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Es ist keine Mauer so fest, als seine Nachbarn ... - Dr. Reik Kalnbach

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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>keine</strong> <strong>Mauer</strong> <strong>so</strong> <strong>fest</strong>, <strong>als</strong> <strong>seine</strong> <strong>Nachbarn</strong> zu<br />

Freunden zu haben<br />

1. Zäune und Einfriedungen<br />

Ein geflügeltes Wort sagt: "Die Blumen machen den Garten, nicht der Zaun". Mitunter<br />

führt kein Weg an der Errichtung eines Zaunes vorbei. Eine <strong>so</strong>lche Pflicht kann sich aus<br />

privatrechtlichen wie aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben. Genannt seien<br />

hier das Flurbereinigungsrecht, das Straßenrecht <strong>so</strong>wie das Bauordnungsrecht.<br />

Empfehlenswert <strong>ist</strong> es, sich vor entsprechenden Plänen bei der zuständigen Stadt- und<br />

Gemeindeverwaltung kundig zu machen, ob und in welchem Umfange derartige<br />

Bestimmungen bestehen.<br />

2. Grenzeinrichtungen<br />

Der Begriff der Grenzeinrichtung wird im Gesetz durch Beispiele erläutert. Darunter<br />

fallen nach § 921 BGB der Zwischenraum, der Rain, der Winkel, der Graben, die <strong>Mauer</strong><br />

und die Planke. Grenzeinrichtungen können auch künstlich angelegt werden,<br />

beispielsweise durch eine <strong>Mauer</strong>, einen Zaun oder eine angepflanzte Hecke. Die<br />

häufigste Grenzeinrichtung <strong>ist</strong> die durch die <strong>Nachbarn</strong> geschaffene Einfriedung in Form<br />

eines Zaunes.<br />

3. Grenzscheidung und –zustimmung<br />

Die Grenzeinrichtung muss aufgrund ihrer Beschaffenheit objektiv dem Vorteil beider<br />

Grundstücke dienen. Häufig wird der Vorteil in der grenzscheidenen Wirkung der<br />

Einrichtung bestehen. Notwendig <strong>ist</strong> dies allerdings nicht. Verdeutlicht werden <strong>so</strong>ll dies<br />

beispielsweise durch die Sichtschutzfunktion einer Hecke oder die Abgrenzungsfunktion<br />

des Zaunes. Sowohl Sichtschutz <strong>als</strong> auch Abgrenzung sind die beiden Hauptmotive für<br />

die Errichtung einer Grenzanlage. Zudem hat diese den Vorteil, dass die<br />

Grundstücksgrenze quasi räumlich sichtbar wird. Eine Grenzanlage liegt nur dann vor,<br />

wenn beide <strong>Nachbarn</strong> der Errichtung der Anlage <strong>als</strong> einer gemeinsamen Einrichtung<br />

zustimmen. Errichtet nur ein Nachbar auf der Grenze, d. h. teilweise auch auf dem<br />

Grundstück <strong>seine</strong>s <strong>Nachbarn</strong> ohne dessen Zustimmung eine Grenzanlage, <strong>so</strong> kann der<br />

betroffene Nachbar gem. § 1004 BGB Beseitigung verlangen. Wichtig <strong>ist</strong>, dass die<br />

Zustimmung nicht ausdrücklich erteilt werden muss; sie kann auch stillschweigend<br />

erfolgen.


4. Einfriedungszwang und Kostentragung<br />

§ 39 Thüringer Nachbarrechtsgesetz (ThürNachbG) statuiert eine nachbarrechtliche<br />

Einfriedungspflicht für ein innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils<br />

gelegenes Grundstück, wenn dies zum Schutz des Nachbargrundstückes vor<br />

wesentlichen Beeinträchtigungen erforderlich <strong>ist</strong>, die von dem einzufriedenden<br />

Grundstück ausgehen.<br />

a) Wesentliche Beeinträchtigungen<br />

Nur eine wesentliche Beeinträchtigung begründet die Einfriedungspflicht. Wesentliche<br />

im Sinne der genannten Norm <strong>ist</strong> eine Beeinträchtigung erst, wenn diese nach dem<br />

