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Lesekonzept für die Hauptschule der Volksschule Volkach

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<strong>Lesekonzept</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> <strong>Hauptschule</strong> <strong>der</strong> <strong>Volksschule</strong><br />

<strong>Volkach</strong><br />

1. Vorbemerkungen<br />

Die vorliegende Konzeption ist zu verstehen als Basis <strong>für</strong> eine zielgerichtete För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lesefähigkeit<br />

und Lesekompetenz. Sie wurde von mir erstellt aus Erkenntnissen <strong>der</strong> Fachliteratur, in Anlehnung an bereits<br />

bestehende Konzepte <strong>der</strong> Fachdidaktik und an<strong>der</strong>er Schulen, Gesprächen im Kollegium und mit<br />

Fachdidaktikern <strong>der</strong> Universität Würzburg im Rahmen meiner Tätigkeit als Zweitprüfer <strong>für</strong> <strong>die</strong> erste<br />

Lehramtsprüfung im Fach Deutsch und v.a. als Ergebnis <strong>der</strong> Konferenzen des Qualitätszirkels „Lesen“ an<br />

unserer Schule.<br />

Die genannten Maßnahmen zu Leseför<strong>der</strong>ung erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, son<strong>der</strong>n sind im<br />

Laufe unserer Arbeit nach den Erfor<strong>der</strong>nissen erweiterbar. Ferner werden Aspekte <strong>die</strong> Grundschule<br />

betreffend nur am Rande erfasst. Da<strong>für</strong> ist ein eigenes Konzept vorhanden.<br />

1.1. PISA<br />

Ergebnisse von Lernstandserhebungen (VERA, Vergleichsarbeiten Deutsch , PISA, DESI) als<br />

Ausgangspunkt <strong>für</strong> Maßnahmen zur Entwicklung <strong>der</strong> Lesekompetenz in <strong>der</strong> Orientierungsstufe<br />

26 % <strong>der</strong> Viertklässler sind in <strong>der</strong> Lage, Einzelinformationen aus Texten zu gewinnen, 36 % <strong>der</strong><br />

Viertklässler können mehrere Informationen miteinan<strong>der</strong> verknüpfen und 38 % können komplexe<br />

Schlussfolgerungen ziehen (s. VERA-Ergebnisse 2004 ).<br />

Etwa 41 % <strong>der</strong> Schüler 5. Klassen <strong>der</strong> Haupt-/Realschulen können gut laut lesen, etwa 34 % gut<br />

sinnerfassend lesen (s. Auswertung <strong>der</strong> Vergleichsarbeiten Deutsch 1998). Die Lesekompetenz 15-jähriger<br />

Schüler in Deutschland ist unterdurchschnittlich. Sie liegt an <strong>der</strong> Grenze zwischen <strong>der</strong> 2. und 3.<br />

Kompetenzstufe, etwa 20 % können lediglich <strong>die</strong> Hauptgedanken lokalisieren und einfache<br />

Verbindungen zwischen gelesenen Informationen und Alltagswissen herstellen, beson<strong>der</strong>s beim<br />

Reflektieren und Bewerten fallen <strong>die</strong> Leistungen ab (s. PISA-Ergebnisse 2000 und 2003).<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Lesekompetenz erreichen nahezu alle Schüler <strong>der</strong> 9. Jahrgangsstufe das<br />

unterste Niveau und können sinntragende Elemente identifizieren, ein Drittel ist in <strong>der</strong> Lage, zielgerichtet zu<br />

lesen und Lücken in <strong>der</strong> Information selbstständig zu schließen; je<strong>der</strong> Sechste ist mit großer Sicherheit<br />

in <strong>der</strong> Lage, übergeordnete Textstrukturen zu erkennen und mit eigenem Wissen zu verknüpfen;<br />

beim zweiten Test stieg <strong>die</strong> Lesekompetenz nicht messbar an (s. Zusammenfassung zentraler Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> DESI-Stu<strong>die</strong> 2003/04).<br />

Diese Ergebnisse wie auch <strong>die</strong> hier nicht aufgeführten Auswertungen <strong>der</strong> zentralen<br />

schriftlichen Abschlussprüfungen (s. Bildungsserver) sind k eineswegs zufriedenstellend.<br />

Spätestens seit <strong>der</strong> Veröffentlichung <strong>der</strong> PISA-Stu<strong>die</strong>n nach 2000 und 2003 beteiligt sich eine breite<br />

Öffentlichkeit an <strong>der</strong> Diskussion über <strong>die</strong> Ursachen sowie über Möglichkeiten, <strong>die</strong> Lesekompetenz<br />

wirksam zu verbessern.<br />

1.2. Voraussetzungen an <strong>der</strong> <strong>Volksschule</strong> <strong>Volkach</strong><br />

Die <strong>Volksschule</strong> <strong>Volkach</strong> hat <strong>der</strong>zeit ca. 580 Schüler in Grund und <strong>Hauptschule</strong>. Die <strong>Hauptschule</strong> selbst ist<br />

zweizügig, wobei ab <strong>der</strong> 7. Jahrgangsstufe jeweils eine Regelklasse und eine Klasse des M-Zuges besteht.<br />

Der Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund ist eher gering. Diese Schüler finden daher im Folgenden<br />

keine geson<strong>der</strong>te Berücksichtigung. Ebenso wird auf Schüler mit einer attestierten Lese-Rechtschreibschwäche<br />

nicht explizit eingegangen. Für sie bestehen bereits individuelle För<strong>der</strong>ungen.<br />

Neben <strong>die</strong>sen Beson<strong>der</strong>heiten haben wir im Kollegium in den letzten Jahren jedoch festgestellt, dass <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Schüler, <strong>die</strong> erhebliche Schwächen im Gesamtbereich Lesen haben, stark zugenommen hat.<br />

1


Dies war <strong>der</strong> Beweggrund <strong>für</strong> uns, <strong>die</strong>sem Aspekt eine stärkere Aufmerksamkeit zu widmen. So wurde<br />

bereits im Schuljahr 2007/2008 eine SchiLF zu <strong>die</strong>sem Thema anberaumt, in <strong>der</strong> <strong>die</strong> grundlegenden<br />

Probleme erörtert wurden. Neben <strong>der</strong> Beschaffung von Lehrmaterialien und <strong>der</strong>en Einsatz im<br />

Klassenrahmen wurden zusätzlich För<strong>der</strong>stunden in einzelnen Klassen eingerichtet, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong><br />

För<strong>der</strong>lehrer Herrn Fritz Leicht und Frau Elisabeth Tully durchgeführt werden.<br />

2. Grundlegende Theorien des Lesenlernens<br />

Um effektiv Defiziten im Bereich Lesen begegnen zu können, sind grundlegende Kenntnisse über den<br />

Leselernprozess unerlässlich. . Deshalb hier einige Basis-Begriffe in Kurzform:<br />

