Militärseelsorge an der Ostsee

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Auf ein Wort Freiwillig – aber nicht nur in der Freizeit Über LoNo erreicht den vorgesetz- Aber er stellt beispielhaft dar, wie Solche Möglichkeiten darf der Soldat ten Soldaten die Information: Der Soldaten mit der Vorbereitung auf nutzen, denn darin tut er, ebenso Militärpfarrer lädt ein zum näch- Soldatengottesdienste umgehen wie beim Sport, etwas für seine sten Gottesdienst. könnten. Gesundheit – hier für seine seelische. Foto: © KMBA Er schaut in seinen Terminkalender und den Org-Kalender der Dienststelle. Er verschiebt noch kurz Wenn ich als Militärdekan auf zwölf Jahre Militärseelsorge zurückblicke, erkenne ich heute, Klar geregelt Besonders gilt hervorzuheben, dass durch ein Telefonat die in diesem dass es für den einzelnen Soldaten Standortgottesdienste, zu denen Zeitraum angesetzte Besprechung nicht einfacher geworden ist, den keinem Soldaten die Teilnahme um zwei Stunden. Dann trägt er Gottesdienst beim Militärpfarrer befohlen werden kann, während des den Gottesdienst in die Kalender aufzusuchen. Verschiedene Hürden Dienstes stattfinden, mithin nicht ein. Er teilt seinem unterstellten müssen heute genommen werden, in der Freizeit, wie man es zeitwei- Bereich die Gottesdienstzeit mit, damit die eigene Besinnung und se hören kann. Leider gibt es immer damit keine weiteren Termine da- Lebensorientierung gefördert wer- wieder Vorgesetzte, die die entspre- rauf gelegt werden und bittet um den können, das Erleben von Glau- chenden Vorschriften nicht kennen Militärdekan rege Teilnahme. Seine übergeord- bensgemeinschaft unter Soldaten und den Eindruck vermitteln, dass Gregor Ottersbach, nete Führung informiert er über erfahrbar wird und der Einzelne die ein Standortgottesdienst außerhalb Katholisches den Gottesdienst und seine Chance bekommt, in Gemeinschaft der Dienstzeit stattfände. Militärpfarramt Absicht daran teilzunehmen. zu beten und zu singen. Mir scheint, dass der besondere Sta- Köln I Zuletzt bucht er beim Bw-Fuhrpark Gerade die Gottesdienste scheinen tus des Soldaten gerade diese Form ein Kfz, damit er und die teilneh- aber in diesen bewegten Zeiten braucht, denn für die Berufung als menden Soldaten den Gottes- der Bundeswehr mit stets wech- Waffenträger, der sein eigenes Leben dienstort erreichen können. selnden Anforderungen, unter- für Volk und Vaterland auch im Ein- Er freut sich auf einen erkenntnis- schiedlichen Interessen von Poli- satz riskiert und selbst das Töten des reichen, spirituell ansprechenden, tik, Wirtschaft und internationaler Gegners nicht ausschließt, braucht frohen und lebensnahen Gottes- Gemeinschaft und den Zeiten der es eine seelische Stärke, die zumin- dienst mit zahlreichen Teilneh- Transformation innerhalb der Bun- dest auch durch den Gottesdienst mern und das anschließende deswehr wesentlich zum Bild des gewonnen werden kann. Gespräch beim Kirchenkaffee. Ihm Soldaten zu gehören. Denn Gottes- Haben wir als Christen immer wie- ist bewusst und er ist froh, dass dienste können erfahren werden der den Mut zu solchem Bekenntnis der Dienstherr den Gottesdienst im als anforderungsfreie Räume, glau- aus dem Glauben! Wir brauchen Dienst erlaubt, ja wünscht, damit bensbestätigende und gemein- dabei Glaubende oder Nichtglau- der Soldat zur Ruhe kommen, neue schaftsstärkende Orte, spirituell bende nicht vor den Kopf zu sto- Gedanken für den täglichen Dienst inspirierend und geistig lebendig ßen mit unserem Anliegen. Wir fassen kann, angeregt wird durch erhaltend, ebenso als Möglichkeit dürfen aber die außergewöhnliche Liturgie, Gottesdienst-Raum und zu klarer Hilfestellung und Orien- Möglichkeit, die der Dienstherr auf- Predigt und im Gebet Gott die tierung bei dem nicht einfachen grund des besonderen Soldaten- eigenen Sorgen und Nöte sowie Dienst in den Streitkräften. Zeit- dienstes bietet – vielleicht auch im diejenigen der ihm anvertrauten weise ist es auch gerade die Einsatz –, immer wieder nutzen, Soldaten vortragen kann. „Zweckfreiheit“ eines Gottesdien- um die Segnungen und Impulse Dieser Bericht ist natürlich ein stes, die einen wieder neu inspi- eines Gottesdienstes auch während fiktiver Text. riert und ermutigt für den Dienst. der Dienstzeit zu empfangen. 14 Katholische Militärseelsorge Kompass 11|09
