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welt<br />

Schwerpunkt<br />

Oktober – November 2012 C 51 78<br />

Schwerpunkt<br />

Ökumene<br />

ZENTRUM FÜR MISSION UND ÖKUMENE<br />

weltbewegt 29<br />

Apfelgrün


Unser aktuelles Projekt<br />

in Hamburg<br />

Subrat Beniya, Zhang Yi‘e und Maria Lauel, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Wohngemeinschaft in der HafenCity betreut.<br />

Internationale Gastwohnung in der HafenCity<br />

Vier junge Menschen sind <strong>die</strong> ersten Bewohner in der<br />

neuen Internationalen Gastwohnung des Zentrums für<br />

Mission und Ökumene in der Hamburger HafenCity. <strong>Sie</strong><br />

kommen aus Äthiopien, China und In<strong>die</strong>n, um für den<br />

Zeitraum von einigen Monaten hier zu lernen oder zu<br />

arbeiten. <strong>Sie</strong> teilen in <strong>die</strong>ser Zeit mit den Menschen im<br />

Ökumenischen Forum das Leben und den Alltag. Mit<br />

ihrem Glauben, ihren Erfahrungen und Perspektiven<br />

ergibt sich eine große Chance für gelebtes ökumenisches<br />

Lernen in unserer <strong>Nordkirche</strong>. Unterstützen <strong>Sie</strong> uns mit<br />

Ihrer Spende bei <strong>die</strong>sem neuen Projekt der Internationalen<br />

Gastwohnung.<br />

Nähere Informationen zu <strong>die</strong>sem Projekt <strong>finden</strong> <strong>Sie</strong><br />

auch auf Seite 25 und auf der Heftrückseite.<br />

Fotos: C. Wenn (2), C. Plautz (1), E. v. d. Heyde (1), C. Hunzinger (1), D. Massow (1), F. Degenhardt (1), M. Cateb/Wikimedia Commons (1),<br />

J. Muafangejo (1) - aus dem Ausstellungskatalog „Begegnungen mit Afrika“, ZMÖ-Bildarchiv/Aus dem Skizzenbuch von Ingo Kühl (1), Titelfoto: Gerhard P. Müller (1)/ Lichtinstallation Leo Lebendig<br />

Aus dem Inhalt<br />

4<br />

Was heißt Ökumene und welche<br />

Rolle spielt sie heute? Mit <strong>die</strong>ser<br />

Frage befasst sich Dr. Klaus<br />

Schäfer und wirft dabei auch einen<br />

Blick in <strong>die</strong> Geschichte.<br />

Ökumene – ein<br />

schillernder Begriff<br />

11 Impressionen<br />

Chinesische<br />

Ihre Beobachtungen und Erfahrungen<br />

mit interkonfessioneller<br />

Ökumene in China schildert Dr.<br />

Katrin Fiedler<br />

9<br />

„Wir sind Ereignis-Ökumeniker“<br />

Um <strong>die</strong> Bedeutung von Ökumene<br />

in Ländern wie Kenia und<br />

Tansania geht es im Gespräch<br />

zwischen den Pastoren Uwe Nissen<br />

und Mruttu Balozi aus Kenia.<br />

13<br />

Was Ökumene für den Pazifik –<br />

auch für <strong>die</strong> Geschichte des Christentums<br />

– bedeutet, beschreibt<br />

Dr. Anton Knuth, Dozent am Theological<br />

College in Fidschi.<br />

Hinterm Horizont<br />

geht`s weiter<br />

weltbewegt-Post-Anschrift: Zentrum für Mission und Ökumene – nordkirche <strong>weltweit</strong>, Postfach<br />

Impressum: weltbewegt (breklumer sonntagsblatt fürs Haus) erscheint sechsmal jährlich. Herausgeber und Verleger: Zentrum für Mission und Ökumene<br />

–nordkirche <strong>weltweit</strong>, Breklum und Hamburg. Das Zemtrum für Mission und Ökumene ist ein Werk der evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.<br />

Direktor: Pastor Dr. Klaus Schäfer (V.i.S.d.P.), Redaktion: Ulrike Plautz, Gestaltung: Christiane Wenn, KONZEPT: Andreas Salomon-Prym, Schlusskorrektur:<br />

Constanze Bandowski, Adresse: Agathe-Lasch-Weg 16, 22605 Hamburg, Telefon 040/881 81-0, Fax: 040/881 81-210, www.nordkirche-<strong>weltweit</strong>.de.<br />

2 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

Editorial<br />

18 Ökumene<br />

Großstadt-<br />

In Großstädten wie Hamburg mit<br />

seinen mehr als dreißig verschiedenen<br />

christlichen Kirchen findet<br />

Ökumene vor der Haustür statt.<br />

23 Generalversammlung<br />

17+19<br />

Vor allem mit seiner versöhnenden<br />

Kraft hat <strong>die</strong> Ökumene<br />

eine besondere Bedeutung für<br />

Europa. Aber sie bedeutet noch<br />

mehr.<br />

Das Thema „Afrika“ stand im<br />

Mittelpunkt der ersten Generalversammlung<br />

der <strong>Nordkirche</strong>,<br />

<strong>die</strong> Anfang September in Breklum<br />

tagte.<br />

Ökumene<br />

in Europa<br />

24<br />

Begegnung mit<br />

Afrika<br />

Unter dem Motto „Begegnung<br />

mit Afrika“ ist derzeit eine Ausstellung<br />

südafrikanischer Künstlerinnen<br />

und Künstler im Christian<br />

Jensen Kolleg zu sehen.<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

Ökumene – was bedeutet das<br />

heute eigentlich? Hört man sich<br />

in Kirchenkreisen um, können<br />

nur noch wenige etwas mit dem<br />

Begriff anfangen. Wenn dann<br />

deutlich geworden ist, dass der<br />

Begriff doch nichts mit „Wirtschaft“ zu tun hat, assoziieren<br />

<strong>die</strong> meisten mit „Ökumene“ vor allem <strong>die</strong> Beziehung<br />

zwischen Protestanten und Katholiken. Der Begriff meint<br />

auch das, er geht aber darüber hinaus.<br />

Abgeleitet vom griechischen Verb „oikein“ – bedeutet<br />

Ökumene auch: „Der Erdkreis“ oder „<strong>die</strong> bewohnte Welt“.<br />

Wenn Christinnen und Christen von einer ökumenischen<br />

Kirche sprechen, dann kommt damit ihr Selbstverständnis<br />

<strong>zum</strong> Ausdruck, dass sie sich als Teil einer <strong>weltweit</strong>en<br />

Gemeinschaft begreifen. In <strong>die</strong>sem Heft steht vor allem<br />

<strong>die</strong>s Verständnis, <strong>die</strong> Beziehung zwischen Kirchen in aller<br />

Welt, im Mittelpunkt. Welche Bedeutung hat Ökumene in<br />

Ländern Afrikas, des Pazifik oder Europas? Welche Rolle<br />

spielt sie in einer Großstadt wie Hamburg? Wie sieht es in<br />

der Praxis und an der Basis aus? Welche Perspektiven hat<br />

<strong>die</strong> ökumenische Bewegung? Vor welchen Aufgaben steht<br />

sie? Das sind einige der Fragen, mit denen sich <strong>die</strong> Autorinnen<br />

und Autoren beschäftigen.<br />

Deutlich wird, dass es in der Ökumene nicht allein um<br />

inner- und zwischenkirchliche Verständigung geht, sondern<br />

um den Auftrag, den <strong>die</strong> Kirchen in der Welt haben.<br />

Es geht um ihren Einsatz für eine gerechte, friedliche Welt,<br />

in der <strong>die</strong> Schöpfung geachtet und nicht geächtet wird.<br />

Große Herausforderungen für <strong>die</strong> Zukunft, <strong>die</strong> sich nur<br />

gemeinsam bewältigen lassen.<br />

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen<br />

Ihre<br />

52 03 54, 22593 Hamburg, Telefon 040/881 81-0, Fax -210, E-Mail: info@nordkirche-<strong>weltweit</strong>.de<br />

Druck, Vertrieb und Verarbeitung: Druckzentrum Neumünster, Jahresbeitrag: 15,– Euro, Spendenkonten: VR Bank eG, BLZ 217 635 42,<br />

Konto-Nr. 270 00 26 und / oder Ev. Darlehnsgenossenschaft eG, Kiel, BLZ 210 602 37, Konto-Nr. 27 375 – mit Namen gekennzeichnete Artikel geben <strong>die</strong> Meinung<br />

des Autors / der Autorin und nicht unbedingt <strong>die</strong> Ansicht des herausgebenden Werkes wieder. Die Redaktion behält sich vor, Manuskripte redaktionell zu bearbeiten.<br />

Gedruckt auf TCF – total chlorfrei gebleichtem Papier.<br />

weltbewegt 3


Ökumene – schillernder Begriff<br />

und spannendes Lernfeld<br />

Dr. Klaus Schäfer<br />

Kommt man mit einem kirchlich<br />

nicht sehr stark sozialisierten<br />

Zeitgenossen ins Gespräch über seinen<br />

Beruf, so kann man beim Stichwort<br />

„Ökumene“ Überraschungen<br />

erleben. Mehr als einmal habe ich<br />

erlebt, dass Menschen beim Stichwort<br />

„Ökumene“ stutzen. „Ökumene,<br />

das hat doch was mit der Wirtschaft<br />

zu tun, oder?“ Und Menschen,<br />

<strong>die</strong> sich ein wenig in der Kirche<br />

auskennen, sagen gern: „Ach so,<br />

Ökumene, das sind doch <strong>die</strong> Beziehungen<br />

zwischen Protestanten und<br />

Katholiken.“<br />

Ökumene – ein Begriff mit<br />

breitem Bedeutungsspektrum<br />

Was bedeutet „Ökumene“ eigentlich<br />

genau? Das Wort klingt fremd, und<br />

es ist in der Tat auch schillernd.<br />

Deshalb mag ein näherer Blick hilfreich<br />

sein. Das Wort ist als Fremdwort<br />

aus der griechischen Sprache<br />

in <strong>die</strong> internationale Sprache übernommen<br />

worden. Abgeleitet ist der<br />

Begriff vom griechischen Verb<br />

„oikein“, dessen Grundbedeutung<br />

schlicht „wohnen“ heißt. „Oikoumene“<br />

ist <strong>die</strong> Partizip-Passiv-Form,<br />

<strong>die</strong> sowohl als Adjektiv als auch als<br />

Substantiv gebraucht werden kann<br />

und – je nach Zusammenhang – mit<br />

„<strong>die</strong> bewohnte Welt“, „<strong>die</strong> ganze<br />

Welt“, der „Erdkreis“ oder auch,<br />

etwas eingegrenzter „eine bewohnte<br />

Region“ übersetzt werden kann. Die<br />

Wortform oikoumene erscheint<br />

fünfzehn Mal im griechischen<br />

Neuen Testament, in der griechischen<br />

Übersetzung der Hebräischen<br />

Bibel – des Alten Testamentes –<br />

noch sehr viel öfter. Dort steht es<br />

<strong>zum</strong> Beispiel oft in den Psalmen,<br />

wenn sie vom Lob Gottes „in der<br />

ganzen Welt“, also der „Ökumene“<br />

sprechen. Der Begriff steht also für<br />

eine <strong>weltweit</strong>e Perspektive, wobei an<br />

einigen Stellen im Neuen Testament<br />

„<strong>die</strong> ganze bewohnte Welt“ – in der<br />

Perspektive der Vorstellungen des<br />

römischen Imperiums – mit dem<br />

römischen Reich gleichgesetzt<br />

wurde. Ein Beispiel dafür ist der<br />

Beginn der Weihnachtsgeschichte<br />

im Lukas-Evangelium, den <strong>die</strong><br />

Luther-Bibel übersetzt: „… dass alle<br />

Welt (<strong>die</strong> „Ökumene“) geschätzt<br />

würde“, während <strong>die</strong> Einheitsübersetzung<br />

an <strong>die</strong>ser Stelle liest: „alle<br />

Bewohner des Reiches in Steuerlisten<br />

einzutragen“ (Lk. 2,1).<br />

Ist im Neuen Testament noch ein<br />

rein profaner, politischer oder geographischer<br />

Gebrauch des Wortes<br />

vorherrschend, so nimmt der griechische<br />

Begriff später spezifisch<br />

kirchliche Bedeutungsgehalte an. In<br />

einem berühmten Aufsatz aus den<br />

frühen 1950er Jahren hat W. A.<br />

Visser´t Hooft, damals Generalsekretär<br />

des Ökumenischen Rates der Kirchen<br />

(ÖRK), nicht weniger als sieben<br />

Bedeutungen unterschieden. Die ersten<br />

beiden Bedeutungsnuancen –<br />

„<strong>die</strong> ganze (bewohnte) Erde“ bzw.<br />

das „ganze römische Reich“ – sind<br />

gerade schon erwähnt worden. Etwa<br />

seit dem 4. Jahrhundert wird der<br />

Begriff auch für <strong>die</strong> Zugehörigkeit<br />

oder Vertretung der gesamten, über<br />

den Horizont der einzelnen Gemeinde<br />

oder der kirchlichen Provinz hinaus<br />

gedachten Kirche gebraucht –<br />

also eigentlich für <strong>die</strong> <strong>weltweit</strong>e Kirche.<br />

Daneben steht der als Adjektiv<br />

verwendete Begriff „ökumenisch“<br />

für etwas, was in der gesamten, über<br />

<strong>die</strong> ganze Welt erstreckten Kirche<br />

allgemeine und autoritative Gültigkeit<br />

besitzt. Gedacht war dabei beispielsweise<br />

an <strong>die</strong> altkirchlichen,<br />

auch „ökumenisch“ genannten<br />

Bekenntnisse der Kirche, <strong>die</strong> – im<br />

Unterschied etwa zu den lutherischen<br />

Bekenntnisschriften der Reformationszeit<br />

– von allen Kirchen<br />

anerkannt wurden und demnach<br />

eine gemeinsame Glaubensgrundlage<br />

darstellten, <strong>die</strong> für alle verbindlich<br />

ist. In späterer Zeit wurde mit dem<br />

Begriff „ökumenisch“ zudem <strong>die</strong><br />

weitweite missionarische Aufgabe<br />

und Ausbreitung der Kirche bezeichnet,<br />

worauf man sich biblisch auf den<br />

Vers 24, 14 des Evangelisten Matthäus<br />

beziehen konnte: „Und es wird<br />

gepredigt werden <strong>die</strong>s Evangelium<br />

vom Reich in der ganzen Welt (hier<br />

steht: „in der ganzen Ökumene“)<br />

<strong>zum</strong> Zeugnis für alle Völker… “<br />

Weiter wurde der Begriff Ökumene<br />

verwandt, um <strong>die</strong> Beziehungen<br />

zwischen mehreren Kirchen oder<br />

zwischen Christen verschiedener<br />

Konfessionen zu kennzeichnen, <strong>zum</strong><br />

anderen um das Wissen der Zugehörigkeit<br />

zur <strong>weltweit</strong>en christlichen<br />

Gemeinschaft der Kirche zu<br />

beschreiben sowie den Willen der<br />

Christen, für <strong>die</strong> Einheit der Kirche<br />

Fotos: M. Cateb/Wikimedia Commons (1), WCC (1)<br />

4 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

zu arbeiten. In jüngerer Zeit verwenden<br />

manche den Begriff der Ökumene<br />

auch über den spezifisch kirchlichen<br />

Kontext hinaus und sprechen<br />

von einer „Ökumene der Religionen“,<br />

womit <strong>die</strong> Kooperation und <strong>die</strong><br />

Suche nach Einheit der Religionen<br />

gemeint ist. Doch hat sich <strong>die</strong>ser<br />

Sprachgebrauch – meines Erachtens<br />

zu Recht – nicht durchgesetzt.<br />

Die ökumenische Bewegung<br />

Hat der Begriff „Ökumene“ auch<br />

eine lange, auf <strong>die</strong> biblische Sprache<br />

zurückgehende Geschichte, so ist er<br />

doch erst im 20. Jahrhundert zu<br />

einem Leitbegriff kirchlichen Lebens<br />

und kirchlicher Orientierung<br />

geworden. Erst im 20. Jahrhundert<br />

wurde das Stichwort „Ökumene“ –<br />

wie im 19. Jahrhundert das Stichwort<br />

„Mission“ – durch <strong>die</strong> ökumenische<br />

Bewegung zu einer kirchengeschichtlich<br />

wirksamen Realität,<br />

<strong>die</strong> aus dem Selbstverständnis<br />

der Kirchen nicht mehr wegzudenkenden<br />

war.<br />

Was man ökumenische Bewegung<br />

nennt, hat seinen Ausgangspunkt<br />

in widersprüchlichen Wahrnehmungen:<br />

Einerseits bekennen<br />

sich Christen – etwa im Apostolischen<br />

Glaubensbekenntnis – zur<br />

weltumspannenden Einheit der Kirche:<br />

„Ich glaube an eine heilige, allgemeine,<br />

christliche Kirche“. Diese<br />

Einheit wird auch im Neuen Testament<br />

immer wieder angesprochen, so<br />

etwa im Gebet Jesu im Johannes-<br />

Evangelium, wo er darum bittet,<br />

Fotos: E. Fuchs (2)<br />

„dass sie (gemeint sind <strong>die</strong> Jünger<br />

und Jüngerinnen Jesu) alle eins seien“<br />

(Joh. 17, 20 f.). Auf der anderen Seite<br />

– und auch <strong>die</strong>s ist im Neuen Testament<br />

bereits immer wieder angedeutet<br />

– steht <strong>die</strong> Erfahrung, dass <strong>die</strong><br />

eine Kirche Jesu Christi historisch<br />

nur in einer Vielfalt von Konfessionen,<br />

Traditionen und unterschiedlichen<br />

Kirchentümern existiert, <strong>die</strong><br />

einander nicht immer freundlich<br />

gegenüber stehen. Hinzu kommt,<br />

dass vor allem evangelische Landeskirchen<br />

doch sehr partikulare Größen<br />

waren, ohne den Blick auf <strong>die</strong><br />

Weite der Welt.<br />

Wie, so lautet <strong>die</strong> Frage der ökumenischen<br />

Bewegung, lässt sich <strong>die</strong><br />

biblische Überzeugung von der Einheit<br />

der Kirche und <strong>die</strong> Erfahrung<br />

der Vielfalt der Kirchentümer und<br />

auch <strong>die</strong> eigene, partikulare Verfasstheit<br />

mit der globalen Wirklichkeit<br />

der <strong>weltweit</strong>en Kirche miteinander<br />

vermitteln?<br />

Die Erfahrung der Aufsplitterung<br />

der einen Kirche Jesu Christi ist nicht<br />

neu. Zum Schisma zwischen der<br />

lateinischen Westkirchen und der<br />

orthodox-kirchlichen Welt des<br />

Ostens kam es schon im frühen Mittelalter,<br />

und <strong>die</strong> Reformation brachte<br />

dann <strong>die</strong> Spaltung der europäischen<br />

Christenheit. Aber <strong>die</strong> Verbindung<br />

von staatlicher Macht und Kirche<br />

sorgte doch lange, trotz kriegerischer<br />

Auseinandersetzungen, für eine relativ<br />

einheitliche konfessionelle Prägung<br />

europäischer Regionen. Das<br />

änderte sich erst durch historische<br />

Entwicklungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>ses Gefüge<br />

