundegebell<br />

schreckt<br />

mich sehr, von<br />

überall her auf<br />

diesem Gehöft kläfft und keift es. Ich mache mindestens drei Bellstellen aus und schleiche vorsichtig<br />

wieder zurück zu meiner Maschine. Ein freundlicher Herr, durch das Gekläffe auf einen ungebetenen<br />

Eindringling aufmerksam geworden,<br />

nähert sich mir.<br />

Wir kommen ins Gespräch. Er,<br />

litauischer Nationalität, verheiratet<br />

mit der hier praktizierenden<br />

Tierärztin, bestätigt mir:<br />

„Ja, dies ist Jerusalem“. Lavendelhof,<br />

Tierarztpraxis, Hofladen,<br />

Café und Reiterhof, alles in<br />

einem findet man hier.<br />

Enttäuscht darüber, kein Ortsschild<br />

oder anderes Hinweisschild<br />

auf „Jerusalem“ gefunden<br />

zu haben, fahre ich weiter.<br />

Mir kommt eine Joggerin entgegen,<br />

der ich von weitem ein<br />

Zeichen gebe, dass ich eine Frage<br />

habe. Beide halten wir an,<br />

ich mit meiner Harley, der ich der besseren Verständigung wegen den Zündfunken abdrehe, und sie,<br />

indem sie im Stand weiterläuft, jedenfalls von einem auf das andere Bein wechselt. Nein, sie sei nicht<br />

die Zahnärztin (für die hatte ich sie nämlich gehalten, denn wer läuft schon, kilometerweit vom<br />

nächsten Ort entfernt, hier die Feldwege entlang), aber Jerusalem, das sei schon richtig. Nein, ein<br />

Ortsschild kenne sie auch nicht und der Straßenname lautet Hochfeld, nicht Jerusalem.<br />

Beim Verabschieden von der Joggerin denke ich irgendwie an Daliah Lavi; eben, Jerusalem!<br />

Seite 16


Freitag, 8. Juni <strong>2012</strong> - Krätze<br />

Also, hier war ich schon einmal; wahrscheinlich sogar auf einer <strong>Zentaurensuchfahrt</strong>aufgabenlösungstour<br />

(schönes langes Wort). Mein Archiv gibt aber nicht her, in welchem Jahr das gewe<strong>sen</strong> sein könnte.<br />

Auch beim Durchsehen meines doch schon recht umfangreichen Fotoarchivs kommt Krätze nicht<br />

vor. Dennoch bin ich sicher, hier schon einmal gewe<strong>sen</strong> zu sein.<br />

Damals war mir aber die heute aufgefallene<br />

Merkwürdigkeit nicht über<br />

den Weg gelaufen. Diese Merkwürdigkeit<br />

hängt mit dem Ortsschild auf<br />

dem Foto zusammen. Ich stehe am<br />

Beginn der Bebauung, die nach der<br />

Landkarte, auch nach Googel Maps,<br />

der gesuchte Ort Krätze sein muss.<br />

Das Ortsschild am Ortseingang zeigt<br />

aber eindeutig das Ort<strong>sen</strong>de Krätzens<br />

an. Was ist da los? Ich vergewissere<br />

mich noch einmal: Also, das<br />

gelbe Schild befindet sich eindeutig<br />

auf der rechten Straßenseite. Ich<br />

stehe in Fahrtrichtung (wie sie der<br />

Pfeil auf dem Sattelitenbild anzeigt) vor dem Beginn der der Bebauung und doch sagt das Verkehrsschild,<br />

hier ist der Ort zu Ende. An einem Ortseingangsschild bin ich nicht vorbei gekommen.<br />

Der Verdacht liegt nahe, dass sich hier jemand einen Scherz erlaubt hat und das Schild einfach umgedreht<br />

wurde, denn von Altmarding<strong>sen</strong>, wo das Ortsausgangsschild hinweist, komme ich gerade. Nun<br />

ja, ich muss nur die Aufgabe lö<strong>sen</strong> und dann zum Beweis ein Ortsschild fotografieren, ganz gleich, ob<br />

Ortsein- oder -ausgangsschild! „Quod erat demonstrandum“ (q. e. d.); was zu bewei<strong>sen</strong> war.<br />