Empfinden eines verständigen „Durchschnittsnutzers“ nicht mehr zumutbar <strong>ist</strong>. Hierzu<br />

gehört grundsätzlich auch eine gewisse Dauer der Störung bzw. eine erhöhte<br />

Wiederholungsgefahr (LG Meiningen, Urteil vom 20. 10. 1995, AZ 5 S 167/95). Der<br />

Nachbar hat sein Grundstück mithin nicht schon dann einzuzäunen, wenn gelegentlich<br />

ein von ihm gehaltenes Haustier zum <strong>Nachbarn</strong> kommt, oder wenn beim Kinderspiel ein<br />

Ball über die Grenze gerät. Auch für den Fall, dass ein Grundstück <strong>als</strong> Zufahrtsweg dient,<br />

sind nach der Rechtsprechung die damit verbundenen Fahrgeräusche und Pkw-Abgase<br />

nicht <strong>als</strong> wesentlich gewertet worden und begründen für den Eigentümer des<br />

Wegegrundstückes prinzipiell <strong>keine</strong> Einfriedungspflicht (AG Ilmenau, Urteil vom 11. 06.<br />

199, AZ C 871/96).<br />

Geht dagegen vom Nachbargrundstück eine schwere Beeinträchtigung aus (aggressiver<br />

Hund, freilaufende Hühner u. ä.) und <strong>ist</strong> die Lage insgesamt gesehen für den betroffenen<br />

<strong>Nachbarn</strong> unzumutbar, <strong>so</strong> wird eine wesentliche Beeinträchtigung zu bejahen sein.<br />

Vergleichsmaßstab <strong>ist</strong> dabei, ob mit der Errichtung einer Zaunanlage, die<br />

Beeinträchtigung gebannt werden kann.<br />

b) Ortsüblichkeit<br />

§ 39 Abs. 2 Satz 1 ThürNachbG bestimmt die Art die Einfriedung nach der Ortsübung.<br />

Gemeint <strong>ist</strong> hier die bauliche Gestaltung der Zaunanlage. Ortsüblichkeit bedeutet dabei<br />

nicht, dass eine bestimmte Einfriedungsart im Gemeindegebiet vorherrschen muss.<br />

Daher kann es angebracht sein, den Vergleich auf die engere, in Sichtweite des<br />

betroffenen <strong>Nachbarn</strong> gelegene Umgebung einzugrenzen (BGH, NJW 1992, 2569). Ist im<br />

unmittelbaren Wohngebiet beispielsweise die Errichtung eines Jägerzaunes


vorherrschend, <strong>so</strong> bestimmt dieses Erscheinungsbild die Art der Gestaltung. Handelt es<br />

sich um eine in sich geschlossene Siedlung, <strong>so</strong> kann sich die Prüfung, welche Einfriedung<br />

ortsüblich <strong>ist</strong>, auf diese Grundstücke beschränken. Sind dagegen mehrere<br />

Einfriedungsarten im betreffenden Gebiet ortsüblich, steht es dem Eigentümer frei,<br />

welche Art er wählt. Beachten muss er jedoch dann die bauordnungsrechtlichen<br />

Bestimmungen.<br />

c) Gesetzeslage<br />

Als Standardtyp der Einfriedung bestimmt das Gesetz die Errichtung eines 120 cm hohen<br />

Maschendrahtzaunes. Die Länge des Zaunes richtet sich nach der Art der<br />

Beeinträchtigungen im Einzelfall. Im Allgemeinen wird der Zaun längs der gesamten<br />

Grundstücksgrenze zu errichten sein. Die Errichtung eines Zaunes der vorgenannten Art<br />

ergibt sich dann, wenn das Kriterium der Ortsüblichkeit nicht greift. Dies <strong>ist</strong> dann<br />

anzunehmen, wenn in dem jeweiligen Wohngebiet unterschiedliche Errichtungsarten<br />

vorzufinden sind.<br />

d) Thüringer Bauordnungsrecht<br />

Zu beachten <strong>ist</strong> folgender Umstand: § 39 Abs. 2 Satz 2 ThürNachbG schreibt bei<br />

fehlender Ortsüblichkeit die Errichtung eines Zaunes mit einer zulässigen Gesamthöhe<br />

von 1,20 m vor. Diese Norm entspringt dem Zivilrecht. Demgegenüber erlaubt die<br />