Meinhard Leitich<br />

2.1. Stufenmodell zum Leseerwerb<br />

Mit Hilfe eines Stufenmodells können <strong>die</strong> einzelnen Lesestrategien, welche <strong>die</strong> Schüler/innen entwickelt<br />

haben, einer bestimmten Stufe zugeordnet werden. Dieses Modell bietet dann Hilfen <strong>für</strong> den richtigen Ansatz<br />

bei <strong>der</strong> Leseför<strong>der</strong>ung: Welche Lesestufen sind schon bewältigt, welche nicht?<br />

Abb. 1: Stufenmodell zum Leseerwerb<br />

2.1.1. Erwerb <strong>der</strong> phonologischen Bewusstheit, logographemische Phase<br />

(üblicherweise vor schuleintritt)<br />

Phonologische Bewusstheit:<br />

Sie ist <strong>die</strong> Einsicht in <strong>die</strong> Lautstruktur <strong>der</strong> Sprache,<br />

z. B. Isolierung von Einzellauten, Silbieren o<strong>der</strong> Erkennen und Bilden von Reimpaaren.<br />

Es handelt sich hier um eine wichtige Vorläuferfunktion des Lesens (und Schreibens), <strong>die</strong> schon vor<br />

Schuleintritt von den Kin<strong>der</strong>n in verschiedenem Grade erworben wird.<br />

Logographemische Phase:<br />

Kin<strong>der</strong> können oft schon vor Schuleintritt logographemisch „lesen“, d.h., sie können mit Hilfe von optischen<br />

Merkmalen beispielsweise den eigenen Namen o<strong>der</strong> Firmenlogos erkennen (bzw. schreiben), noch ohne<br />

einzelne Buchstaben zu differenzieren.<br />

2.1.2. Alphabetische Phase<br />

2


Schreiben lernen: Welcher Laut wird mit welchem Buchstaben verschriftlicht? Und in enger Beziehung zum<br />

Schreiberwerb: Lesen lernen: Graphem-Phonem-Korrespondenz. Eine beson<strong>der</strong>e Rolle spielt dabei das<br />

Zusammenlauten, also das richtige Verschleifen <strong>der</strong> Laute, damit dann <strong>der</strong> Wortsinn entnommen werden<br />

kann.<br />

2.1.3. Morphematische Phase<br />

Morpheme (<strong>die</strong> kleinsten bedeutungstragenden Elemente <strong>der</strong> Sprache) und Silben können als eigene<br />

sprachstrukturelle Elemente erkannt werden. Verstärkt bilden sich in <strong>die</strong>ser Lesephase schon Hypothesen<br />

über <strong>die</strong> zu erwartenden Wortteile o<strong>der</strong> Wörter. Auf <strong>der</strong> Ebene des Schreiberwerbs werden zunehmend<br />

orthographische Regeln erkannt und gebraucht.<br />

2.1.4. Automatisierungsphase<br />

Häufiges UND motiviertes Lesen führt dazu, dass viele Wörter nicht mehr in ihren Teilen (Buchstabe <strong>für</strong><br />

Buchstabe o<strong>der</strong> silbenweise) erlesen werden müssen, sie werden schlagartig als Ganzes erkannt und<br />

gemerkt. Das Lesetempo und <strong>die</strong> Fähigkeit, Hypothesen zu bilden bzw. auf ihre Haltbarkeit zu überprüfen,<br />

steigen deutlich an. Der Inhalt von Texten kann schon relativ selbstständig erschlossen werden. Bezüglich<br />

<strong>der</strong> Lesekompetenzstufen nach Baumert (vgl. Kleedorfer, Jutta u. a.: Leitfaden zu „Lesen för<strong>der</strong>n!“<br />

Wissenswertes zum Lesen. Wien: bm:bwk 2005) sind Schüler/innen <strong>die</strong>ser Phase den Kompetenzstufen 1<br />

und 2 zuzuordnen.<br />

3


3. Lesen als Kulturtechnik<br />

3.1. Lesen als hypothesenbilden<strong>der</strong> Prozess<br />

In <strong>die</strong>sen Ausführungen orientieren wir uns an einem mo<strong>der</strong>nen Lesebegriff, <strong>der</strong> durch neue wissenschaftliche<br />

Untersuchungen belegt wird. Die Definition des Lesebegriffs ist grundlegend <strong>für</strong> <strong>die</strong> gesamte<br />

schulische Arbeit in allen kognitiven und sensitiven Bereichen und Unterrichtssituationen. Daher übernehmen<br />

wir <strong>die</strong> Erklärung von Goodman, <strong>der</strong> Lesen als einen hypothesenbildenden Prozess beschreibt, d.h.<br />

<strong>der</strong> Leser ist mit seinem Verstehen dem Text immer einige Schritte voraus und überprüft dabei, ob das<br />

Gelesene einen Sinn ergibt (= Deko<strong>die</strong>ren).<br />

Wenn wir davon ausgehen, dass Lesen immer Verstehen ist, muss <strong>der</strong> Leser Textelemente, wie Wörter,<br />

Satzglie<strong>der</strong> usw. mit eigenem Wissen und individuellen Erfahrungen verknüpfen können. Daraus wird<br />

ersichtlich, wie schwierig <strong>der</strong> Leselernprozess <strong>für</strong> Kin<strong>der</strong> aus spracharmen Familien sein kann.<br />

3.2. Die Bedeutung des Lesens in allen Fächern<br />

Zur Lesekompetenz gehören neben <strong>der</strong> Deko<strong>die</strong>rfähigkeit auch Lernstrategiewissen und<br />

Leseinteresse. Die phonologische Bewusstheit (= Fähigkeit, <strong>die</strong> Lautstruktur <strong>der</strong> Sprache zu erkennen und<br />

mit ihren Elementen zu operieren) ist <strong>die</strong> Kernvoraussetzung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Lesefähigkeit.<br />

Für den Umgang mit Texten in allen Fächern gilt, dass das Kind zunächst durch stilles Lesen <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

erhält, eine individuelle Sinnentnahme (Deko<strong>die</strong>rung) mit Hilfe von Lesestrategien vorzunehmen.<br />

Demnach hat jedes Kind seine individuelle Geschichte und wird nicht als Leser geboren.<br />

Lernvoraussetzungen müssen geklärt werden, Lernzuwachs gepflegt und gewürdigt werden. Mündige Leser<br />

brauchen Lernstrategien, um im Sinne <strong>der</strong> Kompetenzstufen, im Leselernprozess agieren zu können. Dabei<br />

ist es wichtig, kognitive, visuelle und auditive Fähigkeiten zu för<strong>der</strong>n und miteinan<strong>der</strong> zu verflechten. Hierbei<br />

muss an <strong>die</strong> bisherige Sprachentwicklung angeknüpft werden. Dieses ist nicht <strong>die</strong> alleinige Aufgabe<br />

des Deutschunterrichts, son<strong>der</strong>n ist eine wichtige fächerübergreifende Aufgabe. Dies geschieht im Mathematik-<br />

und Sachunterricht z.B. auch durch Textformen wie Karten, Diagramme, Listen, Tabellen.<br />

