31.10.2013 Aufrufe

Iris - milahanke.de

Iris - milahanke.de

Iris - milahanke.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

schicksal<br />

France: II43 Höhenmeter, auf einer Strecke<br />

von 13,8Kilometern, mit einer fast durchgängigen<br />

Steigung von zehn Prozent. "Damals<br />

tat je<strong>de</strong> einzelne Pedalumdrehung<br />

höllisch weh", erzählt die ebenso zierliche<br />

wie drahtige Frau und guckt dabei genauso<br />

entschlossen, wie sie damals gewesen<br />

sein muss. Drei Jahre später ist sie wie<strong>de</strong>r<br />

hingefahren, hat <strong>de</strong>n Berg hinaufgeschaut<br />

und gedacht: "Mit dir habe ich noch eine<br />

Rechnung offen, Bürschchen." Dieses Mal<br />

braucht sie für die Strecke I Stun<strong>de</strong> und 20<br />

Minuten. Nur etwa 40 Minuten länger als<br />

professionelle Etappensieger.<br />

I<br />

1<br />

I<br />

j<br />

I<br />

\<br />

11<br />

I,<br />

I<br />

70<br />

ich habe mir noch im Krankenhaus selbst<br />

eingetrichtert: .lris, es ist, wie es ist, schau<br />

nach vorn und mach das Beste draus." Als<br />

ein Krankenhauspsychologe bei ihr am Bett<br />

saß, hat sie zu ihm gesagt: "Es lohnt sich<br />

noch nicht mal, hier aus <strong>de</strong>m zweiten Stock<br />

aus <strong>de</strong>m Fenster zu springen, die Höhe hab<br />

ich ja schon überstan<strong>de</strong>n!"<br />

SIE STELLTIHRE Lieblingsfotos von früher<br />

auf <strong>de</strong>n Tisch neben das Bett: sie selbst<br />

beim Skifahren in Frankreich, beim Klettern<br />

in Italien, beim Rennradfahren in <strong>de</strong>n<br />

Schweizer Alpen. "Ich wollte mir je<strong>de</strong>n Tag<br />

vor Augen halten: Dawill ich wie<strong>de</strong>r hin ..."<br />

Ihre Freun<strong>de</strong>, ihre Familie, ihre Arbeitskollegen<br />

waren so oft es geht bei ihr in <strong>de</strong>r<br />

Klinik. Allen voran ihr Mann Stephan. Die<br />

Liebe und Unterstützung, sagt <strong>Iris</strong> Auerbach,<br />

hätten ihr die Kraft gegeben zu kämpfen.<br />

Und das tat sie. Nach<strong>de</strong>m sie aus <strong>de</strong>m<br />

Krankenhaus entlassen wur<strong>de</strong>, musste sie<br />

monatelang im Rollstuhl sitzen. Wie hart<br />

diese Zeit war, erwähnt sie nur am Ran<strong>de</strong>.<br />

Statt<strong>de</strong>ssen erzählt sie: "Ich habe damals<br />

je<strong>de</strong> Menge Kunststücke geübt. Am En<strong>de</strong><br />

konnte ich nur auf <strong>de</strong>n Hinterreifen meines<br />

Rollstuhls durch die Wohnung flitzen<br />

- Wheelie im Wheelchair!" Sie lacht laut.<br />

Schließlich trainierte sie, an Krücken zu<br />

activelife<br />

Nach <strong>de</strong>r Bike-Tour ist vor <strong>de</strong>r<br />

Bike-Tour, da sind sich <strong>Iris</strong> Auerbach<br />

und ihr Mann Stephan einig. Und<br />

wenn eine Schiebepassage kommt?<br />

"Dann trägt er mich und mein Rad<br />

schon mal ein Stück <strong>de</strong>n Berg rauf"<br />

laufen. Wegen <strong>de</strong>s verkürzten Beines mehr<br />

ein Eiern als ein Gehen, je<strong>de</strong>r Schritt ein<br />

stechen<strong>de</strong>r Schmerz. "Aber bei je<strong>de</strong>r Run<strong>de</strong><br />

um <strong>de</strong>n Block sagte ich mir: ,Wenn du schon<br />

humpelst wie eine 90-Jährige, dann genieß<br />

wenigstens die frische Luft dabei!"<br />

19 Operationen in<br />

14 Monaten, anfangs<br />

fast<br />

Der Alltag hinter <strong>de</strong>m schwarzen Humor<br />

sieht an<strong>de</strong>rs aus. Auch wenn <strong>Iris</strong> Auerbach<br />