Neufassung des § 63 Abs. 1 Nr. 6a der Thüringer Bauordnung die Errichtung von<br />

<strong>Mauer</strong>n, einschließlich Stützmauern und Einfriedungen mit einer Höhe bis zu 2 m. Diese<br />

Norm entspricht dem öffentlichen Recht, welches das Verhältnis des Bürgers zum Staat<br />

regelt. Das bedeutet, dass der Nachbar auf <strong>seine</strong>m Grundstück nach dem Baurecht einen<br />

Zaun bis zur Höhe von 2 m genehmigungsfrei errichten darf. Im Verhältnis zu <strong>seine</strong>m<br />

<strong>Nachbarn</strong> wird diese Höhe bei fehlender Ortsüblichkeit auf 1,20 m reduziert. <strong>Es</strong> <strong>ist</strong> daher<br />

empfehlenswert, den Zaun nicht über dieser genannten Höhe zu errichten. Als<br />

Ausnahme dazu gilt der Fall, dass in der betreffenden Gemeinde die Errichtung höherer<br />

Zäune ortsüblich sind.<br />

e) Kostentragung<br />

Die Einfriedung <strong>ist</strong> grundsätzlich auf dem eigenen Grundstück anzubringen. Der<br />

verpflichtete Eigentümer hat die Kosten der Errichtung und Unterhaltung zu tragen (§ 40<br />

Abs. 1 ThürNachbG). Besteht eine gegenseitige Einfriedungspflicht, <strong>so</strong> kann jeder<br />

Nachbar verlangen, dass die gemeinsame Einfriedung auf die Grenze gesetzt wird. Zur


Kostentragung sind dann beide Eigentümer zur Hälfte verpflichtet. Als Kosten sind die<br />

tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der Eigenle<strong>ist</strong>ungen anzusetzen, die in der<br />

Regel jedoch nicht mehr <strong>als</strong> die Kosten einer ortsüblichen Einfriedung betragen dürfen.<br />

Vergleichsmaßstab kann hier das Angebot einer Fachfirma sein. Höhere Kosten sind nur<br />

dann zu berücksichtigen, wenn eine aufwendige Art der Einrichtung erforderlich oder<br />

vorgeschrieben war.<br />

5. Die Kosten der Unterhaltung<br />

Die Kosten der Unterhaltung der Grenzeinfriedung treffen nach § 40 Abs. 1 ThürNachbG<br />

den errichtungspflichtigen Eigentümer. Davon gibt es zwei Ausnahmen. Die eine<br />

Ausnahme <strong>ist</strong> die Kostentragung bei einer gemeinsamen Grenzanlage. Zur<br />

Grenzeinrichtung wird die Anlage jedoch nur, wenn beide <strong>Nachbarn</strong> an der Herstellung<br />

der Einfriedung jedenfalls duldend mitgewirkt haben (BGHZ 143, 1). Die<br />

Errichtungskosten der gemeinsamen Grenzeinfriedung teilen sich die Angrenzer<br />

grundsätzlich je zur Hälfte. Ungeachtet dessen trifft einen <strong>Nachbarn</strong> nach § 40 Abs. 3<br />

ThürNachbG die Verpflichtung zur Kostenbeteiligung, wenn dieser einfriedungspflichtig<br />

wird, nachdem die Einfriedung schon besteht. Auf Verlangen <strong>ist</strong> der Zeitwert der<br />

Einfriedung zur Hälfte zu ersetzen. Gemeint sind hier Fallkonstellationen, in denen<br />

nachträglich eine wesentliche Beeinträchtigung vom Nachbargrundstück ausgeht.<br />

6. Prax<strong>ist</strong>ip<br />

Demjenigen, der ein unbebautes Grundstück erwirbt, <strong>ist</strong> zunächst zu raten, mit dem<br />

angrenzenden <strong>Nachbarn</strong> Kontakt aufzunehmen. In einem ersten Gespräch kann hier die<br />