auflockerten und eine historische<br />

Dynamik, <strong>die</strong> dann später zu dem<br />

Phänomen führten, das wir heute<br />

Globalisierung nennen.<br />

Einheit in versöhnter<br />

Verschiedenheit<br />

So kann nicht überraschen, dass<br />

<strong>die</strong> Frage nach der Einheit der Kirche<br />

im 19. Jahrhundert im Kontext der<br />

christlichen Mission in außereuropäischen<br />

Ländern aufbrach. Hier, in der<br />

fremden Welt, in der es keine Kirche<br />

gab, begegneten sich Missionsgesellschaften<br />

ganz unterschiedlicher Provenienz.<br />

Angesichts fremder Religionen<br />

musste schnell deutlich werden,<br />

dass eine Konkurrenz der verschiedenen<br />

Kirchen <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit<br />

der christlichen Botschaft zu unterminieren<br />

drohte, <strong>zum</strong>al sie von einer<br />

neuen Gemeinschaft in Christus<br />

sprach. Impulse zur Zusammenarbeit<br />

der Kirchen im christlichen<br />

Zeugnis an <strong>die</strong> Welt führten schließlich<br />

zur ersten Weltmissionskonferenz,<br />

<strong>die</strong> im Jahre 1910 in Edinburgh<br />

stattfand. Zu Recht wird <strong>die</strong>se erste<br />

ökumenische Weltkonferenz, an der<br />

freilich nur protestantische Missionsgesellschaften<br />

und einige wenige<br />

Repräsentanten der sogenannten<br />

jungen Kirchen aus Asien teilnahmen,<br />

als der erste große Meilenstein<br />

bezeichnet, der zur ökumenischen<br />

Bewegung führte.<br />

Allerdings waren Fragen nach der<br />

Einheit im Verständnis des Glaubens<br />

und der Lehre der Kirche in Edinburgh<br />

noch bewusst ausgeklammert<br />

Unter dem Motto<br />

„Jesus Christus –<br />

<strong>die</strong> Hoffnung der<br />

Welt“ fand 1954 <strong>die</strong><br />

zweite Vollversammlung<br />

des<br />

Ökumenischen<br />

Rates der Kirchen<br />

(WCC) in Evanston<br />

statt.<br />

weltbewegt 5


worden. Dennoch wurde bereits hier<br />

der Anstoß zu einer „Weltkonferenz<br />

für Glauben und Kirchenverfassung“<br />

– in Englisch: „Faith and Order“ –<br />

gegeben, <strong>die</strong> nach verschiedenen<br />

Vorbereitungen tatsächlich im Jahre<br />

1927 in Lausanne stattfand. In der<br />

Bewegung für „Glauben und Kirchenverfassung“,<br />

<strong>die</strong> sich hier endgültig<br />

etablierte, geht es um <strong>die</strong> Beratung<br />

der spezifischen Lehrfragen, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> konfessionelle Identität und <strong>die</strong><br />

Differenzen zwischen den Konfessionen<br />

berühren. Diskutiert werden<br />

hier etwa Fragen von Taufe und<br />

Abendmahl, Rechtfertigung und<br />

Gottes<strong>die</strong>nst, Kirchen- und Amtsverständnis.<br />

Neben der Identifizierung<br />

von Gemeinsamkeiten und Unterschieden<br />

geht es auch um <strong>die</strong> Arbeit<br />

an Zielvorstellungen für ein Zusammenwachsen<br />

der Kirchen und <strong>die</strong><br />

Entwicklung von Modellen, wie <strong>die</strong><br />

Einheit der Kirche verstanden und<br />

gelebt werden kann. Entwickelt wurden<br />

im Laufe der Jahrzehnte unterschiedliche<br />

Vorstellungen. So etwa<br />

<strong>die</strong> Idee eines losen kirchlichen<br />

Zusammenschlusses – im Sinne<br />

einer Föderation, eines Bundes oder<br />

einer Allianz. Es gab <strong>die</strong> Vorstellung<br />

der Verschmelzung von Kirchen zu<br />

einer neuen kirchlichen Gestalt, <strong>die</strong><br />

oft als Modell der „organischen Einheit“<br />

bezeichnet wird und eine institutionelle<br />

Zusammenführung bisher<br />

getrennter Kirchen einschließt; <strong>die</strong><br />

Idee einer wechselseitigen Anerkennung<br />

als wahre Kirchen oder wahre<br />

Teile einer Kirche; <strong>die</strong> Vorstellung<br />

von einer Kirchengemeinschaft, <strong>die</strong><br />

oft mit dem griechischen Begriff<br />

„Koinonia“ (Gemeinschaft) <strong>zum</strong><br />

Ausdruck gebracht wird, oder<br />

schließlich das Verständnis von Einheit<br />

in versöhnter Verschiedenheit.<br />

Ein dritter Erfahrungshorizont,<br />

der <strong>die</strong> bisher getrennten Kirchen<br />

näher zueinander brachte, lag in den<br />

Erschütterungen und Katastrophen,<br />

<strong>die</strong> der Erste Weltkrieg ausgelöst<br />

hatte. Die hier gemachten Erfahrungen,<br />

etwa das Versagen der Kirchen<br />

im Zeugnis für Frieden und Versöh-<br />

Foto: M. Cateb/Wikimedia Commons (1), WCC (1)<br />

6 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

nung, führte dazu, dass in vielen Kirchen<br />

eine Bewegung erstarkte, deren<br />

Ziel es war zusammenzuwachsen<br />

und zur Lösung von ökonomischen,<br />

sozialen und ethischen Problemen<br />

beizutragen. So entstand <strong>die</strong> „Bewegung<br />

für praktisches Christentum“<br />

– in Englisch: „Life and Work“ – in<br />

der es um Fragen des Dienstes der<br />

Kirche in der Gesellschaft und der<br />

Welt ging. Nach dem Ersten Weltkrieg<br />

stand hier zunächst <strong>die</strong> Frage<br />

nach dem Beitrag der Kirchen zu<br />

Frieden und Völkerverständigung<br />

im Vordergrund, aber zugleich und<br />

bald verstärkt ging es auch um Hilfe<br />

für Flüchtlinge, Aufbau demokratischer<br />

Gesellschaften, Beseitigung<br />

von Armut in der Welt, Kampf gegen<br />

Rassismus und viele andere relevante<br />

und praktische Lebensfragen der<br />

Menschheit. Die erste „Weltkonferenz<br />

für praktisches Christentum“<br />

fand 1925 in Stockholm statt.<br />

Diese Bewegungen, <strong>die</strong> zunächst<br />

wesentlich von protestantischen Kirchen<br />

und der anglikanischen Kirche<br />

getragen wurden, mündeten schließlich<br />

in <strong>die</strong> Gründung des Ökumenischen<br />

Rates der Kirchen, <strong>die</strong> 1948 in<br />

Amsterdam erfolgte. Der Internationale<br />

Missionsrat, der aus der Weltmissionskonferenz<br />

von Edinburgh<br />

hervorging, wurde zwar erst im Jahre<br />

1961 mit dem ÖRK verbunden, doch<br />

gab es auch hier von Anfang an ganz<br />

enge Verbindungen und Zusammenarbeit.<br />

Die römisch-katholische Kirche<br />

stand lange Zeit abseits <strong>die</strong>ser Beratungszusammenhänge<br />

und begegnete<br />

der ökumenischen Bewegung mit<br />

deutlicher Zurückhaltung und Skepsis.<br />

Dies änderte sich erst mit dem<br />

Zweiten Vatikanischen Konzil, das in<br />

den frühen 1960er Jahren auch zu<br />

einer deutlichen Öffnung der katholischen<br />

Kirche für <strong>die</strong> ökumenische<br />

Zusammenarbeit mit anderen Kirchen<br />

und – in der katholischen Terminologie<br />

– kirchlichen Gemeinschaften<br />

führte. Auf Grund der politischen<br />

Großwetterlage standen in<br />

der zunächst von Europa und Nord-<br />

„Ökumene ist im 20.<br />

Jahrhundert zu<br />

einem Leitbegriff<br />

kirchlicher Orientierung<br />

geworden“ –<br />

Entwicklung der<br />

Ökumenischen<br />

Bewegung durch<br />

ein Jahrhundert.<br />

weltbewegt 7


Interreligiöser Gottes<strong>die</strong>nst mit<br />

gemeinsamem Friedensgebet von<br />

Angehörigen von acht verschiedenen<br />

Religionen.<br />

Dr. Klaus Schäfer<br />

ist Direktor des<br />

Zentrums für<br />

Mission und<br />

Ökumene – nordkirche<br />

<strong>weltweit</strong>.<br />

amerika ausgehenden ökumenischen<br />

Bewegung lange Zeit auch <strong>die</strong> orthodoxen<br />

Kirchen außerhalb des Blickfeldes.<br />

Immerhin waren zwei orientalische<br />

orthodoxe Kirchen bereits<br />

Gründungsmitglieder des ÖRK, und<br />

im Jahr 1961 wurden auch <strong>die</strong> große<br />

Russisch-Orthodoxe Kirche und<br />

andere osteuropäische orthodoxe<br />

Kirchen Mitgliedskirchen des ÖRK.<br />

Auch wenn <strong>die</strong> katholische Kirche<br />

dem ÖRK nicht beitrat und auch<br />

viele evangelikal und pentekostal<br />

geprägte Kirchen bis heute außerhalb<br />

des ÖRK bleiben, gibt es doch enge<br />

Kontakte und Foren ökumenischer<br />

Vernetzung.<br />

Dimensionen der Ökumene<br />

und ökumenische Lerngemeinschaft<br />

Es macht auch heute noch Sinn,<br />

beim Stichwort Ökumene zwischen<br />

den drei genannten Strängen oder<br />

Dimensionen – der missionarischen,<br />

konfessionellen und praktischen<br />

Gerechtigkeits-Ökumene – zu unterscheiden,<br />

<strong>die</strong> heute im ÖRK verankert<br />

und auch in anderen ökumenischen<br />

Gesprächs- und Arbeitszusammenhängen<br />

dominant sind. Auf<br />

der anderen Seite sollte man sich<br />

aber bewusst bleiben, dass <strong>die</strong>se Perspektiven<br />

einander stark durchdringen.<br />

Jede <strong>die</strong>ser Dimensionen hat<br />

einen spezifischen historischen Hintergrund,<br />

einen eigenen Fokus und<br />

einen Beitrag <strong>zum</strong> Leben der Kirche.<br />

Aber keine Dimension steht allein<br />

und für sich. So hat etwa <strong>die</strong> Weltmission<br />

dazu geführt, dass heute Kirchen<br />

aus der nördlichen und südlichen<br />

Hemisphäre verbunden sind<br />

und gemeinsam – in „Partnerschaft“,<br />

wie es <strong>die</strong> Weltmissionskonferenz<br />

von Witby 1947 formuliert hat –<br />

nach Wegen und Gestalten des<br />

christlichen Zeugnisses in der Welt<br />

fragen und sich dabei wechselseitig<br />

unterstützen. Auch in <strong>die</strong>sem Beziehungsnetz,<br />

zu dem unter anderem<br />

<strong>die</strong> Diaspora-Arbeit und <strong>die</strong> konfessionellen<br />