Lesenlernen ist ein lebenslanger Prozess und geht weit über das Deko<strong>die</strong>ren von Wörtern hinaus. Dabei<br />

gehören Lesen und Schreiben zusammen. Die Verknüpfung von beidem ermöglicht einen reflektierenden<br />

Umgang mit <strong>der</strong> Welt.<br />

4


4. Ziele <strong>der</strong> Leseför<strong>der</strong>ung<br />

Ziel <strong>der</strong> Leseerziehung ist <strong>die</strong> Vermittlung von Lesekompetenz im weitesten Sinne.<br />

Lesekompetenz in allen Kompetenzstufen als Ziel anzustreben, ist ein sehr<br />

dynamischer Prozess, <strong>der</strong> nicht durch ein einmal aufgestelltes <strong>Lesekonzept</strong> zu<br />

erreichen ist, son<strong>der</strong>n sich in ständiger Auseinan<strong>der</strong>setzung und Entwicklung<br />

befindet.<br />

4.1. Was ist eigentlich Lesekompetenz?<br />

Unter Lesekompetenz versteht man <strong>die</strong> Fähigkeit<br />

- geschriebene Texte unterschiedlicher Art in ihren Aussagen, Absichten und ihrer formalen Struktur<br />

zu verstehen<br />

- sie in einen größeren sinnstiftenden Zusammenhang einzuordnen<br />

- sowie in <strong>der</strong> Lage zu sein, Texte <strong>für</strong> verschiedene Zwecke sachgerecht zu nutzen.<br />

Lesen ist eine elementare Voraussetzung <strong>für</strong> eine Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben, z.B.<br />

- Lesen zur Informationsentnahme: Anleitungen ( Computer, Beipackzettel, Rezepte…)<br />

- Lesen zur Wissenserweiterung: wichtig <strong>für</strong> lebenslanges Lernen<br />

- Literarisches Lesen: Fantasieerweiterung, zur Unterhaltung…<br />

4.2. Im Überblick <strong>die</strong> Basisprozesse <strong>für</strong> <strong>die</strong> Aktivitäten beim verstehenden Lesen:<br />

MIKROPROZESSE<br />

Verarbeitung des Gelesenen<br />

auf <strong>der</strong> Wort- und<br />

Satzebene<br />

MAKROPROZESSE<br />

Leser hat strukturelles<br />

Wissen über den Text<br />

Generalisierung<br />

VERSTEHENDES<br />

LESEN<br />

METAKOGNITIVE<br />

PROZESSE<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> den Leselernprozess<br />

Reflexion über Text<br />

INTEGRATIVE PROZESSE<br />

Richtige Satzteile in inhaltliche<br />

Beziehung setzen (Satzbau,<br />

Grammatik)<br />

ELABORATIVE<br />

PROZESSE<br />

Einbinden des Gelesenen in<br />

vorhandenes Wissen,<br />

Bewerten<br />

5


4.3. Bedeutung <strong>der</strong> Kompetentstufen<br />

Fünf Stufen <strong>der</strong> Lesekompetenz )3<br />

Wir unterscheiden unterschiedliche Lesekompetenzstufen, <strong>die</strong> entscheidend da<strong>für</strong> sind, wie Texte und<br />

Aufgaben unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade verstanden und gelöst werden können. „Leseaufgaben“<br />

haben natürlich differierende Schwierigkeitsgrade, <strong>die</strong> abhängig sind<br />

• vom Umfang bzw. von <strong>der</strong> Komplexität eines Textes,<br />

• von <strong>der</strong> Vertrautheit <strong>der</strong> Leser/innen mit dem Thema,<br />

• von <strong>der</strong> sprachlichen, strukturellen und formalen Deutlichkeit von Hinweisen auf <strong>die</strong> wesentlichen<br />

Informationen und<br />

• von <strong>der</strong> Anzahl von Elementen, <strong>die</strong> von den wesentlichen, d.h. relevanten Informationen ablenken.<br />

An folgenden Kompetenzstufen orientieren sich <strong>die</strong> Ziele <strong>der</strong> Leseerziehung in <strong>der</strong><br />

<strong>Volksschule</strong> <strong>Volkach</strong>.<br />

Die Kompetenzstufen 1 bis 5 werden wie folgt von Baumert skizziert (Baumert 2002):<br />

1. Kompetenzstufe = oberflächliches Verständnis einfacher Texte und<br />

elementare Lesefähigkeiten<br />

Leserinnen und Leser, <strong>die</strong> über Stufe 1 nicht hinauskommen, können zwar mit einfachen Texten umgehen,<br />

<strong>die</strong> ihnen in Inhalt und Form vertraut sind; es werden jedoch nur offensichtliche Verbindungen zwischen dem<br />

Gelesenen und dem bekannten Alltagswissen hergestellt.<br />

2. Kompetenzstufe = Herstellen einfacher Verknüpfungen und grobes Textverständnis<br />

Leserinnen und Leser sind in <strong>der</strong> Lage einfache gedankliche Verknüpfungen zwischen verschiedenen Teilen<br />

eines Textes herzustellen und mit einer begrenzten Anzahl von konkurrierenden Informationen umzugehen.<br />

Sie verfügen auch über <strong>die</strong> Fähigkeit <strong>die</strong> Bedeutung einzelner Textelemente durch einfache<br />

Schlussfolgerungen zu erschließen. Das Gelesene kann mit dem Alltagswissen verknüpft werden und mit<br />

Hilfe von persönlichen Erfahrungen und Einstellungen beurteilt werden.<br />

3. Kompetenzstufe = Integration von Textelementen und logische<br />

Schlussfolgerungen<br />

Leserinnen und Leser sind in <strong>der</strong> Lage verschiedene Teile eines Textes in einen Zusammenhang zu<br />

bringen, auch wenn <strong>die</strong> einzelnen Informationen nicht klar erkennbar sind und <strong>der</strong>en Bedeutung indirekt<br />

erschlossen werden muss. Das Gelesene wird genau erfasst und aufgrund eines schon vorhandenen<br />

spezifischen Wissens gezielt beurteilt.<br />

4. Kompetenzstufe = detailliertes Verständnis komplexer Texte und externe<br />

Kenntnisse<br />

Leserinnen und Leser können mit Texten umgehen, <strong>die</strong> ihnen inhaltlich wie formal<br />

nicht wirklich vertraut sind. Sie sind in <strong>der</strong> Lage <strong>die</strong> in dem Text eingebetteten Informationen zu nutzen und<br />

den Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Aufgabe entsprechend zu organisieren. Schwierigkeiten, wie z.B. mehrdeutige<br />