Frage einer zu errichtenden Grenzanlage besprochen werden. Besteht allseitiges<br />

Einverständnis, kann auf die Errichtung eines Zaunes auch verzichtet werden. Alternativ<br />

dazu kann beispielsweise eine Hecke gepflanzt werden. Sollten sich die Beteiligten<br />

jedoch für die Errichtung einer Zaunanlage entscheiden, empfiehlt es sich ferner, bei der<br />

zuständigen Gemeinde nach den bauordnungsrechtlichen Vorschriften nachzufragen.<br />

Bestehen derartige Einschränkungen nicht, <strong>ist</strong> der jeweilige Grundstückseigentümer mit<br />

der Errichtung eines 120 cm hohen Maschendrahtzaunes stets auf der sicheren Seite<br />

II.<br />

Bäume und Sträucher<br />

Eine der häufigsten Problematiken im Nachbarrecht sind die Fragen der Bepflanzungen<br />

<strong>so</strong>wie die damit entstehenden Grenzabstände. So können beispielsweise die beim


Grundstückskauf angepflanzten Bäume ihrem Bonsai-Format schnell entwachsen und.<br />

zur getrübten Freude des angrenzenden <strong>Nachbarn</strong> werden. Dem dann möglichen Ärger<br />

mit dem hinter dem Zaun wohnenden <strong>Nachbarn</strong> geht aus dem Weg, wer von vornherein<br />

die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstände für Pflanzen kennt und einhält.<br />

1. Allgemeines<br />

Grundsätzlich darf der Eigentümer aufgrund <strong>seine</strong>s umfassendes Herrschaftsrechtes (§<br />

903 BGB) nach <strong>seine</strong>m Belieben auf <strong>seine</strong>m Grundstück pflanzen, was er will und wie er<br />

es will. Nur ausnahmsweise kennt die Recht<strong>so</strong>rdnung Regelungen, die es dem<br />

Eigentümer verbieten, sein Grundstück oder Teile <strong>seine</strong>s Grundstückes zu bepflanzen.<br />

Diese Regelungen sind zugleich Bestimmungen von Inhalt und Grenzen des Eigentumes<br />

und verfassungsrechtlich unbedenklich.<br />

2. Privatrechtliche Beschränkungebn<br />

Privatrechtliche Beschränkungen ergeben sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 910<br />

ff. BGB) nur sehr spärlich. Maßgeblich sind hier die Normen des Landesgesetzgebers,<br />

vornehmlich die der §§ 44 – 52 ThürNachbG. Diese bestimmen die Grenzabstände für<br />

Bäume, Sträucher und Hecken und statuieren entsprechende Ausnahmen.<br />

Privatrechtliche Be<strong>so</strong>nderheiten sind bei Wohnungseigentum zu beachten. Hier spricht<br />

man von Sondernutzungsberechtigten. Deren Beziehung untereinander regelt sich nach<br />

der Grundsatznorm des § 15 Abs. 3 WEG (Wohnungseigentumsgesetz). D. h. die<br />

einzelnen Eigentumswohnungen haben rechtlich nicht den Status von<br />

Nachbargrundstücken, <strong>so</strong> dass die Bestimmungen des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes<br />

nicht einschlägig sind.<br />

3. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen<br />

Das öffentliche Recht hat das Verhältnis des Bürgers zum Staat zum Inhalt. Als wichtigste<br />

Regelungen im Bereich des Nachbarrechtes sind hier die <strong>so</strong>genannten<br />

Baumschutzsatzungen bzw. Baumschutzverordnungen, das öffentliche Baurecht <strong>so</strong>wie<br />

das öffentliche Straßenrecht zu nennen.<br />

a) Baumschutzsatzungen<br />

Fast jede Gemeinde verfügt über <strong>so</strong>genannte Baumschutzsatzungen. Der<br />

Bundesgesetzgeber hat den Ländern die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen ihrer<br />

Zuständigkeit <strong>so</strong>genannte Baumschutzregelungen zu erlassen. Von dieser Möglichkeit


hat man auch in Thüringen Gebrauch gemacht und die Gemeinden zum Erlass von<br />