Weltbünde zu rechnen<br />

sind, geht es immer wieder um theologische<br />

Fragen. <strong>Sie</strong> berühren allerdings<br />

weniger <strong>die</strong> konfessionelle<br />

Identität als vielmehr kulturell<br />

bedingte Differenzen. Heute ist es<br />

für uns selbstverständlich, dass uns<br />

in den unterschiedlichen Konfessionen<br />

mehr verbindet als trennt, weshalb<br />

wir einander als Geschwister im<br />

Glauben erkennen und Gemeinschaft<br />

im Glauben leben und vertiefen<br />

wollen, trotz bleibender Differenzen<br />

– und manchmal auch ökumenischer<br />

Verstörungen, etwa in der<br />

Beurteilung unterschiedlicher sexueller<br />

Orientierung. Konsens ist heute<br />

auch, dass das Engagement für ein<br />

praktisches Christentum – für den<br />

Beitrag der Kirchen zu einer<br />

menschlichen Entwicklung in der<br />

Welt – ein integraler Bestandteil der<br />

Sendung der Kirche in der Welt ist,<br />

<strong>die</strong> dem Aufbau einer gerechten<br />

Gesellschaft, dem Engagement für<br />

Frieden und <strong>die</strong> Bewahrung der<br />

Schöpfung <strong>die</strong>nt.<br />

In ökumenischer Verbundenheit<br />

bilden <strong>die</strong> Kirchen – wir mit unseren<br />

Partnerkirchen, unsere Partnerkirchen<br />

mit uns, hier vor Ort und in der<br />

weiten Welt – eine ökumenische<br />

Lerngemeinschaft. <strong>Sie</strong> ist zwar<br />

manchmal mühsam und schwierig,<br />

vor allem aber spannend und herausfordernd.<br />

Ökumene führt uns über<br />

den Horizont des eigenen Kirchtums<br />

hinaus. <strong>Sie</strong> bringt uns in Kontakt mit<br />

Christen und Christinnen in anderen<br />

Ländern oder aus anderen Konfessionen;<br />

sie lässt uns unsere kirchliche<br />

und gesellschaftliche Wirklichkeit<br />

mit anderen Augen sehen, sie regt an,<br />

bereichert, provoziert und sie ruft uns<br />

so immer wieder neu zu einem verantwortlichen<br />

christlich-ökumenischen<br />

Engagement in der Welt. Unsere<br />

Kirche ist eben nicht nur Kirche in<br />

Norddeutschland, sondern Kirche in<br />

der Welt.<br />

Das ökumenische Engagement der<br />

Kirchen, <strong>die</strong> Suche nach der Einheit<br />

der Kirche im Zeugnis an <strong>die</strong> Welt, im<br />

Glauben, in der Lehre und im vielfältigen<br />

Dienst an der Welt beruht auf<br />

der Einsicht, dass <strong>die</strong>se Einheit eine in<br />

konkreten Kirchengestalten vorgegebene<br />

Gabe Gottes ist. Die Suche nach<br />

Einheit und ihre Verwirklichung ist<br />

zugleich auch eine stetige Aufgabe.<br />

Nirgendwo kommt <strong>die</strong>s deutlicher<br />

<strong>zum</strong> Ausdruck als in dem bereits<br />

angesprochenen Gebet Jesu aus dem<br />

Johannes-Evangelium, das zur Magna<br />

Charta der ökumenischen Bewegung<br />

geworden ist: „Wie du, Vater, in mir<br />

bist und ich in dir, so sollen auch sie<br />

in uns sein, damit <strong>die</strong> Welt glaube,<br />

dass du mich gesandt hast“ (Joh.<br />

17,21).<br />

Fotoss: M. Cateb/Wikimedia Commons (1), WCC (1), C. Wenn (2)<br />

8 weltbewegt


„Wir sind Ereignis-Ökumeniker“<br />

Schwerpunkt<br />

Welche Bedeutung hat Ökumene in Ländern wie Kenia?<br />

Ein Gespräch zwischen Pastor Uwe Nissen und Pastor Mruttu Balozi<br />

Uwe Nissen: Pastor Balozi, <strong>Sie</strong> sind<br />

Kenianer, haben Ihre Ausbildung in<br />

Tansania erhalten und arbeiten seit<br />

eineinhalb Jahren in Deutschland<br />

als Austauschpastor. Fühlen <strong>Sie</strong><br />

sich als ein ökumenischer Mensch?<br />

Mruttu Balozi: Ich fühle mich eher<br />

wie ein Christ innerhalb der weltumspannenden<br />

Kirche, als Teil des<br />

Leibes Christi. Und dann ist es<br />

egal, ob ich in Kenia, Tansania<br />

oder in Itzehoe lebe. Allerdings bin<br />

ich mir nicht immer sicher, ob ich<br />

wirklich mit allen verbunden bin<br />

und frage mich, wie sich das konkret<br />

zeigt.<br />

N.: Ist Ökumene also eher ein Anliegen<br />

etablierter Kirchen?<br />

B.: Nein, sondern ein Anliegen von<br />

Kirchen, denen ihr gemeinsames<br />

Fundament bewusst ist. Alle Kirchen<br />

unterscheiden sich voneinander,<br />

das ist nicht das Problem.<br />

Unterschiede beleben, aber sie<br />

sollen nicht dazu <strong>die</strong>nen, andere<br />

zu diffamieren. Und das auf allen<br />

Ebenen. Auch bei Treffen des Nationalen<br />

Kirchenrats von Kenia<br />

(NCCK) werden deswegen mehr<br />

<strong>die</strong> Gemeinsamkeiten zwischen<br />

den Kirchen betont denn <strong>die</strong><br />

Unterschiede.<br />

N.: Nun, in Kenia waren <strong>Sie</strong> zuletzt<br />

in einer Gemeinde in Nairobi tätig,<br />

also in einer Stadt voll ökumenischer<br />

Vielfalt, dazu am Sitz des Allafrikanischen<br />

Christenrates (AACC).<br />

Gab es dort eine konkrete Zusammenarbeit?<br />

B.: Eher nicht. Der AACC ist eine<br />

Institution für sich, wichtig auf<br />

internationaler Ebene. Eine Stadtgemeinde<br />

in Nairobi wird davon<br />

nicht beeinflusst. Ökumene haben<br />

wir mehr im Kleinen praktiziert.<br />

Pastoren unterschiedlicher Glaubensrichtungen<br />

kennen und treffen<br />

sich, Chöre werden wechselseitig<br />

eingeladen, Beerdigungen gemeinsam<br />

geleitet. So wachsen Beziehungen<br />

untereinander. Nur zu den<br />

neuen Pfingstkirchen halten wir<br />

keinen Kontakt. Auch wenn sie<br />

überall wie Pilze aus dem Boden<br />

schießen, weshalb sie auch<br />

„mushroom-churches“ genannt<br />

werden. Für sie ist oft nur das Wirken<br />

des Heiligen Geistes leitend,<br />

anderen Glaubensgemeinschaften<br />

sprechen sie dezi<strong>die</strong>rt den Glauben<br />

ab.<br />

N.: Ist <strong>die</strong>ses verbindende Reden<br />

auch auf höchster Ebene so etwas<br />

wie der afrikanische Weg? Dass<br />

man so lange miteinander im<br />

Gespräch bleibt, bis ein Konsens<br />

gefunden ist?<br />

B.: Vielleicht. Auf alle Fälle ist es<br />

eine Form des Respekts, dass ich<br />

andere in ihrem Glauben nicht verletze.<br />

Wir respektieren und ehren<br />

den anderen und wissen, dass<br />

bestehende Unterschiede wohl<br />

erhalten bleiben – bis zur Wiederkehr<br />

Christi. Dann wird es keine<br />

Unterschiede geben, auch keine<br />

Weißen und keine Schwarzen<br />

mehr, dann werden wir alle eins<br />

sein.<br />

N.: Welche ökumenischen Projekte<br />

haben <strong>Sie</strong> auf dem Weg dorthin bislang<br />

in Kenia durchgeführt?<br />

B.: Da gab es Hilfsprogramme, wenn<br />

angesichts drohender Hungersnot<br />

kirchliche Stellen in Übersee Nahrungsmittel<br />

nach Kenia schickten.<br />

Bei der Verteilung <strong>die</strong>ser Nahrungsmittel<br />

haben wir keine Glaubensunterschiede<br />

gemacht. Jedem und<br />

jeder wurde geholfen, auch Muslimen.<br />

Ebenso bei unseren Kindergärten:<br />

Wir laden Kinder aller Glaubensrichtungen<br />

in unsere Kindergärten<br />

ein, denn es geht in erster<br />

Linie darum, Kindern zu einem besseren<br />

Leben zu verhelfen. Und wenn<br />

wir sie jeden Freitag unterrichten,<br />

dann nicht in der lutherischen Lehre,<br />

sondern durch Erzählen der wichtigen<br />

biblischen Geschichten. Ich<br />

glaube, dass <strong>die</strong> Ökumene bei <strong>die</strong>sen<br />

Kindern am sichtbarsten<br />

erkennbar ist. <strong>Sie</strong> bilden <strong>die</strong> wahre<br />

ökumenische Gemeinschaft.<br />

N.: Wenn es keine Unterschiede bei<br />

der Kirchenzugehörigkeit gibt, gibt es<br />

dann Unterschiede bei der Herkunft?<br />

Fortsetzung Seite 10<br />

weltbewegt 9


Pastor Uwe Nissen<br />

(li.) arbeitete 18<br />

Jahre in den<br />

lutherischen<br />

Kirchen Tansanias<br />

(ELCT) und Kenias<br />

(KELC) und der<br />

kenianische Pastor<br />

Mruttu Balozi ist<br />

seit 2010 für drei<br />

Jahre als Ökumenischer<br />

Mitarbeiter<br />

des Zentrums für<br />

Mission und<br />

Ökumene in der<br />

<strong>Nordkirche</strong> tätig.<br />

Das „Ökumene-<br />

Gespräch“<br />

zwischen den<br />

Pastoren wurde in<br />

der Kenianischen<br />

Landessprache<br />

Kisuaheli geführt.<br />

B.: Bei den Unruhen nach der letzten<br />

Wahl 2007 haben wir mit<br />

Erschrecken festgestellt, wie wichtig<br />

für viele in Kenia nach wie vor<br />

<strong>die</strong> Frage ihrer Herkunft ist. Bin ich<br />

ein Luo, ein Kikuyu, ein Kalenjin,<br />

das waren existentielle Fragen, <strong>die</strong><br />

letztlich <strong>zum</strong> Tod von mehr als 600<br />

Menschen und zur Vertreibung vieler<br />

Tausender geführt haben. Und<br />

wir wissen, dass auch viele Pastoren<br />

sich auf <strong>die</strong> Seite ihrer jeweiligen<br />

Volksgruppe geschlagen<br />

haben, Kirchen keinen Schutzraum<br />

mehr geboten haben. In der Situation<br />

haben junge Christen in Kenia<br />

einen Friedensgipfel einberufen,<br />

um deutlich zu machen, dass für<br />

uns Christen <strong>die</strong> Frage der Herkunft<br />

unbedeutend ist. Der damals<br />

begonnene Heilungs- und Versöhnungsprozess<br />

läuft immer noch,<br />

denn <strong>die</strong> Wunden sind noch lange<br />

nicht vernarbt.<br />

N.: In Kenia und Tansania gibt es das<br />

Phänomen, dass viele Christen<br />

Sonntag für Sonntag in unterschiedliche<br />

Kirchen gehen. Sind das <strong>die</strong><br />

wahren Ökumeniker?<br />

B.: Nein. <strong>Sie</strong> sind meines Erachtens<br />

auf der Suche nach einer Verbesserung<br />

ihres Lebens, nicht auf der<br />

Suche nach einer Vertiefung ihres<br />

Glaubens. <strong>Sie</strong> erhoffen sich Wunder,<br />

wollen bereichert oder auch<br />

nur gut unterhalten werden. Mit<br />

gelebter Ökumene hat das nichts<br />

zu tun. Trotzdem sind wir offen für<br />

alle, <strong>die</strong> zu uns übertreten wollen.<br />

Wir fragen sie dann nach den Gründen<br />

ihrer Entscheidung. Oft wird<br />

genannt, dass der Pastor in ihrer<br />

vorherigen Gemeinde nichts tauge,<br />

und man deshalb übertreten wolle.<br />

Dann sagen wir, dass auch wir Pastoren<br />

haben, <strong>die</strong> nichts taugen.<br />

Sehr oft liegt aber auch der Grund<br />

in unbefriedigender Seelsorge,<br />

etwa wenn man im Krankenhaus<br />

nicht besucht worden sei. Weshalb<br />

wir Pastoren in der lutherischen<br />

Kirche regelmäßig Besuche im<br />

Krankenhaus machen und dabei<br />

für alle Patienten da sind. Die<br />

kirchliche Zugehörigkeit spielt<br />

keine Rolle.<br />

N.: Ich habe den Eindruck, dass viele<br />

Kirchen in Ostafrika eigentlich viel zu<br />

sehr mit sich selbst beschäftigt sind,<br />

um ökumenische Kontakte bewusst<br />

wahrzunehmen. Stimmt das?<br />

B.: Ja. Aber das liegt auch daran,<br />

dass wir vorrangig mit den eigenen<br />

innergemeindlichen Problemen zurechtkommen<br />

müssen, bevor wir<br />

uns anderen Aufgaben zuwenden.<br />

Und das braucht Zeit. Denken <strong>Sie</strong><br />

nur daran, wie lange wir bereits mit<br />

der angestrebten Fusion zwischen<br />

den beiden lutherischen Kirchen in<br />

Kenia beschäftigt sind. Auch wenn<br />

wir bereits regelmäßigen Kanzeltausch<br />

praktiziert haben und in<br />

gemeinsamen Gremien Gemeinschaft<br />

ausloten, so türmen sich<br />

doch nach wie vor gewaltige Unterschiede<br />

auf. Wir stimmen nicht<br />

überein in der Frage der Frauenordination,<br />

im Verständnis des<br />

Bischofsamtes (Apostolische<br />

Sukzession) und in der hierarchischen<br />

Struktur. Und wir<br />

als kleinere lutherische<br />

Kirche befürchten natürlich<br />

auch, von der größeren<br />

vereinnahmt zu werden.<br />

Da gibt es nun zwei<br />

lutherische Kirchen im<br />

Lande, und wir schaffen<br />

es nicht, zusammenzukommen.<br />

Wie soll es<br />

dann erst mit anderen<br />

Kirchen sein? Aber als<br />

Afrikaner halten wir ungebrochen<br />

an unserem<br />

Motto fest: „We hear, we<br />

discuss, we learn“. Und wie lange<br />

das dauert, das werden wir dann<br />

sehen.<br />

N.: Wenn <strong>Sie</strong> Ihre ökumenischen<br />

Erfahrungen in Kenia und in<br />

Deutschland miteinander vergleichen,<br />

was fällt Ihnen dann auf?<br />

B.: Wir sind in Kenia vielleicht mehr<br />

Ereignis-Ökumeniker, sprich wir<br />

arbeiten problemlos zusammen in<br />

Notsituationen. Und wir sind mehr<br />

Afrikaner, praktizieren Ökumene im<br />

Miteinanderreden, im Austausch.<br />

Dabei fällt es uns leicht, kirchenübergreifend<br />

zusammen zu sein.<br />

Dieser Kontext prägt unser ökumenisches<br />

Handeln. Weshalb uns<br />

Anglikaner und Presbyterianer in<br />

Kenia oder Tansania oft bedeutend<br />

näher sind als Lutheraner in Europa<br />

oder Amerika. Ein Beispiel: Bei uns<br />

in Kenia verstehen wir Selbstmord<br />

als Sünde. Hier in Deutschland<br />

wird es eher als eine zwischenmenschliche<br />

Tragö<strong>die</strong> angesehen.<br />

Da trennen uns Welten. Andererseits<br />

wäre es bei uns unmöglich,<br />

dass, wie ich es in Itzehoe erlebt<br />

habe, mein Deutschunterricht von<br />

zwei Katholiken in einer Moschee<br />

erteilt wurde. Diese religionsübergreifende<br />

Offenheit kennen wir bei<br />

uns nicht. In Kenia hätte der Unterricht<br />

<strong>zum</strong>indest von einem Iman<br />

durchgeführt werden müssen.<br />

N.: Pastor Balozi, ich wünsche Ihnen<br />

noch viele spannende ökumenische<br />

Erfahrungen in der <strong>Nordkirche</strong> und<br />

danke Ihnen für <strong>die</strong>ses Gespräch.<br />

10 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

Zwischen<br />

„Himmelsherr“ und<br />

„Kaiser in der Höh“<br />

Impressionen zur interkonfessionellen<br />

Ökumene in China von Dr. Katrin Fiedler<br />

Fotos: C. Wenn (2), 4028mdk09/wikimeida (1)<br />

Yesu ai ni, Yesu ai ni!“ Jesus liebt<br />

dich – mit <strong>die</strong>sen Worten empfängt<br />

ein kleines Empfangskomitee<br />

katholischer Frauen unsere deutsche<br />

Reisegruppe in der westchinesischen<br />

Diözese Sanyuan unweit von Xi’an.<br />

Über ihre Schultern sind Schärpen<br />

drapiert, sie klatschen im Rhythmus<br />

und lächeln. „Da haben <strong>die</strong> Katholiken<br />

mal etwas von den Protestanten<br />

gelernt“, konstatiert meine<br />

katholische Kollegin erstaunt. „Früher<br />

haben sie das nie gemacht.“ Ähnliches<br />

konnten wir bereits in katholischen<br />

Gottes<strong>die</strong>nsten feststellen,<br />

wo Neulinge gebeten werden, am<br />

Ende der Messe aufzustehen, sich<br />

vorstellen und dann ein Geschenk<br />

erhalten. Auch das ist in Chinas<br />

evangelischen Gemeinden mit ihrer<br />

ausgeprägt evangelikalen Tradition<br />

vielfach üblich.<br />

Chinas christliche Gemeinden<br />

wachsen rasant – aber es sind vor<br />

allem <strong>die</strong> protestantischen Gemeinden,<br />

<strong>die</strong> Zuwachs verzeichnen. „Wer<br />

überhaupt nichts vom Christentum<br />

weiß, für den ist eine katholische<br />

Messe mit ihrer komplexen Liturgie<br />

völlig unverständlich, wenn er das<br />

erste Mal in <strong>die</strong> Kirche geht. Ein protestantischer<br />

Wortgottes<strong>die</strong>nst oder<br />

andere Aktivitäten wie Bibellese oder<br />

Gebetstreffen sind für Neulinge leichter<br />

verständlich“, vermutet der emeritierte<br />

protestantische Theologieprofessor<br />

Chen Zemin. Hinzu kommt der<br />

große missionarische Eifer aller protestantischen<br />

Christen in China, während<br />

der Katholizismus dort oft eine<br />

regional verankerte und an <strong>die</strong> eigene<br />

familäre Identität gebundene Konfession<br />

ist. Seit Generationen sind <strong>die</strong><br />

Menschen in Sanyuan katholisch,<br />

während ein Großteil der chinesischen<br />

Protestanten Christen der ersten<br />

Generation sind. Nun versuchen<br />

katholische Gemeinden, auch etwas<br />

vom Kuchen des allgemeinen religiösen<br />

Aufschwungs abzubekommen.<br />

Einfach ist das für Chinas Katholiken<br />

nicht, ist doch ihre gesellschaftspolitische<br />

Lage schwieriger als <strong>die</strong> der<br />

protestantischen Geschwister. Für<br />

den chinesischen Staat ist eine ausländische<br />

religiöse Autorität wie der<br />

Papst untragbar – der Staat verbittet<br />

sich eine „Einmischung in innere<br />

Angelegenheiten“, zu denen nach chinesischem<br />

Verständnis auch Bischofsweihen<br />

gehören. Die Frage, wer<br />

Bischöfe für <strong>die</strong> Weihe auswählt, spaltet<br />

so den chinesischen Staat und <strong>die</strong><br />

katholische Kirche. Infolgedessen gibt<br />

es eine sogenannte vatikantreue<br />

Untergrundkirche und eine vom chinesischen<br />

Staat offiziell anerkannte<br />

katholische Kirche. Die Frage der<br />

Bischofsweihen wird inzwischen<br />

pragmatisch gehandhabt und <strong>die</strong><br />

meisten Bischofskandidaten haben<br />

sowohl <strong>die</strong> Anerkennung des Vatikans<br />

als auch <strong>die</strong> des chinesischen<br />

Staats. Aber <strong>die</strong> grundsätzliche Infragestellung<br />

des Vatikans durch den<br />

chinesischen Staat belastet für chinesische<br />

Katholiken das Verhältnis zur<br />

Regierung.<br />

So ist es für Chinas Protestanten,<br />

vor allem für kirchenleitende Personen,<br />

wenig attraktiv, sich intensiv auf<br />

Kontakte zur katholischen Kirche<br />

einzulassen. Zu leicht gerät man in<br />

politisch sensible Situationen, <strong>zum</strong>al<br />

auch <strong>die</strong> Lage der eigenen Kirche<br />

nicht immer einfach ist. Auch <strong>die</strong> protestantischen<br />

Kirchen sind in offiziell<br />

anerkannte und nichtregistrierte<br />

Gemeinden gespalten, weil Christen<br />

sich nicht der Einmischung des Staats<br />

aussetzen möchten. „Unserem Verständnis<br />

nach sind katholisches und<br />

evangelisches Christentum zwei<br />

unterschiedliche Religionen“, meint<br />

der Presbyter Ou Enlin von der Abteilung<br />

für Auslandsangelegenheiten im<br />

Chinesischen Christenrat. Damit<br />

bezieht er sich auf das offizielle chinesische<br />

staatliche Verständnis von Religion,<br />

das neben dem Buddhismus,<br />

dem Daoismus und dem Islam das<br />

protestantische und das katholische<br />

Christentum zu den fünf offiziell<br />

anerkannten Religionen Chinas zählt.<br />

Der Staat spricht von zwei<br />

verschiedenen Religionen<br />

Dieses Verständnis des Christentums<br />

ist nicht zuletzt ein Erbe der<br />

christlichen Missionsgeschichte in<br />

China. Bis ins 18. Jahrhundert waren<br />

ausschließlich katholische Missionare<br />

im Land aktiv, 1807 folgte dann<br />

mit Robert Morrison der erste protestantische<br />

Missionar. Hatten <strong>die</strong><br />

Katholiken bereits eine eigene chinesische<br />

Terminologie entwickelt, so<br />

schufen <strong>die</strong> protestantischen Bibelübersetzer<br />

ihre eigenen Begrifflichkeiten.<br />

So „spielen“ Katholiken „<strong>die</strong><br />

Messe“, während Protestanten „Anbetung<br />

treiben“, wenn sie in den<br />

Der erste protestantische<br />

Missionar in<br />

China, Robert<br />

Morrison (1782-<br />

1834), mit zwei<br />

chinesischen<br />

Gehilfen bei der<br />

Übersetzung der<br />

Bibel ins Chinesische.<br />

weltbewegt 11


Dr. Katrin Fiedler<br />

begleitete als<br />

Leiterin der<br />

China InfoStelle<br />

im Mai 2012 eine<br />

deutsche<br />

ökumenische<br />

Stu<strong>die</strong>nreise<br />

durch China.<br />

Gottes<strong>die</strong>nst gehen. Dort treffen sie<br />

dann auf eigene biblische Persönlichkeiten,<br />

<strong>die</strong> <strong>zum</strong> Beispiel „Yuehan“<br />

im Protestantismus oder „Luohan“<br />

im Katholizismus heißen. Gemeint<br />

ist in beiden Fällen Johannes.<br />

Selbst der Name für Gott ist unterschiedlich<br />

– „Himmelsherr“ heißt er<br />

bei den Katholiken, während <strong>die</strong><br />

Protestanten den „Kaiser der Höhe“<br />

anbeten. Inzwischen existiert ein<br />

Kombinationsbegriff, der „Herrscher<br />

der Höhe“. Aber angesichts<br />

<strong>die</strong>ses babylonischen Wirrwarrs ist<br />

es nicht erstaunlich, dass der chinesische<br />

Durchschnittsbürger dem<br />

Staat glaubt, wenn <strong>die</strong>ser von zwei<br />

verschiedenen Religionen spricht.<br />

Vor einem solchen Hintergrund<br />

entwickelt sich eine interkonfessionelle<br />

Ökumene nur schwer. Paradoxerweise<br />

sind es vor allem <strong>die</strong> staatlichen<br />

Aktivitäten, mit denen alle Religionsgemeinschaften<br />

in das sozialistische<br />

Gefüge eingebunden werden sollen,<br />

<strong>die</strong> auch Protestanten und Katholiken<br />

regelmäßig zusammenführen. So<br />

existiert neben den Volkskongressen<br />

der verschiedenen administrativen<br />

Ebenen eine Parallelstruktur von<br />

beratenden Gremien, den Politischen<br />

Konsultativkonferenzen. In <strong>die</strong>sen<br />

Gremien können Vertreter gesellschaftlicher<br />

Gruppierungen wie der<br />

Religionsgemeinschaften oder der<br />

ethnischen Minderheiten angehört<br />

werden. Auch <strong>die</strong> Vertreter der Kirchen<br />

sitzen in <strong>die</strong>sen Konsultativkonferenzen.<br />

Bei besonderen politischen<br />

Anlässen werden <strong>die</strong> Religionsgemeinschaften<br />

auf <strong>die</strong>se Weise durchaus<br />

auch vor den staatlichen Karren<br />

gespannt. Zum 90. Gründungstag der<br />

Kommunistischen Partei Chinas im<br />

Jahr 2011 entbrannte unter chinesischen<br />

Christen eine hitzige Debatte<br />

darüber, ob kirchliche Vertreter – wie<br />

geschehen – bei einem solchen Anlass<br />

„rote“, also sozialistische Lieder singen<br />

dürften.<br />

Nicht zuletzt eine ausgeprägte<br />

katholische oder evangelische Identität<br />

erschwerte lange <strong>die</strong> interkonfessionelle<br />

Ökumene. Zwar versteht der<br />

chinesische Protestantismus sich als<br />

eine unierte, post-denominationelle<br />

Kirche, aber das Bewusstsein des<br />

Andersseins im Vergleich mit dem<br />

konservativen Katholizismus ist stark;<br />

umgekehrt gilt das Gleiche für den<br />

chinesischen Katholizismus.<br />

Angesichts der missionsgeschichtlichen,<br />

politischen und nicht zuletzt<br />

konfessionellen Schwierigkeiten einer<br />

Ökumene ist es umso erfreulicher,<br />

dass an der Basis das Wissen umeinander<br />

zunimmt und dass persönliche<br />

Kontakte zwischen evangelischen und<br />

katholischen Christen in China wachsen.<br />

„Ich gehe bestimmt jeden Monat<br />

ein Mal in <strong>die</strong> katholische Messe“, verrät<br />

Kou Weiwei, Absolventin des protestantischen<br />

Seminars in Nanjing.<br />

„Mir gefällt <strong>die</strong> feierliche Liturgie.“<br />

In China steht <strong>die</strong> <strong>weltweit</strong> größte Bibeldruckerei. Bis 2010 wurden<br />