Lexikon der Ethik „Gerechter“ Krieg Es ist weder besonders originell noch sachlich angemessen, moderne Phänomene mit angestaubten Etiketten zu versehen oder neuartige Probleme mit veralteten Erklärungs-, Deutungs- und Begründungsmustern zu bearbeiten. Dennoch wird zur Frage der Legitimation militärischer Gewalt heute wieder erstaunlich oft die bereits ausgemusterte Lehre vom „gerechten“ Krieg herangezogen. War während der Blockkonfrontation zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt noch die Legitimität des Verteidigungskriegs umstritten, so werden jetzt „Humanitäre Interventionen“ (Kosovo), Terrorbekämpfung (Afghanistan) und sogar der Präventivkrieg (Irak) mit dem alten Paradigma des „bellum iustum“ moralisch gebilligt. Doch die begriffliche Verknüpfung zwischen einem großen Übel und einem positiven Wert täuscht darüber hinweg: Der Krieg ist ein grausames Geschehen, die „Hölle auf Erden“ und daher niemals gerecht! – Wenngleich mit diesem klaren Diktum nicht schon über die Frage entschieden ist, ob es Konfliktsituationen geben kann, in denen die Anwendung militärischer Gewalt gerechtfertigt ist. Ambivalenz und Kriteriologie Die Lehre vom „gerechten“ Krieg ist von Beginn an mit einer starken Ambivalenz behaftet: Einerseits zielt sie auf Gewaltminimierung und kritisiert damit eine gegen rationale Einwände immuni- sierte Idee „Heiliger Kriege“ (Gott will es!), andererseits relativiert sie jedoch das frühchristliche Gewaltlosigkeitsideal. So reduziert der von den mittelalterlichen Rechtssammlungen zum Kronzeugen der Lehre vom „gerechten“ Krieg erhobene Kirchenvater Augustinus (354–430) die Aufforderung zum Gewaltverzicht aus der Bergpredigt Jesu auf eine innere „Bereitschaft des Herzens“. Gleichzeitig erlaubt er – in Anlehnung an Cicero (106–43 v. Chr.) – die Kriegführung zur Ahndung von Unrecht oder zur Wiedererlangung geraubter Güter. Das Ziel jeder kriegerischer Handlung aber müsse die Rückkehr des Friedensstörers in die von ihm verlassene Ordnung bleiben. Insofern dürften auch nur solche Mittel angewandt werden, die zur Umkehr mahnen, nicht aber zu Rachegelüsten ermuntern. Als Strafgericht bleibt ein „gerechter“ Krieg für Augustinus auf die staatliche Autorität beschränkt. In den Beichtspiegeln und theologischen Traktaten des Mittelalters, vor allem bei Thomas von Aquin (1225–1274), werden die Kriterien des gerechten Grundes, der richtigen Intention, der legitimen Autorität, der Verhältnismäßigkeit der Mittel und der „ultima ratio“ verfeinert. Die großen Diskussionen über die Rechtmäßigkeit von Kriegen, wie etwa die Disputation um die Legitimität der Eroberung Lateinamerikas am spanischen Hof (1550–1552) zwischen Sepúlveda und Las Casas, zeigen jedoch auch, dass diese Lehre sowohl als Legitimationsfigur missbraucht wie als kritischer Referenzrahmen genutzt werden konnte. Durch das freie Kriegsführungsrecht des Fürsten wird der Krieg im klassischen Völkerrecht der Neuzeit einer moralischen Bewertung entzogen, sofern er nur formal korrekt erklärt und das Recht im Krieg (ius in bello) eingehalten wird. Prozessorientierung und Reformulierung Dr. Matthias Gillner, Die Wiederherstellung eines als Dozent für Katholische Sozialethik weitgehend gerecht beurteilten politischen Zustandes und die Formulierung von Kriterien, die es akademie der an der Führungs- notfalls erlauben, den Rechtsbrecher mit gewaltsamen Mitteln in in Hamburg Bundeswehr die Rechtsordnung zurückzuholen, zeigen das statische Friedensverständnis der Lehre vom „gerechten“ Krieg. Weltweite wirtschaftliche Ungerechtigkeit, sich ausweitende Flüchtlingsbewegungen oder gewaltsam eskalierende innerstaatliche Konflikte zeugen von der gegenwärtigen Friedlosigkeit unserer Welt. Dieser moralisch inakzeptable „status quo“ erzwingt geradezu einen grundlegenden Perspektivwechsel. Nur in der Blickrichtung des gerechten Friedens, in der es der Politik konsequent darum geht, Not zu lindern, Unfreiheit abzubauen und Gewalt einzudämmen, bleiben die klassischen Kriterien als kritische „Prozessmusterfunktion“ (Ebeling) weiterhin relevant. Foto: privat Kompass 11|09 Katholische Militärseelsorge 15
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