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Ökumene – schillernder Begriff<br />

und spannendes Lernfeld<br />

Dr. Klaus Schäfer<br />

Kommt man mit einem kirchlich<br />

nicht sehr stark sozialisierten<br />

Zeitgenossen ins Gespräch über seinen<br />

Beruf, so kann man beim Stichwort<br />

„Ökumene“ Überraschungen<br />

erleben. Mehr als einmal habe ich<br />

erlebt, dass Menschen beim Stichwort<br />

„Ökumene“ stutzen. „Ökumene,<br />

das hat doch was mit der Wirtschaft<br />

zu tun, oder?“ Und Menschen,<br />

<strong>die</strong> sich ein wenig in der Kirche<br />

auskennen, sagen gern: „Ach so,<br />

Ökumene, das sind doch <strong>die</strong> Beziehungen<br />

zwischen Protestanten und<br />

Katholiken.“<br />

Ökumene – ein Begriff mit<br />

breitem Bedeutungsspektrum<br />

Was bedeutet „Ökumene“ eigentlich<br />

genau? Das Wort klingt fremd, und<br />

es ist in der Tat auch schillernd.<br />

Deshalb mag ein näherer Blick hilfreich<br />

sein. Das Wort ist als Fremdwort<br />

aus der griechischen Sprache<br />

in <strong>die</strong> internationale Sprache übernommen<br />

worden. Abgeleitet ist der<br />

Begriff vom griechischen Verb<br />

„oikein“, dessen Grundbedeutung<br />

schlicht „wohnen“ heißt. „Oikoumene“<br />

ist <strong>die</strong> Partizip-Passiv-Form,<br />

<strong>die</strong> sowohl als Adjektiv als auch als<br />

Substantiv gebraucht werden kann<br />

und – je nach Zusammenhang – mit<br />

„<strong>die</strong> bewohnte Welt“, „<strong>die</strong> ganze<br />

Welt“, der „Erdkreis“ oder auch,<br />

etwas eingegrenzter „eine bewohnte<br />

Region“ übersetzt werden kann. Die<br />

Wortform oikoumene erscheint<br />

fünfzehn Mal im griechischen<br />

Neuen Testament, in der griechischen<br />

Übersetzung der Hebräischen<br />

Bibel – des Alten Testamentes –<br />

noch sehr viel öfter. Dort steht es<br />

<strong>zum</strong> Beispiel oft in den Psalmen,<br />

wenn sie vom Lob Gottes „in der<br />

ganzen Welt“, also der „Ökumene“<br />

sprechen. Der Begriff steht also für<br />

eine <strong>weltweit</strong>e Perspektive, wobei an<br />

einigen Stellen im Neuen Testament<br />

„<strong>die</strong> ganze bewohnte Welt“ – in der<br />

Perspektive der Vorstellungen des<br />

römischen Imperiums – mit dem<br />

römischen Reich gleichgesetzt<br />

wurde. Ein Beispiel dafür ist der<br />

Beginn der Weihnachtsgeschichte<br />

im Lukas-Evangelium, den <strong>die</strong><br />

Luther-Bibel übersetzt: „… dass alle<br />

Welt (<strong>die</strong> „Ökumene“) geschätzt<br />

würde“, während <strong>die</strong> Einheitsübersetzung<br />

an <strong>die</strong>ser Stelle liest: „alle<br />

Bewohner des Reiches in Steuerlisten<br />

einzutragen“ (Lk. 2,1).<br />

Ist im Neuen Testament noch ein<br />

rein profaner, politischer oder geographischer<br />

Gebrauch des Wortes<br />

vorherrschend, so nimmt der griechische<br />

Begriff später spezifisch<br />

kirchliche Bedeutungsgehalte an. In<br />

einem berühmten Aufsatz aus den<br />

frühen 1950er Jahren hat W. A.<br />

Visser´t Hooft, damals Generalsekretär<br />

des Ökumenischen Rates der Kirchen<br />

(ÖRK), nicht weniger als sieben<br />

Bedeutungen unterschieden. Die ersten<br />

beiden Bedeutungsnuancen –<br />

„<strong>die</strong> ganze (bewohnte) Erde“ bzw.<br />

das „ganze römische Reich“ – sind<br />

gerade schon erwähnt worden. Etwa<br />

seit dem 4. Jahrhundert wird der<br />

Begriff auch für <strong>die</strong> Zugehörigkeit<br />

oder Vertretung der gesamten, über<br />

den Horizont der einzelnen Gemeinde<br />

oder der kirchlichen Provinz hinaus<br />

gedachten Kirche gebraucht –<br />

also eigentlich für <strong>die</strong> <strong>weltweit</strong>e Kirche.<br />

Daneben steht der als Adjektiv<br />

verwendete Begriff „ökumenisch“<br />

für etwas, was in der gesamten, über<br />

<strong>die</strong> ganze Welt erstreckten Kirche<br />

allgemeine und autoritative Gültigkeit<br />

besitzt. Gedacht war dabei beispielsweise<br />

an <strong>die</strong> altkirchlichen,<br />

auch „ökumenisch“ genannten<br />

Bekenntnisse der Kirche, <strong>die</strong> – im<br />

Unterschied etwa zu den lutherischen<br />

Bekenntnisschriften der Reformationszeit<br />

– von allen Kirchen<br />

anerkannt wurden und demnach<br />

eine gemeinsame Glaubensgrundlage<br />

darstellten, <strong>die</strong> für alle verbindlich<br />

ist. In späterer Zeit wurde mit dem<br />

Begriff „ökumenisch“ zudem <strong>die</strong><br />

weitweite missionarische Aufgabe<br />

und Ausbreitung der Kirche bezeichnet,<br />

worauf man sich biblisch auf den<br />

Vers 24, 14 des Evangelisten Matthäus<br />

beziehen konnte: „Und es wird<br />

gepredigt werden <strong>die</strong>s Evangelium<br />

vom Reich in der ganzen Welt (hier<br />

steht: „in der ganzen Ökumene“)<br />

<strong>zum</strong> Zeugnis für alle Völker… “<br />

Weiter wurde der Begriff Ökumene<br />

verwandt, um <strong>die</strong> Beziehungen<br />

zwischen mehreren Kirchen oder<br />

zwischen Christen verschiedener<br />

Konfessionen zu kennzeichnen, <strong>zum</strong><br />

anderen um das Wissen der Zugehörigkeit<br />

zur <strong>weltweit</strong>en christlichen<br />

Gemeinschaft der Kirche zu<br />

beschreiben sowie den Willen der<br />

Christen, für <strong>die</strong> Einheit der Kirche<br />

Fotos: M. Cateb/Wikimedia Commons (1), WCC (1)<br />

4 weltbewegt

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