bereits 80 Millionen Bibeln in der Druckerei der Amity-Stiftung in<br />

Nanjing gedruckt und es laufen heute jährlich eine Million Bibeln vom<br />

Band. Diese Karte vom Heiligen Land stammt aus einer chinesischen<br />

Bibel aus dem Jahr 1947.<br />

12 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

Hinterm Horizont<br />

geht‘s weiter<br />

Welche Bedeutung hat <strong>die</strong> Ökumene im Pazifik?<br />

Dr. Anton Knuth<br />

Fotos: C. Wenn (1), ZMÖ-Bildarchiv/Aus dem Skizzenbuch von Ingo Kühl (1)<br />

Die ökumenische Bewegung im<br />

Pazifik mit ihrer wechselvollen<br />

Geschichte lässt sich vielleicht am<br />

besten mit einer Wellenbewegung<br />

vergleichen, denn das beherrschende<br />

Element des Pazifiks ist ja<br />

bekanntlich das Meer. Der größte<br />

Ozean der Erde bedeckt ein Drittel<br />

unseres Planeten, beherbergt aber<br />

zugleich unzählige Inselgruppen,<br />

<strong>die</strong> jeweils aus Hunderten von Atollen<br />

oder Vulkan-Inseln bestehen.<br />

Die Besiedlung <strong>die</strong>ser Inseln<br />

erfolgte durch verschiedene Migrationsströme<br />

von Papua-Neuguinea<br />

im Westen bis Tahiti im Osten,<br />

Hawaii im Norden bis Tonga im<br />

Süden. Während <strong>die</strong> Migration in<br />

den Westpazifik, Melanesien genannt,<br />

im Zuge der Besiedlung Australiens<br />

schon vor 50.000 Jahren<br />

erfolgt sein könnte, landeten <strong>die</strong><br />

ersten Boote im Ostpazifik, in Polynesien,<br />

erst vor wenigen tausend<br />

Jahren – Neuseeland wurde gar erst<br />

vor 500 oder 600 Jahren von Polynesiern<br />

besiedelt. Wann und woher<br />

auch immer <strong>die</strong> Menschen ursprünglich<br />

kamen, ihre Überquerung<br />

von Tausenden von Kilometern<br />

offenen Meeres war nur möglich<br />

dank erstaunlicher Segel- und<br />

Navigationsfähigkeiten, <strong>die</strong> vermutlich<br />

zu den größten Leistungen der<br />

Menschheitsgeschichte gezählt werden<br />

können und <strong>die</strong> <strong>die</strong> Leistungen<br />

der Wikinger auf ihren Fahrten<br />

nach Amerika an Schwierigkeit und<br />

Distanz noch bei weitem übertreffen.<br />

Die Besiedlung des „flüssigen<br />

Kontinents“ ließe sich als ein ökumenisches<br />

Ereignis eigener Art bezeichnen,<br />

wenn man mit Ökumene im<br />

Wortsinn <strong>die</strong> „ganze bewohnte Welt“<br />

versteht. Schon in vorkolonialer Zeit<br />

gab es per Kanu und Segelboot einen<br />

regen Austausch etwa zwischen<br />

Hawaii, Tonga und Samoa, dem<br />

sogenannten Polynesischen Dreieck.<br />

Es wurde aber auch Handel getrieben<br />

zwischen Tonga und Fidschi, um<br />

Holz gegen Waffen zu tauschen oder<br />

durch Heiratspolitik Häuptlingsallianzen<br />

zu bestärken. Auch <strong>die</strong> christliche<br />

Mission verdankt sich der<br />

Schifffahrt und war maritim organisiert.<br />

Denn nur dank der modernen<br />

Segelschiffe, <strong>die</strong> Ende des 18. und<br />

Anfang des 19. Jahrhunderts in den<br />

Pazifik kamen, konnten <strong>die</strong> durch <strong>die</strong><br />

Erweckungsbewegung motivierten<br />

europäischen Missionare <strong>die</strong> riesigen<br />

Distanzen vergleichsweise schnell<br />

überbrücken. Schon 1797 landete das<br />

erste Missionsschiff der London Mission<br />

Society (LMS), <strong>die</strong> „Duff“, auf<br />

dem im östlichen Pazifik gelegenen<br />

Tahiti. Nachdem <strong>die</strong>se polynesische<br />

Inselgruppe durch <strong>die</strong> Konversion<br />

ihres Häuptlings Pomare christianisiert<br />

worden war, breitete sich das<br />

Christentum von Ost nach West aus,<br />

bis schließlich Mitte des 20. Jahrhundert<br />

auch das schwer zugängliche<br />

Hochland von Papua-Neuguinea<br />

erreicht wurde.<br />

Das Christentum förderte<br />

gemeinsame Identität<br />

Das Geheimnis <strong>die</strong>ses missionarischen<br />

Erfolgs kann als ökumenisches<br />

Ereignis begreifbar werden,<br />

weil es darauf beruhte, dass <strong>die</strong><br />

lokal begrenzten Kulturen und religiösen<br />

Praktiken im Pazifik plötzlich<br />

anschlussfähig wurden an eine<br />

internationale und interkulturelle<br />

Religion ungeahnten Ausmaßes.<br />

Auch wenn das Meer <strong>die</strong> Menschen<br />

im Pazifik immer schon miteinander<br />

verbunden hatte, so waren sie<br />

doch gleichzeitig entlang ethnischer<br />

und linguistischer Grenzen voneinander<br />

isoliert, ja <strong>zum</strong>eist miteinander<br />

verfeindet. Besonders in den<br />

zerklüfteten und bergigen Gebieten<br />

der melanesischen Inseln – allein<br />

im heutigen Papua-Neuguinea gibt<br />

es mehr als 700 verschiedene Sprachen,<br />

im kleineren Staat Solomon<br />

Island immer noch mehr als siebzig<br />

– gab es keine gemeinsame Identität.<br />

Die einzelnen <strong>Sie</strong>dlungsgruppen<br />

führten sich zurück auf ihre<br />

jeweiligen Ahnen, deren Wirkungsbereich<br />

aber jenseits des Klans oder<br />

der besiedelten Landgrenzen aufhörte.<br />

Es war daher außerordentlich<br />

gefährlich, den Machtbereich der<br />

weltbewegt 13


wohlgesonnen Götter und Geister<br />

zu verlassen und sich in <strong>die</strong> Hände<br />

fremder numinoser Mächte, Stämme<br />

oder Häuptlinge zu begeben.<br />

Die Häuptlinge und Lokalpolitiker<br />

erkannten schnell, dass <strong>die</strong><br />

grenzüberschreitende Kraft des<br />

christlichen Glaubens versprach, <strong>die</strong><br />

lokal sehr begrenzten Ahnen und<br />

Götter an Reichweite zu übertreffen.<br />

Deren Macht hatte sich durch den<br />

Kontakt mit europäischen Händlern,<br />

<strong>Sie</strong>dlern, Schiffbrüchigen und<br />

Strandräubern als brüchig erwiesen,<br />

was das eigene Wertsystem massiv in<br />

Frage stellte, so dass Prophezeiungen<br />

über <strong>die</strong> Ankunft eines mächtigeren<br />

Gottes Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

rapide zunahmen. Es war das Versprechen<br />

einer gemeinsamen religiösen<br />

Identität, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Menschen überzeugte.<br />

Diese Identität schien nicht<br />

durch mündlich tra<strong>die</strong>rtes Geheimwissen,<br />

sondern durch ein Buch verbürgt<br />

zu werden, in dem jeder, der<br />

sich in der Kunst des Lesens schulen<br />

ließ, das Geheimnis gelingenden<br />

Lebens selbst <strong>finden</strong> konnte: in der<br />

Bibel.<br />

Die hoch fragmentierten und in<br />

Angst vor Angriffen lebenden Stämme<br />

konnten nun erstmals miteinander<br />

auf einer gemeinsamen spirituellen<br />

Basis kommunizieren. Pfeil und<br />

Bogen mussten nicht mehr ständige<br />

Wegbegleiter sein, <strong>die</strong> Angst vor<br />

Schadzauber oder bösen Geistern<br />

wurde im gemeinsamen Gebet und<br />

Gottes<strong>die</strong>nst durch <strong>die</strong> Macht Christi,<br />

des neuen Ur-Ahnen, gebannt.<br />

Geister und Ahnen wurden enttabuisiert,<br />

Stammesfehden und Raubzüge<br />

zurückgedrängt, Witwenstrangulierung<br />

und Kannibalismus eingestellt.<br />

Die vergleichsweise schnelle und<br />

flächendeckende Rezeption des<br />

christlichen Glaubens verdankte sich<br />

der ökumenischen Kraft des Evangeliums,<br />

<strong>die</strong> Frieden und Einheit zu<br />

bringen versprach und den alten<br />

Göttern in ihrer Segensmacht daher<br />

als überlegen erschien. Das Christentum<br />

im Pazifik wurde nicht aufoktroyiert<br />

– formale Kolonialherrschaft<br />

gab es erst seit Ende des 19. Jahrhunderts,<br />

als <strong>die</strong> Christianisierung in<br />

Polynesien bereits abgeschlossen war<br />

– sondern selbst angeeignet im Rahmen<br />

der jeweiligen kulturellen Normen<br />

und auf der Basis der bestehenden<br />

tribalen Lebensweisen.<br />

Allerdings folgte auf <strong>die</strong>ses erste<br />

Wellenhoch der Ökumene bald auch<br />

ein erstes Wellental. Denn so sehr <strong>die</strong><br />

Christianisierung Ozeaniens ein<br />

ökumenisches Ereignis war, so sehr<br />

unterlag sie auch gegenteiligen Kräften.<br />

Ähnlich zur Alten Kirche, <strong>die</strong> im<br />

Römischen Reich aus der grenz- und<br />

kulturüberschreitenden Kraft des<br />

christlichen Glaubens wuchs, um<br />

schließlich das Interesse der römischen<br />

Kaiser auf sich zu ziehen, verschmolz<br />

auch im Pazifik <strong>die</strong> neue<br />

Religion mit den gegebenen Herrschaftstrukturen<br />

der „Chiefs“ oder<br />

„Big Men“. Diese nutzen <strong>die</strong> Chance<br />

sich durch Allianzen mit bestimmten<br />

Missionsgesellschaften in ihren<br />

Machtkämpfen besser zu positionieren<br />

und <strong>die</strong> Kirche für <strong>die</strong> erstrebte<br />

Einigung des von ihnen beherrschten<br />

Landesteils zu benutzen.<br />

Die Unfähigkeit zur Kooperation<br />

und Zusammenarbeit der rivalisierenden<br />

Missionare, <strong>die</strong> zunehmend<br />

in den Sog des europäischen Imperialismus<br />

am Ende des 19. Jahrhunderts<br />

gerieten, ihm aber auch <strong>zum</strong><br />

Teil widerstanden, tat ihr Übriges,<br />

um religiösen Partikularismus und<br />

neue ethnische Fragmentierung auszulösen.<br />

Obwohl es <strong>zum</strong>eist historischer<br />

Zufall war, wo welche Missionsgesellschaft<br />

ihre Arbeit begann,<br />

entstand zwischen den Mitgliedern<br />

der unterschiedlichen Gruppen ein<br />

starkes Konkurrenzdenken, besonders<br />

zwischen angelsächsisch geprägtem<br />

Protestantismus und französisch<br />

beeinflusstem Katholizismus. So<br />

kam mit den Missionaren nicht nur<br />

ein alle Menschen verbindender<br />

Glaube, sondern auch ein „Sektengeist“<br />

in den Pazifik. Der grassierende<br />

Konfessionalismus belebte das<br />

Stammesdenken neu und führte vielerorts<br />

zu einer starren Symbiose von<br />

Kirche, patriarchialer Dorfstruktur<br />

und Kolonialismus. Ein Beobachter<br />

des Bürgerkriegs zwischen Metho-<br />

14 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

Fotos: ZMÖ-Bildarchiv/Aus dem Skizzenbuch von Ingo Kühl (2)<br />

disten und Katholiken auf der Insel<br />

Rotuma wurde Ende des 19. Jahrhunderts<br />

daher zu dem Ausspruch veranlasst:<br />

„Die streitenden Parteien<br />

sind nicht einander feindlich, weil sie<br />

verschiedenen Konfessionen angehören,<br />

sondern sie gehören verschiedenen<br />

Konfessionen an, weil sie einander<br />

feindlich sind.“<br />

Die erneute Aufwärtsbewegung<br />

der Ökumene ging einher mit dem<br />

Ringen der Kirchen um Unabhängigkeit<br />

und Selbstständigkeit in den<br />

1960er Jahren. Angesichts der Herausforderung<br />

der Entkolonisierung<br />

entdeckten <strong>die</strong> ehemals rivalisierenden<br />

Kirchenführer Ozeanien als verbindenden<br />

Kulturraum und betonten<br />

<strong>die</strong> konfessionsübergreifende Bedeutung<br />

der regionalen und nationalen<br />

Identität. Nicht zufällig berief der<br />

Internationale Missionsrat 1961 <strong>die</strong><br />

Gründungskonferenz für <strong>die</strong> moderne<br />

ökumenische Bewegung im Pazifik<br />

nach Samoa ein, das im Folgejahr<br />

als erster Staat Ozeaniens <strong>die</strong> Unabhängigkeit<br />

erlangte (Tonga hatte<br />

dank seiner Monarchie seine Unabhängigkeit<br />

nie ganz verloren). Da<br />

nun absehbar war, dass aus ehemaligen<br />

Missionsfeldern unabhängige<br />

Kirchen entstehen würden, wurden<br />

drei regionale Institutionen gegründet,<br />

<strong>die</strong> allen Konfessionen auf ihrem<br />

Weg in <strong>die</strong> Selbstständigkeit und<br />

Einheimischwerdung <strong>die</strong>nen sollten:<br />

1966 wurde <strong>die</strong> Pazifische Kirchenkonferenz<br />

(PCC) gegründet, 1968 das<br />

Pazifische Theologische College<br />

(PTC) und im selben Jahr der Dachverband<br />

der theologischen Ausbildungsseminare<br />

im Pazifik (SPATS).<br />

Ökumene <strong>die</strong>nte der Entdeckung der<br />

verbindenden Kultur und entwickelte<br />

kontextbezogene Theologieentwürfe,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> christliche Botschaft<br />