Begriffe, Sprachnuancen o<strong>der</strong> den üblichen bzw. eigenen Erwartungen wi<strong>der</strong>sprechende Elemente werden<br />

sinngemäß bewältigt. Dies geschieht durch Zurückgreifen auf externes Wissen und ermöglicht auch <strong>die</strong> Bewältigung<br />

relativ langer, komplexer Texte.<br />

5. Kompetenzstufe = flexible Nutzung unvertrauter und komplexer Texte<br />

Leserinnen und Leser, <strong>die</strong> auch komplexe, unbekannte und lange Texte <strong>für</strong> verschiedene Zwecke flexibel<br />

nutzen können, sind als Expertenleser/innen zu bezeichnen. Sie verstehen es <strong>die</strong> Bedeutung feiner<br />

sprachlicher Nuancen angemessen zu interpretieren.<br />

Sie sind in <strong>der</strong> Lage das Gelesene in ihr Vorwissen aus verschiedenen Bereichen einzubetten und den Text<br />

kritisch zu bewerten.<br />

6


5. Diagnosemöglichkeiten<br />

5.1. Grundsätzliche Überlegungen<br />

Gabriele Fenkart<br />

Es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum Kin<strong>der</strong> und Jugendliche schlecht lesen, nicht gerne lesen o<strong>der</strong> gar<br />

nicht lesen – o<strong>der</strong> warum sie gerne lesen und große Leselust und hohe Lesekompetenz entwickeln.<br />

Die Einstellung zum Lesen und das Leseverhalten werden im Wesentlichen von drei Bereichen bestimmt:<br />

• von <strong>der</strong> Herkunftsfamilie<br />

• von Freunden (Peergroup), Verwandten, Lehrer/innen<br />

• von Gesellschaft und Kultur1<br />

Je nachdem, welchen Stellenwert Lesen – Bücher und Me<strong>die</strong>n – dort einnehmen, WER liest bzw. vorliest –<br />

Frauen und/o<strong>der</strong> Männer –, WAS als lesenswert gilt und anerkannt ist, in welcher Sprache gelesen wird, ob<br />

zur Unterhaltung o<strong>der</strong> zum Wissenserwerb gelesen wird, wird <strong>der</strong> junge Mensch sich dem Lesen öffnen o<strong>der</strong><br />

verschließen. Für <strong>die</strong> Leseför<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Schule ist es wesentlich, mögliche Hintergründe und Ursachen<br />

<strong>für</strong> Leseschwächen zu kennen sowie über verschiedene Diagnose- und Testverfahren Bescheid zu wissen,<br />

um dann gezielt För<strong>der</strong>programme <strong>für</strong> einzelne Schüler/innen und Klassen zu erarbeiten o<strong>der</strong> <strong>für</strong> eine ganze<br />

Schule ein <strong>Lesekonzept</strong> zu entwickeln.<br />

In <strong>der</strong> Sekundarstufe I erwarten Lehrer/innen zumeist, schon auf „fertige Leser/innen“ zu treffen, mit denen<br />

sie weiter arbeiten können, denen sie nur noch <strong>die</strong> richtigen Bücher und Texte anbieten müssen.<br />

Zehnjährige befinden sich aber noch im Spracherwerb – sei es in <strong>der</strong> Muttersprache o<strong>der</strong> Zweitsprache bzw.<br />

Fremdsprache – und müssen noch Lesetechniken und Lesestrategien entwickeln.<br />

Sie müssen Lesekompetenz erwerben, <strong>die</strong> sie befähigt:<br />

• Texte zu verstehen<br />

• Information zu entnehmen und zu bewerten<br />

• aus Texten zu lernen<br />

• Texte zu analysieren und zu interpretieren<br />

• Texte mit Lust und/o<strong>der</strong> Interesse zu lesen<br />

Der Begriff Text steht hier <strong>für</strong>:<br />

• kontinuierliche und nicht-kontinuierliche Texte (Tabellen, Grafiken etc.)<br />

• erzählende Texte und Sachtexte<br />

• Printme<strong>die</strong>n und digitale Me<strong>die</strong>n<br />

Gerade <strong>die</strong>se Vielfalt an Texten ist notwendig, um auf <strong>die</strong> vielfältigen Bedürfnisse und Defizite, aber auch auf<br />

<strong>die</strong> unterschiedlichen Leseerfahrungen eingehen zu können.<br />

Lehrer/innen aller Fächer sollen in ihrem Unterricht <strong>der</strong> jeweiligen Altersgruppe entsprechend<br />

(fachbezogene) Lesetechniken unterrichten – mit möglichst vielen verschiedenen Textsorten. Lehrer und<br />

Lehrerinnen – Männer und Frauen – sollen möglichst oft Bücher mitbringen und so zum Lesen über <strong>die</strong><br />

Fach- und Geschlechtergrenzen hinaus anregen und Lesen als Thema platzieren.<br />

5.2. Lesedefizite diagnostizieren<br />

PISA und an<strong>der</strong>e Testverfahren haben deutlich gezeigt, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche in Defizite in <strong>der</strong><br />

Lesekompetenz haben und dass <strong>die</strong>se Defizite auch nach Geschlecht, sozialer Herkunft und Schultyp<br />

differenzierbar sind. Lehrer und Lehrerinnen können <strong>die</strong>se Ergebnisse vielfach aus ihrer Praxis bestätigen.<br />

Neue, sehr einfache Testverfahren wie z. B. das Salzburger Lesescreening können nun von Lehrer/innen in<br />

<strong>der</strong> Unterstufe wie<strong>der</strong>holt zur Diagnose wie auch zur Evaluation <strong>der</strong> För<strong>der</strong>maßnahmen eingesetzt werden.<br />

7


Das Salzburger Lesescreening berücksichtigt auch <strong>die</strong> Schüler <strong>der</strong> Sekundarstufe I und <strong>die</strong>nt somit in <strong>der</strong><br />

<strong>Volksschule</strong> <strong>Volkach</strong>/<strong>Hauptschule</strong> als Diagnosemethode.<br />

5.3. Welche Möglichkeiten gibt es im Alltag des Unterrichtens?<br />

Vorauszuschicken ist, dass wichtige Weichenstellungen häufig schon in den Grundschulen getroffen<br />

werden, wenn Legasthenie und/o<strong>der</strong> Lese-Rechtschreibschwäche diagnostiziert werden. Betroffene Kin<strong>der</strong><br />

kommen meist schon mit einer Dokumentation ihrer Lern- bzw. Leidensgeschichte in <strong>die</strong> <strong>Hauptschule</strong>.<br />

Wesentlich ist, dass Lehrer/innen bei Verdacht auf eine Lese-Rechtschreibschwäche den Eltern zu einer<br />

professionellen Testung raten. Kann eine Legasthenie ausgeschlossen werden, liegt es an <strong>der</strong> einzelnen<br />