Seite 17


Donnerstag, 14. Juni <strong>2012</strong> – Jerusalem II<br />

Vor zehn Tagen war ich ja schon einmal in Jerusalem,<br />

allerdings mit dem Ortsschild Wesseln; doch<br />

sowohl die Karte als auch die Auskunft der Joggerin<br />

(siehe Bericht vom 4.6.) ergaben, dass das Jerusalem<br />

war. Welch ein Zufall also heute:<br />

Auf dem Weg zum Täuscher oder Angeber (Frage 18) taucht am linken<br />

Straßenrand ein Hinweisschild auf: „Jerusalem“! Nichts wie hin. Doch<br />

auch bei diesem Jerusalem ist die Enttäuschung groß. Ich fahre in eine<br />

Waldsiedlung, finde ein Straßenschild mit der Bezeichnung Jerusalem –<br />

immerhin – aber kein Ortsschild. Da, wo einst das Ortsschild gewe<strong>sen</strong><br />

sein müsste, findet sich nur noch ein verrostender Schilderrahmen.<br />

Meine Vermutung ist, dass Sammler die<strong>sen</strong> eher seltenen Ortsnamen<br />

auf einem Schild in ihrem Partykeller, Garten oder sonstigen Schuppen<br />

angebracht haben; hier ist jedenfalls nichts mehr davon zu sehen.<br />

Seite 18


Donnerstag, 14. Juni <strong>2012</strong> – Blender<br />

Auf dem Weg über Jerusalem II begegnet mir schon frühzeitig der Name dieser gesuchten Ortschaft,<br />

Blender, nämlich im Zusammenhang mit dem Hinweisschild auf Jerusalem, wenn man den Ort<br />

<strong>Adolf</strong>shau<strong>sen</strong> (dass es sowas gibt; mein Zuhause, eben <strong>Adolf</strong>shau<strong>sen</strong>) verlässt; <strong>Adolf</strong>shau<strong>sen</strong>, so das<br />

Ort<strong>sen</strong>deschild, ist ein Teil der Gemeinde Blender.<br />

Aber natürlich fahre ich direkt zu dem Ort Blender, mache das nachstehende Beweisfoto und erledige<br />

damit die Frage 18.<br />

Seite 19


Donnerstag, 14. Juni <strong>2012</strong> – Stehlen<br />

Außer dem nicht ganz alltäglichen Namen Stehlen hat dieser Ort nicht viel zu bieten. Die Ausschreibungen<br />

vergangener Jahre trugen häufig folgenden Hinweis: “Die Fahrtziele befinden sich größtenteils<br />

abseits der Ausflugszentren, in Orten und Gegenden, die teilweise einmalig sind, aber nicht beachtet<br />

werden“ (aus 2003 z.B.). Als Veranstalter hat man es zunehmend nicht leicht, geeigneten Ziele<br />

zu finden, denn die<br />

Fragen dürfen nicht zu<br />

leicht sein, es soll Spaß<br />

machen, nach den<br />

Antworten zu suchen<br />

und sie zu finden; die<br />

Antworten wiederum<br />

sollen originell sein<br />

und beim Besuch der<br />

Ziele ist es wünschenswert,<br />

auch noch<br />

etwas für die Allgemeinbildung<br />

tun zu<br />

können.<br />

Einige gut gelungene<br />

Beispiele in diesem<br />

Jahr sind nach meinem<br />

Eindruck all die Fragen,<br />

bei denen man<br />

sich schon beim Recherchieren<br />

mit historischen,<br />

kulturellen<br />

oder technischen Fragen beschäftigen muss. Aber was soll’s, wir wollen ja keinen Volkshochschulkurs<br />

machen aus unserer <strong>Zentaurensuchfahrt</strong>. Und es ist ja auch mal ganz witzig, nach der Wassersuppe<br />

zu suchen, auch wenn der Ort selbst nicht einmal einen Knast aufweist.<br />

An der Hauptstraße finde ich<br />

bei meiner Fahrt nach Stehlen<br />

einen Hinweis auf die<strong>sen</strong> Ort.<br />

„Stehlen 1 km“ lese ich. Der<br />

Weg führt mich zu ein paar<br />

Gehöften mit Ställen, Scheunen<br />

und Wohngebäuden; das<br />

war‘s. Ein Ortsschild suche ich<br />

vergebens; auch beide Jerusalems<br />

hatte bekanntlich keines.<br />

Deshalb hier auch noch ein<br />

Kartenausschnitt aus Google<br />

Maps.<br />

Seite 20


Freitag, 6. Juli <strong>2012</strong> - Neubörger<br />

Der Win<strong>sen</strong>er Anzeiger, wichtigste hiesige Lokalzeitung, schreibt unter Regionalwetter: „Es werden<br />

schwülwarme Luftmas<strong>sen</strong> in unsere Region geführt. Heute zieht schauerartiger, mit Gewittern durchsetzter<br />