auf <strong>die</strong> pazifische Lebensweise bezog.<br />

Am bekanntesten wurde <strong>die</strong> „Theologie<br />

der Kokosnuss“ des Tonganers<br />

Havea.<br />

Neue Herausforderungen für<br />

<strong>die</strong> Ökumene<br />

Bis heute ist es Ziel der Ökumenischen<br />

Bewegung im Pazifik, <strong>die</strong><br />

Kräfte der Selbstbestimmung und<br />

Unabhängigkeit der Menschen zu<br />

stärken, <strong>zum</strong>al Französisch-Polynesien<br />

oder Amerikanisch-Samoa<br />

noch immer nicht entkolonisiert<br />

sind. Hochkonjunktur hatte <strong>die</strong><br />

ökumenische Kooperation vor allem<br />

während der Proteste gegen <strong>die</strong><br />

amerikanischen und französischen<br />

Atombombentests, <strong>die</strong> bis in <strong>die</strong><br />

1990er Jahre hinein andauerten und<br />

neue Koalitionen zwischen Kirchen<br />

und der Zivilgesellschaft bis nach<br />

Europa stifteten. Gegenwärtig ist<br />

vor allem <strong>die</strong> Frage ungelöst, wie<br />

wirtschaftliche Unabhängigkeit und<br />

wirkliche Selbstbestimmung für <strong>die</strong><br />

Mikrogesellschaften des Pazifiks in<br />

einer kapitalistischen Weltwirtschaft<br />

zu erreichen sind.<br />

So wichtig <strong>die</strong>se Fragen für <strong>die</strong><br />

Zukunft des Pazifik sind – in unserem<br />

Jahrhundert ist vor allem noch<br />

der bedrohliche Klimawandel hinzugekommen<br />

– wirklich begeistern<br />

können sich <strong>die</strong> Menschen vor Ort<br />

für <strong>die</strong>se entwicklungsbezogene<br />

Form der Ökumene leider kaum<br />

noch. Zu schwer durchschaubar und<br />

dem eigenen Einfluss zu weit entzogen<br />

erscheinen <strong>die</strong>se gesellschaftspolitischen<br />

Herausforderungen selbst<br />

den meisten akademischen Absolventen<br />

in der Pfarrerschaft. Die Ökumenische<br />

Bewegung, <strong>die</strong> sich auf ein<br />

Forum von Fach- und Führungsleuten<br />

mit wenig sozialen Auswirkungen<br />

in den Gemeinden verengt hat, befindet<br />

sich in einer tiefen Motivationsund<br />

Finanzkrise. Diese erneute<br />

Abwärtsbewegung wird besonders<br />

sichtbar durch den rasanten Erfolg<br />

der charismatischen Gruppen, aber<br />

auch schnell wachsender Sekten wie<br />

den Mormonen, <strong>die</strong> ihrerseits soziale<br />

Integration im Kontext von Verstädterung<br />

und Enttraditionalisierung<br />

anbieten. Auch wenn sich Geschichte<br />

nicht wiederholt: Die Ökumene<br />

scheint zurzeit wieder abzutauchen.<br />

Die Kirchen zersplittern in unzählige<br />

Gruppen, <strong>die</strong> konkurrierende<br />

Antworten auf eine durch <strong>die</strong> Globalisierung<br />

ausgelöste Identitätssuche<br />

zu geben versprechen. Weil <strong>die</strong> eta-<br />

„Sepik- Erinnerungen“,<br />

aus dem<br />

Skizzenbuch von<br />

Ingo Kühl. Der<br />

deutsche Künstler<br />

hatte im Rahmen<br />

des Künstleraustauschs<br />

„Mission to<br />

the North“ im<br />

Auftrag des<br />

Zentrums für<br />

Mission und<br />

Ökumene im<br />

Frühjahr 2010 für<br />

sechs Wochen in<br />

Papua Neuguinea<br />

mit dem dort<br />

lebenden Künstler<br />

Tom Deko gelebt<br />

und gearbeitet.<br />

Innerhalb <strong>die</strong>ser<br />

Zeit sind auch <strong>die</strong>se<br />

Skizzen entstanden.<br />

weltbewegt 15


lierten Kirchen erheblich Mitglieder<br />

an <strong>die</strong> moderner wirkenden charismatischen<br />

Gemeinden verlieren, sind<br />

sie vor allem mit sich selbst beschäftigt<br />

und haben kaum noch Kraft für<br />

ökumenische Kooperationen. Eine<br />

erneute Aufwärtsbewegung im Wellenspiel<br />

der Ökumene könnte wohl<br />

nur aus der Wiederentdeckung der<br />

verwandelnden Kraft des Evangeliums<br />

selbst kommen. Ähnlich wie in<br />

der Missionsgeschichte müsste erlebbar<br />

werden, dass sich Ängste und<br />

soziale Hierarchien durch neue<br />

Gemeinsamkeiten überwinden lassen<br />

und <strong>die</strong> Gesellschaft transformiert<br />

werden kann. Die größte Herausforderung<br />

für <strong>die</strong> Zukunft der<br />

ökumenischen Bewegung im Pazifik<br />

lautet daher: Wie können <strong>die</strong> vielen<br />

charismatischen Kirchen und Gruppen<br />

Teil einer erneuerten Ökumene<br />

werden, so dass auch vor Ort <strong>die</strong> verbindende<br />

Kraft des Evangeliums<br />

spürbar würde? Wohl nur so könnte<br />

das Boot, das sich Gemeinde nennt,<br />

aus dem jetzigen Wellental heraus<br />

<strong>finden</strong>, um erneut über <strong>die</strong> Weiten<br />

des Ozeans zu segeln.<br />

Dr. Anton Knuth, Pastor der<br />

<strong>Nordkirche</strong>, ist Dozent am Pacific<br />

Theological College in Fidschi im<br />

Auftrag von Mission EineWelt.<br />

„Kokosnusstheologie“<br />

Amanaki Haveas Kokosnusstheologie (1986) gehört zu<br />

den prominentesten Versuchen der frühen Bemühungen<br />

um eine kontextuelle Theologie, <strong>die</strong> der Frage einer<br />

christlichen Identität des Südpazifiks auf der Spur war.<br />

Im Kontrast zu oft erwecklich geprägten Jesusbildern der<br />

Missionszeit, <strong>die</strong> ganz auf den individuelle Erlösung erwirkenden<br />

Sühnetod Christi konzentriert waren, entwickelt<br />

Havea das Bild eines pazifischen Christus, der den Menschen<br />

in ihrem Inselalltag begegnet. Pazifische Theologie<br />

ist lebensbezogen. Für das Leben auf den Südseeinseln<br />

hat <strong>die</strong> Kokosnusspflanze zentrale Bedeutung. <strong>Sie</strong> prägt<br />

nicht nur das Bild von der Südsee, sondern wird vor allem<br />

umfassend vom Holz der Palme über <strong>die</strong> Schale bis <strong>zum</strong><br />

Fruchtfleisch genutzt. Die Kokosnuss, aus der ein neuer<br />

Trieb sprießt, während sie stirbt, wird bei Havea <strong>zum</strong> Symbol<br />

für den lebensspenden Christus. Er prägte auch den<br />

Begriff der Kokosnuss-Zeit zur Beschreibung des zyklischen<br />

Zeitverständnisses im Südpazifik und <strong>die</strong> zentrale<br />

Bedeutung des Wartens im Gegensatz zu einem auf Effizienz<br />

oder Produktivität bezogenen Zeitgebrauches.<br />

Inzwischen hat sich eine Vielzahl von kontextuellen Theologiekonzepten<br />

entwickelt, <strong>die</strong> nicht nur auf ein pazifisches<br />

Symbol bezogen sind, sondern auch <strong>die</strong> besondere<br />

Bedeutung des Landes, des Pazifischen Ozeans oder auch<br />

des Klimawandels reflektieren.<br />

Fotos: ZMÖ-Bildarchiv/Aus dem Skizzenbuch von Ingo Kühl (1), G. Grützmann (1), E. Lau (1), C. Hunzinger (3)<br />