Lehrperson, För<strong>der</strong>maßnahmen <strong>für</strong> schwache Leser/innen zu setzen.<br />

Lehrer/innen können mit einem einfach durchzuführenden Test, wie dem bereits erwähnten Salzburger<br />

Lesescreening, in ihrem eigenen Unterricht relativ problemlos ein solches Instrument einsetzen. Sie schärfen<br />

damit ihre eigene Wahrnehmung von lesestarken und leseschwachen Schüler/innen, können gezielt<br />

Leseför<strong>der</strong>ung einsetzen und nach einem selbst gewählten Zeitraum den Test wie<strong>der</strong>holen, um <strong>die</strong><br />

Wirksamkeit von För<strong>der</strong>maßnahmen zu überprüfen.<br />

Im Vergleich mit vielen an<strong>der</strong>en Lesetests bietet das SLS den Vorteil, dass es bis zur 8. Schulstufe je<strong>der</strong>zeit<br />

wie<strong>der</strong>holt verwendet werden kann. Es bietet sich an, den Lesetest in För<strong>der</strong>gruppen o<strong>der</strong> Klassen zunächst<br />

<strong>für</strong> eine erste Diagnose und dann nach Abschluss einer längeren Übungsphase zur Evaluation <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>maßnahmen einzusetzen. Damit kann <strong>die</strong> Lehrperson gleich <strong>für</strong> sich selber überprüfen, ob nach einer<br />

Phase gezielter För<strong>der</strong>ung Fortschritte gemacht wurden, ob eine Methode zielführend ist o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Maßnahmen gesetzt werden müssten.<br />

Viele an<strong>der</strong>e Testverfahren sind teilweise sehr kosten- und sehr zeitintensiv, ein Großteil darüber hinaus nur<br />

<strong>für</strong> <strong>die</strong> Grundstufe konzipiert.<br />

Was wird getestet? – Die Tests überprüfen im Wesentlichen:<br />

Wortverständnis<br />

Lesegeschwindigkeit<br />

Satzverständnis<br />

Textverständnis<br />

5.4. Testverfahren im Überblick<br />

Das Salzburger Lese-screening ist ein sehr kurzes Verfahren (inkl. Instruktion ca. 15 Minuten), bei dem <strong>die</strong><br />

Sinnhaftigkeit von Sätzen beurteilt werden muss. (Beispiel: „In <strong>der</strong> Wüste regnet es oft“).<br />

Der HaMLeT 3 – 4 (Hamburger Lesetest)zerfällt in einen Wortlese- und einen Leseverständnis-Teil. Dieses<br />

Verfahren ist deutlich aufwendiger (Durchführungszeit zwei Schulstunden).<br />

Bei KnUsPeL-L handelt es sich nur zum Teil um einen Lesetest. Das Verfahren besteht aus vier Untertests,<br />

von denen sich drei mit Lesen im weiteren Sinn befassen.<br />

Die WLLP<br />

(Würzburger Leise Leseprobe) schließlich ist ein sehr kurzes Verfahren, das jeweils am Schuljahresende als<br />

orientieren<strong>der</strong> Lesetest eingesetzt werden kann.<br />

Der Zürcher Lesetest (ZLT)<br />

ist zwar 2000 neu herausgekommen, enthält aber <strong>die</strong> alten Normen (1967 – 81). )²<br />

8


6. Weiterführen<strong>der</strong> Leseunterricht<br />

Weiterführen<strong>der</strong> Leseunterricht heißt in <strong>die</strong>sem Sinne Leseunterricht in <strong>der</strong> Sekundarstufe I, also Klasse<br />

5 – 10. Die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen lassen daher den Bereich des Erstlesens außen vor. Es<br />

muss aber berücksichtigt werden, dass in vielen Klassen <strong>der</strong> <strong>Hauptschule</strong> (also ab Klasse 5) Schüler sitzen,<br />

<strong>die</strong> selbst im Bereich des morphe-matischen Lesens noch erhebliche Schwierigkeiten haben. (Hinzu<br />

kommen Schüler mit LRS o<strong>der</strong> solche mit Migrationshintergrund. Bei <strong>die</strong>sen Schülern ist <strong>der</strong> Lehrer<br />

gefor<strong>der</strong>t individuell zu differenzieren und geeignete Übungsformen <strong>für</strong> den einzelnen Schüler zu finden,<br />

bzw. sich externer Hilfen zu be<strong>die</strong>nen.) Dabei können auch Übungsformen und Methoden aus dem<br />

Grundschulbereich Bedeutung erlangen. Ich verweise hier auf ein beson<strong>der</strong>es <strong>Lesekonzept</strong> <strong>der</strong> <strong>Volksschule</strong><br />

<strong>Volkach</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Grundschule und das im Anhang aufgeführte Übungsmaterial des Landesschulrates Tirol<br />

6.1 Kompetenzen und Ziele<br />

6.1.1 Training <strong>der</strong> Lesefertigkeit/des Leseverständnisses<br />

- geübte Texte fließend und sinnentnehmend vortragen<br />

- ungeübte Texte fließend sinnentnehmend vortragen<br />

- bekannte Texte inhaltlich erschließen<br />

- unbekannte Texte inhaltlich erschließen<br />

- Texte wie<strong>der</strong>geben<br />

- Zusammenhänge herstellen<br />

- Reflektieren und beurteilen<br />

6.1.2 Training <strong>der</strong> Sprachkompetenz/des Textverständnisses<br />

- Erkennen <strong>der</strong> Hauptinformation des Textes<br />

- Sachverhalte beschreiben<br />

- Lernergebnisse geordnet festhalten<br />

- Texte mit eigenen Worten wie<strong>der</strong>geben / einen Kurzvortrag halten<br />

- eigene Gedanken zu Texten entwickeln, zu Texten Stellung beziehen<br />

- Herstellen von Beziehungen zum eigenen Vorwissen<br />

- aus ähnlichen Aussagen <strong>die</strong> zutreffende ermitteln<br />

- über Texte (Inhalte) diskutieren<br />

- Texte auf Verständlichkeit und Wirkung überprüfen<br />

6.2 Inhalte des Literaturunterrichtes<br />

6.2.1 Begriffe kennen und anwenden<br />

Titel, Inhaltsverzeichnis, Überschrift, Kapitel, Abschnitt, Zeile, Strophe, Vers, Reim, Illustration,<br />

Autor/in, Verlag, Inhaltsangabe/Klappentext<br />

6.2.2 Literaturgattungen<br />

Märchen, Gedicht, Sachtext, Werbung, Erzählung, Sage, Fabel, Comic, Theaterstück<br />

6.2.3 Me<strong>die</strong>n<br />

Buch, Lexikon, Zeitung, Zeitschrift, Radio, Film, Fernsehen, Internet, Ganzschrift<br />