14 Monate nach <strong>de</strong>m Unfall wie<strong>de</strong>r in ihren<br />

Job als Wirtschaftsinformatikerin zurückkehren<br />

konnte: Es vergeht keine Stun<strong>de</strong>, in<br />

<strong>de</strong>r sie nicht an ihre Behin<strong>de</strong>rung erinnert<br />

wird. Bei je<strong>de</strong>m Schritt, egal wo. Je<strong>de</strong> Nacht<br />

wecken sie Schmerzen, weil die Bän<strong>de</strong>r und<br />

Sehnen an ihren Füßen sich so stark zusammenziehen,<br />

dass die Wa<strong>de</strong>nmuskeln minutenlang<br />

verkrampfen.<br />

Doch <strong>Iris</strong> Auerbachs Leben ist nach wie<br />

vor <strong>de</strong>r Sport. Schon als sie noch nicht<br />

wie<strong>de</strong>r ohne Krücken laufen konnte, setzte<br />

sie sich aufs Rennrad. Sie fuhr <strong>de</strong>n. Pass<br />

L'Alpe d'Huez in <strong>de</strong>n französischen Alpen,<br />

eine <strong>de</strong>r berühmtesten Etappen <strong>de</strong>r Tour <strong>de</strong><br />

HEUTE FÄHRT IRIS Auerbach 6500 bis<br />

7000 Kilometer im Jahr auf <strong>de</strong>m Rennrad<br />

o<strong>de</strong>r Mountainbike, mit speziell für sie angefertigten<br />

Schuhen. Sie liebt es, dabei alles<br />

zu geben. "Laufen o<strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rn ist immer<br />

noch sehr mühselig", sagt sie. "Aber wenn<br />

ich im Sattel sitze, spüre ich mittlerweile<br />

fast keine Schmerzen mehr. Das ist für<br />

mich Freiheit pur!"<br />

Was sie von ihrem Körper for<strong>de</strong>rt, mag<br />

für Außenstehen<strong>de</strong> fast krankhaft ehrgeizig<br />

wirken. O<strong>de</strong>r besessen. Doch für <strong>Iris</strong> Auerbach<br />

sind die sportlichen Ziele ein Weg,<br />

<strong>de</strong>n Unfall zu verarbeiten: Hat sie eines erreicht,<br />

ist das für sie <strong>de</strong>r Beweis, dass ihre<br />

Behin<strong>de</strong>rung gar nicht so schlimm ist. In<br />

<strong>de</strong>n Momenten <strong>de</strong>r Leistung und <strong>de</strong>r Adrenalinkicks<br />

scheint alles wie früher: Ihr Körper<br />

funktioniert, und sie ist, wie eh und je,<br />

die wil<strong>de</strong> <strong>Iris</strong>.<br />

"Ich freue mich, dass ich das Freiheitsgefühl<br />

auf <strong>de</strong>m Rad gemeinsam mit meinem<br />

Mann Stephan erleben kann", erzählt sie.<br />

"Dass er mich über all die Jahre so wahnsinnig<br />

unterstützt hat und die Beziehung an<br />

meinem Unfall nicht zerbrochen ist, das ist<br />

nicht selbstverständlich." Fünf Jahre lang<br />

hatten die bei<strong>de</strong>n ihre gesamte Freizeit gemeinsam<br />

verbracht - Sport auf höchstem<br />

Niveau. Der Absturz und seine Folgen haben<br />

dieses Band zunächst völlig zerschnitten.<br />

"Aberwir sind ein Team geblieben. Statt<br />

zum Skifahren zu gehen, fliegen wir nun<br />

im Winter eben in <strong>de</strong>n Sü<strong>de</strong>n und machen<br />

dort tolle Mountainbiketouren. Und wenn<br />

mal eine Schiebepassage kommt, dann trägt<br />

mein Göttergatte mich und mein Rad auch<br />

schon mal ein Stück <strong>de</strong>n Berg rauf", erzählt<br />

<strong>Iris</strong> Auerbach glücklich und lacht.<br />

Ob <strong>de</strong>r Unfall ihre Einstellung zum Leben<br />

verän<strong>de</strong>rt hat? Diese Frage beantwortet<br />

<strong>Iris</strong> Auerbach mit einem breiten Grinsen<br />

im Gesicht - und ihren zwei Lebensmottos:<br />

"Nach <strong>de</strong>m Bikeurlaub ist vor <strong>de</strong>m Bikeurlaub,'<br />

Und: "Sieh immer zu, dass du wie<strong>de</strong>r<br />

auf die Füße kommst." {«

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!