16 weltbewegt


Ein zartes Pflänzchen<br />

Schwerpunkt<br />

Welche Bedeutung hat Ökumene in Vorpommern?<br />

Matthias Tuve<br />

Es geschah am 3. September 2011.<br />

Ein strahlend schöner, milder<br />

Spätsommersamstag auf dem Greifswalder<br />

Rubenowplatz, halb im wohltuenden<br />

Schatten der großen Linden und<br />

Kastanien, halb im leuchtenden Sonnenschein<br />

des sonst so verregneten<br />

Sommers. Dreitausend Menschen<br />

beteiligten sich am Ersten Ökumenischen<br />

Kirchentag Vorpommern. <strong>Sie</strong><br />

kamen aus ganz Vorpommern und<br />

einige auch von weiter her. Es kamen<br />

Katholiken, <strong>die</strong> ihren Dekanatstag<br />

Vorpommern einbrachten. Es kamen<br />

Evangelische, <strong>die</strong> ihren Pommerschen<br />

Ökumenetag integrierten. Es kamen<br />

Jugendliche, denn der Jugendtag der<br />

Pommerschen Evangelischen Kirche<br />

wurde ebenso eingebaut – wie auch der<br />

Kindertag. In der Steuerungsgruppe<br />

arbeiteten der Pfarrer der Altlutheraner<br />

und ein Apostel aus dem Apostelamt<br />

Jesu Christi mit, Gastmitglied in<br />

der Arbeitsgemeinschaft Christlicher<br />

Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern<br />

(ACKMV) und ebenfalls Mitträger des<br />

Kirchentages. Auch Baptisten, <strong>die</strong> Brüdergemeine<br />

und Methodisten beteiligten<br />

sich. Es waren ökumenische Gäste<br />

aus allen Partnerkirchen der Pommerschen<br />

Evangelischen Kirche gekommen<br />

– aus Polen, Schweden,Tansania,<br />

Südafrika und aus den USA.<br />

Bischof William R. Bowles aus Kimberley<br />

in Südafrika hielt <strong>die</strong> Predigt.<br />

Ein Tag wie ein meteorologischer<br />

Gottesbeweis. Gott freute es offensichtlich,<br />

dass sein Bodenpersonal aus den<br />

verschiedenen Konfessionen und<br />

Gemeinschaften zusammenarbeitete –<br />

und nicht aneinander vorbei oder gar<br />

gegeneinander. Das ist gerade in Vorpommern<br />

an der Zeit, wo weniger als<br />

zwanzig Prozent der Einwohner einer<br />

christlichen Kirche angehören – Tendenz<br />

weiter fallend. So haben <strong>die</strong> Teilnehmer<br />

<strong>die</strong>ses Tages ihn als Glaubensstärkung<br />

und Ermutigung erfahren, als<br />

Glaubenszeugnis in aller Öffentlichkeit,<br />

aber auch als Bestätigung der vielen<br />

kleinen ökumenischen Erfahrungen<br />

und Bemühungen vor Ort. Den Welt<strong>die</strong>nsttag<br />

„Misereor“ <strong>zum</strong> Beispiel feiern<br />

<strong>die</strong> katholische St. Josephsgemeinde und<br />

<strong>die</strong> evangelische Domgemeinde in<br />

Greifswald gemeinsam – jedes Jahr. Es<br />

gibt ökumenische Frauengruppen, <strong>die</strong><br />

Allianzgebetswoche, den Gebetstag für<br />

<strong>die</strong> Einheit der Kirche. Auch der Bußund<br />

Bettagsgottes<strong>die</strong>nst <strong>zum</strong> Abschluss<br />

der Friedensdekade wird ökumenisch<br />

vorbereitet und gestaltet. Es gibt einen<br />

Stadt-Ökumene-Kreis in Greifswald, der<br />

Aktivitäten plant und Gemeinschaft<br />

miteinander pflegt. Die Studentengemeinden<br />

arbeiten seit vielen Jahren gut<br />

zusammen. Der Jugendkreuzweg wird<br />

an vielen Orten Vorpommerns gemeinsam<br />

gefeiert. Und doch: Ökumene in<br />

Vorpommern ist keine immerzu von<br />

Erfolg zu Erfolg eilende Unternehmung.<br />

So wurde nach den überaus schwach<br />

besuchten mittäglichen Friedensgebeten<br />

im Greifswalder Dom, <strong>die</strong> reihum<br />

von den Mitgliedern der Stadtökumene<br />

gestaltet wurden, ernsthaft überlegt, ob<br />

<strong>die</strong>ses schwache Pflänzchen weiter zu<br />

gießen ist. Auch das Gebet für <strong>die</strong> Einheit<br />

am Sonntag Exaudi zeugte eher<br />

nicht von brennender Sehnsucht nach<br />

der Einheit der Kirchen – es kamen nur<br />

wenige. Und eine Vikarin, übrigens mit<br />

vielen ökumenischen Erfahrungen<br />

(Jugendkreuzweg! Holländische Partnerbesuche!),<br />

antwortet auf <strong>die</strong> Frage,<br />

was sie an Ökumene in ihrer pommerschen<br />

Vikariatsgemeinde erlebt habe,<br />

kurz und knapp mit: „Nichts.“ Auf der<br />

Sitzung der ACKMV ist drei Mal im<br />

Jahr Zeit <strong>zum</strong> Austausch. Das ist gut.<br />

Wir erzählen uns Ermutigendes und<br />

Entmutigendes und hören einander zu.<br />

Allein das schon hilft: wahrzunehmen,<br />

dass auch der andere solche Erfahrungen<br />

kennt. Und wir haben beschlossen,<br />

dass es bald wieder einen Ökumenischen<br />

Kirchentag in Vorpommern<br />

geben soll – am 20. September 2014 in<br />

Stralsund. Weil <strong>die</strong> Menschen in Vorpommern<br />

ihn brauchen!<br />

Oben: Dom von<br />

Greifswald.<br />

Mitte:<br />

Kinderkirchentag.<br />

Unten: Bischof<br />

William R. Boyce,<br />

Diözese Cape<br />

Oranje, Südafrika,<br />

beim Abendmahl.<br />

Matthias Tuve ist<br />

Pastor in der<br />

Ökumenischen<br />

Arbeitsstelle des<br />

Pommerschen<br />

Evangelischen<br />

Kirchenkreises und<br />

Vorsitzender der<br />

Arbeitsgemeinschaft<br />

Christlicher<br />

Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern<br />

(ACKMV).<br />

weltbewegt 17


Kontakte, <strong>die</strong> unter<br />

<strong>die</strong> Haut gehen<br />

Wie sieht es mit der Ökumene in einer Großstadt<br />

wie Hamburg aus?<br />

Martina Severin-Kaiser<br />

Pastorin Martina<br />

Severin-Kaiser ist<br />

Ökumenebeauftragte<br />

der <strong>Nordkirche</strong><br />

und Geschäftsführerin<br />

der Arbeitsgemeinschaft<br />

Christlicher<br />

Kirchen in<br />

Hamburg (ACKH).<br />

Pfingsten wurde <strong>die</strong> <strong>Nordkirche</strong><br />

mit einer begeisternden Erzählung<br />

der Pfingstgeschichte aus der<br />

Taufe gehoben. Im Ratzeburger<br />

Dom saßen Menschen aus den<br />

unterschiedlichen Regionen der<br />

neuen evangelisch-lutherischen<br />

Kirche und hörten, wer in der allerersten<br />

Geburtsstunde der Kirche in<br />

Jerusalem dabei war: Parther,<br />

Meder, Menschen aus Kyrene in<br />

Lybien, Einwanderer aus Rom… um<br />

nur einige aus der langen Liste des<br />

biblischen Textes zu nennen. Mit<br />

<strong>die</strong>ser neutestamentlichen Erzählung<br />

ist der Kirche eine grundlegende<br />

Eigenschaft eingezeichnet.<br />

In ihr gehören Menschen aus unterschiedlichen<br />

Lebens-, Glaubensund<br />

Sprachkulturen zusammen.<br />

Von Anfang war Kirche nicht einförmig.<br />

Seit Pfingsten besteht <strong>die</strong><br />

Kunst der Ökumene darin, unter<br />

den Verschiedenen das Bewusstsein<br />

für <strong>die</strong> geschenkte Zusammengehörigkeit<br />

zu stärken.<br />

In den großen Städten stehen wir<br />

vor der Herausforderung, <strong>die</strong>s ganz<br />

neu zu buchstabieren. In der Hamburger<br />

Arbeitsgemeinschaft Christlicher<br />

Kirchen arbeiten zurzeit 34 verschiedene<br />

Kirchen zusammen. Wir<br />

sprechen unterschiedliche Sprachen<br />

und unsere Kirchen weisen völlig<br />

verschiedene theologische und kulturelle<br />

Prägungen auf. Während <strong>die</strong><br />

einen stehend nach einer jahrhundertealten<br />

Liturgie ihren Gottes<strong>die</strong>nst<br />

feiern, sitzen <strong>die</strong> anderen<br />

gemütlich auf Sofas während <strong>die</strong><br />

Lobpreisband rockt. Es ist nicht<br />

leicht, einander zu verstehen und zu<br />

wertschätzen, wie das Evangelium<br />

bei anderen gelebt wird.<br />

In den letzten Jahrzehnten hat<br />

sich vor allem in den Städten ein großer<br />

Wandel in der Bevölkerung vollzogen.<br />

Durch Flucht und Zuwanderung<br />

sind Menschen aus Süd- und<br />

Osteuropa, aus Afrika, Asien und<br />

Lateinamerika bei uns heimisch<br />

geworden. Lange stellten sie in den<br />

Augen der Kirche vor allem eine<br />

Herausforderung für <strong>die</strong> Diakonie<br />

vor Ort dar. Heute stellen wir fest,<br />

dass <strong>die</strong> Mehrheit der nach Deutschland<br />

Kommenden einen christlichen<br />

Hintergrund mitbringt. Während<br />

wir früher weit reisen mussten, um<br />

einen orthodoxen Gottes<strong>die</strong>nst oder<br />

eine afrikanischen Pfingstgemeinde<br />

zu erleben, können wir das heute<br />

auch in Hamburg, Kiel, Flensburg<br />

oder Schwerin tun. Das ist uns meist<br />

gar nicht so bewusst. Denn wir haben<br />

oft den Eindruck, dass sich <strong>die</strong> Veränderungen<br />

in der religiösen Landschaft<br />

durch Migration allein im<br />

Entstehen islamischen Lebens bei<br />

uns niederschlägt. Das ist aber nur<br />

eine Seite der Medaille. Die andere<br />

führt zu einer neuen Vielfalt innerhalb<br />

des Christentums. Diese Entwicklung<br />

ist nicht immer auf den<br />

ersten Blick sichtbar. Einige der neu<br />

entstandenen Gemeinden treffen sich<br />

zwar nachmittags in den Räumen<br />

von landeskirchlichen Gemeinden,<br />

aber es gibt kaum sichtbare Hinweise<br />

darauf in Schaukästen oder Gemeindebriefen.<br />

Außerdem mieten sich<br />

etliche Gemeinden anderer Sprache<br />

und Herkunft selber Räume in<br />

Gewerbegebieten oder Büroetagen –<br />

somit an Orten, wo kaum jemand sie<br />

vermutet.<br />

Warum nicht mal einen<br />

afrikanischen Gottes<strong>die</strong>nst<br />

besuchen?<br />

Kommen wir mit den Menschen aus<br />

<strong>die</strong>sen Gemeinden in Kontakt,<br />

begegnet uns nicht allein eine neue<br />

Weise Gottes<strong>die</strong>nst und Gemeinde<br />

zu gestalten. Wir stoßen auf Lebensbedingungen,<br />

<strong>die</strong> sich von unseren<br />

oft stark unterscheiden. In den afrikanischen<br />

Gemeinden hören wir<br />

von großen Schwierigkeiten, eine<br />

bezahlbare Wohnung und einen Job<br />

zu <strong>finden</strong>, der den eigenen Qualifikationen<br />

entspricht. Auch Kinder<br />

und Jugendliche können Erschreckendes<br />

von täglich erlebtem Rassismus<br />

berichten. Und überall hören<br />

wir von der Schwierigkeit, überhaupt<br />

bis in unser Land zu kommen.<br />

Da bringt <strong>die</strong> Freizügigkeit<br />

innerhalb Europas nur für einige<br />

Erleichterung. Die Rumänische und<br />

<strong>die</strong> Bulgarisch-Orthodoxe Gemeinde<br />

in Hamburg leisten viel, um entwurzelte<br />

Landsleute ohne Wohnsitz<br />

18 weltbewegt<br />

18 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

Fotos: F. Degenhardt (1), C. Wenn (2)<br />

besonders im Winter zu unterstützen.<br />

Immer wieder begegnet einem<br />

in etlichen <strong>die</strong>ser Gemeinden der<br />

Wunsch, in <strong>die</strong>sem Land, in dem sie<br />

viel zu oft auf Ressentiments und<br />

Ausgrenzung stoßen, <strong>zum</strong>indest<br />

von den Kirchen als Christen auf<br />

Augenhöhe wahrgenommen zu<br />

werden.<br />

Diese kurzen Beobachtungen<br />

laden ein, <strong>die</strong> Herausforderungen für<br />

<strong>die</strong> Ökumene vor Ort neu zu beschreiben.<br />

Dabei wird Folgendes wichtig<br />

sein:<br />

• Am Anfang steht <strong>die</strong> aufmerksame<br />

Beobachtung, was sich um uns<br />

herum abspielt. Warum eigentlich<br />

nicht einmal den ghanaischen Pizzabäcker<br />

oder <strong>die</strong> asiatische Krankenschwester<br />

fragen, wohin sie <strong>zum</strong><br />

Beten gehen? Und wenn sonntags<br />

festlich gekleidete Menschen in ein<br />

Bürogebäude strömen, wird dort<br />

sicherlich ein Gottes<strong>die</strong>nst statt<strong>finden</strong>,<br />

und es lohnt sich, ihnen einmal<br />

zu folgen. Natürlich findet <strong>die</strong>se Entwicklung<br />

nicht gleichmäßig überall<br />

statt. Es ist aber falsch zu meinen,<br />

dass sie sich allein auf <strong>die</strong> großen<br />

Städte beschränkt. Wir erleben dort<br />

meist nur ein paar Jahre früher, was<br />

sich dann auch an kleineren Orten<br />

entwickelt.<br />

• Die Ökumene vor Ort umfasst<br />

mehr als <strong>die</strong> Kontakte der deutschsprachigen<br />

evangelisch-lutherischen,<br />

freikirchlichen und römisch-katholischen<br />

Gemeinde zueinander, womit<br />

<strong>die</strong>se Zusammenarbeit nicht abgewertet<br />

werden soll. Leben in der<br />

Nachbarschaft auch Gemeinden<br />

anderer Sprache und Kirchenfamilien,<br />

ist es gut, auch zu ihnen einen<br />

Kontakt aufzubauen.<br />

• Die so entstehenden Beziehungen<br />

bringen uns auch vor Ort mit Christen<br />

anderer kultureller Prägung in<br />

Berührung. Zunehmend werden aus<br />

<strong>die</strong>sem Kreis auch Menschen auf den<br />

unterschiedlichen Ebenen unserer<br />

Kirche mitarbeiten wollen. Hier<br />

müssen wir lernen uns zu öffnen.<br />

• Wie in der globalisierten Welt alles<br />

miteinander verwoben ist, so ist es<br />

zunehmend auch in der Ökumene<br />

vor Ort. Dazu ein Beispiel: Bei der<br />

Begegnung mit einer afrikanischen<br />

Gemeinde geht es nicht allein um <strong>die</strong><br />

Begegnung mit einer neu entstandenen<br />

Pfingstkirche und <strong>die</strong> Auseinandersetzung<br />

darüber, dass wir in<br />

unseren Kirchen etwa unterschiedliche<br />

Ansichten über <strong>die</strong> Praxis der<br />

Zungenrede haben. Wir begegnen<br />

auch der Frage, wie <strong>die</strong>sen Menschen<br />

bei uns elementare Rechte bei der<br />

Gewährung von Aufenthalten garantiert<br />

werden können. Konfessionsund<br />

Gerechtigkeitsökumene sind<br />

auch vor Ort nicht mehr voneinander<br />

zu trennen.<br />

Wenn unsere ökumenischen Kontakte<br />

vor Ort in <strong>die</strong>se Richtung gehen,<br />

werden sie vielleicht nicht einfacher zu<br />

gestalten sein. <strong>Sie</strong> sind dafür aber<br />

lebensnah und aufregend. Wenn <strong>die</strong><br />

Kommunikation gelingt, kann der<br />

Esprit der anderen auch uns beleben.<br />

Solche Kontakte bringen uns ganz neu<br />

mit theologischen und politischen<br />

Fragen in Berührung, <strong>die</strong> unter <strong>die</strong><br />

Haut gehen.<br />

Also, packen wir es an, denn es<br />

gibt dazu keine Alternative. Kirche<br />

sind wir – ob wir es wollen oder nicht<br />

– mit allen anderen Kirchen zusammen.<br />

Ganz im Sinne der eingangs<br />

erwähnten Pfingstgeschichte.<br />

Im ACKH arbeiten<br />

derzeit 34 verschiedene<br />

christliche<br />

Kirchen zusammen.<br />

Russisch-orthodoxe<br />

Kirche des Heiligen<br />

Prokop, Hamburg.<br />

weltbewegt 19<br />

weltbewegt 19


Russischer Biker auf<br />

dem Soldatenfriedhof<br />

bei St. Petersburg,<br />

2010.<br />

Geschwisterliches Teilen<br />

„Komm herüber und hilf uns!“ (Apg<br />

16, 9). So rief ein Mann aus Mazedonien<br />

den Apostel Paulus im Traum<br />

und bewirkte dessen erste Reise<br />

nach Europa. „Komm herüber und<br />

hilf uns!“ So riefen versprengte<br />

lutherische Christen in Kasachstan<br />

Dr. Heinrich Rathke, seit 1971 Landesbischof<br />

in Mecklenburg. Immer<br />

wieder besuchte Heinrich Rathke<br />

<strong>die</strong> weit auseinander liegenden<br />

Gemeinden und unterstützte von<br />

1992 bis 1993 als „Bischöflicher<br />

Visitator“ den Aufbau einer eigenständigen<br />

evangelisch-lutherischen<br />

Kirche in der Republik Kasachstan.<br />

Deren Synode beschloss 1994 offiziell<br />

eine Partnerschaft mit der Mecklenburgischen<br />

Landeskirche.<br />

Hilfe und Unterstützung beim<br />

Wiederaufbau nach Krieg und Verfolgung<br />

– ein wichtiger Aspekt von<br />

ökumenischen Beziehungen in Europa.<br />

Damit <strong>die</strong>s koordiniert verläuft<br />

und niemand vergessen wird,<br />

beschlossen <strong>die</strong> Landeskirchen der<br />

EKD zusammen mit dem Lutherischen<br />

Weltbund in den 80er Jahren<br />

eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten:<br />

So entwickelte <strong>die</strong> Nordelbische<br />

Kirche partnerschaftliche Beziehungen<br />

mit Estland, Lettland, Litauen<br />

und dem Gebiet Kaliningrad,<br />

Mecklenburg mit Kasachstan und<br />

Rumänien, Pommern vertiefte bereits<br />

bestehende Kontakte nach Polen.<br />

Gemeinsames Eintreten<br />

für Versöhnung<br />

Europa ist durch zwei Weltkriege<br />

gezeichnet. Alle kirchlichen Beziehungen<br />

<strong>die</strong>nen der Überwindung<br />

der Aufteilung in Freund und Feind<br />

und der Versöhnung zwischen<br />

Menschen und Völkern. Ein wichtiger<br />

Schritt war 1957 der Beginn<br />

einer Städtepartnerschaft zwischen<br />

Hamburg und Leningrad, heute St.<br />

Petersburg, aus der sich auch Kontakte<br />

zur lutherischen und orthodoxen<br />

Kirche entwickelten. Seit drei<br />

Was<br />

bedeutet<br />

„Ökumene ist eine Lebenseinstellung“<br />

Interview mit Christa Göbel, ehemalige Landespfarrerin für Ökumene und Mission<br />

Was waren vor der Wende Ihre ersten<br />

Erfahrungen mit der Ökumene?<br />

Dabei meine ich nicht nur <strong>die</strong><br />

interkonfessionelle, sondern vor<br />

allem auch <strong>die</strong> <strong>weltweit</strong>e Ökumene<br />

aller Kirchen.<br />

Erste internationale Kontakte hatte<br />

ich bereits vor 1961 in Berlin. Dann<br />

versperrte <strong>die</strong> Mauer den Blick und<br />

oft auch das Interesse. Vermittelt<br />

durch Missionswerke und Kirchenleitung<br />

kamen zwar manchmal<br />

´kometenhaft` ökumenische Gäste<br />

aus Übersee in unsere Gemeinden,<br />

auch nach Greifswald, wo ich seit<br />

1975 als Pastorin arbeitete. Doch<br />

meinen Alltag bestimmte das kaum.<br />

Ein Wende- und Höhepunkt war<br />

mein erster Besuch am Ökumenischen<br />

Institut in Bossey bei Genf<br />

1981. Da riss für mich der Himmel<br />

auf. Ich spürte eigene Enge und<br />

beglückende Weite zugleich. So<br />

verschiedene Lebenssituationen,<br />

Kulturen und Glaubensformen –<br />

über Länder- und Konfessionsgrenzen<br />

hinweg – und vielstimmige<br />

Musik, <strong>die</strong> mein Herz erreichte: Ich<br />

erlebte Ökumene! Diese Erfahrungen<br />

durfte ich danach durch weitere<br />

Auslandsbesuche vertiefen; wie<br />

aber sollte ich sie zu Hause weitergeben?<br />

Ist es Ihnen gelungen, Ihre Erlebnisse<br />

in den Gemeindealltag einzubringen?<br />

Da ökumenische Erfahrung sehr von<br />

persönlichen Begegnungen lebt,<br />

gelang mir das unter den Bedingungen<br />

vor der Wende nur partiell. Aber<br />

Ökumene ist auch eine Sache der<br />

Perspektive. Was bedeutet es, als<br />

Teil der Welt zu leben und zu glauben<br />

und Gott vielstimmig zu loben?<br />

Diese Fragen haben mich in meiner<br />

Arbeit bei der Ausbildung kirchlicher<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

zunehmend<br />

geprägt. Eine<br />

neue Herausforderung<br />

war<br />

dann der Beginn<br />

meiner<br />

Tätigkeit als<br />

Landespfarrerin<br />

für Ökumene<br />

und Mission<br />

1991.<br />

20 weltbewegt


Schwerpunkt Forum<br />

Ökumene<br />

in Europa?<br />

Christa Hunzinger<br />

Jahren fahren russische und deutsche<br />

Biker jeden Sommer gemeinsam<br />

zu Soldatenfriedhöfen und<br />

Gedenkstätten in Russland und<br />

Deutschland. <strong>Sie</strong> halten Andacht,<br />

entzünden Kerzen und legen Blumen<br />

an den Gräbern nieder. Der<br />

orthodoxe Erzpriester Vladimir<br />

Sorokin hat in der Fürst-Vladimir-<br />

Kathedrale, der Partnerkirche der<br />

Hamburger Hauptkirche St. Petri,<br />

ein digitales Gedenkbuch für christliche<br />

Märtyrer des 20. Jahrhunderts<br />

aufgestellt. Damit hier auch deutsche<br />

Märtyrer verzeichnet werden,<br />

haben Gemeindeglieder einen<br />

Bericht über das KZ Dachau ins<br />

Russische übersetzt, in dem über<br />

3.000 dort ermordeter Geistlicher<br />

aller Konfessionen berichtet wird.<br />

In den Partnerschaften mit<br />

Gemeinden in England wird der anglikanische<br />

Pastor eingeladen, am<br />

Volkstrauertag <strong>die</strong> Rede am Ehrenmal<br />

zu halten, der deutsche Pastor<br />

nimmt an der Zeremonie am<br />

Remembrance Sunday in England<br />

teil. Gemeinden verschiedener<br />

Länder sind in<br />

der <strong>weltweit</strong>en<br />

Nagelkreuzgemeinschaft<br />

miteinander verbunden.<br />

2010 und 2011 kamen auf Initiative<br />

der Kieler Nagelkreuzgruppe <strong>die</strong> St.<br />

Katharinen-Gemeinde in St. Petersburg<br />

und <strong>die</strong> lutherische Propstei<br />

Kaliningrad hinzu.<br />

Miteinander theologisch<br />

streiten<br />

Ein wichtiger Aspekt ist <strong>die</strong> theologische<br />

Auseinandersetzung zwischen<br />

Partnern aus derselben oder<br />

verschiedenen Konfessionsfamilien.<br />

So gehört für <strong>die</strong> anglikanische Kirchengemeinschaft<br />

<strong>die</strong> bischöfliche<br />

Sukzession zur Einheit der Kirche:<br />

Alle Bischöfe stehen durch Handauflegung<br />

in einer Nachfolge von<br />

den ersten Bischöfen der Urkirche<br />

bis heute. Diese ununterbrochene<br />

Kette gibt es in Deutschland in keiner<br />

evangelischen Kirche. So ist eine<br />

volle Kirchengemeinschaft zwischen<br />

der Kirche von England und<br />

Ordination mit<br />

Reverend Cathy<br />

Rowling, Diözese<br />

Durham (mitte),<br />

links Paul Philipps,<br />

<strong>Nordkirche</strong>,<br />

Hamburg 2012.<br />

Fortsetzung Seite 22<br />

Fotos: C. Hunzinger (4)<br />

Was waren Ihre Ziele?<br />

Vor allem: Begegnungen zu fördern!<br />

Nach der Wende gab es neue Chancen,<br />

aber auch Ängste. So ging es<br />

mir <strong>zum</strong> einen um <strong>die</strong> Förderung<br />

interkonfessioneller Ökumene in der<br />

Region, auch im missionarischen<br />

Handeln. Zum anderen galt es,<br />

internationale ökumenische Kontakte<br />

zu entwickeln oder neu aufzubauen.<br />

Besuche von einzelnen oder<br />

Gruppen bei unseren Partnerkirchen<br />

in Afrika, Europa und den USA<br />

sowie <strong>die</strong> alle zwei Jahre statt<strong>finden</strong>den<br />

„Ökumene-Tage“, zu denen<br />

internationale Gäste in unsere<br />

Gemeinden kamen, waren hierbei<br />

sehr wichtig. Die Themen des Konziliaren<br />

Prozesses, Gerechtigkeit,<br />

Frieden und Bewahrung der Schöpfung,<br />

bekamen neue konkrete<br />

Gesichter. Wie sollte sich Kirche<br />

heute in gesellschaftliche und politische<br />

Vorgänge einmischen? Was<br />

können wir von und mit unsern Partnern<br />

lernen? Das waren zentrale<br />

Fragen.<br />

Was bedeutet Ökumene für <strong>Sie</strong><br />

heute persönlich?<br />

Ökumene will mehr sein als ein<br />

schwer verständlicher Begriff. <strong>Sie</strong><br />

ist nicht nur ein berufliches<br />

Arbeitsfeld. Ökumene ist eine<br />

Lebenseinstellung, ein Geschenk<br />

und ein Auftrag. Sich an der Vielfalt<br />

des Glaubens zu freuen und<br />

gemeinsam in der Welt zu beten<br />

und handeln, zu <strong>die</strong>sem – auch<br />

arbeitsreichen – Weg gibt es für<br />

mich keine Alternative. Ökumene<br />

ist ein Lernprozess, etwas, das<br />

immer wieder neu entsteht und<br />

durch jede Generation neu gestaltet<br />

werden will. Heute fordert uns<br />

<strong>die</strong> wirtschaftliche Globalisierung<br />

besonders heraus und wir fragen,<br />

wie Partnerschaft trotz finanzieller<br />

Abhängigkeiten gelebt werden<br />

kann, wo wir vor der Wende eine<br />

andere Rolle hatten als jetzt. Die<br />

Probleme der Welt sind bedrängend<br />

und manches, was wir tun,<br />

scheitert. Wenn aber trotzdem im<br />

Geist Christi ein Verstehen über<br />

Grenzen hinweg gelingt, ist das ein<br />

Signal der Hoffnung, auch für<br />

Außenstehende. So kann Ökumene<br />

zu einem Vorgeschmack des<br />

Himmels werden.<br />

Christa Göbel,Pastorin i. R., war vor ihrer Tätigkeit als Landespfarrerin in Vorpommern dort Stu<strong>die</strong>nleiterin der<br />