6.3 Methoden und Strategien zur Texterschließung<br />

- Text still erlesen<br />

9


- Text vorlesen<br />

- Verfahren zur ersten Orientierung über einen Text nutzen (überfliegen)<br />

- gezielt einzelne Informationen suchen<br />

- Aussagen mit Textstellen belegen<br />

- Text glie<strong>der</strong>n<br />

- Text vergleichen<br />

- Text bildnerisch umsetzen<br />

- Text szenisch umsetzen (Sprecherziehung)<br />

- Textstellen zusammenfassen<br />

- Arbeitsaufträge verstehen und anweisungsgemäß ausführen<br />

- Verstehenshilfen anwenden (bei Verständnisschwierigkeiten)<br />

- Nutzen von Arbeitstechniken wie Textstellen herausschreiben, Schlüsselwörterunterstreichen, Stichpunkte<br />

nutzen<br />

- Selbst Fragen zum Text formulieren<br />

6.4 Überprüfung des Lernstandes (nach Anfor<strong>der</strong>ungsbereichen)<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsbereich I: Wie<strong>der</strong>geben<br />

• Bekannte Informationen wie<strong>der</strong>geben (reproduzieren), dabei grundlegende (erarbeitete) Verfahren<br />

und Routinen anwenden.<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsbereich II: Zusammenhänge erstellen<br />

• Vertraute Sachverhalte bearbeiten, indem erworbenes Wissen und bekannte Methoden angewandt<br />

und miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden (Schlussfolgerungen ziehen).<br />

Anfor<strong>der</strong>ungsbereich III: Reflektieren und beurteilen<br />

• Neue Problemstellungen bearbeiten, eigenständig beurteilen und eigene Lösungsansätze erarbeiten<br />

(Transfer).<br />

Kin<strong>der</strong> mit Deutsch als Zweitsprache müssen <strong>die</strong> Ziele des Anfor<strong>der</strong>ungsbereiches I erreichen.<br />

Hilfen:<br />

• reduzierter Text<br />

• ungeordnete Fragen zum Text<br />

• ungeordnete Wörter zum Lückentext<br />

• Liste mit Wortbedeutungen<br />

• Lesen und Wi<strong>der</strong>geben in <strong>der</strong> Kleingruppe<br />

• Hilfen (Erklärungen) durch den Lehrer<br />

• Partnerarbeit mit lesekompetenten Kin<strong>der</strong>n<br />

10


7. Grundlagen zur Anbahnung einer Lesekultur<br />

7.1. Allgemeine Erläuterungen<br />

Nach erfolgreichem Schriftspracherwerb müssen Strategien entwickelt werden (s. Weiterführen<strong>der</strong><br />

Leseunterricht), wobei schon im Elternhaus, Vorschulbereich und Anfangsunterricht durch das Vorlesen von<br />

Kin<strong>der</strong>literatur Sprachfähigkeit, Erfassen von Kontexten, Weltwissen und Phantasie geför<strong>der</strong>t werden<br />

müssen.<br />

Die Vermittlung <strong>der</strong> Lesestrategien muss <strong>die</strong> Erkenntnisse <strong>der</strong> Leseforschung berücksichtigen. Das laute<br />

Vorlesen von fremden Texten macht keinen Sinn im Hinblick auf Texterschließung, jedoch ist es<br />

motivationsför<strong>der</strong>nd <strong>für</strong> den Vorlesenden, <strong>der</strong> zum einen seine Lesefähigkeit demonstrieren, zum an<strong>der</strong>en<br />

einen nach eigenen Interessen ausgewählten Text vorstellen kann.<br />

Hierbei wird wie<strong>der</strong>um bei den Zuhörenden das Leseinteresse geweckt.<br />

Beim Sinn entnehmenden Lesen findet Antizipation und Hypothesenbildung statt. Die Erkenntnisse <strong>der</strong><br />

Textlinguistik (Kohärenz und Konnexion von Texten) müssen ebenso beachtet werden.<br />

Bedeutungserschließung aus dem jeweiligen Kontext (Syntax – Semantik – Pragmatik).<br />

7.2. Aufgaben unserer Schule<br />

Das Ziel unserer Schule ist neben dem Sinn erfassenden Lesen, <strong>die</strong> Kin<strong>der</strong> zum Lesen in ihrer Freizeit zu<br />

motivieren, positive Leseerfahrungen zu ermöglichen und <strong>die</strong> Entwicklung hin zu stabilen, regelmäßigen,<br />

selbstständigen Lesegewohnheiten zu unterstützen und zu überprüfen. Die Leseleistung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> sollte in<br />

regelmäßigen Abständen überprüft werden, um Stärken und Schwächen festzustellen und individuelle<br />

För<strong>der</strong>maßnahmen daran anzuschließen. Das Ziel einer sinnvollen Verbindung von Training von Lesekompetenz<br />

und Aufbau von Lesemotivation sollte nachhaltig geför<strong>der</strong>t werden.<br />

Maßnahmen, <strong>die</strong> in <strong>der</strong> <strong>Hauptschule</strong> <strong>der</strong> VSV bereits durchgeführt werden, sind kursiv gedruckt und evt<br />

näher erläutert. Maßnahmen <strong>die</strong> mit ‣ gekennzeichnet sind, sind solche, <strong>die</strong> im Qualitätszirkel Lesen und in<br />

Übereinstimmung mit den Kollegen <strong>der</strong> <strong>Hauptschule</strong> als verbindlich festgelegt wurden.<br />

7.3. Maßnahmen und Ziele zur Lesemotivation<br />

- Berücksichtigung <strong>der</strong> persönlichen Leseinteressen bei <strong>der</strong> Auswahl von Lektüren<br />

- individuelle Buchvorstellung innerhalb <strong>der</strong> Klasse<br />

- Hitlisten <strong>der</strong> beliebtesten Bücher<br />

‣ Klassenlektüre<br />

Das Lesen wenigstens einer Klassenlektüre pro Schuljahr ist verpflichtend!<br />

‣ Schülerbücherei / Klassenbücherei<br />

Die VSV hat 2009 den Grundstein <strong>für</strong> eine eigene Schülerbücherei durch Unterstützung des<br />

Rotary Clubs <strong>Volkach</strong>/Gerolzhofen legen können. Jede Klasse sollte wenigstens ein Mal <strong>die</strong><br />

Bücherei besuchen, einerseits zur Einführung, aber auch z:B. zum Zwecke einer<br />

Stöberstunde. Auch Buchvorstellungen im Klassenrahmen können in einer lesestrategisch<br />

günstigen Umgebung realisiert werden.<br />

‣ geeignete Leseatmosphäre (Leseecken in den einzelnen Klassen)<br />

Einige Klassen konnten <strong>die</strong>s bereits einführen. So stehen gemütliche Sitzgelegenheiten zur<br />

