Adi Wimmer - ULV
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Subject:<br />
Zurück zur Ordinarienuniversität?<br />
Liebe Kollegin Eisenmenger, lieber Klausewitz !<br />
Auch ich meine, dass Skepsis gegenüber der Ministerin (und Höllinger sowieso)<br />
angebracht ist. Die Situation jetzt erinnert mich frappant an jene beim 1. Sparpaket,<br />
als die Gewerkschaftsspitze allzu leichtfertig den Einsparungsmassnahmen des<br />
Dienstgebers zugestimmt hat und dafür zu ihrer Überraschung von der Basis gehörig<br />
gerügt wurde. Es darf nicht sein, dass unser Spitzenverhandler jetzt auf<br />
"staatstragend" macht, und von Gehrer und Höllinger über den Tisch gezogen wird.<br />
Gegenüber den Medienvertretern von einer "Gesprächsbereitschaft" zu reden, ohne<br />
vorher auf das profunde und begründete Misstrauen gegenüber dem Ministerium<br />
hinzuweisen, war nachweislich ein grober taktischer Fehler: in vielen Zeitungen<br />
wurde daraufhin von "Entwarnung" und Bezug auf die in Aussicht gestellten<br />
Kampfmaßnahmen geschrieben. Es wird sehr schwer sein, sie geplanten Maßnahmen<br />
ohne medialen Gegenwind wieder aufs Tapet zu bringen.<br />
Ich empfehle allen. den Text des Flugblattes von Franz DOTTER zu studieren,<br />
welches er bei der Grazer Veranstaltung verteilet (es wurde am 20. durch Herbert<br />
Sassik, glaube ich, per Mail verteilt.) Franz hat m.E. in angebracht scharfem Ton auf<br />
die vielen Ungereimtheiten i m Verhalten der Verhandler hingewiesen und wichtige<br />
Parallelen zu anderen "Begünstigten" der Ausgliederungspolitik (Telekom!)<br />
hingewiesen. Auf einen Nenner gebracht: wir sollen mit Schalmeitönen eingelullt<br />
werden, die ganze Trickkiste an Terminisierungsmassnahmen wird ausgeräumt (denn<br />
währenddem "verhandelt" wird, darf ja nicht gestreikt werden, gell?) und im<br />
Hintergrund lauert weiterhin ein neues Dienstrecht, welches durchgezogen werden<br />
soll und in erster Linie der Einsparung von ca. 1500 - 2000 Planstellen dient. Denn<br />
nur dann macht die Ausgliederung Sinn - das haben wir ja bei der Telekom gerade<br />
erlebt.<br />
Was mich besonders verdächtig stimmt, ist eine Aussage Gehrers, welcher in den<br />
Medienberichgten nur der Status einer Fußnote zuerkannt wurde: Es gäbe in<br />
Österreich zu viele Mittelbauer und zu wenige Professoren. Will heißen: die<br />
Ordinarien brauchen wie früher ihre Wasserträger, die 4 Jahre lang hackeln dürfen,<br />
alles unter dem wohl klingenden Titel Ausbildung zum/r Wissenschafter/in im Zuge<br />
eines Doktorats. Und da der Vorgesetzte gleichzeitig Betreuer und Begutachter der<br />
Dissertation ist, gibt es ein passables Druckmittel, den/die Dissertanten/in für<br />
unbezahlte Arbeiten wie "Vorbegutachtung" von Diplomarbeiten, Mitwirkung an<br />
Seminaren (woraus sich rasch ein dauerhaftes Einspringen für den halt leider<br />
verhinderten Professor) und natürlich das Evaluationslesen von hunderten<br />
schriftlichen Prüfungen zu verpflichten.<br />
Klaus zeigt sich "stolz" auf die Ingenuität, mit der sich einzelne Institute und<br />
Universitäten in der letzten zeit gegen die drohenden Verschjlechterungen gewehrt<br />
haben. In E-Mails an uns - von einer Weiterleitung an die Medien ist mir nichts<br />
bekannt worden. Man hätte z.B. die Romanisten der Uni Wien medienwirksam<br />
besuchen, und die Sympathie der BSL für ihren Widerstand öffentlich machen<br />
können. Ich schlage vor, Klaus, dass du bei deiner nächsten Pressekonferenz erneut<br />
und mit Nachdruck auf die Unruhe unter der Kollegenschaft hinweist, auf das<br />
weitverbreitete Gefühl, dass wir nur verarscht werden mit immer neuen Maßnahmen
zum Zeitgewinn des Dienstgebers, und mit immer widersprüchlicheren Aussagen zum<br />
Hintergrund des ganzen Vorhabens. Ja, verarscht. Wenn Gehrer jetzt versichert, bei<br />
den Universitäten werde eh nicht gespart werden, während vorher ihre<br />
Spitzenbeamten immer von der Notwendigkeit des Sparens redeten, ist m.E. der<br />
Tatbestand der Verarschung gegeben. Und überhaupt: wer einmal lügt ... hat BM<br />
Gehrer nicht vor der Wahl laut ihr Versprechen gegeben, es sei keinesfalls an eine<br />
Einführung von Studiengebühren gedacht?<br />
Mit kollegialen Grüßen<br />
<strong>Adi</strong> <strong>Wimmer</strong><br />
(Univ. Klagenfurt)<br />
PS: Warum ist von unseren Gewerkschaftern noch niemand auf die Idee gekommen,<br />
mit dem Betriebsrat der Telekom Kontakt aufzunehmen, zum Zwecke der Planung<br />
gemeinsamer Protest- und Kampfmaßnahmen?