Ehrenamtlichen-Qualifizierung.<br />

weltbewegt 21


Bläser aus Mecklenburg<br />

und Kasachstan<br />

„Ökumene<br />

– gemeinsames<br />

Musizieren zur Ehre<br />

Gottes“, 2012.<br />

Gottes<strong>die</strong>nstbesucherinnen<br />

in<br />

Kasachstan, 2012.<br />

Die „Heilige Insel“<br />

Lindisfarne,<br />

England.<br />

Volkstrauertag in<br />

Nordfriesland mit<br />

Prädikant (Reader)<br />

Roger Brown aus<br />

der Diözese Ely.<br />

der Evangelischen Kirche in<br />

Deutschland noch nicht möglich,<br />

doch geht <strong>die</strong> Gemeinschaft über<br />

<strong>die</strong> Gastfreundschaft beim Abendmahl<br />

hinaus. Als Bild dafür steht<br />

<strong>die</strong> gegenseitige Teilnahme an den<br />

Ordinationsgottes<strong>die</strong>nsten, um zu<br />

verdeutlichen, wie nahe wir uns<br />

selbst im einzigen Punkt, der uns<br />

theologisch noch trennt, schon sind.<br />

So wirkte Reverend Cathy Rowling<br />

aus der Partnerdiözese Durham in<br />

<strong>die</strong>sem Jahr bei den Fürbitten im<br />

Hamburger Ordinationsgotte<strong>die</strong>nst<br />

mit und sprach ein Grußwort; ich<br />

war eingeladen, bei der Ordination<br />

in Ely Cathedral eine Lesung zu halten.<br />

Auch innerhalb der lutherischen<br />

Konfession gibt es theologische Diskussionen,<br />

unter anderem über <strong>die</strong><br />

Ordination von Frauen, <strong>die</strong> in unseren<br />

Partnerkirchen in Polen, Lettland<br />

und Litauen zurzeit nicht praktiziert<br />

wird. Oft werden <strong>die</strong> ökumenischen<br />

Kontakte zu den anderen<br />

großen Konfessionen im Land –<br />

römisch-katholisch und orthodox –<br />

als Argumentation gegen <strong>die</strong> Frauenordination<br />

genannt. Hier ist theologisches<br />

Streiten wichtig und<br />

zugleich gegenseitiger Respekt. Mir<br />

hilft dabei <strong>die</strong> Differenzierung der<br />

Gemeinschaft der Evangelischen<br />

Kirchen in Europa (GEKE), in der<br />

wir uns durch Unterzeichnung der<br />

Leuenberger Konkor<strong>die</strong> von 1973<br />

gegenseitig Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft<br />

gewähren, was<br />

„<strong>die</strong> gegenseitige Anerkennung der<br />

Ordination“ einschließt. Die Gemeinschaft<br />

untereinander ist nicht<br />

gebrochen, weil einige Kirchen Frauen<br />

ordinieren und andere nicht – so<br />

schmerzhaft letzteres für viele ist. <strong>Sie</strong><br />

wird aber gebrochen, wenn eine Kirche<br />

nicht <strong>die</strong> ordinierten Pastorinnen<br />

einer anderen Mitgliedskirche anerkennt.<br />

Letzteres ist mir noch in keiner<br />

unserer Partnerkirchen passiert.<br />

Engagement für Gerechtigkeit,<br />

Frieden und Bewahrung<br />

der Schöpfung<br />

Ökumene darf sich nicht beschränken<br />

auf das Eintreten füreinander<br />

und das Gespräch miteinander. Als<br />

Christinnen und Christen sind wir<br />

von Gott <strong>zum</strong> Dienst an der Welt<br />

gerufen, gemeinsam für mehr Gerechtigkeit<br />

und Frieden, <strong>die</strong> Rechte<br />

der Flüchtlinge und Unterdrückten,<br />

<strong>die</strong> bedrohte Schöpfung einzutreten.<br />

Dafür sind Kontakte mit den<br />

anderen Konfessionen in den Partnerländern<br />

wichtig – so achtet <strong>zum</strong><br />

Beispiel Bischof Jurij Nowgorodow<br />

in Kasachstan immer darauf, dass<br />

Gäste auch <strong>die</strong> Katholiken und Orthodoxen<br />

besuchen. Auch Zusammenschlüsse<br />

wie <strong>die</strong> Konferenz<br />

Europäischer Kirchen (KEK) oder<br />

<strong>die</strong> GEKE helfen. <strong>Sie</strong> dürfen jedoch<br />

nicht um sich selbst kreisen, sondern<br />

müssen ihre Vision umsetzen:<br />

„Gemeinsam arbeiten <strong>die</strong> Kirchen<br />

an der Förderung der Einheit der<br />

Kirche und am christlichen Zeugnis<br />

gegenüber den Menschen und Institutionen<br />

Europas“, so formuliert es<br />

<strong>die</strong> KEK. Vor allem aber leben <strong>die</strong><br />

vielen Gemeinden und kleinen<br />

Gruppen, <strong>die</strong> sich über alle Grenzen<br />

von Konfession, Sprache und Kultur<br />

hinweg begegnen und gemeinsam<br />

mit ihrer kleinen Kraft versuchen,<br />

das Angesicht Europas und der Welt<br />

zu verbessern, Ökumene in Europa.<br />

Pastorin Christa Hunzinger ist<br />

Europareferentin im Zentrum für<br />

Mission und Ökumene.<br />

Fotos: C. Hunzinger (3), C. Christen (1), E. v. d. Heyde (2)<br />

22 weltbewegt


Schwerpunkt Forum<br />

Begegnungen<br />

Die erste Generalversammlung der<br />

<strong>Nordkirche</strong> tagte in Breklum<br />

Ulrike Plautz<br />

Dass Afrika das bestimmende<br />

Thema der <strong>die</strong>sjährigen Generalversammlung<br />

war, konnte man<br />

nicht nur am Programm erkennen. Es<br />

wurde auch sichtbar, durch <strong>die</strong> zahlreichen<br />

Bilder und Skulpturen südafrikanischer<br />

Künstlerinnen und<br />

Künstler, <strong>die</strong> im Christian Jensen<br />

Kollegs zu sehen waren. <strong>Sie</strong> gehörten<br />

zur Kunstausstellung „Begegnungen<br />

mit Afrika“ <strong>die</strong> am Samstag im Rahmen<br />

Generalversammlung eröffnet<br />

wurde.<br />

76 Delegierte aus allen Kirchenkreisen<br />

der <strong>Nordkirche</strong>, der Synode,<br />

des Missionskonvents und dem Verein<br />

der Freunde der Breklumer Mission<br />

waren vom 7. bis <strong>zum</strong> 8. September zur<br />

5. Tagung der VIII. Generalversammlung<br />

nach Breklum gekommen. Die<br />

Tagung begann mit einem feierlichen<br />

Gottes<strong>die</strong>nst, in dem Ellen Prowe als<br />

Referentin für entwicklungspolitische<br />

Bildungsarbeit von Direktor Dr. Klaus<br />

Schäfer eingeführt wurde und <strong>die</strong> neu<br />

gewählten Delegierten aus Mecklenburg<br />

und Vorpommern, Samuel v.<br />

Frommannshausen, Gerlinde Haker,<br />

Dr. Christa Möhring, Wolfgang<br />

Schmidt und Kornelia Tiedge feierlich<br />

verpflichtet wurden. Ebenso wurde<br />

Pastor Uwe Nissen, der mit 65 Jahren<br />

in den Ruhestand tritt, vom Vorsitzenden<br />

der Generalversammlung<br />

Bischof Ulrich entpflichtet. Dem Pastor,<br />

der seit 2008 als ökumenischer<br />

Mitarbeiter an der Universität Mwika<br />

in Tansania Theologie unterrichtet,<br />

wurde zugleich <strong>die</strong> neue Aufgabe<br />

übertragen, in den kommenden drei<br />

Jahren als „Senior Expert“ dort tätig<br />

zu sein. Bischof Gerhard Ulrich betonte<br />

in seiner Predigt, dass eine Leidenschaft<br />

für <strong>die</strong> Theologie zwar<br />

wichtig sei, aber überflüssig werde,<br />

wenn sie nicht „befeuert ist von der<br />

Leidenschaft für <strong>die</strong> Menschen“, <strong>die</strong><br />

sich einsetzt für Menschen, <strong>die</strong> unter<br />

Ungerechtigkeit, Verfolgung und<br />

Armut leiden.<br />

In seinem Jahresbericht zu Beginn<br />

der Sitzung blickte der Vorstandsvorsitzende<br />

Propst em. Jürgen F. Bollmann<br />

auf wichtige Arbeitsschwerpunkte,<br />

Personalveränderungen und<br />

Entscheidungsprozesse des vergangenen<br />

Jahres zurück. „Wenn wir <strong>die</strong><br />

Entwicklungen in der evangelischen<br />

Kirche und in unserem Werk in den<br />

letzten Jahren Revue passieren lassen,<br />

drängt sich der Eindruck eines rasanten<br />

und immer noch nicht abgeschlossenen<br />

Wandels auf“, betonte<br />

Bollmann. Für <strong>die</strong> nächsten Monate<br />

bleibe <strong>die</strong> große Aufgabe, <strong>die</strong> neu<br />

geschaffenen Strukturen zu konsoli<strong>die</strong>ren.<br />

Er nannte unter anderem neue<br />

Arbeitsfelder des Werkes, neu hinzugekommene<br />

Partnerschaften und ein<br />

verändertes kirchliches und gesellschaftliches<br />

Umfeld.<br />

Am Abend standen der Austausch<br />

und <strong>die</strong> Begegnung zwischen alten<br />

und neuen Delegierten im Mittelpunkt.<br />

Wo komme ich her und was<br />

geschieht an meinem Ort im Blick auf<br />

Mission, Ökumene, Dialog und Entwicklung?<br />

Was erwarte ich vom Zentrum<br />

für Mission und Ökumene? Über<br />

<strong>die</strong>se Fragen wurde in kleinen<br />

Gesprächsrunden noch weit in den<br />

Abend angeregt diskutiert.<br />

Um Afrika ging es am folgenden<br />

Vormittag im Vortrag von Pastor Uwe<br />

Nissen, der 1977 <strong>zum</strong> ersten Mal mit<br />

seiner Frau Ilse im Auftrag des damaligen<br />

NMZ nach Tansania ausgereist<br />

war. In seinem Rückblick schilderte er<br />

<strong>die</strong> theologischen und kirchlichen<br />

Herausforderungen seiner insgesamt<br />

18-jährigen Tätigkeit als Pastor in den<br />

lutherischen Kirchen Tansanias<br />

(ELCT) und Kenias (KELC). „Wir<br />

sind nicht <strong>die</strong> besseren Theologen, wir<br />

sind nicht <strong>die</strong> besseren Dozenten,<br />

sondern wir bringen eine Sichtweise<br />

ein, <strong>die</strong> sonst zu leicht in Tanzania<br />

untergeht. Denn wenn <strong>die</strong>se Möglichkeit<br />

versiegt, dann versiegt auch das<br />

ökumenische Gespräch“, führte Pastor<br />

Nissen am Ende seines Vortrags<br />

aus. Dieses Gespräch dürfe nicht nur<br />

auf internationaler Ebene in Gremien<br />

geführt werden, sondern müsse auch<br />

seinen Platz in der tansanischen Kirche<br />

behalten. Um den ökumenischen<br />

Dialog aufrechtzuerhalten, mache es<br />

Sinn etwa „am kirchlichen Ausbil-<br />

Pastor i. R.<br />

Uwe Nissen<br />

Hinweis: Der<br />

vollständige<br />

Vorstandsbericht<br />

von Propst i. R.<br />

Jürgen F. Bollmann<br />

und der Vortrag von<br />

Pastor i. R. Uwe<br />

Nissen sind<br />

nachzulesen unter<br />

www.nordkirche<strong>weltweit</strong>.de.<br />

Fortsetzung<br />

S. 24<br />

weltbewegt 23


Termine:<br />

Die Ausstellung<br />

„Begegnung mit<br />

Afrika“ im Raum der<br />

<strong>Nordkirche</strong> mit<br />

Bildern und<br />

Skulpturen aus dem<br />

südlichen Afrika ist<br />

bis Anfang Oktober<br />

zu sehen im<br />

Christian Jensen<br />

Kolleg in Breklum.<br />

Ab 7. Oktober wird<br />

sie für drei Wochen<br />

in der Auferstehungskirche<br />

in<br />

Hamburg-Lohbrügge<br />

zu sehen sein,<br />

danach in der<br />

Universitätsbibliothek<br />

Kiel.<br />

Der Ausstellungskatalog<br />

kostet 5 Euro.<br />

Koordination der<br />

Ausstellungsorte:<br />

Rudolf Hinz.<br />

Auswahl und<br />

Zusammenstellung<br />

der Ausstellung:<br />

Hans Blum und<br />

Rudolf Hinz. <strong>Sie</strong><br />

wird unterstützt<br />

vom Zentrum für<br />

Mission und<br />

Ökumene.<br />

dungskrankenhaus in Moshi, einen<br />

Mitarbeiter in <strong>die</strong> Aufgabe der Ausund<br />

Weiterbildung in klinischer Seelsorge<br />

zu berufen, obgleich <strong>die</strong> ELCT<br />

inzwischen genügend eigene Pastoren<br />

hat, um den Gemeinde<strong>die</strong>nst zu versehen<br />

und für europäische Mitarbeitende<br />

kein Bedarf und kein Platz ist“,<br />

erläuterte Nissen sein Verständnis<br />

von ökumenischer Mitarbeit in Partnerkirchen.<br />

Eine andere Form des Brückenschlages<br />

zwischen den Kulturen ist<br />

<strong>die</strong> Kunst. Da Kunst ebenso wie Religion<br />

das Leben transzen<strong>die</strong>re und<br />

neue Räume eröffne, habe sie ihren<br />

festen Platz in einem christlichen<br />

Haus wie <strong>die</strong>sem, erklärte Friedemann<br />

Magaard, Stu<strong>die</strong>nleiter des<br />

Christian Jensen Kollegs anlässlich<br />

der Eröffnung der Kunstausstellung<br />

<strong>zum</strong> Ende der Tagung. Der Sammler<br />

Pastor i. R. Hans Blum aus Frankfurt,<br />

lebte und arbeitete 14 Jahre als Pastor<br />

in der Evangelical Lutheran Church<br />

in South Africa und begegnete dort<br />

den Kunstwerken zeitgenössischer<br />

Künstlerinnen und Künstler, <strong>die</strong> ihn<br />

sofort fasziniert hatten.<br />

„Die Bilder sind direkt und indirekt<br />

ein Plädoyer für Menschenwürde<br />

und Mitmenschlichkeit, <strong>die</strong> heute<br />

noch vielen in Südafrika und sogar<br />

bei uns vorenthalten werden“, so<br />

Blum. <strong>Sie</strong> seien aber auch Ausdruck<br />

eines tiefen christlichen Glaubens.<br />

Ohne Sprachbarrieren sei es mit Hilfe<br />

der Kunst möglich, afrikanische Kultur,<br />

den Alltag und gesellschaftliche<br />

Probleme auf eine andere Weise sinnlich<br />

erfahrbar zu machen. Diese<br />

besondere Form der Begegnung nutzten<br />

am Schluss viele Delegierte, bevor<br />

sie sich in alle Winde der <strong>Nordkirche</strong><br />

zerstreuten.<br />

Oben links: Remember Ten Years of Freedom, William Zulu, Linolschnitt<br />

Oben: Waiting, Gordon Gabashane, Linolschnitt<br />

Unten: Grascutters, William Zulu, Linolschnitt<br />

Fotos: W. Zulu (2), G. Gabashane (1) - aus dem Ausstellungskatalog „Begegnungen mit Afrika“, C. Wenn (1), U. Plautz (1), D. Massow (2), S. R. Nayak (1)<br />

24 weltbewegt


Schwerpunkt<br />

Nachrichten<br />

Erste Bewohner in der Internationalen<br />

Gästewohnung<br />

Nun ist <strong>die</strong> multikulturelle Wohngemeinschaft<br />

fast komplett. Im August<br />

und September sind <strong>die</strong> Bewohnerinnen<br />

und Bewohner, <strong>die</strong> aus<br />

China, In<strong>die</strong>n und Äthiopien<br />

kommen, in <strong>die</strong> Internationale<br />

Gastwohnung des Zentrums für<br />

Mission und Ökumene im ökumenischen<br />

Forum HafenCity eingezogen.<br />

<strong>Sie</strong> werden für einen Zeitraum<br />

von drei bis zwölf Monaten in<br />

Hamburg stu<strong>die</strong>ren, arbeiten und<br />

den Alltag miteinander teilen.<br />

Zhang Yi’e (28) aus Nanjing lebt<br />

bereits seit August in der Wohnung<br />

an der Shanghaiallee. Die junge<br />

Chinesin hat nach ihrem Bachelor<br />

an der Universität in Nanjing als<br />

Sozialarbeiterin in der sozialen<br />

Organisation Amity Foundation<br />

gearbeitet und ist hier in dem<br />

Altenpflegeheim Auguste -Victoria-<br />

Stiftung tätig. Supriya Rani Nayak<br />

(23) aus Koraput/In<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> ihr<br />