Verfügung und es gibt eine größere Anzahl an ausgewählten Büchern in <strong>der</strong> Klassenbibliothek.<br />

Bücherkisten können z.B. in <strong>der</strong> Stadtbücherei in <strong>Volkach</strong> o<strong>der</strong> in Gerolzhofen<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Diözesanbibliothek in Würzburg ausgeliehen werden. Die Leseecken sollten aber<br />

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auch wirklich während <strong>der</strong> Unterrichtszeit – am besten noch zu fest installierten Zeiten – von<br />

den Schülern genutzt werden können.<br />

- feste „stille Lesezeiten“<br />

‣ Lesepatinnen besuchen <strong>die</strong> Klassen 1-4<br />

Wir wollen auch <strong>die</strong>se sporadisch bereits durchgeführte Möglichkeit zu einer festen<br />

Einrichtung machen. In Absprache <strong>der</strong> Klassen 7-10 sollen <strong>der</strong>en Schüler jüngeren Kin<strong>der</strong>n in<br />

<strong>der</strong> Grundschule ausgewählte Texte vorlesen. Wir beschränken dabei <strong>die</strong> reine Vorlesezeit<br />

auf ca. 15 – 20 Minuten. Günstige Zeiten sind etwa <strong>die</strong> Vorweihnachtszeit als solche o<strong>der</strong> an<br />

Freitagen in den letzten Stunden. Vorlesen sollten Schüler, <strong>die</strong> sich freiwillig dazu bereit<br />

erklären. Sinnvoll erscheint uns, wenn eine Klasse jeweils <strong>für</strong> einen Monat in einer<br />

bestimmten Grundschulklasse <strong>die</strong> Lesepatenschaft übernimmt.<br />

- Lesenacht<br />

- Projektwoche Lesen<br />

- Buchausstellung<br />

Unter dem Motto „Ein Nachmittag rund um das Buch“ soll eine Buchausstellung stattfinden, <strong>die</strong> zum<br />

Schmökern einlädt und Informationen rund um das Buch vermittelt (Herstellung, alles über Papier,<br />

Autor, Verlag, Buchhandel, Illustration usw.).<br />

‣ Vorlesewettbewerb<br />

Schon immer beteiligen sich Schüler <strong>der</strong> 6. Klassen am schulhausinternen und überregionalen<br />

Vorlesewettbewerb. Ein solcher kann aber (v.a. in den Klassen 7 - 10) durchaus<br />

auch klassenintern durchgeführt werden.<br />

‣ Autorenlesung<br />

Durch den günstigen Umstand, dass Die Deutsche Akademie <strong>für</strong> Kin<strong>der</strong>- u. Jugendliteratur<br />

e.V immer wie<strong>der</strong> Autoren zu Lesungen einlädt, ist auch <strong>für</strong> unsere Schüler <strong>die</strong><br />

Gelegenheit geboten, an solchen Lesungen teilzunehmen. Dies beschränkte sich bisher<br />

meist auf <strong>die</strong> Klassen <strong>der</strong> Grundschule. Aber auch <strong>die</strong> Klassen 5-6 können an solchen<br />

Lesungen durchaus noch gewinnbringend teilhaben. EIN Besuch innerhalb <strong>der</strong><br />

Jahrgangsstufe 5 und 6 ist daher verpflichtend. Für <strong>die</strong> Klassen 7 -10 sind geeignete<br />

Veranstaltungen auszuwählen o<strong>der</strong> evt. Autoren eigens dazu einzuladen. Die Kosten<br />

sollten von <strong>der</strong> Schule o<strong>der</strong> dem Elternbeirat zumindest bezuschusst werden.<br />

‣ Besuch <strong>der</strong> Stadtbücherei<br />

Der Besuch <strong>der</strong> Stadtbücherei ist verpflichtend <strong>für</strong> <strong>die</strong> 5. und <strong>die</strong> 7. Jahrgangsstufe! Alle<br />

Klassen sollten <strong>die</strong> Bücherei in <strong>der</strong> selben Woche aufsuchen. Die Terminkoordination<br />

übernimmt <strong>der</strong> Qualitätszirkel Lesen in Absprache mit den jeweiligen Klassenleitern.<br />

- Buchausstellung <strong>für</strong> Kin<strong>der</strong> und Eltern<br />

- externe Lesepaten lesen in <strong>der</strong> 5. und 6. Klasse<br />

Geplant ist, externe Personen, wie z.B. Eltern, Großeltern o<strong>der</strong> ehemalige Schüler zu animieren, in<br />

bestimmten Stunden o<strong>der</strong> zu beson<strong>der</strong>en Anlässen in den Klassen vorlesen zu lassen. Dies soll<br />

einerseits <strong>die</strong> Fähigkeit <strong>der</strong> Schüler zum aktiven Zuhören verbessern, an<strong>der</strong>erseits einen zum<br />

„normalen“ Unterricht verschiedenen Weg <strong>der</strong> Literaturpräsentation bieten.<br />

- Computerprogramm „Antolin“ und Nutzung weiterer Lernsoftware (Budenberg,Schreiblabor,<br />

Lernwerkstatt)<br />

Von <strong>die</strong>sem Programm wird beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Grundschule bereits seit Jahren erfolgreich Gebrauch<br />

gemacht. Auch <strong>die</strong> Klassen 5 und 6 sollten sich aber daran beteiligen. Für <strong>die</strong> 7. bis 10. Klassen ist<br />

<strong>die</strong>se Maßnahme weniger sinnvoll.<br />

- Zusammenarbeit mit dem örtlichen Buchhandel<br />

Die ortsansässigen Buchhandlungen sind gerne bereit, Leseveranstaltungen zu organisieren, <strong>die</strong><br />

von einzelnen Klassen wahrgenommen werden können. Hier muss <strong>der</strong> Klassenlehrer aktiv werden<br />

und sich mit den jeweiligen Buchhandlungen in Verbindung setzen.<br />

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- Poetry slam<br />

Gerade in den höheren Klassen kann <strong>die</strong>se mo<strong>der</strong>ne Form <strong>der</strong> Literaturbegegnung sinnvoll<br />

eingesetzt werden. Selbst verfasste Gedichte o<strong>der</strong> Texte (Raps) können vor <strong>der</strong> Klasse o<strong>der</strong> vor<br />

mehreren vorgetragen werden. Dies bedarf allerdings einer recht hohen Fähigkeit an Antizipation <strong>der</strong><br />

Zuhörer und einem hohen Selbstbewusstsein <strong>der</strong> Akteure. Der Einsatz <strong>die</strong>ser Form ist sehr auf <strong>die</strong><br />