Regen auf. Teils heftiger unwetterartiger Starkregen. Temperaturen 20 bis 26 Grad. Schwacher<br />

Ostwind.“ Wen schreckt so etwas? Nicht mich! Selber schuld, kann man nur sagen. Trotz aufkommender<br />

Bewölkung mache ich mich am Vormittag auf nach Westen. Die letzten drei Fragen der<br />

Zentzaurentour stehen auf dem Zettel. TomTom ist programmiert, der Tank ist voll, Reservekanister<br />

habe ich dabei und meine bessere Hälfte wünscht Gute Fahrt!<br />

Über die Dörfer – immer kürzeste Strecke, also auch mal Feld- oder Waldwege; Autobahn ist grundsätzlich<br />

tabu – dauern 230 km ihre Zeit. Die Aufnahme von der musealen Torfbauern-Hütte – Fotos<br />

haben im digitalisierten Zeitalter immer auch ihren Zeitstempel – entstand erst um 15:07 Uhr.<br />

Ich habe noch viel vor heute, jedenfalls was die Kilometerleistung angeht, und so muss ich auf den<br />

Besuch des Heimatmuseums verzichten.<br />

Auf der Weiterfahrt, diesmal Richtung Norden, droht zunehmend von allen Seiten dunkles Gewölk. Es<br />

macht sich ein leichter bis mäßiger, teils böiger Wind auf. Die überall in der Landschaft wie riesige<br />

Spargelstangen aufragenden Windräder, vor kurzer Zeit noch still und untätig in der Landschaft herumstehend,<br />

drehen sich zunehmend schneller und heftiger, sicher zur Freude der Strommüller.<br />

Manchmal glaube ich, fernes Donnergrollen zu hören, kann aber den dazugehörigen Blitz noch nicht<br />

orten. So fahre ich weiter durchs sonst schöne Emsland, immer nördliche Richtung tuckernd und immer<br />

ängstlicher werdend, den angekündigten heftigen unwetterartigen Starkregen befürchtend.<br />

Seite 21


Freitag, 6. Juli <strong>2012</strong> - E<strong>sen</strong>s<br />

Die Weiterfahrt nach E<strong>sen</strong>s, dem gesuchten mittelalterlichen Sitz der Häuptlinge von Stedersdorf, ist<br />

begleitet von zwei, nein drei Besonderheiten.<br />

Die erste Besonderheit oder Auffälligkeit hat sich nach meinem Besuch in der ehemaligen Moorkolonie<br />

Neubörger ja schon angekündigt, das drohende Unwetter. Die zweite Besonderheit, nein Merkwürdigkeit,<br />

ist ein sogenanntes „Déjà-vu“-Erlebnis. Sind solche Erlebnisse (wörtlich aus dem Französischen:<br />

Schon gesehen) meist kurz und vage, so habe ich heute besonders lange und viele solcher<br />

Eindrücke. Immer wieder stelle ich fest, dass ich diese Gegend kenne, dass ich die Umstände und Zufälligkeiten<br />

kenne, dass vor allem ich vor ganz kurzer Zeit, vielleicht erst heute Vormittag oder vor<br />

wenigen Tagen hier gewe<strong>sen</strong> sein muss.<br />

Gewiss, man kommt viel in Norddeutschland<br />

herum, mit dem<br />

Motorrad bei mindestens zehn<br />

Zentaurentouren, mit unserem<br />

Wohnmobil bei manchen Kurzund<br />

Städterei<strong>sen</strong>, bei Radtouren,<br />

die in der Vergangenheit noch<br />

häufiger waren, als heute die<br />

Motorradtouren, wenngleich<br />

nicht immer so lang und so<br />

schnell – aber diese auf dieser<br />

Fahrt so klar und so häufigen<br />

„Schon-gesehen-Erlebnisse“ sind<br />

seltsam. Nicht erst beim Wahrnehmen<br />

von bestimmten Situationen,<br />

schon im Voraus, etwa<br />

wann die nächste Abzweigung<br />

nach links kommen muss, einzelne<br />

Straßenschilder, Gebäudeansichten,<br />

ja sogar Rinderherden,<br />

die ich vor kurzem so und nicht<br />

anders gesehen haben muss.<br />

Ich denke beim Tuckern meiner<br />

alten Lady (der Harleydealer in<br />

Breitenfelde nannte sie letztens<br />

abschätzig alte Schabracke; wenn der wüsste, wie viel Spaß mir diese alte Schabracke noch bereitet!)<br />