Wissenschaftsstudium an der<br />

Universität Sambalpur abgeschlossen<br />

hat, arbeitet in einer kirchlichen<br />

Behindertengruppe. Subrat Beniya<br />

(33) aus Odisha/In<strong>die</strong>n der ebenfalls<br />

seit September in der Wohngemeinschaft<br />

lebt und seinen Bachelorabschluss<br />

an der Universität in Odisha<br />

absolviert hat, besucht eine Fortbildung<br />

im Bereich Me<strong>die</strong>n und<br />

Journalismus, unterstützt vom<br />

Hamburger Senat. Zerihun Demissie<br />

(37) ist Stipendiat des<br />

Ökumenischen Rates der Kirchen.<br />

Der Vater zweier Kinder aus Addis<br />

Abeba/Äthiopien belegt den Stu<strong>die</strong>ngang<br />

„Public Health“ an der<br />

Hochschule für anewandte Wissenschaften<br />

(HAW). Die jungen Menschen<br />

leben in<br />

enger<br />

Anbindung<br />

an das<br />

tägliche<br />

und<br />

geistliche<br />

Zerihun Demissie<br />

Leben der Hausgemeinschaft in<br />

Nachbarschaft <strong>zum</strong> Larentiuskonvent.<br />

<strong>Sie</strong> werden begleitet<br />

von Maria Lauel, <strong>die</strong> zugleich<br />

Ansprechpartnerin für <strong>die</strong><br />

Bewohner ist. Ihr Anliegen ist<br />

es, dass „nicht jeder sein<br />

eigenes Süppchen kochen<br />

muss“ – im übertragenen aber<br />

auch im buchstäblichen Sinn.<br />

So wird auch gemeinsam<br />

gekocht, was immer eine<br />

„multikulturelle Angelegenheit“<br />

sei, so Lauel. „Zhang Yi’e kocht<br />

einfach hervorragende Nudelsuppen,<br />

ich koche dann meine<br />

Kartoffelsuppe und wir probieren<br />

alle voneinander“, erklärt sie. Es<br />

gibt noch viele andere Pläne für<br />

gemeinsame Vorhaben. „ Alle Gäste<br />

bringen den Reichtum ihrer Kirchen<br />

und ihres Glaubens, ihrer Herkunftsländer,<br />

Erfahrungen und<br />

Perspektiven in das gemeinsame<br />

Leben mit ein,“ erklärte Eberhard<br />

von der Heyde, Leiter des Bereichs<br />

ökumenische Beziehungen. Dies sei<br />

„eine große Chance für Austausch<br />

und Ökumenisches Lernen in der<br />

<strong>Nordkirche</strong>“. (Vgl. auch Informationen<br />

<strong>zum</strong> aktuellen Spendenprojekt)<br />

Maria<br />

Zhang Yi‘e<br />

Subrat Beniya<br />

Supriya Rani Nayak<br />

Rückkehr von Sigrid Leszke<br />

Ende November <strong>die</strong>sen Jahres<br />

wird Dr. Sigrid Leszke wieder nach<br />

Deutschland zurückkehren. Die<br />

64-jährge Ärztin war 2009 zusammen<br />

mit ihrem Mann nach Papua-<br />

Neuguinea ausgereist. Dort war sie<br />

als Ärztin am Braun Memorial<br />

Krankenhaus in Finschafen mit<br />

dem Arbeitsschwerpunkt Basis-<br />

Gesundheitsarbeit tätig.<br />

Herbstkonvent<br />

Unter dem Motto „Eine andere<br />

Welt ist möglich“, steht der<br />

<strong>die</strong>sjährige Herbstkonvent des<br />

Missionskonventes, der am 20.<br />

Oktober 2012 von 10 bis 17 Uhr<br />

im Augustenstift in Schwerin tagt.<br />

Themenschwerpunkt ist <strong>die</strong> Arbeit<br />

des Kirchlichen Entwicklungs<strong>die</strong>nstes<br />

(KED). In dem Vortrag von<br />

Dr. Mirjam Freytag, Leiterin des<br />

Bereiches Kirchlicher Entwicklungs<strong>die</strong>nst/Poltisches<br />

Handeln,<br />

geht es um <strong>die</strong> Herausforderungen<br />

und Perspektiven des Entwicklungs<strong>die</strong>nstes.<br />

Für den Nachmittag<br />

sind fünf Gesprächsgruppen<br />

geplant, zu Themen wie „Klimagerechtigkeit“,<br />

„Migration und<br />

Menschenrechte“, „Erlassjahr und<br />

Finanzen“, „Entwicklungspoltische<br />

Projekte im Rahmen der Partnerschaftsarbeit“<br />

und <strong>die</strong> Themen und<br />

Schwerpunkte der „Entwicklungspoltischen<br />

Bildungsarbeit“.<br />

Ort: Augustenstift in der Schäfer-<br />

Maria Lauel<br />

herbstkonvent2012-final.indd 1-3 28.08.12 09:04<br />

Fortsetzung<br />

S. 26<br />

weltbewegt 25


Veranstaltungen<br />

strasse 17, 19053 Schwerin<br />

Anmeldung bis <strong>zum</strong> 10. Oktober:<br />

Ulrike Matthiesen, Tel. 040 – 8 81<br />

81 202, E-Mail: u.matthiesen@<br />

nordkirche.de.<br />

Hamburger Welt-Kirchen-<br />

Woche 2013<br />

Vom 3. bis 10. Februar 2013 wird<br />

<strong>die</strong> Hamburger Welt-Kirchen-<br />

Woche gefeiert. Interessierte im<br />

Hamburger Raum haben wieder<br />

<strong>die</strong> Gelegenheit Referentinnen und<br />

Referenten des Zentrums für<br />

Mission und Ökumene für eine<br />

Veranstaltung in Ihrer Gemeinde zu<br />

buchen. Zusätzlich stehen als<br />

Referierende auch der ökumenische<br />

Mitarbeiter aus Kenia,<br />

Pastor Mruttu Balozi (zurzeit in<br />

Münsterdorf), zur Verfügung sowie<br />

Pastorin Gabriele Mayer, <strong>die</strong> bis vor<br />

kurzem in der Evangelisch-Lutherischen<br />

Kirche Tansania (ELCT)<br />

tätig war. Auf Wunsch bewirbt das<br />

Zentrum <strong>die</strong> Veranstaltung auch<br />

gerne über ihre Homepage bzw.<br />

sendet Veranstaltungsplakate zu.<br />

Die <strong>weltweit</strong>en ökumenischen,<br />

interreligiösen und entwicklungspolitischen<br />

Themen, mit denen<br />

sich das Zentrum für Mission und<br />

Ökumene befasst ist, könnten auf<br />

<strong>die</strong>se Weise wahrgenommen<br />

werden und in <strong>die</strong> Hamburger<br />

Gemeindekontexte hineinwirken,<br />

so Dr. Detlef Görrig, Referent für<br />

christlich-islamischen Dialog.<br />

Eröffnet wird <strong>die</strong> Hamburger<br />

Welt-Kirchen-Woche in einem<br />

feierlichen Gottes<strong>die</strong>nst am<br />

Sonntag, den 3. Februar 2013 um<br />

10.30 Uhr in der Christuskirchen in<br />

Hamburg-Othmarschen.<br />

Informationen: Ulrike Matthiesen,<br />

Tel. 040 – 8 81 81 202, E-Mail: u.<br />

matthiesen@nordkirche.de.<br />

Asyl-Monologe<br />

Im „Polittbüro“ <strong>finden</strong> am 23.<br />

Oktober 2012 ab 20.00 Uhr <strong>die</strong><br />

Asyl-Monologe statt. Schauspielerinnen<br />

und Schauspieler erzählen<br />

Geschichten von Asylsuchenden in<br />

Form des Dokumentarischen Theaters.<br />

Das Theater wird getragen<br />

von der Bühne für Menschenrechte<br />

e.V., ein Projekt, das ein nationales<br />

Netzwerk aufbaut, das aus professionellen<br />

Schauspieler/-innen<br />

und Musiker/-innen besteht, <strong>die</strong><br />

öffentliche Aufmerksamkeit für<br />

aktuelle Menschenrechtsfragen<br />

erzeugen wollen. Zu den Mitunterstützern<br />

der Veranstaltung gehört<br />

auch das Zentrum für Mission und<br />

Ökumene.<br />

Ort: Polittbüro, Steindamm 45,<br />

20099 Hamburg/Nähe Hauptbahnhof,<br />

Eintrittspreise: 15.- € /erm.<br />

10.- €, Asylsuchende frei. Kartentelefon:<br />

040 - 280 554 67 Informationen:<br />

www.polittbuero.de.<br />

Weitere Informationen auch bei<br />

Dietrich Gerstner, Tel. 040 8 81 81<br />

- 332, E-Mail: d.gerstner@nordkirche-<strong>weltweit</strong>.de.<br />

Martin Luther und der Islam<br />

Am 31. Oktober 2012 findet in<br />

Neumünster ein Stu<strong>die</strong>ntag <strong>zum</strong><br />

christlich-islamischen Dialog unter<br />

dem Motto „Martin Luther und der<br />

Islam“ statt. Anhand von Textbeispielen<br />

soll erkundet werden,<br />

welchen Stellenwert Türken,<br />

Muslime und der Koran im lutherischen<br />

Weltbild hatten und was das<br />

für den aktuellen christlich-islamischen<br />

Dialog bedeutet.<br />

Ort: Anschar-Gemeindehaus<br />

Neumünster, Kosten: keine<br />

Weitere Informationen und<br />

Anmeldung bis <strong>zum</strong> 21.Oktober:<br />

Dr. Detlef Görrig, Tel. 040 - 8 81 81<br />

- 140, E-Mail: d.goerrig@nordkirche-<strong>weltweit</strong>.de.<br />

Klimaneutrale Bildung<br />

Unter dem Motto „Klimaneutrale<br />

Bildung – (wie) geht das?“ findet<br />

am 1. November 2012 von 10 bis<br />

16 Uhr auf Gut Karlshöhe eine<br />

Fortbildung für Veranstalter/-innen<br />

von Bildungsmaßnahmen statt.<br />

Neben Tipps zur CO 2<br />

-Vermeidung<br />

und -Reduzierung bei der Planung<br />

einer Veranstaltung wird es<br />

Informationen rund um das Thema<br />

Kompensation geben. Wer bietet<br />

Kompensation an? Was kann bei<br />

einer Veranstaltung kompensiert<br />

werden und welche Projekte<br />

<strong>die</strong>nen wirklich dem Klimaschutz?<br />

Das sind einige der Fragen, mit<br />

denen sich fachkundige Referentinnen<br />

und Referenten auf der<br />

Tagung befassen werden, auf der<br />

auch verschiedene Kompensations-ansätze<br />

vorgestellt und<br />

diskutiert werden.<br />

Veranstalter: Infostelle Klimagerechtigkeit<br />

(IKG) und Arbeitsgemeinschaft<br />

Natur und Umweltbildung<br />

(ANU).<br />

Veranstaltungsort: Gut Karlshöhe,<br />

Karlshöhe 60d, 22175 Hamburg,<br />

Anfahrt: www.gut-karlshoehe.de/de/infos/anreise/.<br />

Kosten: keine. Für <strong>die</strong> Teilnahme<br />

am klimafreundlichen biofairen Mittagessen<br />

wird ein Unkostenbeitrag<br />

von 5,-€ erbeten (bitte ggf. bei der<br />

Anmeldung angeben).<br />

Anmeldung und Kontakt: Ulrike<br />

Eder, Infostelle Klimagerechtigkeit,<br />

Tel. 040 - 881 81 211, E-Mail:<br />

u.eder@nordkirche-<strong>weltweit</strong>.de.<br />

Anmerkung in eigener Sache: Wir<br />

bemühen uns, <strong>die</strong>se Veranstaltung<br />

so klimafreundlich wie möglich zu<br />

gestalten. Sollten <strong>Sie</strong> eine Mitfahrgelegenheit<br />

im Auto anbieten, oder<br />

mitfahren wollen, sind wir gern<br />

bereit, <strong>die</strong>se unter den Teilnehmenden<br />

zu organisieren. Anmeldung<br />

in <strong>die</strong>sem Fall bei Lore Otto:<br />

E-Mail: lore.otto@arcor.de<br />

Gedenkgottes<strong>die</strong>nst für <strong>die</strong><br />

Toten an den EU Grenzen<br />

Am 18. November 2012 wird auch<br />

in <strong>die</strong>sem Jahr am Volkstrauertag<br />

ein Gedenkgottes<strong>die</strong>nst in der<br />

Hamburger Hauptkirche St. Jakobi<br />

für <strong>die</strong> Toten an den EU Außen-<br />

Fotos: Gerhard P. Müller (1), EMW (1), Wittig-Verlag (1)<br />

26 weltbewegt<br />

26 weltbewegt


enService<br />

Schwerpunkt<br />

grenzen statt<strong>finden</strong>. Die Psalmworte<br />

„Zähle <strong>die</strong> Tage meiner<br />

Flucht“ (Ps. 56,9) sind das Leitmotiv<br />

der Gedenkveranstaltung, in der<br />

der zahlreichen Menschen gedacht<br />

werden soll, <strong>die</strong> namenlos auf der<br />

Flucht nach Europa im Meer<br />

ertrunken sind. Etwa 15.000<br />

Menschen fanden in den letzten<br />

Jahren den Tod bei ihrem Versuch<br />

nach Europa zu fliehen. Allein im<br />

vergangenen Jahr starben 2.500<br />

Menschen. Zu den Mitverantwortlichen<br />

des Gottes<strong>die</strong>nstes gehören<br />

<strong>die</strong> Flüchtlingsbeauftragte der<br />

<strong>Nordkirche</strong> Fanny Dethloff, Martina<br />

Severin-Kaiser, Geschäftsführerin<br />

der ACKH, Christa Hunzinger,<br />

Europareferentin des Zentrums für<br />

Mission und Ökumene sowie<br />

Dietrich Gerstner, Mitglied der<br />

Gemeinschaft Brot & Rosen.<br />

Lutherkolleg<br />

Um „Luther in der Neuen Welt“<br />

geht es auf dem Lutherkolleg vom<br />

19. bis 20. November 2012 in<br />

Breklum. Die mecklenburgische<br />

Kirche hat eine Partnerschaft zur<br />

Synode von Ohio in <strong>die</strong> <strong>Nordkirche</strong><br />

mit eingebracht. Für <strong>die</strong> Veranstalter<br />

ein Grund zu fragen, wie <strong>die</strong><br />

lutherische Theologie dort heute<br />

gelebt und verstanden wird. Es<br />

referieren Dr. Helmut Edelmann,<br />

Pastor Dr. Daniel Havemann, sowie<br />

Altbischof Dr. Hans-Christian<br />

Knuth.<br />

Ort: Christian Jensen Kolleg,<br />

Breklum, Kontakt: Andreas<br />

Schulz-Schönfeld, E-Mail:<br />

a. schulz-schoenfeld@nordkirche<strong>weltweit</strong>.de,<br />

Tel. 04671 - 91129.<br />

Anmeldung: CJK, E-Mail: info@<br />

christianjensenkolleg.de.<br />

AdventsZeit für Kinder<br />

Es ist noch etwas hin bis Weihnachten,<br />

aber der Advent kommt<br />

meist früher als gedacht. Das<br />

Bilderbuch „AdventsZeit für Kinder<br />

– mit Lars und Franzi vom 1.<br />

Advent bis <strong>zum</strong> 6. Januar“ ist eine<br />

Publikation des Amts für Öffentlichkeitsarbeit<br />

(AFÖ) und bietet<br />

dreißig Geschichten zur christlichen<br />

Bedeutung von Advent und<br />

Weihnachten. Es will Kindern und<br />

auch Erwachsenen auf 68 Seiten<br />

unkompliziert, fröhlich und leicht<br />

verständlich <strong>die</strong> christliche<br />

Botschaft und Symbolik von<br />

Advent bis Weihnachten erklären.<br />

Dreißig Tage gibt es je eine<br />

Doppelseite mit einer Geschichte,<br />

dazu Anregungen, Erklärungen und<br />

Ideen, Lieder und Gedichte. Ein<br />

Symbolregister am Ende des<br />

Buches liefert älteren Kindern und<br />

Erwachsenen ausführlichere<br />

Erläuterungen. Das Bilderbuch ist<br />

in Zusammenarbeit mit dem<br />

Verband Ev. Kindertageseinrichtungen<br />

in Schleswig-Holstein<br />

entstanden. „AdventsZeit für<br />

Kinder“ mit Texten von Gitta<br />

Edelmann und Illustrationen von<br />

Angela Fischer-Bick, ist erschienen<br />

im Friedrich Wittig Verlag und<br />

kostet 14,95 € (ab 5 Exemplaren<br />

sinkt der Preis auf 9,95 €).<br />

„Spielen“<br />

Neu erschienen ist<br />

der Kalender Evangelischer<br />

Missionswerke,<br />

an dem auch<br />

das Zentrum für<br />

Mission und Ökumene<br />

beteiligt ist. Der<br />

Kooperationskalender<br />

zeigt Fotos aus aller<br />

Welt <strong>zum</strong> Thema<br />

„Spielen“ und kostet<br />

3,50 zuzügl. Versandkosten.<br />

Er ist zu<br />

bestellen unter: info@<br />

nordkirche-<strong>weltweit</strong>.<br />

de.<br />

. . . und zu guter Letzt<br />

Die Lichtinstallation des Künstler Leo Lebendig auf dem<br />

Titelbild symbolisiert für den Künstler mit ihrem Farbspiel,<br />

wie es von einem „Nebeneinander zu einem Miteinander<br />

und Füreinander“ kommen kann. Das „Friedenslicht<br />

der Religionen“ wurde erstmals 2005 in der<br />

Pauluskirche der Dortmunder Nordstadt im Rahmen<br />

einer Friedenswoche gezeigt. Der Künstler wollte damit<br />

„auf <strong>die</strong> <strong>weltweit</strong>e Herausforderung nach dem Anschlag<br />

auf das World Trade Center am 11. September 2001“<br />

reagieren. Als „Botschaft des interkulturellen und interreligiösen<br />

Friedens“ hat der Künstler mit seiner Installation<br />

Aktionen in mehreren Städten Europas und in Israel<br />

durchgeführt. Auch im Rahmen Kulturhauptstadt RUHR<br />

2010 trat er mit Lichtsymbolen auf. In <strong>die</strong>sem Jahr wurde<br />

er mit dem „INTR o A Projektpreis für Komplementarität<br />

der Religionen“ ausgezeichnet, da der Künstler, ein<br />

„Hoffnungsbild von der Veränderungskraft der Religionen“<br />

gestaltet habe, <strong>die</strong> als „Versöhnungsbotschaft“ in<br />

Religion und Gesellschaft hineinwirke.<br />

weltbewegt 27 27


Die nächste <strong>Ausgabe</strong><br />

erscheint<br />

am 1. Dezember 2012<br />

<strong>zum</strong> Thema Hoffnung<br />

Unser aktuelles Projekt<br />

in Hamburg<br />

Internationale<br />

Gastwohnung in<br />

der Hafencity<br />

Im neuen Ökumenischen Forum in der Hamburger<br />

HafenCity mietet das Zentrum für Mission und<br />

Ökumene seit <strong>die</strong>sem Jahr Räume. Vier junge<br />

Menschen sind <strong>die</strong> Erstbezieherinnen in <strong>die</strong>ser<br />

Internationalen Gastwohnung. <strong>Sie</strong> kommen aus<br />

Äthiopien, China und In<strong>die</strong>n um in Hamburg zu<br />

stu<strong>die</strong>ren, zu arbeiten und für einen Zeitraum von<br />

drei bis zwölf Monaten mit Menschen in einer<br />

familiären Atmosphäre Leben und Alltag zu teilen.<br />

Die enge Anbindung der jungen Menschen an das<br />

alltägliche und vor allem auch das geistliche Leben<br />

der Hausgemeinschaft wird unter anderem durch<br />

<strong>die</strong> Nachbarschaft <strong>zum</strong> Laurentiuskonvent erreicht.<br />

Supriya Nayak aus In<strong>die</strong>n arbeitet in einer kirchlichen<br />

Behindertengruppe in Hamburg, Zhang Yi’e<br />

aus China im Altenpflegeheim Auguste-Victoria<br />

Stiftung. Beide Stellen wurden durch das Diakonische<br />

Werk Hamburg vermittelt. Subrat Beniya bildet<br />

sich mit Unterstützung des Hamburger Senats im<br />

Bereich Me<strong>die</strong>n und Journalismus fort. Zerihun<br />

28 weltbewegt<br />

Demissie kam mit einem Stipendium des Weltrates<br />

der Kirchen nach Hamburg. Alle Gäste bringen den<br />

Reichtum ihrer Kirchen und ihres Glaubens, ihrer<br />

Herkunftsländer, Erfahrungen und Perspektiven in<br />

das gemeinsame Leben mit ein. Dies ist eine große<br />

Chance für Austausch und Ökumenisches Lernen in<br />

der <strong>Nordkirche</strong>.<br />

Trotz des großen Engagements aller Beteiligten und<br />

der Kostenbeteiligung durch <strong>die</strong> beiden Hamburger<br />

Kirchenkreise verbleibt ein Großteil der Reise- und<br />

Programmkosten sowie für Miete und Sprachkurse<br />

beim Zentrum für Mission und Ökumene. Mit Ihrer<br />

Unterstützung können wir <strong>die</strong>se Gastfreundschaft<br />

auch weiterhin üben. Wir sind uns sicher, dass wir<br />

damit auch „Engel beherbergen“ (Hebr. 13,2).<br />

Spendenkonto des Zentrums für Mission und<br />

Ökumene – nordkirche <strong>weltweit</strong>:<br />

Konto 27375 BLZ: 21060237 EDG Kiel<br />

Gastwohnung HafenCity (Projekt 7333)<br />

Nähere Informationen auch auf Seite 25.<br />

Foto: C. Wenn (1)

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