Fähigkeit des Unterrichtenden angewiesen, seine Klasse dementsprechend vorzubereiten und zu<br />

beurteilen.<br />

- Erstellen einer Lese CD<br />

Beson<strong>der</strong>s gute Leser können- eventuell als Projektaufgabe <strong>der</strong> Klasse o<strong>der</strong> einer Schülerfirma –<br />

eine CD erstellen mit literarischen Texten (Achtung!: Die Texte müssen urheberrechtlich frei<br />

gegeben sein!). Dies können Texte zu bestimmten Anlässen sein (z.B. Weihnachten, Muttertag, etc.)<br />

o<strong>der</strong> zu bestimmten Textgattungen <strong>für</strong> jeweils zu definierende Jahrgangsstufen.<br />

‣ Theaterbesuche<br />

Bereits seit einigen Jahren haben sich v.a. in den oberen Klassen Theaterbesuche etabliert. Die<br />

Stücke werden dazu vorher bereits – zumindest in Auszügen – gelesen. Der Vergleich von<br />

geschriebenem Text und Aufführung hat sich als äußerst effektiv und motivierend erwiesen, so dass<br />

an <strong>die</strong>ser „Tradition“ festgehalten wird.<br />

‣ Beteiligung am KLASSE! – Projekt <strong>der</strong> MAINPOST<br />

‣ Beteiligung am Projekt „Zeitschriften in <strong>die</strong> Schulen!“<br />

13


8. Elternarbeit im weiterführenden Leseunterricht<br />

Ab <strong>der</strong> Klasse 5 können Eltern verstärkt <strong>die</strong> „Lesehausaufgaben“ ihrer Kin<strong>der</strong> unterstützen,<br />

indem sie:<br />

- sich <strong>die</strong> Texte von ihren Kin<strong>der</strong>n vorlesen lassen,<br />

- dazu erzählen lassen<br />

- Fragen zu den fächerübergreifenden Texten stellen<br />

- mit den Kin<strong>der</strong>n über unverständliche Wörter sprechen und <strong>die</strong> Wortbedeutung klären<br />

Weiterführende Möglichkeiten:<br />

- Eltern anregen, mit ihren Kin<strong>der</strong>n zu geeigneten Autorenlesungen zu gehen<br />

- informative Elternabend zu dem Thema „Legasthenie“ durchführen<br />

- Eltern anregen, Bücherflohmärkte zu organisieren<br />

- <strong>die</strong> Verantwortung <strong>für</strong> vielfältige Leseerfahrungen auch unterschiedlichster Literaturgattungen<br />

übernehmen (Text-,Bücherauswahl)<br />

- Eltern anregen, mit ihren Kin<strong>der</strong>n gemeinsam <strong>die</strong> Stadtbibliothek zu nutzen<br />

- Eltern aus bildungsfernen Haushalten sollten auf Angebote <strong>der</strong> VHS zur Alphabetisierung<br />

Erwachsener hingewiesen werden<br />

- Tipp: Urlaubslektüre gemeinsam mit den Kin<strong>der</strong>n auswählen und lesen!<br />

- mit Kin<strong>der</strong>n eine Tageszeitung lesen bzw. sich über einzelne Artikel unterhalten<br />

- Lesestoff in Form von Comics, Magazinen, Fachzeitschriften anbieten<br />

9. Anfor<strong>der</strong>ungen an <strong>die</strong> Lehrer<br />

Lehrerinnen und Lehrern muss <strong>die</strong> Bedeutung des Leseprozesses und <strong>der</strong> Lesekompetenz in allen Fächern<br />

bewusst sein und unterliegt daher ständiger Beobachtung.<br />

In drei Lesekonferenzen pro Jahr sollen Kolleginnen und Kollegen jeweils in den Jahrgangsstufen 5/6 und<br />

7 – 10 über Erfolge, Defizite, För<strong>der</strong>maßnahmen und Ergebnisse <strong>der</strong> Lesetests darlegen und weitere<br />

Schritte gemeinsam planen. Unterstützt werden sollen sie durch <strong>die</strong> Schulleitung, <strong>die</strong> ja <strong>die</strong> Verteilung von<br />

För<strong>der</strong>stunden im jeweils nächsten Schuljahr plant.<br />

Die Vermittlung von Lesefertigkeit und Lesekompetenz hat lebenslang Prozesscharakter.<br />

Lehrerinnen und Lehrer sollten sich daher durch zu hoch gesteckte Ziele nicht <strong>der</strong> Möglichkeit<br />

berauben, auch an kleinen Erfolgen Freude zu haben. Dieses Konzept bietet <strong>die</strong> Möglichkeit,<br />

durch eine gemeinsame Vorgehensweise mehr Transparenz und Übereinstimmung aller am<br />

Lernprozess Beteiligten zu ermöglichen.<br />

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Anhang<br />

)1<br />

Schöggl Werner in Bundesministerium <strong>für</strong> Unterricht, Kunst und Kultur, Österreich, Arbeitshefte zur<br />

medialen Schulbibliothek2<br />

)2 Fenkart Gabriele, in Bundesministerium <strong>für</strong> Unterricht, Kunst und Kultur, Österreich, Arbeitshefte zur<br />

medialen Schulbibliothek 2<br />

)3<br />

aus: Leitfaden zu Lesen För<strong>der</strong>n, Hrsg.: Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung, Kunst und Kultur, Österreich<br />

Arbeitsmaterial<br />

Mittlerweile hat <strong>die</strong> Schule auch im Hauptschulbereich eine Fülle von Übungsmaterial von verschiedenen<br />

Verlagen angeschafft.<br />

Hervorragend geeignet ist <strong>die</strong> „För<strong>der</strong>mappe Schule des Lesens“, eine Initiative des Landesschulrates <strong>für</strong><br />

Tirol, <strong>die</strong> allen Kollegen zugänglich ist. Sie kann außerdem unter <strong>der</strong> homepage <strong>der</strong> <strong>Volksschule</strong>-<strong>Volkach</strong><br />

als pdf heruntergeladen werden.<br />

Ebenso gibt es an gleicher Stelle eine Ausgabe mit Sachtexten.<br />

Direkt gibt es das Material unter http://www.tibs.at/schuledeslesens<br />

Hier noch einige Internetadressen, unter denen man sich Anregungen holen kann:<br />

http://www.stiftunglesen.de<br />

http://www.akademie-kjl.de/<br />

http://gutenberg.spiegel.de<br />

http://www.literaturwelt.com/epochen.html<br />

http://www.lehrer.uni-karlsruhe.de/~za874/homepage/index2.htm<br />

http://www.digitale-schule-bayern.de/<br />

Guter Einstieg in <strong>die</strong> Thematik:<br />

Lesen för<strong>der</strong>n:<br />

http://www.klassezukunft.at/statisch/zukunft/de/leitfadenlesenfoe<strong>der</strong>n.pdf<br />

umfangreich, aber sehr gut zu lesen und mit vielen Übungsbeispielen:<br />

http://www.eduhi.at/dl/broschuere_lesefoer<strong>der</strong>ung_onlineversion.pdf<br />

Rainer Kiesel, 2011<br />

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