Baumschutzsatzungen ermächtigt.<br />

Baumschutzsatzungen richten sich gegen jedermann; sie treffen al<strong>so</strong> nicht nur den<br />

Eigentümer des geschützten Baumes, <strong>so</strong>ndern auch den <strong>Nachbarn</strong>, der sich durch den<br />

betreffenden Baum beeinträchtigt sieht und <strong>seine</strong> Beseitigung anstrebt. Deshalb muss<br />

der betroffene Nachbar, wenn er gegen derartige Bepflanzungen vorgehen will, <strong>so</strong>wohl<br />

die privatrechtliche (nachbarrechtliche) <strong>als</strong> auch die öffentlich-rechtliche<br />

(naturschutzrechtliche) Ebene berücksichtigen. Baumschutzsatzungen sehen regelmäßig<br />

vor, dass Bäume unter Schutz gestellt sind und nur mit behördlicher Genehmigung<br />

beseitigt oder wesentlich verändert (zurückgeschnitten) werden dürfen. In fast allen<br />

Baumschutzsatzungen sind Möglichkeiten für Ausnahmegenehmigungen eröffnet, die<br />

die jeweilige Behörde (z. B. Umweltamt) erteilen kann.<br />

Im Hinblick auf diese Ausnahmemöglichkeit kann sich der Eigentümer eines<br />

Grundstückes gegenüber den Ansprüchen <strong>seine</strong>s <strong>Nachbarn</strong> auf Beseitigung eines<br />

Baumes nicht unter Berufung auf den öffentlich-rechtlichen Baumschutz <strong>seine</strong>r<br />

Verpflichtung entziehen. Der Eigentümer <strong>ist</strong> daher gehalten, sich um eine behördliche<br />

Ausnahmegenehmigung zu bemühen, um <strong>seine</strong> nachbarrechtlichen Verpflichtungen<br />

erfüllen zu können.<br />

b) Öffentlich-rechtliche Bindungen<br />

Öffentlich-rechtliche Bindungen hinsichtlich der Bepflanzung von Grundstücken können<br />

sich auch aus dem Baurecht ergeben. Zum einen <strong>ist</strong> hier an die Bestimmungen eines<br />

Bebauungsplanes zu denken, der für einzelne Flächen oder für ein gesamtes<br />

Planungsgebiet bestimmte Anpflanzungen von Bäumen und Sträuchern vorsehen kann.<br />

Des weiteren gibt es die Möglichkeit, dass im Rahmen der Baugenehmigung die<br />

Gemeinde bestimmte Anpflanzungen zur Bedingung macht, <strong>so</strong>weit diese eine Grundlage<br />

im Bebauungsplan oder in anderen Rechtsvorschriften findet.<br />

c) Straßenrecht<br />

Auch das Straßenrecht enthält verschiedene öffentlich-rechtliche Bindungen hinsichtlich<br />

Anpflanzungen von Gehölzen. Verwiesen wird hier auf das Fernstraßengesetz <strong>so</strong>wie das<br />

Thüringer Straßengesetz. Durch diese Bestimmungen werden einmal Anpflanzungen<br />

verboten, durch die die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird. Die betroffenen


Eigentümer haben die Beseitigung verkehrsbeeinträchtigender Anpflanzungen durch die<br />

Straßenbaubehörde zu dulden. Auch Maßnahmen zur Erhaltung und Ergänzung der<br />

Pflanzungen sind zu dulden, wozu auch das Betreten der Anliegergrundstücke zur<br />

Ausführung notwendiger Pflegearbeiten gehört (BGHZ 97, 231).<br />

4. Grenzabstände<br />

Das Nachbarrechtsgesetz unterscheidet bei Bäumen und Sträuchern mehrere Gruppen,<br />

welche unterschiedliche Grenzabstände einhalten müssen. Der Einfachheit halber darf<br />