immer wieder über dieses Phänomen nach – und werde immer wieder von neuen alten schon gesehenen<br />

Bildern überrascht. Bis hin zum Knip<strong>sen</strong> mit meinem Samsung Galaxy S3, was ich genauso<br />

schon mal mit dem gleichen Motiv gemacht habe, des<strong>sen</strong> bin ich sicher! Und doch kann es nicht sein:<br />

Dieses Handy habe ich erst seit drei Tagen.<br />

Die dritte Besonderheit auf dieser Etappe ist die Harley. Sie bleibt mehrfach einfach stehen, verweigert<br />

den Dienst. So als hätte sie keinen Sprit mehr, hört sich das an. Kurz danach ist alles wieder gut.<br />

Seite 22


Freitag, 6. Juli <strong>2012</strong> - Brake<br />

Der Motor versagt noch mehrfach seinen Dienst. Immer nach einer Strecke mit höherer Drehzahl<br />

oder nach starken Beschleunigungspha<strong>sen</strong> blubbert es und ich muss bei gaaaanz niedrigen Drehzahlen<br />

weiter fahren. Der Vergaser muss wohl mal einer Inspektion unterzogen werden.<br />

Die Gewitterfront hat mich eingeholt, nein, ich habe die Gewitterfront eingeholt. Vor mir, der ich<br />

jetzt nach Osten oder Südosten fahre, baut sich immer bedrohlicher eine schwarze Wand auf, während<br />

hinter mir die Sonne<br />

blinzelt. Bei den ersten<br />

Tropfen beschließe ich, an<br />

einem Café zu pausieren<br />

und einen Kaffee zu trinken.<br />

Draußen lacht wieder<br />

die Sonne und ich fahre<br />

weiter. Die Geschichte<br />

wiederholt sich: Vor mir<br />

die bedrohliche schwarze<br />

Wand, hinter mir die Sonne<br />

und auf meinem Helm<br />

die ersten oder wieder<br />

ersten dicken Tropfen. Die<br />

Tropfen werden stärker,<br />

die Straße feuchter und<br />

die Zeit zum nächsten Ziel,<br />

der Seehafenstadt Brake,<br />

zu kommen immer kürzer.<br />

Fast befürchte ich, es vor<br />

Einbruch der Dunkelheit<br />

nicht mehr zu erreichen.<br />

Nach einer letzten Zwangspause,<br />

diesmal im Eingangsbereich<br />

einer Aldi-<br />

Filiale, fasse ich kurzentschlos<strong>sen</strong><br />

meinen ganzen<br />

Mut zusammen, Helm auf,<br />

Geldtasche und Handy in<br />

das trockene Topcase gesteckt<br />

und ab geht es hinein in die dunkle Wand. Von oben haben sich alle Schleu<strong>sen</strong> geöffnet. Mit<br />

meiner neuen Windschutzscheibe (es ist wieder die Originalscheibe von Harley; aufmerksame Betrachter<br />

sollten die Veränderung bemerkt haben) bin ich nicht so sehr glücklich. So schützt sie zwar<br />

besser bei Wind, weil ich mich dahinter gut verbergen kann, aber bei Regen und damit schlechter<br />

Sicht kann ich nicht gut darüber hinweg schauen. Klitschnass, selbst die Stiefel machen bei jeder Bewegung<br />

Geräusche, komme ich in Brake an. Die Wand hat sich unterdes<strong>sen</strong> nach Osten verschoben.<br />

Die Abendsonne strahlt die in der Ferne sich drehenden Windräder an, es ist gewissermaßen goldener<br />

Spargel am Horizont zu sehen. Fast schon um Mitternacht bin ich wieder daheim. Gut so!<br />

Seite 23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!