auf die nachfolgende Tabelle verwiesen werden.<br />

Bepflanzung Arten Abstand<br />

Bäume<br />

Bei stark wachsenden Bäumen: u. a. sämtliche 4 m<br />

Tannen-, Linden- und Pappelarten, Platane,<br />

Rosskastanie, Bergahorn, Rotbuche, Stieleiche,<br />

Douglasie, Fichte, österreichische Schwarzkiefer,<br />

Kiefer, <strong>Es</strong>che, Atlaszeder<br />

z. B. Hainbuche, Mehl-, Wald- und Vogelbeere, 2 m<br />

Weißerle, Zierkirsche und Lebensbaum.<br />

bei allen übrigen Bäumen<br />

1,5 m<br />

Obstbäume Walnusssämlinge 4 m<br />

Kernobstbäume auf stark wachsenden<br />

2 m<br />

Unterlagen veredelt, Süßkirschenbäume,<br />

veredelte Walnussbäume<br />

Kernobstbäume auf schwach wachsenden<br />

1,5 m<br />

Unterlagen, Steinobstbäume (außer Süsskirsche)<br />

Sträucher Alpenrose, Haselnuss, Felsenmispel, Flieder,<br />

1 m<br />

Goldglöckchen, Wacholder, Brombeere<br />

Alle übrigen Zier- und Beerensträucher,<br />

ausgenommen Brombeersträucher, einzelne<br />

Rebstöcke<br />

0,5 m<br />

Für Hecken gelten nach § 45 ThürNachbG die nachfolgend genannten Abstände:<br />

Hecken bis zu 1m Höhe<br />

Hecken bis zu 1,5 m Höhe<br />

0,25 m<br />

0,50 m


Hecken bis zu 2 m Höhe<br />

Hecken bis zu 2 m Höhe<br />

0,75 m<br />

einen um das Maß der Mehrhöhe größeren<br />

Abstand<br />

Als Hecken sind <strong>so</strong>genannte Schnitt-, Strich- und Formhecken zu sehen, und zwar auch<br />

dann, wenn sie im Einzelfall nicht geschnitten werden.<br />

5. Abstandsmessung<br />

Nach § 47 ThürNachbG wird der Abstand von der Mitte des Baumstammes, des<br />

Strauches, der Hecke oder des Rebstockes bis zur Grenzlinie gemessen, und zwar an der<br />

Stelle, an der die Pflanze aus dem Boden austritt. Unerheblich <strong>ist</strong>, ob das Gelände ein<br />

Gefälle hat, oder ob der Baum schief steht oder etwa eine Neigung zur Grenze hin<br />

aufwe<strong>ist</strong>. Auf die nachfolgenden Skizzen darf der Einfachheit halber verwiesen werden.<br />

6. Ausschlussfr<strong>ist</strong><br />

Lässt jemand die o. g. Vorschriften außer Acht, kann der Nachbar die Beseitigung der<br />

Anpflanzung verlangen und notfalls auf dem Klageweg erzwingen. Das Recht dazu <strong>ist</strong><br />

allerdings zeitlich befr<strong>ist</strong>et. Wehrt sich der betroffene Nachbar nicht innerhalb von 5<br />

Jahren nach der Anpflanzung, <strong>ist</strong> der Beseitigungsanspruch erloschen. Die zeitliche<br />

Einschränkung gilt allerdings nicht für Anpflanzungen an der Grenze eines<br />

Wirtschaftsweges. Eine Sonderregelung <strong>ist</strong> für Pflanzen, die bei Inkrafttreten des<br />

Thüringer Nachbarrechtsgesetzes am 01. Januar 1993 gesetzt waren und dem bisherigen<br />

Rechts entsprachen, vorgesehen. Deren Beseitigung konnte nur bis 31. 12. 1994 verlangt<br />

werden. Allerdings jederzeit kann der Nachbar erwirken, dass zurückgeschnitten wird,<br />

was über die zulässige Höhe hinausgewachsen <strong>ist</strong>. Aus Gründen des Nachbarschutzes<br />

braucht die Verpflichtung zum Zurückschneiden nur in der <strong>so</strong>genannten<br />

Nichtwachstumsperiode vom 1. Oktober bis zum 15. März eines jeden Jahres erfüllt zu<br />

werden.<br />

© <strong>Dr</strong>. <strong>Reik</strong> <strong>Kalnbach</strong> – www.kalnbach.de

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